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Eröffnungsrede von Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop beim 1. Landespsychotherapeutentag (Auszug)

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Academic year: 2022

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Bayerisches Ärzteblatt 12/2005 823 Sehr geehrte Gäste, liebe Kolleginnen und

Kollegen, …

die Bayerische Landeskammer der Psycholo- gischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten reprä- sentiert zwei Berufe, die 1999 ihre gesetzliche Verankerung erhalten haben, die aber schon seit vielen Jahrzehnten maßgeblich zur Ver- sorgung von Menschen mit psychischen Stö- rungen beitragen. Heute wird von unseren Berufsangehörigen in der psychotherapeuti- schen Versorgung in Bayern und in Deutsch- land mit Abstand der größte Anteil geleistet.

… Wir möchten mit Ihnen gemeinsam darü- ber nachdenken, wo Psychotherapie und die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeu- ten sich im Gesundheitssystem und damit in der gesamten gesellschaftlichen Verantwor- tung verorten. …

Wir dürfen bei der Feststellung des Auftre- tens von depressiven Erkrankungen nicht ste- hen bleiben. Die gesellschaftlichen Rahmen- bedingungen und Lebenswelten der Men- schen ändern sich in fortlaufend zunehmen- der Geschwindigkeit. Die Anpassungsleistun- gen, die der einzelne Mensch in seinem Um- feld als Teil einer globalisierten Wettbewerbs- situation zu leisten hat, nehmen weiter zu.

Dieser Prozess muss im Subjekt verarbeitet werden in Form einer Anpassungsleistung mit dem Ziel, sich selbst als selbstverständ- lich guter Mittelpunkt der Welt zu begreifen und dort auch wohl zu fühlen. …

Wir finden im Erzählen unserer Patientinnen und Patienten sowohl individuelle Schicksale und Behinderungen, die wir in therapie- und störungsspezifische Modelle zuordnen, als auch die Auswirkungen gesamtgesellschaft- licher Tendenzen. So finden wir bei ihnen zum Beispiel die direkten Auswirkungen der Notwendigkeit zur individualisierten Lebens- gestaltung und den weiteren Rückgang der Einbettung in reale soziale Beziehungen und Netze. Wir finden auch den zunehmenden Übergang zu virtuellen globalisierten Netzen.

Wir können die Stützung durch reale soziale Netzwerke nicht ersetzen durch unser Ange- bot Psychotherapie, auch wenn die fachkun- dige Psychotherapie immer eingebettet in die reale Begegnung und Beziehung mit dem Pa- tienten ist und sein muss. Aber wir können

den Menschen unter anderem helfen, ihre ei- genen Ressourcen durch fachliche Interven- tion so zu erkennen, zu fördern und zu nut- zen, dass das Erleben der eigenen Person als wert- und hilflos überwunden werden kann und neue Ressourcen erschlossen werden.

… Gerade die Arbeit mit depressiven Patien- ten erfordert sowohl in der akuten Anfangs- phase als auch im weiteren Therapieverlauf eine fundierte Ausbildung, Kraft und Erfah- rung, um den Erfolg in kleinen Schritten und intensiver Arbeit eingebettet in die therapeu- tische Beziehung gemeinsam mit den Patien- ten zu erreichen. Im Unterschied zur Phar- makotherapie oder auch therapeutischen Internet-Nutzungen ist unser Angebot nicht beliebig erweiterbar. Die Nachfrage, die an uns herangetragen wird, können wir nicht in dem Umfang erfüllen, wie wir uns das selbst oft wünschen würden.

Umso wichtiger erscheint mir, dass wir als praktisch tätige Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die Augen aufmachen. … Auch wenn wir eigentlich mit der Behand- lung von Störungen und Krankheit im Ein- zelfall mehr als genug zu tun haben, werden wir in Zukunft vermehrt unser Know-how einbringen müssen, wenn es um Fragen der Prävention, Früherkennung bis hin zur Ge- staltung von Lebensumfeld und Lebenswel- ten geht. …

Gerade durch die Arbeit der Kammer ist vie- len erst richtig deutlich geworden, dass wir

Psychotherapeutinnen und Psychotherapeu- ten Akteure, Player und Teil des Wandels sind in dieser (Versorgungs-)Landschaft sehr unterschiedlicher Interessen. … Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, ihre Ein- flussmöglichkeiten im Land und im Bund zu nutzen, um die psychische Gesundheit und die Behandlung psychischer Krankheiten wirklich „nachhaltig“ zu fördern. Wir wissen um die allseits diskutierten Finanzierungsfra- gen, aber es geht auch und vor allem um strukturelle Weichenstellungen. – Es ist ein Irrweg, nur auf die Kräfte des freien Wettbe- werbs und des Gesundheitsmarktes zu setzen.

… Werden die Krankenkassen zukünftig über die Unterstützung angemessener Modelle der integrierten Versorgung für die Integration psychotherapeutischen Sachverstands in das gesamte Gesundheitssystem sorgen können?

– Besser als zum Beispiel die Kassenärzt- lichen Vereinigungen? …

Das akademische Studium ist unsere Grund- lage, an das sich unsere intensive Psychothe- rapieausbildung anschließt. Wir alle aber sind mitverantwortlich, unser Fach zu pflegen und weiterzuentwickeln, – intern und im Kontext.

… So unterschiedlich unsere Ausbildungen und theoretischen Bezugspunkte in vielen Bereichen sein mögen, so deutlich sind mei- nes Erachtens jedoch inzwischen die gemein- samen Aufgaben und Fragen, die sich uns al- len stellen. Ich wünsche uns allen, dass wir heute ein gutes Stück weiterkommen – und ich wünsche mir, dass wir uns alle dabei auch ein Stück näher kommen!

Eröffnungsrede von Kammerpräsident Dr. Nikolaus

Melcop beim 1. Landespsychotherapeutentag (Auszug)

Dr. Nikolaus Melcop, Präsi- dent der Bayerischen Lan- deskammer der Psycholo- gischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsycho- therapeuten.

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