Befolgung der
Sanktionen – Verstoß gegen russisches
Recht?
Dr. Thomas Mundry
Partner, SCHNEIDER GROUP
2021
Verstoß gegen
Treuepflicht/öffent-
liche Ordnung
Befolgung Sanktionen als treuwidriges Verhalten
▪ Urteil:
✓ Markenrechtsschutz wird nicht
gewährt, wenn der Markeninhaber sich treuwidrig verhält
✓ Treuwidriges Verhalten kann darin bestehen, dass Markeninhaber
aufgrund Sanktionen den Import nach Russland beschränkt oder
überhöhte Preise erzielt und dies zu einer Bedrohung von Leben oder Gesundheit der Bürger oder
öffentlich bedeutsamen Interessen führt
▪ Beschluss des Verfassungsgerichts RF Nr. 8-P vom 13.2.2018
▪ Fall: Russisches Unternehmen hat temperaturempfindliches Papier eines japanischen Unternehmens für medizinische Zwecke in EU erworben und entgegen den markenrechtlichen
Vertriebsvereinbarungen nach
Russland eingeführt (Parallelimport)
Befolgung Sanktionen als treuwidriges Verhalten
Japanischer Hersteller
Russischer Lieferant
EU
Russland
EU Verkäufer
Parallelimport
Klage wegen
Markenrechtsverletzung
Befolgung Sanktionen als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung
▪ Urteil:
✓ Anfechtung des Vertrags wegen Täuschung abgelehnt
✓ Einhaltung EU-Sanktionen ist ein Verstoß gegen öffentliche Ordnung Russlands
✓ Einhaltung EU-Sanktionen kein wesentlicher Aspekt für Vertrags- schluss und daher keine Grundlage für Täuschungsanfechtung
✓ Russische Unternehmen sind nicht verpflichtet, US- und EU-Sanktionen einzuhalten
▪ Beschluss des Neunten Arbitrage Appellationsgerichts vom 10.4.2018 Nr. 09AP-9815/2018 in der Sache Nr.
A40-171207/17 bestätigt durch
Beschluss des Arbitragegerichts des Moskauer Bezirks vom 27.6.2018 Nr.
F05-8233/2018
▪ Europäisches Unternehmen hat Gasturbinen an russisches
Unternehmen geliefert; nach
Vertrag waren Turbinen für Gebiet Krasnodar bestimmt und durften nicht auf Krim verbracht werden;
Käufer hat Turbinen nach Krim verbracht.
Befolgung Sanktionen als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung
Lieferant (Tochter des EU
Herstellers) Russischer Käufer
Krim Krasnodar
Force Majeure?
Sanktionen als Force Majeure
▪ Urteile:
✓ Nichtlieferung der Waren durch Zulieferer aufgrund EU-Sanktionen kann als Force Majeure gelten, wenn die Ware nicht anderweitig (z.B. in China) gekauft werden konnte (z.B.
aufgrund besonderer Eigenschaften)
✓ EU-Sanktionen müssen im direkten Zusammenhang mit der
Nichtlieferung der Waren durch Zulieferer stehen
▪ Beschluss des Obersten Gerichts vom 22.6.2018 Nr. 305-ES187696 in der Sache Nr. A40-39224/2017
▪ Beschluss des Obersten Gerichts vom 20.8.2018 Nr. 307-ES1811373 in der Sache Nr. А56-89542/2016
▪ Fall (ähnliche Situationen in beiden Fällen): ein russisches Unternehmen konnte die Waren an staatlichen
Kunden nicht liefern, weil sein
europäischer Zulieferer die Waren aufgrund EU-Sanktionen nicht
geliefert hat
Sanktionen als Force Majeure
ZuliefererEU Russischer
Lieferant Russischer
Kunde EU Sanktionen
Sanktionen als wesentliche Änderung der Umstände (I)
▪ Urteil:
✓ US- und EU-Sanktionen können als wesentliche Änderung der
Umständen gelten, wenn sie die Vertragserfüllung direkt
beeinflussen
▪ Beschluss des Neunten Arbitrage Appellationsgerichts Nr. 09AP- 25167/2018 in der Sache A40- 221653/17
▪ Fall: russisches Unternehmen
konnte Fristen aus Werkvertrag mit staatlichem Kunden u.a. deswegen nicht einhalten, weil die in der USA hergestellten Integralschemen
aufgrund US- und EU-Sanktionen nicht geliefert werden konnten
Sanktionen als wesentliche Änderung der Umstände (I)
ZuliefererEU Russischer
Werkunternehmer Russischer
Kunde EU Sanktionen
Sanktionen als wesentliche Änderung der Umstände (II)
▪ Urteil:
✓ Verschlechterung der
wirtschaftlicher Situation aufgrund der Aufnahme in die US-
Sanktionsliste ist keine wesentliche Veränderung der Umstände und berechtigt Mieter nicht zur
Vertragskündigung
▪ Beschluss des Obersten
Arbitragegerichts vom 23.5.2017 Nr.
301ES16-18586 in der Sache Nr. A39- 5782/2015
▪ Fall: eine russische Bank wollte den Mietvertrag für eine neue Filiale
aufheben, weil die Bank in die US- Sanktionsliste aufgenommen wurde und deswegen hohe Verluste erlitt
Sanktionen als wesentliche Änderung der Umstände (II)
Bank (Tochter von
US Bank) Russischer
Vermieter US Sanktionen
Kartellrecht und
Arbeitsrecht
Arbeitsrecht
▪ Verbot von Lieferung auf Krim kann als wettbewerbsbeschränkende
Vereinbarung oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
ausgelegt werden
▪ Bußgelder bis 5% (bei vertikalen Vereinbarungen) oder bis 15% (bei horizontalen Vereinbarungen oder beim Missbrauch der
marktbeherrschende Stelle) des Jahresumsatzes
▪ Anweisung an Mitarbeiter zur
Unterzeichnung einer Policy, nach der die Sanktionen gegen Russland zu
beachten sind, kann als Verstoß gegen Arbeitsrecht angesehen werden
▪ In 2015 wurde ein Fall in den Medien bekannt, die russische Behörden haben allerdings kein Verstoß gegen russisches Arbeitsrecht gesehen
Kartellrecht
Strafrecht
Aktueller Stand
▪ Neuer Strafbestand: Befolgung Sanktionen durch russische Staatsbürger, wenn deren
Handlungen oder Unterlassungen als leitende Mitarbeiter den
Abschluss eines gewöhnlichen Geschäfts beschränkt oder
ausgeschlossen haben
▪ Haftstrafe bis zu 4 Jahren
▪ Gesetzesentwurf wurde in Mai 2018 in der erster Lesung genehmigt, weitere Lesungen wurden verschoben
▪ In Februar 2021 hat der Sprecher der Staatsduma, Herr Volodin, gesagt, dass Staatsduma die Lesung dieses
Gesetzesentwurfs wieder aufnehmen kann
Gesetzesentwurf
Schutz für
sanktionierte
Personen und
Unternehmen
Recht auf Verweigerung der Offenlegung von Informationen
▪ Liste der geschützten Informationen beinhaltet 18 Punkte, darunter:
✓ Gesellschafter und leitende Mitarbeiter
✓ wesentliche Transaktionen
✓ affiliierte Personen
✓ Finanzinvestitionen
✓ Vertragsparteien
▪ Regierungsverordnung vom 4.4.2019 Nr. 400
▪ Russische Aktiengesellschaften und Banken sind berechtigt, bestimmte Informationen nicht offenlegen,
wenn:
✓ sie selbst von Sanktionen betroffen sind
✓ die Informationen eine sanktionierte Person betreffen
✓ sie an der Arbeit für staatliche
Verteidigungsprojekte beteiligt sind
Ausschließliche Kompetenz der russischen Arbitragegerichte
▪ Die von den Sanktionen betroffenen Personen, gegen die eine Klage in einem ausländischen staatlichen oder nichtstaatlichen Gericht
erhoben wurde oder erhoben wird, dürfen beim russischen
Arbitragegericht Verbot auf
Aufnahme des Prozesses oder auf dessen Fortsetzung vor dem
russischen Arbitragegericht beantragen
▪ Art. 248.1 und 248.2 des
Arbitrageprozessgesetzbuches (in Kraft ab 19.6.2020)
▪ Ausschließliche Kompetenz für die Streitigkeiten (sofern nicht
anderweitig im Vertrag vereinbart):
✓ Mit den Personen aus den Sanktionslisten oder
✓ Wenn das Streitgegenstand die
Anwendung der Sanktionen gegen Russland ist
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