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Zeitschrift: Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg Heft 3 - 2000 | Startseite | LfU

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Academic year: 2022

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(1)

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N ATURSCHUTZ UND L ANDSCHAFTSPFLEGE IN B RANDENBURG

Heft 3, 2000

Einzelverkaufspreis 6,50 DM

Beilage: Rote Liste Wasserkäfer

des Landes Brandenburg

(2)

Nachdem von den Arbeitskreisen Heimische Orchideen (AHO) für das Jahr 1999 mit der Bocksriemenzunge (Himanthoglossum hirci- num) eine Art zur Orchidee des Jahres gekürt wurde, die in Brandenburg nie vorkam, fiel die Wahl im Jahr 2000 auf das Rote Waldvö- gelein, eine auch bei uns heimische Art. Es gehört mit seinen bis zu 5 cm großen, leuch- tend rotvioletten Blüten zweifellos zu den prachtvollsten heimischen Orchi-

deen, kräftige Exemplare können bis zu 15 Einzelblüten tragen. Die weit abspreizenden, äußeren Blü- tenhüllblätter geben der Blüte die Form eines kleinen roten Vogels und waren wohl Grund für den ver- breitetsten deutschen Namen Waldvögelein. Andernorts ist die Pflanze auch unter den Namen Ro- ter Kopfbeutel oder Rote Waldlilie bekannt. Die höchstens 60 cm ho- hen Pflanzen haben 2 bis 8, wech- selständige und meist spitz-lanzett- liche Laubblätter, die bis 14 cm lang und 3 cm breit werden können.

Das Rote Waldvögelein ist eine ty- pische Waldorchidee und besiedelt als natürliche Standorte in erster Li- nie schattige oder halbschattige Bu- chenwälder auf kalkreichen Stand- orten. Oft kommt sie gemeinsam mit dem Bleichen Waldvögelein (Cephalanthera damasonium), ei- ner Charakterart der Orchideen- Buchenwälder (Cephalanthero-Fa- getum) vor. Dieser Lebensraum hat

auch Eingang in die Flora-Fauna-Habitat- (FFH)-Richtlinie gefunden und erfordert so- mit die Auswahl zahlreicher Gebiete für das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000, die dann auch dem Schutz dieser Art zugute kommen.

Das Gesamtareal der Art erstreckt sich von Europa über Vorderasien und Nordafrika, al- lerdings fehlt sie sowohl in den stärker atlan- tisch geprägten Teilen Europas wie auch im stark kontinental getönten pontischen Flo- rengebiet weitgehend. In Deutschland liegen die Verbreitungsschwerpunkte von Cepha- lanthera rubrain den Mittelgebirgen Mittel- und Süddeutschlands sowie dem Alpenvor- land, während sie in Nordwestdeutschland fast völlig fehlt. Die nördlichsten, allerdings aktuell nicht mehr bestätigten Verbreitungs- punkte der Art in Deutschland liegen in Mecklenburg-Vorpommern auf Rügen und Usedom.

Wegen der engen standörtlichen Bindung liegt die Hauptverbreitung des Roten Wald- vögeleins in Brandenburg im Osten und Nordosten des Landes, wo kalkreiche Grund- und Endmoränen der jüngeren eiszeitlichen Stadien vorkommen. Die besten Vorkommen besitzt die Art hier in den

Waldgebieten um Bad Freienwalde, bei Eisen-

Ländern als nicht gefährdet eingestuft. In Brandenburg ist die Art stark gefährdet. Für den Schutz der Art ist insbesondere der Erhalt und die naturnahe Bewirtschaftung der meist relativ kleinen Bestände der Kalk-Buchenwäl- der wichtig. Darüber hinaus ist ein Schutz vor Verbiss durch die vielerorts überhöhten Wild- bestände, ggf. durch Wildzäune, erforder- lich. Im Zuge der auch in Brandenburg lau- fenden Umbauprogramme unserer Wälder ist langfristig auf geeigneten Standorten durchaus mit der Herausbildung naturnaher, geeigneter Waldbestände, die von Orchi- deenarten wie dem Roten Waldvögelein, be- siedelt werden könnten, zu rech- nen.

Der Arbeitskreis Heimische Orchi- deen (AHO) Brandenburg hat sich die Erfassung und den Schutz unse- rer heimischen Orchideen zur Auf- gabe gemacht. Obgleich in den letzten Jahren zahlreiche aktuelle Kartierungsergebnisse zusammen- getragen werden konnten, darunter einige fast sensationelle Neunach- weise oder Bestätigungen längst für ausgestorben gehaltener Vorkom- men, ist nach wie vor nur ein sehr kleiner Kreis von Orchideenfreunden in Bran- denburg aktiv tätig. Mit dem geplanten, künftigen Zusammengehen mit dem Natur- schutzbund Deutschland, Landesverband Brandenburg e.V. wird die Hoffnung auf ei- nen breiteren Interessentenkreis verbunden.

Große Sorgen bereitet uns derzeit der weite- re, offensichtlich unaufhaltsame Rückgang der Wiesenorchideen aufgrund vielerorts ausbleibender Nutzung. Die im Land Bran- denburg zur Verfügung stehenden Vertrags- naturschutzmittel reichen nicht annähernd für eine Pflege zumindest der wichtigsten Vorkommen aus. Ehrenamtliche Natur- schutzgruppen, die eigenverantwortlich und unentgeltliche solche Flächen mähen, wer- den immer weniger.

Die regelmäßig erscheinenden, von den Vor- ständen aller AHO Deutschland herausgege- benen Berichte aus den Arbeitskreisen Heimi- sche Orchideen informieren anschaulich über Verbreitung und Gefährdung der Orchideen Deutschlands und Europas. Wer Interesse an Schutz und Erhaltung der Orchideen Bran- denburgs oder dem Bezug der Berichte hat, wende sich bitte an eine der folgenden Adressen:

Vorsitzende des AHO Brandenburg:

Doris Beutler Kirschallee 3b 15848 Stremmen

Geschäftsstelle und Kartierungszentrale:

Dr. Frank Zimmermann Wolfstraße 6

15345 Rehfelde

E-Mail: aho-brandenburg@t-online.de Fotos: N. Wisniewski

Die Orchidee des Jahres 2000 –

Das Rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra)

F. Z

IMMERMANN

hüttenstadt und in der südlichen Uckermark.

Bis Anfang der 1990er Jahre hatte die Art mehrere bemerkenswerte Vorkommen im Gebiet um Rüdersdorf, was in erster Linie auf die hohen Kalkstaubimmissonen des Ze- mentwerkes zurückzuführen war. Aufgrund des stark zurückgegangenen Staubausstoßes sind die Bestände des Roten Waldvögeleins, wie übrigens auch anderer kalkliebender Orchideen und weiterer Pflanzenarten, in diesem Gebiet stark rückläufig. Mehrfach gab es in der Vergangenheit erfolgreiche An- siedlungsversuche an Sekundärstandorten (ehemalige Tongruben), die teilweise noch heute zu den individuenreichsten Vorkom- men gehören.

Obwohl Cephalanthera rubra in den meisten Bundesländern Deutschlands nach den Roten Listen zumindest als stark gefährdet gilt, wird sie deutschlandweit aufgrund der guten Vor- kommen in den mittel- und süddeutschen

(3)

Impressum

Herausgeber: Landesumweltamt Brandenburg (LUA)

Schriftleitung: LUA/Abteilung Naturschutz Dr. Matthias Hille Barbara Kehl Beirat: Dietrich Braasch

Dr. Martin Flade Dr. Lothar Kalbe Dr. Matthias Kühling Dr. Bärbel Litzbarski Dr. Annemarie Schaepe Dr. Thomas Schoknecht Dr. Frank Zimmermann Anschrift: Landesumweltamt Brandenburg

Abt. Naturschutz, PF 601061, 14410 Potsdam

Tel. 0331/277 62 16 Fax 0331/277 61 83

Autoren werden gebeten, Manuskripte in Maschinen- schrift (wenn möglich auf Diskette – WP-Fließtext) an die Schriftleitung zu senden. Fotos nach Absprache.

Autoren erhalten einige Exemplare des betreffenden Heftes. Die Redaktion behält sich eine Überarbeitung eingesandter Beiträge in Abstimmung mit den Autoren vor. Bereits in anderen Zeitungen veröffentlichte Beiträge können nur in besonderen Fällen berücksich- tigt werden.

Redaktionsschluss: 18.9.2000 Layoutgestaltung: Zapf/Henschke Gesamtherstellung

und Vertrieb: UNZE-Verlags- und Druck- gesellschaft Potsdam mbH PF 90047, 14440 Potsdam Oderstraße 23–25 14513 Teltow Tel. 0 33 28/31 77 40 Fax 0 33 28/31 77 53

ISSN: 0942-9328

Bezugsbedingungen:

Jährlich erscheinen 4 Hefte.

Bezugspreis im Abonnement: 21,- DM pro Jahrgang, Einzelheft 6,50 DM

Abonnement- und Einzelheftbestellungen sind an das Landesumweltamt zu richten.

Der Einzelpreis der Hefte mit Roten Listen wird jeweils gesondert festgesetzt. Er schließt die Zustellkosten ein.

Die Lieferung erfolgt nach Zahlung einer Vorausrech- nung.

Die Beiträge dieses Heftes sind nach der neuen amtli- chen Regelung der deutschen Rechtschreibung abge- fasst.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht un- bedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Vervielfältigung der Karten erfolgt mit Genehmi- gung des Landesvermessungsamtes Brandenburg (GB-G 1/99).

Titelbild: Hornisse auf Obst Foto: W. Klaeber Rücktitel: Herbstlaub

Foto: B. Kehl

Diese Zeitschrift ist auf Papier aus 100 % Sekundär- fasern mit nordischem Umweltzeichen gedruckt.

Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg

9. Jahrgang Heft 3, 2000

Inhaltsverzeichnis

W

OLFGANG

D

IETER

L

ORENZ

, G

ERT

F

ASOLD

Grundlagen für ein naturraumbezogenes Naturschutzgebietssystem in Brandenburg 84

T

ORSTEN

R

YSLAVY

, M

ATHIAS

P

UTZE

Der Schwarzstorch (Ciconia nigra [L., 1758]) in Brandenburg 88

A

RNULF

W

EINGARDT

Der Schwarzstorch (Ciconia nigra [L., 1758]) im Spreewald 97

M

ICHAEL

Z

ERNING

Zum Umgang mit besonders geschützten Tieren im Siedlungsbereich 103

K

URZBEITRÄGE

Die Orchidee des Jahres 2000 – Das Rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra)

Beringungsergebnisse 1999 82, 102

R

ECHT UND

G

ESETZ 111

R

ECHTS

-

UND

V

ERWALTUNGSVORSCHRIFTEN 112

P

ERSÖNLICHES 112

J

UBILÄUM 114

K

LEINE

M

ITTEILUNGEN 115

L

ITERATURSCHAU 119

D

IETRICH

B

RAASCH

, L

ARS

H

ENDRICH

, M

ICHAEL

B

ALKE

Rote Liste und Artenliste der Wasserkäfer des Landes Brandenburg (Coleoptera: Hydradephaga, Hydrophiloidea part., Dryopoidea part.

und Hydraenidea)

(4)

E

S WIRD FÜR ZWECKMÄßIG GEHALTEN

,

BEI DER

W

EITERENTWICKLUNG DES

NSG-S

YSTEMS IN

B

RANDENBURG ANSTELLE BIOTISCHER

M

ERKMALE VORRANGIG

N

ATURRÄUME ALS

O

RDNUNGSPRINZIP ZUGRUNDE ZU LEGEN

.

Grundlagen für ein naturraumbezogenes Naturschutzgebietssystem in Brandenburg 1

Schlagwörter: Naturschutzgebietssystem Brandenburg, forstliche Naturraumkartierung,

naturraumbezogener Schutzbedarf, naturschutzfachliche Bewertung, NSG-Ausweisung

W

OLFGANG

D

IETER

L

ORENZ

, G

ERT

F

ASOLD

1. Einleitung

In den Leitlinien für den Naturschutz in Bran- denburg wird die Entwicklung eines Schutz- gebietssystems als das Kernstück herausge- stellt. In diesem Schutzgebietssystem sollen die charakteristischen Landschaften, Na- turräume und Lebensgemeinschaften als re- präsentative Ausschnitte enthalten sein.

Mit den Großschutzgebieten und den Land- schaftsschutzgebieten ist dieser Forderung weitestgehend entsprochen worden, indem sie typische Landschaftsteile erfassen.

Fraglich ist dies bei vielen Naturschutzgebie- ten (NSG). Für deren Auswahl waren meist nicht landschaftseigene Merkmale maßge- bend, sondern vor allem besondere floristi- sche und faunistische Artenvorkommen, die häufig nur bestimmte Entwicklungsstufen von Sukzessionsfolgen bei spezifischen Land- nutzungen widerspiegeln und die im Zeitver- lauf erheblichen Wandlungen unterworfen sind.

Daher kam der Gedanke auf zu versuchen, bei der Weiterentwicklung des NSG-Systems vorrangig Naturräume als Ordnungsprinzip zugrunde zu legen, in denen vor allem deren abiotische zusammen mit biotischen Be- standteilen als Ganzheit zum Ausdruck kom-

men, wobei biogeographische und funkti- onsökologische Gesichtspunkte mit berück- sichtigt werden sollen.

Hierfür schien uns das Naturraumkartie- rungsverfahren der Forstlichen Standorter- kundung und die Kartierungsergebnisse (KOPP 1975, KOPP et al. 1982, KOPP u.

SCHWANICKE 1994) gut geignet aus meh- reren Gründen:

– Die ausgegrenzten Naturräume werden hauptsächlich nach wenig veränderbaren Geofaktoren definiert, die maßgebend für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und damit im Zu- sammenwirken mit anderen Einflussfak- toren über die Ausbildung spezifischer Biotope entscheidend sind.

– Hierdurch wird eine fundiertere und dau- erhaftere Grundlage für die naturschutz- fachliche Beurteilung von Gebieten und für die Ausweisung von NSG im Ver- gleich zu den leicht sich verändernden biotischen Kriterien gesichert.

– Die Naturraumkartierung liegt flächen- deckend für Brandenburg und fast voll digitalisiert im Landesumweltamt vor.

– Länderübergreifende Abstimmungen und Verflechtungen werden zumindest mit Mecklenburg-Vorpommern, sicher-

lich auch mit Sachsen-Anhalt möglich, die ihre NSG-Systeme gleichfalls auf der (forstlichen) Naturraumkartierung auf- bauen wollen.

2. Zielstellung und Aufgaben

Wird das NSG-System nach Naturräumen ausgerichtet, ergibt sich daraus folgendes Ziel:

In dem zu entwickelnden NSG-System sollen die für die jeweiligen Landschaften Bran- denburgs charakteristischen Naturräume (Hauptmosaiktypen) und die für sie kenn- zeichnenden Pflanzen- und Tiergesellschaf- ten in einem ausgewogenen Verhältsnis re- präsentiert sein; naturraumtypische, nut- zungsbedingte Biotopabwandlungen sind darin mit zu berücksichtigen.

Hieraus leitet sich im Wesentlichen folgendes Vorgehen ab:

– Erfassen der Naturraummosaikausstat- tung Brandenburgs insgesamt und für die Landschaftsgroßeinheiten

– Analyse der Repräsentanz der vorherr- schenden und landschaftsbestimmen- den Naturraummosaike durch NSG (der- zeit bestehende und im Verfahren be- findliche NSG)

– Erarbeitung von Hinweisen für das Vor- gehen bei der Beurteilung der Schutzre- levanz von Naturraummosaikarealen.

3. Naturraummosaik-

ausstattung Brandenburgs

Einen groben Überblick über die Verteilung der Naturraummosaiktypen vermittelt Abbil- dung 1, in der die Mosaiktypen entsprechend gemeinsamer Bodenmosaike und Hydromor- phiestufen in Gruppen zusammengefasst

1 Kurzfassung des Vortrages zum Fachkolloquium

„Weiterentwicklung von Schutzgebietssystemen auf naturräumlicher Grundlage“ in Lebus am 20.04.1999

Abb. 1 Anteile der Bodenmosaiktypen an der Gesamtfläche

(5)

sind. Sie verdeutlicht, dass die anhydromor- phen und mäßig hydromorphen Standort- mosaike mit Flächenanteilen von nahezu 75 % gegenüber den hydromorphen Mosai- ken bei weitem überwiegen. In ihnen sind die Geschiebelehm enthaltenden Mosaike sehr viel stärker vertreten als die Sandmosike. Da- gegen haben in der Gruppe der feuchte- und nässebestimmten Mosaike die Sandmosaike das Übergewicht.

Zwischen den Mosaiktypen innerhalb der je- weiligen Gruppen, die weiter nach Nähr- kraftstufe, Reliefstufe und Klimastufe unter- gliedert sind, bestehen nach ihren Flächenan- teilen vielfach sehr große Unterschiede.

Detaillierte Daten hierüber können dem im Landesumweltamt Brandenburg vorliegen- den Tabellenwerk (LORENZ 1997) entnom- men werden.

Die Landschaftgroßeinheiten, von SCHOLZ (1962) nach geomorphologischen Merkma- len unterteilt, sind auch nach ihrem vorherr- schenden Mosaiktypeninventar deutlich vonander zu trennen. Zwar kommen einige Mosaike, besonders Sandmosaike, in fast al- len Landschaftsgroßeinheiten vor, so gibt es demgegenüber andere, die nur auf eine ein- zige beschränkt sind.

4. Naturaumbezogene Anteile an Naturschutz- gebietsflächen

Bezogen auf die Landesfläche hat die von den NSG eingenommene Fläche (Stand 1996) einen Anteil von rund 7,5 %.2 Zwischen den einzelnen Mosaiktypen beste- hen nach ihren NSG-Flächenanteilen jedoch ganz erhebliche Unterschiede, die zwischen 0 % und 100 % schwanken.

Dies kommt schon in der Abbildung 2 zum Ausdruck, obgleich in dieser wiederum nur die Bodenmosaiktypen (Substrat- und Hy- dromorphie-Mosaike) dargestellt sind.

Bei Berücksichtigung der in Abbildung 1 wie- dergegebenen Beziehungen wird erkennbar, dass die weit verbreiteten Mosaiktypen (hierunter die Mehrzahl der anhydromor- phen Mosaiktypen) nur kleine prozentuale NSG-Flächenanteile haben im Vergleich zu den kleinflächig verbreiteten (besonders Sand-Auenlehm und Moor-Mosaike sowie hydromorphiebreite Mosaike). Trotzdem ist die NSG-Fläche dieser Mosaiktypen sehr groß. Sie macht beinahe die Hälfte der NSG- Gesamtfläche aus.

Wenn man die 7,5 %-Anteile oder die poli- tisch angestrebten 10 % als Maßstab für eine normale Belegung durch NSG zugrunde legt, ergeben sich für alle in Brandenburg vorkom- menden Mosaiktypen folgende Differenzie- rungen:

9 % normal belegt

27 % reichlich oder übermäßig belegt 64 % unzureichend belegt oder völlig ohne NSG.

Nach der Ausstattung mit NSG weisen auch die Landschaftsgroßeinheiten beträchtliche Unterschiede auf, wie aus der Graphik (Ab- bildung 3) deutlich hervorgeht. Auffällig sind die sehr kleinen NSG-Flächenanteile im „Flä- ming“, der „Ostbrandenburgischen Platte“

und dem „Nordbrandenburgischen Platten- und Hügelland“, obgleich große Teile von ih- nen in die Naturparke „Fläming“ bzw. „Mär- kische Schweiz“ und „Barnim“ einbezogen wurden.

Desgleichen weichen innerhalb der Land- schaftsgroßeinheiten die für sie typischen Mosaiktypen sehr stark nach ihren NSG- Flächenanteilen voneinander ab.

Wenn die Naturraummosaike das Ordnungs- prinzip für das NSG-System bilden sollen und in den NSG somit der Standortscharakter der Mosaike zum Ausdruck kommen soll, müs-

sen also Schutzzweck und Schutzgegenstand der jeweiligen bestehenden bzw. im Verfah- ren befindlichen NSG mit den standörtlichen Eigenschaften der betreffenden Mosaiktypen und deren je nach der Nutzung herausgebil- deten Biotopen übereinstimmen.

Zur Überprüfung dieses Zusammenhangs ist zunächst die Mosaiktypenkarte mit der NSG- Karte zu verschneiden, woraus sich das Mo- saiktypeninventar eines jeden NSG ergibt; die NSG-Unterlagen sind dann darauf durchzu- sehen, ob nach der beschriebenen Vegeta- tion oder anderen Hinweisen Bezüge zu den Eigenschaften der ausgewiesenen Mosaike herzustellen sind.

Die Beurteilung der Grade dieser Zusammen- hänge erfolgt nach einem 4-stufigen Schlüs- sel.

Den Bewertungsschlüssel und das Resultat der bisherigen Überprüfungen gibt die Abbil- dung 4 wieder. Sie zeigt, dass die Mehrzahl der NSG charakteristische Ausschnitte aus den Mosaiktypen enthalten und sie damit als

2zum Zeitpunkt der Bearbeitung

Abb. 2 Anteile der NSG- Fläche an der Bodenmosaik- typenfläche

Abb. 3 Landschaftsgroß- einheiten nach SCHOLZ

(6)

Bestandteile in das zu entwickelnde natur- raumbezogene NSG-System einzuordnen sind.

5. Zur angemessenen Repräsentanz der

Naturraummosaike durch Naturschutzgebiete und naturraumbezogener Schutzbedarf

Angesichts der starken Unterschiede in der Flächenverbreitung der Mosaiktypen er- scheint es nicht richtig, die Angemessenheit der Repräsentanz allein von rein mathema- tisch-statistischen Grundsätzen herzuleiten.

Dieses Prinzip konsequent durchsetzt, würde bedeuten, mit Bezug auf die politische Ziel- größe müsste für alle Naturraummosaike ein NSG-Flächenanteil von etwa 10 % ange- strebt werden. Dies würde dann zu einer sehr starken Betonung der weit verbreiteten, so- mit vor allem der anhydromorphen Mosaik- typen an der Gesamt-NSG-Fläche führen, während für den Landschaftshaushalt be- deutsame und nach ihrer Biotopaustattung wertvolle, u. a. feuchtebestimmte Natur- raummosaike nur in kleinem Umfang vertre- ten wären.

Durch eine einfache Umrechnung sollen ein- mal hohe NSG-Flächenanteile bei den weit verbreiteten Mosaiktypen reduziert werden, andererseits nur sehr kleinflächig vorkom- mende völlig unberücksichtigt bleiben, wobei jedoch der Wert jedes Mosaiktyps nach sei- nem Naturschutzpotenzial abzuschätzen und zu wichten ist, namentlich hinsichtlich Bio- toppotenzial, Vielfältigkeit und Seltenheit.

Folgendes Vorgehen und folgende Wich-

Tabelle 1: Größenklassen der Flächenverteilung der Haupttypen

Klassenbereich Klassenwert Flächengröße Häufigkeit*)

> 80.000 ha 7 extrem groß 6

40.000 - 80.000 ha 6 sehr groß 15

15.000 - 40.000 ha 5 groß 29

5.000 - 15.000 ha 4 mäßig groß 41

1.200 - 5.000 ha 3 normal 99

300 - 1.200 ha 2 mäßig klein 85

0-300 ha 1 klein 67

*) Anzahl der Mosaiktypen

Tabelle 2: Klassen der NSG-Flächenanteile in den Haupttypen

Klassenbereich Klassenwert Präsenz Häufigkeit*)

0 % 0 nicht präsent 100

>0-1 % 1 unterpräsentiert 31

1-3 % 2 schwach präsentiert 40

3-7 % 3 mäßig präsentiert 49

7-12 % 4 normal präsentiert 32

12-25 % 5 gut präsentiert 41

25-50 % 6 stark präsentiert 28

> 50 % 7 überpräsentiert 21

*) Anzahl der Mosaiktypen

Tabelle 3: Nährkraftwichtungs- werte

Nährkraftstufen Wertziffer

reich R 2

kräftig K 0

mittel M 0

ziemlich arm Z 1

arm A 4

tungswerte haben sich als zweckmäßig er- wiesen:

– Größenklassenwert G entsprechend der Klassen der Mosaiktypen-Flächenverbrei- tung (Tabelle 1)

– NSG-Anteilsklassenwert A entsprechend der Klassen der NSG-Flächenanteile (Ta- belle 2)

– Nährkraft-Wichtungswert N gemäß Tabel- le 3

– Hydromorphie-Wichtungswert H gemäß Tabelle 4

– Relief-Wichtungswert R gemäß Tabelle 5 Alle diese Werte werden miteinander wie folgt verrechnet und ergeben den Natur- raumbezogenen Schutzbedarfswert (NSB) (genauer Wichtungswert für die Schutzwür- digkeit und den Schutzbedarf):

G – A + N + H + R = NSB.

Die Bedeutung des Naturraumbezogenen Schutzbedarfswertes ist der Tabelle 6 zu ent- nehmen.

Ein hoher Schutzbedarf (Werte > 6) besteht

vorwiegend bei den stark und vollhydromor- phen Mosaiken sowie den Mooren, auch bei einigen anhydromorphen Mosaiken mit star- ker Reliefdifferenzierung. Dagegen erwies sich ein nur geringer oder keinerlei Schutzbe- darf (Werte < 2) vor allem bei den auf großer Fläche verbreiteten anhydromorphen und mäßig hydromorphen Mosaiktypen, aber auch bei allen sehr kleinflächig auftretenden.

Da die Daten sämtlich digitalisiert sind, ist eine kartenmäßige Darstellung der Räume unterschiedlichen Naturaumbezoge- nen Schutzbedarfswertes möglich (vorlie- gend im LUA Brandenburg). Sie kennzeich- net also einerseits Suchräume für eine mögli- che Ergänzung des NSG-Systems, anderer- seits sind Räume ausgewiesen, für die sich derzeit Schutzbestrebungen erübrigen.

6. Entwicklungsstand und ergänzende Erhebungen

Nach den vorgestellten Untersuchungen er- weist sich die Naturraumkartierung der Forst- lichen Standorterkundung als eine geeignete Grundlage für die Entwicklung eines solchen NSG-Systems. Verwendet man die Natur- raummosaiktypen als vorrangiges Ordnungs- merkmal für ein NSG-System, werden nach dem gegenwärtigen Stand hinsichtlich ihrer Repräsentanz erhebliche Defizite erkennbar.

Einmal wären Ergänzungen durch NSG wün- schenswert, zum anderen könnten Entlassun- gen erwogen werden, vor allem dann, wenn sie nach ihrem heutigen Zustand ihre eigent- liche Funktion nicht mehr erfüllen.

Bei einem möglichen Aus- oder Umbau des Abb. 4

Übereinstimmung von Standortsmosaik und Schutzzweck

(7)

NSG-Systems ist am zweckmäßigsten, von den bestehenden und geplanten Großschutz- gebieten auszugehen, die ja die Knotenpunk- te im gesamtem Schutzgebietssystem bilden und in denen die sie prägenden Mosaiktypen durch NSG angemessen repräsentiert sein sollen. Hierin sind unbedingt die FFH-Gebie- te, soweit sie noch ohne Schutzstatus sind, einzubeziehen, aber auch die gesetzlich ge- schützten Biotope sind als Verbundglieder (Trittsteine) mit zu berücksichtigen.

Bei der Beurteilung bestimmter landschaftli- cher Areale auf ihren naturschutzfachlichen Wert, vor allem bei der Neuauswahl von NSG, sind neben der naturräumlichen Kenn- zeichnung eine ganze Reihe von Kriterien mit in Betracht zu ziehen. Die wesentlichsten sind in dem Kreisschema der Abbildung 5 zusam- mengestellt.

7. Zusammenfassung

Es wird für zweckmäßig gehalten, bei der Weiterentwicklung des NSG-Systems in Brandenburg anstelle biotischer Merkmale vorrangig Naturräume als Ordnungsprinzip zugrunde zu legen unter Verwendung der Er- gebnisse der forstlichen Naturraumkartie- rung.

Dem entsprechend sollen im NSG-System die charakteristischen Naturräume und die für sie typischen Lebensgemeinschaften in einem ausgewogenen Verhältnis repräsentiert sein.

Folgende Arbeitsschritte sind erforderlich:

– Erfassen der Naturraumausstattung Bran- denburgs

– Prüfung, inwieweit die bestimmenden Naturraumtypen durch NSG anteilsmäßig repräsentiert sind, ob die Schutzinhalte der NSG mit den Eigenschaften der Na- turräume übereinstimmen, und Nachweis der Unter- oder Überrepäsentanz von Na- turraumtypen durch NSG

– Ermittlung des so genannten naturraum- bezogenen Schutzbedarfswertes für jeden Naturraumtyp

– Hinweise zur Beurteilung der Schutzrele- vanz von Naturraumarealen und zur Aus- weisung von NSG.

Literatur

KOPP, D. 1975: Kartierung von Naturraumtypen auf der Grundlage der forstlichen Standortserkundung. -

Tabelle 5: Reliefwichtungswerte

Reliefformen Wertziffer

flache Platten f 0

wellige Platten w 1

kuppige Platten k 3

Altdünenfelder d 3

Jungdünenfelder u 3

Moränensenken

und -täler e 2

Altniederungen n 0

Jungniederungen j 0

Auen a 0

Hänge h 3

Täler t 2

Senken s 2

Berge, Rücken,

Riedel v 3

Tabelle 6: Naturraumbezogene Schutzbedarfswerte

Wertziffer Naturraumbezogener Schutzbedarf

> 6 sehr hoher Schutzbedarf (unterrepräsentiert) 5 mäßiger Schutzbedarf

(gering repräsentiert) 4 ohne Schutzbedarf

(angemessen repräsentiert) 3 ohne Schutzbedarf

(reichlich repräsentiert)

< 2 ohne Schutzbedarf (überrepräsentiert)

Tabelle 4: Hydromorphiewichtungswerte

Hydromorphiestufe Wertziffer

Anhydromorph (M) 0

Mäßig hydromorph mineralisch (I) 1

überflutet (Iü) 2

Stark hydromorph mineralisch (Fm) 2

überflutet (Fü) 3

Vollhydromorph mineralisch (Nm) 3

überflutet (Nü) 4

Moore (Xo) 5

Hydromorphiebreit (B) 2

Abb. 5

Ablaufschema für die Beurteilung von Naturräumen und für die Auswahl potenzieller NSG-Flächen

Petermanns Geogr. Mitt. (119)2: 96 – 114

KOPP, D.; Jäger, K.-D.; Succow, M. u. a. 1982: Na- turräumliche Grundlagen der Landnutzung am Beispiel des Tieflandes der DDR. Akademie-Verl. Berlin. -339 S.

KOPP, D. u. SCHWANICKE, W. 1994: Standörtlich- räumliche Grundlagen ökologiegerechter Fortstwirt- schaft. Dt. Landwirtschaftsverlag. -Berlin. -248 S.

LORENZ, W.D. 1997: Grundlagen für ein naturraum- bezogenes Schutzgebietssystem. Bericht, Tabellen und Karten. Im Auftr. des Landesumweltamtes Branden- burg. -32 S., Tabellen u. Karten im Anhang SCHOLZ, E. 1962: Die naturräumliche Gliederung Bran- denburgs. Pädagog. Bezirkskabinett Potsdam. -93 S.

Anschrift der Verfasser:

Dr. Wolfgang Dieter Lorenz Seestraße 20

12589 Berlin Gerd Fasold

Landesumweltamt Brandenburg PF 601061

14410 Potsdam

(8)

R

ELATIV UNBEMERKT IST DER HEIMLICH LEBENDE

S

CHWARZSTORCH IN

B

RANDENBURG TROTZ VERBESSERTER

R

REPRODUKTION AUF EIN SEHR NIEDRIGES

B

ESTANDSNIVEAU ABGESUNKEN

. N

EBEN POPULATIONSÖKOLOGISCHEN

A

SPEKTEN DÜRFTE VOR ALLEM DER ZUNEHMENDE

N

UTZUNGSDRUCK AUF DEN

W

ALD NACH DER

W

ENDE DAZU BEIGETRAGEN HABEN

.

N

.

Zum Schwarzstorch (Ciconia nigra [L., 1758]) in Brandenburg

Schlagwörter: Schwarzstorch (Ciconia nigra), Lebensraum, Bestandsentwicklung, Reproduktion, Gefährdungen Schutzmaßnahmen

T

ORSTEN

R

YSLAVY

, M

ATHIAS

P

UTZE

1. Einleitung

Der Schwarzstorch, ein scheuer Waldvogel („Waldstorch“), ist in unserer intensiv ge- nutzten Kulturlandschaft eine vom Ausster- ben bedrohte Großvogelart. Im Gegensatz zum Weißstorch, der in seiner Verbreitung hauptsächlich auf Europa beschränkt ist, be- siedelt der Schwarzstorch – mit einem Welt- bestand von ca. 12.000 BP – ein sehr großes eurasisches Areal vom Atlantik im Westen bis zum Pazifik im Osten. Fernab dieses Areals existiert eine kleine Brutpopulation in Süd- afrika.

Bisher liegen für Brandenburg bzw. regional nur erstaunlich wenige Publikationen zum

Schwarzstorch vor (CREUTZ 1970; PIESKER 1975, 1983; LOEW 1982; WEINGARDT 2000), obwohl Brandenburg bis etwa Mitte der 90er Jahre das schwarzstorchreichste Bundesland war. Selbst im Rahmen der Art- bearbeitung für „Die Vogelwelt Branden- burgs“ (RUTSCHKE 1983), neben CREUTZ (1970) die einzige landesweite Bearbeitung zum Schwarzstorch, wurden Daten nur spär- lich zusammengetragen, die sich zudem fast ausschließlich auf den Altbezirk Cottbus be- schränken (PIESKER 1983). So fehlen hier beispielsweise in der Verbreitungskarte sämt- liche Vorkommen Westbrandenburgs und im Text Angaben zu den Vorkommen der Altbe- zirke Frankfurt/O. und Potsdam sowie zur

Reproduktion. Ein eingehender Vergleich der aktuellen Situation lässt sich somit leider nur mit den 60er Jahren anstellen, für die eine gute Datenbasis vorliegt (CREUTZ 1970).

Für den Zeitraum der letzten 20 Jahre gibt es – trotz der sehr hohen Schutzkategorien für die Art – keine landesweiten Betrachtungen zum Schwarzstorch, weshalb nachfolgend in relativ komprimierter Form insbesondere Aussagen zur Populationsdynamik sowie zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen vor- genommen werden sollen.

Danksagung: Den teils ehrenamtlich, teils hauptamtlich (z.B. Revierförster) fungieren- den Betreuern der brandenburgischen Schwarzstorchhorste gilt an dieser Stelle ein herzlicher Dank für die über viele Jahre gelei- stete Arbeit! Mit dem Netz aus überwiegend ehrenamtlich tätigen Horstbetreuern werden die Brutgebiete bzw. -plätze des Schwarz- storches jährlich kontrolliert und betreut. Er- folgte die Zusammentragung der jährlichen Ergebnisse im Zeitraum 1975 bis 1990 auf Altbezirksebene unter Koordination von D.

Ruhle (Altbezirk Cottbus), O. Manowski (Frankfurt/O.) und M. Loew (Potsdam), wurde nach 1990 die Koordination regional vom Landesumweltamt Brandenburg durch- geführt (Cottbus – D. Ruhle/B. Litzkow, Frankfurt/O. – A. Stein, Potsdam – M. Zer- ning).

2. Lebensraum und Verbreitung

In Mitteleuropa gilt der Schwarzstorch als ein Indikator für intakte Waldökosysteme, insbe- sondere für störungsarme Wälder in oder in der Nähe von Feuchtgebieten. Infolge seines großen Aktionsraumes im Brutgebiet von bis zu 100 km2(Nahrungsrevier) hat er zudem einen sehr hohen Raumanspruch. Das Nest- revier beträgt dagegen nur 1 bis 5 km2(FLA- DE 1994).

Die Brutgebiete in Brandenburg liegen in überwiegend großflächigen, strukturreichen und ungestörten Waldgebieten mit einge- streuten aufgelichteten Altholzbeständen (insbes. Eiche) sowie in abwechslungsreichen Abb. 1

Adulter Schwarzstorch- Gefangenschafts- aufnahme Foto: T. Bich

(9)

Feuchtbereichen, d. h. fischreichen Fließge- wässern und Gräben, Waldmooren, Bruch- wäldern, Teichgebieten und – mit zuneh- mender Bedeutung – Nass- und Feuchtwie- sen. Da der Schwarzstorch hauptsächlich kleine Fische frisst, sucht er seine Nahrung überwiegend im Wasser. Wenngleich die Großflächigkeit des Waldgebietes nicht der ausschlaggebende Faktor zu sein scheint, so sind jedoch relative Ruhe und Ungestörtheit für die Brutgebietswahl bzw. -treue sehr wichtig. Von einem Brutversuch in einem nur 6 ha großen Feldgehölz berichtet WEIN- GARDT 2000).

Meistens ist der Horststandort so gewählt, dass er – oft nicht weit vom Waldrand ent- fernt – durch eine natürliche Anflugschneise (alte Schneisen, ungenutzte Wege) gedeckt angeflogen werden kann. Oft befindet sich der Horst sogar im ältesten Baumbestand ei- nes Waldgebietes. Der i.d.R. sehr alte Horst- baum weist meistens ein geschlossenes Kro- nendach und starke Seitenäste auf, wobei häufig die unteren starken Seitenäste in Stammnähe zum Horstbau genutzt werden.

Aus Tab. 1 ist die prozentuale Verteilung der Horstbaumarten für Brandenburg (zwei Zeiträume) und – zum Vergleich – für die bei- den benachbarten Bundesländer Sachsen- Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern er- sichtlich. Bei der Anzahl von 44 Horstbäumen für die 90er Jahre in Brandenburg ist anzu- merken, dass mehrjährig besetzte Horstbäu- me nur einmal gewertet wurden.

Eine wesentliche Veränderung der Horst- baumanteile gegenüber den 60er Jahren ist in Brandenburg nicht zu ersehen. Eiche und Buche werden etwas mehr als Horstbaum ge- nutzt, während sich der Horstbaumanteil bei Kiefer und Erle fast um die Hälfte verringert hat. Auf Erlen brüteten Schwarzstörche bis in die 80er Jahre vor allem im Spreewald, was sich mit dem verstärkten Alterleneinschlag in den 80er Jahren hier jedoch grundlegend än- derte (vgl. WEINGARDT 2000).

Im Vergleich zu Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt stehen die prozentualen Anteile der beiden Horstbaumarten Eiche und Buche im Wesentlichen im Einklang mit der standortbedingten Baumartenverteilung.

Im relativ waldreichen Brandenburg, der Waldanteil beträgt 33%, ist der Schwarz- storch relativ ungleichmäßig verbreitet (Abb.

4). Wenngleich die Art in jedem Landkreis als Brutvogel auftritt, zeigen sich deutliche Kon- zentrationen in der Prignitz, im Barnim, in der Uckermark sowie im Spreewald.

3. Bestandsentwicklung und Reproduktion

Bereits Ende des 19. und zu Beginn des 20.

Jahrhunderts war der Schwarzstorch in Bran- denburg ein seltener Brutvogel, wozu vor al- lem Abschuss, Verfolgung durch Sammler und auch Veränderungen des Lebensraumes beigetragen hatten. Angaben von DETMERS (1912) und SCHALOW (1919) lassen auf ei-

Abb. 3

Fließgewässer im Fläming – Nahrungshabitat des Schwarzstorches

Foto: T. Ryslavy Abb. 2

Bruthabitat des Schwarzstorches- Belegaufnahme bei der Beringung der Jungvögel im Niederen Fläming Foto: T. Bich

Tabelle 1: Horstbaumanteile in Brandenburg in den 60er Jahren

1

und 90er Jahren sowie zum Vergleich in Mecklenburg-

Vorpommern

2

und Sachsen-Anhalt

3

Horstbaum Brandenburg Brandenburg Mecklenburg- Sachsen-Anhalt 60er Jahre 1992-1998 Vorpommern 1991 (n=25)

(n=33) (n=44) 1959-1997 (n=98)

Eiche 63 % 68 % 58 % 60 %

Buche 12 % 16 % 27 % 28 %

Kiefer 16 % 9 % 8 % 8 %

Erle 9 % 5 % 1 % -

Sonstige - 2 % 6 % 4 %

1(CREUTZ 1970)

2(ROHDE 1999)

3(DONRBUSCH, G. u. M. 1996)

nen Mindestbestand von lediglich 10 bis 15 BP für das heutige Brandenburg schließen.

Hierbei muss allerdings berücksichtigt wer- den, dass damals aus kapazitiven und logisti- schen Gründen Erfassungen nicht vollständig durchgeführt werden konnten, so dass eine relativ hohe Dunkelziffer wahrscheinlich ist.

Für den Zeitraum der 20er bis 50er Jahre er- folgten in Brandenburg leider keine landes- weiten Bestandserfassungen. Jedoch ist für andere ostdeutsche Gebiete – wie Sachsen- Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern – fol- gende Bestandsentwicklung belegt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Brandenburg übertragbar ist:

Negativer Trend (von 1880) bis Ende der 20er Jahre mit Zurücklegung der westlichen Areal- grenze bis nach Mecklenburg und Branden- burg; Bestandserholung in den 30er Jahren;

erneutes Absinken mit Tiefstand um Mitte der 40er Jahre; in den Folgejahren überra- schend starke Zunahme; dann Abnahme bis Mitte der 60er Jahre.

In Brandenburg wurden erst zwischen 1959 und 1968 intensive Erfassungen durchge- führt, wobei ab Mitte der 60er Jahre ein Be- standsanstieg von ursprünglich nur 3 bis 7 BP auf immerhin 11 bis 12 BP – sowie 2 bis 3 Ein- zeltier-Reviere – ermittelt werden konnte (CREUTZ 1970).

Auch in den 70er Jahren war der Schwarz- storch noch ein sehr seltener Brutvogel in Brandenburg, wobei es jedoch ab 1970 zu ei- ner Bestandszunahme kam (PIESKER 1975).

In den 80er Jahren konnten dann mehrere neue Brutplätze ausfindig gemacht werden.

Zeitreihen für den Altbezirk Potsdam (Abb. 7) zeigen für den Zeitraum 1975 bis 1988 zunächst einen Bestand auf niedrigem Ni- veau (um 5 BP) in den 70er Jahren, der sich

(10)

38 39

47

48 49

40 52

50 51 41 46

43 44 45 26 42

27

30 31

32 33

35

37 38

40

46 28

29

34

36

39

41

43 42

44 45

0 16 32 48 64 80 km

Kartenherstellung: Landesumweltamt Brandenburg, Ref. N1 Informationsstand: 31.12.1999

Datenquelle: Datenmaterial von ehrenamtlichen Horst- betreuern; Standortbezug auf 1 MTB-Basis Bearbeitung: Landesumweltamt Brandenburg,

Ref. N2, N4-N6 Horstpaare 1992

1 Horstpaar

mehr als 1 Horstpaar Horstpaare 1999

1 Horstpaar

mehr als 1 Horstpaar Landesgrenze Kreisgrenze

Legende

Abb. 4:

Verbreitung des Schwarzstorches (Ciconia nigra) in Brandenburg im Jahr 1994 und 1998/99 auf Messtischblattbasis (Karte) dann bis Ende der 80er Jahre mit 14 BP fast

verdreifacht hatte (LOEW 1982 unveröff.).

Der fast doppelt so hohe Bestand zu Beginn der 90er Jahre – also nur 2 bis 3 Jahre später – kann nicht nur auf Neuansiedlungen und dem Brutbestand des nach der Kreisgebiets-

reform hinzugekommenen Altkreises Perle- berg (3 BP) basieren, sondern dürfte zu ei- nem großen Teil auf Kenntniszuwachs und einem verbesserten Informationsfluss mit den ab 1991 vom Landesumweltamt beauf- tragten Horstbetreuern beruhen.

Mittlerweile besteht ein recht guter Überblick zu Bestand und Reproduktion des Schwarz- storches in Brandenburg. Dennoch kann auf- grund der relativ verborgenen Lebensweise, aber auch aufgrund bewusster Nichtmeldung von bekannten Schwarzstorch-Brutplätzen

(11)

Reproduktionsergebnissen in den Verbrei- tungszentren Osteuropas (insbes. Baltikum) resultiert. Solche biogeografischen und po- pulationsbiologischen Vorgänge der Areal- verschiebung bzw. -ausbreitung sind meis- tens nur schwer analysierbar. Die von STRAZDS (1993) für den starken Anstieg in Lettland hervorgehobene verbesserte Habi- tatkapazität durch die „wasserbauliche“

Tätigkeit der dort stark angewachsenenen Bi- berpopulation (Woronesh-Biber) trifft für (Ost)-Deutschland nicht zu. In den Populati- onszentren des Elbe-Bibers (Brandenburg, Sachsen-Anhalt), wo sich diese Nagerart nach wie vor ausbreitet, ist der Bestandstrend des Schwarzstorches negativ. Die Ausbrei- tungstendenz, die bis um 1990 in Ost- deutschland anhielt, hat sich in den 90er Jah- ren westwärts fortgesetzt, während in Ost- deutschland – wohl vorrangig suboptimale – Brutplätze wieder aufgegeben wurden.

Bezüglich des gesamtdeutschen Schwarz- storch-Bestandes (346 BP; JÖBKES 1999) hat Brandenburg immerhin noch einen Anteil von ca. 15 %; zu Beginn der 90er Jahre wa- ren es für das damals schwarzstorchreichste Bundesland Brandenburg sogar über 25 %.

4. Gefährdungen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts dürften der Abschuss von Schwarzstörchen sowie das Aushorsten von Gelegen bzw. Jungstörchen die Hauptursachen für den raschen Rück- gang gewesen sein, da zwischen 1880 und 1920 immer wieder von solchen Eingriffen in der Literatur berichtet wurde (vgl. CREUTZ 1970). Andererseits kam es damals erwiese- nermaßen auch infolge von Störungen durch Forstarbeiten im Brutrevier zur Aufgabe von Brutplätzen, wie schon ECKSTEIN (1911) be- richtete. Für die Bestandsentwicklung ent- scheidend waren anthropogen bedingte Brutverluste. CREUTZ (1970) hatte diesbe- züglich für Brandenburg Daten zu Verlustur- sachen (n = 9) gesammelt, die in den 60er Jahren eindeutig Forstarbeiten als Haupt- störungsursache mit anschließender Brut- platzaufgabe ausweisen (3 x Holzeinschlag, 3 x Aufforstung und Bohrungen, je 1 x Besuch von Schulklasse, Fotograf und Störungen durch Angler). Für Mecklenburg-Vorpom- mern kamen nach CREUTZ (1970) noch der Bau von Ansitzen, Meliorationsarbeiten so- wie bewusste Horstvernichtung hinzu.

Eine von den Autoren vorgenommene erste Analyse von Brutplatzaufgaben in Branden- burg in den 90er Jahren ergab insgesamt 47 aufgegebene (verwaiste) Brutreviere, wobei allerdings in wenigen Fällen eine – von den Horstbetreuern nicht bemerkte – Umsiedlung stattgefunden haben könnte. Da Wechsel- horste des Schwarzstorches 2 bis 6 km räum- lich voneinander getrennt liegen können, ist es für den Horstbetreuer nicht immer sofort

Tabelle 2: Gemittelte Fortpflanzungsziffern (flügge Junge je Brutpaar mit bekanntem Bruterfolg) für verschiedene Zeiträume in Brandenburg

1

, Mecklenburg-Vorpommern

2

und

Sachsen-Anhalt

3

Zeitraum Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Sachsen-Anhalt 1959-1968 1,80 (n = 85) 2,10 (n = 136; 1959-1973) ?

1984-1988 1,76 (n = 57; 1,42 (n = 49) 2,13 (n = 78) nur Westbbg.)

1992-1995 1,53 (n = 138) 1,23 (n = 52) 1,57 (n = 69)

1996-1999 1,98 (n = 128) 1,05 (n = 22; 1996/1997) 1,99 (n = 49; 1996-1998)

1(CREUTZ 1970, LUA-Material)

2(KLAFS u. STÜBS 1977, ROHDE 1999)

3(DORNBUSCH 2000)

durch einzelne Revierförster von einem et- was höheren Brutbestand ausgegangen wer- den.

Bis Mitte der 90er Jahre kam es landesweit zu einem erheblichen Anstieg des Brutbestandes (Abb. 7). Nach einem Bestandshöhepunkt trat in den Folgejahren dann aber eine merk- lich regressive Entwicklung ein. Die Abun- danz des Schwarzstorches liegt, auf die Lan- desfläche bezogen, zwischen 0,13 und 0,19 Revierpaare pro 100 km2.

Auffallend ist, dass sich die Anzahl der Brut-

denburgs dagegen, wo Jungstörche beringt werden, zeigten die Fortpflanzungsziffern in den 90 Jahren eine auffallende Parallelität zu Brandenburg. Auch hier gab es deutlich stei- gende Fortpflanzungsziffern (DORNBUSCH 2000).

Gute Nachwuchsjahre zeichnen sich meistens durch lokal hohe Bestände an Sammel- und Schlafplätzen im Sommer aus. So wurden beispielsweise in den guten Reproduktions- jahren 1997 und 1998 im Sommer Gebiets- maxima von 30 Tieren am 15.8.97 im Unte-

ren Odertal bei Schwedt (H. Thiere in DITT- BERNER 1996) festgestellt. Der mit Abstand bedeutendste und zudem regelmäßig fre- quentierte brandenburgische Sammelplatz befindet sich an der Mittleren Oder bei Genschmar, der jedoch im Zusammenhang mit der Unteren Warte-Niederung bei Küstrin (Polen) betrachtet werden muss. Bei Gensch- mar wurden 1997 bis zu 51 (T. Förder, S. Fahl in HAUPT et al. 1999) und 1998 sogar bis zu 53 (!) Schwarzstörche (S. Fahl ) registriert, wobei zwischen Ende Juni und Ende August regelmäßig über 20 Tiere im Gebiet waren.

Für den Schwarzstorch sind langfristige und großräumig erhebliche Bestandschwankun- gen nicht ungewöhnlich, was auch die oben beschriebene Bestandsentwicklung in Bran- denburg und angrenzenden Bundesländern im 20. Jahrhundert gut reflektiert. Es zeigt sich für die ostdeutschen Bundesländer Bran- denburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ein relativ drastischer Rück- gang in den 90er Jahren, während in Süd- und Westdeutschland der positive Trend der 80er Jahre weiterhin anhielt mit aktuell z.T.

sehr hohen Landesbeständen, z.B. Bayern – 1983: 5 BP, 1999: 70-80 BP (PFEIFFER 1999);

Rheinland-Pfalz – 1982: 1 BP (DIEHL 1999), 1998 – 11 BP; Hessen – 1982: 1 BP, 1995: 33 Rev. (HORMANN 2000).

So sind heute weite Teile Deutschlands – auch solche am Rande der westlichen Areal- grenze des Schwarzstorches – wieder besie- delt, ohne dass hier gezielte habitatverbes- sernde Maßnahmen stattgefunden haben.

Vielmehr dürfte dies größtenteils auf dem Populationsdruck beruhen, der aus hohen paare mit nicht bekanntem Bruterfolg im Ver-

gleich zum Beginn der 90er Jahre deutlich verringert hat, was für eine verbesserte bzw.

intensivere Kontrolltätigkeit spricht (Abb. 8).

Diese negative Bestandsentwicklung in jüng- ster Zeit befindet sich auch in Übereinstim- mung zum benachbarten Mecklenburg-Vor- pommern, wo der Brutbestand von 15 BP (1993) auf mittlerweile nur noch 8 BP (1998) drastisch zurückging (ROHDE 1999 u. mdl.).

Auch für Sachsen-Anhalt wird seit 1990 eine stark rückläufige Bestandsentwicklung um ebenfalls fast 50 % (!) gemeldet (DORN- BUSCH 2000).

Konträr zur brandenburgischen Bestandsent- wicklung steht eine für die Bewertung der Population entscheidende Größe, nämlich die Fortpflanzungsziffer (flügge Jungvögel je Brutpaar mit bekanntem Bruterfolg), die seit Anfang der 90er Jahre stetig anstieg (Tab. 2).

Dabei wurden in den Jahren 1997 und 1998 sogar Werte von über 2,0 erreicht. Da in den 90er Jahren keine Jungstörche beringt wur- den – beim Besteigen des Horstes werden er- wiesenermaßen mehr Jungvögel „entdeckt“

– , ist die höhere Fortpflanzungsziffer nicht methodisch bedingt.

Im Vergleich zu Mecklenburg-Vorpommern, wo ebenfalls die Jungvögel nicht beringt wurden, ist die Fortpflanzungsziffer in Bran- denburg – im Gegensatz zu früheren Jahren – für die 80er und 90er Jahre deutlich höher.

In Mecklenburg-Vorpommern hat sich zu- dem in den 90er Jahren nicht nur der Brutbe- stand, sondern auch die Fortpflanzungsziffer drastisch verringert. In Sachsen-Anhalt, dem südwestlich gelegenen Nachbarland Bran-

(12)

möglich, den besetzten Wechselhorst zu fin- den. Solche Horstwechsel sind die Folge von Störungen, aber auch Veränderungen der Landschaft und damit Lebensraumverlust können Paare dazu veranlassen.

Die Aufgabe eines Horstes wurde nicht als Verwaisen, sondern als Umsiedlung gewer- tet, wenn in den Folgejahren ein neuer Brut- platz in der Umgebung bekannt wurde. Zeit- lich verteilen sich die Revieraufgaben sehr heterogen:

1990 bis1992 - 9 x 1993 bis 1995 - 19 x 1996 bis 1998 - 6 x

1999 - 13 x

Deutliche „Höhepunkte“ traten somit in den Jahren 1993 bis 1995 und besonders 1999 auf.

Die Ursachen für die Brut- bzw. Brutrevier- aufgaben sind i.d.R. nur schwer zu ermitteln.

Somit verwundert es nicht, dass zunächst für 22 verwaiste Brutreviere keine Aussagen zu den Ursachen gemacht werden können.

Für 25 Revieraufgaben konnten über die Horstbetreuer jedoch Angaben zu (mögli- chen) Hauptursachen zusammengetragen werden, die sich wie folgt aufteilen:

– 5x (20%) Wasserabsenkung (meliorative Maßnahmen, witterungsbedingte Aus- trocknung)

– 5x (20%) erhebliche Störungen durch Waldbesucher

– 4x (16%) Erdarbeiten zur Brutzeit (Bahn- bau, Erdgasleitung)

– 3x (12%) Horst abgestürzt/Horstbaum umgestürzt

– 2x (8%) Holzeinschlag zu Brutzeit in Horst- umgebung

– 2x (8%) Gelegediebstahl

– 1 x (4%) Horstbaum vorsätzlich abgesägt – 1 x (4%) zu hoher Aufwuchs um den Horst – 1 x (4%) Modellflugsport (Landung eines

Modellflugzeuges im Horst)

– 1x (4%) Seeadleransiedlung in 90 m Ent- fernung.

Weiterhin fällt eine Reihe von Störungen im Schwarzstorch-Brutgebiet an, ohne dass es gleich zu einer Brutaufgabe kommt. Solche für die letzten Jahre protokollierten Störungs-

getragenen Fakten allerdings noch immer gegeben. Die meisten Revierförster zählen aber in Brandenburg zu den effektiven Schwarzstorchschützern.

Der Hauptgrund für die Revieraufgaben bei den meisten der weiteren 22 verwaisten Brutreviere, für die keine Ursachenermittlung möglich war, ist vermutlich im ungünstigen Wasserhaushalt und damit direkt zusammen- hängend im eingeschränkten Nahrungsan- gebot zu suchen. In Mecklenburg-Vorpom- mern werden die Ursachen für die dortigen Brutrevieraufgaben – neben Störungen am Brutplatz – übrigens auch in erster Linie auf die verschlechterte Situation in den Nah- rungsgebieten (insbes. Fließgewässer) zurückgeführt (ROHDE 1999). In Branden- burg ist regional ein Schwund intakter Nah- rungshabitate zu konstatieren. Während der gesamten Brutsaison haben Fließgewässer ei- nen hohen Stellenwert für den Schwarz- storch während der gesamten Brutsaison, da die Hauptnahrung aus Kleinfischen, daneben aus Amphibien und Wasserinsekten, besteht.

Im Vergleich zu seinem lokalen Brutnachbar Schreiadler ist der Schwarzstorch mehr nah- rungsspezialisiert. Da sich der Zustand vieler Fließgewässer in der Vergangenheit ver- schlechtert hat, z.B. durch Teilbegradigung, Gewässerunterhaltung bzw. Staustufen (vgl.

z.B. BRAASCH et al. 1994, BRAASCH 1995), hat sich das Nahrungsangebot für den Schwarzstorch möglicherwiese entscheidend reduziert. Die in den letzten Jahrzehnten er- folgte Entwässerung von Bruchwäldern, Feuchtwiesen und Kleingewässern sowie in Trockenjahren wie 1992/93 zusätzlich witte- rungsbedingte Austrocknung von Feuchtbio- topen haben vermutlich ebenso dazu beige- tragen, dass aufgrund eines reduzierten Nah- rungsangebotes bzw. reduzierter Nahrungs- verfügbarkeit Brutplätze aufgegeben wur- den. Der hohe Anteil von Brutrevieraufgaben in den Jahren 1993 bis 1995 ist ein deutliches Indiz dafür.

Eine systematische Analyse der Habitatstruk- tur von 27 Brutvorkommen des Schreiadlers (Aquila pomarina) in Brandenburg (LANG- GEMACH et al. i.Dr.) ergab für 12 Schreiad- ler-Reviere, in denen auch der Schwarzstorch vorkam, folgende Einschätzung: Beide Arten haben ähnliche Habitatansprüche und nisten nicht selten im selben Brutwald. Die Horstab- stände zwischen – erfolgreichen – Brutpaaren beider Arten können sehr gering sein (mini- mal 80 Meter). Der Schwarzstorch reagiert anscheinend sensibler auf Lebensraumverän- derungen, insbes. Grundwasserabsenkung.

So wurden mindestens 6 Brutreviere des Schwarzstorches aufgegeben, während der Schreiadler weiterhin Brutvogel war.

Inwieweit sich der Biozideinsatz im Wald auf die Nahrungsbasis des Schwarzstorches aus- gewirkt hat, muss an dieser Stelle offen blei- ben. Ein direkter Zusammenhang ist zunächst ursachen (n = 13) betreffen zum größten Teil

Holzeinschlag in Horstnähe (5x) und Flugbe- trieb (Segel-, Ballonflug) in Flugplatznähe (5x) sowie Waldbesucher (3x). In einigen Brutrevieren wurden forstwirtschaftliche Ar- beiten und Jagdausübung während der Brut- zeit im Horstschutzbereich (§ 33 BbgNat- SchG) festgestellt, womit nachweislich Bru- ten gestört und sogar aufgegeben wurden, insbesondere nach Holzeinschlag (vgl. oben).

Die Erfassung der Störfaktoren mit an- schließender Brutplatzaufgabe ergibt somit ein recht breites Spektrum. Insbesondere die hydrologische Situation in der Umgebung des Brutgebietes sowie die anthropogen be- dingten Störungen im Horstbereich (v.a.

durch Waldbesucher und Bauarbeiten) treten jedoch deutlich hervor. Forstliche Arbeiten als Störfaktoren spielen nicht mehr die große Rolle wie in vergangenen Jahrzehnten (vgl.

CREUTZ 1970), sind anhand der zusammen- Abb. 5

Dieser Schwarzstorchhorst im Griebener Forst (Landkries Stendal) wurde 1998 zur Brutzeit aufgegeben (Horst befindet sich ca. oberhalb der Bildmitte, auf unterem linken Buchenast).

Die Ursache der Brutplatzaufgabe war der Bau eines Hochstandes durch die Bundesforst.

Foto: J. Lippert

Abb. 6

Eine Schwarzstorch- Familie mit zwei Alt- und drei Jungvögeln bei der Nahrungssuche;

August 1995 Foto: T. Bich

(13)

nicht ableitbar, da während und nach der Zeit des DDT-Einsatzes die Brutbestände in Ost- deutschland allgemein angestiegen sind.

Weiterhin ist der nach 1990 erhöhte Freizeit- druck auf die Landschaft und damit auch die Beunruhigung in manchen Schwarzstorchre- vieren zu einem anscheinend ernsthaften Problem geworden, was gerade bei solch ei- ner sensiblen Art zur Aufgabe von Brutplät- zen führen kann. Die damit verbundenen di- versen Freizeitaktivitäten (Heißluftballons, Segelflieger, Mountainbiker, „Naturfotogra- fen“, Waldbesucher u.a.) sind nicht nur in Brandenburg zu einem wesentlichen Stö- rungsfaktor für den Schwarzstorch gewor- den; auch aus Mecklenburg-Vorpommern wurden gleiche Erfahrungen gesammelt (ROHDE 1999).

Inwieweit sich die Zunahme der brandenbur- gischen Seeadler-Brutpaare in den 90er Jah- ren (vgl. RYSLAVY 1993-1999) negativ auf den Schwarzstorchbestand auswirkt (An- siedlung des Seeadlers in Brutrevieren des Schwarzstorches mit nachfolgender Revier- aufgabe) ist anhand der Datenlage noch nicht bewertbar.

Für mindestens 6 Reviere wäre der Verlust ei- nes Brutpartners während des Zuges bzw. im Winterquartier denkbar, da hier im Folgejahr (bzw. -jahren) nur Einzeltiere beobachtet wurden.

Von der Naturschutzstation Woblitz und der Vogelschutzwarte Brandenburg wurden im Zeitraum 1992 bis 2000 insgesamt 14 Schwarzstorchverluste mit bekannter Ver- lustursache registriert und protokolliert, wo-

bei nur Tiere im flugfähigen Alter gewertet wurden (Abb. 9). Der Stichprobenumfang ist also noch relativ gering. Für weitere drei Ver- luste, die nicht in Abb. x enthalten sind, ist die Todesursache unbekannt. Dies betrifft zwei adulte Weibchen zur Brutzeit sowie einen flüggen Jungvogel.

Allein 35% der Verluste hatten Stromlei- tungsanflug (21%) oder Stromschlag (14%) als Ursache. Tot unter dem Horst aufgefun- dene flugfähige Jungvögel machen ebenfalls 35% aus. Interessant erscheint der Verlust zweier Tiere (14%) durch Verdacht auf Fang- eisen, was auf illegale Verfolgung schließen lässt (vgl. LANGGEMACH et al. 1998). Etwa 70 % der Opfer mit bekanntem Alter (n=13) sind Jungstörche (n=9).

Außer den zuvor genannten Verlusten sind 16 nicht in die Verluststatistik eingegangene Jungvögel tot im Horst registriert worden (1993: 13, 1995: 3), für deren Absterben mit hoher Wahrscheinlichkeit kühle regnerische Witterungsphasen (speziell im Jahr 1993) ur- sächlich gewesen sein dürften. Weiterhin kam es zu einem Gelegeverlust infolge Horst- absturz (1995).

Weitere Verlustursachen sind anzunehmen, jedoch bleibt ein sicherlich nicht unerhebli- cher Teil an Verlusten aufgrund der relativ verborgenen Lebensweise des Schwarzstor- ches unentdeckt. So liegen beispielsweise für Sachsen-Anhalt zwei Verluste durch Ernte- bindegarn (Strangulation) vor, während in Brandenburg bisher kein derartiger Fall be- kannt wurde (vgl. LANGGEMACH 1999). Da in Brandenburg in neuerer Zeit keine Jungvö- gel markiert wurden, lassen sich demzufolge derzeit auch keine Abschussverluste während des Zuges nachweisen. Sie sind jedoch zu vermuten und für die 50er Jahre (1951 bis 1960) durch Wiederfunddaten von in Bran- denburg nestjung beringten Schwarzstör- chen (n = 8) belegt (CREUTZ 1982). Dem- nach kamen von diesen 8 Schwarzstörchen (5 Jung- und 3 Altvögel) allein 6 Tiere durch Abschuss in Italien (2), Frankreich (1), Spani- en (1), Ägypten (1) sowie Deutschland (1) ums Leben. Somit ist die direkte menschliche Nachstellung in den Durchzugsgebieten in dieser Zeit als die fast alleinige Verlustursache und als erhebliche Einflussgröße auf den Be- stand zu werten. Zu den beiden anderen Fäl- len (je 1 x Frankreich und Bulgarien) liegen keine Angaben zur Todesursache vor.

Eine Analyse der Wiederfunde in Ost- deutschland beringter Schwarzstörche (PUT- ZE i.Vorb.) ergibt ein ähnliches Bild der Ver- lustursachen wie zuvor geschildert: Von den für den Zeitraum 1934 bis 1999 angefallenen 22 Totfunden entfallen 12 Totfunde auf den Zeitraum 1934 bis 1976 und 10 Totfunde auf die Zeit 1977 bis 1999. Vergleicht man die Verlustursachen dieser beiden Zeiträume, so wird deutlich, dass „frühere“ (1934 bis 1976) Verluste mit bekannter Ursache (n = 8) aus- Abb. 7

Bestandsentwicklung und Reproduktion des Schwarzstorches (Ciconia nigra) in der Region Potsdam 1975 bis 1999 (Daten ehrenamtlicher Horstbetreuer; Zusammenstellung: 1975 bis 1989 – M. Loew; 1990 bis 1999 – Landesumweltamt Brandenburg)

Abb. 8

Entwicklung des Brutbestandes und der Reproduktion des Schwarzstorches (Ciconia nigra) in Brandenburg 1992 bis 1999 (RYSLAVY 1993 bis 1999; ergänzt)

(14)

schließlich Abschüsse waren. Im Zeitraum 1977 bis 1990 machen dagegen bei den Ver- lusten mit bekannter Ursache (n = 6) Lei- tungsanflug und Stromschlag (n = 4) zwei Drittel (!) aus, während für die restlichen zwei Verluste je einmal Kollision mit Zug und Ver- dacht auf Abschuss ursächlich waren.

Somit schlägt für die letzten 20 Jahre der An- flug an Stromleitungen bzw. Stromschlag bei Mittelspannungsleitungen als die entschei- dende Verlustursache zu Buche, obwohl die Gesamtlänge an Mittelspannungsleitungen in Brandenburg in den letzten 20 Jahren um etwa ein Drittel abgenommen hat. Neben dem Stromschlag dürfte der Leitungsanflug das wohl größere Problem für diese Großvo- gelart sein. Die meisten Anflüge scheinen an den ganz oben angeordneten und einzeln hängenden Erdseilen zu erfolgen, wenn die Vögel versuchen, die besser sichtbaren Lei- terseile zu überfliegen (z.B. HOERSCHEL- MANN et al. 1998). Prädestiniert für Lei- tungsanflug sind Stromleitungsbereiche in Waldschneisen, wo sich für den fliegenden Großvogel die Leiterseile optisch nicht genug vor dem dunklen Hintergrund (Wald) abhe- ben. Auch Vergleiche mit Analysen aus ande- ren Bundesländern bekräftigen, dass der Lei- tungsanflug die häufigste Todesursache beim Schwarzstorch ist. So wurden beispielsweise in Hessen und Rheinland-Pfalz zwischen 1983 und 1993 insgesamt 30 (!) überwie- gend junge Schwarzstörche als Anflugopfer an Mittelspannungsleitungen registriert (HORMANN u. RICHARZ 1996).

5. Schutzmaßnahmen und Forschung

5.1 Rechtliche Situation

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Verbindung mit Anhang A der EG-Verordnung 338/97 ist der Schwarz- storch eine streng geschützte Art. Außerdem ist er nach der EU-Vogelschutzrichtlinie eine Art des Anhangs I, was bedeutet, dass für den überwiegenden Teil der Population – d.h.

bei den seltenen Arten mindestens 60% – spezielle Schutzgebiete auszuweisen sind. In Brandenburg kommen in den 12 bestehen- den Europäischen Vogelschutzgebieten (SPA) etwa 40% des Schwarzstorch-Landes- bestandes vor. Mit den von der Verbandse- bene vorgeschlagenen zusätzlichen 10 Ge- bieten (IBA) und 4 Erweiterungsflächen zu bestehenden SPA lägen 65% des Schwarz- storchbestandes in Vogelschutzgebieten, womit für diese Art ein ausreichender Popu- lationsschutz gewährleistet wäre.

Da der Schwarzstorch nach BNatSchG

„streng geschützt“ und „besonders ge- schützt“ ist, gilt § 20f des BNatSchG, wonach es u.a. verboten ist, wildlebende Tiere der vom Aussterben bedrohten Arten (=streng

geschützte Arten) „an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsu- chen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören“.

Der Horstschutz wird in Brandenburg über den § 33 BbgNatSchG geregelt, der auch für Horste des Schwarzstorches gilt. Demnach sind im Umkreis von 100 Metern um den Horst das Abtreiben von Bestockungen und sonstige Veränderungen des Gebietscharak- ters, im 300 Meter Umkreis Land- und Forst- wirtschaft unter Maschineneinsatz vom 1.2 bis 31.8. und im 500 Meter Umkreis Bau und Nutzung von jagdlichen Einrichtungen ver- boten.

Aufgrund des internationalen Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA), einem Nachfolge-Abkommmen der Bonner Kon- vention und Instrument des internationalen Wasservogelschutzes, wird u.a. für den Schwarzstorch ein internationaler Arten-Ak- tionsplan (Action Plan) erstellt, den die Mit- gliedsstaaten, darunter Deutschland, für ihr Gebiet Genüge tun müssen.

5.2 Brut- und Nahrungsgebiet

Die wichtigste Schutzmaßnahme für den Schwarzstorch im Brutgebiet ist die Erhaltung bzw. Renaturierung von Fließgewässern in- nerhalb störungsarmer Wälder sowie natur- naher Wald- und Grünlandfeuchtgebiete!

Die Verbesserung des Landschaftswasserhal- tes ist die mit Abstand wichtigste Schutz- maßnahme für den Schwarzstorch. Dass Fließgewässer nach und nach wieder in na- turnahe Zustände versetzt und Grünland- flächen wieder vernässt werden, ist zugleich ein wesentlicher Aspekt der brandenburgi- schen Naturschutzstrategie geworden, die u.a. auch dem Schwarzstorch zugute kom- men wird. Hierfür gibt es regional bereits gute Beispiele. Generell können durch Ver- nässung (Grünland, Bruchwälder, Kleinge- wässer) neue Nahrungshabitate geschaffen

werden, die auch kleinflächig wirksam sein können. Oft reicht schon eine Wasserrück- haltung durch mehr oder weniger einfache Staueinrichtungen aus, um z.B. Bruchwald- bereiche wieder unter Wasser zu setzen.

Hierzu gibt es erfreulicherweise bereits etli- che in Zusammenarbeit zwischen Natur- schutz und Forstwirtschaft realisierte Vernäs- sungsprojekte in Brandenburg (z.B. für den Kranich), so beispielsweise im Templiner Raum oder in der Schorfheide. Forstgräben sollten so unterhalten werden, dass sich in ih- nen ein Kleinfischbestand halten kann. Dem- entsprechend sollten sie pflanzenbewachse- ne sonnige Abschnitte aufweisen und maxi- mal 0,5 Meter tief sein.

Die Gefahren bestehender Mittelspannungs- leitungen im Bereich der Schwarzstorchrevie- re sind in Zusammenarbeit mit der Energie- wirtschaft schrittweise zu mindern bzw..

rückzubauen. Das Vogelverlust-Monitoring der Naturschutzstation Woblitz und der Staatlichen Vogelschutzwarte hat dabei eine wesentliche Bedeutung, sind doch dadurch lokal die gefährlichen Leitungsabschnitte und Masten ersichtlich und notwendige Schutz- maßnahmen einleitbar. Verhandlungen mit den zuständigen Engerieversorgungsunter- nehmen e.dis (zuvor MEVAG) und envia (zu- vor ESSAG) laufen lokal bereits über viele Jahre, wobei in erster Linie die Gefahrenbe- reiche für Weißstörche (Stromtod) in Angriff genommen wurden. Für den Regionalbereich West der e.dis, dies betrifft im wesentlichen den Altbezirk Potsdam, hat HÜBNER (2000) – anhand der Datensammlung von Weiß- storch-Unfallstellen der vergangenen Jahre in Zusammenarbeit mit der Vogelschutzwarte Brandenburg und Naturschutzstation Wob- litz – einen Maßnahmenkatalog erstellt, mit dem der Energieversorger in der Lage ist, alle potenziellen Gefahrenstellen zu erkennen und bezüglich Stromschlag beseitigen zu können. Für die Art und Weise der Sicherung der Masten wurden verschiedene Lösungs- vorschläge angeboten. Schon bevor Vögel Abb. 9

Protokollierte Schwarzstorch- Verluste in Brandenburg im Zeitraum 1992 bis 2000

(Datensammlung:

Naturschutzstation Woblitz;

Vogelschutzwarte Brandenburg)

(15)

(überwiegend Jungvögel) an Mittelspan- nungsmasten Schaden nehmen, müssen präventiv Maßnahmen zur Sicherung gefähr- licher Konstruktionen ergriffen werden.

Die Bereitschaft der Energieversorgungsun- ternehmen zu Abhilfemaßnahmen gegen Vogelverluste an Freileitungen liegt vor und ist regional auch weiter in die Tat umgesetzt worden. Beim Bau von Neuleitungen gilt übrigens grundsätzlich die DIN VDE 0210, wonach die Masten neuer Mittelspannungs- leitungen vogelsicher gebaut werden. Dies basiert auf dem VDEW-Maßnahmenkatalog

„Vogelschutz an Freileitungen“ (technische Normen), einem Gemeinschaftsprodukt von Naturschutzverbänden und Energieversor- gungsunternehmen (VDEW 1991).

Zur Unterbindung des Stromschlages bei Mittelspannungsleitungen sind insgesamt 8 Maßnahmen relevant (vgl. LANGGEMACH et al. 1997). Neben dem Stromtod ist der Lei- tungsanflug für den Schwarzstorch das größere Problem. Hier lässt sich jedoch kein

„Allheilmittel“ im finanziell akzeptablen Be- reich finden, denn sämtliche Leitungsseile (speziell die Erdseile) in Abständen mit kon- trastreichen Sichtmarkierungen (Bälle, Wim- pel, Bänder, Stäbe, Spiralen o.ä.) zu versehen, wäre unrealistisch. Für inzwischen bekannte Risikobereiche ist dies jedoch auf jeden Fall in Abstimmung mit den Energieversorgungsun- ternehmen durchzuführen. Die Alternative wäre Erdverkabelung.

Die Art der Waldbewirtschaftung hat eine entscheidende Bedeutung für den Schwarz- storch und andere an den Lebensraum Feuchtwald gebundene Arten! So ist das brandenburgische Landeswaldprogramm der Forstwirtschaft ein Weg in die richtige Rich- tung. Pflege und Nutzung des Waldes unter- liegen damit im Landeswald den „Regeln der Naturnahen Waldbewirtschaftung“. Diese Festlegungen reichen jedoch für einen nach- haltigen Schutz bestehender Schwarzstorch- Brutreviere nicht immer aus. Insbesondere sind sie für Privatwälder nicht bindend.

Waldprivatisierung und das damit zusam- menhängende veränderte Bewirtschaftungs- konzept, das meistens auf Intensivierung und einen gewinnbringenden Holzeinschlag aus- gerichtet ist, sind in diesem Zusammenhang besonders problematisch und entziehen dem Schwarzstorch mitunter massiv die Lebens- grundlage. Selbst das vorsätzliche Entfernen von Kunsthorsten, um in diesem Bereich nicht mehr den Vorschriften des § 33 BbgNatSchG zu unterliegen, ist bei Privat- waldbesitzern im Einzelfall festgestellt wor- den. Ein umfangreicher Waldverkauf und da- mit die Entlassung dieser Flächen aus der Landesforstverwaltung, was derzeit in Ost- deutschland praktiziert wird, stehen den Schutzzielen oft entgegen, wobei in Bran- denburg bereits ca. 50% (!) der Waldflächen veräußert wurden. Im Privatwald sind offen-

sichtlich – wie in der Agrarlandschaft – zu- sätzliche Schutzvereinbarungen notwendig.

Die für Brandenburg vorgesehene Auswei- sung von Wald-Totalreservaten ist für den Schwarzstorch und eine Reihe anderer Arten als positiv einzuschätzen, weil damit störungsfreie Ruhezonen geschaffen wer- den. Ungestörtheit und Ruhe scheinen wich- tige Faktoren für Schwarzstorchansiedlungen zu sein. Nach MÄDLOW u. MAYR (1996) sind die Bestandszunahmen in den waldrei- chen Gebieten (Thüringen, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen) vermutlich auf verbes- serte Schutzbemühungen im Rahmen der Forstwirtschaft und auf die Herausnahme von Waldbereichen aus der Bewirtschaftung (Naturwaldzellen, Bannwälder, Waldnatur- schutzgebiete) zurückzuführen. Dies mag teilweise stimmen, doch dürfte der dortige Bestandsaufschwung zu einem großen Teil das Ergebnis einer westwärts gerichteten Ex- pansion und Arealerweiterung sein, dessen positiver Ursprung letzten Endes im Baltikum liegt.

In Brandenburg wurden – vor allem in den letzten 15 bis 20 Jahren – in fast allen Lan- desteilen zahlreiche Kunsthorste für den Schwarzstorch installiert. Im Gegensatz zum Fischadler, der Kunsthorste oft sofort an- nimmt, ist dies beim Schwarzstorch oft nicht gleich von Erfolg gekrönt, z.B. im Spreewald (WEINGARDT 2000). Einige installierte Kunsthorste wurden jedoch angenommen, meistens erst nach mehreren Jahren. Wichtig ist hierbei die richtige Auswahl des Kunst- horstbaumes, d.h. in erster Linie die freien Anflugmöglichkeiten zum Kunsthorst. In Ein- zelfällen waren auch Sicherungsmaßnahmen notwendig, wobei sich künstliche Unterlage bewährt haben. Aufgrund der Wechselhorste ist die Horstsanierung beim Schwarzstorch allerdings nicht so relevant wie beim Weiß- storch. Das Freihalten der Anflugschneise zum Horst ist mitunter wichtiger als der Horst selbst. Weiterhin sind an Schneisen gelegene Altbäume prophylaktisch als potentielle Brut- bäume zu schützen.

Der kritischste Zeitraum für die Schwarz- storch-Brutpaare ist die Phase der Revierbe- setzung bis zur Eiablage (Anfang März bis Ende April), Doch auch danach bis zum Schlupf der Küken können sie bei Störungen empfindlich reagieren. Deshalb ist im Horst- schutzbereich ein Bewirtschaftungsverzicht zur Zeit der Anwesenheit der Schwarzstörche am Brutplatz notwendig.. Das Verbot bzw.

die zeitliche Einschränkung forstlicher Arbei- ten, insbesondere sind dies Holzeinschlag und -abfuhr sowie Pflanz- und Aufforstungs- arbeiten, sollten bei der Novellierung des BbgNatSchG nicht nur auf den Maschi- neneinsatz beschränkt bleiben. Was nützt ein Horstschutzparagraf, wenn manuell vorge- nommene Forstarbeiten erlaubt sind? Für die Festlegung der Horstschutzzone erscheint es

zudem sinnvoll, dem Verlauf von Forstabtei- lungsgrenzen zu folgen, anstatt dogmatisch einem Radius. Gesetzlich verantwortlich für Veränderungen von Horstschutzzonen sind in Brandenburg die Unteren Naturschutz- behörden. Gesetzlich fixiert ist allerdings noch nicht die Festlegung der Horstschutzzo- nen, wofür sinnvollerweise ebenfalls die Un- teren Naturschutzbehörden fungieren soll- ten. Bau- und Nutzungsverbot von jagdli- chen Einrichtungen im 500 Meter Umkreis um den Horststandort ist aus Sicht der Auto- ren sehr großzügig gefasst worden. Ein 300 Meter Umkreis wäre völlig ausreichend. Zu- dem wäre dieses Verbot für den Schwarz- storch nur für den Zeitraum 1.2. – 31.8. rele- vant.

Letztlich geht es um die verständnisvolle Durchführung von forstlichen Arbeiten. Tref- fend formuliert CREUTZ (1970) dies mit den Worten: „Es wäre schön, wenn jeder Förster verständnisvoll im Schwarzstorch ein Kleinod seines Revieres sehen würde, das es unter al- len Umständen zu behüten gilt.“

Zur Beruhigung des Brutreviers ist bei stärker frequentierten Waldwegen eine Wegabsper- rung sinnvoll, wie es bereits vielerorts in Bran- denburg praktiziert wird. In süddeutschen Bundesländern wurden auch durch Teilver- nässungen von Wegabschnitten sehr wir- kungsvolle Ergebnisse erzielt.

5.3 Forschung

Neben der jährlichen Kontrolle der Brutrevie- re auf Anwesenheit der Paare (bzw. Einzelvö- gel) ist die Ermittlung der jährlichen Repro- duktion entscheidend für Aussagen zur Effi- zienz von Schutzmaßnahmen bzw. für die Einleitung weiterer Schutzmaßnahmen.

Der relativ starke Bestandsrückgang von 52 Paaren (1993) auf 37 Paare (1999) macht eine Ursachenanalyse dringend notwendig.

Wie für den Schreiadler (LANGGEMACH et al. i.Dr.) soll – z.B. im Rahmen einer Diplom- arbeit – auch für den Schwarzstorch eine sy- stematische Analyse der Brut- und Nah- rungshabitate erfolgen, um aus den Ergeb- nissen Schlussfolgerungen für den Lebens- raumschutz ziehen zu können. Neben den bestehenden sollten auch die verwaisten Brutplätze vergleichend analysiert werden, wobei die Nahrungshabitate im Umkreis von 5 km um den Horststandort per Luftbildaus- wertung betrachtet werden müssten.

Die Farbberingung von Jungstörchen sollte auch in Brandenburg – wie in anderen Bun- desländern vieljährig praktiziert – aktiviert werden, um einerseits wertvolle Informatio- nen im Horst (tatsächliche Jungvogelzahl;

Verlustursachen Jungvögel u.a.) und ande- rerseits weitere Angaben zum Zug, Überwin- terung bzw. Verlustursachen zu erlangen (Ringwiederfunde). Zuletzt wurden im Jahr 1991 in Brandenburg Jungstörche beringt.

Referenzen

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