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Polarforschung 60 (3) 245-250,1990 (erschienen 1992)

Deutsche Beiträge zur europäischen Zusammenarbeit in der Polarforschung-

Von Gotthilf Hempel*#

Frühe europäische Gemeinschaftsunternehmen in der Polarforschung

Im vorigen Jahrhundert gingen die meisten Impulse zur internationalen Zusammenarbeit in der Polarforschung von Europa aus. Sie begann mit der Initiative von Weyprecht auf der Naturforschertagung in Graz 1877 zu ei- ner internationalen Polarexpedition. 12 Staaten beteiligten sich daraufhin am I. Polarjahr 1882/83, Deutschland durch die Einrichtung je einer Beobachtungsstation auf Süd-Georgien und in der Arktis. DieBelgica-Expediti- on 1898/99 war das nächste europäische Gemeinschaftsunternehmen; de Gerlache hatte Naturforscher verschiede- ner Disziplinen aus mehreren Ländern dazu eingeladen - übrigens auch den deutsch-polnischen Wissenschaft- ler Arctowski, der zum Begründer der polnischen Polarforschung wurde.

Die I. Deutsche Südpolarexpedition 1901-1903 mit dem ForschungsschiffGauß war eingebettet in ein europäi- sches Gemeinschaftsprogramm. das im wesentlichen von Erich v. Drygalski und Sir Clernents Markham, dem Präsidenten der Britischen Royal Geographical Society, auf dem Internationalen Geographenkongreß in Berlin 1899 entwickelt worden war. Sie fußten auf den positiven Erfahrungen der englischen und belgischen Überwin- terungen der vorangegangenen Jahre an entgegengesetzten Küsten der Antarktis, in Victoria-Land und Graham- Land.

Deutsche, englische, schwedische und schottische Expeditionen bildeten 1902 und 1903 Teile eines einheitli- chen antarktischen Beobachtungsprogrammes. Auch unter schwierigen Eisbedingungen wurden deutscherseits die vereinbarten Standardmessungen zu den internationalen Terminen durchgeführt.

Kurz vor dem I. Weltkrieg schrumpfte die enge internationale Kooperation in der Polarforschung. Die spekta- kulären Märsche zum Süd- und Nordpol waren vor allem von persönlichem Ehrgeiz und vom Nationalstolz ge- tragen. Offener waren die Dänen, die Alfred Wegener zu ihren Expeditionen auf Grönland einluden.

Das 2. Internationale Polarjahr 1932/33 litt unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft hatte sich mit der Finanzierung der Wegener-Expeditionen 1929 und 1930/31 nach Grön- land stark verausgabt. Wenige Jahre zuvor hatte dieMeteor auf ihrer Expedition in den Süd atlantik wesentliche Beiträge zur Kenntnis der Hydrographie, Bathymetrie und Biologie des Südpolarmeeres geschaffen, einschließlich der Untersuchung des Antarktischen Bodenwassers, dessen Entdeckung wir der Drift derDeutschland im Jahre 1912 verdanken. Die Sammelwerke der Deutschen Südpolar-Expedition derGauß 1901-1903 und der Deutschen Atlantischen Expedition derMeteor 1925-27 gehören zu den wichtigsten frühen Publikationen der polaren Mee- resforschung.

Mit Einführung des Flugzeuges in die Polarforschung drangen die Nordamerikaner. die sich zuvor besonders in der Arktis engagiert hatten, auch in die Antarktis vor. Deutschlands antarktischer Beitrag in dieser Zeit bestand vor allem in derSchwabenland-Expedition zur ersten Luftbildaufnahme des Dronning-Maud-Landes (Neu schwa- benland). Von einer europäischen Kooperation war in diesen Jahren aber zumindest in Deutschland wenig die Rede.

*Prof. Dr. Gotthilf Hempel, Alfred-Wegcner-Institut für Polarforschung, Columbusstraße,D-W-2850 Bremcrhaven.

# derzeitige Adresse: Zentrum für Marine Tropenökologie. Universitätsallee GWl/A, D-W-2800 Bremen 33.

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DIE NEUANFÄNGE NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG

Die Nachkriegsentwicklung der Polarforschung in den beiden Teilen Deutschlands war geprägt durch die deut- sche Teilung. Die Partnersuche richtete sich im Westen zuerst auf die alpenländischen und später auch auf die angelsächsischen Glaziologen. In Ostdeutsch land war die Kooperation fast ausschließlich auf die Sowjetunion hin orientiert.

Seit 1959 beteiligten sich DDR-Wissenschaftler an sowjetischen Expeditionen und so kam es in den folgenden 30 Jahren zu mehr als 200 Überwinterungen und Sommereinsätzen mit den Russen. Ab 1976 wurde mit derGrün- dung einer eigenen Forschungsbasis in der Schirmacher-Oase in unmittelbarer Nähe der sowjetischen Station Novolazarevskaja die Voraussetzung für die Durchführung selbständiger Forschungsprogramme geschaffen. 1987 erfolgte die Deklaration dieser Basis zur selbständigen Georg-Forster-Station. Sie ist das Rüekgrat der deutsch- sowjetischen terrestrischen Antarktiskooperation. Von sowjetischer Seite wurde 1990 vorgeschlagen, die Ge- org-Forster-Station und die Station Novolazarevskaja zu einer Gemeinschaftsstation umzugestalten. Dies wäre analog zur künftigen deutsch-argentinischen Station Jubany auf der King Georg Island, an der sich möglicher- weise auch die Niederlande beteiligen werden. Diese neue Form des bi- und multinationalen Stationsbetriebes soll nicht nur die Kosten, sondern auch die Umweltbelastung der stationären Antarktisarbeiten reduzieren so- wie die Antarktisaufenthalte wissenschaftlich effizienter machen.

Ein Beispiel für die internatonale Nutzung von Antarktisstationen und Schiffen haben frühzeitig die Polen ge- geben. Aus Gastfreundschaft und aus wissenschaftlichen und ökonomischen Überlegungen haben die Polen ihre Station Arctowski auf King George Island und ihr Forschungsschiff Professor Sied/ecki schon frühzeitig für Partner aus USA und verschiedenen europäischen Ländern weit geöffnet. Wissenschaftler verschiedener Natio- nen - auch westdeutsche Pinguin-, Krill- und Flechtenforscher, Geographen und Geologen - haben hier erste Antarktiserfahrungen gesammelt.

Die wissenschaftlichen Schwerpunkte der Antarktisforschung der ehemaligen DDR lagen besonders im terre- strischen Bereich der Geowissenschaften. Bei der ostdeutschen Polarforschung handelte es sich einerseits um langfristige Untersuchungen zur Physik und auch Chemie der Stratosphäre, Troposphäre, Atmosphäre und Io- nosphäre und andererseits um die Geographie, Geologie, Geomagnetik und Geodäsie des festen Landes und des Eises im Dronning Maud Land und besonders der Schirrnacher-Oase und ihrer Umgebung. Die biologischen Ar- beiten konzentriert sich vor allem auf die Umgebung von King Georg Island von der sowjetischen Station Bel- lingshausen aus.

Eine über die UdSSR hinausgehende internationale Einbindung der ostdeutschen Polarforschung ist erst seit dem Beitritt der DDR zum SCAR 1981 langsam gewachsen. Sie wurde aber stark behindert durch die politisch be- stimmte Auswahl der Reisenden und durch Mangel an Reisemitteln. Die meisten Antarktiswissenschaftler der DDR hatten keine Gelegenheit, sich in westlich orientierter intemationaler Kooperation voll zu entfalten. Sie können aber heute ihre intimen Kenntnisse der Sowjetwissenschaften in eine osteuropäische Kooperation ein- bringen.

Die europäische Integration muß in Deutschland selbst beginnen. Für das Zusammenwachsen der ost- und west- deutschen Antarktisforschung sind möglichst viele gemeinsame Projekte erforderlich, dies vor allem im Feld, aber auch im Labor. Für eine rasche und breite Entfaltung der Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Antark- tisforscher wäre deren Aufnahme in bestehende westdeutsche Institute am günstigsten. Wir dürfen aber die neuen Länder nicht um ihre Forschungseinrichtungen bringen. Daher wurde - im Einvernehmen mit den Gutachtem des Wissenschaftsrates - in Potsdam eine Forschungsstelle als Teil des Alfred-Wegeuer-Instituts am 11. März 1992 eingeweiht. Sie soll sich der Atmosphären-, Periglazial- und Warmblüterforschung in beiden Polargebie- ten widmen. Möglichst schnell sollen auch westdeutsche Wissenschaftler in Potsdam arbeiten, um die Integrati- on zum beiderseitigen Nutzen voranzutreiben. Gleichzeitig sollen für ostdeutsche Polarforscher Gastplätze in Westdeutschland und im westlichen Ausland bereitgestellt werden. Wie die Zentrale in Bremerhaven, so muß auch die neue Außenstelle weit offen sein für Kooperationen mit Wissenschaftlern aus Hochschulen und ande- ren Instituten. Dabei sollen besonders von Potsdam aus die Kontakte nach Osteuropa gepflegt werden.

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Die wichtigsten westdeutschen Beiträge zu den internationalen Polaraktivitäten der fünfziger und sechziger Jahre waren die EGIG-Expeditionen 1957/58 und 1967/68inGrönland und die Beteiligung der ForschungsschiffeAnton DohrnundGaußan der Untersuchung der Polarfront im Rahmen des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58. Hier bestand erstmalig wieder eine deutsche Federführung durch G. Dietrich; der große Ozeanogra- phisehe Atlas des Unternehmens wurde von ihm im Auftrag des Intemationalen Rates für Meeresforschung (ICES) beim Deutschen Hydrographischen Institut herausgegeben.

Die erste internationale Einbindung der westdeutschen Antarktisforschung erfolgte in BIOMASS (B.iological [nvcstigation of Marine Antarctic ;:iystems and Stocks). in dem Europa vor allem durch Großbritannien, Polen und die Bundesrepublik vertreten war. Im Jahr 1991 fand nach rund 15jähriger Laufzeit in Bremerhaven das Abschlußsymposium statt. Dabei zeigte sich deutlich, wie stark insgesamt der europäische und speziell der deut- sche Beitrag zur Erforschung der Lebensgemeinschaften der saisonalen Meereiszone ist. BIOMASS findet ei- nerseits seine Fortsetzung in der mehr fischereilich orientierten Überwachung der Fisch- und Krillbestände und ihrer natürlichen Feinde und andererseits entwickelt sich jetzt ein Programm über die biologische Rolle des Meereises.

Aus der Sicht der internationalen Forschung ist die Indienststellung von FSPolarsterndie wichtigste deutsche Investition. Sie bietet eine leistungsfähige Plattform für gemeinsame Expeditionen in wissenschaftliches Neu- land. Seit der Indienststellung 1982 haben hunderte von Ausländem - anfangs vor allem US-Amerikaner, später verstärkt Westeuropäer und neuerdings auch immer mehr Osteuropäer - gemeinsam mit deutschen Wissenschaft- lern an Bord gearbeitet. Zuerst bestimmten häufig ausländische Arbeitsgruppen das Programm, nun aber sind es meist Gemeinschaftsunternehmen, in denen wir die Federführung haben. Ein wichtiges Beispiel bilden die Winter-Weddellmeer-Experimente, deren zweiter Teil 1990 als gemeinsame deutsch-sowjetische Zwei-Schif- fe-Expedition stattfand.

Damit wir ein gefragter Partner in der intemationalen marinen Polarforschung bleiben, müssen wirPolarstern ausrüstungsmäßig immer auf dem neuesten Stand der Technik halten und das Schiff von den logistischen Auf- gaben der Versorgung der wachsenden Zahl von Antarktisstationen und Landexpeditionen möglichst entlasten.

Das Alfred-Wegener-Institut selbst ist in mehrfacher Hinsicht zu einem wichtigen Instrument der internationa- len Integration der deutschen Wissenschaft geworden. Es stellt Schiffs-, Stations- und Fluglogistik bereit und hilft bei der Pflege internationaler Kontakte. Vor allem aber leistet es unmittelbare Beiträge zu globalen und regionalen Gemeinschaftsprojekten.

Für die Gesamtheit der westdeutschen Polarforschung, die etwa das achtfache Personalvolumen der ostdeutschen hat, sind dabei fünf Schwerpunkte zu erkennen:

- Lebensgemeinschaften der Polarrneere, speziell der Meereiszone.

- Geschichte des antarktischen Ringozeans und der antarktischen Orogene im Rahmen des Gondwana-Zerfalls, besonders in Victoria-Land und Dronning Maud Land.

- Verlauf der Eiszeiten in der Arktis und Antarktis.

- Geschichte und Dynamik antarktischer Schelfeise und des grönlandischen Inlandeises.

-Das gekoppelte System Ozean-Eis-Atmosphäre mit seiner Bedeutung für das Weltklima.

Jeder dieser Schwerpunkte hat sein Pendant in internationalen Projekten, in denen mitunter die deutsche Seite federführend ist, wie z.B. im .Jntemational Filchner-Ronne Iceshelf Project". Die Vielfalt der an der Polarfor- schung beteiligten Institute und die breite Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft sichern aber auch Einzelgängern, die sich keinem der Schwerpunkte zurechnen, gute Arbeitsmöglichkeiten, die meist in Ko- operationen mit ausländischen Wissenschaftlern genutzt werden.

DIE PROGRAMME DER EUROPEAN SCIENCE FOUNDATION (ESF)

Inden siebziger und achtziger Jahren erweiterte sich der Kreis der europäischen Länder, die an Polarforschung und besonders Antarktisforschung interessiert waren, erheblich über den Club der antarktischen Anspruchsstaaten

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(Großbritannien, Frankreich, Norwegen) hinaus, Anfangs war jedes einzelne der neu engagierten Institute stark mit der Antarktisforschung der USA verbunden, Die NSF (National Science Foundation) fand es aber auf die Dauer nicht möglich, ihre große Gastfreundschaft uneingeschränkt aufrechtzuerhalten,

Mitte der achtziger Jahre suchten daher Polarforscher in verschiedenen europäischen Ländern, besonders in der Bundesrepublik. Norwegen und der Schweiz nach Möglichkeiten, zur Durchführung größerer Projekte die eu- ropäischen Kräfte zu bündeln, Die European Science Foundation (ESF) war dafür das geeignete Forum, Die ESF ist der Zusammenschluß der (west)europäischen Akademien und Forschungsräte. Sie hat selbst wenig Geld, ent- wickelt aber Gemeinschaftsprojekte zur Finanzierung durch die nationalen Fördergesellschaftcn. 1985 etablier- ten wir in der ESF ein .Network on Polar Science" mit je einem Projekt in Meeresbiologie (EPOS), Glaziolo- gie (EGP/GRIP) und Geologie (PONAM),

EPOS (European Polarstern Study) - und die deutsche marine Polarbiologie

Die Produktionsbiologie der Eisrandzone und des Meereises sowie die Besiedlung des Meeresbodens im Wed- deli meer waren die Themen von EPOS als dem ersten großen speziell europäischen Programm im Südpolarmeer.

Auf drei Fahrtabschnitten haben zwischen Oktober 1988 und März 1989 130 Wissenschaftler aus 11 europäi- schen Ländern und einige südamerikanische Gäste aufPolarstern gearbeitet. Planung,Durchführungund Aus- wertung der Expedition wurden gemeinsam von der ESF und dem AWI durchgeführt. Die Beteiligung war aus- geschrieben worden, in kurzer Zeit gab es 90 Projektvorschläge. Daraus mußte in mehreren gemeinsamen Pla- nungssitzungen ein kohärentes Programm entwickelt und die Zahl der Teilnehmergegenüber den Anträgen er- heblich reduziert werden, FÜr die Arbeiten an Bord wurden multinationale Gruppen zusammengestellt, um ei- nen möglichst großen wissenschaftlichen Austausch sicherzustellen, Im Mai 1991 fand in Bremerhaven das große EPOS-Auswerte-Symposium statt, Über 100 Beiträge lagen dazu vor; die Mehrzahl hatte multinationale Auto- renschaft. Das Unternehmen war also nicht nur ein wissenschaftspolitischer Erfolg, sondern auch wissenschaft- lich ungewöhnlich ertragreich,

GRIP (Greenland lee Core Project)

Für die Glaziologie in Polargebieten verfügt Europa über Laboratorien und Wissenschaftler mit besonders rei- chen Erfahrungen undvorzüglichemtechnischen Wissen und Instrumentarium, Es fehlt aber innerhalb Europas weitgehend an der Logistik großer Transportflugzeuge. die tiefe Bohrungen in den Inlandeisen Grönlands und Antarktikas versorgen können, Deswegen hatten sich die einzelnen europäischen Wissenschaftlergruppen mit den USA oder UdSSR zu Gemeinschaftsprojekten zusammengetan, Erst im Rahmen des ESF-Netzwerks und mit Unterstützung der EG wurde 1990 die Bohrung "GRIP-Summit" auf dem höchsten Punkt der grönlandischen Eiskalotte als europäisches Gemeinschaftsuntemehmen begonnen, Ähnlich wie bei EPOS sollen auch hier ei- nerseits die "alten Hasen" mit höchster Professionalität arbeiten, andererseits sollen sich auch Neulinge aus La- boratorien, die bisher kaum Polarforschung getrieben haben, an den Analysen der Bohrkerne und an den Bohr- lochmessungen beteiligen, um dabei zu lemen und zugleich neue Ideen und Methoden einzubringen, GRIP ist die Fortsetzung des z.T. von der EG finanzierten Flachbohrprogramms, EUROCORE der dänischen, französi- schen und schweizer Glaziologen.

Die Europäer profitierten dabei - gegen Bezahlung - von amerikanischer Fluglogistik, denn in etwa 30 km Ent- fernung bringen die USA eine weitere Bohrung nieder. Die deutsche Beteiligung an GRIP besteht vor allem in Untersuchungen zur Eisdynamik in der Umgebung von "Summit" und in eisphysikalischen Messungen, Dies ist aber nur ein kleiner Ausschnitt aus dem glaziologischen Grönlandprogramm der Bundesrepublik. das meist in Kooperation mit dänischen und weiteren europäischen Wissenschaftlern durchgeführt wird, Feldarbeiten und Modellrechnungen zu paläoklimatischen und eisdynamischen Fragestellungen gehen dabei Hand in Hand, Stell- vertretend seien hier die durchgeführten Wiederholungsmessungen entlang der EGIG-Traverse genannt.

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PONAM (Polar North Atlantic Margins)

Das ESF-Projekt .Latc Cenozoic Evolution ofthe Polar N011h Atlantic Margins" PONAM ist auf die Erforschung der Mechanismen des Wechsels zwischen Eiszeiten nnd Warmzeiten ausgerichtet. Es geht dabei einerseits um die Langzeitveränderungen in Klima und deren Einfluß auf das Sediment. Andererseits soll der Wechsel zwi- schen der letzten Vereisung, wo Grönland und Spitzbergen eisbedeckt waren und derjetzigen Warmzeit, wo zwar inGrönlandeine zusammenhängende Eiskalotte besteht, Spitzbergen aber weitgehend eisfrei ist, verglichen werden. Beide Gebiete werden seit Sommer 1990 intensiv auf gen au datierbare Sedimentfolgen an Land und in der Tiefsee untersucht. Polarstern bearbeitete mit internationaler Besetzung sehr eingehend den Scoresby Sund, das weltweit größte Fjordsystem. während ein Team von 30 Skandinaviem und Briten im grönländischen Jame- son Land nördlich des Scoresby Sund beschäftigt war. Eine große deutsche Geographen-Gruppe,unterstütztvon einzelnen Norwegern und Schweizem arbeitet im Liefde-Fjord in Nord-West-Spitzbergen. Auch bei PONAM gibt es Auswertungsseminare. die von der ESF gefördert werden.

ZUKUNFT DER EUROPÄISCHEN ZUSAMMENARBEIT

Die .mctworks'' der ESF haben nur eine begrenzte Laufzeit. Um auf die drei Projekte aufzubauen und neue eu- ropäische Gemeinschaftsprojekte in der Polarforschung zu entwickeln, haben die ESF und das Generaldirektorat XII der Europäischen Gemeinschaften das European Committee for Ocean and Polar Seiences (ECOPS) einge- richtet. Der offene Ozean und die Polarregionen. die von diesem Kommittee gemeinsam erfaßt werden, haben miteinander gemein, daß nationale Interessen bei ihnen zurücktreten hinter globalen Aufgaben, die nur multina- tional bewältigt werden können. ECOPS hat einerseits den wissenschaftspolitischen RÜckhalt der ESF und an- dererseits Einfluß auf Finanzierungen der Europäischen Gemeinschaft.

ECOPS soll eine europäische Strategie für Ozean- und Polarforschung entwickeln. Die Dynamik und der Mas- senhaushalt der großen Inlandeise, die Zirkulation in den Polarmeeren bieten sich für eine noch engere europäi- sche Kooperation an. Hierzu gibt es jetzt eine Serie von Expertentreffen. die die Schlüsselfragen identifizieren, den organisatorischen und zeitlichen Rahmen festlegen und die technischen Erfordernisse beschreiben. Dabei nehmen neue Technologien, z.B. in der Fernerkundung und in der automatisierten Dauerüberwachung. eine wichtige Stellung ein. Sie können u.a. helfen, den Aufwand für die Logistik in der Antarktis zu reduzieren. Er- folgsversprechend sind auch dieBemühungenum Gemeinschafts-Observatorien, die von mehreren Staaten ge- meinsam betrieben werden. Das internationale ECOPS-Sekretariat sitzt in Bremerhaven.

ZUSAMMENFASSUNG

Der deutsche Beitrag zur europäischen Polarforschung hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert begleiteten deutsche Wissenschaftler ausländische Expeditionen- als Forscher, und als Bericht- erstatter, z.B. Vater und Sohn Forster, Chamisso. Im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts und nach der Jahrhun- dertwende gab es dann mehrere selbständige deutsche und österreichische marine Polarexpeditionen, die gro- ßenteils vorbildlich mit ausländischer Beteiligung ausgewertet wurden, deutsche Wissenschaftler - Weyprecht und v. Neumayer - wirkten als Promotoren internationaler Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen des I.

Polarjahres 1882/1883.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es mehr als ein Jahrzehnt, bevor im Westen und im Osten wieder interna- tionale Kontakte geknüpft werden konnten. Die europäische Zusammenarbeit trat - abgesehen von den Grön- landunternehmen - hinter den Bindungen nach USA bzw. UdSSRzurück.

Erst in jüngster Vergangenheit hat sich wieder eine spezifisch europäische Zusammenarbeit entwickelt, die ih- ren augenfälligsten Ausdruck in den drei großen ESF-Projekten fand, an denen in starkem Maße deutsche Wis- senschaftler beteiligt sind.

Aus zwei Gründen ist Europa als Zentrum für die Polarforschung prädestiniert: Einerseits besitzt Europa auf

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an Forschergruppen mit Erfahrungen in der Kooperation mit außereuropäischen Instituten. Andererseits ist Po- larforschung für Europa besonders wichtig im Hinblick auf die Bedeutung des "Global Change" in Europa - d.h.

der von den Polargebieten stark bestimmten Klimaveränderungen, die uns direkt beeinflussen und mehr noch in Form von sozio-ökonomischen Rückkopplungen als Folge der klimatischen Auswirkungen auf die Dritte Welt.

Die wachsende Zusammenarbeit innerhalb Europas muß eingebettet sein in große Konzepte, wie sie vom SCAR (Scientific Committee of Antarctic Research) und dem Arctic Ocean Seiences Board (AOSB) für die Polarge- biete entwickelt wurden. Das neu gegründete International Arctic Science Committee (IASC), dem neben den echten Arktis-Anrainern auch Deutschland, Polen, Frankreich, Großbritannien und Japan angehören, soll hel- fen, endlich den Forschungsring auch rund um die Arktis zu schließen.

Die politische Öffnung in Osteuropa schafft neue Möglichkeiten für die Polarforschung. Schon im 19. Jahrhun- dert hatten deutsche Polarwissenschaftler enge Beziehungen nach Rußland und Polen. Die ostdeutschen Wis- senschaftler haben diese fortgesetzt. Nun liegt es bei uns allen, diese Kooperationen auf breiter Front voranzu- treiben.

Vom vereinigten Deutschland wird in Zukunft ein besonders großer Beitrag zur europäischen wie der weltwei- ten Polarforschung erwartet, wie ihn schon Kar! Weyprecht vor über 100 Jahren gefordert hatte.

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