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Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen : Eine empirische Analyse zum Verhältnis von Vertrauen, sozialen Netzwerken und wirtschaftlichem Wachstum im interkulturellen Vergleich

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DER ÖKONOMISCHE WERT SOZIALER BEZIEHUNGEN Eine empirische Analyse zum Verhältnis von Vertrauen, sozialen Netzwerken

und wirtschaftlichem Wachsrum im interkulturellen Vergleich Isabelle Stadelmann-Steffen und Markus Freitag

Zwarnrnenftssung:Ausgangspunkt dieses Beitrags isr die Frage, inwiefern zwischenmenschliches Vertrauen sowie informelle und formelle soziale Netzwerke das wirtschaftliche Wachstum beein- flussen. Ausgehend von der ökonomischen Theorie konditionaler Konvergenz argumentieren wir, dass ärmere Länder nur unter bestimmten Bedingungen ihr Wachstumspotential ausschöpfen kön- nen. Die Datengrundlage unserer Untersuchung bildet die für die Wachstumsforschung bislang vernachlässigte vierte Welle des Word Values Survey (1999-2001). Die Ergebnisse zeigen, dass der Bestand an sozialem Kapiral das Wirtschaftswachstum hoch entwickelter Volkswirtschaften nicht generell beeinflusst, jedoch insbesondere für den ökonomischen Aufholprozess ökonomisch rück- ständiger Nationen von Bedeutung ist. Die aufgezeigte Wirkung des Sozialkapitals ist dabei indi- katorenabhängig: Während ein stark ausgeprägres interpersonales Vertrauen ein Aufholen der är- meren Länder gegenüber den reichen Nationen zulässt, können informelle Netzwetke und das Ver- einsengagement die wirtschaftliche Entwicklung nicht wesentlich beeinflussen.

1. Einleitung

Das Konzept des Sozialkapitals gehört nach wiederholten Einschätzungen mit zu den relevantesten und populärsten Ansätzen der aktuellen sozialwissenschaftlichen Diskus- sion (Kunz 2002: 395).1 Aus wirrschaftswissenschaftlicher Sicht wird der Stellenwert des Sozialkapitals in der Senkung marktwirrschaftlicher und unternehmerischer Trans- aktionskosten gesehen, aus politikwissenschaftlicher Perspektive steht die Wirkung des sozialen Vermögens auf die Funktions- und Leistungsfähigkeit von Demokratien im Vordergrund und aus soziologischer Perspektive wetden vor allem die sozialintegrativen Leistungen des Sozialkapitals in zunehmend individualisierten Gesellschaften herausge- stellt (Freitag 2000, 2004; Gabriel et al. 2002; OECD 2001). Unset Beitrag mächte zur Vielfalt der sozialwissenschaftlichen Sozialkapitaldebatte beitragen und beschäftigt sich mit der Rolle sozialkapitalrelevanter Dimensionen hinsichtlich der Erklärung wirt- schaftlicher Entwicklung. Im Mittelpunkt des analytischen Interesses steht dabei die

Dieser Beitrag ist im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft innerhalb des Exzellenzclusters 16 "Kulturelle Grundlagen sozialer Integration" unterstützten Projektes zu den Sozialkapitalwelten im interkulturellen Vergleich entstanden. Wir danken den zwei Gut- achtern für ihre kritischen und hilfreichen Anmerkungen zu einer früheren Version dieses Bei- trages und Birte Gundelach, Antje Kirchner und Richard Traunmüller für ihre Unterstürzung im Laufe der Forschungsarbeit.

Zuerst ersch. in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 47 (2007), S. 294-320

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-74778

URL: http://kops.ub.uni-konstanz.de/volltexte/2009/7477/

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Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 295 Frage, inwiefern zwischenmenschliches Vertrauen sowie informelle und formelle soziale Netzwerke das wirtschaftliche Wachstum beeinflussen.

Zu dieser Problemstellung existiert bereits eine Reihe empirischer Forschungen (Beugelsdijk 2006; Beugelsdijk und Schaik 2005; Casey und Christ 2005; Knack und Keefer 1997; Kunz 2000; Noteboom 2002; Oelgart 2006; Putnam 1993; Whiteley 2000; Zak und Knack 2001). Die vorliegende Studie möchre die bisherigen Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Sozialkapital und Wirtschaftswachstum in folgender Hinsicht ergänzen. Im Gegensatz zu einzelnen Forschungen (HelliweIl und Putnam 1995; Putnam 1993; Whiteley 2000) finden im gegenwärtigen Beitrag die verschiede- nen Dimensionen des Sozialkapitalkonzeptes Eingang in die theoretische wie empiri- sche Analyse. Dabei werden sowohl kulturelle als auch strukturelle Komponenten des Sozialkapitals gleichermaßen berücksichtigt. Anders als in allen bisherigen Studien stehr neben dem interpersonalen Vertrauen und dem Vereinsengagement zum ersten Mal der Einfluss informeller Netzwerke im Fokus des analytischen Interesses. Darüber hinaus werden auch ökonomische und politische Bestimmungsgründe wirtschaftlichen Wachs- tums in den empirischen Schätzungen berücksichtigt. Die simultane Überprüfung poli- tischer und kultureller Größen folgr dabei der Kritik von Beugelsdijk (2006), wonach die in der Forschung verwendete Vertrauensvariable in erster Linie das Funktionieren politischer Institutionen und weniger die kulturellen Grundlagen eines Gemeinwesens abbildet.

Neben diesen methodischen und analytischen Verfeinerungen argumentieren wir, dass die theoretischen Annahmen über die ökonomische Wirkungsweise des Sozialkapi- tals bislang zu unpräzise sind und insbesondere ohne Anbindung an vorherrschende wirtschaftswissenschaftliche Sichtweisen getroffen werden. Vor diesem Hintergrund be- müht sich die vorliegende Studie um die theoretische Einbettung der sozialkapitalindu- zierten Wachstumsforschung in die einschlägige ökonomische Theorie der konditiona- len Konvergenz. Der Kerngedanke dieses Konzepts besteht darin, dass ärmere Länder nur unter ganz spezifischen politischen und kulturellen Bedingungen ihr Wachstum- spotential ausschöpfen können. Eine Erweiterung der Erklärungsmuster wirtschaftlicher Entwicklung um aulSerökonomische Bestimmungsgründe scheint angesichts der weitge- hend ausbleibenden Konvergenz zwischen Entwicklungs- und fortgeschrittenen Indu- strieländern gerechtfertigt (Obinger 2000). Die Daten offenbaren hier sogar eher den umgekehrten Zusammenhang: Je reicher ein Land ist, desto höher ist tendenziell des- sen wirtschaftliches Wachstum. Ein Catch-up-Effekt ärmerer Länder ist allein unter den OECD-Staaten zu beobachten (Obinger 2004: 23). Somit dient der Befund welt- weit andauernder Wohlstandsdifferenzen, die nichts anderes als "geronnenes Wirt- schaftswachstum der Vergangenheit" darstellen (Obinger 2004: 15), der vorliegenden Studie als Ausgangspunkt.

Um die bislang weitgehend uneinheitlichen Ergebnisse hinsichtlich der sozialkapi- talrelevanten Bestimmungsgründe ökonomischer Wachstumsprozesse zu überprüfen, wird der interkulturelle Nationenvergleich im Vergleich zu ähnlichen Studien mit einer größeren Anzahl von Untersuchungseinheiten vollzogen.2 Die empirischen Überprü-

2 Während erwa Putnam (1993) sowie Knack und Keefer (1997) einen statistisch signifikanten Einfluss des generalisierten Vertrauens für die italienischen Regionen und im Nationenver- gleich finden, können Beugelsdijk und Schaik(2005: 321)einen solchen für die europäischen

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296 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

fungen basieren in erster Linie auf den Erhebungen der vierten Welle des World Valu- es Survey (WVS) (1999-2000). Interkulturelle empirische Wachstumsanalysen auf der Grundlage der aktuellsten Ausgabe der weltumspannenden Wertestudie sind uns bis daro unbekannt. Die Datenbasis der Untersuchung bilden somit einerseits Umfrage- daten für 40 Nationalstaaten (Inglehart et al. 2004) zur Messung des Sozialkapital- bestands und andererseits amtliche Statistiken sowie der International Country Risk Guide für die weiteren Variablen. Die Auswahl der Länder bemisst sich weniger an in- halrlichen Kriterien, sondern ist allein der Verfügbarkeit individueller und makrosrruk- tureller Datenbestände geschuldet.3 Der Untersuchungszeitraum beginnt im Jahre 1990 mit dem Zusammenbruch osteuropäischer Aurokratien und endet im Jahre 2005, womit ein möglichst aktuelles Datum festgelegt wird. Für die Wahl einer langfristigen Perspektive spricht insbesondere ein inhaltliches Argument. So geht die Sozialkapital- theorie davon aus, dass ihre kulturellen und strukturellen Komponenten gerade nicht in kurzer Frist für hohe Wachstumsraten sorgen, sondern vielmehr eine längerfristige und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen (Knack und Keefer 1997:

1253).

Unsere Analysen verdeutlichen, dass allein die kulturelle Dimension von Sozialkapi- tal mit Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung behaftet ist. Jedoch zeigen sich Einflusskraft und Wirkungsrichtung des interpersonalen Vertrauens abhängig vom ökonomischen Niveau der untersuchten Länder. Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut.

Zunächst wird das Konzept des Sozialkapitals erläutert und dessen theoretische Wir- kungsweise auf die wirtschaftliche Entwicklung diskutiert (Abschnitt 11). Nach der Vor- stellung der Methode und der herangezogenen Einflussgrößen (Abschnitt 111) werden die aufgestellten Hypothesen einer systematischen empirischen Überprüfung unterzo- gen (Abschnitt IV). Schlussfolgerungen runden die Studie ab (Abschnitt V).

11. Dimensionen des SozialkapitaLs und ihre Wirkungen auf die ökonomische Entwicklung aus theoretischer \.\!arte

Aufbauend auf den Studien von Bourdieu (1983), Coleman (1988, 1990) und Purnam (1993) erleben die sozialwissenschaftlichen Fachdisziplinen seit Beginn der 1990er Jahre den bahnbrechenden Einzug des Sozialkapitals (Freitag und Bühlmann 2005;

Hooghe und Srolle 2003; Kunz 2002; Newton 1999; Portes 1998; Purnam 2000). Ne- ben Human- und Sachkapital als eine weitere Vermögensform hervorgehoben, wird so- ziales Kapital heute als Schlüsselgröße für politische, soziale und wirtschaftliche Ent- wicklungen einer Gemeinschaft angepriesen (vgl. Putnam 1993, 2000). Beim SozialJca..

pital handelt es sich um eine spezifische Form von Ressourcen, die in sozialen Bezie-{

hungen zwischen Akteuren verankert sind. Im Kern besteht Sozialkapital aus zwei Ele-,;

menten: einerseits aus der sozialen Beziehung, welche den individuellen Akteuren Zu-;

gang zu bestimmten Ressourcen verschafft, und andererseits aus diesen Ressourcen:-

Regionen nicht nachweisen. 5rartdessen weisen sie der aktiven Vereinsreilnahme einenrob~_:

ren Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum nach. .

3 Ferner handelt es sich bei den analysierten Ländern auch nicht um eine zufällige Auswahl, dass im Text formulierte Generalisierungen gewissen Beschränkungen unterliegen.

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Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 297 selbst. Mit anderen Worten: Die Grundidee des Sozialkapitals besteht in der Annah- me, dass die sozialen Beziehungen einer Person einen wichtigen Wert darstellen, den sie zu ihrem Vorteil nutzen kann. Bourdieu (1983: 190-191) erkennt im Sozialkapital etwa eine Ressource, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruht. Nach Cole- man (1990) wird soziales Kapital allgemein durch die vertrauensvollen Beziehungen zwischen Personen verkörpert, welche die individuellen Handlungen begünstigen. Put- nam (1993, 2000) akzentuiert diese Anschauungen und operationalisiert soziales Kapi- tal vor allem durch Mitgliedschaften in bürgerschaftlichen Vereinigungen. Letztere be- einflussen als Katalysatoren die Entstehung und Aufrechterhaltung von Reziprozitäts- normen und sozialem Vertrauen, die sich im besten Falle als "generalisiertes Vertrau- en" und "generalisierte Reziprozität" über alle gesellschaftlichen Bereiche erstrecken (Fukuyama 2000; Gabriel et al. 2002: 38-42; Newton 2001; Offe und Fuchs 2001:

419; Ostrom und Ahn 2003; Putnam 2000; Stolle 1998: 500).4

Ohne sich auf eine formal deduktive Theorie zu stützen, bringt die wissenschaftli- che Debatte eingedenk des heuristischen Wertes des Sozialkapitals eine Reihe von un- terschiedlichen Formen und Dimensionen hervor (Wuthnow 2001: 661). Im vorliegen- den Zusammenhang konzentrieren wir uns auf die Analyse kultureller und struktureller Messgrößen, die in der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Literatur immer wieder als Kernkomponenten des Sozialkapitals aufgegriffen werden und weniger als Konse- quenz und Ergebnis desselben erscheinen (Deth 2003).5 Vor diesem Hintergrund wird hier das Konzept durch Aspekte des Vertrauens und durch das Ausmaß sowie die Quali- tät an sozialen Netzwerken erfasst (Esser 2000: 235ff.; Deth 2003; Freitag 2001; Ga- briel et al. 2002: 25; Hooghe und Stolle 2003; Newton 1999, 2001). Dabei wird an- genommen, dass die individuelle und kollektive Ausstattung an sozialem Kapital mit zunehmendem zwischenmenschlichem Vertrauen und wachsenden sozialen Kontakten des Einzelnen oder der Gemeinschaft wächst.

Eine wesentliche Komponente des sozialen Kapitals wird zunächst im zwischen- menschlichen Vertrauen gesehen (Freitag 2003a, 2003b; Coleman 1990: 306ff.; Fu- kuyama 2000; Uslaner 2002; Whiteley 2000). Vertrauen fördert Normen, welche ei- gennützige Verhaltensmuster einschränken und die Einstellung wachsen lassen, Indivi- duen sollten im Interesse der Gruppe oder Gemeinschaft handeln. Mit anderen Wor- ten: Vertrauen ist das Instrument, mit dem eine dauerhafte und wechselseitig ertragrei-

4 In vielen Erscheinungsformen des Sozialkapitals fällt ein Teil des Nutzens Unbeteiligten zu, während ein anderer Teil des Ertrages die unmittelbaren Interessen des Individuums befriedigt, welches die Investition tätigt. Wenn beispielsweise ein Verein die lokalen Kräfte mobilisiert, um eine öffentliche Freizeitanlage zu bauen, entstehen in der Organisation selbst zugleich Freundschaften und geschäftliche Beziehungen, die sich als persönlicher Nutzen erweisen kön- nen (Putnam und Goss2001: 22). Soziales Kapital kann aber auch negative Effekte haben. So können sich Vorteile für Gruppenzugehörige durchaus zu Nachteilen für Außenstehende ent- wickeln. Zur Diskussion der Schattenseiten des Sozialkapitals sei insbesondere auf die Beiträge von Portes (1998) und Pumam (2000: 350-363) verwiesen.

5 Ausgeschlossen werden damit beispielsweise Indizes politischer und wirtschaftlicher Freiheiten, die Qualität öffentlicher Institutionen, aber auch Indikatoren sozialer Desintegration wie Kri- minalitätsrate, Steuerflucht, Drogenkonsum, Zahl der Gerichtsprozesse und Selbstmordraten, die bisweilen als Stellvertretergrößen sozialkapitalarmer Gesellschaften herangezogen werden (Fukuyama 2000: 23).

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298 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

che Kooperationsbeziehung und gegenseitige Hilfe in Gang gesetzt wird (Preisendörfer 1995: 264; Whiteley 2000: 443). Neben den Aspekten des sozialen Vertrauens gelten das Ausmaß und die Qualität sozialer Netzwerke als weitere zentrale Stellgrößen des Sozialkapitals. Freilich wird hier zwischen verschiedenen Arten differenziert (Newton 1999; Putnam 2000; Putnam und Goss 2001). Manche Formen des Sozialkapitals sind formell organisiert und verfügen über offizielle Funktionäre, reglementarische Satzun- gen, finanzielle Beiträge und regelmäßige Versammlungen. Beispiele hierfür sind diver- se Freiwilligenorganisationen. Die Form des Sozialkapitals bleibt hingegen informell, sofern sich eine Personengruppe außerhalb dieser organisatorischen Kontexte zu sozia- len Aktivitäten trifft (beispielsweise um Karten oder Fußball zu spielen). Formelle wie informelle Kooperationen entwickeln in ähnlicher Weise Beziehungsmuster, die priva- ten wie öffentlichen Nutzen stiften können.

Die Mitgliedschaft in formellen Vereinigungen garantiert als eine auf Dauet ange- legte soziale Verbindung die Entwicklung von Normen reziproken Verhaltens und da- mit die Fähigkeit zur Kooperation (vgl. Putnam 1993; Stolle 1998). Im Gegensatz zu eher informellen sozialen Netzwetken ist der Fortbestand sozialer Beziehungen in Ver- einigungen eher garantiert, da ein organisatorisch-institutioneller Kontext das regelmä- ßige Wiedersehen der Akteure gewährleistet und opportunistisches Verhalten Einzelner wirkungsvoller sanktioniert werden kann (Gabriel et al. 2002: 39). In diesem Sinne birgt die Mitgliedschaft in formellen Assoziationen in besonderem Masse gegenseitige Verpflichtungen, Erwartungen und Infotmationskanäle in sich (Maloney et al. 2000).

Derart betrachtet lohnen sich Investitionen in das vereinsmäßig eingebettete Sozialka- pital mehr als Einlagen in informelle Beziehungen, deren Dauerhaftigkeit und damit verbundenen Renditen weniger garantiert sind. Dennoch sind die informellen Formen des sozialen Zusammenlebens in ihrem Einfluss auf die individuellen Grund- und Werthaltungen in Form des Vertrauens, der Reziprozität und der Kooperationsfähigkeit nicht zu unterschätzen (Newton 1999). Die beinahe täglichen Austauschprozesse im Familien- und Freundeskreis, am Atbeitsplatz oder in der Nachbarschaft gestalten sich weitaus (zeit-)intensiver als die Mitgliedschaft und Ehrenamtlichkeit in den jeweiligen Vereinen.

Hinsichtlich des Veteinsengagements wird in der Forschungsliteratur außerdem zwi- schen aktiver und passiver Teilhabe unterschieden, wobei in erster Linie die aktivetä- tigkeit den Austausch zwischen den Mitgliedern sicherstellt und auf diese Weise den Zugang zur sozialen Vermögensform erleichtert (Purnam 2000). Nichtsdestotrotz wei- sen jüngere Arbeiten darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen passiver und aktiver.

Vereinsmitgliedschaft für die Fötderung sozialen Vertrauens und reziproker Handlun- gen nahezu unerheblich sei. Neben der Tiefe (sprich Aktivität) zähle vielmehr auch die Breite der sozialen Integration, will sagen die Zahl der Vereinsmitgliedschaften für die Aneignung sozialen Kapitals (Wollebaek und Seile 2003).6

6 Vergleiche hierzu Wollebaek und Seile (2003: 77): "Passive members with multiple affiliationsi are more trusting than active members with only one affiliation, and trust other peopletothe' same extent as active members with more than one affiliation.... Scope, on the other hand,.

does matter. When activity level is held constant, the number of affiliations still has a signa•• : cant impact."

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Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 299 SchliegJich können informelle und vor allem formelle Beziehungen in brückenbil- dende und abgrenzende Formen der Soziabilität eingeteilt werden. Soziale Netzwerke, die untetschiedliche Menschen zusammenbtingen, gelten als brückenschlagende Ver- bindungen. Beispiele dafür sind Sportvereine, wohltätige Organisationen oder kulturel- le Vereinigungen. Abgrenzende Arten hingegen beschränken sich auf gesellschaftliche Nischen und bringen Menschen zusammen, die einander in einigen wesentlichen Merkmalen (Alter, Geschlecht, soziale Klasse, Ethnizität usw.) ähnlich sind. Zu ihnen können wir beispielsweise Berufsverbände, Frauen- und Seniorenvereine oder auch Ver- triebenenverbände und Bauernvereinigungen zählen. Im Gegensatz zu abgrenzenden Vereinigungen gelten vor allem brückenbildende Organisationen als Horte des Sozial- kapitals (Zmerli 2003).7

Wie verteilt sich das Sozialkapital im interkulturellen Vergleich? Tabelle 1 präsen- tiert auf der Basis der World Values Surveys entsprechende Kennzahlen der zentralen Dimensionen des Sozialkapitals im Vergleich von 40 Nationalstaaten. Die ermittelten Daten machen deutlich, dass die Mehrheit der Skandinavierinnen und Skandinavier den Menschen ein vergleichsweise großes Vertrauen entgegenbringen, während sich ins- besondere die Bewohner der afrikanischen, südosteuropäischen und lateinamerikani- schen Staaten weitaus vorsichtiger im Umgang mit Mitmenschen zeigen. Ein hohes Ausmaß informeller Netzwerke im Freundes- und Arbeitskollegenkreis findet sich in Skandinavien, aber auch in den USA, Österreich, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Uganda. In China verbringen die Individuen mehr Zeit mit ihren Ar- beitskollegen als mit dem engsten Freundeskreis. Das Vereinsengagement zeigt die höchsten Werte für lsland, Schweden, Uganda, USA, Vietnam und Zimbabwe. Ver- gleichweise wenige Individuen schließen sich in Frankreich, Italien, Portugal, Spanien und Rumänien formellen Netwerken in Form von Vereinigungen an. Differenziert man den strukturell-formellen Aspekt des Sozialkapitals weiterhin nach den für die wirt- schaftliche Entwicklung bedeutsamen Putnam- und Olson-Gruppierungen, findet sich der höchste Zuspruch für erstere in Island, den Niederlanden, den USA, Zimbabwe und Uganda.8Weniger als zehn Prozent der Befragten engagieren sich in Rumänien in religiösen Organisationen, Sport-, Freizeit- und Kunstvereinen, wohltätigen Organisa- tionen oder Umweltorganisationen. Mit das größte Engagement bei den unter Olson- Gruppen firmierenden Berufsverbänden, Gewerkschaften, Parteien, lokalen politischen Organisationen und Frauenbewegungen, weisen Estland, Island, Russland, Schweden und Vietnam aus. Hier zeigen Argentinien, Frankreich, Italien, Portugal, Singapur und

7 Freilich sind in der Praxis die meisten Assoziationen brückenbildend und abgrenzend zugleich (Putnam und Goss 2001: 29). So kann eine Gruppe Personen umfassen, die verschiedenen so- zioökonomischen Schichten oder Volksgruppen (brückenbildende Merkmale) angehören und gleichzeitig dasselbe Geschlecht (abgrenzendes Merkmal) aufweisen (beispielsweise homosexu- elle Vereinigungen).

8 Beide Organisationstypen, welche an die Unterscheidung zwischen brückenbiIdenden und ab- grenzenden Vereinigungen anschließen, werden nach den führenden Vertretern organisations- theoretischer Sichtweisen benannt (Olson 1982; Putnam 1993). Putnam-Gruppierungen sind gemäß der Grundgedanken des Sozialkapitalkonzeptes der wirtschaftlichen Entwicklung för- derlich, Olson-Gruppierungen folgen eigennutzorientierten Sonderinteressen und führen zu institutioneller Sklerose und wirtschaftlicher Stagnation (vgl. die kommenden Ausführungen weiter unten).

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300 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag Tabelle 1: Der Sozialkapitalbestand im internationalen Vergleich

Zeit mit Zeit mit Engage- Putnam- Olson-

Land Vertrauen

Freunden Arbeits- ment in

Gruppen Gruppen

kollegen Vereinen

Dänemark 67 91 37 69 34 55

Schweden 66 95 54 76 45 61

Niederlande 60 92 45 70 64 28

Finnland 57 88 47 61 35 41

China 55 61 73 45 20 35

Japan 43 66 46 34 22 16

Vietnam 41 72 72 77 51 60

Island 41 89 40 82 61 64

Indien 41 72 62 39 28 25

Deutschland 38 86 38 55 39 27

Kanada 37 90 42 63 52 31

USA 36 92 54 77 70 38

Spanien 36 86 47 28 21 9

Irland 36 93 53 47 40 18

Österreich 33 88 36 50 35 28

Italien 33 82 39 28 19 14

Belgien 29 81 35 45 33 22

Großbritannien 29 93 43 50 36 27

Südkorea 27 78 64 58 51 19

Bulgarien 27 83 57 42 18 30

Litauen 26 72 28 59 21 47

Russland 24 66 37 71 16 66

Estland 24 77 42 72 28 63

Bangladesch 24 84 62 65 57 48

Chile 23 59 34 47 39 14

Mexiko 22 64 45 40 33 13

Slowenien 22 83 50 37 18 25

Frankreich 21 87 31 30 22 11

Venezuela 16 77 51 57 49 23

Argentinien 16 75 37 33 22 12

Singapur 15 82 51 48 39 10

Moldawien 15 75 50 44 25 25

Südafrika 13 82 46 62 57 20

Portugal 12 78 53 32 26 10

Algerien 11 81 54 41 30 19

Zimbabwe 11 87 52 87 83 22

Peru 11 79 64 55 41 21

Rumänien 10 61 51 30 10 22

Philippinen 9 79 57 61 53 22

Uganda 8 96 61 80 71 40

Mittelwert 28 80 49 54 38 30

Quelle:World Values Survey, Welle 1999/2000;für das Engagemenr in Vereinen: Durchschnirrswerre für die Wellen 1981,1990/91und1999/2000.Vertrauen: Anreil der Befragren, die angaben, den meisren Menschen zu verrrauen. Zeir mir Freunden/Arbeirskollegen: Anreil der Befragren, die mehrmals pro Monar oder noch häufiger Zeir mir Freunden bzw. Arbeirskollegen verbringen. Vereinsengagemenr: Anreil der Befragren, welche akriv oder passiv in Vereinen und Organisarionen engagierr sind. Die Olson-Gruppen enrsprechen dem Enga- gemenr in Berufsverbänden, Gewerkschafren, Parreien, lokalen polirischen Organisarionen sowie Frauenbewe- gungen. Als Purnam-Gruppen werden religiöse Organisarionen, Sporr-, Freizeir- und Kunsrvereine, wohlrärige Organisarionen sowie Umwelrorganisarionen bezeichner. Genauere Angaben zur Operarionalisierung finden sich im Anhang.

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Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 301 Spanien die niedrigsten Raten sozialer Beteiligung. Nach dieser groben Durchsicht der Daten wird deutlich, dass sich die einzelnen Sozialkapitalkomponenten nicht eins zu eins den einzelnen Kulturkreisen zuordnen lassen. In welcher Weise sind diese darge- legten Dimensionen nun aber mit dem wirtschaftlichen Wachstum verbunden?

Im Unterschied zum Sachkapital, das durch die produktive Ausrüstung verkörpert wird, und dem Humankapital, welches sich in den produktiven Fähigkeiten des Men- schen zeigt, erwächst das soziale Kapital aus der produktiven Nutzung zwischen- menschlicher Beziehungen. Ähnlich dem physischen Kapital (Geld, Wertpapiere und Sachwerte) und dem Humankapital (Fachwissen und -können) wirft auch das soziale Kapital Renditen ab und steigert die individuelle und kollektive Produktivität. Die Be- trachtungen des Sozialkapitals als weitere Vermögensart und damit als Vorleistung oder Ressource produktiver Akrivität stimulierten eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Beiträgen, die sich mir der Rolle kultureller und struktureller Sozialkapitalkomponen- ten in der Erklärung wirtschaftlicher Entwicklung beschäftigen (s. Tabelle 2). Darüber hinaus begünstigte eine inhaltliche Öffnung der neoklassischen Wachstumstheorie die Integration politischer und kultureller Faktoren und folgte Olsons (1982: 4) Forderung nach einer Erweiterung des ökonomischen Analyserasters um außerökonomische Be- stimmungsgründe, da sich wirtschaftliche Entwicklungen immer von ihren politischen und kulturellen Fundamenten abhängig zeigen.9

Insbesondere die empirischen Befunde einer ausbleibenden ökonomischen Konver- genz lösten innerhalb der Wirtschaftswissenschaften zwei theoretische Weiterentwick- lungen aus, die sich in der Folge wechselseitig ergänzten. Zum einen versuchte die Neue Wachstumstheorie den vom Solow-Modell exogen eingeführten technischen Fort- schritt durch die Berücksichtigung von Humankapital und Anstrengungen im Bereich der Forschung und Entwicklung endogen zu erklären (Romer 1986, 1990; Lucas 1988). Zum anderen wurde mit Blick auf die Neue Wachstumstheorie das neoklassi- sche Modell durch das Konzept der bedingten Konvergenz erweitert (Barro 1991; Bar- ro und Sala-i-Martin 1992, 1995). Der Kerngedanke dieses Konzepts besteht darin, dass ärmere Länder nur unter ganz spezifischen Bedingungen ihr Wachsrumspotential ausschöpfen können:

"Nur wenn sich Länder auf denselben steady state zubewegen, d.h. unter ceteris-paribus Bedingun- gen, wachsen arme Länder schneller als reiche ... Die Kernthese konditionaler Konvergenz besteht nun darin, dass die Position des steady states durch ökonomische, humankapitalbezogene, politi- sche, demographische oder klimatische Umwelt- bzw. Kontextfaktvariablen determiniert wird ...

Dementsprechend kann argumentiert werden, dass sich zwei Länder trotz ähnlichen ökonomi- schen Ausgangsniveaus in Abhängigkeit dieser Umweltfaktoren auf unterschiedliche Gleichge- wichtszustände zubewegen, wodurch sich folglich auch die Wachstumsraten in der Übergangspha- se zum langfristigen Wachstumsgleichgewicht unterscheiden. Erst wenn die für die Position des Wachstumsungleichgewichts maßgeblichen Umwelteinflüsse konstant gehalten werden, würde sich ein konditionaler Konvergenzeffekt nachweisen lassen" (Obinger 2004: 27).

9 Vgl. hierzu Olson (1982: 4): "They do not trace the sources of growth to their fundamental causes; they trace the water in the river to the streams and lakes from which it comes, but they do not explain {he rain."

(9)

Tabelle2:DimensionendesSozialkapitalsundwirtschaftlichesWachstuminausgewähltenvergleichendenStudien\.>J o N ::;...

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(11)

304 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

Neben unterschiedlichen länderspezifischen Ausstattungen mit Humankapital wurden unter dem Einfluss der Neuen Institutionenökonomie verstärkt politisch-institutionelle Faktoren als wesentliche Hintergrundgrößen identifiziert, die je nach ihrer Ausgestal- tung Wirtschaftswachstum begünstigen oder blockieren (Obinger 2004). Was für poli- tische Faktoren gilt, kann auch auf kulturelle Aspekte ausgeweitet werden. Erstaunen löst freilich die Tatsache aus, dass der größte Teil der bisherigen Sozialkapitalstudien zur Erklärung divergierender Wachstumsprozesse die sich bietenden Anknüpfungspunk- te der bedingten Konvergenz nahezu völlig ausblenden (vgl. Beugelsdijk 2006). Wir werden auf diesen Punkt weiter unten zurückkommen.

Unter den strukturellen und kulturellen Komponenten des Sozialkapitals werden mit Blick auf die Erklärung der wirtschaftlichen Entwicklung in erster Linie die Aspek- te des zwischenmenschlichen Vertrauens und formeller Netzwerke betont (s. Tabelle 2).10 Hinsichtlich des zwischenmenschlichen Vertrauens streicht Arrow (1972: 345) he- raus, dass "virtually every commercial transaction has within itself an element of trust, certainly any transaction conducted over aperiod of time. Ir can be plausibly argued that much of the economic backwardness in the wor/d can be explained by the lack of mutual confidence. " Für Fukujama (I995: 45) belegt das vorhandene "Misstrauen in einer Gesellschaft alle Erscheinungsformen wirtschaftlichen Handelns mit einer Art Steuer, die in Gesellschaften mit einem hohen Maß an sozialem Vertrauen entfällt."

Das Hauptargument zum positiven Einfluss des Vertrauens läuft über die Senkung der Koordinations- oder Transaktionskosten (Beugelsdijk 2006; Beugelsdijk und Schaik 2005; Knack und Keefer 1997; Kunz 2000; Oelgart 2006; Whiteley 2000). Diese Kos- ten zur Betreibung eines Wirtschaftssystems belaufen sich in modernen Marktwirt- schaften auf bis zu 80 Prozent des Nettosozialprodukres und setzen sich aus den Posten der Informationsgewinnung, -überprüfung und -verarbeitung sowie den Folgekosten unvollständiger Verträge (Verhandlungs- und Durchsetzungskosten) zusammen (Kunz 2000: 205; Richter 1994: 5). Interpersonalem Vertrauen kommt eine beträchtliche Be- deutung für die wirtschaftliche Performanz zu, da es die Anbahnungs-, Folge- und Überwachungskosten vertraglicher Vereinbarungen und wirtschaftlicher Kooperation reduziert sowie neue arbeitsteilige Handlungsalternativen stimuliert. Mit anderen Wor- ten: Interpersonales Vertrauen kann als Surrogat für (kostenintensive) formelle Regeln und Vertragsvereinbarungen gedeutet werden (Noteboom 2007: 45). Darüber hinaus belebt das zwischenmenschliche Vertrauen die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotiva- tion, erhöht die Bereitschaft der Kommunikation und des Informationsaustausches zwischen den Wirtschaftssubjekten und verstärkt die Effizienz des organisatorischen Wandels (Neubauer 1997). Der so dargelegte positive Einfluss des Vertrauens auf die wirtschaftliche Entwicklung ließe sich vor dem Hintergrund der Grundgedanken der bedingten Konvergenz nun noch wie folgt präzisieren: Wenn interpersonales Vertrauen als Ersatz für institutionelle Bedingungen wirtschaftlicher Prozesse gelten darf und wenn vor allem wirtschaftlich rückständige Länder von instabilen und Rechtsunsicher- heit verbreitenden Institutionen geprägt sind, dann sollte der Konvergenzprozess insbe- sondere von Ländern durchlaufen werden, die gemessen am Wohlstand arm, hinsicht-

10 Nur wenige Studien konzentrieren sich vergleichsweise auf Normen und WerrvorsteJlungen in der Begründung unrerschiedlicher wirtschaftlicher Performanzen (s. Granaro er aI. 1996;

Schneider et al. 2000).

(12)

Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 305 lich des Grundstocks an Vertrauen aber vergleichsweise reich sind. Der Vertrauensef- fekt in wirtschafrlich fortgeschrittenen Narionen sollte hingegen unter den Rahmenbe- dingungen wirtschafrspolitischer und unternehmerischer Rechtssicherheit nur marginal ausfallen (Beugelsdijk 2006; Knack und Keefer 1997).11 Diese Überlegungen führen zur ersten Arbeitshypothese:

H 1: Je höher der Grundstock an zwischenmenschlichem Vertrauen in einem Land ist, desto stärker fällt das wirtschafrliche Wachstum aus. Dies gilt umso mehr, je wirtschafrlich rückständiger die betroffene Nation ist.

Das gemäß der Sozialkapitalliteratur eng mit dem Vertrauen verknüpfte System formel- ler wie informeller Netzwerke fördert die ökonomische Entwicklung, weil sie den mit- einander agierenden und verbundenen Individuen eine effektive Verfolgung gemeinsa- mer Ziele ermöglicht. Insbesondere Vereine und Freiwilligenorganisationen stellen ei- nen organisatorischen Kontext dar, in dem Bürger eine gemeinschaftsbezogene Kom- munikations-, Kooperations- und Hilfsbereitschaft erlernen und diese zur Lösung kol- lektiver oder individueller Probleme einsetzen können (Putnam 1993: 90). Darüber hinaus schafft die Mitgliedschaft in formellen Assoziationen in besonderem Maße Ver- pflichtungen und Erwartungen, fördert das soziale Vertrauen und unterliegt den Nor- men der Gemeinwohlorientierung (Putnam 1993: 88). Ein gut funktionierendes Sys- tem sozialer Netzwerke fördert zudem die wirtschafrliche Entwicklung, da die Diffu- sion von Informationen, Wissen und neuen Technologien reibungsloser vonstatten geht und die produktive Arbeitsteilung gefördert wird (Knack und Keefer 1997). Der von der Sozialkapitalschule prononciert vorgetragene positive Effekt sozialer Netzwerke auf die wirtschafrliche Entwicklung bleibt in der sozialwissenschafrlichen Forschung freilich nicht unwidersprochen. Insbesondere Olson (1982) verweist auf einen negativen Ein- fluss eines dichten Netzes sozialer Organisationen und Interessengruppen auf das lang- fristige Wirtschaftswachstum. Olsons (1982) Theorie zufolge wachsen mit zunehmen- dem Alter der Demokratie (und bei konstantem Staarsgebiet) die Zahl und die Durch- schlagskraft von partikularen, primär am Eigennutz orientierten Organisationen, die ihrerseits institutionelle Rigiditäten zur Wahrung der Interessen in die Wirtschaftssyste- me einbauen.12 Diese institutionelle Sklerose fortschrittsfeindlicher Verteidiger einge- spielter Besitzstände verhindert die Markträumung im Sinne einer effizienten Alloka- rion von Kapital und Arbeit. Überdies beschneidet sie die Innovations- und Expan- sionsfähigkeit marktwirtschafrlicher Systeme und führt schlechthin zu einer wenig ko- härenten Wirtschaftspolitik mit dem Ergebnis einer stagnierenden wirtschafrlichen Ent- wicklung. Denkbar sind derartig verzerrende und die Produktivität hemmende Effekte auch als Ergebnis der ökonomischen Übervorteilung besonderer formeller wie infor- meller Gruppierungen nach ethnischen, verwandtschaftlichen oder anderen zugeschrie- 11 Eine gegenläufige Sichtweise könnte freilich argumentieren, dass Vertrauen gerade bei den wirtschafdich erfolgreichen Nationen den Unterschied ausmacht, da ein hoher Grundstock an Vertrauensvorschüssen den transnationalen Austausch mit unbekannten Handelsparenern er- leichtert.

12 Streng genommen beinhaltet das Olsonsche Argument eine dynamische Komponente. Ange- sichts der begrenzten Datenverfügbarkeit überprüfen wir mögliche negative Wirkungen von Verteilungskoalitionen wie vergleichbare Srudien aber allein in einem statischen Modell (vgl.

Beugelsdijk und Schaik 2005; Knack und Keefer 1997; Kunz 2000).

(13)

306 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

benen Exklusivitätskriterien, die von bestimmten klientelistischen odet Stammeszuge- hörigkeiten abgeleitet werden. Analog zum Vertrauensbestand kann auch bezüglich der ökonomischen Wirkung formel let und informeller Netzwerke differenziert werden.

Diese bei den konkurrierenden Anschauungen zum Einfluss sozialer Netwerke lassen sich durch die folgenden Arbeitshypothesen darstellen:

H 2a: Je höher der Bestand an sozialen Netzwerken - etwa in Fotm eines ausgepräg- ten Vereinsengagements oder der sozialen Einbindung im Kollegen- und Freun- deskreis - in einem Land ist, desto stärker fällt dort das wirtschaftliche Wachs- tum aus (Purnam-Hypothese). Unter den Bedingungen det konditionalen Kon- vergenz gilt dies umso mehr, je wirtschaftlich rückständiger die betroffene Na- tion ist.

H 2b: Je höher det Bestand an sozialen Netzwerken - etwa in Form eines ausgepräg- ten Veteinsengagements oder der sozialen Einbindung im Kollegen- und Freun- deskreis - in einem Land ist, desto schwächer fällt das wirtschaftliche Wachs- tum aus (Olson-Hypothese). Unter den Bedingungen der konditionalen Kon- vergenz gilt dies umso mehr, je wirtschaftlich rückständiger die betroffene Na- tion ist.

III. Methodisches Vorgehen und Operationalisierung

Im weiteren Verlauf des Beitrages steht die Überprüfung der aufgestellten Hypothesen im Mittelpunkt des analytischen Interesses. Als abhängige, zu erklärende Größe fun- giert das durchschnittliche jährliche Wirtschafrswachstum zwischen 1990 und 2005 für die in Tabelle 1 aufgeführten 40 Nationalstaaten. Als Untersuchungsmethode wählen wir die statistisch quantitative Vorgehensweise im Rahmen eines systematischen Quer- schnitt-Vergleichs einer Vielzahl von Untersuchungseinheiten. Für ein derartiges Ver- fahren spricht neben der Überschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit der Analyseschrirre auch die Strategie des Aufspürens einer möglichst generalisierbaren und zugleich spar- samen Erklärung der Unterschiede in der ökonomischen Entwicklung von Volkswirt- schaften.

Im Vordergrund unserer empirischen Analysen steht der Einfluss des Sozialkapitals als zentraler erklärender Variable des wirtschaftlichen Wachstums. Um der ausgewiese- nen Multidimensionalität des Konzeptes gerecht zu wetden, witd Sozialkapital mit vier Indikatoren operationalisiert. Als Messgröße der kulturellen Komponente dient das Ausmaß an generalisiertem Vertrauen in einer Gesellschaft. Zur Messung dieser Ver- trauensart wird die folgende Frage aus dem World Values Survey herangezogen: "Gene- rally speaking, would you say that most people can be trusted or that you need tobe very careful in dealing with people?" Als Vertrauensbestand einer Gesellschaft wird da- bei der Anteil derjenigen Antwortenden verwendet, welche angaben, den meisten Men- schen zu vertrauen. Die strukturelle Komponente des Sozialkapitals wird mit dem Aus- maß an informellen und formellen sozialen Netzwetken operationalisiert. Dabei wer- den die informellen Beziehungsmuster daran gemessen, wie viel Zeit ein Individuum in

(14)

Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen

307

einem Land durchschnittlich mit Freunden oder mit Arbeitskollegen verbringt:l3 "I'm going to ask how often you do various things? Spend time with friends/Spend time so- cially with colleagues from work or your profession." Der formelle Aspekt des struktu- rellen Sozialkapitals wird schließlich mit dem Engagement in Vereinen und folgender Frage erhoben: "Please look carefully at the following list of voluntary organisations and activities and say a) which, if any, do you belong to? b) which, if any, are you currently doing unpaid work for?" Es wird der Anteil an Befragten wiedergegeben, welche in mindestens einer ausgewiesenen Organisation eine aktive oder passive Mit- gliedschaft ausüben.14Um eine möglichst hohe Anzahl von Untersuchungseinheiten zu garantieren, werden bei diesem Indikator die Umfragen der ersten, zweiten und vierten Welle des WVS herangezogen (1981, 1990/1991 und 1999/2000).15 Je nach Verfüg- barkeit der Daten wurden Durchschnittswerte der einzelnen Befragungswellen gebi~

det.16

Neben den Indikatoren des Sozialkapitals finden eine Reihe von kontrollierenden Größen Eingang in die empirischen Analysen. Es werden dabei Faktoren berücksich- tigt, die in den ökonomischen Wachstumstheorien als zentral für die Erklärung unter- schiedlicher wirtschaftlicher Enrwicklung gelten. Zunächst sind hier die Investitionstä- tigkeit und das Bevölkerungswachstum zu nennen, welche im Anschluss an das neo- klassische Wachstumsmodell (Solow 1956; Swan 1956) das Wirtschaftswachstum lang- fristig bestimmen. Es wird erwartet, dass sich die Wirtschaft umso günstiger enrwi- ekelt, je mehr Investitionen in einem Land getätigt werden. Eine Volkswirtschaft wächst überdies umso stärker, je geringer die Bevölkerungszunahme ausfällt. Gemäß dieser Theorie spielt auch die Differenz zwischen der wirtschaftlichen Ausgangsposition und dem langfristigen Wachstumsgleichgewicht eine bedeutende Rolle (Obinger 2004).

Dabei wird argumentiert, dass vor dem Hintergrund abnehmender Grenzerträge wirt- schaftlich rückständige Staaten ein höheres Wirtschafrswachstum als reiche Länder auf- weisen und mit diesen schließlich konvergieren. Entsprechend dieser Annahme wird das Pro-Kopf- Einkommen eines Landes zu Beginn des Beobachtungszeitraums (BIP) in die Schätzungen aufgenommen. In ihrer Weiterenrwicklung verweist die neo-klas- sische Theorie auf den Humankapitalstock einer Gesellschaft als zentrale Einflussgröße

13 Betrachtet wird der Anteil an Befragten, der mehrmals im Monat Zeit mit Freunden bzw. Ar- beitskollegen verbringt. Andere Operationalisierungen (etwa die Beschränkung auf jene Perso- nen, die jede Woche den Kontakt mit Freunden bzw. Arbeitskollegen pflegen) führen mit Blick auf das Wirtschaftswachstum zu keinen anderen Ergebnissen.

14 Mit Blick auf das wirtschaftliche Wachstum zeigen hier nicht weiter dokumentierte Analysen keinerlei Unterschiede zwischen den Organisationsgraden an passiven oder aktiven Mitglied- schaften an. 1m Dienste einer besseren Datenvergleichbarkeit über die verschiedenen Wellen werden deshalb die aktiven und passiven Mitgliedschaften zum Vereinsengagement zusammen- gefasst.

15 Angesichts einer veränderten Fragestellung zur sozialen Einbindung in Vereinigungen bleibt die dritte Welle des WVS (1995-1997) unberücksichtigt.

16Angaben zum Sozialkapitalliegen grundsätzlich für71 Länder vor. Es werden aber nur diejeni- gen Staaten in die empirischen Analysen aufgenommen, die lückenlose Datenbestände zu allen aufgeführten Sozialkapitalkomponenten sowie den unabhängigen Variablen aufWeisen. Damit reduziert sich unser Sampie auf 40 Länder (vgl. Tabelle 1). Ein systematischer Vergleich des Einflusses einzelner Sozialkapitalkomponenten setzt nach unserem Verständnis auch eine iden- tische Anzahl an Untersuchungseinheiten voraus.

(15)

308 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

des ökonomischen Wachstums (Arrow 1962; Lucas 1988; Romer 1986). Das Fachwis- sen und -können eines Landes wird in unseren Schätzungen durch den Anteil der über 25-Jährigen mit abgeschlossener Sekundärausbildung operationalisiert. Schließlich wird die Handelsbilanz eines Staates in die empirischen Analysen mit einbezogen, welche die Offenheit einer Volkswirtschaft misst und sich in zahlreichen Studien als wichtige Erklärungsgröße der wirtschaftlichen Entwicklung etwiesen hat (Obinger 2004: 34).

Den Grundgedanken der bedingten Konvergenz und unterschiedlichen nationalen Entwicklungspfaden folgend, werden im Anschluss an Barto und Sala-i-Martin (1995) sowie Obinger (2004) auch politische Variablen in die Untersuchung integriert. Hierzu werden zwei Indizes aus dem International Country Risk Guide in die Analysen aufge- nommen: Der erste Index "Regierungsstabilität" setzt sich aus den drei Komponenten

"Einheitlichkeit der Regierung", "Gesetzgebungsstärke" sowie "Rückhalt in der Bevöl- kerung" zusammen, wobei hohe Werte eine stabile Regierung widerspiegeln. Der zwei- te Index "internes Konflikmiveau" gibt Auskunft darüber, inwiefern ein Land von in- ternen Konflikten behindert wird. Hohe Indexwerte verweisen auf ein geringes Risiko solcher Auseinandersetzungen.l?Zur Verminderung etwaiger Endogenitäts- und Kausa- litätsprobleme werden für die unabhängigen Variablen vornehmlich Werte zu Beginn oder während des Beobachtungszeitraums verwendet. Detaillierte Angaben zur Opera- tionalisierung der untersuchten Variablen finden sich im Anhang.

IV Empirische Befunde

Um die Bedeutung des sozialen Kapitals für das Wirtschaftswachstum zu überprüfen, wird ein dreistufiges Verfahren angewendet. Zunächst wird ein ökonomisches Grund- modell berechnet, welches anschließend mit Variablen zu den politischen Rahmenbe- dingungen ergänzt wird. Dieses Modell dient als Basismodell für alle weiteren Analy- sen. Neben dem ökonomischen Ausgangszustand eines Landes bezieht es ökonomische, demographische und politische Kontextvariablen mit ein, welche den wirtschaftlichen Entwicklungspfad eines Staates vorgeben. In einem zweiten Schritt werden auf der Grundlage dieses Basismodells die einzelnen Komponenten des Sozialkapitals den em- pirischen Schätzgleichungen beigefügt. Schließlich werden in einem letzten Analyse- 17 Ferner kann verschiedenen Rahmenbedingungen wirrschaftlichen Handelns (z.B. Eigentums- rechten) ein nicht unerheblicher Einfluss auf das Wirtschaftswachstum zugeschrieben werden (Obinger 2004). In weiteren, hier nicht dokumentierren Analysen wurde deshalb ein Index aus den drei Items "Korruption", "Lawand Order" sowie "Bureaucracy Quality" des International Counrry Risk Guide als Messgröße der Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns mo- del1iert. Die Schätzungen zeigen, dass dieser Faktor sehr stark mit dem wirtschaftlichen Ent- wicklungsniveau des Ausgangsjahres 1990 korreliert (Pearson's r= 0,80). Dies kann dahinge- hend interpretiert werden, dass die Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns die ökono- mische Ausgangslage eines Landes zu einem beträchtlichen Teil mitbestimmen. Diese Beobach- tung deckt sich auch mit der Vermutung Obingers (2004: 35), wonach die Ausprägung ökono- mischer Variablen häufig das Ergebnis tiefer liegender politisch-strukturel1er Ursachen ist. Im Folgenden wird der Faktor zU den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund der ange- sprochenen Multikol1inearität nicht in die Modelle integriert. Nichtsdestotrotz finden sich die- se politischen Bedingungen in der wirtschaftlichen Ausgangssituation einer Volkswirtschaft wieder.

(16)

Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 309 Tabelle 3: Regressionsschätzungen zur Erklärung des Wirtschaftswachstums im interna-

tionalen Vergleich I (40 Staaten) Variable

Konstante

BIP 1990 (log)

Handel

Bevölkerungswachstum

Humankapital

Investitionen

internes Konfliktniveau

Regierungsstabilität

N

korrigiertes R2

Modell 1 2,27 (3,34) -0,48

(0,43) 0,01 (0,12)

1,07"

(0,52) -0,17

(0,03) 0,20'"

(0,07)

40 0,35

Modell2

0,07 (4,92) -0,48

(0,45) 0,01 (0,14)

1,22 (0,76) -0,02

(0,03) 0,18"

(0,07) 0,13 (0,31)

0,14 (0,42)

40 0,32

Anmerkungen: unstandardisierte OlS-Koeffizienten, robuste Standardfehler(He3) in Klammern. ** =auf dem Fünf-Prozent-Niveau signifikant, *** =auf dem Ein-Prozent-Niveau signifikant.

schritt Interaktionseffekte modelliert, um unterschiedliche Effekte des Sozialkapitalbe- standes in Abhängigkeit des wirtschaftlichen Entwicklungsniveaus zu untersuchen. Die Modelle 1 und 2 in Tabelle 3 geben zunächst die Schätzresultate für die Erklärungs- kraft ökonomischer und politischer Erklärungsgrößen wieder.18 Es können die folgen- den Ergebnisse berichtet werden:

Zunächst unterstützen die Schätzgleichungen die zentrale Annahme der ökonomi- schen Wachstumstheorien, wonach die Investitionstätigkeit eine entscheidende ökono- mische Steuerungsgröße darstellt: Je höher die Investitionen in einem Land ausfallen, desto stärker ist das wirtschaftliche Wachstum (vgl. Levine und Renelt 1992: 942). Für alle anderen berücksichtigten ökonomischen und politischen Größen lässt sich indes kein systematischer Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung feststellen. Lediglich für das Bevölkerungswachstum findet sich zumindest in einem der beiden Modelle ein signifikant positiver Effekt auf das Wirtschaftswachstum.19 Die Schätzungen machen 18 Alle hier präsentierten Befunde basieren auf multivariaten OLS-Regressionen, wobei robuste Standardfehler (HC3) berechnet wurden. Verschiedene, hier nicht weiter abgebildete Robust- heitsanalysen (Bootsrrapping, Regressionsdiagnostik, ]acknife) bezeugen die Stabilität der aus- gewiesenen Befunde.

19 Freilich muss festgehalren werden, dass alle hier präsentierten Modelle in nicht unwesentli- chem Maße von Multikollinearität betroffen sind. Insbesondere das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Beginn der Periode, das Humankapital, die Invesritionstätigkeit, das Bevölkerungs- wachstum sowie das interne Konfliktniveau stehen in engen Beziehungen zueinander. Die Kor-

(17)

310 Isabelle Stadelmann-Steffin und Markus Freitag

insbesondere deutlich, dass ein niedriges wirtschaftliches Ausgangsniveau nicht zwin- gend zu einem stärkeren Wachstum in den Folgejahren führen muss. Mit anderen Worten: Innerhalb der 40 betrachteten Nationalstaaten lässt sich kein genereller Catch-up-Effekt zwischen armen und reichen Ländern nachweisen.2o Darüber hinaus lässt sich festhalten, dass sich das wirtschaftliche Wachstum in unseren Schätzungen nicht in systematischer Weise auf das Humankapital zurückführen lässt. Wenngleich jüngere Studien vermehrt den Beweis erbringen, dass die Bildungsinvestitionen doch einen erheblichen Einfluss auf den Zuwachs an Produktivität haben (Barro 2001), deu- ten unsere Befunde darauf hin, dass die jeweils erzielten Schätzergebnisse nicht zuletzt an den Untersuchungszeitrum, die Untersuchungseinheiten und die gewählte Opera- tionalisierung des Humankapitalkonzeptes geknüpft sind (vgl. Obinger 2004).21

In den Modellen 3 bis 7 der Tabelle 4 werden die angesprochenen Komponenten des Sozialkapitals einer Überprüfung unterzogen. Es kann berichtet werden, dass sich ein hoher Grad an Sozialkapital in einer Gesellschaft tendenziell positiv auf die wirt- schaftliche Entwicklung auswirkt. Drei der vier Koeffizienten der Sozialkapitalfaktoren weisen einen positiven Wirkungszusammenhang aus. Mit Blick auf das Kriterium der statistischen Signifikanz22weist aber nur das interpersonale Vertrauen einen überzufälli- gen Effekt aus.23 Je höher der Grad an generalisiertem Verrrauen in einem Land ist, desto höher ist das dortige Wirtschaftswachstum zwischen 1990 und 2005. Dabei ver- bessert das zwischenmenschliche Vertrauen die Erklärungskraft des Modells substan- tiell.

Mit Blick auf die Investitionstätigkeit und den ökonomischen Aufholeffekt bestäti- gen die Modelle 3 bis 6 die Ergebnisse aus den vorangehenden Schätzungen. Außer- dem weisen die Modelle 6 und 7 für das Bevölkerungswachstum ernent signifikante Koeffizienten aus: Je stärker die Bevölkerung im beobachteten Zeitraum wächst, desto

relationskoeffizienr nach Pearson nimmt hiet folgende Werte an: 0,57 (Humankapital und Be- völkerungswachstum), 0,55 (BIP 1990 und Investitionen), 0,55 (BIP 1990 und inrernes Kon- f1iktniveau), 0,50 (Investitionen und inrernes Konfliktniveau) sowie 0,43 (Humankapital und BIP 1990).

20 Dieset Befund sowie alle weiteten Ergebnisse behalten auch dann ihre Gültigkeit, wenn ein kurvilinearer Zusammenhang zwischen dem ökonomischen Ausgangszustand und dem Wirt- schaftswachstum spezifiziert wird.

21 Wird das Humankapital mit den durchschnittlich absolvierten Bildungsjahren gemessen, kön- nen keine anderen Ergebnisse für die hier im Mittelpunkt stehenden 40 Länder berichtet wer- den.

22 Signifikanztests können als Enrscheidungskriterium streng genommen nur bei Wahtscheinlich- keits-Auswahlverfahren ihre Berechtigung erfahren. Wie aber in den meisten, mit Quasi-Voll- erhebungen operierenden wenn auch quanritativen Studien der vergleichenden PoJitikwissen- schaft gehandhabt, soll auch hier dieses Kriterium als hilfreiches heuristisches Mittel, gegen die Norm - über die Aussagekraft einer Variablen in statistischen Modellen enrscheiden. Statisti- sche Signifikanz ist insofern weder als hinreichendes noch als notwendiges Kriterium für empi- rische Evidenz zu werten, sondern eher als Selektionshilfe zur Unterscheidung zwischen ernst- zunehmenden und zu ignorierenden Kovarianzen zu verstehen. Gemäß Diekmann (1998: 600) können Signifikanztests freilich auch Entscheidungshilfen bei Nicht-Zufallsstichproben und sogar bei Totalerhebungen bieten. So könnte man beispielsweise Beobachtungen aus Totalerhe- bungen wegen Messfehlern als Realisationen von Zufallsvariablen betrachten.

23 Dies gilt auch dann, wenn in Bezug auf das Vereinsengagemenr nach Olson- und Putnam- Gruppen unrerschieden wird (hier nicht weiter dokumenriert).

(18)

Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 311 Tabelle 4: Regressionsschätzungen zur Erklärung des Wirtschaftswachsrums im interna-

tionalen Vergleich II (40 Länder)

Variable Modell3 Modell 4 Modell5 Modell 6 Modell 7

Konstante 0,07 -0,92 -5,22 -0,92 -1,15

(5,40) (5,61 ) (4,01 ) (3,59) (3,54)

BIP1990(log) -0,48 -0,64 -0,22 -0,48 -5,07*

(0,46) (0,52) (0,37) (0,33) (2,23)

Handel 0,01 0,01 0,02 -0,00 -0,02

(0,15) (0,14) (0,12) (0,10) (0,08)

Bevölkerungswachstum 1,22 1,12 0,92 1,31* 1,91***

(0,75) (0,72) (0,78) (0,66) (0,60)

Humankapital -0,02 -0,02 -0,02 -0,05 0,02

(0,04) (0,03) (0,03) (0,04) (0,04)

Investitionen 0,18** 0,21*** 0,15* 0,17*** 0,05

(0,07) (0,07) (0,07) (0,06) (0,07)

internes Konfliktniveau 0,13 0,12 0,11 -0,05 -0,08

(0,30) (0,32) (0,30) (0,29) (0,25)

Regierungsstabilität 0,14 0,09 0,27 0,35 0,31

(0,45) (0,43) (0,42) (0,37) (0,37)

Sozialkapital

Vereinsengagement -0,00

(0,03)

Zeit mit Freunden 0,03

(0,05)

Zeit mit Arbeitskollegen 0,07

(0,04)

Vertrauen 0,07** -0,01

(0,02) (0,02)

BIP1990(log) 0,18***

Dummy x Vertrauen (0,05)

N 40 40 40 40 40

korrigiertes R2 0,29 0,31 0,37 0,44 0,56

Anmerkungen:unstandardisierte OlS-Koeffizienten, tobuste Standardfehler(HC3)in Klammer. *~auf dem Zehn-Prozent-Niveau signifikant,**=auf dem Fünf-Prozent-Niveau signifikant,***=auf dem Ein-Prozent- Niveau signifikant.

stärker fällt das wirtschaftliche Wachsrum aus. Von einem theoretischen Standpunkt aus überrascht das Ergebnis hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung. Ein stetiges Be- völkerungswachsrum sollte gemäß Whiteley (2000: 445) den Effekt der Investitionen und somit die wirtschaftliche Enrwicklung schmälern. Das in unseren Schätzungen ausgewiesene positive Vorzeichen spiegelt jedoch zum einen die empirische Beobach- tung wider, dass insbesondere die Länder Asiens, Nord- und Südamerikas sowie Afri- kas sowohl bezüglich ihrer Bevölkerung als auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Leis- tungskraft deutlich stärker gewachsen sind als die europäischen und insbesondere die osteuropäischen Staaten. Der positive Zusammenhang zwischen Bevölkerungszunahme

(19)

312 Isabelle StadeLmann-Stejfen und Markus Freitag

und Wirtschaftswachsrum nährt die Anschauung, dass das überdurchschnittliche Bevöl- kerungswachsrum in unterentwickelten Volkswirtschaften zu einem stärkeren Einsatz von Humankapital und Technologie führt und auf diese Weise den "take off' det ein- heimischen Wirtschaft etmöglicht (Galor und Weil 2000: 805f., 826).

Von weiterem erkenntnisleitendem Forschungsinteresse ist, inwiefern sich der Effekt des Sozialkapitals vom ökonomischen Ausgangsniveau abhängig zeigt. Zu diesem Zweck wurden Interaktionseffekte zwischen dem Bruttoinlandsprodukt zu Beginn des Beobachtungszeitraums und den kulturellen und strukturellen Sozialkapitalfakroren ge- bildet, wobei lediglich zwischen Ländern mit geringem (1) und hohem (0) Einkom- men differenziert wird. Diese binäre Codierung scheint aus zwei Gründen sinnvoll:

Zum einen zeigen die Befunde von Beugelsdijk (2006: 380f.), dass sich Länder in Be- zug auf das ökonomische Entwicklungsniveau weniger auf einem Kontinuum verteilen, sondern relativ deutlich in zwei unterschiedliche Gruppen unterteilt werden können.

Rund die Hälfte der Länder weist ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von unter 5 000 US-Dollar auf, während die restlichen Staaten über einen deutlich höheren öko- nomischen Entwicklungsgrad von bis zu fast 30000 US-Dollar pro Jahr verfügen.24 Zum anderen machen die Schätzungen von Knack und Keefer (1997) deutlich, dass ein Interaktionseffekt unter Einbezug einer kontinuierlichen Einkommensvariablen die effekriven Gruppenunterschiede zwischen armen und reichen Ländern verschleiert.

Modell 7 zeigt, dass die Interaktion zwischen dem generalisierten Vertrauen und der wirtschaftlichen Startposition eines Landes sratisrisch hochsignifikant ist. Der Koef- fizient des Vertrauens verliert indes an statistischer Signifikanz. Die Bedeurung dieser Maßzahl lässt sich anhandAbbildung1 auch graphisch wiedergeben: Während die Stei- gung der Geraden für die wirtschaftlich erfolgreichen Länder quasi null ist (und sich damit kein Einfluss des Vertrauens auf das wirtschaftliche Wachstum für diese Länder- gruppe manifestiert), veranschaulicht die Ausrichtung der zweiten Gerade den signifi- kanten Einfluss des interpersonalen Vertrauens für Länder mit geringem ökonomi- schem Startniveau: Wirtschaftlich rückständige Sraaten - gemessen am BIP zu Beginn der Untersuchungsperiode - weisen ein umso srärkeres Wachstum auf, je höher der Grundstock an Vertrauen ausfällt. Anzufügen ist, dass sich die Erklärungskraft des Mo- dells unter Einbezug dieser gruppenspezifischen Effekte deutlich erhöht (R2 = 0,56).Es muss aber auch festgehalten werden, dass andere multiplikative Verknüpfungen zwi- schen dem wirtschaftlichen Ausgangniveau und den restlichen Sozialkapitalkomponen- ten ("Zeit mit Arbeitskollegen", "Zeit mit Freunden" und "Vereinsengagement") ohne statistische Einflusskraft bleiben und hier nicht weiter illustriert werden.

Unser Ergebnis bestätigt damit die konditionale Konvergenzhypothese. Demgemäß hängt die Fähigkeit eines Staates zur Erreichung des "steady state" maßgeblich von.

ökonomischen undaußerökonomischen Rahmenbedingungen ab. Nur unter Kontrolle dieser nicht-ökonomischen Kontextfaktoren zeigt sich ein Konvergenzprozess (vgl. auch Obinger 2004: 27). Die ModelIierung kultureller Rahmenbedingungen in Form des in-.

terpersonalen Vertrauens offenbart die Chance ärmerer Länder auf diesen Catch-up-:

24 Der Median liegt in unserem LändersampIe bei 3182 US-Dollar. Die im Folgenden präsentier;

ten Befunde verändern sich überdies nicht, wenn zwischen drei Gruppen von Staaten unter'.

schieden wird oder wenn die Grenze zwischen ärmeren und reicheren Ländern höherangelegt'

wird. "

(20)

Der ökonomische Wert sozialer Beziehungen 313 Abbildung1: Der Einfluss des Vertrauens auf das Wirtschaftswachstum in Abhängigkeit

des wirtschaftlichen Entwicklungsstandes

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Vertrauen

Anmerkung:Darstellung auf Basis det Schätzungen in Modell 7.

Effekt. So veranschaulicht die Regressionsgerade für die wirtschaftlich schwachen Län- der, dass nur jene wirtschaftlich rückständigen Staaten gegenüber ökonomisch hoch entwickelten Nationen aufholen können, die über die nötigen kulturellen Grundlagen in Form generalisierten Vertrauens verfügen. Anders ausgedrückt: Es ist ein bestimmtes Niveau an kulturellem Vertrauenskapital nötig, damit eine arme Volkswirtschaft ihr Entwicklungspotential gegenüber reicheren Ländern ausschöpfen kann. Umgekehrt deutet der nicht signifikante Koeffizient des zwischenmenschlichen Vertrauens darauf hin, dass diese Form kulturellen Sozialkapitals ab einem gewissen wirtschaftlichen Ent- wicklungsstand wieder an Bedeutung verliert.25 Hier nicht weiter ausgewiesene Analy- sen zeigen aber, dass für diese Staaten insbesondere das ökonomischen Ausgangsniveau und das Bevölkerungswachstum von besonderer Relevanz sind. Diese beiden Größen können in der Teilgruppe reicher Länder immerhin zwei Drittel der Unterschiede im Wirtschaftswachstum erklären. Dieser Befund deckt sich mit der These von Barro und Sala-i-Martin (1995: 27f.), wonach sich ein Catch-up-Effekt vor allem innerhalb einer relativ homogenen Ländergruppe einstellt (vgl. auch Obinger 2000, 2004).

25 Staaten mit einem durchschnittlich höheren wirtschaftlichen Ausgangsniveau weisen zwar ein höheres Ausmaß an Vertrauen auf, jedoch bleibt diese soziale Vermögensform in den Ländern überproportionaler Vertrauenswürdigkeit ohne Wirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung.

Während in der Gruppe der ärmeren Länder lediglich knapp 21 Prozent der Bevölkerung an- gibt, anderen Menschen zu vertrauen, beträgt dieser Anteil in der Gruppe der reicheren Staaten 37 Prozent. Dieser Unterschied ist statistisch hochsignifikant (p < 0,01).

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