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DDS. Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Bayern. Mai 2014

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der Gewerkschaft

Erziehung und Wissenschaft Landesverband Bayern

Mai 2014

DDS

Tarifrunde 2014

(2)

Tarifrunde 2014 3 »Bayern rockt!«

Die Tarifrunde in Franken: Vielfältig und wirkungsvoll von Björn Köhler

5 Aus dem Nürnberger Streiklokal:

So jung ist die GEW selten

von Erwin Denzler

6 Ein Aktionskomitee in Aktion

Tarifrunde 2014 in München von Günther Mitteregger

8 Aufbruchstimmung für Bildungsqualität und zunehmende Streikbereitschaft in Ingolstädter Kitas

von Wolfgang Nördlinger

9 Tarifrunde TVöD 2014 – kurz, aber erfolgreich

von Anton Salzbrunn und Erwin Saint Paul

11 Nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde ...

von Gottfried Koppold

12 Studium muss sich lohnen!

Vergesst die Kindheitspädagog*innen nicht

von Sabine Bachmeier, Nadine Guck, Katharina Huber, Julia Lex und Julia Welker

Was es sonst noch gibt

14 Was macht eigentlich der Personalrat?

von Andreas Hofmann

14 Warum die GEW im HPR wichtig ist

von Andreas Hofmann

16 »Erst wenn die Eintracht uns bewegt ...«

Notizen zur Landesvertreter*innenversammlung der GEW vom 20. bis 22. März 2014

von Otmar Eholzer

18 Rechter Durchmarsch in Europa?

Welche Folgen eine schwache Wahlbeteiligung haben kann von Robert Günthner

Rubriken 20 Leserbriefe 20 Dies & Das 22 Veranstaltungen

23 Glückwünsche und Dank 24 Kontakte

Ab __________ gilt folgende Änderung (meiner Adresse, Bankverbindung, Eingruppierung, Beschäftigungsart, Teilzeit, Erziehungsurlaub, Arbeitsstel- le, GEW-Funktion ...)

Bitte zurück an GEW Bayern, Schwanthalerstr. 64, 80336 München. Auch online möglich unter https://www.gew.de/Aenderungsmeldung.html Grundsatz aller Gewerkschaften: Wer weniger verdient, zahlt weniger Beitrag (wenn es uns mitgeteilt wird!). Wer unter dem satzungsgemäßen Beitrag liegt, verliert seinen gewerkschaftlichen Rechtsschutz!

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Redaktionsleiterin: Karin Just, Kidlerstr. 41, 81371 München  89-51 00 91 02

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Die DDS erscheint monatlich mit Ausnahme der Monate Januar und August.

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»Teile und herrsche!« –

sich auch Herr Dr. Thomas Böhle, Präsident der Vereinigung der Kom- munalen Arbeitgeberverbände Deutschlands (VKA), zu Beginn der Tarifverhandlungen wieder einmal versucht und sich dabei verhoben.

Er war sich wirklich nicht zu blöd, den geforderten Sockelbetrag von 100 Euro als kontraproduktiv zur Behebung des Fachkräftemangels zu bezeichnen. Denn: »Beim Fachkräftemangel reden wir naturge- mäß darüber, dass wir einen Mangel bei denjenigen haben, die in den höheren Einkommensgruppen angesiedelt sind.«, so Böhle (SZ vom 10.3.2014). Man glaubt, nicht richtig gelesen zu haben, und versucht es noch mal. Doch der Satz bleibt auch bei wiederholtem Lesen der gleiche.

Aber was denn nun? Die Stadt München, nur als Beispiel genommen – und damit Herr Dr. Böhle als deren Personalreferent –, argumen- tiert permanent, die Qualität frühkindlicher Bildung und Erziehung nicht halten, geschweige denn verbessern zu können, weil die dazu notwendigen Fachkräfte (!!!), sprich die Erzieher*innen fehlen. Es besteht also ein Mangel an ihnen. Seiner oben zitierten Aussage zufolge müssten Erzieher*innen also »naturgemäß« in den höheren Einkommensgruppen angesiedelt sein. Die Betroffenen sind verdutzt, denn davon haben sie noch nichts gemerkt. Sind es doch gerade sie, die auf die soziale Komponente eines Sockelbetrages bei Tarif- verhandlungen immer wieder drängen, weil ihr Gehalt zum Leben kaum reicht, ganz zu schweigen davon, dass sie darin ihre fachliche Qualifikation durch eine jahrelange Berufsausbildung gewürdigt sehen können. Böhles Versuch, die besser verdienenden Angestellten gegen diejenigen auszuspielen, die auf einen Sockelbetrag ange- wiesen sind, ist skandalös. Er zeugt entweder von einem unsäglich elitären Standpunkt oder von atemberaubender Ignoranz hinsichtlich der realen Lebensverhältnisse vieler kommunaler Beschäftigter, darunter eben auch der Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen.

Dem sei abschließend eine Frage des bayerischen DGB-Vorsitzenden Matthias Jena, die er auf der Landesvertreter*innenversammlung (LVV) der GEW gestellt hat, entgegengehalten: »Warum zahlen wir eigentlich den Menschen, denen wir unser Geld anvertrauen, so viel mehr als denjenigen, denen wir unsere Kinder

anvertrauen?« Eine gute Frage!

Karin Just

Die Delegierten der LVV antworteten Herrn Dr. Böhle mit einer Protest- kundgebung vor dem Sitz des KAV Bayern.

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Schon lange vor Beginn der eigentli- chen Tarifverhandlungen begannen viele haupt- und ehrenamtliche Kolleg*innen der GEW Bayern mit den Vorbereitungen:

In der Landesfachgruppe Sozialpädagogi- sche Berufe und der Landestarifkommis- sion wurden die Forderungen diskutiert, die vorab mit den Mitgliedern (z. B. in München auf einer tarifpolitischen Kon- ferenz) besprochen wurden. Auch vor Ort in Franken gab es immer wieder kleinere GEW-Gruppen, die sich mit der Tarifrun- de befassten. Dabei zeigte sich auch, dass die GEW als Organisation stark auf die Ar- beit der ehrenamtlichen Kolleg*innen an- gewiesen ist und nur so eine aktive und wirkungsvolle Tarifarbeit geleistet werden kann. Hier sind einige GEW-Betriebsgrup- pen zu nennen, die schon lange vorab dis- kutierten, wie sie ihre Kolleg*innen über die Tarifrunde informieren und sie vom Mitmachen überzeugen können. Einen großen organisatorischen Beitrag leiste- ten auch einige Kolleg*innen der Fach- gruppe Sozialpädagogische Berufe aus Nürnberg. Sie telefonierten zunächst ei- nen Großteil der betroffenen Mitglieder aus Nürnberg und Umgebung ab, infor- mierten so über die anstehende Tarifrun- de und halfen, die erfassten Daten zu kor- rigieren, damit alle schnell und umfassend

informiert und mobilisiert werden konn- ten. Auch wenn die Kolleg*innen das Ge- fühl hatten, dass sich viele GEW-Mitglie- der nicht sehr für die Tarifrunde 2014 im Vorfeld interessierten, bin ich mir sicher, dass diese Aktion und die dabei geführten Gespräche und Diskussionen einen wich- tigen Teil zur Mobilisierung an den Streik- tagen beigetragen haben!

Auftakt: Geldbeutelwaschen

Richtig los ging es an Aschermitt- woch: Kurzfristig organisierten einige GEWler*innen aus dem Bereich der be- ruflichen Schulen in Nürnberg eine Auf- taktaktion, um ihre Kolleginnen und Kol- legen und die Öffentlichkeit auf die Tarif-

verhandlungen und die berechtigten An- liegen des Öffentlichen Dienstes hinzu- weisen. Vom Hauptmarkt aus ging es in einer kurzen Demo zur Pegnitz, wo die Geldbeutel gewaschen wurden, um zu zeigen: Da muss mehr Geld rein! Das gro- ße Transparent mit der Aufschrift »Wir fordern Anerkennung!« sorgte für viel Aufsehen. Etliche Passant*innen blieben stehen, diskutierten mit und nahmen sich Infomaterial. Anschließend trafen sich die Kolleg*innen noch in einem Cafe, um zu besprechen, wie sie ihre Kolleg*innen an den Nürnberger Schulen erreichen und einbinden könnten.

Auch in den Betrieben war auf vielen Betriebs- und Personalversammlungen die Tarifrunde im Vorfeld Thema, sodass

»Bayern rockt!«

Die Tarifrunde in Franken: vielfältig und wirkungsvoll!

Wie hier in München sorgten GEW-Kolleg*innen

auch in Franken für gute Stimmung während der Tarifrunde

Auf der Fleischbrücke in Nürnberg beim Geldbeutelwaschen

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bereits viele Kolleg*innen über die Forde- rungen und Möglichkeiten dieser Tarifver- handlungen Bescheid wussten. Ergänzt wurden diese Informationen durch eine Fax- und E-Mail-Kampagne im Kita-Be- reich: Einige Kolleg*innen in Bayern ent- wickelten die Idee, die Beschäftigten in möglichst vielen Kitas mit witzigen Karika- turen über den Kita-Alltag an die Tarifrun- de zu erinnern und zu informieren. Diese Idee kam sehr gut an! Bald übernahmen andere GEW-Landesverbände diese Idee und der Hauptvorstand übernahm die Ko- ordination. Innerhalb eines Zeitraumes von acht Wochen wurden allein in Bayern rund 3.000 Einrichtungen erreicht. Die an- sprechenden Faxe und Mails (siehe www.

gew.de/kita) sorgten sowohl unter den Kolleg*innen, als auch mit Leitungen und Eltern für viel Diskussion.

Arbeitgeber provozieren Zorn

Am 14. März schließlich begannen die Verhandlungen mit einem Pauken- schlag: Die Arbeitgeber erklärten, die Forderungen von GEW und ver.di seien absolut maßlos und könnten keine Ge- sprächsgrundlage sein. Und das, nach- dem sich die Politiker*innen im Bundes- tag mal eben die Bezüge um 10 % erhöht hatten. Dies sorgte für viel Unmut bei den Kolleg*innen, der sich auch direkt zeigte:

Die GEW-Betriebsgruppe beim Blinden- institut in Rückersdorf organisierten eine Wandzeitung, auf der alle Beschäftigten ihre Meinung kundtun konnten. Dabei entspannen sich rege Diskussionen mit klaren Worten: »Am Arsch!«, kommen- tierte eine Kollegin die Worte des Ver- handlungsführers für den Bund.

Auch in vielen Betrieben, die nicht di- rekt zum TVöD gehören, war die Tarifrun- de präsent. So beteiligten sich in Nürn- berg z. B. auch Kolleg*innen des Huma- nistischen Verbandes, dessen mittlerwei-

le unterschriebener Haustarifvertrag sie eng an den öffentlichen Dienst anbindet, an den Aktionen. In Erlangen zeigten sich aktive GEWler*innen aus AWO und Le- benshilfe, denn der TVöD setzt auch Maß- stäbe für ihre Gehälter. Bei der Lebenshil- fe stehen im Herbst dazu Tarifverhandlun- gen von GEW und ver.di an.

Die Kolleg*innen von GEW und ver.di bei der Lebenshilfe Kronach schickten so- lidarische Grüße an unsere Verhandler in Berlin, um zu zeigen, wie wichtig ihnen ihr Haustarifvertrag mit TVöD-Anbindung ist.

Der erste »echte« Warnstreiktag in Bayern fiel am 19.03. in Nordbay- ern für die GEW eher klein aus, was da- ran lag, dass in Nürnberg der Sozial- und Erziehungsdienst noch nicht aufgerufen war. In München beteiligten sich unsere Kolleg*innen in großer Zahl und setzten damit Maßstäbe für künftige Streikaktio- nen. Auch in Fürth und Erlangen beteilig- ten sich viele Kolleg*innen aus den städti- schen Kitas und dem Jugendamt und die nicht streikberechtigten Kolleg*innen der Fürther Feuerwehr zeigten eindrucksvoll ihre Solidarität und machten den Strei- kenden Mut.

Ein Höhepunkt war sicher auch die GEW-Aktion am 21.03. Kurzentschlossen belagerten rund 200 Kolleg*innen aus ganz Bayern das Büro des KAV, der für die bayerischen Kommunen die Verhandlun- gen führt, und zeigten so, dass sie bereit sind, für einen ordentlichen Abschluss

auch länger zu kämpfen, falls dies not- wendig werden sollte.

Sehr viele Warnstreikende

All diese kleinen und großen Aktionen gipfelten schließlich am 26.03. in einem furiosen Warnstreiktag, der – eingebet- tet in die Aktionen in anderen Bundeslän- dern – die Arbeitgeber sicher beeindruck- te. Allein in Nürnberg kamen rund 8.500 Streikende zusammen, davon viele hun- dert GEW-Kolleg*innen aus ganz Nord- bayern. Aus Nürnberg beteiligten sich erstmals eine deutliche Zahl angestell- ter Lehrkräfte und Kolleg*innen aus dem BBW und der Lebenshilfe zusammen mit Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und Sozialarbeiter*innen an den Ausständen.

Aus Aschaffenburg, Erlangen und Schwa- bach reisten GEW-Teams an. Erstmals trauten sich auch Beschäftigte aus der Lebenshilfe Nürnberger Land zu streiken und die Ingolstädter Kolleg*innen kamen sogar mit einem eigenen GEW-Bus. Mit einer so großen Beteiligung hatten wir im Vorfeld nicht gerechnet, die Logistik im Streiklokal im Gewerkschaftshaus kam

an ihre Grenzen: Mehrfach mussten Bre- zen und Getränke neu besorgt werden, die Mitgliedsanträge gingen zeitweilig aus und die Streiklisten füllten sich rasch. So- gar einige Schulklassen kamen mit ihren (verbeamteten) Lehrkräften vorbei, um sich im Rahmen einer Exkursion über das

Erlanger Kolleginnen und Kollegen bereit für den Warnstreik ... ... und mit dem Strike-Bike unterwegs. Fotos: Anna Meyer

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Thema Tarifverhandlungen und Streik zu informieren. Eine junge Kollegin fass- te den Tag treffend zusammen: »Bayern rockt!«, sagte sie mit Blick auf die unzäh- ligen Fahnen bei der Streikkundgebung.

Man kann sicher sagen, dass diese Warnstreikwelle dann zum Durchbruch führte: In der nächsten Verhandlungsrun- de knickten die Arbeitgeber ein und der bekannte Abschluss kam zustande. Be- merkenswert ist die soziale Komponen- te von mindestens 90 Euro. In den ver- gangenen Jahren war für die Arbeitge- ber jegliche Forderung nach einer sozia- len Komponente schlicht vom Teufel und

angeblich in den unteren Lohngruppen zu teuer. Ich glaube, dass ohne die mas- siven und breiten Aktionen auch aus Bay- ern hier kein Erfolg erzielt worden wäre.

Auch die Eintrittszahlen in die GEW zei- gen, dass den Menschen im öffentlichen Dienst eine gute Bezahlung und faire Ar- beitsbedingungen wichtig sind.

Daran wollen und müssen wir alle weiter gemeinsam arbeiten! Die nächs- te Gelegenheit bietet sich schon bald:

Anfang 2015 werden die Eingruppie- rungsmerkmale zum Sozial- und Erzie- hungsdienst künd- und verhandelbar.

Dann ist es an der Zeit, die alten Merk-

male der aktuellen Situation und den ver- änderten Arbeitsbedingungen anzupas- sen und so eine deutliche Aufwertung der Sozialberufe zu erreichen. Dazu müssen wir alle anpacken, denn auch hier wer- den die Arbeitgeber nicht für Argumente offen sein, sondern wieder schauen, wie viele Kolleg*innen sich aktiv beteiligen!

Nürnberg, 26. März 2014, Gewerk- schaftshaus: Heute ist die zentrale Kundge- bung für Nordbayern vor dem DGB-Haus.

GEW und ver.di haben in allen Kommunen zum Warnstreik aufgerufen. Ich bin ab 7.00 Uhr im siebten Stock des Gewerkschaftshau- ses und organisiere gemeinsam mit einigen ehrenamtlichen Kolleg*innen das Streiklo- kal. Bin gespannt, wie viele kommen.

Und es kommen viele – insgesamt über 8.000. Zum Glück nicht alle in unser eher klei- nes Streiklokal. Die Streikteilnehmer*innen kommen mit Bussen und Zügen und mit der U-Bahn nach Nürnberg zum Kornmarkt. Vie- le haben sich schon unterwegs in die Streik- listen eingetragen, aber immer, wenn ein Zug ankommt, wird’s voll bei uns. Und was mir als 53-Jährigem auffällt: Es sind meistens junge Frauen. »Lauter alte Männer«, meinte mal eine Kollegin bei einer Sitzung der Landesta- rifkommission, aber beim Warnstreik ist es anders. Da es vor allem um kommunale Be- schäftigte geht, kommen nicht die im Dienst ergrauten Oberstudienräte, sondern Erzie- herinnen, Kinderpflegerinnen, Sozialpäda- goginnen, Heilpädagoginnen – hier bewusst ohne das Gender-Sternchen, weil es eben meistens Frauen sind. Ja, einige angestellte Lehrer von kommunalen Schulen auch.

So ganz verstanden hat die Gewerk- schaftsbürokratie nicht jede*r. Ich muss mancher Kollegin sagen, dass sie leider noch mal die sieben Stockwerke runter muss, weil für sie das ver.di-Streiklokal zuständig ist, und umgekehrt ergeht es den ver.di-Kolleg*innen in ihrem Streikbüro ebenso. Aber das klappt

auch und tut der guten Stimmung keinen Abbruch. Streiken macht Spass, hab‘ ich den Eindruck. Und das ist auch gut so. Wenn man selbst dazu beitragen kann, die Arbeitsbe- dingungen zu verbessern, ist das ein Grund zur Freude. Und es war ja auch erfolgreich.

Besonders für die jungen Kolleg*innen im Sozial- und Erziehungsdienst, denen der Mindestbetrag von 90 Euro mehr bringt als eine Erhöhung um 3 Prozent.

Und noch jünger und weiblicher wurde es im Streiklokal, weil ein Lehrer-Kollege von der Fachakademie für Sozialpädagogik eine gute Idee hatte: Die Schülerinnen (liebe Re- daktion, hier kein * einfügen) dürfen zwar nicht streiken, weil sie noch keine Arbeitneh- merinnen sind. Aber es geht auch um ihre künftigen Arbeitsbe-

dingungen. Eine gute Gelegenheit, den Un- terricht mit der Praxis zu verbinden. Es wur- de zwar etwas eng im Streiklokal, aber wir konnten den Schüle- rinnen im Rahmen ih- res Unterrichtsgangs recht gut vermitteln:

Gehälter und Arbeits- bedingungen sind nicht gottgegeben, sie werden in Arbeits- kämpfen von den Be- schäftigten selbst durchgesetzt. Noch direkter lässt sich

»Mitwirkung in der Demokratie« kaum ver- mitteln. Das sollten Sozialkundelehrer*innen auch sonst öfter machen.

»Lauter alte Männer« – in den GEW-Gre- mien leider zu oft. Beim Warnstreik war es ganz anders. Liebe junge Frauen in der GEW:

Es war prima, wie Ihr Euch in der Tarifrunde engagiert habt. Aber wir brauchen Euch auch in den Tarifkommissionen, in den Fachgrup- pen, in den Kreisvorständen ganz dringend.

Das ist zwar manchmal etwas langweiliger, aber es geht dabei auch darum, welche Ar- beitsbedingungen die GEW für Euch durch- setzen kann. Wir müssen wissen, was Ihr wollt.

von Erwin Denzler Gewerkschaftssekretär

Aus dem Nürnberger Streiklokal: So jung ist die GEW selten

Foto: Eddi Taubert Solidarisch: Kolleg*innen derLebenshilfe Kronach. Foto: B. Köhler Kolleg*innen des Blindeninstituts Rückersdorf.

von Björn Köhler

Leiter des Sozialpädagogischen Büros der GEW Bayern

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In München beginnt eine neue Tarif- runde für die bei den Kommunen (und beim Bund) beschäftigten Kolleg*innen, die üblicherweise in der Fachgruppe so- zialpädagogische Berufe vorbereitet wird. Denn in deren Zuständigkeit arbei- tet vor Ort der überwiegende Anteil der davon betroffenen Mitglieder. So war es auch bei dieser Tarifrunde. Schon im Herbst 2013 wurde dort ein erster gro- ber Zeitrahmen und Ablaufplan erörtert.

Der sah für Dezember eine Regionalkon- ferenz für den Raum München und die umliegenden Landkreise vor. Diese konn- ten wir allerdings erst Anfang Januar 2014 durchführen.

Ziel dieser Regionalkonferenz war herauszufinden, welche Vorstellungen die Kolleg*innen zur Tarifrunde haben.

Über die daraus resultierenden Tariffor- derungen sollte dann auf regionaler Ebe-

ne diskutiert werden. Die in diesem Rah- men erarbeiteten Forderungsvorschläge für die Tarifrunde wurden anschließend über die Landestarifkommission an den Landesverband weitergereicht. Denn der Landesvorstand der GEW Bayern hat da- rüber zu entscheiden, welche Forderung die GEW Bayern in die Bundestarifkom- mission einbringt.

Gleichzeitig gründete sich ein Akti- onskomitee für den Stadtverband Mün- chen, das als erstes die Kolleg*innen aus den Einrichtungen um Mitarbeit bat. In den folgenden Wochen traf sich das Aktionskomitee regelmäßig in weit- gehend identischer Zusammensetzung:

Kolleg*innen aus den Bereichen sozi- alpädagogische Berufe und angestell- te Lehrkräfte an kommunalen Schulen.

Von den Letzteren waren immerhin rund 5.000 in Bayern betroffen und wir waren

Ein Aktionskomitee in Aktion

Oder: Wie man eine Tarifrunde organisiert

sehr erfreut darüber, dass sich deren Vertreter*innen tatkräftig in die Arbeit des Aktionskomitees einbrachten. Sie übernahmen u. a. auch die laufende In- formation der Kolleg*innen in den Schu- len. Zudem galt es, sowohl bei Mitglie- dern als auch Nichtmitgliedern der GEW für Verständnis und aktives Mitmachen zu werben. Inhaltlich ging es weiterhin um Überlegungen zur Umsetzung der Ta- rifauseinandersetzung in München, um mögliche Aktionen und die Streikvorbe- reitung.

Warnstreik macht viel Arbeit

Im Februar konkretisierten sich die einzelnen Planungen. Das Streikbüro wurde organisiert und personell besetzt.

Eine Übersicht der Betriebe, die auch durch die GEW zum Warnstreik aufgeru-

Münchner Kolleg*innen von GEW und ver.di sammeln sich am ersten Warnstreiktag, um das Referat für

Bildung und Sport zu umzingeln. Fotos: Michael Joschko und Michaela Grandy (unten rechts vom Landratsamt). Weitere Fotos aus München gibt es auf den Seiten 9 bis 13.

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fen werden sollten, war zu erstellen und notwendige Absprachen mit ver. di über Streikablauf und -inhalt bei gemeinsa- men Warnstreiks erfolgten. Auch die Vorbereitungen für die geplante Aktion am Nockherberg zum Starkbieranstich liefen an.

Unterstützend zu diesen Vorberei- tungen referierte Anton Salzbrunn im März bei einer Personalversammlung der Münchner Volkshochschule zur aktu- ellen Tarifrunde.

Am arbeitsintensivsten gestalteten sich natürlich die Warnstreiktage selbst.

Streikteilnehmer*innen sind in den Streiklisten zu erfassen. Streikfrühstück muss organisiert werden, ebenso die Aufnahme neuer Mitglieder und die Aus- gabe der notwendigen Streikutensilien und -materialien durch ehrenamtliche und freiwillige Mitglieder des Stadtver- bandes. Mit Unterstützung der Beschäf- tigten der Landesgeschäftsstelle und un- seres Teilzeit-Streikbüroleiters gelang dies reibungslos.

Erfreulich hohe Teilnahme

Am ersten Warnstreiktag nahmen mehrere hundert GEW-Mitglieder an

Demo und Kundgebung teil. Auch am abendlichen »Tarifator«-Anstich auf dem Nockherberg mit eigenem Gstanzlsingen und Musikbegleitung beteiligten sich etwa doppelt so viele Kolleg*innen wie im letzten Jahr. (Zum Nachlesen und An- hören des Streik-Gstanzls: https://www.

gew-muenchen.de/aktive/aktvoed/aktu- elles/)

Es geht weiter ... immer weiter

Nachdem nun die aktuelle Tarifrun- de abgeschlossen ist, wird sich das Ak- tionskomitee nach einem abschließen- den Treffen vorerst auch wieder auflö- sen.

Die Sitzungen der Fachgruppe sozi- alpädagogische Berufe in München fin- den auch nach der Tarifauseinanderset- zung statt, haben jetzt aber auch wie- der andere Themen zum Inhalt. Aller- dings steht mit der voraussichtlichen Kündigung der Entgeltordnung im So- zial- und Erziehungsdienst zum Jahres- ende zumindest für die davon Betrof- fenen die nächste Tarifauseinanderset- zung bereits jetzt auf dem Programm.

Wahrscheinlich im gleichen Zeitraum

läuft dann auch die nächste Tarifrunde für die Landesbeschäftigten an.

Die Mitarbeiter*innen des Aktionsko- mitees in München wünschen sich nach dieser Runde, dass sich möglichst viele Kolleg*innen aus vielen verschiedenen Einrichtungen an den zukünftigen Vorbe- reitungen beteiligen. Nur so können wir unsere durchaus vorhandene Stärke den Arbeitgebern gegenüber auch ausspie- len. Wir werden die Tarifauseinanderset- zungen in München auch künftig vorran- gig ehrenamtlich, das heißt neben unse- rer eigentlichen beruflichen Tätigkeit, or- ganisieren müssen. Je mehr Kolleginnen und Kollegen dabei mitmachen, desto besser wird dann auch das Ergebnis.

Allen Kolleg*innen des Aktionskomi- tees und darüber hinaus auch allen an- deren in der Tarifrunde Aktiven – eh- renamtlich oder hauptamtlich – sei hier noch einmal herzlicher Dank für die Un- terstützung und die geleistete Arbeit ausgesprochen.

Münchner Kolleg*innen von GEW und ver.di sammeln sich am ersten Warnstreiktag, um das Referat für

Bildung und Sport zu umzingeln. Fotos: Michael Joschko und Michaela Grandy (unten rechts vom Landratsamt). Weitere Fotos aus München gibt es auf den Seiten 9 bis 13.

von Günther Mitteregger Sozialpädagoge Mitglied des Landesvor- standes der GEW Bayern

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Rund 50 pädagogische Fachkräfte aus Ingolstädter Krippen, Kindergärten und Horten trafen sich Mitte Februar im In- golstädter Gewerkschaftshaus. Die per- sonellen Engpässe, bedingt durch Krank- heit und völlig unzureichende Personal- ausstattung und -bemessung, belasten das Personal in zunehmendem Maße. Ur- sachen für diese Missstände sind die Vor- gaben des Bayerischen Kinderbildungs- gesetzes (BayKiBiG). Defizitäre Finan- zierung, unzureichender Ersatz bei Per- sonalausfall und Erbsenzählerei beim Personalschlüssel durch die schlechte Erzieher*innen-Kind-Relation von 1:10 hindern die Erzieher*innen, Leiter*innen und Kinderpfleger*innen daran, die Bil- dungsarbeit in den Kitas in der erforder- lichen Qualität zu leisten. Es reicht nach einhelliger Ansicht der Anwesenden und der GEW nicht aus, nur den quantitativen Ausbau der Kitas in Ingolstadt voranzu- treiben. Eine deutlich spürbare Erhöhung der Qualität ist nur durch die dazu erfor- derlichen Rahmenbedingungen zu schaf- fen. »Gerade in der ›Boomtown‹ Ingol- stadt muss es doch möglich sein, die er- forderlichen finanziellen Mittel für eine qualitativ hochwertige Bildungsarbeit im Elementarbereich und den Horten bereit- zustellen«, so Manfred Lindner, Kreisvor- sitzender der GEW. Als Vertreter der Fach- gruppe sozialpädagogische Berufe stellte ich die alternativen Vorstellungen der Ge- werkschaft zur Qualität in den Bildungs- einrichtungen vor. Diese verlangen zwin- gend einen deutlich höheren Personal- schlüssel zwingend zum Verhältnis der Kinder. Auch bei Personalausfall wie Fort- bildung und Krankheit müssen nach den Vorstellungen der GEW sofort gleich aus- gebildete pädagogische Fachkräfte zur Verfügung stehen. Durch den jahrelang vom Sozialministerium geleugneten Per- sonalmangel trotz gesetzlichen Anspruchs auf einen Krippen- und Kindergarten- platz wird es nicht nur für die Stadt Ingol- stadt, sondern generell äußerst schwierig,

das erforderliche Personal selbst für den

»Normalbetrieb« bei schlechter Perso- nalausstattung zu bekommen. Der Ingol- städter »Personalverschiebebahnhof« in den Kitas funktioniert nach Meinung der Leidtragenden daher nur äußerst man- gelhaft, reißt neue Personallücken in den abgebenden Einrichtungen, verhindert Kontinuität und belastet das Personal zu- sätzlich. Dazu kommt noch der Druck bil- dungsbewusster Eltern auf das Personal, trotz unzureichender Ressourcen opti- male Bildungs-und Erziehungsarbeit leis- ten zu müssen. Gegen diesen permanen- ten Druck wollen die Pädagog*innen Wi- derstand leisten. Daher sind weitere Tref- fen geplant, um Strategien für bessere Ar- beitsbedingungen, Einbeziehung der El- tern in die Qualitätsdebatte und die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu ent- wickeln. Ein Treffen fand im März im Ge- werkschaftshaus statt. Diskutiert wurden dabei Rechte am Arbeitsplatz, um die Be- schäftigten zu ermutigen, diese meist un- bekannten Rechte einzufordern, sich für die bevorstehenden Personalratswahlen aufstellen zu lassen und sich gegen die ständige Überlastung zur Wehr zu set- zen. Bei einem weiteren Treffen referierte ich als Tarifbeauftragter des GEW-Bezirks- verbands Oberbayern über die Tarifrunde 2014 sowie die Ergebnisse und ich mobili- sierte bereits da für die besonders wichti- ge Entgeltrunde EGO 2015, bei der es um eine Neuverhandlung und Neuausrich- tung der Entgeltordnung im Sozial- und Erziehungsdienst geht.*

Passend zu dieser Aufbruchstimmung kamen die Aufforderungen zu den bei- den Warnstreikaktionen in Ingolstadt und Nürnberg zusammen mit ver. di. Es gelang bei den Warnstreiks am 19.3.2014 durch Teilnahme der beschäftigten Mitglieder und Noch-Nicht-Mitglieder, alle Ingolstäd- ter Kitas und auch einige im benachbar- ten Landkreis Pfaffenhofen zu schließen.

Auch füllten streikbereite Pädagog*innen einen kompletten Bus und fuhren nach Nürnberg zur zentralen Kundgebung für Nordbayern. Darüber hinaus bildeten sich auch privat weitere Fahrgemeinschaften dorthin.

Ursache für die Streikbereitschaft und das wachsende Engagement, sich für Bil- dung und Erziehung mit Qualität einzu- setzen, sind der ständig wachsende Lei- densdruck und die Erkenntnis, dass wir es selbst in die Hand nehmen müssen, um unsere Arbeitsbedingungen und unsere Einkommen zu verbessern.

Die Streikaktionen der vergangenen Jahre und dieses Jahres sowie die kontinu- ierliche Betreuung und Organisation der Streiks durch die GEW haben dazu bei- getragen, die Kolleg*innen zusammenzu- schweißen und ein starkes Wir-Gefühl zu vermitteln. Gemeinsam sind wir stärker – nur gemeinsam können wir es schaffen!

Das nächste Treffen der Ingolstädter Ki- ta-Beschäftigten ist bereits geplant. The- men sind: Rechte am Arbeitsplatz und die

Möglichkeit der Überlas- tungsanzeige.

Aufbruchstimmung für Bildungsqualität und zunehmende Streikbereitschaft in Ingolstädter

Kitas

* Ausführliche Infos dazu auf der Webseite www.erzieherin.de in einem Artikel des Referenten für Jugendhilfe beim Hauptvorstand Bernhard Eibeck mit dem vielsagenden Titel: »Qualität hat ihren Preis«. Die Essentials dieses Artikels habe ich in einer Präsentation zusammengefasst, sie sind bei mir erhältlich.

von Wolfgang Nördlinger

Fachgruppe

Sozialpädagogische Berufe

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Auch in der Tarifrunde 2014 haben die Beschäftigten im Sozial- und Erzie- hungsdienst – besonders aus den Kitas – wieder mit ihrer großen Beteiligung zum Erfolg beigetragen. Was vor noch gar nicht langer Zeit undenkbar schien, ist zur Realität geworden. Wenn’s um Arbeitsbedingungen und eine bessere, der Qualifikation angemessene Bezah- lung geht, werden sie sich immer mehr ihrer Kampfkraft bewusst und sind zu- nehmend bereit, sich an Streiks zu betei- ligen.

Der gesellschaftliche Bedarf an aus- reichenden Betreuungsplätzen und der damit einhergehende Fachkräfteman- gel in diesem Bereich macht es den Kolleg*innen dort immer bewusster: Wir sind mehr wert!

Warnstreiks waren die richtige Antwort

Nachdem auch in der zweiten Ver- handlungsrunde die Vertreter*innen von Bund und VKA (Verband kommunaler Ar- beitgeber) kein Angebot auf den Tisch legten, gaben die Kolleg*innen mit der zweiten Warnstreikwelle vor der dritten Verhandlungsrunde auf diese Blocka- dehaltung die passende Antwort. Dem Vorwurf der Maßlosigkeit ihrer Forde- rungen, den u. a. Innenminister De Mai- zière erhob, wurde u. a. die Maßlosig- keit bei den Mietpreissteigerungen ent- gegengehalten. Ebenso erzürnt wie-

sen viele Streikende darauf hin, dass sie es für einen Skandal halten, wenn sich Politiker*innen im Bundestag selbst die Diäten um zehn Prozent anheben und das scheinbar als angemessen betrach- ten und die gleichen Politiker*innen eine dagegen eher bescheidene Forderung der Gewerkschaften GEW und ver.di als absolut unrealistisch diffamieren.

Die Wertschätzung der Arbeit von Kinderpfleger*innen, Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen in TV-Runden und Sonntagsreden zu betonen, wie es alle Politiker*innen gerne tun, steht im Wi- derspruch zum Verhalten der meisten von ihnen im Bundestag, wenn sie z. B., wie geschehen, einen Antrag ablehnen, der die 1:1-Übernahme der Tarifforde- rungen zum Ziel hat.

Wie sieht das Ergebnis aus?

Mit einer Tariflohnerhöhung von 3,3 Prozent jedoch mindestens 90 Euro, steigt das Gehalt 2014 im Organisa- tionsbereich der GEW besonders bei Kinderpfleger*innen und Erzieher*innen deutlich an. Teilweise sind es über 5 Pro- zent. Auch der Urlaubsanspruch von 30 Tagen gilt ab sofort für alle Beschäftig- ten im Bereich des TVöD. Ebenso wird die Vergütung für Auszubildende und Praktikant*innen deutlich angehoben. Al- lerdings konnten für diese die 30 Urlaubs- tage nicht durchgesetzt werden, aber sie steigen auf 28 Tage. So weit so gut.

Bei der Laufzeit allerdings, die für ein Jahr angestrebt war, konnten sich GEW und ver. di nicht durchsetzen. Vielmehr wurde die Lohnerhöhung, die ab dem 1. März 2015 gültig wird, auch gleich mit vereinbart.

Isoliert betrachtet liegt die Erhöhung der Tabellenentgelte um 2,4 Prozent da- mit nur knapp über der aktuellen Infla- tionsrate. Für die unteren Einkommen und die Kolleg*innen in Ballungsräumen wie München bedeutet dies wahrschein- lich für 2015, dass nur ein Reallohnver- lust verhindert wird. Das wurde auch in der Bundestarifkommission, besonders bei den bayerischen Mitgliedern, kritisch diskutkert. Dennoch war sich die Bun- destarifkommission einig, dass ohne ei- nen Erzwingungsstreik nicht mehr drin gewesen ist. Auch bei ver.di wurde dies wohl ähnlich eingeschätzt.

Als Erfolg werteten beide Gewerk- schaften, dass mit der Mindesterhö- hung von 90 Euro erstmals seit Langem nicht nur eine pauschale Lohnerhöhung durchgesetzt werden konnte, sondern damit vor allem die Entgelte in den un- teren Lohngruppen deutlich angehoben wurden. Das ist ein Fortschritt, der nicht unterschätzt werden darf. Und dieser wurde nur erzielt, weil sich auch 2014 wieder viele Kolleg*innen für ihre For- derung nach einer deutlichen Lohnerhö- hung stark machten und sich nicht von den Argumenten der Arbeitgeber ein- schüchtern ließen.

Tarifrunde TVöD 2014 –

kurz, aber erfolgreich

von Wolfgang Nördlinger

Fachgruppe

Sozialpädagogische Berufe

Besonders Beschäftigte in unteren Lohngruppen erhalten deutlich mehr

(10)

In einem Online-Kommentar an eine große nordbayerische Zeitung meinte ein Leser, dass es doch besser wäre, mit- einander zu reden, anstatt zu streiken.

Die Streikenden bei GEW und ver.di ha- ben da eine andere Erfahrung. Kollektiv betteln bringt im öffentlichen Dienst viel- leicht ein paar Almosen, und das auch nur, wenn Wahlen anstehen. Tarif- und damit auch sozialpolitische Erfolge las- sen sich nur mit der Kampfkraft der Ge- werkschaften durchsetzen.

Nebenbei: Die GEW ist auch in die- ser Tarifrunde wieder größer geworden, auch in Bayern. »Deshalb geben wir sehr gerne Geld für Streikgelder und die Orga- nisation der Tarifrunde aus«, meint der Landesschatzmeister Erwin Saint Paul.

von Anton Salzbrunn

Stellvertretender Vorsitzender der GEW Bayern

Hier noch beispielhaft einige Tarifergebnisse. Ein Faltblatt mit einer Übersicht über alle Entgeltstufen gibt es demnächst in der Landesgeschäftsstelle.

Kinderpfleger*in – S 3

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

bis 28.02.14 1.905,46 2.134,12 2.286,54 2.438,98 2.482,54 2.526,10 ab 01.03.14 1.995,46 2.224,12 2.376,54 2.528,98 2.572,54 2.616,10 ab 01.03.15 2.043,35 2.277,50 2.433,58 2.589,68 2.634,28 2.678,89 Erzieher*in – S 6

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

bis 28.02.14 2.221,21 2.438,98 2.613,20 2.787,40 2.945,28 3.118,42 ab 01.03.14 2.311,21 2.528,98 2.703,20 2.877,40 3.035,28 3.211,97 ab 01.03.15 2.366,68 2.589,68 2.768,08 2.946,46 3.108,13 3.289,06 Leiter*in Kita (ab 70 Plätze) – S 13

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

bis 28.02.14 2.722,08 2.939,84 3.212,06 3.429,81 3.702,03 3.838,12 ab 01.03.14 2.812,08 3.029,84 3.308,42 3.532,70 3.813,09 3.953,26 ab 01.03.15 2.879,57 3.102,56 3.387,82 3.617,48 3.904,60 4.048,14 Sozialarbeiter*in, Sozialpädagog*in – S 11

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

bis 28.02.14 2.353,28 2.660,22 2.793,24 3.120,65 3.376,44 3.529,91 ab 01.03.14 2.594,32 2.920,97 3.062,51 3.420,57 3.700,94 3.869,16 ab 01.03.15 2.656,58 2.991,07 3.136,01 3.502,66 3.789,76 3.962,02

(11)

Nach der Tarifrunde

ist vor der Tarifrunde ...

Im Januar 2015 beginnen die Tarifver- handlungen für eine grundlegende Re- form der Entgeltordnung (EGO) für den Sozial- und Erziehungsdienst.

In mehreren internen Tagungen hat die GEW die Diskussion über neue Tätig- keitsmerkmale begonnen. Dabei stehen insbesondere folgende Fragen im Vorder- grund:

n Wie kann man die Realität in den Ein- richtungen in tarifrechtlichen Normen abbilden?

n Welche Kriterien soll es für die Ein- gruppierung von Kita-Leitungen ge- ben?

n Sollen weitere berufliche Qualifikatio- nen, Tätigkeiten und Funktionen in die Entgeltordnung aufgenommen wer- den (z. B. Fachberatung, Bachelor/

Master-Kindheitspädagog*innen)?

n Braucht man eine Stufung in »nor- male« und »schwierige« Tätigkeiten?

Brauchen wir neue/andere Heraushe- bungsmerkmale?

n Wie spiegelt sich das »multiprofessi- onelle Team« in der Entgeltordnung wider?

Dazu kommen grundsätzliche Fragen zur Bewertung der Erziehungs- und Bil- dungsarbeit:

n Was ist der Wert der Arbeit von Erzieher*innen?

n In welcher Relation steht die Arbeit von Erzieher*innen zur Arbeit von Grundschullehrer*innen? Kann man die Gehälter ohne weitere Verände- rungen angleichen? (Unterschied der- zeit ca. 700 EUR/Monat brutto) n Wie erreichen wir eine generelle Auf-

wertung des Sozial- und Erziehungs- dienstes?

In diesen Verhandlungen wird sich zeigen, was die Bekenntnisse der Politi- ker*innen fast aller Parteien wert sind, die sich – wie auf dem Gewerkschafts- tag in Düsseldorf – für eine höhere An- erkennung und bessere Bezahlung der Kolleg*innen im Sozial- und Erziehungs- dienst aussprechen. Bei dieser anstehen- den Verhandlungsrunde sind eben nicht nur die Tarifparteien gefordert, sondern in mindestens gleichem Maße die Poli- tik, denn: Solange Bund und Länder ihre Kostenerstattungen weiter auf niedrigem Niveau halten, können sich die Arbeitge-

ber auf mangelnde finanzielle Beteiligung durch Bund und Länder hinausreden. Die bayerische Politik ist deshalb gefordert, die finanziellen Rahmenbedingungen für Kitas, Schulsozialarbeit, Einrichtungen der Behindertenhilfe usw. so zu gestal- ten, dass den Bekenntnissen auch Taten folgen.

Attraktivität hilft gegen Mangel

Bessere Bezahlung, bessere Arbeits- bedingungen und bessere Ausbildung sind die Grundlage dafür, dass Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst wieder at- traktiv werden und die Anerkennung er- halten, die sie verdienen. Sie sind auch Voraussetzung dafür, dem akuten Fach- kräftemangel entgegenzuwirken und den aktuellen und zukünftigen Herausforde- rungen begegnen zu können.

Neben dem weiteren quantitativen, vor allem aber qualitativen Ausbau von Kinderkrippen, Kindergärten und Ganz- tagsschulen geht es in all diesen Berei- chen – sozusagen als bildungspolitische Klammer – um die Umsetzung der UN-Be- hindertenrechtskonvention, kurz um In- klusion.

Unter der Überschrift »Die Regel als Ausnahme« konstatiert die Süddeutsche Zeitung vom 10.04.2014, dass die Bun- desländer seit Inkrafttreten der Konventi- on Fortschritte bei der »sogenannten In- klusion« gemacht hätten und mittlerweile jede*r vierte Schüler*in mit Förderbedarf

eine Regelschule besuche, aber: »Beim Rechtsanspruch von Behinderten auf Zu- gang zur Regelschule bestünden in na- hezu allen Ländern große Defizite«, wo- bei Bayern den zwölften und damit fünft- letzten Platz in diesem Bundesländerver- gleich einnimmt.

Doch all diese Zahlen sagen wenig über die Qualität der Angebote aus, denn nur allzu häufig wird die Tatsache, dass ein behindertes Kind die Regelschule oder den Kindergarten vor Ort besucht, mit In- klusion gleichgesetzt. Inklusion kann aber nur gelingen, wenn die notwendigen per- sonellen und materiellen Voraussetzun- gen gegeben sind. Es ist eben nicht da- mit getan, einem behinderten Kind eine – meist schlecht bezahlte und fachfremde – Schulbegleiter*in zur Seite zu stellen und zu glauben, damit wäre der Inklusi- on Genüge getan. Die zunehmende Zahl behinderter Kindern die aus der Regel- schule wieder »ausgeschult« und in eine Förderschule überwiesen werden, zeigt, dass Inklusion nicht zum Nulltarif zu ha- ben ist, im Gegenteil: Inklusion im Sinne der UN-Konvention erfordert ein erheb- liches Mehr an Lehrer*innen und sozial- pädagogischem Fachpersonal in allen Bil- dungseinrichtungen und nicht ein Weni- ger, wie zum Beispiel in den bayerischen Kitas seit Einführung des Bayerischen Kin- derbildungs- und -betreuungsgesetzes 2006. Waren bis dahin für 15 Kinder in ei- ner Gruppe mit drei bis maximal fünf be- hinderten Kindern zwei Fachkräfte und eine Hilfskraft als Minimum vorgeschrie- ben, so hat sich dieses Verhältnis schlicht umgekehrt: Bei gleicher Gruppenkonstel- lation reichen heute eine Fachkraft und zwei Hilfskräfte!

Für uns als GEW heißt das: Tarifpoliti- sche Forderungen, der Kampf um besse- re Arbeits- und Ausbildungsbedingungen sind untrennbar mit dem Einfordern bil- dungspolitischer Positionen verbunden.

Tarif- und Bildungspolitik sind zwei Seiten einer Medaille, die eine ist ohne die ande- re nicht denkbar. Dafür lohnt es sich auch in Zukunft zu streiten und,

wenn nötig, auch zu strei- ken.

von Gottfried Koppold

Vorsitzender der GEW Bayern

(12)

In den Jahren 2007 bis 2011 schlos- sen bereits 82 Abschlussjahrgänge aus Ba- chelorstudiengängen mit dem Fokus auf die Kindheitspädagogik ab. Diese gehör- ten bundesweit 31 Hochschulen an. Mitt- lerweile wurden von 2004 bis 2012 bun- desweit 67 Studiengänge für Bachelor und Master mit dem Schwerpunkt Kind- heitspädagogik eingeführt. Seit 2007 ist es auch in Bayern, beispielsweise in Mün- chen, möglich, den Studiengang Bildung und Erziehung im Kindesalter (Kindheits- pädagogik) an der Katholischen Stiftungs- fachhochschule, der staatlichen Hoch- schule, sowie der Diploma Hochschule zu belegen.

Weitere Hochschulen in Bayern mit dem Studiengang der Kindheitspädagogik befinden sich in Nürnberg (2), Regenstauf und Eichstätt-Ingolstadt.

Die Ziele eines frühpädagogischen Stu- diums sind, wissenschaftlich fundiertes Fachwissen zu Themen der frühkindlichen

Bildung und Erziehung von Kindern im Al- ter von 0 bis 12 Jahren zu erwerben so- wie Führungs- und Managementkompe- tenzen aufzubauen. Außerdem steht die Selbstreflexionsfähigkeit im Mittelpunkt des Studiums, wodurch eine Weiterent- wicklung der eigenen Profession erreicht werden soll.

Ein breites Beschäftigungs- spektrum für Kindheits- pädagog*innen

Darum sind Kindheitspädagog*innen prädestiniert für Leitungstätigkeiten und Qualitätsmanagement in den Kindertages- einrichtungen sowie für die Arbeit in Be- ratungsstellen wie Elternberatung, Früh- förderung und Fachberatung für Kitas. Zu- dem liegen weitere Beschäftigungsmög- lichkeiten in Fortbildungstätigkeiten und der Ausbildung von Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen. Das Studium dauert

in der Regel insgesamt sieben bis acht Se- mester, davon werden zwei Semester auf- grund der Erzieher*innenausbildung an- gerechnet. Das Studium der Kindheits- pädagogik endet mit dem akademischen Grad »Bachelor of Arts« und ist seit dem 24. Juli 2013 im Bayerischen Sozial- und Kindheitspädagogengesetz (BaySozKi- PädG) mit der Berufsbezeichnung »staat- lich anerkannte Kindheitspädagogin« bzw.

»staatlich anerkannter Kindheitspädago- ge« verankert.

Anschluss an europäische Standards finden

Warum ist die Berufsgruppe der Kindheitspädagog*innen für die päda- gogische Qualität der frühkindlichen Bil- dung und Betreuung essenziell wichtig?

Arbeitgeber, Verbände und Politik müssen sich für fachwissenschaftliche Fak- ten öffnen, um für europäische Standards

Studium muss sich lohnen!

Vergesst die Kindheitspädagog*innen

nicht!

(13)

nen. Mit dem Studium sind Kindheits- pädagog*innen jedoch höher qualifiziert, was auch mit einem entsprechenden Ge- halt belohnt werden muss. In anderen Be- rufsfeldern wird eine Weiterqualifizierung ebenso entsprechend vergütet. Daher ist eine eigene Tarifgruppe im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst dringend notwen- dig.Die voraussichtliche Kündigung des Tarifvertrags, den es seit 2005 gibt, lässt neue Tarifverhandlungen ab 2015 zu, bei welchen die Kindheitspädagog*innen be- rücksichtigt werden müssen. Denn ein Studium muss sich lohnen!

von Sabine Bachmeier, Nadine Guck, Katharina Huber, Julia Lex, Julia Welker

Studentinnen im 8. Semester, Kindheitspädagogik, Katholische Stiftungsfachhochschule München

Kontakt:

kindheitspaedagogen-muenchen@web.de anschlussfähig sein zu können. In anderen

europäischen Ländern, wie z. B. in Däne- mark, Schweden u. a., wird das frühpäd- agogische Personal vorwiegend an Hoch- schulen ausgebildet.

Die Qualität frühkindlicher Bildung und Betreuung verbessern

Den aktuellen Ergebnissen der NUB- BEK-Studie (Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit, 2013) ist zu entnehmen, dass die pädagogische Prozessqualität in deutschen Kindertageseinrichtungen in einem unbefriedigenden Maß gering aus- fällt. Demnach liegen rund 83 Prozent der Kindergartengruppen der Drei- bis Sechs- jährigen (einschließlich der altersgemisch- ten Gruppen/0-2 Jahre) in der mittleren Qualitätszone, 10 Prozent in der Zone der unzureichenden Qualität und nur 7 Pro- zent der Kindertageseinrichtungen im Be- reich der guten Qualität. Im Bereich der Schulvorbereitung (Lesen, Mathematik, Naturwissenschaft, Umwelt sowie indi- viduelle Förderung) können nur 2,6 Pro- zent der Kindergärten eine gute Quali- tät vorweisen, wobei über die Hälfte der Einrichtungen bei einer unzureichenden Wertung von 63 Prozent liegt. Bei Krippen- gruppen konnte ebenso nur bei 3,3 Pro- zent der Einrichtungen eine gute Qualität festgestellt werden. Der größte Anteil mit 84,5 Prozent ist bei einer mittleren Qua- lität zu verzeichnen und bereits jede ach- te Kinderkrippe mit 12,2 Prozent bei ei- ner unzureichenden Qualität. Als Begrün-

dung für die Ergebnisse wurden die ge- genwärtigen Rahmenbedingungen wie der Erzieher*innen-Kind-Schlüssel und das Ausbildungsniveau der pädagogischen Fachkräfte genannt. Die Fachwelt fordert daher, und das schon seit einigen Jahren, einen akademischen Abschluss der päda- gogischen Fachkräfte, um den hohen An- forderungen in der Förderung frühkind- licher Entwicklungsprozesse und der Ko- operation mit Eltern gerecht zu werden.

Die Kindheitspädagog*innen sind hier- bei die Antwort auf den Appell zu einer be- ruflichen Akademisierung in der frühpäda- gogischen Praxis. Es ist Zeit, dass die Arbeit- geber, Gewerkschaften und die Politik den Berufsstand der Kindheitspädagog*innen endlich wahrnehmen und seine Wichtig- keit für die frühkindliche Bildung, Erzie- hung und Betreuung erkennen.

Eigene Eingruppierung für höhere Qualifikation

Warum sollten Kindheitspädagog*in- nen im Tarifvertrag als eigene Tarifgruppe berücksichtigt werden?

Staatlich anerkannte Kindheitspäda- gog*innen sind bislang noch nicht in den Tätigkeitsmerkmalen erwähnt, was zu ei- ner Verunsicherung bei den Arbeitgebern führt. Gemäß der Systematik des Tarifver- trags werden Kindheitspädagog*innen entsprechend ihrer Tätigkeit eingruppiert.

Das hat zur Folge, dass Kindheits- pädagog*innen – die in den meisten Fällen bereits eine abgeschlossene Erzieher*in- nenausbildung vorweisen können – das gleiche Gehalt erhalten, wie Erzieher*in-

(14)

Was macht eigentlich der Personalrat?

len das Beschäftigungsverhältnis betreffen- den Fällen ausgeübt. Hier geht es unter an- derem um die Einstellung, die Vergabe von Funktionsstellen, die Verlängerung der Pro- bezeit, Versetzungen, Anträge auf Hinaus- schieben des Eintritts in den Ruhestand, die Ablehnung von Teilzeit- und Beurlaubungs- anträgen, die Versagung oder den Widerruf von Nebentätigkeitsgenehmigungen, Erlass von Disziplinarverfügungen und Erhebung der Disziplinarklage, Verlängerung der Pro- bezeit, Entlassung von Beamt*innen auf Pro- be und auf Widerruf.

Zur Besprechung allgemeiner Angele- genheiten gibt es dazu auch Monatsgesprä- che zwischen der Personalvertretung und den Vertreter*innen des Ministeriums. Für Grund- und Mittelschulen sowie berufliche Schulen übernimmt diese Aufgaben als Stu- fenvertretung der Bezirkspersonalrat bei der Bezirksregierung.

Ungezählte Telefongespräche und per- sönliche Kontakte sowie die Bearbeitung schriftlicher Anfragen gehören zum Kernge- schäft der Personalratsarbeit.

Auch Information und Meinungsbildung, vor allem bei Personalversammlungen, sind von großer Bedeutung. Nur informierte Be- schäftigte können ihre Rechte konsequent wahrnehmen. Die Teilnahme an diesen Ver- sammlungen ist nicht nur verbrieftes Recht, sondern »Bürger*innenpflicht«.

Den wichtigsten Teil der Personalratsar- beit bildet aber auf allen Ebenen die Arbeit In Bayern gibt es drei Ebenen der Perso-

nalräte. Der Hauptpersonalrat ist an das Kul- tusministerium angegliedert, der Bezirks- personalrat an die Regierungen der Bezir- ke. Der örtliche Personalrat bei den beruf- lichen Schulen, Realschulen und Gymna- sien besteht direkt an den Schulen und bei den Grund-, Haupt- und Mittelschulen beim Staatlichen Schulamt. Bei den Förderschulen besteht er nur bei den Bezirksregierungen.

Im Hauptpersonalrat bilden die Vertreter*innen der Lehrkräfte der ein- zelnen Schularten jeweils eine eige- ne Gruppe. Darüber hinaus gibt es noch Vertreter*innen für die Angestellten und Beamt*innen, die keine Lehrkräfte sind. Er besteht insgesamt aus 25 Personen.

Der Hauptpersonalrat beschäftigt sich mit den Angelegenheiten, die entweder alle Beschäftigten einer Schulart oder auch alle Lehrkräfte betreffen, wie z. B. Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinien, Reisekosten, externe Evaluation, Gebühren bei Fortbil- dungen, die Durchführung von Vergleichsar- beiten oder das Verfahren zur Auswahl von Lehrkräften für Führungslehrgänge. Eben- so werden Stellungnahmen zu Änderungs- plänen von Gesetzen und Verordnungen ab- gegeben. Die einzelnen Bereiche der Mitbe- stimmung und Mitwirkung sind im Bayeri- schen Personalvertretungsgesetz geregelt.

In den einzelnen Gruppen der Realschu- len und Gymnasien werden des Weiteren die Mitbestimmung und Mitwirkung in vie-

mit der Dienststellenleitung.

Die Geschäftsgrundlage des Personal- rats ist das Bayerische Personalvertretungs- gesetz (BayPVG), eine im Vergleich zum Be- triebsverfassungsgesetz und zu den Perso- nalvertretungsgesetzen einiger anderer Bun- desländer deutlich schwächere Handlungs- grundlage. Umso wichtiger ist es, alle Rech- te in vollem Umfang und konsequent wahr- zunehmen.

Gute Personalratsarbeit fällt nicht vom Himmel. Daher schult die GEW regelmä- ßig neue Personalratsmitglieder und bietet im Laufe der Amtsperiode Spezialschulun- gen an. Zwischen den Personalratsmitglie- dern herrscht nicht nur bei den Personal- rätekonferenzen ein ständiger Erfahrungs- austausch. Großen Wert legt die GEW dar- auf, dass die Schulungen schulartübergrei- fend sind und alle Personalratsebenen (ÖPR, BPR, HPR) einbezogen werden. Dies ver- schafft den wichtigen Blick über den Zaun, führt zu einem Austausch der verschiedenen Problemlagen und ermöglicht, dass vonein- ander gelernt wird. Die Justitiarin der GEW Bayern unterstützt die Personalratsmitglie- der bei kniffligen juristischen Fragen. Man- che Probleme der Kolleg*innen können nicht von den Personalräten gelöst werden. Dann hilft der Rechtsschutz der GEW, sofern man Mitglied ist.

von Andreas Hofmann Mitglied des (Übergangs-)Hauptpersonalrats beim KM

Die GEW ist seit 2011 für drei Schular- ten im Hauptpersonalrat (HPR) präsent, darunter nach 15 Jahren auch wieder im Gymnasialbereich – so muss es min- destens bleiben! Die erfolgreiche Arbeit der GEW-Vertreter*innen im HPR muss zum Wohle der Beschäftigten fortgesetzt werden. Darum erfordert es den Einsatz aller Mitglieder, um ein starkes Ergebnis bei den Wahlen zu erreichen und in mög- lichst vielen Schularten vertreten zu sein.

Nachdem die GEW wieder in der Grup- pe der Lehrkräfte am Gymnasium ver- treten ist, ist es besonders wichtig, hier auch den Wiedereinzug zu schaffen! Die Alleinvertretung des Bayerischen Philo- logenverbandes (bpv) konnte beendet werden und ein Neustart der Arbeit der

GEW an Gymnasien in der Personalver- tretung ist gut gelungen. Diese Arbeit muss fortgesetzt werden!

Die Arbeit im Plenum

Der Einsatz für gute Bildung und der für gute Beschäftigungsmöglichkeiten sind zwei Seiten einer Medaille. Als Mit- glied im HPR habe ich mich zusammen mit Gele Neubäcker (Grund- und Mittel- schulen) und Gabi Gabler (Förderschu- len) für die Wahrung der Rechte der Be- schäftigten eingesetzt. Im Plenum ha-

ben wir, die wir immerhin drei der zahl- reichen Schularten in Bayern vertreten, immer wieder unsere Positionen einge- bracht. Das Gremium musste sich mit un- seren Argumenten auseinandersetzen und die Vertreter*innen des Ministeri- ums mussten bei Besuchen im HPR un- sere Fragen beantworten. So fand dann auch unsere Haltung Einzug in Beschluss- fassungen, z. B. bei Stellungnahmen be- züglich der Neufassung der LDO oder der Einführung der erweiterten Schulleitung.

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse lässt sich unsere GEW-Linie natürlich nicht pur durchsetzen.

Neue Beurteilungsrichtlinien 2015

Die zunehmende Hierarchisierung des innerschulischen Betriebs durch die er- weiterte Schulleitung und die Weisungs- befugnisse lässt sich durch die Arbeit im Personalrat nicht aufhalten. Aber immer- hin gibt es mit der GEW-Vertretung eine

Warum die GEW im HPR wichtig ist

Die Bilder im Rahmen dieses Artikels sind vierfar- bige A3-Plakate aus einer Serie von 12 Motiven für die Schwarzen Bretter der Schulen, die dafür werben, die GEW in den HPR zu wählen. Es gibt sie kostenlos in der GEW-Geschäftsstelle.

Bestellungen an: Karin.Just@gew-bayern.de oder GEW Bayern, z. Hd. Karin Just Schwanthalerstr. 64, 80336 München Tel.: 089 544081-0

(15)

mahnende Stimme, die auch die Konse- quenzen für die »normale« Lehrkraft be- nennt. Ab 2015 beginnt eine neue Run- de der immerwährenden Beurteilung. Im Herbst 2014 erwarten wir vom Ministe- rium einen neuen Entwurf der Beurtei- lungsrichtlinien, in dem die Rolle der er- weiterten Schulleitung festgelegt wird.

Darin wird vermutlich auch die Wei- sungsbefugnis von Fachbetreuer*innen ermöglicht, das Beurteilungs(un)wesen also ausgeweitet statt eingeschränkt. Wir als GEW sind die einzige Gruppe, die eine radikale Umsteuerung der Beurteilungs- praxis fordert. Lehrkräfte brauchen kol- legiale Begleitung sowie Unterstützung und keine Betreuung von oben herab in hierarchischen Systemen.

Diese Hierarchisierung betrifft zur Zeit nur die weiterführenden Schulen.

Die Vertretung im Bereich der Gymna- sien ermöglicht, hier alle Informationen zu bekommen und mitreden zu können.

Auch deshalb ist die Wiederwahl wichtig.

Die Arbeit der Gruppe der Lehrer*innen am Gymnasium im HPR

Erster Schwerpunkt meiner Arbeit im HPR war, den Informationsfluss an örtli- che Personalräte zu verbessern. Durch Kenntnis der einschlägigen kultusminis- teriellen Schreiben (KMS) konnte ich oft weiterhelfen. Das hatte z. B. zur Folge, dass in einer Reihe von Schulen, an de- nen bisher die Schulleitung Informatio- nen nur zögerlich an den örtlichen Perso- nalrat weitergegeben hat, diese das jetzt von sich aus tut, was die Zusammenar-

beit von ÖPRs und Schulleitung deut- lich verbessert hat. Auch verweist inzwi- schen die Gymnasialabteilung am Kultus- ministerium (KM) in ihren Schreiben ver- mehrt darauf hin, dass die Informationen an die örtlichen Personalräte weiterzuge- ben sind.

Natürlich stand ich den Kolleg*innen zur Beratung zur Verfügung. Das nah- men insbesondere jene in Anspruch, die sich von den bisherigen Vertreter*innen nicht gut vertreten fühlten.

Die regelmäßigen Monatsgespräche zwischen Vertreter*innen der Gymnasi- alabteilung des KM und den fünf Haupt- personalratsmitgliedern der Gymnasien ermöglichten es, Probleme und Fragen direkt mit den Zuständigen zu erörtern.

Das gab mir zum einen Einblick in die Ar- beitsabläufe und Überlegungen in der Abteilung. Zum anderen konnte ich Pro- bleme wie die der Arbeitsbelastung und fehlerhafter Abläufe an Schulen ungefil- tert und direkt weitergeben. Ich hoffe, dass dadurch die Kluft zwischen theore- tischen Planungen am KM und den rea- len Zuständen an den Schulen verringert wurde. Zumindest kann dort niemand mehr behaupten, man hätte das nicht ge- wusst. Diese Gespräche verlaufen kon- struktiv und kontrovers.

In Fragen der Gleichstellung bzw. der Benachteiligung von Frauen sieht das KM keine großen Probleme in den Schulen.

Aber obwohl es mittlerweile möglich ist, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf Dienstvereinbarungen zwischen ÖPR und Schulleitungen zu treffen, liegt vor Ort noch manches im Argen. Das Argument dienstlicher Notwendigkeiten wird noch viel zu oft herangezogen, um berechtigte Forderungen abzublocken. Hier möchte ich die Zusammenarbeit mit Gleichstel- lungsbeauftragten intensivieren und eine Sensibilisierung im KM erreichen, damit die Umsetzung rechtlicher Möglichkeiten von dort unterstützt wird.

Das Bayerische Pesonalver- tretungsgesetz (BayPVG ) fasst die Möglichkeiten der

Personalvertretung zu eng!

Das BayPVG schränkt die Möglichkei- ten der Mitbestimmung sehr stark ein. In vielen Bereichen gilt nur ein Mitwirkungs- oder gar nur Informationsrecht im Rah- men der vertrauensvollen Zusammenar- beit. In anderen Bundesländern hingegen ist die Allzuständigkeit der Personalvertre- tung festgeschrieben. Die neue Regierung

in Baden-Würtemberg z. B. hat die Grö- ße des HPRs heraufgesetzt und die Mitbe- stimmungstatbestände ausgeweitet. Auch die Anrechnungsstunden für örtliche Per- sonalräte an Gymnasien wurden erhöht – auf bayerische Verhältnisse übertragen etwa um 1,5 Stunden pro Personalrat.

Anders in Bayern. Hier wird mit der Zusammenlegung der Ministerien zum neuen Bildungsministerium die Personal- vertretung weiter geschwächt. So vertre- ten im neu zu wählenden Hauptpersonal- rat 25 Personen insgesamt etwa 200.000 Arbeitnehmer*innen und Beamt*innen.

Die Auswirkung für die Lehrkräfte an Gymnasien ist besonders negativ, denn die Zahl der Sitze für ihre Schulart im HPR schrumpft von fünf auf drei. So trifft auf ca. 10.000 Lehrkräfte ein Hauptpersonal- ratsmitglied und das, obwohl unter ande- rem alle Einstellungen, Versetzungen, Be- förderungen und viele Funktionsübertra- gungen unter die Mitbestimmungspflicht dieser Gruppe fallen.

Mit einer Personalvertretung, die die- sen Namen auch verdient, hat das nur wenig zu tun. Man merkt sehr deutlich, dass die Grundzüge des Beamtentums aus dem 19. Jahrhundert stammen, aus einer vordemokratischen Gesellschafts- form. Seitdem hatten sie in wesentlichen Teilen durchgehend Gültigkeit und prä- gen in Bayern immer noch die Art der Personalvertretung.

Unser Ziel einer wesentlich umfas- senderen Kompetenz für die Personalver- tretung und einer Demokratisierung der Schulen verfolgen wir weiter. Da dazu aber Gesetzesänderungen notwendig sind, kann es nicht über den HPR erreicht wer- den. Eine starke GEW-Präsenz in den Per- sonalräten ist aber wichtig, um zumindest die gegebenen Spielräume ausschöpfen und Änderungen anmah-

nen zu können.

von Andreas Hofmann

Gymnasiallehrer Mitglied des (Übergangs-)Hauptpersonalrats

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