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Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank ist auf Kurs | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Die Volkswirtschaft   8–9 / 2021 55

Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank ist auf Kurs

Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank feiert ihr fünfjähriges Bestehen. Als Mitglied setzt sich die Schweiz erfolgreich für hohe Standards, transparente Gouvernanz und ambitionierte Umweltziele ein.  Corinne Estermann

D

er Markteintritt der Asiatischen Inf- rastruktur-Investitionsbank (AIIB) mit Hauptsitz in Peking hat vor fünf Jahren für Aufsehen gesorgt. Chinas Initiative, eine neue multilaterale Entwicklungsbank ins Leben zu rufen, wurde von einigen als Zeichen gewer- tet, dass das Land bei der Bewältigung globa- ler Herausforderungen zunehmend eine ver- antwortungsvolle Führungsrolle einnimmt.

Andere sahen es eher als Herausforderung für das bestehende, multilaterale System, in dem sich China zunehmend untervertreten fühlte.

Die Schweiz ist als Gründungsmitglied der AIIB seit Anfang an dabei.1 Mittlerweile zählt die Bank 86 Mitgliedsländer, wovon die Hälf- te aus Asien und der Rest hauptsächlich aus Europa stammt. Neuere Beitrittskandida- turen kommen vermehrt aus Lateinameri- ka und Afrika. Die grossen Abwesenden sind die USA und Japan, welche die AIIB als Konkur- renz betrachten zur Weltbank und zur Asiati- schen Entwicklungsbank, die von ihnen ge- prägt wurden.

Wie in allen multilateralen Entwicklungs- banken üben die Mitgliedsländer ihre Aufsicht primär über einen Exekutivrat aus, der im Fal- le der AIIB zwölf Sitze umfasst. Die Schweiz teilt ihren Sitz mit den europäischen Ländern Dänemark, Ungarn, Island, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden und dem Vereinigten Königreich. Derzeit repräsentiert Polen die Stimmrechtsgruppe. Von Mitte 2022 bis 2024 wird die Schweiz die Gruppe leiten.

Alle Strategien und Projekte der AIIB wer- den vom Exekutivrat geprüft und genehmigt.

China ist mit einem Stimmrechtsanteil von

1 Mehr Infos unter Seco.admin.ch.

Abstract  Die Schweiz ist seit 2016 Mitglied der Asiatischen Infrastruktur-Investitions- bank (AIIB). Die AIIB fokussiert auf nachhaltige Infrastrukturprojekte in Asien. Dadurch soll sie sich von anderen multilateralen Entwicklungsbanken unterscheiden. Fünf Jahre Geschäftstätigkeit zeitigen erste Resultate zu Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Akti- vitäten, zur Positionierung innerhalb des multilateralen Entwicklungssystems sowie zur Zusammenarbeit mit der Schweiz. Die Bank hat starke multilaterale Aufsichtsmechanis- men aufgebaut und wendet bei ihren Projekten strenge Umwelt- und Sozialstandards an.

26,6 Prozent der grösste Aktionär der AIIB.

Dahinter folgen Indien, Russland, Frankreich, Australien, Südkorea und Deutschland mit Anteilen von zwischen 3 und 8 Prozent. Der Stimmrechtsanteil der Schweiz umfasst 0,8 Prozent. Da strategische Entscheide eine Zu- stimmung von 75 Prozent erfordern, verfügt China bei diesen Entscheiden über eine Sperr- minorität. Für Projektentscheide genügt je- doch die Hälfte der Stimmen.

Fokus auf Asien

Dank ihrem AAA-Kreditrating kann die AIIB an den Kapitalmärkten günstig Geld auf- nehmen und ihrerseits den Kreditnehmern gute Konditionen gewähren. Ende 2020 be- lief sich die Kreditsumme des Gesamtport- folios von insgesamt 108 Projekten auf 22 Milliarden Dollar. Dies ist im Vergleich mit anderen multilateralen Entwicklungsban- ken ein kleines Portfolio. Die jährlichen Kre- ditgenehmigungen steigen jedoch rasch an.

So verdoppelten sie sich von rund 5 Milliar- den Dollar im Jahr 2019 auf fast 10 Milliarden Dollar im folgenden Jahr.

Der Hauptfokus der AIIB liegt auf der nachhaltigen und klimafreundlichen Infra- strukturentwicklung in Asien. Im Zentrum stehen die Sparten Transport und Energie (siehe Abbildung 1 auf S. 56). Ebenfalls wich- tig sind die Städteentwicklung, die Was- ser- und die Digitalinfrastruktur. Um eine Hebelwirkung zu erzielen, zielt die Bank auf die parallele Mobilisierung von Geldern des Privatsektors ab. Bis 2030 sollen 50 Prozent aller Projekte mit privaten Akteuren finan- ziert werden.

Das Portfolio konzentriert sich stark auf Südasien. Klarer Hauptmarkt ist Indien, das einen Anteil von über einem Fünftel des ge- samten Investitionsvolumens hat (siehe Ab- bildung 2 auf S. 56). Dies zeigt auf, dass die AIIB auch in Länder investiert, die sich nicht der chinesischen Belt-and-Road-Initiative (BRI) angeschlossen haben oder diese sogar explizit ablehnen, wie Indien.

Zweitwichtigste Investitionsregion ist Südostasien, wo Indonesien am meisten Kredite hält. Dahinter folgen West- und Zentralasien mit der Türkei als wichtigstem Markt. Die AIIB investiert selektiv auch in Mitgliedsländern ausserhalb Asiens, in Pro- jekte, die einen Bezug zu Asien haben. Der Exekutivrat hat hierfür einen Maximalanteil von 15 Prozent des Gesamtvolumens festge- legt. Derzeit liegt dieser bei 3 Prozent. Wich- tigster Kreditnehmer ist hier Ägypten.

Mehr als die Hälfte der Investitionen sind finanziert mit anderen multilateralen Ent- wicklungsbanken wie der Weltbankgrup- pe und der Asiatischen Entwicklungsbank.

Dadurch sind die Projekte finanziell breiter abgestützt – und gleichzeitig kann die AIIB von der Erfahrung der Partnerbanken pro- fitieren. Mit zunehmenden Kompetenzen und Kapazitäten hat die AIIB jüngst aber ver- mehrt eigenständig Projekte aufgegleist.

Zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie haben die Mitglieder der AIIB ein ausser- ordentliches Kreditfenster von maximal 13 Milliarden Dollar bewilligt. Damit werden in Partnerschaft mit anderen multilateralen Organisationen in erster Linie der öffentli- che Gesundheitssektor sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in den Emp- fängerländern unterstützt.

Bekämpfung des Klimawandels

Alle von der AIIB getätigten Investitionen unterliegen strikten Richtlinien wie bei- spielsweise Regeln für finanzielle Stabilität, transparente Beschaffungspraktiken und Umwelt- und Sozialstandards. Betreffend

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diese Kernprinzipien arbeitet die AIIB nach ähnlich hohen Anforderungen wie die an- deren multilateralen Entwicklungsban- ken. Zudem wurden die Umwelt- und So- zialstandards dieses Jahr weiter verschärft, unter effektiver Einflussnahme der Schweiz und ihrer Stimmrechtsgruppe. Dabei wur- den auch Direktbetroffene und Nichtregie- rungsorganisationen mit einbezogen, was ein wichtiges Anliegen der Schweiz ist.

Bis im Jahr 2025 sollen Klimaprojek- te über die Hälfte aller Aktivitäten ausma- chen. Gleich hohe Ziele kommunizierten bis- her nur die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Derzeit liegt der Anteil bei der AIIB bei rund 40 Prozent. Entsprechend stark treibt die Bank den Ausbau von erneuerbaren Energien voran.

Der chinesische Präsident der AIIB, Liqun Jin, der 2021 sein zweites 5-Jahres-Mandat angetreten hat, hat jüngst öffentlich erklärt, die AIIB finanziere unter seiner Führung keine Kohle- oder kohlebezogenen Projekte. Aus Sicht der Schweiz sollten die multilateralen Entwicklungsbanken auch bei anderen fos- silen Energieträgern strengere Kriterien an- wenden. So sollte die Gasenergie nur noch in wenigen Fällen als notwendiger Übergangs- brennstoff finanziert werden und somit de- ren Anteil auch im Portfolio der AIIB weiter verringert werden.

Ein Beispiel für die angestrebte Hebelwir- kung der AIIB bei der Mobilisierung privater Gelder ist der ADM Capital Elkhorn Emerging Asia Renewable Energy Fund. Der Fonds kon- zentriert sich auf Fotovoltaikanlagen, Wind- parks, Kleinwasserkraftwerke und Biomas- seprojekte in asiatischen Schwellenländern.

Durch die Beteiligung der AIIB als Ankerinves- tor konnten zusätzliche Investoren gewon- nen werden, die bei den Zielfirmen und Ziel- ländern aufgrund ihres höheren Risikoprofils sonst zurückhaltender gewesen wären.

Solche Projekte stellen für Schweizer Unternehmen eine Chance dar: Sie können an den öffentlichen Beschaffungsausschrei- bungen für Infrastrukturprojekte teilneh- men, und der Finanz- und Versicherungssek- tor kann sein Wissen zu nachhaltigen Finanz- produkten einbringen.

Die Schweiz hat von Beginn weg dar- auf hingewirkt, dass die Ziele der AIIB mit je- nen der Schweizer Strategie zur internatio- nalen Zusammenarbeit übereinstimmen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und die Direktion für Entwicklung und Zusam- menarbeit (Deza) legen gemeinsam die Posi- tionen fest, die die Schweiz in der AIIB ein- nimmt.

Qualität und Resultate

Im Exekutivrat setzt sich die Schweiz konti- nuierlich für noch mehr Ergebnisorientierung

ein. Höchste Priorität hat die Einhaltung der Umwelt- und Sozialstandards, damit die AIIB zur Erreichung der Agenda 2030 der UNO für eine nachhaltige Entwicklung beiträgt. Um grösstmöglichen Mehrwert zu bieten, ist es aus Schweizer Sicht zentral, dass die AIIB wei- terhin auf ihre Kernkompetenz, die Finanzie- rung nachhaltiger und klimafreundlicher Inf- rastruktur, fokussiert. Die Schweiz erwartet zudem, dass die AIIB trotz wachsender Mit- gliedschaft von ausserhalb der Region wei- terhin primär in Asien investiert.

Die AIIB kann mit einem klar ausgerichte- ten Portfolio langfristig eine komplementä- re Position im multilateralen System für Ent- wicklungsfinanzierung einnehmen. Beden- ken, dass die AIIB das internationale System schwächt, indem sie beispielsweise inter- nationale Umwelt-, Sozial und Gouvernanz- standards untergräbt, haben sich nicht be- wahrheitet. Die AIIB wird jedoch weiterhin bestätigen müssen, dass sie qualitativ hoch- stehende Projekte aufgleisen und umsetzen kann, um ein integraler Akteur in der inter- nationalen Entwicklungszusammenarbeit zu werden.

Die Chancen dazu stehen gut. Die AIIB ist eine multilaterale Institution, in der alle Mitgliedsländer mitentscheiden und die der Hauptaktionär China sowie das Management gemäss dem Motto «Lean, clean and green»

international erfolgreich positionieren möchten. Die Schweiz bleibt aktiv dran. Am Jahrestreffen der AIIB im Oktober 2021 wird Bundespräsident Guy Parmelin in der Rolle des Vizevorsitzenden des Gouverneursrates teilnehmen.

Abb. 2: Die grössten Kredit- empf änger der AIIB (2020) Abb. 1: Ausrichtung der AIIB nach Sparten (2020)

  Energie        Transport        Wasser         Finanzen        Öffentliche Gesundheit         Liquidität        Städteentwicklung        Digitalinfrastruktur        Weitere

  Indien        Indonesien        Bangladesch        Türkei        Philippinen         Weitere in Asien        Ausserhalb von Asien

Corinne Estermann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Staats- sekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern, Beraterin, Exekutivrat Asiatische Infra- struktur-Investitionsbank (AIIB), Peking

AIIB / DIE VOLKSWIRTSCHAFTAIIB / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

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Referenzen

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