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Rechtsfragen des englischen Factoring

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Rechtsfragen des englischen Factoring

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Rechtswissenschaft an der Universität Konstanz

Fachbereich Rechtswissenschaft vorgelegt von

Tania Simone Buchmann

Tag der mündlichen Prüfung: 23.04.2007 1. Referent: Prof. Dr. Rainer Hausmann 2. Referent: Prof. Dr. Jens Koch

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2008/6077/

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-60779

(2)

Meinem Vater.

(3)

Gliederung

A. EINFÜHRUNG 1

B. GESCHICHTE DES FACTORING 5

I. Ursprünge und frühe Formen 5

II. Entwicklungen in England 11

C. DIE BEDEUTUNG, FUNKTIONSWEISE UND

AUSGESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN DES ENGLISCHEN FACTORING

15

I. Modernes Factoring 15

II. Vorteile des Factoring für Unternehmen 18

1. Einführung 18

2. Sofortige Barmittel: Prepayments 19

3. Kreditsicherheit 21

4. Effektivere Unternehmensführung für kleine und mittelständische Unternehmen

22

5. Verbesserte Kreditwürdigkeit 23

6. Erhöhte Umschlaggeschwindigkeit 23

7. Factoring im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der

Barmittelbeschaffung 24

a. Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 24

b. Aufnahme von Krediten 25

III. Die Funktionsweise des modernen Factoring 26

1. Einführung 26

2. Kreditkontrolle und Übernahme des Delkredere-Risikos 27

a. Kreditgewährung 27

aa. Entscheidung über die Einräumung von Krediten 29

bb. Festlegung des Kreditrahmens 30

b. Die Forderungseinziehung 30

aa. Die Beziehungen des Factors zum Schuldner 30 bb. Streitigkeiten zwischen dem Kunden und seinen Abnehmern 31

(4)

3. Die Ausgestaltung der Bearbeitung eingesandter Dokumente und Buchhaltung

32

IV. Für das Factoring geeignete Kunden 34

1. Einführung 35

2. Risikobewertung und Auswahlkriterien 36

V. Die Kosten des Factoring 37

VI. Die Erscheinungsformen des englischen Factoring 38

1. Old line oder Main Line Factoring 39

a. Advance Factoring 40

2. Agency oder Bulk Factoring 41 3. Confidential Invoice Factoring oder Invoice Discounting 42

4. Recourse Factoring 42

5. Factoring unter Beteiligung von Banken 44 6. Recourse Factoring oder Invoice Discounting in Verbindung mit

einer Kreditversicherung

46

7. Exportfactoring 46

D. RECHTLICHE ASPEKTE DES ENGLISCHEN FACTORING 49 I. Inhaltliche Ausgestaltung des Factoringvertrages 49

1. Das Master Agreement 49

a. Das Facultative Agreement 51

b. Das Whole Turnover Agreement 55

2. Die Übertragung von Nebenrechten 60

3. Zusicherungen des Kunden 61

a. Zusicherungen, die das Bestehen und den Wert der Forderungen

betreffen 61

b. Zusicherungen, die die Verträge mit den Abnehmern betreffen 61 c. Zusicherungen in bezug auf die Lastenfreiheit der Forderungen 63 d. Aufklärungs- und Informationspflichten 63 e. Grenzen der Zusicherungsabgabe durch den Kunden 63 4. Kooperation bei Rechtsstreitigkeiten 64 5. Regelungen über an den Kunden geleistete Zahlungen der Schuldner 66 a. Ansprüche des Factors gegen die Hausbank des Kunden 70

(5)

b. Schadensersatz durch den Director der Kundenfirma 73 6. Bestimmungen über die Risikoverteilung : Recourse oder Non-

recourse Factoring

74 7. Vereinbarungen über Buchhaltung und Verwaltung sowie Art und

Weise der Forderungseinziehung

76 8. Regelungen über Bevorschussung und Selbstbehalt 76 9. Regelungen über den Rückkauf der Forderungen durch den Kunden

bei Vertragsbruch oder Insolvenz

80

10. Aufrechnungsklauseln 80

11. Abtretungsverbot und Belastungsverbotsklauseln 80

12. Vertragsdauer und Kündigung 81

13. Kostenvereinbarung 81

II. Die Übertragung von Forderungen 82

1. Einführung ins englische Zessionsrecht 82 a. Allgemeine Überlegungen zu Factoringzessionen 84 b. Die Entwicklung des Zessionsrechts unter Common Law und Equity 88 c. Die Rechtslage des Zessionsrechts vor Einführung des Supreme

Court of Judicature Act 1873

90

aa. Zessionen unter dem Common Law 90

bb. Zessionen unter dem Equity-Recht 93

d. Prozessuale Veränderungen seit der Einführung von section 25(6) des Supreme Court of Judicatur Act 1873

95 aa. Das Legal Assigment nach section 25(6) des Judicature Act 1873

und Section 136(1) des Law of Property Act 1925

97 bb. Das Equitable Assigment nach Einführung des Judicature Act 1873

und sein Verhältnis zum Legal Assigment 98

2. Die Einzelheiten des Legal Assignment 100

a. Einführung 100

b. Die Unbedingtheit der Abtretung 101

c. Schriftformerfordernis 103

d. Schriftliche Benachrichtigung des Schuldners 104 e. Zeitpunkt des Übergangs einer Forderung auf den Zessionars und

sich hieraus ergebende Konsequenzen 106

3. Die Abtretung nach Equity-Recht 107

a. Einführung 107

b. Erkennbarer Übertragungswille des Zedenten 110

(6)

c. Das Erfordernis der Bestimmbarkeit des Abtretungsgegenstandes und Ausführungen zur Bewirkung eines Gläubigerwechsels

115 d. Erforderlichkeit des Versprechens der Zahlung einer Consideration

als Voraussetzung eines Equitable Assignment

116

aa. Einführung 116

bb. Das Equitable Assignment künftiger Forderungen 117 cc. Das Equitable Assignment bestehender Forderungen 118 aaa. Das Equitable Assignment von Equitable Choses 121 bbb. Das Equitable Assignment von Legal Choses 124

cc. Abschließende Bemerkung 132

e. Überlegungen zur Frage des Zeitpunkts des Ausscheidens einer Forderung aus dem Vermögen des Zedenten

135 f. Die Bedeutung einer Abtretungsanzeige an den Schuldner im

Rahmen des Equitable Assignment

139

aa. Auswirkung auf Prioritätsfragen 139

bb. Fixierung der Gegenrechte des Schuldners 140 g. Die Besonderheiten und Erfordernisse bei der Abtretung künftiger

Forderungen

141

aa. Einführung 141

bb. Rechtliche Einordnung und Besonderheiten der Abtretung künftiger Forderungen

144 4. Die Wirkung von Legal und Equitable Assignment:

Gemeinsamkeiten und Unterschiede 146

a. Wirkung und Durchsetzbarkeit von Abtretungen nach englischem Recht

146

aa. Das Legal Assignment 146

bb. Das Equitable Assignment 147

b. Der Vergleich von Legal und Equitable Assignment 148 c. Gemeinsame Rechtsfolgen des Legal und Equitable Assignment 149 aa. Umfang des Rechtserwerbs des Zessionars: Das Subject to Equities-

Prinzip

150 bb. Übertragung der mit der Forderung verbundenen Vorteile 150

cc. Unabtretbare Ansprüche 151

aaa. Verträge mit höchstpersönlichem Einschlag 152

bbb. Reine Klagerechte 152

ccc. Öffentliches Interesse 153

(7)

III. Einwendungen und Einreden, die der Schuldner dem Zessionar entgegenhalten kann: Das Subject to Equities- Prinzip

154

1. Einführung 154

2. Bemerkungen zum englischen Aufrechnungsrecht 157 a. Der Normalfall: Gegenseitigkeit der Ansprüche 157 b. Die Besonderheiten der Aufrechnung im Rahmen der

Forderungsabtretung

158 3. Einwendungen und Einreden, die vor Erhalt der Abtretungsanzeige

zur Entstehung gelangt sind

158 4. Erforderlichkeit einer „engen Verbindung” zum Grundvertrag bei

der Geltendmachung von nach Erhalt der Abtretungsanzeige entstandenen Einwendungen

160

5. Ausnahmen des Subject to Equities-Prinzips 161

IV. Die rechtliche Einordnung des Factoringvertrages 162

1. Einführung 162

2. Factoring als Forderungskauf oder darlehenssichernde Mortgage- Bestellung?

167

a. Der Inhalt einer Mortgage 167

b. Mortgage und Factoring 167

3. Die Bestellung einer Charge an Forderungen 170 V. Die englische Stempelsteuer (Stamp Duty) und ihre Auswirkung auf

die Vertragsgestaltung von Factoringverträgen

173

1. Der Stamp Act von 1891 175

a. Der Einzelheiten des Besteuerungstatbestandes 175 b. Die Besteuerungsuntergrenze und die Entscheidung Attorney

General v Cohen

178 c. Zulässige Steuerumgehungsversuche nach dem Westminster-Prinzip

und Besteuerung nach dem Ramsey-Prinzip 179 2. Mögliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung des

Factoringvertrages

180

a. Die Bemessung der Höhe der anfallenden Stamp Duty 181 b. Factoring und die Entscheidung Attorney General v Cohen 187 c. Das Ramsey-Prinzip und Factoringverträge 189

(8)

E. AUSGEWÄHLTE PRIORITÄTSKONFLIKTE DES ENGLISCHEN RECHTS 191 I. Vorrangkonflikte im Rahmen von Factoringzessionen bei

Mehrfachabtretungen 191

1. Einführung in Prioritätsfragen bei Factoringzessionen 191 2. Die “First in Time”-Doktrin als Grundregel englischer

Vorrangfragen 192

3. Die Sonderregelung bei mehrfachem Equitable Assignment:

Die Entscheidung Dearle v Hall 193

a. Einführung 193

b. Die Voraussetzungen von Dearle v Hall im einzelnen 197 aa. Das Erfordernis der Abtretungsanzeige 197 bb. Die Voraussetzung der Unkenntnis von der ersten Abtretung 199

c. Kritik an Dearle v Hall 201

d. Ergebnis 203

4. Die Anwendbarkeit der Regel aus Dearle v Hall zur Lösung von

Vorrangkonflikten bei künftigen Forderungen 204 5. Die Kollision von Equitable und Legal Assignment 205

a. Einführung 205

b. Die Konfliktlage zwischen einem zeitlich vorausgehenden Equitable Assignment und nachfolgender Zession gemäß section 136(1) des

Law of Property Act 1925

206

c. Die Konfliktlage zwischen einem zeitlich vorausgehenden Legal

Assignment und nachfolgendem Equitable Assignment 213 6. Vorrangfragen bei mehrfachem Legal Assignment 216 II. Vorrangkonflikte zwischen Factoringzessionen und an

Buchschulden bestellten Charges zugunsten Dritter

217

1. Vorbemerkung 217

2. Die Konfliktlage zwischen einer zeitlich vorlaufenden Floating

Charge und einer nachfolgenden Factoringzession 218 a. Das Wesen der englischen Floating Charge 219

aa. Einführung 219

bb. Die Besonderheiten der Bestellung von Sicherungsrechten unter besonderer Berücksichtigung der Floating Charge

224 cc. Die Einordnung der Floating Charge als bestehendes

Sicherungsrecht 226

b. Die Konfliktlage zwischen einer Floating Charge und einer sich hieran anschließenden Factoringzession

227 aa. Vorbemerkung zur Verfügungs- und Veräußerungsbefugnis des 227

(9)

Chargor

bb. Vertragliche Beschränkung der unbeschränkten

Geschäftsführungsbefugnis des Floating Charge-Bestellers und ihre Auswirkung auf Vorrangfragen

229

cc. Kenntnis des Factors vom Bestehen einer Restriction 232

aaa. Constructice Notice nach dem Company Register 232

bbb. Anwendbarkeit dieses Konzepts auf vorliegende Konfliktlage 233

(1) Kenntnis über die Bestellung einer Floating Charge 233 (2) Einsichtnahme des Factors ins Company Register 234

3. Die Kollision von Factoring und zeitlich nachfolgender Floating

Charge 235

a. Vorbemerkung 235

b. Lösungsansätze 236

aa. Die Ausgestaltung des Factoring in Form des Whole Turnover Agreement

236 bb. Die Ausgestaltung des Factoring in Form des Facultative Agreement 239 4. Zur Konfliktlage zwischen dem Inhaber einer Fixed Charge an

Buchschulden und einer nachfolgenden Factoringzession

241 a. Einführung in Fixed Charges an Buchschulden 241 b. Konfliktlösung bei Vorrangstreitigkeiten 243 aa. Tatsächliche Kenntnis des Factors von der Bestellung einer Fixed

Charge

243 bb. Kenntnis des Factors vom Bestehen einer Fixed Charge infolge von

Constructive Notice? 247

5. Vorrangkonflikt zwischen Factoringzession und sich anschließender registrierten Fixed Charge

249 a. Whole Turnover-Vereinbarungen als gegenwärtige Abtretung

künftiger Forderungen

249 b. Der Konflikt von Factoring in Ausgestaltung von Facultative

Agreements und Fixed Charge

279 6. Vorrangkonflikte zwischen einer Factoringzession und einer nicht

registrierten Charge

253 a. Charges, bei denen kein Registrierungserfordernis besteht 253 b. Die Konsequenzen fehlender Registrierung einer Charge trotz

Erforderlichkeit gemäß Section 395 des Companies Act 1985 bzw.

section 399 des Companies Act 1989

255

III. Die Konfliktlage von Eigentumsvorbehalt und Factoringzession 258 1. Einführung in mögliche Konfliktfelder 258 a. Der Eigentumsvorbehalt im englischen Recht: Reservation of Title 262

(10)

aa. Der einfache Eigentumsvorbehalt 264 aaa. Anmerkungen zum englischen Kaufrecht 264 bbb. Zulässigkeit und Wirkung des einfachen Eigentumsvorbehalts 266 ccc. Anforderungen an die wirksame Vereinbarung eines einfachen

Eigentumsvorbehalts

267 (1) Erforderlichkeit des Vorbehalts des Legal Title 267 (2) Identifizierbarkeit der sich beim Vorbehaltskäufer befindlichen

Ware

271 (3) Die Erforderlichkeit der Festlegung der Umstände, unter denen der

Zugriff auf die Vorbehaltsware gestattet ist

272 ddd. Die Reichweite einfacher Eigentumsvorbehalte: Möglicher Verlust

des Eigentums an der Vorbehaltsware durch gutgläubigen Erwerb im Rahmen einer Weiterveräußerung

273

(1) Einführung 273

(2) Der Erwerb des Good Title vom Vorbehaltskäufer durch einen Dritten nach section 25(1) des Sales of Goods Act 1979 i.V.m.

section 9(1) des Factors Act 1889

274

eee. Die Reichweite einfacher Eigentumsvorbehalte: Verlust des Eigentums an der Vorbehaltsware im Rahmen der Verarbeitung, Verbindung, Vermischung und Herstellung einer neuen Sache

276

(1) Einführung 276

(2) Die Rechtsprechung zu Verbindung, Vermischung und Verarbeitung

277 (a) Unbefugter Zugriff auf fremde bewegliche Sachen durch einen

Dritten

279

(aa) Commixtio und Confusio 279

(bb) Accessio 281

(b) Berechtigter oder versehentlicher Zugriff auf fremde bewegliche Sachen

282

(aa) Commixtio und Confusio 282

(bb) Accessio 284

(cc) Specificatio 285

(3) Die Rechtsprechung zu Verbindung, Vermischung sowie Verarbeitung der Vorbehaltsware im Rahmen einfacher Eigentumsvorbehalte

286

(a) Die befugte Weiterverarbeitung durch den Vorbehaltskäufer 287 (aa) Die Verwendung mehrerer Komponenten im Rahmen der

Verarbeitung

287 (bb) Ausschließliche oder primäre Verwendung der Vorbehaltsware 291 (cc) Überlegungen zu einem implizierten Recht des Lieferanten am

neuen Produkt durch Vereinbarung eines einfachen 292

(11)

Eigentumsvorbehalts

(b) Die Eigentumslage bei unbefugter Weiterverarbeitung durch den Vorbehaltskäufer

293 bb. Tracing Rights des Lieferanten in Surrogate des

Vorbehaltsgegenstandes und sich hieraus ergebende Konflikte mit einer Factoringzession

294

aaa. Einführung in die Konfliktlage 294

(1) Das Verfolgungsrecht nach Common Law: Das Right to Follow 297

(a) Voraussetzungen des Right to Follow 297

(b) Gegenstand eines Right to Follow 301

(2) Das Equitable Tracing 304

(a) Equitable Tracing und das Erfordernis einer fiduziarischen Beziehung

305

(b) Der Gegenstand eines Tracing-Rechts 308

(cc) Vorüberlegungen zum Equitable Tracing im Rahmen von Eigentumsvorbehalten

311 (c) Das Verfolgungsrecht in neu hergestellte Sachen durch

Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts

312 (d) Das Verfolgungsrecht in die Weiterveräußerungserlöse durch

Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts

313 cc. Ausdehnungsformen des Eigentumsvorbehalts 316 aaa. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt: Enlarged Reservation of Title 316 bbb. Die Möglichkeiten des Tracing in neu hergestellte Produkte

aufgrund der Verwendung von Enlarged Reservation of Title Clauses

321

ccc. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt: Prolonged Reservation of Title 324 (1) Erlösklauseln im Rahmen der Weiterveräußerung von

Vorbehaltsware

325 (2) Erlösklauseln im Rahmen der Weiterveräußerung von unter

Verwendung der Vorbehaltsware hergestellten neuen Produkten

329 2. Die Auswirkung von Eigentumsvorbehalten auf Factoringzessionen 333 a. Zahlungsverweigerung des Schuldners bei der

Forderungseinziehung

333 b. Die Konfliktlage von Factoringzessionen und Ansprüchen eines

Eigentumsvorbehaltslieferanten in Weiterveräußerungserlöse, wenn die streitgegenständliche Forderung vom Factor noch nicht

eingezogen wurde

334

aa. Lösungsansatz, wenn der Anspruch des Lieferanten als Charge eingeordnet worden ist

335 bb. Lösungsansätze, wenn Factoringzessionen mit Tracing-Rechten in

Konflikt treten 337

(12)

aaa. Der Konflikt von Factoringzessionen mit Legal Tracing Rights 337 bbb. Der Konflikt von Factoringzessionen mit Equitable Tracing Rights 338

(1) Der Lösungsvorschlag von Goode 338

(a) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Zessionen bestehender Forderungen

338 (aa) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Legal Assignments

bestehender Forderungen 338

(bb) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Equitable Assignments bestehender Forderungen

338 (b) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Equitable Assignments

künftiger Forderungen 340

(2) Der Lösungsvorschlag von McLauchlan 341 (a) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Legal Assignment 341 (b) Der Konflikt von Equitable Tracing mit Equitable Assignment 343

(3) Der Lösungsvorschlag von McCormack 344

(4) Der Lösungsvorschlag von Oditah 346

(a) Lösungsansatz, wenn seitens des Schuldners noch keine Zahlung erbracht worden ist

346 (aa) Die Konfliktlage von Common Law Tracing mit Factoring 346 (bb) Die Konfliktlage von Equitable Tracing mit Factoring 347 (b) Die Konfliktlage, wenn der Schuldner an den Factoringkunden

bereits Zahlung erbracht hat

350 c. Die Konfliktlage, wenn an den Factor Zahlung erbracht worden ist 350

3. Abschließende Anmerkungen 351

IV. Die Auswirkung vertraglicher Abtretungsverbote auf

Factoringzessionen 353

1. Vorüberlegungen 353

2. Einführung 355

3. Die Auswirkung von Abtretungsverboten auf die Beziehung

zwischen Zedent und Schuldner 357

4. Die Auswirkung von Abtretungsverboten auf die Beziehung des Zedenten zum Zessionar

358 5. Der Umfang der Gegenrechte des Schuldners bei Bestehen eines

Abtretungsverbots: Das Subject to Equities-Prinzip

362 6. Rettung für den Factor: Errichtung eines Trust 363

F. SCHLUßBETRACHTUNGEN 365

I. Anmerkung zur rechtlichen Einordnung des Factoringvertrages und 365

(13)

sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Lösung von Vorrangkonflikten

1. Die rechtliche Einordnung des Factoringvertrages 365 2. Factoringvertragsgestaltung und Prioritätskonflikte 366

II. Anmerkungen zum Zessionsrecht 367

III. Anmerkung zu Einwendungen und Einreden des Schuldners 368 IV. Anmerkung zu den Vorrangregeln des englischen Rechts 369 1. Vorrangregeln bei mehrfacher Zession 369 a. Vorrangregeln bei mehrfachem Equitable Assignment 369 b. Vorrangregeln bei sonstigen Mehrfachzessionen 369 V. Anmerkungen zur Konfliktlage von Factoring und

Eigentumsvorbehalt

371

VI. Die Wirkung vertraglicher Abtretungsverbote auf Factoringzessionen

373

(14)

A.EINFÜHRUNG

Einjeder Jurist wird sich ein ungefähres Bild von den Unterschieden in der strukturellen Konzeption der Rechtsordnungen Deutschlands und Englands machen können. Während die Kontinaltaleuropäer gesetzlich niedergelegte Regelwerke zum Ausgangspunkt haben, entwickelte das englische Common Law über die Jahrhunderte Präzedenzfälle (precedents), die ihrerseits durch Gesetze (statutes) ergänzt werden. An der Vorliebe des Common Law für Präzedenzfälle hat sich bis heute im wesentlichen nichts geändert, wenngleich in den letzten 150 Jahren vermehrte Gesetzgebungsaktivitäten zu verzeichnen sind1.

Das Fehlen einer ausgeprägten Gesetzgebungstradition und der Umstand, daß Großbritannien ohne moderne Verfassung – sofern man nicht behaupten möchte, es handle sich bei der Magna Charta Libertatum von 1215 um eine solche2 – auszukommen scheint, stoßen auf dem zentraleuropäischen Kontinent gelegentlich auf Unverständnis3. Wirft der Kontinentaljurist einen Blick hinter die Kulissen dieses ihm anfangs obskur erscheinenden Inselrechtskreises, wird er nicht nur erstaunt feststellen, daß sich die Kollegen des englischen Rechtsraumes mit ähnlichen juristischen Fragestellungen zu beschäftigen haben, sondern auch, daß die vom englischen Common Law entwickelten Lösungen durchaus Ähnlichkeit mit den im eigenen Rechtskreis zur Verfügung stehenden Konzeptionen aufweisen – wenngleich die gefundenen Ergebnisse gelegentlich voneinander abweichen4. Zugegebenermaßen gestaltet sich der Zugang zum englischen Common Law für Juristen, die sich bisher im wesentlichen mit auf Gesetzen fußendem Recht und der dazugehörigen Judikatur zu dessen Anwendung und Auslegung beschäftigt haben, die sich bequem in Kommentaren wiederfindet, nicht einfach. In der Tat unterscheidet sich die Katalogisierung des englischen Rechtes, das trotz Annäherung an die kontinentale Gesetzgebungstradition nach wie vor in wichtigen Bereichen auf Präzedenzfällen basiert, im konzeptionellen Bereich wesentlich von der deutschen Praxis.

1 Bailey/Gunn, The Modern English Legal System, S. 3ff, 413ff.

2 Siehe Carelle, Die Herausbildung der britischen und französischen politischen Systeme aus historischer Perspektive, S. 2, http:// www.hausarbeiten.de/faecher/hausarbeit/phj/2961.html.

3 James, Introduction to English Law, S. 113ff (115ff).

4 Zum Ganzen siehe Markesinis, Common Law and Civil Law.

(15)

Für den englischen Juristen sind bei der Suche nach Antworten auf Rechtsfragen vor allem zwei Werke von Bedeutung. Erlassene Gesetze finden sich in der Sammlung der Halsbury’s Statues of England and Wales, während das kommentarähnlichste, das im englischen Common Law zur Verfügung steht, die Fall- und Rechtsprechungssammlungen der Halsbury’s Laws of England sind. Das Entscheidungs- und Gesetzessammelwerk der Halsbury’s Laws of England ist nach Schlagworten, wie z.B. “Assignments”, gegliedert. Der Band “Assignments”

beispielsweise beschäftigt sich mit Abtretungen und behandelt hierbei sowohl die von der Rechtsprechung entwickelte Form der Abtretung (equitable assignment) als auch die gesetzliche niedergelegte Abtretungsform (legal assignment) sowie die Schuldübernahme und Novation5.

Mit dieser Arbeit soll dem Juristen des deutschsprachigen Raums vor allem ein Einblick in diejengen, im Zusammenhang mit englischem Factoring auftauchenden Rechtsfragen vermittelt werden, mit denen sich auch die deutschen Juristen seit Eintritt des Factoring auf den deutschen Markt beschäftigt haben.

Um den Hintergrund, vor dem sich englisches Factoring entwickelt hat, aufzuzeigen, soll als erstes ein Überblick über die historische Entwicklung hin zum Kreditfactoring gegeben (Teil B.) sowie die Bedeutung, die Funktionsweise und die gängigen Factoringarten (Teil C.) erläutert werden.

Sodann werden die Ausgestaltung des englischen Factoringvertrages und die hierbei zu berücksichtigenden Besonderheiten dargestellt. Zu den erörterten Problemfeldern gehören beispielsweise die Rechtsnatur des „echten“ und „unechten“ Factoring – im Englischen non-recourse bzw. recourse factoring genannt – ebenso wie Erläuterungen zur verfügungsrechtlichen Grundlage des englischen Factoring, mithin zum englischen Zessionsrecht. Maßgeblichen Einfluß auf die Ausgestaltung von Factoringverträgen bzw. die Wahl der Abtretungsform hat im englischen Recht die Erhebung von Stempelsteuer auf Schriftstücke (stamp duty), die Übertragungen dokumentieren (Teil D.). Zum leichteren Verständnis des English Common Law wird eine Einführung in dessen Dogmatik vorangestellt.

Die aus dem deutschen Recht vertrauten Konflikte wie Mehrfachzessionen oder die Kollision von Factoring mit (verlängertem) Eigentumsvorbehalt, sind auch im

5 Siehe hierzu ausführlich D. II.

(16)

englischen Recht anzutreffen und werden im Rahmen dieser Arbeit eingehend erörtert (Teil E.). Im englischen Recht gesellt sich im Rahmen dieses Themenkomplexes die Kollision von Factoringzession mit Sicherungsrechten Dritter hinzu, die im deutschen Recht aufgrund der Ungebräuchlichkeit von Pfandrechten an Forderungen nicht anzutreffen ist. Bekannt dürfte hingegen die Frage der Wirkung vertraglicher Abtretungsverbote und ihre Auswirkung auf Factoringzessionen sein.

(17)
(18)

B.DIE GESCHICHTE DES FACTORING

I. Ursprünge und frühe Formen

Die historischen Wurzeln des Factoring sind nicht völlig geklärt. Während teilweise die Ansicht vetreten wird, Vorläufer des Factoring entstammten christlicher Vorzeit, wird an anderer Stelle seine Geburtsstunde mit dem Beginn der Kolonialisierung in Verbindung gebracht6.

Bereits im dritten Jahrhundert vor Christus soll es in Mesopotamien Geschäftspraxis gewesen sein, sich durch die Veräußerung von Forderungen bare Zahlungsmittel zu verschaffen. Dabei sollen nicht nur bereits entstandene Forderungen abgetreten worden sein, sondern auch künftige. Schließlich sollen die vorzeitlichen „Factors”

bereits für die Einbringlichkeit der Forderung eingestanden, d.h. das Bonitätsrisiko übernommen haben7.

Anfänge des Factoring glaubt man auch in Babylonien und bei den Phöniziern entdeckt zu haben8.

Gegenüber diesem Ansatz, der nach den Ursprüngen des Finanzierungsaspekts des Factoring sucht, scheint der traditionelle „Factor“ mehr eine Art Handelsvertreter gewesen zu sein. Handelsvertreter nahmen bereits im Wirtschaftsleben des römischen Reiches eine Schlüsselrolle ein. Sie waren mit der Verwaltung des Vermögens und landwirtschaftlicher Produkte reicher Senatoren und Adliger betraut, die ihrem jeweiligen „Factor“ im Gegenzug für ihre Dienste eine Provision zukommen ließen9. Da der Vertrieb von Waren und Produkten oftmals die Notwendigkeit langer Seereisen mit sich brachte, übernahmen die Handelsvertreter,

6 Zu beiden Ansätzen siehe ausführlich Nuzzo, Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S.

15ff.

7 Livijn, Factoring with a View to History, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 13f.

Der Begriff Factor ist dem Lateinischen“facere” entlehnt, was tun oder machen bedeutet.

8 Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 11; Binder-Degenschild, Die Entwicklung des modernen Factoring, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 25ff; siehe ferner Schumann, Die Forderungsabtretung, S. 1.

9 Moore, Factoring - A Unique and Important Form of Finance and Service, [1959] Bus Law 703ff (704).

(19)

die häufig als Factor bezeichnet wurden, die Aufgabe, Käufer zu finden. In diesen Fällen fand eine Entlohnung der Factors im voraus statt10.

Weitere Vorläufer des modernen Factors scheinen die mittelalterlichen Handelsvertreter gewesen zu sein, deren Verantwortungsbereich sich im Laufe der Jahrhunderte stetig erweiterte11. Weite Verbreitung fand der mittelalterliche Factor in Norditalien. Handelswaren wurden stellvertretend durch den Factor auf Kreditbasis verkauft, wobei dieser sich in bezug auf diejenigen Käufer, deren Bonität nicht geklärt werden konnte, oder deren Zahlungsmoral sich als zweifelhaft erweisen könnte, zur Übernahme des Kreditrisikos (Delkredererisiko) bereiterklärte12. Bereits bei dieser frühen Form des Factoring kam es vor, daß der Geschäftsherr in einer anderen Stadt oder gar einem anderen Land als sein Handelsagent bzw. Factor lebte, so daß es sich für den Geschäftsherrn als schwierig erwies, die mit den Verkäufen verbundenen Kreditrisiken überhaupt abzuschätzen13. Im 16. und 17. Jahrhundert war das sogenannte Factorage-System in ganz Europa gebräuchlich. Dieses beinhaltete die Gewährung von Darlehen mit langer Laufzeit oder die Erbringung von Vorauszahlungen auf den späteren Verkauf von Waren.

Unter Zuhilfenahme dieser Methode konnte die finanzielle Liquidität zum Kauf von Rohmaterialien, für die Bezahlung von Löhnen oder des Transports von Waren gesichert werden14.

Während der Zeit der Kolonialisierung und Besiedelung neuer Kontinente durch die europäischen Staaten im 16. Jahrhundert, besonders durch das britische Empire, bedienten sich die Exporteure von Konsumgütern der alten Welt der Hilfe von

10 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 593ff (593).

Der Begriff “del credere agent“ wurde verwendet, um auszudrücken, daß die Factors für die Uneinbringlichkeit der Forderungen einstanden, falls die Käufer ihrer Verpflichtung nicht nachkamen (Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff (755)).

11 Munday, A Legal History of the Factor, [1977] 6 Anglo-Am LR 221ff (224ff, 232ff) wehrt sich gegen die seiner Ansicht nach unkorrekte Gleichsetzung eines Factors mit einem Handelsagenten (commission agent). Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 11 über die deutschen Faktoreien im Mittelalter.

12 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 593ff (593).

13 Westlake, Factoring, S. 41; Munday, A Legal History of the Factor, [1977] 6 Anglo-Am LR 221ff.

14 Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff; Westlake, Factoring, S. 42.

(20)

Handelsvertretern, um die neuen Märkte mit Waren zu versorgen15. Da der Transport von Waren auf dem Seeweg lange Zeit in Anspruch nahm, wurde die Errichtung von Warenlagern im Absatzland notwendig, um für die prompte Lieferung von Bestellungen sorgen zu können. Die sogenannten Factoring-Houses, die zu dieser Zeit entstanden, unterstützten ihre Dienstherren mit finanziellen Mitteln in Form von Darlehen, als sie die Waren, die sich als Fracht auf dem Weg in die Kolonien befanden, als Sicherheit akzeptierten. Aus deren Verkaufserträgen erhielten sie Rückerstattung für die von ihnen verauslagten Kosten16.

Im Unterschied zu den heutigen modernen Factoringgesellschaften kamen solche Kommissionäre mit den Waren noch in direkten Kontakt. Rechtliche Grundlage hierbei war der Factors Act 1889, der dem traditionellen Factor ein Zurückbehaltungsrecht, das sogenannte lien, an den Waren seines Dienstherren gewährte, mittels dessen seine Auslagen und andere Kosten abgesichert wurden17. Um sich den Veränderungen des Marktes anzupassen, nahmen die Handelsvertreter allmählich auch Finanzdienstleistungen in ihr Dienstleistungsspektrum mit auf18. Zu den Factoringhäusern gesellten sich im 18. und 19. Jahrhundert Kommissionsagenturen als Zweigstellen großer Handelshäuser in Übersee. Solche Agenturen wurden von einem Kommissionär geleitet, der mit den lokalen Märkten und einschlägigen Gesetzen vertraut war. In dessen Verantwortungsbereich fiel es auch, das Kreditrisiko der jeweilgen Käufer einzuschätzen. Als Kommissionär der europäischen Handelshäuser vertrat er umfassend deren Interessen in Übersee. Die deutsche und englische Textilindustrie beispielsweise hatte in Nordamerika Factoringhäuser oder sogenannte cotton-factors. Deren Pflichten umfaßte das Lagern und den Verkauf von Waren und sie erhielten die Ermächtigung,

15 Kohnstamm, The Geographic Spread of Factoring, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 185ff; Moore, Factoring-A Unique and Important Form of Finance and Service, [1959] Bus Law 703ff; Naitove, Modern Factoring, S. 6, 9ff insbesondere zur Besiedelung Nordamerikas.

16 Salinger, Factoring, S. 6. Siehe ferner Lazere, Factoring in the United States, in:

Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 35ff.

17 Salinger, Factoring, S. 6; Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [ 1948] 13 LCP 593ff (599); Nuzzo, Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S. 15ff, Binder-Degenschild, Die Entwicklung des modernen Factoring, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring- Handbuch, S. 25ff (26); Moore, Factoring-A Unique and Important Form of Finance and Service, [ 1959] Bus Law 703ff (704f).

18 Binder-Degenschild, Die Entwicklung des modernen Factoring in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 25ff (26); Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936]

36 Columbia LR 745ff.

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Kaufpreiszahlungen entgegenzunehmen. Darüberhinaus übernahmen sie z.T. das Delkredererisiko, d.h. sie standen für die Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung gegen die Abnehmer ein19.

Durch die sich im Laufe der Zeit verbessernden Kommunikationsbedingungen und die zunehmend schnelleren Transportwege wurde es für die Hersteller und Händler überflüssig, Waren via Kommissionär zu versenden. Die Waren wurden nunmehr unter Vorlage von Mustern verkauft und konnten direkt an den Käufer versendet werden20. Bevor eine Warenbestellung ausgeführt wurde, prüfte der Factor die Kreditwürdigkeit eines Käufers. Für den Fall, daß der Factor den potentiellen Käufer für kreditwürdig erachtete, übernahm er das Ausfallrisiko für die Zahlung der Kaufpreisforderung. Hierbei wurde häufig ein Vorschuß auf die Kaufpreisforderung geleistet, wobei die Ware als Sicherheit für die später einzuziehende Forderung diente21. Obwohl zum Zwecke der Vermarktung von Waren hierfür kein Bedürfnis mehr bestand, wünschten sich die Dienstherren weiterhin, den vom Factor angebotenen Komfort der Übernahme der Einziehung von Forderungen in Anspruch zu nehmen. Beliebt war auch, sich des Delkredere-Services zu bedienen22. Aus Handelsvertretern wurden somit spezialisierte Bankiers23.

19 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP, 592ff (592);

Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff (745f);

Naitove, Modern Factoring, S. 6, 9ff. Zum rechtlichen Hintergrund dieser Factors siehe Munday, A Legal History of the Factor, [1977] 6 Anglo-Am LR 221ff (243ff). Zur Rolle von Factoring-Häusern in den Vereinigten Staaten siehe ferner Fischoeder, Factoring in Deutschland, S. 1ff; Bette, Das Factoring-Geschäft, S. 21ff; Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 11ff.

20 Moore, Factoring-A Unique and Important Form of Finance and Service, [1959] Bus Law 703ff (705); Salinger, Factoring, S. 6; Munday, A Legal History of the Factor, [1977] 6 Anglo-Am LR 221ff.

21 Westlake, Factoring, S. 46; Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [ 1948] 13 LCP 592ff (592).

22 Salinger, Factoring, S. 6; Naitove, Modern Factoring, S. 6, 9ff.

23 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 592ff (592);

Westlake, Factoring, S. 46. Ein weiterer Grund für den Stillstand des Imports an Textilien aus Europa, der die Factors zwang, die von ihnen angebotenen Dienstleistungen zu ändern, war die Einführung des McKinley-Tariff im Jahre 1890, bei dem die Zölle für die Einfuhr von Waren bis auf 49,5%

angehoben wurde, Binder-Degenschild, Die Entwicklung des modernen Factoring in:

Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 25ff (26). Nuzzo, Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S. 19ff hebt die Anpassungsfähigkeit der Factoringinstitute hervor; diese wandten sich immer mehr dem Bankwesen zu und entfernten sich dadurch von ihrer traditionellen Funktion, als sie sich in eine dem ursprünglichen Handelsvertreterfactoring fremde Domäne vorwagten. Zur Entwicklung des account receivable financing siehe Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 11ff.

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Als die Handelsbanken in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts begannen, gegen Sicherheitsleistung von Außenständen in Form stiller Abtretungen Geld zu verleihen, stellte Factoring ein reines Institut zur Bargeldbeschaffung dar, bei dem der Abnehmer des Kunden nicht benachrichtigt wurde und bei dem das Risiko der Uneinbringlichkeit von Forderungen vom Kunden des Factors getragen wurde24. Die ersten US-amerikanischen Forderungsfinanzierungsgesellschaften wurden 1904 gegründet, wobei sich ihre Aktivitäten von denen der Handelsbanken unterschieden.

Bei den Finanzierungsfirmen stand die notifizierte Abtretung von Forderungen mit Rückgriff auf den Kunden im Vordergrund, d.h. es wurde den jeweiligen Schuldnern eine Anzeige über die Abtretung gemacht25.

Unter dem wachsenden Druck der Kunden, die mit dem Erfordernis einer Abtretungsanzeige an den Schuldner unzufrieden waren, wurde nach Alternativen gesucht26. Potentielle Kunden fürchteten, man würde ihnen wegen der Inanspruchnahme des Services von Forderungsfinanzierungsgesellschaften unterstellen, sie befänden sich in finanziellen Schwierigkeiten. Um diesen Eindruck zu vermeiden, dachten sich die Factoringinstitute und ihre Kunden ein neues System aus. Der Kunde trat die Forderung weiterhin an den Factor ab, nahm die Eintreibung der Forderung aber weiterhin selbst vor. Als designierter Stellvertreter der Finanzierungsgesellschaft wurde er verpflichtet, alle Forderungseingänge an diese zu übertragen. Der Kunde erhielt hierbei einen Vorschuß auf die ausstehenden Forderungen, wobei er bei Ausfall einer Forderung zunächst noch in Regreß

24 Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff; Naitove, Modern Factoring, S. 9ff; Nuzzo, Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S. 23ff. In Deutschland scheinen im Zusammenhang mit Factoring die folgenden Begrifflichkeiten gebräuchlich zu sein: Der client wird als Anschlußkunde bezeichnet, der Schuldner als Debitor, vergleiche Hill, Interessenskollisionen beim Factoring, S. 4; Nörr/Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, S. 158. Im folgenden sollen jedoch die Begriffe Kunde und Schuldner verwendet werden.

25 Naitove, Modern Factoring, S. 14f, 26ff; Phelps, Account Receivable Financing, S. 16ff. Die Grundidee bei der Gründung dieser Finanzierungsgesellschaften, der commercial finance companies, war der Tätigkeit der Factors in der Textilindustrie entlehnt, wobei anders als beim Factoring die Benachrichtigung der Schuldner entfiel. Zur Definition von account receivable financing siehe Phelps, Account Receivable Financing, S. 20. Aus dieser Definition läßt sich ableiten, daß es sich bei modernem Factoring um eine Unterform handelt, bei der stets der Kauf der Außenstände im Vordergrund steht und weitere Leistungen, wie beispielsweise Buchhaltung, angeboten werden.

Ausführungen zur Frage, ob Factoring-Institute selbständig oder einer Bankabteilung zugehörig sein sollten, finden sich bei Fischoeder, Factoring in Deutschland, S. 97ff. Siehe Schmitt, Das Factoring- Geschäft, S. 11ff zum Einzug des modernen Factoring in Deutschland.

26 Biscoe, Credit Factoring, S. 35.

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genommen wurde; die Übernahme des Delkredererisikos gehörte jedoch schnell zum angebotenen Leistungspaket27.

Die ursprüngliche Form des Factoring, die in der alten Welt teilweise noch praktiziert wurde, entwickelte sich in den USA somit zu einer eigenständigen Finanzierungsform, die von ihrem ursprünglichen Charakter als Handelsinstrument wenig übrig ließ28. Bei dieser neuen Form wurden Kredite versichert, Betriebskapital zur Verfügung gestellt, Vorauszahlungen auf Forderungen geleistet, Buchhalterdienste übernommen und ausstehende Forderungen des Verkäufers, d.h.

des Factoringkunden, eingezogen29.

An die Stelle der einstmals betreuten Waren traten die sich aus dem direkten Verkauf durch die ehemaligen Dienstherren entstandenen Forderungen, die nunmehr dem Factor übertragen wurden. Die „Dienstherren“ wurden zu Kunden des Factors.

Im Gegensatz zum ursprünglichen Handelsvertreter-Factoring stand das Recht zur Forderungseintreibung nunmehr den Factoringinstituten zu. Die Übertragung der Forderungen diente dem Ausgleich des von ihnen auf die Forderungen gezahlten Vorschusses30.

Unter dem englischen Common Law wurde die Rechtsbeziehung zwischen ehemaligem Dienstherr und Handelsvertreter, die jetzt zu Zedent und Zessionar geworden waren, alsbald durch Gerichtsentscheidungen bestimmt31. Modernes Factoring hat dort keine gesetzliche Grundlage erhalten. In verfügungsrechtlicher

27 Phelps, Account Receivable Financing, S. 16ff; Westlake, Factoring, S. 50. Zur Funktionsweise des account receivable financing siehe Phelps, Account Receivable Financing, S. 22f.

28 Naitove, Modern Factoring, S. 14ff. Zu Factoring in Deutschland siehe Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, S. 231f.

29 Pisar, Legal Aspects of International Factoring - An American Concept goes Abroad, [1970] Bus Law 1505ff; Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 592ff (593f); Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff (753f). Zu Aspekten des Factoring aus deutscher Perspektive siehe Löffler, Begriff und Arten des Factoring, BB 1967, 1204ff.

30 Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff (748ff).

31 Zur Interpretation und Bindungswirkung von Gerichtsentscheidungen in England, der sogenannten doctrine of stare decisis, siehe Stone, Precedent and Law, S. 1ff, 61ff, 81ff, 123ff140ff, 172ff, 197ff, 219ff; Goodhard, Precedent in English and Continental Law, [1934] 50 LQR 40ff; Birks, Adjudication and Interpretation in the Common Law: A Century of Change, [1994] 14 LS 156ff.

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Hinsicht konnten und können Abtretungen im offenen oder auch im stillen Verfahren erfolgen32.

In den meisten Staaten der USA hingegen war eine Abtretungsanzeige an den Schuldner erforderlich, um eine Abtretung wirksam werden zu lassen. Die Möglichkeit einer stillen Abtretung bestand dort daher nicht. In vielen Staaten gab es zudem eine Vorschrift über das Erfordernis der Registrierung von Abtretungen33. Um sicherzustellen, daß die Abtretung ohne Anzeige an den Schuldner wirksam war, erließen viele US-Staaten Regelungen über Forderungsverkäufe bzw. deren Hingabe als Sicherheit34.

Die oben beschriebene Form des Factoring wird als old-line factoring bezeichnet.

Dieses ist von der stillen Abtretung und der Inkassozession von Außenständen abzugrenzen35. Die Besonderheit des old-line factoring besteht darin, daß der Factor die Forderungen ohne die Möglichkeit des Regresses gegen den Factoringkunden erwirbt, d.h. der Kunde kein Delkredererisiko mehr zu tragen hat36.

32 Die Entscheidungen beschäftigen sich zum Großteil mit der Frage, ob der Factor ein Zurückbehaltungsrecht (lien) hinsichtlich ihm geschuldeter Beträge hat. Ein solches Recht wurde erstmalig in der Entscheidung Kruger v Wilcox [1755] Ambler 252, 27 ER 168, Ch 1755 eingeräumt.

Zur Ausdehnung des dem Factor zugestandenen Zurückbehaltungsrechts siehe ferner Drinkwater v Goodwin [1775] 1 Cowp 251 (256), 98 ER 1070, [1775-1802] All ER Rep 87; Urquhart v M'Ivor 4 Johns 103 (NY 1809); Marks v Barber 16 Fed Cas No 9096 (Circ Ct Pa 1804); Haille v Smith [1796]

1 Bos & Pul 563, 126 ER 1066. Ausführlich hierzu siehe Munday, A Legal History of the Factor, [1977] 6 Anglo-Am LR 221ff. Der Factors Act, dessen letzte Fassung von 1889 auch heute noch Anwendung findet, beschäftigt sich u.a. mit der Frage der Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb vom Factor, der mit den Waren selbst noch in Berührung kam, vergleiche Halsbury's Statutes, Vol 1, Agency, S. 45ff; The Law Reports, The Public General Statutes passed in the fifty-second and fifty- third years of the reign of Her Majesty Queen Victoria, 1889, Vol XXXVI, S. 186ff.

33 Eine Vereinheitlichung des US-amerikanischen Rechts erfolgte erst mit dem Inkrafttreten des Uniform Commercial Codes (UCC) im Jahre 1962; Nuzzo, Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S. 27ff. Zur Notwendigkeit der Registrierung von Belastungen beim Registrar of Companies von limited companies in England siehe Holden, Law and Practice of Banking, S. 353ff, Davies/Gower, Gower’s Principles of Modern Company Law, S. 831ff. Zur Notwendigkeit der Registrierung bei Insolvenz eines Kaufmanns im Rahmen des stillen Factoring (confidential factoring), wo die Schuldner über die Forderungsübertretung nicht in Kenntnis gesetzt werden, siehe section 344 des Insolvency Act 1986, Gough, Company Charges, S. 533f). Zum Insolvency Act 1986 siehe The Public General Acts 1986, Part II, S. 1027ff (1228).

34 Salinger, Factoring, S. 7. Heute ist nach dem Uniform Commercial Code (UCC) zu ihrer Wirksamkeit gegenüber Rechten Dritter oder trustees im Insolvenzfall die Registrierung künftiger Forderungen vorgeschrieben, wenn sie Gegenstand eines Sicherungsrechts sein sollen.

35 Binder-Degenschild, Die Entwicklung des modernen Factoring, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 25ff (27).

36Salinger, Factoring, S. 1ff, 16ff.

(25)

II. Entwicklungen in England

Die bisher skizzierte Entwicklung des Handelsvertreters zum spezialisierten Bankier stellt eine Quelle des Factoring in England dar. Die zweite Quelle des Factoring entspringt der kontinentaleuropäischen Bankenpraxis des sogenannten discount finance37. Hierbei werden Forderungen unter Vorlage einer Rechnungskopie bevorschußt. Diese Art der Finanzierung beinhaltete jedoch keine Sicherheit gegenüber Ansprüchen Dritter oder im Insolvenzfall38. Da diese Geschäftspraxis für die sogenannten clearing banks39 wenig attraktiv war, begannen die Finanzhäuser Londons, Rechnungen auf ähnliche Weise zu diskontieren. Die Banken in England verließen sich auf den Vorteil der floating charge, eines englischen Sicherungsrechts, die eine Art Generalverpfändung auf die im Rahmen dieser Arbeit noch genauer einzugehen sein wird, deren Besonderheit ist, daß es zunächst zu keiner Übertragung des Sicherungsgegenstandes auf den Sicherungsnehmer kommt40.

Um eine Forderung als Sicherheit anzubieten, wurde den Finanzhäusern, die die Rolle einer Abrechnungsstelle übernehmen sollten, eine Rechnungskopie vorgelegt.

Über diesen Vorgang wurde dem Schuldner keine Mitteilung gemacht. Die Banken finanzierten sodann einen bestimmten Anteil der ausstehenden Forderung im voraus, wobei der Kunde verpflichtet war, von den Abnehmern erhaltene Zahlungen weiterzuleiten. Die Finanzhäuser waren durch diese Praxis jedoch dem Risiko der Schmälerung des Wertes der finanzierten Forderung ausgesetzt. Die Schuldner konnten mangels Kenntnis über die Hingabe der betreffenden Forderung als Sicherheit weiterhin Gegenansprüche erwerben41. Weitere Unsicherheiten konnten

37 Naitove, Modern Factoring, S. 14f. Zur Abgrenzung von Forderungskäufen zur Darlehenshingabe gegen Sicherheit von book debts siehe die Ausführungen von Gough, Company Charges, S. 514ff, 521f. Zur Abgrenzung von modernem Factoring zum Zessionskredit siehe Löffler, Begriff und Arten des Factoring, BB 1967, 1204ff.

38 Zu Prioritätskonflikten siehe E.

39 Zu clearing banks und der Struktur des heutigen englischen Bankwesens siehe Ellinger/Lomnicka/Hooley, Modern Banking Law, S. 6ff.

40 Zur Definition siehe The Governments Stock and other Securities Investment Co Ltd v The Manila Railway Co Ltd [1897] AC 81 (86), Lord Macnaghten. Zur floating charge siehe ausführlich E. II. 2.

Siehe Ausführungen zum Verhältnis der Handelsbanken (commercial banks) zu Factoringinstituten von Naitove, Modern Factoring, S. 45ff, 26ff. Siehe ferner Salinger, Factoring in the United Kingdom, in: Hagenmüller/Sommer, Factoring-Handbuch, S. 354ff.

41 Wie später zu sehen sein wird, hat eine Abtretungsanzeige im englischen Recht eine ähnliche Wirkung, wie im deutschen. Mit ihr werden die Gegenrecht des Schuldners fixiert siehe D. II. 3. f; D.

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im Insolvenzfall auftreten, da die Gefahr bestand, daß Sicherungsbestellungen im Wege einer floating charge im Falle des Fehlens ihrer Registrierung in einem Insolvenzverfahren als nichtig angesehen wurden42. Ein Ausweg wurde darin gefunden, daß Forderungen anstelle der Verwendung als Sicherheit im Rahmen der Kreditgewährung nunmehr vollständig verkauft und infolgedessen zediert wurden43. Diese Form der Forderungsfinanzierung, die eine Domäne der Banken war, erfüllte primär den Zweck, Geldmittel zu beschaffen, wobei beispielsweise die Übernahme von Verwaltungsaufgaben, die Forderungseintreibung an sich oder der Schutz gegen Uneinbringlichkeit der Forderungen keine Rolle spielte44.

III.

42 Zum Registrierungserfordernis bestimmter Transaktionen siehe E. II. 2. bb.

43 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 592ff (594f);

Salinger, Factoring, S. 8f. Eine ausführliche Darstellung des forderungsgesicherten Bankkredits im Vergleich zu receivable financing oder Factoring siehe C. II. 7. b.

44 Biscoe, Credit Factoring, S. 3 und Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [ 1936] 36 Columbia LR 745ff (768ff).

(27)
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C.DIE BEDEUTUNG,FUNKTIONSWEISE UND AUSGESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN DES ENGLISCHEN FACTORING

I. Modernes Factoring

Die amerikanischen factoring houses paßten ihr Leistungspaket stets den sich verändernden Marktbedürfnissen an und begannen im 20. Jahrhundert, sich auf Forderungsfinanzierung zu spezialisieren. Ende der 50er Jahre bzw. zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts machen sie sich auf, den europäischen Markt zu erobern. Der Grund, weshalb es ihnen gelang, neben den traditionellen Bankhäusern einen Marktanteil zu erringen, wird auf ihr weitreichendendes Leistungspaket zurückgeführt. Zusätzlich zur Verfügungstellung von Kapital boten sie eine Reihe anderer Serviceleistungen an, die von Banken nicht angeboten wurden45.

Als eigentlicher Beginn des modernen Factoring in Europa werden die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts angesehen. Hintergrund der heute vorliegenden Formen des Factoring ist die Überlegung, passives Betriebsvermögen in Aktiva zu verwandeln46. Ein großer Teil des Betriebsvermögens eines Gewerbetreibenden oder Unternehmens besteht in Form von Buchschulden, sogenannter book debts47, da Waren in aller Regel nicht gegen Barzahlung geliefert werden, sondern in Form des Warenkredits ausgestaltet sind. Da der Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung um bis zu 3 Monate nach Erbringung der Leistung des Verkäufers oder Dienstleisters nach hinten verlagert sein kann, überrascht es kaum, daß solche Außenstände einen beachtlichen Unternehmenswert darstellen, der sich bei der Finanzbeschaffung äußerster Beliebtheit erfreut. Die hierbei gewählte Form der Finanzierung, sei es der

45 Livijn, Factoring with a View to History, in: Hagenmüller/Sommer/Brink, Factoring-Handbuch, S.

13ff; Biscoe, Credit Factoring, S. 37ff. Zum deutschen Factoring siehe Glomb, Finanzierung durch Factoring, S. 17ff; Fischoeder, Factoring in Deutschland, S. 5f; Löffler, Begriff und Arten des Factoring, BB 1967, 1204ff; Bette, Das Factoring-Geschäft, S. 21ff.

46 Lea/Trollope, Factoring and Invoice Discounting, S. 1ff. Bei Lea/Trollope S. 9ff findet sich eine interessante Darstellung der positiven Auswirkung des Factoring auf Wirtschaftsentwicklungen.

Lea/Trollope weisen darauf hin, daß Factoring völlig zu unrecht lange ein Stiefmütterchen-Dasein fristen mußte und eher als letzter Ausweg aus einer finanziellen Misere, denn als hervorragender Motor bei der Expansion von Unternehmen angesehen wurde. Zur Notwendigkeit eines einheitlichen Rechts siehe Goode, A Uniform Law on International Factoring, in: Unification, Liber Amicorum Sauveplanne, S. 91ff. Zur Entwicklung in Deutschland siehe Nuzzo, Das Factoring nach deutschem und italienischem Recht, S. 24ff; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, S. 222ff; Fischoeder, Factoring in Deutschland, S. 5f, 7ff.

47 Zur Definition von book debts siehe Farrar/Furey/Hannigan/Wylie, Farrar's Company Law, S.

646f; Ellinger/Lomnicka/Hooley, Modern Banking Law, S. 786f.

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Verkauf dieser Buchschulden oder ihre Hingabe als Sicherheit für aufgenommene Kredite, bestimmt sich nach den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens48. Aus der Sicht von Unternehmen, die Waren (oder Leistungen) auf Kreditbasis anbieten, sind Außenstände mit mehreren Problemen verbunden. Zahlt der Schuldner verspätet, kann ein Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten kommen.

Ebenso muß sich ein Unternehmen, bevor es beispielsweise die Lieferbedingungen, d.h. die Einzelheiten des jeweiligen Warenkredits, für einen bestimmten Kunden überhaupt festlegen kann, zunächst einen Überblick über die Finanzlage des betreffenden Abnehmers verschaffen. Darüber hinaus ist die Gewährung von Warenkredit mit Verwaltungsaufgaben verbunden und mit dem Risiko der Uneinbringlichkeit der Forderung behaftet49.

Bei einem Großteil dieser Probleme kann modernes Factoring Abhilfe schaffen.

Modernes Factoring beinhaltet eine dauerhafte Rechtsbeziehung zwischen einem Finanzinstitut, d.h. dem Factor, und seinem Kunden, also einer Firma, die Waren verkauft oder Dienstleistungen erbringt. Das Factoringinstitut kauft Buchschulden des Kunden an, um im Gegenzug Finanzierungsmittel zur Verfügung zu stellen, sowie insbesondere die Aufgabe der Kontrolle von Abnehmerlieferkrediten zu übernehmen oder das Risiko für uneinbringliche Forderungen zu tragen50. Ob die Vertragsparteien hierbei den Verkauf der Forderungen anzeigen oder sich für stilles Factoring (undisclosed factoring) entscheiden, hängt von den Bedürfnissen des Kunden ab51.

48 Oditah, Priorities: Equitable versus Legal Assignments of Book Debts, [1989] 9 OJLS 513ff. Zur Frage, ob man sich des Factoring oder eines Bankkredits bedienene sollte, siehe Naitove, Modern Factoring, S. 45ff, 92ff, sowie Lea/Trollope, Factoring and Invoice Discounting, S. 69ff. Zur Abgrenzung von Factoring und durch Forderungen gesicherten Darlehen siehe Gough, Company Charges, S. 514ff, 521f.

49 Joubert, The Legal Nature of the Factoring Contract, [1987] So African LJ 88ff (88). Vertiefend zur Entwicklung des modernen Factoring siehe Hillyer, Four Centuries of Factoring, [1939] 53 QJ Econ 305ff sowie Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff.

50 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 592ff (593);

Salinger, Factoring, S. 2; Moore, Factoring-A Unique and Important Form of Finance and Service, [ 1959] Bus Law 703ff (706f). Siehe auch Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, S. 222ff, der die Factoringleistungen als Finanzierungsservice, Verwaltungsservice und Delkredereservice beschreibt.

51 Goode, Some Aspects of Factoring Law, [1982] JBL 240ff, 338ff, 410ff, 527ff (240); Joubert, The Legal Nature of the Factoring Contract, [1987] Soo African LJ 88ff (89). Stilles Factoring ist in Deutschland ungebräuchlich siehe Brink, Rechtsbeziehungen des Factors mit seinem Kunden – Der Factoringvertrag, in: Hagenmüller/Sommer/Brink, Factoring-Handbuch, S. 175ff (192). Zu Techniken des deutschen Factoring siehe Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 72ff.

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Um diese Factoringvariante von der ursprünglichen Form zu unterscheiden, bei der der Factor noch die Funktion eines Handelskommissionärs bekleidete, hat sich der Begriff Kreditfactoring (credit factoring) herausgebildet52. Um den jeweiligen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, können die verschiedenen Leistungen, die Factoring beinhaltet, beliebig miteinander kombiniert werden53.

Zu betonen ist, daß die Funktion des Factoring nicht besteht darin, die Zeitlücke vor dem erfolgreichen Weiterverkauf erworbener Waren zu schließen und jeder Kredit, der zu diesen Zwecken benötigt wird, sollte in Form von Leasing oder hire-purchase erfolgen. Der Sinn des Factoring liegt darin, die bei Warenlieferanten entstehende Lücke, die durch Weiterveräußerung unter Gewährung eines Lieferantenkredits entsteht, zu schließen. Aus diesem Grund eignen sich als Factoringkunden besonders Lieferanten von Rohmaterialien, d.h. solchen Gütern, die „hergestellt, verkauft und vergessen“ werden, da die sich aus ihrer Veräußerung ergebenden Forderungen nicht Gegenstand von after-sales service und ähnlichem sind54. Zum Servicepaket des modernen Factors gehören zusammengefaßt die Übernahme des Delkredererisikos, die Übernahme von Dienstleistungs- und Verwaltungsaufgaben sowie die Bereitstellung von Bargeld55. Wie sich die Inanspruchnahme der Factoringleistungen auf Unternehmen auswirkt, soll nunmehr verdeutlicht werden.

52 Biscoe, Credit Factoring, S. 3. Ausführlich zur Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte siehe Steffen/Danziger, The Rebirth of the Commercial Factor, [1936] 36 Columbia LR 745ff.

53 Joubert, The Legal Nature of the Factoring Contract, [1987] So African LJ 88ff (89); Westlake, Factoring, S. 1, 2. Lea/Trollope, Factoring and Invoice Discounting, S. 16ff. Zur geschichtlichen Entwicklung des Waren- bzw. Lieferantenkredits siehe Salinger, Factoring, S. 25.

54 Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 592ff (594f);

Salinger, Factoring, S. 25.

55 Hill, Interessenskollisionen beim Factoring, S. 6ff; Fischoeder, Factoring in Deutschland, S. 7ff, 10ff mwN.

(31)

II. Die Vorteile des Factoring für Unternehmen56

1. Einführung

Wie bereits angesprochen wurde, stellen die Außenstände eines Unternehmens totes Kapital dar. Üblicherweise belaufen sie sich auf ein Fünftel des Jahresumsatzes. Um sofort Barmittel zur Verfügung zu haben, bietet sich der Verkauf ausstehender Forderungen an Factoringinstitute an, wodurch ermöglicht wird, daß erhaltene Summen unmittelbar investiert werden können57. Obgleich die Dienste, die von einem Factor angeboten werden, an verschiedenen anderen Stellen erhältlich sind, vereinigt nur der Factor alle Aspekte in einer Person58. Anstatt für die Buchhaltung beispielsweise EDV-Dienstleister bezahlen zu müssen, Versicherungen für Kreditrisiken abzuschließen oder Inkassobüros mit der Schuldeneintreibung zu beauftragen, ist es viel bequemer, eine Institution mit allen Aufgaben zu betrauen59.

2. Sofortige Barmittel: Prepayments

Die durch Finanzierungsfactoring, sogenanntes advance factoring60, freiwerdenden Barsummen stellen bei effektivem Einsatz eine Alternative zu einem Bankkredit

56 Zu betriebswirtschaftlichen Aspekten insgesamt siehe Crichton/Ferrier, Understanding Factoring and Trade Credit. Zu Ausführungen zum deutschen Recht siehe beispielsweise Hill, Interessenskollisionen beim Factoring; Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 20ff, 47ff; Glomb, Finanzierung durch Factoring; Kissner, Fortfaiting, Leasing, Factoring im Auslandsgeschäft;

Schepers, Der Factoringmarkt in Deutschland; Schwarz, Factoring; Bette, Praxis und Rechtsnatur des Factoring; ders., Das Factoring-Geschäft; Schmitt, Das Factoring-Geschäft; Kamper, Factoring – Wirtschaftliche, Zivilrechtliche und Steuerrechtliche Aspekte; Lunckenbein, Rechtsprobleme des Factoring-Vertrages; Berghaus, Kollision zwischen Factoringglobalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt; Ehling, Inland-Factoring; Löffler, Begriff und Arten des Factoring, BB 1967, 1204ff.

57 Naitove, Modern Factoring, S. 19ff. Zur Auswirkung von Factoring auf die Bilanzen siehe insbesondere, S. 20. Im englischen Recht besteht die Notwendigkeit, Kauf und Darlehen (charge auf die Buchschulden als Sicherheit für ein Darlehen) voneinander abzugrenzen. Zu block discounting siehe ferner Oditah, Receivables Financing, S. 44ff.

58 Joubert, The Legal Nature of the Factoring Contract, [1987] So African LJ 88ff (89).

59 Westlake, Factoring, S. 1, 2. Zu den positiven Effekten, die sich für die Abnehmer der Factoringkunden ergeben, siehe Moore, Factoring-A Unique and Important Form of Finance and Service, [1959] Bus Law 703ff (709). Siehe auch Schmitt, Das Factoring-Geschäft, S. 20ff.

60 Joubert, The Legal Nature of the Factoring Contract, [1987] So African LJ 88ff (89f);

Lea/Trollope, Factoring and Invoice Discounting, S. 42. Silverman, Factoring: Its Legal Aspects and Economic Justification, [1948] 13 LCP 593ff (598) hebt hervor, daß der Factor nicht gegen Sicherheit der Außenstände Darlehen gewährt, sondern daß er die Forderungen ankauft.

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