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Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher www.nanoportal-bw.de Nano-DialogBaden-Württemberg

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Nano-Dialog

Baden-Württemberg

Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher www.nanoportal-bw.de

FAIRNESS TRANSPARENZ VERTRAUEN

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Nanotechnologien – eine Einführung

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Verantwortungsvoller Umgang

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Nano-Dialog Baden-Württemberg

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Nanoportal Baden-Württemberg

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Marktcheck 2015

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Service

im Jahr 1986 ging der Nobelpreis für Physik an die Entwick- ler des Rastertunnelmikroskops. Heinrich Rohrer und Gerd Binnig hatten das Werkzeug geschaffen, mit dem Menschen erstmals den Nano-Kosmos sehen und erleben konnten. Seit- her ist viel passiert. Heute gehören die Entwicklung und der Einsatz nanotechnologischer Anwendungen zu den Querschnittstechnologien der Zukunft.

Chemiker, Biologen, Physiker, Elektrotechniker, Optiker, Mediziner, Textilforscher sowie Wissenschaftler weiterer Dis- ziplinen nutzen heute das Wissen über Strukturen und Materialien, die so winzig sind, dass nur Bilder aus dem Mik- roskop sie veranschaulichen können. Ethiker, Soziologen, Risikoforscher und Kommunikations experten setzen sich mit dem Einsatz von Nanomaterialien und den Wirkungs- weisen von Nanotechnologien auseinander. Dabei sind nicht wenige Nano-Materialien längst Teil des modernen Alltags und viele Anwendungen heute selbstverständlich.

Umso spannender ist ein Blick hinter die Kulissen für Ver- braucherinnen und Verbraucher, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer.

Gerade jene Nanomaterialien, die für Produkte des täglichen Bedarfs entwickelt und eingesetzt werden, zum Beispiel in kosmetischen Mitteln, geben jedoch zugleich immer wieder Anlass zur Sorge wegen möglicher Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Wissenschaftler, Entwickler und Politiker stehen heute vor der Herausforderung, Risiken und

Nutzen gegeneinander abzuwägen, einen Weg zwischen Euphorie und Bedenken zu finden, die Potenziale aus dem Nano-Kosmos für die Gesellschaft nutzbar zu machen und die Spielregeln für deren Anwendung festzulegen. Forschungs- aktivitäten, konstruktive Dialoge und die gesetzliche Regu- lierung prägen die Suche nach einem verantwortungsvollen Umgang mit den Nanotechnologien. Natur- und Geisteswissen- schaftler, Forscher und Anwender, Politiker und zivilgesell- schaftliche Organisationen sind an diesem Prozess beteiligt.

Mit dem Nano-Dialog Baden-Württemberg gibt das Minis- terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz auch den Verbrauchern eine Stimme in der gesellschaftlichen Diskussion.

Mit dieser Broschüre wollen wir Neugierde wecken, Fragen beantworten und Ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild der Nanotechnologien und des Nano-Dialogs zu machen.

Ich wünsche Ihnen eine informative und anregende Lektüre.

Ihr

Peter Hauk MdL

Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Liebe

Leserinnen und Leser,

Inhalt

Peter Hauk MdL

Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Foto: MLR / Jan Potente

www.nanoportal-bw.de

NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG EDITORIAL INHALT NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG

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Die Vorsilbe Nano beschreibt den milliardsten Teil einer physi kalischen Einheit. Ein Nanometer sieht daher im Rechenheft so aus: 0,000 000 001 m.

Das ist so unvorstellbar klein, dass nur Vergleiche eine Ahnung von den Größenordnungen geben können. Ein menschliches Haar, zum Bei- spiel, misst „dicke“ 100.000 Nanometer (nm), ein Grippevirus ist etwa 100 nm groß und das menschliche Erbgut besteht aus DNA-Strängen, die zwar sichtbare 2 m lang, aber nur unsichtbare 2 nm breit sind. Auch die Wände unserer Körperzellen, die Fettkügelchen in der Milch oder die Härchen, mit deren Hilfe Geckos an den Wänden haften, gehören zu den natürlichen Nano-Strukturen. Doch sie sind nicht gemeint, wenn die Rede von Nanotechnologien ist. Im Mittelpunkt stehen vielmehr jene Strukturen des Nano-Kosmos, die sich Menschen gezielt erschaffen oder zu Nutze machen.

Kleine Strukturen, große Wirkung – diesen Zusammenhang machen sich die Nano- technologien zu nutze. Ihre Anwendungen werden unseren Alltag weiter verändern.

Es lohnt sich also, genauer hinzusehen.

Foto: MLR / Ferdinando Iannone

Zwerge, Menschen und Produkte

Einführung in die Nanotechnologien

Die Väter der Nanotechnologien

Schon lange suchten Menschen nach den Teilchen, aus denen die Welt aufgebaut ist. Was sie dabei ent- deckten wurde die Grundlage für Neuerungen. Auch die Nanotechnologien haben viele Väter:

Den ersten Teil des Weges ebnete Niels Bohr, der 1913 sein Atom-Modell veröffentlichte und so den kleinsten Teilchen eine Gestalt gab.

Das Elektronenmikroskop ergänzte das alther ge- brachte Lichtmikroskop und machte erstmals Viren für das menschliche Auge sichtbar.

Im Jahr 1959 hielt der amerikanische Physiker Richard Feynman vor der Amerikanischen physikalischen Gesellschaft eine Rede, die als die Geburtsstunde der modernen Nanotechnologien gilt: Unter dem Titel

„There is plenty of room at the bottom“ (etwa: Ganz unten ist eine Menge Platz) entwarf Feynman seine Vision von der Miniaturisierung. Atome, Moleküle und ihr Verhalten gezielt zu verändern und zu steu- ern, war für ihn die Zukunft der Naturwissenschaften.

Der spätere Nobelpreisträger ließ sich in seinem Vort rag nicht davon beeindrucken, dass die techni- schen Voraussetzungen für seine Ideen noch nicht bestanden. Er war überzeugt, dass dort, in der Welt des Winzigen, eine Menge Chancen für Naturwissen- schaft und Technik lägen und dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die nötigen Techniken entwi- ckelt wären.

Im Jahr 1974 benutzte der japanische Professor und Ingenieurwissenschaftler Norio Taniguchi erstmals den Begriff „Nano-Technology“ im Zusammenhang mit der technischen Gestaltung von Oberflächen.

Die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops im Jahr 1982 bescherte der Wissenschaft endlich das nötige Hilfsmittel für die Arbeit im Nano-Kosmos: Die Phy- siker Gerd Binnig und Heinrich Rohrer hat ten damit ein Instrument geschaffen, mit denen erstmals ein- zelne Atome sichtbar gemacht und sogar gezielt an- geordnet werden konnten. Vier Jahre später erhielten sie dafür den Physik- Nobelpreis.

Eric Drexler schrieb die allererste Dissertation in die- sem neuen Forschungsfeld. Seit der Veröffent li chung seines Buches „Engines of Creation“ 1986 gilt er als Visionär der Nanotechnologien.

Werden Kohlenstoffnanoröhrchen (CNT) auf eine bestimmte Weise angeordnet, können sie elektrische Energie in Wärme um wandeln.

Werden sie in einer Anstrichfarbe verteilt und auf einen Untergrund aufgetragen, hat man praktisch eine „Heizung zum Aufmalen“.

Kann so die Heizung der Zukunft aussehen?

Nanotechnologien – eine Einführung

DIE SUCHE NACH BEGRIFFEN / 06 VIELFÄLTIG: NANOMATERIALIEN / 08 ANWENDUNGEN / 08

KAUM ECHTER ÜBERBLICK / 11

NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG

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Nano ist reizvoll

Heute können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie Entwicklerinnen und Entwickler Strukturen erschaffen, die nur 2, 20 oder 200 Nanometer (nm) messen. Sie wollen beispielsweise die Tatsache nutzen, dass Stoffe in ihrer Nano-Form andere chemische und physikalische Eigenschaften zeigen als in Makrogröße:

Sie gewinnen oder verlieren beispielsweise Farbe, elek- trische Leitfähigkeit, Elastizität oder Reaktionsfreudig- keit. In anderen Fällen profitieren die Spezialistinnen und Spe zialisten davon, dass Nano-Verbindungen im Verhält- nis zu ihrer Größe eine gigantische Oberfläche haben, an der sie chemisch reagieren können. Manch einer setzt auch auf Nanomaterialien, um mit weniger Rohstoffen auszukommen. In anderen Fällen lassen sich so Abläufe auf kleinstem Raum unterbringen, die bisher viel Platz brauchten.

Nano zwingt zur Diskussion

Verhältnismäßig neu und damit revolutionär in der Tech- nologiegeschichte ist, dass Menschen Nano-Strukturen ge- zielt erschaffen und nutzen können. Doch mit den neuen Materialien und Anwendungen sind auch neue Fragen aufgetaucht, auf die unsere Gesellschaft Antworten braucht.

Sie betreffen den Charakter und die (möglichen) Wir- kungen der eingesetzten Nanomaterialien sowie die mittel- baren und unmittelbaren Kosten und Nutzen der Nano- technologien. Die technischen Entwicklungen ebenso wie die wissenschaftlichen und politischen Diskussionen auch

für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbar öffentlich zu machen, ist eine weitere Herausforderung.

Die Diskussion über einen verantwortungsvollen Umgang mit den Nanotechnologien betrifft vom Hersteller über den Verarbeiter bis zum Entsorger, vom Grundlagenforscher über die Verbraucherschaft bis zum Politiker alle gesell- schaftlichen Gruppen und ist noch längst nicht abgeschlos- sen. Entwicklung, Anwendung und Risikoforschung laufen parallel und zwingen die Beteiligten der Fach- und der öffentlichen Diskussionen immer wieder dazu, ihre Posi- tionen zu bestimmen. Eine wesentliche Rolle in dieser Debatte spielen die Begrifflichkeiten.

DIE SUCHE NACH BEGRIFFEN

Ob für ein Gespräch in kleinsten Kreis oder die gesell- schaftliche Debatte, ob unter Fachleuten oder Laien – alle Fragen der gesetzlichen Handhabe, der Risikobewertung und der Information der Öffentlichkeit lassen sich nur dann zielführend und sinnvoll diskutieren, wenn die Be- griffe Nanomaterial und Nanotechnologien treffsicher erklärt und abgegrenzt sind. Denn nicht alles, was in Nano- metern gemessen wird, ist ein Nanomaterial, das einen rechtlichen Rahmen erhalten sollte. Nicht jede Anwen- dung in dieser Größenordnung gehört zu den Nanotech- nologien, über die sich die Gesellschaft verständigen müsste. Dabei sind die Begriffsbestimmungen stets auch Ausdruck des wissenschaftlichen Kenntnisstandes, der technischen Möglichkeiten und der politischen Stimmung ihrer Zeit und damit nicht nur das Ergebnis von Debat- ten sondern immer auch ihr Anlass.

… Nanotechnologien

Das Internationale Institut für Normung (ISO, Internati- onal Organization for Standardization) definiert Nano- technologien vorläufig als „alle Anwendungen von wissen- schaftlichem Wissen zur Manipulation und Kontrolle von Materie im nanoskaligen Bereich, wobei Eigenschaften und Phänomene auftreten können, die auf die Größe und Struktur zurückzuführen sind“ (Quelle: ISO/TS 80004- 1:2010). „Nanoskalig“ meint in diesem Zusammenhang die Größenordnung zwischen einem und weniger als 100 nm.

Ist also heute von Nanotechnologien die Rede, dann geht es um alle Verfahren und Technologien, mit deren Hilfe Strukturen und Materialien erforscht, bearbeitet oder pro- duziert werden, die in mindestens einer Dimension – also Höhe, Breite oder Länge – kleiner als 100 nm sind.

Dabei wird nicht unterschieden, ob im Nano-Kosmos geforscht oder industriell produziert wird.

… Nanomaterial

Während das ISO klar die Eigenschaften der Materialien berücksichtigt, hält man sich in der EU derzeit vor allem an die Größe der Einheiten bzw. Partikel, aus denen ein Material besteht: Im Jahr 2011 veröffentlichte die Europä- ische Kommission eine Empfehlung, die seither die Dis-

kussionsbasis ist. Ein Nanomaterial ist danach jede Subs- tanz, die Partikel in ungebundenem Zustand, als lose oder feste Zusammenballung enthält, von denen mindestens die Hälfte in Breite, Höhe oder Länge zwischen 1 und 100 nm groß sind. Wenn Umwelt-, Gesundheits-, Sicher- heits- oder Wettbewerbserwägungen dies rechtfertigen, kann auch dann von einem Nanomaterial gesprochen werden, wenn nur 1 bis 50 Prozent der Partikel die genann- ten Außenmaße haben. Ob diese Materialien natürlichen Ursprungs sind, ungesteuert im Verlauf von Be- und Verarbeitungsprozessen anfallen oder gezielt vom Men- schen hergestellt wurden, spielt an dieser Stelle keine Rolle. Diese, in Fachkreisen durchaus umstrittene, Empfehlung ist als Pförtner zu verstehen: Sie hilft zu entscheiden, für welche Stoffe die Frage nach besonderen

gesetzlichen Re gelungen – die auch spezielle Risikobe- wertungen nach sich zöge – überhaupt gestellt werden sollte. Auf diese Weise ist der Weg frei, um in spezielleren Rechtsvorschriften Regelungen zu finden, die den je- weiligen Produktgruppen und Nanomaterialien gerecht werden.

Derzeit wird der Begriff „Nanomaterial“ nur im europäi- schen Kosmetik- und Lebensmittelrecht noch genauer de finiert. Die EU-Verordnungen über Biozide und Kunst- stoffe, die für den Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind, berufen sich allein auf die Empfehlung von 2011.

In diesen vier Fällen sind für Nanomaterialien zudem

Nano-Strukturen erschaffen

Bis heute können wir in Kirchen rotschimmernde Scheiben bestaunen. Die mittelalterlichen Glaskünstler wussten zwar nichts von Nanopartikeln. Aber sie bearbeiteten das geschmolzene Glas gezielt mit winzigen Mengen Gold, um diesen besonderen Effekt hervorzurufen. Heute haben Wissenschaftler viele Möglichkeiten, Nano-Strukturen bewusst zu erforschen, herzustellen und nutzbar zu machen. Dafür gibt es verschiedene chemische, biologische und physikalische Ansätze: Naheliegend ist es, zunächst Großes kleiner zu machen.

Diese so genannten Top-down-Verfahren erlauben es, Makrostrukturen bis auf die Molekülebene zu verkleinern und so andere Eigenschaften hervorzu- rufen. Dagegen dienen die Bottom-up-Verfahren dazu, aus kleinsten Teilchen größere Strukturen zu schaffen, also beispielsweise aus Kohlenstoffatomen Nano-Röhrchen zu formen. Werden dabei biologische Prinzipien in techni- sche Anwendungen überführt, wie beispielsweise beim Aufbau von dreidimen sionalen Einheiten aus DNA-Schnipseln, so spricht man vom

„Bio-to-nano-Ansatz“. Geht es dagegen um Verfahren, die eingesetzt werden, um biologische Systeme zu beeinflussen, sprechen die Fachleute von

„Nano-to-bio-Verfahren“. Sie kommen beispielsweise zum Einsatz, wenn die Oberflächen von Implantaten gewebefreundlicher gestaltet werden.

Nano nur bis 100?

Die derzeit geltenden Begriffsbestimmungen kreisen um zwei Schwellen- werte: 1 – 100 nm sowie 50 Prozent der Anzahlgrößenverteilung. Doch diese Werte sind umstritten. Das wesentliche Merkmal von Nanostrukturen – die Veränderung der Eigenschaften als Folge ihrer Winzigkeit – tritt nämlich kei- neswegs erst unterhalb der 100 nm-Marke auf. Aus Sicht vieler Fachleute wäre es daher sinnvoller, die Grenzen je nach konkretem Anwendungsfeld weiter zu fassen und stattdessen die Veränderung der Stoffeigenschaften als wesentliches Merkmal in den Mittelpunkt der Definitionen zu stellen.

Übrigens…

Fullerene, Graphenflocken und einwandige Kohlen- stoff-Nanoröhren mit einem oder mehreren Außen- maßen von weniger als 1 nm werden immer als Nanomaterialien angesehen. Die Datenlage zu Eigenschaften und Wirkungen dieser be sonderen Materialien ist ausreichend, um sie in jedem Fall besonderen Regelungen zu unterwerfen.

Modell einer Mizelle. Moleküle mit einem wasserfreundlichen Teil (blau) und einem wasserabstoßenden Teil (weiß) lagern sich in wässriger Umgebung zu einer Kugel zusammen. Die wasserfreundlichen Enden ragen nach außen, im Inneren können fettfreund- liche Substanzen (rot) „verpackt“ werden.

Foto: MLR / Ralph Orlowski Der Verband Deutscher

Ingenieure ermöglicht die virtuelle Reise in den Nanokosmos:

www.nanoreisen.de

NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG

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spe zielle Zulassungsverfahren und Kennzeichnungs- regeln verankert. Das wichtigste Regelwerk für den verantwortungs vollen Umgang mit Chemikalien in der EU, die REACH- Verordnung, bleibt dagegen bisher gänzlich ohne eigene Erwähnung der Nanomaterialien.

VIELFÄLTIG: NANOMATERIALIEN

Richard Feynman hatte Recht: Es gibt eine ganze Menge von Strukturen, die weit unterhalb des Sichtbaren liegen und die technischen Möglichkeiten der Menschheit enorm erweitern. Heute werden die folgenden Nanomaterialien unterschieden:

Nanopartikel sind Objekte, die in jeder Ausdehnung kleiner als 100 nm sind. Sie können sowohl aus einem einzigen Element bestehen (zum Beispiel Kohlenstoff) als auch aus Molekülen (zum Beispiel Titandioxid).

Nano-Kugeln sind Partikel aus Kohlenstoffatomen, die wie ein Fußball angeordnet sind. Diese so genannten Fullerene oder bucky balls existieren nur auf Nano-Ebene.

Nano-Kapseln sind in der Regel organische Strukturen, die eine Substanz „verpacken“, um sie zu transportieren.

Diese Transportverpackungen werden der Natur nachge- bildet, es handelt sich um Mizellen oder Liposomen, die wenige bis einige hundert Nanometer messen. Da sie für die technische Anwendung weder deutlich verändert wer- den noch neue Eigenschaften zeigen, werden sie oftmals nicht zu den Nanomaterialien im engeren Sinne gezählt.

Nano-Fasern sind zwar in Breite und Höhe nanoskalig, in der Länge aber nicht. Sie können lang oder kurz, starr oder biegsam, elektrisch leitfähig oder nichtleitend sein.

Nano-Draht ist eine Nano-Faser, die elektrischen Strom leiten kann.

Nano-Röhrchen sind Nano-Fasern, die innen hohl sind. Bisher gibt es nur Kohlenstoffnanoröhrchen (Car- bon Nano Tubes, CNT), deren Kohlenstoffatome auf charakteris tische Weise verbunden sind. Diese Kohlen- stoffstruktur existiert nur auf Nano-Ebene.

Nano-Plättchen sind Nano-Objekte, die nur in ei- ner Dimension nanoskalig sind. Die kleinste Ausdehnung hat es in der Höhe. Die beiden anderen Außenmaße können deutlich größer sein. Das vielversprechende Graphen weist diese Plättchenstruktur auf.

Nano-Komposite sind Nanomaterialien die im Ver- bund mit mikroskaligen, verzweigten Molekülen oder Molekülketten vorliegen. In diesen Materialien sind die Nano-Objekte oder Strukturen (beispielsweise Poren oder Gräben) verteilt und fest eingebunden.

Nanostrukturierte Materialien sind durch innere Strukturen gekennzeichnet, die nanoskalig sind. Meist sind es Verbünde von Nano-Objekten, wie beispielsweise lose zusammengefügte Aggregate, die zwar von außen unscheinbar erscheinen, in ihrem inneren aber eine rie- sige nanostrukturierte Oberfläche haben.

Nano-Produkte

Bislang gibt es keine verbindliche Definition dessen, was ein Nano-Produkt sein könnte. Meist werden daher all jene Güter so bezeichnet, die mit Hilfe von Nanotechno- logien hergestellt wurden. Ganz egal, ob sie nun selbst aus Nanomaterial bestehen, solche Materialien bei der Herstellung eingesetzt wurden oder die besonderen Eigen schaften des Gegenstandes auf Nano-Strukturen zurückzuführen ist.

ANWENDUNGEN

Kleine Strukturen, große Wirkung – so lässt sich wohl auf den Punkt bringen, warum fast alle Industriezweige ge- waltige Potenziale in nanotechnologischen Anwendungen sehen. Manch einer sieht in den Nanotechnologien sogar einen Schlüssel zur Lösung globaler Probleme. Fakt ist:

Nanotechnologien können zwar nicht alle Versprechen halten, eröffnen aber viele neue Möglichkeiten. Anwen- dungen aus dem Nano-Kosmos begegnen Verbraucherin- nen und Verbrauchern schon heute in vielen Bereichen.

… im Auto

Die Automobilindustrie hat die Zeichen der Nano-Zeit längst erkannt. Die zahlreichen Zulieferer nutzen die un- terschiedlichsten Materialien und Technologien. So sorgt beispielsweise nanoskaliger Industrieruß (Carbon black) in Autoreifen dafür, dass diese weniger schnell abgerieben werden. Nanoskaliges Siliciumdioxid (SiO2) verringert den Rollwiderstand der Reifen auf der Straße und trägt so zu einem geringeren Treibstoffverbrauch bei. Es ist außerdem

der Grund für die hohe Kratzfestigkeit moderner Auto- lackierungen und ein wesentlicher Bestandteil von Lithium- Ionen-Akkus, ohne die beispielsweise Hybridfahrzeuge nicht möglich wären. Nano-Carbonfasern erlauben hoch- stabile Leichtbauteile. Bei der Herstellung so genannter elektrochromer Gläser, die ein automatisches Abblenden der Spiegel in der Dunkelheit erlauben, sind nanoskalige Schichten am Werk. In Innenraumluft- oder Rußpartikel- filtern werden Nano-Fasern eingesetzt. Im Drei-Wege- Katalysator wandelt (Edel-)Metall im Nano-Format die Schadstoffe aus der Verbrennung in Kohlenstoffdioxid, Wasser und Stickstoff um. Nanometerdünne Schichten auf Scheiben und Spiegeln sorgen dafür, dass Wasser und Schmutz abperlen und Licht besser reflektiert wird. Klar, dass für das Auto der Zukunft ebenfalls an nanotechno- logische Lösungen gedacht wird: In Brennstoffzellen für Autos mit Wasserstoffantrieb könnten nanoskalige Platin- teilchen die energieliefernde Reaktion katalysieren; um Wasserstoff zu speichern, werden Nano-Kristalle erforscht.

… in der Unterhaltungselektronik

Smartphones, Laptops und Flachbildfernseher haben den Alltag ein bisschen bunter gemacht und sie sind ohne Nanotechnologien nicht denkbar. Ihre Funktionen wer- den von winzigen komplexen Schaltkreisen gesteuert, in deren Produktion unter anderem nanoskalige Kiesel- säure als ultrafeines Poliermittel eingesetzt wird. Tablets und Co. wären zudem ohne LED-Leuchten undenkbar.

Die alltäglich gewordene Abkürzung steht für light emit- ting diodes, was etwa so viel wie „Licht aussendende Lei- ter“ bedeutet und die Funktionsweise schon umreißt:

Wird an die Bauteile Strom angelegt, geben sie Licht ab und das je nach Bauart weiß oder farbig. In Flachbildfern- sehern sorgen LEDs für höhere Kontraste und mehr Farbtiefe. Organische LEDs, die so genannten OLEDs finden zunehmend Verbreitung in Displays und erlau- ben darüber hinaus erstmals auch großflächige Leucht- mittel, also beispielsweise eine Wohnzimmerlampe, ohne die gute alte Glühlampe herzustellen. Dafür, dass sie einen Weg fanden, LED für blaues Licht herzustellen, erhielten die japanischen Wissenschaftler Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura im Jahr 2014 den Physik nobelpreis. Denn erst die blaue Komponente er- laubte es, weiß leuchtende LEDs herzustellen und verhalf damit der Technologie zum Durchbruch.

... in Baustoffen

Zwar gilt am Bau im Wesentlichen noch immer „Stein auf Stein …“ – doch Nanomaterialien haben die altherge- brachten Materialien zum Teil erheblich weiter entwickelt:

Nanoskalige Zuschlagstoffe verbessern das Fließ- und Abbindeverhalten von Beton und lassen ihn beständiger gegen Umwelteinflüsse und Alterung werden. Fassaden und Dachziegel lassen Dank Nano-Beschichtung Schmutz und Regenwasser einfach abperlen. Wandfarben mit Nano-

Silber bieten Schimmel im Innen- wie im Außenbereich keinen Lebensraum mehr. Keramik für Waschbecken und Fliesen werden durch nanostrukturierte Oberflächen schmutzabweisend und pflegeleichter. In Vakuumisola- tionspaneelen sorgt eine nanostrukturierte Kunststoff- schicht für maximale Wärmedämmung bei minimaler Dicke. Carbon Nano-Tubes sind das Geheimnis hinter ei- ner Farbe, die Wärme abgibt, wenn Strom angelegt wird.

… in Textilien

Bei Sportbekleidung, die ohne Nähte auskommt und dennoch passgenau sitzt und selbst bei großen Belas- tungen nicht verrutscht, sind Nano-Fasern das Geheim- nis. Mit Hilfe von nanoskaligem Vanadiumdioxid lassen sich auch helle, leichte Stoffe stark wärmeisolierend aus- rüsten. Dies wird z. B. für Vorhänge genutzt. Nanoparti- kel aus Silicium dioxid, die winzige steile Berge auf den Fasern bilden, ermöglichen wasser- und schmutzab- weisende Polsterbezüge, Markisen oder Arbeitskleidung.

In Schutzkleidung sorgen nanoskalige Aluminiumver- bindungen und nanokleine Ton-Partikel für mehr Stabi- lität und dafür, dass die Fasern weniger leicht brennbar sind. Nano-Titandioxid ist das Geheimnis von UV-Schutz- kleidung. Die kleinen Teilchen reflektieren das Sonnen- licht und schützen den Träger so vor Sonnenbrand. Für die antibakterielle Ausrüstung von Sportkleidung, So- cken oder Bettdecken ist dagegen Silber verantwortlich.

Während einige Hersteller dabei auf Nano-Silberparti- kel setzen, schmelzen andere nanofeine Silberfäden in ihre Kunstfasern ein. Der Effekt ist stets derselbe: Silber- ionen lösen sich und wirken gegen Bakterien und andere Mikroorganismen.

… in Kosmetika

Noch näher als das Handy-Display oder die Sporthose kommen uns Kosmetika mit Nano-Teilchen. Meist handelt es sich dabei um Nano-Titandioxid oder Nano-Zinkoxid, die als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln, Tagescremes und

Das Plättchen unter dem Mikroskop hat eine Kantenlänge von nur vier Millimetern.

Doch auf seiner Oberfläche hat jedes einzelne Wort der Bibel Platz. Mit Hilfe eines Elektro- nenstrahls wurden sämtliche Buchstaben des alten und des neuen Testaments Punkt für Punkt auf eine Oberfläche übertragen, aus der sonst Mikrochips gemacht werden. So las- sen sich Bilder und Texte auf kleinstem Raum für die Ewigkeit bewahren.

Foto: MLR / Thorsten Futh Foto: MLR / Thomas Grünemeier

An nanostrukturierten Oberflächen findet Wasser keinen Halt. Es perlt schon bei geringer Neigung ab und reißt Staub und Schmutz mit sich. Mit diesem Effekt lassen sich beispielsweise Autolacke ausrüsten.

Die umfangreichste Datenbank über alle Nanomaterialien und ihre möglichen Anwendungen:

Die Wissensbasis auf www.nanopartikel.info NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG

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NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG

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Make up mit UV-Schutz eingesetzt werden. Die beiden chemisch erzeugten UV-Filter MBBT (Methylene bis- benzo triazolyl tetramethylbutylphenol) und TBPT (Tris- biphenyltriazin) gehören ebenfalls zu den Nanomateria- lien. All diese UV-Filter dringen nicht in die Haut ein. Wie sehr feiner Sand haften sie auf der Hautoberfläche. Winzi- gen Prismen gleich reflektieren und streuen sie das Sonnen

-

licht, so dass es nicht in die Haut eindringen kann. Für das menschliche Auge bleiben sie dabei unsichtbar. In schwarzer Wimperntusche, Eyeliner, Kajalstiften und ande- ren farbenfrohen Kosmetika sorgt der nanofeine Industrie- ruß Carbon Black als Pigment für besonders intensive Schwarznuancen. Außerdem findet Nano-Siliciumdioxid als Schleifmittel in Zahncremes Anwendung. In der Liste der Inhaltsstoffe müssen all diese Nanomaterialien mit

„(nano)“ gekennzeichnet werden. Darüber hinaus setzen aber moderne kosmetische Mittel oftmals auf Strukturen, deren Abmessung ebenfalls nur wenige Nanometer be- trägt, die aber rechtlich nicht zu den Nanomaterialien gehören und daher auch nicht gekennzeichnet werden müssen: So werden etwa Liposomen oder Mizellen ge- nutzt, um Wirkstoffe in den Produkten stabil zu halten oder ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Diese Nano-Kapseln lösen sich beim Kontakt mit der Haut auf, geben ihren Inhalt, zum Beispiel Vitamine, frei und werden restlos abgebaut.

… in Lebensmitteln

In vielen Visionen der Nano-Zukunft geht es um Fragen des Food-Designs oder des Designer-Foods. Die Realität sieht jedoch anders aus. Tatsächlich werden in der Lebens-

mittelindustrie Nanomaterialien für die Oberflächen von Maschinen(teilen) oder Filtersysteme eingesetzt. Nano- Zutaten sind dagegen eher unwahrscheinlich und bisher auch nicht auf dem Markt. Sie wären am ehesten in der Gruppe der Lebensmittelzusatzstoffe und technischen Hilfsstoffe zu erwarten. Neue Nano-Zusatzstoffe sind je- doch bisher nicht zugelassen. Die Prüfung, ob einige der altbekannten in diese Gruppe gehören – und damit auch eine besondere Kennzeichnung tragen müssen – ist noch nicht abgeschlossen. Die Lebensmittelindustrie greift al- lerdings schon heute gern auf „Kapseln“ zurück, die nur wenige Nanometer groß sind und je nach Aufbau als Ve- sikel, Mizellen oder Liposomen bezeichnet werden. Diese natürlichen Transportbehälter erlauben unter anderem, fettlösliche Substanzen in wässriger Umgebung zu verteilen.

Neben Aromen und Farbstoffen können mit ihrer Hilfe auch Vitamine und Mineralstoffe stabil gehalten werden.

Sie kommen derzeit vor allem in Nahrungsergänzungs- mitteln zum Einsatz. Diese Transportkapseln gelten jedoch vor dem Gesetz nicht als Nanopartikel. Sie werden bei- spielsweise aus Beta-Cyclodextrin (E 459), Polysorbaten (E 432 bis 436) oder Lecithin (E 322) aufgebaut, die sämt- lich seit Langem als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind.

… und Verpackungen

Während also in Lebensmitteln im Grunde alles beim Alten ist, entwickeln sich die Verpackungen mit Hilfe der Nanotechnologien rasant weiter: Nano-Titannitrid senkt den Schmelzpunkt von PET-Kunststoffen herab. Weil es dadurch leichter wird, die Masse zu schmelzen und aus- zuformen, können die Hersteller von Getränkeflaschen aus PET in gleicher Zeit mehr Flaschen produzieren. Dass durchsichtige Folien zugleich den Blick auf das darin ver- packte Gemüse erlauben, dem frischevernichtenden UV- Licht jedoch den Durchgang verwehren, ist durch Nano- Titandioxid möglich. In den leichten PET-Flaschen, in denen Mineralwasser und Bier Geschmack und Blubber- bläschen halten, unterbindet Nano-Siliciumdioxid im Kunst stoff den Luftaustausch, als wirksame Gasbarriere fungieren zudem auch Nanotone. Nano-dünne Schichten aus Aluminium dienen in mehrschichtig aufgebauten Verpackungen als Barriere zwischen dem Inneren und der Umgebung des Produktes. Als schwarzer Farbstoff für Lebensmittelverpackungen und -behälter ist nanoskaliges Carbon black zugelassen.

… in der Medizin

Viele Erwartungen von Ärzten und Patienten an nano- technologische Innovationen betreffen medizinische An- wendungen. Zwar werden noch einige Jahre vergehen, bis die ersten Impf- Pflaster die lästigen Spritzen erset- zen können. Doch andere Nano-Lösungen haben sich in den verschiedenen medizinischen Anwendungen be- reits durchgesetzt: Nano partikel aus Gold bilden das Herzstück handelsüblicher Schwangerschaftstests. Mit

Nano-Silber beschichtete Wund verbände, Katheter oder chirurgisches Besteck verringern das Infektionsrisiko, weil Silber antibakteriell wirkt. Die Nano-Formen von Siliciumdioxid, Zirkoniumdioxid, Alu miniumoxid sowie Hydroxyl- und Fluorapatit haben sich längst ihren Platz in der Zahnheilkunde erobert. So genanntes hochdis- perses Siliciumdioxid, das aus Einzelpartikeln in einer Größenordnung von fünf bis 80 nm besteht, wird zum Teil in Arzneimitteln als Füll- und Hilfsstoff ein gesetzt. Schon heute verbessern Nano-Schichten aus Titan die Heilung nach dem Einsetzen von Kunststoffimplantaten in den menschlichen Körper und in einem vielversprechenden Therapie-Ansatz werden erfolgreich Nanopartikel aus Eisenoxid zur Zerstörung bösartiger Hirntumore ein- gesetzt.

… und und und

Den vielen verschiedenen Anwendungen von Nanotech- nologien und -materialien in Alltagsgegenständen stehen unzählige weitere Bereiche gegenüber, mit denen Endverbraucherinnen und Endverbraucher nicht in Be- rührung kommen: Spezielle Bootslacke erzeugen nano- strukturierte Oberflächen, die Algen fern halten. Mit nano- kleinen Gravuren lassen sich Bilder auf Mikrochips bannen. Kleine Diagnose-Einheiten können in einem einzigen Blutstropfen viele verschiedene Krankheiten er- mitteln. Nano-Siliciumdioxid verstärkt die Wirkung von Bioziden. In der Umwelt- und Energietechnik arbeitet man unter anderem an winzigsten Katalysatoren, Nano-Würfel zur Speicherung von Wasserstoff für kleinste Brennstoff- zellen und Nano-Schichten, die den Wirkungsgrad von Solarzellen erhöhen. Die kleine Auswahl von Beispielen zeigt: Die Nanotechnologien sind längst in der Forschung und Entwicklung sowie im Verbraucheralltag angekom- men. Daher kommt es darauf an, den Umgang mit ihnen verantwortungsvoll und nachhaltig zu gestalten.

KAUM EIN ECHTER ÜBERBLICK

Ob und welche Nanomaterialien eingesetzt wurden, ist längst nicht bei allen Produkten bekannt. Eine entspre- chende Kennzeichnung ist derzeit nur für Kosmetika, Le- bensmittel und Biozide vorgeschrieben. Während einige Hersteller offensiv mit Nanotechnologien werben, halten sich andere sehr bedeckt und wieder andere heben Nano- materialien hervor, die gar nicht enthalten sind. Das ist nicht nur für Verbraucherinnen und Verbraucher ärgerlich, sondern auch für die Risikobewertung ein Problem: Denn wo Risikoforscher nicht wissen, wo, wie oft und in welchen Mengen Menschen oder Umwelt mit den kleinsten Teil- chen in Berührung kommen, können sie die Risiken nur schwer abschätzen. Einige Politiker sowie Verbraucher- und Umweltverbände setzen sich daher für Produktdatenban- ken ein. Sie sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Behörden einen Überblick darüber geben, in wel- chen Produkten welche Nanomate rialien enthalten sind und was sie dort bewirken. Doch bis lang gibt es weder eine Einigung noch eine europäische Datenbank. Nur Kosme- tikhersteller und -importeure müssen Produkte mit Nano- materialien seit 2013 bei der Europäischen Kommission melden. Diese Informationen sind bislang jedoch nur für die zuständigen Behörden bestimmt und nicht öffentlich zugänglich. Während Frankreich, Dänemark und Belgien sich an Produktregistern versuchen, gibt es Deutschland bislang kein Produktregister. Auf Ini tiative der Länder Ba- den-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Brandenburg for- derte der Bundesrat im Jahr 2013 die Bundesregierung auf, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, dass auf EU-Ebene eine Nano-Produktdatenbank eingerichtet wird. Unter- dessen haben verschiedene Verbände und Organisationen auf eigene Faust Datenbanken aufgebaut, deren Einträge oftmals nur auf den bekannten werblichen Aussagen der Hersteller beruhen und darüber hinaus nicht regelmäßig aktualisiert werden.

Es ist möglich, Farbstoff-Moleküle chemisch so zu gestalten, dass sie nur in einer bestimmten Farbe leuchten, durch UV-Licht oder elektrische Spannung angeregt werden. Eine flüssige Lösung solcher OLEDs kann als hauchdünne Schicht auf Glas oder bieg samen Kunststoff aufgedruckt werden. Werden sie Verpackungen verändern?

Fotos: MLR / Martin Meissner (li.); MLR / Thomas Grünemeier (re.) Foto: MLR / Sebastian Heck

Eisenoxid-Nanopartikel in einem Gewebemodell. In einem starken magnetischen Wechselfeld werden die Teilchen heiß und erhitzen so auch das umliegende Gewebe. Tumorgewebe kann so zielgenau von innen zerstört werden. Wird dieses Verfahren die Chemo- und Strahlentherapie ersetzen?

Sollen Knochenzellen gut mit einem Implantat verwachsen, sollte dieses eine feinstruk- turierte Oberfläche haben. Ist es zusätzlich mit einer nano-feinen Schicht aus Titan aus- gestattet, heilen die Knochen besonders schnell. Wird diese Technologie die Lebensqua- lität der Patienten künftig verbessern?

Link zu Bundesrats- drucksache 344-13 (B):

www.dipbt.bundestag.de/

dip21/brd/2013/0344-13B.pdf NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG

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NANO-DIALOG BADEN-WÜRTTEMBERG NANOTECHNOLOGIE – EINE EINFÜHRUNG

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Es gibt gute Gründe, sich von den Nanotechnologien großen Nutzen für Umwelt und Gesundheit zu verspre- chen: Wo Beschichtungen durch Nanomaterialien hauch- dünn funktionieren, lassen sich Rohstoffe sparen. Wo Nano-Teilchen die Funktionsweise von Geräten verbessern oder ihr Gewicht verringern, wird weniger Energie ver- braucht. Wo statt eines bioziden Anstrichs eine Nano- Schicht wirkt, müssen keine giftigen Substanzen eingesetzt werden. Wo Nano-Transporter Medikamente zielsicher ins richtige Organ bringen, wird der Körper mit weniger Nebenwirkungen und Abbauprodukten belastet. Doch nicht jede Nano-Anwendung ist automatisch günstig, umweltschonend und insgesamt nachhaltig. So stellt sich beispielsweise die Frage, was Nanopartikel mit ihrer – be- zogen auf das Gewicht – großen und reaktionsfreudigen Oberfläche in der Umwelt anrichten können. Kann der enge Kontakt mit den kleinsten Teilchen vielleicht die Gesundheit schädigen? Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftler der unterschiedlichsten Fachgebiete haben sich dieser Fragen in den vergangenen Jahren angenom- men. Sie stehen dabei vor großen Herausforderungen:

Jedes für sich

Die schiere Vielfalt der genutzten Materialien und unter- schiedlichen Anwendungen machen eine genaue Diffe- renzierung nötig: Ob und wie ein Nanopartikel wirkt, hängt nämlich nicht nur davon ab, woraus es besteht.

Entscheidend sind darüber hinaus auch die exakte Größe und Form, die Struktur der Oberfläche, die Nei- gung, mit anderen Teilchen in Wechselwirkung zu tre- ten und nicht zuletzt die Art des Kontaktes. Viele wis- senschaftliche Aussagen beziehen sich daher nur auf ein bestimmtes, eng definiertes und genau beschriebenes Nanomaterial. Daher können die Erkenntnisse über ein Nanomaterial nur die Richtung weiterer Untersuchung vorgeben – direkt übertragen lassen sie sich meist nicht.

Suchen und finden

Bisher ist es sehr aufwendig, reine Nanomate rialien zu beschreiben, sie nach ihrer Größe, ihrer Oberflächen- beschaffenheit, ihrer Nei gung zur Zusammenlagerung

oder ihrer Beständigkeit zu un- tersuchen. Dafür gibt es bereits Instrumente und Verfahren. Sie sind jedoch (noch) nicht für Routineeinsätze in der amtli- chen Überwachung brauch bar.

Doch um prüfen zu können, ob ein Produkt Nanomateriali- en enthält, um herauszufinden, wie es sich dort verhält, um zu beurteilen, ob und welche Wir- kungen ein Nanomaterial in ei- nem lebenden Organismus hat – muss man es dort zunächst ein - mal wiederfinden. Das ist we- sentlich schwieriger, denn Stan- dardmethoden gibt es bislang nicht.

WAS IST BEKANNT, WAS NICHT?

Zwar wird an vielen nanokleinen Materialien geforscht.

Nur wenige werden jedoch schon heute in großem Stil eingesetzt. Sie sind zum Teil schon gut erforscht und werden wissenschaftlich intensiv begleitet.

Nano-Titandioxid (TiO2)

Das Umweltbundesamt (UBA) verweist auf Studien, in denen Versuchstieren nanoskaliges Titandioxid in hohen Dosen als Pulver verabreicht wurde. Es ging um die Fragestellung, was diese Teilchen in den Atemwegen bewirken. Die Ergebnisse gaben Anlass zur Sorge: Star- ke Entzündungsreaktionen und sogar Krebserkrankungen waren die Folge. Die Aussagekraft für den Alltag ist je- doch gering, denn solche Entzündungsreaktionen ent- stehen immer dann, wenn die Lunge massiv mit Parti- keln überlastet wird, egal ob nanoskalig oder größer.

Dieses Ergebnis ist also nicht charakteristisch für TiO2. Wegen der möglichen Aufnahme durch Einatmen ist die Verwendung von Nano- TiO2 in Sprays (Aerosolen) nicht zugelassen. TiO2 wird hauptsächlich in Sonnenschutz- cremes, UV-Schutztextilien und Lebensmittelverpackun-

Verantwortungsvoller Umgang

Bei den Nanotechnologien laufen Grundlagenforschung und Produktent wicklung, Risikobewertung und Anwendung gleich- zeitig ab – aber nicht in der gleichen Geschwindigkeit. Umso wichtiger ist es, Risiken und Nutzen sorgsam abzuwägen.

Sicherheit geht vor

Für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Nanotechnologien

Gefahr ist nicht gleich Risiko

Um abschätzen zu können, ob von einer Substanz ein Risiko für Mensch und Um- welt ausgeht, wird zunächst nach der Wir- kung des Stoffes und den Gelegenheiten, mit ihm in Kontakt zu kommen, getrennt.

Denn selbst der gefährlichste Stoff birgt kein Risiko für den Menschen, wenn der nicht mit ihm auf eine bestimmte Weise in Berührung kommt. Risikoforscher untersu- chen also zunächst, ob eine Substanz für Mensch und Umwelt gefährlich ist. Dabei spielt natürlich eine Rolle, was für die Be- wertenden überhaupt ein Gefährdungspo- tenzial ist – das kann je nach Blickwinkel sehr unterschiedlich sein: Jede Immun- antwort oder erst ein Zellschaden? Jede Auf- nahme in den Organismus oder erst eine Beeinträchtigung seiner Funktion? Eine An- reicherung in der Umwelt oder eine große Verteilung? Im zweiten Schritt gilt es he- rauszufinden, ob und in welcher Intensität Menschen oder andere Lebewesen mit der untersuchten Substanz in Berührung kom- men können und wie wahrscheinlich das ist. Sind diese Fragen beantwortet, kann man über die Möglichkeiten nachdenken, mit diesem Risiko umzugehen.

WAS IST BEKANNT, WAS NICHT? / 13

WO WISSENSCHAFTLER DERZEIT RISIKEN SEHEN / 17 NANO-AUSWIRKUNGEN AUF DIE UMWELT? / 18 SICHERHEIT IST SACHE DER HERSTELLER / 18 ZULASSUNGEN NÖTIG / 19

KENNZEICHNUNG FÜR WAHLFREIHEIT / 21 ÜBERWACHUNG / 21

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gen eingesetzt. Eine Aufnahme über die Lunge ist in die- sen Fällen nicht wahrscheinlich, Haut und Mund sind hier die entscheidenden Einfallstore. Für beide Aufnah- mewege gibt es bislang keine Hinweise auf eine Gefähr- dung. Nur Menschen, die direkt mit pulverförmigem, nanoskaligem Titandioxid in Kontakt kommen, etwa weil sie an ihrem Arbeitsplatz mit Nanopartikeln arbeiten, müssen daher besonders vor Belastungen der Atemwe- ge geschützt werden. Ein umfangreiches Forschungs projekt der Europäischen Union kam für den Aufnahmeweg Haut zu dem Ergebnis, dass diese eine gut funktionieren- de Barriere darstellt. Der Einsatz von Nano-Titandioxid in Kosmetika wird daher für den Menschen als unpro- blematisch angesehen. Doch trifft das auch auf die Um- weltauswirkungen zu? Nehmen beispielsweise Wasseror- ganismen freie Titandioxid-Partikel auf? Und welche Folgen kann das haben? Es ist bekannt, dass Titandioxid im Wasser andere Stoffe bindet – unter ihnen die Schwer- metalle Cadmium und Arsen. Das verändert den weite- ren Weg dieser Stoffe. Während Karpfen im Laborver- such mehr Schwermetalle aufnahmen, wenn im Wasser nano-Titandioxid-Partikel waren, blieb dieser Effekt bei Algen aus. Ob sich die Beobachtungen auch im Freiland bestätigen lassen, ist bislang ebenso offen, wie die Frage, ob und wie Titandioxid die Gewässerböden verändert.

Nano-Zinkoxid

In seiner Anwendung als UV-Filter in kosmetischen Mitteln gilt nano-Zinkoxid als sicher. Es kann weder in gesunde Haut eindringen, noch gibt es Hinweise auf Risiken bei

geschädigter oder erkrankter Haut. Auch für die Umwelt sind Fachleute wenig besorgt: Nano-Zinkoxid neigt dazu, sich schnell im Gewässerboden abzulagern oder mit an- deren Stoffen zu verbinden.

Nano-Silber

Wer mit dem Silberlöffel im Mund aufgewachsen ist, hatte seit Jahrhunderten den großen Vorteil, von einigen Krankheiten verschont zu bleiben. Die antibakterielle Wirkung des Edelmetalls ist auch heute der Grund für den Einsatz von Silber-Nanopartikeln in Alltagsprodukten.

Konkrete Hinweise auf gesundheitliche Nachteile durch Nano-Silber, mit dem Menschen über den Mund oder durch die Haut in Kontakt kommen können, gibt es bis- her nicht. Dennoch scheint es vor allem aus Gründen des Umweltschutzes sinnvoll, den Einsatz des Edelmetalls zu begrenzen, denn Silberpartikel aus Textilien und anderen Alltagsprodukten gelangen mit dem Abwasser in die Umwelt. Aus Kläranlagen ist bekannt, dass 90 Prozent des eingetragenen Silbers als unlösliches Silbersulfid ausfällt und zurück gewonnen werden kann. Was aber mit den restlichen 10 Prozent passiert, liegt noch im Dunkeln. La- gern sich Nano-Silberpartikel zusammen zu größeren Ein- heiten, was richten sie unter den Mikroorganismen in Was- ser und Boden an? Reichern sie sich an, fallen sie, vielleicht im Komplex mit anderen Stoffen, aus und gelangen sie ins Grundwasser? Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist darauf hin, dass es durch den verbreiteten Ein- satz von Silber in Verbraucherprodukten – egal ob nanoska- lig oder nicht – zu Resistenzbildungen kommen kann.

Schädliche Mikro organismen passen sich dem vermehrten Silber an und sind dann nicht mehr mit seiner Hilfe abzu- töten. Die Expertinnen und Experten raten daher, Kon- sumprodukte mit Silber nur sehr gezielt zu verwenden.

Nano-Siliziumdioxid

Unscheinbar als Sand unter den Füßen, durchsichtig als Fensterglas in Gebäuden oder nano-klein als Roh- und Füllstoff ist Siliziumdioxid in der Industrie als Rohstoff weit verbreitet. Dabei liegt technisch hergestelltes Silizium- dioxid (SAS) stets amorph vor, das Pulver enthält also stets Partikel unterschiedlicher Größe. Je nach Herstellung und Anwendungsgebiet ist ein kleiner oder großer Teil davon nanoskalig. Der menschliche Organismus kann Silizium- dioxid weder aufnehmen noch verwerten. Es ist allerdings bekannt, dass sich nano-Siliziumdioxid in Darmzellen anreichern kann. Zwar wurden dabei keine unmittelbar schädlichen Wirkungen beobachtet, es gibt aber Hinweise darauf, dass Silizium-Partikel das Zellwachstum anregen könnten.

In der Umwelt sind Siliciumdioxid-Partikel sehr stabil und darüber hinaus in der Lage, einige aromatische Koh- lenwasserstoffe zu binden. Welche Auswirkungen das auf Gewässer-Organismen haben kann, ist bislang offen. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) entschied im Jahr 2015, dass die Daten, die seitens der Industrie vorge- legt wurden, derzeit nicht ausreichen, um nanoskaliges Siliziumdioxid als Chemikalie in der EU zuzulassen. Sie fordert unter anderem zusätzliche toxikologische Studien.

Carbon Black

Industrieruß, wie Carbon Black auch genannt wird, be- steht aus annähernd reinem Kohlenstoff. Die Vielzahl verschiedener Anwendungen bringen Menschen vor allem über die Atemwege und die Haut mit ihm in Kontakt. In beiden Fällen sind unter Alltagsbedingungen keine schäd- lichen Wirkungen bekannt. Zwar konnte freies Carbon Black in Studien durchaus über die Atemwege aufge- nommen werden. Es zeigte sich jedoch, dass Lungenschä- den erst dann auftraten, wenn es in sehr großen Mengen aufgenommen wurde. Diese Schäden sind jedoch bei Ver- unreinigungen mit Staub typisch und haben nichts mit der Nano-Struktur von Carbon Black zu tun. Auch mit Blick auf die Umwelt gibt es derzeit keine Hinweise auf besondere Risiken durch technisch hergestellten Indust- rieruß. Nachweislich schädlich sind jedoch Fein- und Ultrafeinstäube aus Abgasen, Zigarettenrauch und Ver- brennungsprozessen, die aus Rußpartikeln und anderen Stoffen bestehen.

Kohlenstoff-Nano-Röhrchen

Die sogenannten Carbon Nano-Tubes, CNT, sind hohle Fasern aus reinem Kohlenstoff, die ein-, zwei- oder mehr- wandig aufgebaut sein können. Ohne natürliches Vorbild sind sie eine vollständig vom Menschen geschaffene Form des Kohlenstoffs. Ihrer Struktur und Teilchengröße nach gehören sie zu den Fasern, so dass sie im Verdacht stehen, so wie Asbestfasern Entzündungen und Krebserkrankun- gen der Lunge hervorzurufen, wenn sie über die Atem- wege aufgenommen werden. Bei Tierversuchen wurden,

Auch auf die Nanomaterialien hat man im CVUA KA seit Langem ein wach sames Auge: Welche Stoffe sind in Kosmetika im Einsatz? In welchen Produk ten sind sie enthalten und in welchen Mengen werden sie eingesetzt?

Antwor ten auf diese Fragen sind nötig, um mögliche Risiken für Verbraucherin- nen und Verbraucher sinnvoll abschätzen zu können. Auch für die Frage, ob sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Kennzeichnungen verlassen können, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Untersuchungsamtes zu- nächst herausfinden, ob und welche Nanomaterialien in den Kosmetika im Ein- satz sind.

Beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe wer- den jedes Jahr etwa 2.000 Kosmetika stichproben artig und risikoorientiert dar- aufhin untersucht, ob die gesetzlichen Vorschriften zu Inhaltsstoffen und Kenn- zeichnung eingehalten werden. Dafür fordern die Expertinnen und Experten des CVUA KA in regel mäßigen Abständen bei den Lebensmittelkon trolleuren Pro- ben von verschiedenen Händlern sowie direkt bei den Herstellern und Impor- teuren mit Sitz in Baden- Württemberg an.

Fotos: MLR / Joachim E. Röttgers Foto: MLR / Joachim E. Röttgers

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Bundesinstitut für Risiko bewertung, BfR:

www.bfr.bund.de

Bundesanstalt für Arbeits- schutz und Arbeits medizin, BAuA:

www.baua.de

Umweltbundesamt, UBA:

www.umweltbundesamt.de

Chemisches und Veterinär- untersuchungsamt Karlsruhe, CVUA KA:

www.cvua-karlsruhe.de

So arbeitet die staatliche Lebensmittel- überwachung

Die Expertinnen und Experten des CVUA KA legen fest, welche Produkte mit welchem Schwerpunkt wann untersucht werden sollen. Dabei beziehen sie die eigenen Erfahrungen ebenso ein, wie Prüfergebnisse aus anderen (Bun- des-) Ländern, verfolgen neue Kosmetik-Trends und berücksichtigen auch sai- sonale Angebote. Und weil risikoorientierte Kontrolle auch kurzfristig reagieren muss, kann ein konkreter Verdachtsfall durchaus den Plan für Monate über den Haufen werfen, damit die verdächtigen Produkte schnell untersucht und wenn not wendig zügig vom Markt genommen werden können.

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insbesondere bei sehr großen Dosen, tatsächlich direkte und indirekte Effekte beobachtet. Derzeit sind Kohlen- stoff-Nano-Röhrchen die Nano-Teilchen, denen das größte

Risikopotenzial beigemessen wird. In ihren Anwendungen kommen wir jedoch nicht mit ihnen in Berührung. Ar- beiterinnen und Arbeiter, die bei Herstellungs- und Ver- arbeitungsprozessen damit in Kontakt kommen, müssen sich gegen CNT wie auch gegen alle anderen feinen Stäube besonders schützen.

Fullerene

Wie Fußbälle sehen die aus Kohlenstoff aufgebauten kugel- förmigen Partikel aus, die auch unter dem Begriff Bucky balls bekannt sind. Die Teilchen, die weniger als 1 nm im Durchmesser haben, sind bisher vor allem Gegenstand der Forschung, in Europa gibt es bislang keine Anwen- dungen. Als einzelne Teilchen können sie mühelos bio- logische Barrieren durchdringen und über die Blutbahn in alle Gewebe gelangen. In der Regel kommen sie jedoch in Form deutlich größerer Zusammenballungen vor und werden dann durch körpereigene Schutzmechanismen wirk sam aufgehalten. Je nach Oberflächen-Ausstattung kön- nen Fullerene sehr unterschiedliche Eigenschaften haben.

Wie sie in der Umwelt wirken, ob und welche Schadstoffe sie möglicherweise anreichern und ob möglicherweise Boden- oder Wasserlebewesen beeinträchtigt werden, ist bisher kaum erforscht.

Nano-Kapseln

Organische Mizellen und Liposomen bestehen aus natür- lichen Verbindungen, die sich auch im Körper von Tieren und Menschen finden. Sie haben weder neuartige Eigen- schaften noch eigene biologische Wirkungen. Es ist viel-

mehr ihr Aufbau und ihre Form als Behälter, der sie für Anwendungen der Nanotechnologien interessant macht:

So genannte Nano-Transporter erlauben es unter anderem, Vitamine, Mineralstoffe oder auch medizinische Wirkstoffe an ein bestimmtes Ziel zu transportieren und so möglicher- weise besser verfügbar zu machen. Risikoforscher müssen daher in diesem Zusammenhang ermitteln, ob vielleicht die Kapseln die Bioverfügbarkeit ihrer winzigen Fracht so verändern, dass sich daraus gesundheitliche Probleme er- geben könnten. Sie befassen sich darüber hinaus mit den Wirkungen von menschengemachten Mizellen und Lipo- somen auf die Darmschleimhaut. Bisher gibt es jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt keine Hinweise auf Risiken.

WO WISSENSCHAFTLER RISIKEN SEHEN Auf drei Wegen können Menschen mit Nanomaterialien in Kontakt kommen: Durch die Aufnahme über die Haut (dermal), durch Einatmen (inhalativ) und durch Verschlu- cken (oral). Von diesen Wegen macht Risikoforschern die Aufnahme über die Lunge die meisten Sorgen.

Nach bisherigen Forschungsergebnissen ist die Haut eine gute Barriere gegen Nanopartikel. Ob Nanopartikel im Magen-Darm-Trakt von Zellen aufgenommen und so weiter in den Organismus gelangen können, hängt zunächst davon ab, ob eine orale Aufnahme vorangegangen ist. Nanopar- tikel im Lack eines Autos sind weit weg vom menschlichen Körper, ein UV-Filter in der Sonnencreme kommt dagegen direkt mit dem Körper in Kontakt. Ein nano-beschichtetes Zahnimplantat ist zwar nah am Körper, gibt aber aufgrund

der festen Bindung keine Partikel ab, ein (derzeit hypo- thetischer) Nano-Zusatzstoff im Fruchtdrink wird dage- gen beim Trinken direkt verschluckt. Nehmen wir nun an, das Produkt mit Nanomaterial kommt dem Verbrau- cher über Textilien, Kosmetika, Lebensmittel oder Arz- neimittel sehr nah, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, ob die Nanopartikel frei oder gebunden sind.

Dabei lässt sich heute für Verbraucherprodukte sagen: In Kunst- und anderen Werkstoffen sind Nanopartikel und Nanomaterialien zusammen mit anderen Verbindungen fest in der vorliegenden Struktur der Endprodukte ge- bunden. Selbst in Kosmetika und Lebensmitteln liegen sie nicht frei vor, sondern verklumpen oder lagern sich mit anderen Materialien zusammen. Ob sie eine weitere Verarbeitung, die Zubereitung, das Kauen, Schlucken und den Magen noch intakt überstehen, ist bislang offen, gilt aber als unwahrscheinlich. Bisher ist auch noch kein Le- bensmittel zugelassen, das mit Nanotechnologien herge- stellt wurde.

Anders stellt sich die Situation für Personen dar, die dort arbeiten, wo Nanomaterialien hergestellt oder weiterver- arbeitet werden: Sie können durchaus in direkten Kon- takt mit ungebundenen Nanopartikeln kommen. Darü- ber hinaus besteht in ihrem Arbeitsumfeld konkret das Risiko, Nanopartikel einzuatmen. Ein Teil der Risikofor- schung konzentriert sich daher auf das Arbeitsumfeld und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Untersuchungsämter wie das CVUA KA sind keine Forschungseinrich- tungen. Sie arbeiten für gewöhnlich mit standardisierten Verfahren. Schließlich müssen die Untersuchungen schnell und in großer Zahl vonstattengehen und je- derzeit mit den gleichen Ergebnissen wiederholt werden können. Weil es sol- che standardisierten Routine-Verfahren für Nanomaterialien noch nicht gibt, nä- hern sich ihnen die Expertinnen und Experten des CVUA KA mit verschiedenen, bereits lange erprobten und anerkannten Analyseverfahren, passen sie nach Möglichkeit auf die Besonderheiten von Nanomaterialien an und prüfen, ob sie den menschengemachten Winzlingen damit auf die Spur kommen.

Die Überwachung überprüft zusätzlich zur Kennzeichnung die Inhaltsstoffe der Kosmetika und ob diese zugelassen und in der Liste der Bestandteile auf- geführt sind. Ein Beispiel ist Silber, das von einigen Herstellern als Nano- Silber mit antibakteriellen Eigenschaften beworben wird. Um herauszufinden, in welchen Mengen und in welcher Teilchengröße das Edelmetall tatsächlich enthalten ist, gehen die Fachleute einen weiteren Umweg.

Um zum Beispiel herauszufinden, ob das Titandioxid in einer Sonnen- creme nanoskalig ist oder nicht, braucht es zunächst kein Rasterelektronen- mikroskop. Eine gewöhnliche Untersuchung des Lichtschutzfaktors gibt Auf- schluss. Dafür wird das Produkt sehr schnell und nach einem genau festgelegten Schema auf einer Kunststoffplatte verstrichen, die in ihrer Oberflächenstruk- tur der Haut ähnelt. Ist der Creme-Film dabei transparent, deutet dies auf den nanoskaligen UV-Filter Titandioxid hin. Andernfalls würde der Probenfilm undurchsichtig und weiß erscheinen.

Eingespannt in ein Spektralphotometer wird anschließend ermittelt, wieviel UV-Strahlung das Sonnenschutzprodukt durchlässt. Zusätzlich wird der Gehalt des Titandioxids nass-chemisch bestimmt. Die Lebensmittelchemiker wissen dann, ob das Produkt Nano-Titandioxid enthält. Die Frage nach der Partikel- größe können sie mit diesem Näherungsverfahren jedoch nicht beantworten.

Fotos: MLR / Joachim E. Röttgers Fotos: MLR / Joachim E. Röttgers

Wissenschaft braucht Regeln

Nur weil eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler etwas herausgefun- den hat, heißt das nicht, dass sie/er damit richtig liegt. Damit eine wissen- schaftliche Studie belastbare Ergebnisse hervorbringt, braucht es Mess- methoden und Testverfahren, die dazu geeignet sind, den gewünschten Sachverhalt möglichst genau zu erfassen und zu beschreiben. Außerdem müssen sie bei Wiederholung des Tests zum gleichen Ergebnis kommen und einen Vergleich der Studien untereinander erlauben. Die angewandte Methodik und die sorgfältige Durchführung sind daher besonders wichtig.

Der Toxikologe Harald Krug von der renommierten Eidgenössischen Mate- rialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) wollte wis sen, was sich aus den Ergebnissen der vielen Studien zum Thema Nano-Sicherheit für die Wirkung von synthetisch erzeugten Nanomaterialien auf die menschliche Gesundheit ableiten lässt. Dafür wertete er im Jahr 2014 rund 10.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen aus, die seit dem Jahr 2000 erschienen waren. Das Ergeb- nis dieser Sisyphos-Arbeit rüttelte die Wissenschaftsgemeinde auf: Die be- trachteten Studien waren untereinander kaum vergleichbar und die Aussage- kraft vieler Experimente schon aufgrund unter schiedlicher Rahmenbedin- gungen und Methoden fragwürdig. Inzwischen haben sich eine Reihe von gut beschriebenen Testmaterialien sowie Standard- Methoden, mit denen ver- schiedene Nanomaterialien im Labor untersucht werden können etabliert.

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Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA:

www.efsa.europa.eu

Eidgenössische Material- prüfungs- und Forschungs- anstalt der Schweiz www.empa.ch Europäische Chemi - kalien-Agentur, ECHA:

www.echa.europa.eu

Wissenschaftlicher Ausschuss für Verbrauchersicherheit, Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS:

www.ec.europa.eu/health/

scientific_committees/

consumer_safety/index_en.htm

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Dafür wird das Produkt mit konzentrierter Säure aufgeschlossen, um die organischen Begleitstoffe wie Emulgatoren, Fette oder Konservierungsstoffe zu zerstören. Im ersten Schritt wird daher aus einer exakt abgewogenen Menge des Produktes unter Mikrowelleneinfluss bei hoher Temperatur und hohem Druck eine Lösung hergestellt.

Das spektrometrische Verfahren zeigt jedoch nur, ob im untersuchten Pro- dukt überhaupt Silber enthalten ist. Um annähernd herausfinden zu können, ob es sich dabei um Nanopartikel handelt und in welchen Mengen sie im Einsatz sind, hat das Team um die Lebensmittelchemikerin Kerstin Schöberl das Verfahren ergänzt. Sie ermitteln, wieviel Silber insgesamt im Produkt enthalten ist. Schon das allein ist im Falle des Silbers eine echte Herausforderung, weil es dazu neigt, mit anderen gelösten Verbindungen der Probe zu neuen Feststoffen zu reagieren und sich damit der weiteren Untersuchung zu entziehen. Ist diese Hürde mit Wissen, Sorgfalt und Routine genommen, erlauben hochfeine Mikrofilter, beispiels- weise eine Lösung des Silberrohstoffes so zu filtrieren, dass die Nanoteilchen unter ihnen im Filter zurückbleiben. Im Anschluss wird die Probe weiter aufge- schlossen und den weiteren Untersuchungsverfahren unterzogen.

Aus der Diffe renz zwischen dem nachgewiesenen Silber und der Menge, die im Filter zurückgeblieben ist, lässt sich errechnen, wieviel Nanosilber die Probe un- gefähr enthielt. Dazu muss man aber erst einmal an das Produkt und den ent- sprechenden Rohstoff herankommen. ‚Wir kommen den Nanoteilchen über Um- wege recht gut auf die Spur, indem wir die bestehenden Analyseverfahren sinnvoll kombinieren und das Spezialwissen in den verschiedenen Laboren nutzen‘, er- läutert die Expertin für Element-Analytik. ‚Was uns und den Kollegen in anderen Laboren aber sehr helfen würde, sind standardisierte Verfahren für die Aufberei- tung der Proben und Messung der Nanomaterialien. Die Ergebnisse unserer Un- tersuchungen hängen entscheidend davon ab, wie gut die Probenvorbereitung die ursprüngliche Zusammensetzung des Produktes widerspiegelt.‘

Fotos: MLR / Joachim E. Röttgers Fotos: MLR / Joachim E. Röttgers

NANO-AUSWIRKUNGEN AUF DIE UMWELT?

Im Umweltschutz schaut man sich das Geschehen aus einem weiteren Blickwin- kel an. Industriell hergestellte Nanomaterialien werden eigens für einen be- stimmten Zweck hergestellt. Anders als natürlich auftretende Nano-Struktu- ren sind sie deshalb je nach Anwendung in Form, Größe und Struktur mehr oder weniger einheitlich. Je weiter der industrielle Einsatz voranschreitet, desto mehr dieser neuen Materialien könnten in Luft, Böden und Gewässer gelangen.

Für einen vorsorgenden Umweltschutz muss also für jedes Teilchen in jeder An- wendung geklärt werden, wie es überhaupt in die Umwelt gelangen kann. Wird es beispielsweise aus einem Textil herausgewaschen oder bei Verrotten eines Werkstoffs aus einer ursprünglich festen Struktur gelöst? Wie stabil und wie langlebig ist aber dieses isolierte Nano-Teilchen? Bleibt es frei beweglich oder lagert es sich mit anderen Stoffen zusammen? Ist es in Wasser oder einem anderen Medium löslich? Wie groß sind dann diese neuen Verbindungen oder Zusammenballungen und wie verhalten sie sich? Gelangen sie in lebende Orga- nismen und wenn ja: Was passiert dann? Treten sie in Wechselwirkung mit dem Stoffwechsel, lagern sie sich in Geweben ab? Wie und unter welchen Umständen?

Reichern sich auch ursprünglich verbraucherferne Partikel in der Nahrungskette an, um irgendwann wieder auf dem Teller anzukommen?

SICHERHEIT IST SACHE DER HERSTELLER

Egal ob Tennisschläger oder Wandfarbe, Wimperntusche oder Nahrungsergän- zungsmittel: Die Hersteller müssen dafür sorgen, dass Verbraucherinnen und Ver- braucher keinen gesundheitlichen Schaden davon tragen, wenn sie die Produkte benutzen oder anwenden. Dabei müssen sich die Hersteller am jeweils aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik orientieren. Es liegt also auch in ihrer Ver- antwortung, diesen Stand zu kennen und die möglichen Risiken zu ermitteln und zu bewerten. Im Falle der Nanotechnologien bedeutet das oftmals, Entscheidun- gen treffen zu müssen, obwohl noch Fragen offen sind. Hier heißt es vorsorgend abzuwägen. Kein Hersteller kann sich damit herausreden, er hätte etwas nicht gewusst.

ZULASSUNGEN NÖTIG

In der Europäischen Union setzt man auf einen vorbeu- genden Verbraucherschutz. Risiken und Belastungen für Verbraucherinnen und Verbraucher sollen frühzeitig ab- gewendet werden bzw. gar nicht erst entstehen. Für die Nanotechnologien heißt das, schon in der Forschung an Na- nomaterialien und in der Entwicklung von Anwendungen, die Ergebnisse auf ihre Folgen für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit zu überprüfen, Risiken zu bewerten und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. In den meisten Fällen übernehmen das die Unternehmen in Eigenregie. Bevor Nanomaterialien allerdings in Lebensmit teln, Verpackungen, Kosmetika oder Biozi- den eingesetzt werden dürfen, müssen sie spezielle Zu- lassungsverfahren durchlaufen:

Lebensmittel

In Deutschland und in Europa finden Verbraucherinnen und Verbraucher keine Lebensmittel mit Nano (Nano-

Food) in den Supermärkten. Denn wer Lebens mittel auf den europäischen Markt brin gen will, deren Struk- tur, Nähr stoffgehalt oder andere Eigenschaften durch ei- gens hergestellte Nanomaterialien bestimmt werden, muss dies bei der Europäischen Kommission beantragen.

Ein so hergestelltes Produkt wäre ein sogenanntes Neuar- tiges Lebensmittel (Novel Food), das nur dann auf die Teller der Verbraucherinnen und Verbraucher gelangen darf, wenn es sie nicht gefährdet, nicht irreführt und nicht zu Mangelernährung führt. Im Zuge des Zulas- sungsverfahrens müssen die Antragsteller und auch die Hersteller eine Reihe von streng vorgegebenen Daten und Studienergebnissen liefern, auf deren Grundlage die Eu- ropäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Sicherheit des Produkts bewerten und die Europäische Kommission eine Entscheidung über die Zulassung treffen kann. Die immer wieder zitierte Pizza, die dank nanover- kapselter Aromen ihren Geschmack je nachdem ändert, bei welcher Temperatur sie gebacken wurde, wäre so ein

Wenn in dieser anorganischen Proben-Lösung größere Mengen Silber ent- halten sind, zeigt sich dies zum Beispiel in der Flamme des Atomabsorptions- spektrometers (AAS): Das Verfahren beruht auf der Tatsache, dass jedes Element Licht einer bestimmten, charakteristischen Wellenlänge aufnimmt. Im Bereich des sichtbaren Lichtes lässt sich der umgekehrte Effekt mit bloßem Auge an der abgestrahlten Lichtfarbe erkennen – eine orange Flamme zeigt beispiels- weise das Element Natrium an. Silber emittiert das Licht im unsichtbaren Be- reich, ist jedoch für die Expertinnen und Experten an der charakteristischen Wellenlänge eindeutig zu identifizieren.

Abwägen, Annähern, Austauschen und Dazulernen sind also die Strategien, mit denen die amtliche Überwachung dem Einsatz von Nanomaterialien in Kosmetika begegnet. Für Verbraucherinnen und Ver- braucher sind das keine schlechten Nachrichten. ‚Gesundheitliche Risiken durch Kosmetika gehen nach unseren Erfahrungen vor allem von verbotenen Substanzen und Mikroorganismen aus. Nanomateria- lien fallen eher bei Fragen der Kennzeichnung und der Täuschung auf‘, ordnet Dr. Gerd Mildau die Problemlagen ein. Die risikoorientierte Kontrolle der Marktteilnehmer hat sich bewährt. ‚Vor der amtlichen Über- wachung gibt es kein Geschäftsgeheimnis, wir haben also Einblick in alle Rezepturen und überprüfen auch die Zusammensetzung und Sicherheit der Rohstoffe. Die umfangreichen Beschreibungen, die die Hersteller für alle eingesetzten Inhaltsstoffe und auch die Nanomate- rialien machen müssen, helfen uns, nach dem Richtigen zu suchen und wenn nötig schnell zu reagieren. Gemeinsam mit den Fachleuten anderer Einrichtungen werden wir über kurz oder lang auch standardi- sierte Prüfverfahren für die Routine-Analytik von Nanomaterialien ent- wickelt haben‘, schaut der Kosmetikexperte des CVUA KA zuversicht- lich in die Zukunft.

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Was der Verbraucher- schutz braucht

Damit Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Industrie die Chancen der Nano- technologien nutzen können, ohne sich und die Umwelt in Gefahr zu bringen, braucht es:

1. Das Verantwortungsbewusstsein der Her- steller. Sie gewährleisten die Sicherheit der Produkte und die Einhaltung der Vor- schriften zur Kennzeichnung und zum Umgang.

2. Den umsichtigen und verbraucherfreund- lichen Blick des Gesetzgebers. Er defi- niert das Schutzniveau und sorgt dafür, dass die bestehenden Regeln zuverläs- sig an den sich verändernden Erkennt- nisstand angepasst werden.

3. Validierte Messmethoden und -strategien für die Charakterisierung, die Messung und den Nachweis von Nanomaterialien in komplexen Medien. Das ist die Voraus- setzung für die amtliche Überwachung, um belastbare Erkenntnisse zu gewinnen und so ihre Kontrollfunktion wahrzunehmen.

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