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Von Dr. Peter Wolff, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) Die Mikrofinanzkrise vom 15.03.2010 Die aktuelle Kolumne

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© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Die aktuelle Kolumne, 15.03.2010 www.die-gdi.de

Die aktuelle Kolumne vom 15.03.2010

Die Mikrofinanzkrise

Von Dr. Peter Wolff,

Deutsches Institut für

Entwicklungspolitik (DIE)

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© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Die aktuelle Kolumne, 15.03.2010 www.die-gdi.de

Die Mikrofinanzkrise

Bonn, 15.03.2010. Mikrofinanzierung hat sich in den letzten Jahren zu einem populären Instru- ment der Armutsbekämpfung entwickelt. Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobel- preises an Muhammad Yunus und die Grameen Bank 2006 ist auch der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass mithilfe von Kleinkrediten auch die Ärmsten eine Chance erhalten können, sich aus der absoluten Armut zu befreien.

Das häufig etwas sozialromantisch geprägte Bild der Mikrofinanzierung hat jedoch in letzter Zeit Risse bekommen. Was ist passiert?

Zunächst gab es in einigen Ländern Probleme mit dem enormen Wachstum von Mikrofinanz- institutionen (MFI). Häufig handelt es sich dabei um nicht-staatliche Institutionen, die in einigen Ländern seit den 1990er Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen. Das Wachstum dieser manchmal nur wenig professionell geführten Institutionen war häufig zu schnell. Die Finan- zierung von Außen, durch staatliche und private Geber und zumeist nicht auf der Basis der Mobilisierung lokaler Ersparnisse, hat oft Anreize für eine Expansion gesetzt, mit der die per- sonellen Kapazitäten nicht Schritt halten konnten. Dies führte etwa in Marokko und in Bosnien- Herzegowina zu Schwierigkeiten in einer ganzen Reihe von MFI, denen inzwischen mit Schließungen, Fusionen und einer verstärkten staatlichen Regulierung begegnet wurde.

Darüber hinaus gibt es auch in Südasien, der Region mit der größten Verbreitung von Mikro- krediten, Probleme. In einigen Regionen in Indien, Bangladesch und Pakistan gibt es in- zwischen eine so große Verbreitung von Mikrokrediten, dass die MFI dazu neigen, im Wett- bewerb die Standards für die Kreditvergabe niedriger anzusetzen, wodurch sich die Qualität ihres Kreditportfolios verschlechtert. Auf der Seite der Kreditnehmer ist es zunehmend üblich geworden, einen Mikrokredit durch die Aufnahme eines Kredits bei einer anderen MFI oder bei einem Geldverleiher zurück zu zahlen. Auch daraus erklären sich die hohen Rückzahlungsraten der MFI von über 95 %, die allerdings in Südasien zu sinken beginnen.

Um der Problematik der multiplen Kreditaufnahme bei mehreren MFI und der damit verbun- denen Überschuldung vieler Kreditnehmer zu begegnen, wird an die Einrichtung von Kredit- informationsstellen gedacht, bei denen alle Kredite, auch Mikrokredite, gemeldet werden müssen.

Schließlich ist in letzter Zeit auch die Wirkung der Mikrofinanzierung auf die Armut kontrovers diskutiert worden. Aus einer Vielzahl von Studien und Evaluierungen ergaben sich zwar positive Resultate. Sie zeigen, dass sich die Einkommen der Kreditnehmer erhöht haben und dass sich der Bildungs- und Gesundheitsstand von Familien, die Mikrokredite erhalten haben, verbesserte.

Es kann aber nur in seltenen Fällen nachgewiesen werden, dass dies ursächlich auf die Mikro- kredite zurückgeführt werden kann. Aus neueren, methodisch rigorosen Studien ergibt sich kein klares Bild. Es können keine überzeugenden positiven Effekte auf die Armutsreduzierung nach- gewiesen werden. Woran liegt das?

Häufiger als angenommen werden Mikrokredite nicht für kleingewerbliche Investitionen ver- wendet, sondern für vielerlei Zwecke, die sich im unwägbaren Leben eines armen Haushalts,

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der über kein regelmäßiges Einkommen verfügt, fast täglich und immer überraschend, ergeben:

Krankheitsfälle, Ernteausfälle, plötzliche Preissteigerungen usw. Schon die Tatsache, dass Mikrokredite zu einer Verstetigung der Haushaltseinkommen beitragen, ist indes positiv zu werten. Dadurch wird es vielleicht erst ermöglicht, dass die Kinder regelmäßig zur Schule gehen. Es ist damit aber noch keine dauerhafte Erhöhung des Einkommens verbunden, ge- schweige denn eine wirtschaftliche Transformation hin zu einem höheren Produktivitätsniveau als Grundlage für Einkommenssteigerungen. Aus der mit einem Mikrokredit finanzierten Näh- maschine wird in aller Regel kein Bekleidungsunternehmen; aus dem Schwein im Hinterhof wird kein wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb. Dennoch werden die Auswirkungen der Armut gemildert und die Möglichkeiten für ein selbst bestimmtes Leben, gerade auch für die Frauen, oft verbessert. Das ist ein wertvoller Beitrag zur Armutsbekämpfung, aber es ist nicht der Ausbruch aus der Armut für Millionen, geschweige denn Grundlage einer wirtschaftlichen Transformation wie sie etwa in Ostasien – ohne Mikrokredite – vonstatten ging.

Es gibt Kritiker der Mikrofinanzierung, wie etwa der in Cambridge lehrende Koreaner Ha-Joon Chang, die in der Mikrofinanzierung eine falsche volkswirtschaftliche Verwendung von Kapital sehen, welches besser nicht in unproduktive Kleinstbetriebe sondern vielmehr in dynamische Mittel- und Großbetriebe investiert werden sollte, wie eben im Erfolgsmodell Korea. Tatsächlich geht es nicht um ein Entweder-Oder. Richtig ist aber, dass die „transformative“ Wirkung der Mikrofinanzierung weithin überschatzt wird. Eine Strategie der Armutsbekämpfung muss kom- plementär zur Mikrofinanzierung die Finanzierung von größeren, wettbewerbsfähigen Betrieben sowie von Infrastruktur zum Inhalt haben. Sonst wird die Armutsreduzierung sehr bescheiden bleiben.

Von Dr. Peter Wolff,

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Die aktuelle Kolumne, 15.03.2010 www.die-gdi.de

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