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Warum wir eine Europäische Entwicklungsbank brauchen

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Warum wir eine Europäische Entwicklungsbank brauchen

Von Peter Wolff, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 27.11.2017

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Warum wir eine Europäische Entwicklungsbank brauchen

Bonn, 27.11.2017. Die internationale Finanzarchitektur ist im Umbruch. Die großen US-Finanzinstitute sind weiterhin führend, aber China holt auf und wird in absehbarer Zeit eine gewichtige Rolle auf den Welt- Finanzmärkten spielen, schon allein wegen seiner dau- erhaften Überschüsse in der Kapitalbilanz, die interna- tional investiert werden. Europa spielt angesichts des Brexits und der nationalen Widerstände gegen einen europäischen Kapitalmarkt und eine Bankenunion demgegenüber eine abnehmende Rolle.

Was China auszeichnet ist seine langfristige Orientie- rung, auch auf den Finanzmärkten. Während die west- lichen kommerziellen Finanzinstitute einen eher kurz- fristigen Zeithorizont haben und sich zu einem wesent- lichen Teil mit spekulativen Geschäften auf den Sekun- därmärkten beschäftigen, sind die überwiegend staatli- chen chinesischen Banken viel stärker in der Finanzie- rung von langfristigen Investitionen engagiert. Das hat zwar einen stark planwirtschaftlichen Akzent, sowohl bei der Finanzierung von Staatsbetrieben in China als auch von Infrastrukturinvestitionen international (Belt and Road). Es trägt aber zur Kapitalbildung vor allem im Bereich der Infrastruktur bei und fördert damit wirt- schaftliche Entwicklung in China und international.

Nun gibt es für diese langfristigen Zwecke auch bilate- rale und multilaterale Entwicklungsbanken. In Europa gibt es vier Schwergewichte: Die Europäische Investiti- onsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die französische Agençe Fran- caise de Développement (AFD). Daneben gibt es in Europa noch ein gutes Dutzend weiterer kleinerer Ent- wicklungsbanken. Die Banken haben vielfältige Manda- te: Die EBRD wurde für den Aufbau der Privatwirtschaft in Osteuropa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion gegründet, die KfW fördert Unternehmen in Deutschland und Infrastruktur in Entwicklungslän- dern, die EIB finanziert Investitionen in der EU (Juncker Plan), in den Nachbarländern der EU und inzwischen auch weltweit (External Investment Plan).

Bereits 2010 hatte eine Kommission unter Leitung des ehemaligen IWF-Chefs, Michel Camdessus, empfohlen, aus den europäischen Entwicklungsbanken eine Euro- pean Bank for Cooperation and Development zu formen.

Dazu ist es nie gekommen. Die großen Vier haben vielmehr ihr internationales Geschäft weiter ausgebaut und ihre Mandate erweitert. Alle sind in Afrika enga- giert, machen Klimapolitik, orientieren sich an den globalen Nachhaltigkeitszielen und haben europäische Interessen im Blick. Auf EU-Ebene kooperieren sie im Rahmen von Plattformen, die aus dem EU-Budget bezuschusst werden, weil sie den europäischen Zielen außerhalb der EU dienen sollen (EU Platform For Blen- ding In External Cooperation).

Jetzt ist die EIB mit dem Vorschlag vorgeprescht, eine

neue europäische Entwicklungsbank als Tochtergesell- schaft der EIB zu gründen, und zwar mit einem Fokus auf Afrika und den Balkan. Die anderen europäischen Entwicklungsbanken sind eingeladen, sich am Kapital der neuen Bank zu beteiligen. Diese ‚kleine‘ Lösung hat sicherlich den Charme, dass sie leichter umsetzbar ist als die von der Camdessus-Kommission empfohlene Neuordnung der europäischen Entwicklungsfinanzie- rung in einer großen Institution. Dennoch greift dieser pragmatische Ansatz angesichts der eingangs erwähn- ten globalen Entwicklungen aus den folgenden Grün- den zu kurz:

Bei Entwicklungsbanken gibt es Größenvorteile. Nur Banken mit einer angemessenen Kapital- und Perso- nalausstattung sind in der Lage, Risiken zu streuen, indem sie riskante und weniger riskante Investitionen gleichermaßen finanzieren. Sie haben die Aufgabe, schwierige Projekte zu entwickeln und langfristig zu finanzieren. Sie sollen Plattformen mit einem breiten Portfolio von Investitionsprojekten entwickeln, an denen sich die Privatwirtschaft und vor allem große institutionelle Investoren beteiligen können. All dies können die meisten Entwicklungsbanken mangels Masse nicht anbieten. Auch die neue, von China ge- gründete Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) beschränkt sich vorerst überwiegend auf die Ko- Finanzierung von Projekten, die andere entwickelt haben.

Die Unterscheidung zwischen Investitionen in Ent- wicklungs- und Industrieländern hat sich überlebt.

Mit den globalen Nachhaltigkeitszielen, der internatio- nalen Klimapolitik und der Notwendigkeit, massiv in nachhaltige Infrastruktur in globalem Maßstab zu investieren, ist die Unterscheidung zwischen Banken, die entweder Investitionen in Entwicklungs- oder in Industrieländern finanzieren nicht mehr zeitgemäß. Die Standards für Nachhaltigkeit, etwa bei Investitionen im Energiesektor, nähern sich weltweit an. Die Konvergenz von Industrie- und Entwicklungsländern nimmt zu, ebenso wie die Investitionen von Schwellenländern wie China und Indien in Industrieländern. Gerade die Not- wendigkeit der Diversifizierung von Risiken in den Bankbilanzen spricht dafür, dass Entwicklungsländer- Risiken nicht in einer Bank konzentriert werden, wie dies bei der EIB-Initiative vorgesehen ist.

Wenn Europa in der Finanzarchitektur der Zukunft eine Rolle spielen will, braucht es eine Institution, die mit der Weltbank und den aufsteigenden asiatischen Akt- euren in einer Liga spielt. Man sollte diese Chance jetzt nicht verstreichen lassen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 27.11.2017

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