Mein Alltag, dein Alltag – Leben in Entwicklungs- und Industrieländern
Von Dr. Anja Joest, Bergisch Gladbach
Gesellschaft · Beitrag 57 1 von 24
I Mein Alltag, dein Alltag
© Christiane Pfohlmann/toonpool.com
Themen: Definitionen der Begriffe „Entwicklungsländer, Schwellenländer und Indus- trieländer“, Schulen und Schulalltag in Afrika, Kinderalltag in Entwicklungs- ländern, relative und absolute Armut.
Ziele: Die Schülerinnen und Schüler lernen die Merkmale von Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern kennen. Sie erarbeiten sich anhand von Tex- ten und einer Internetrecherche den Schulalltag und die Lebensbedingungen von Kindern in Entwicklungsländern. Anhand von Beispielen verstehen die Lernenden den Unterschied zwischen relativer und absoluter Armut. Durch den Vergleich mit der eigenen Lebenssituation werden die Schülerinnen und Schüler gegenüber anderen Lebenssituationen und Problemlagen sensibili- siert.
Handelt es sich um absolute oder relative Armut?
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Stunde 1: Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer – Merkmale und Definitionen
M 1 (Ab) Entwicklungsland, Schwellenland, Industrieland – was ist das eigentlich?
M 2 (Ab) Welches Land ist was?
Stunden 2/3: Schulen in Afrika
M 3 (Tx) Wie sehen Schulen in Afrika aus?
Stunden 4/5: Mein Alltag, dein Alltag – Unterschiede und Gemeinsamkeiten M 4 (Tx) Mein Alltag, dein Alltag – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Stunden 6/7: „In Afrika bist du nie allein“ – Leben in der Großfamilie M 5 (Tx) Leben in der Großfamilie – kannst du dir das vorstellen?
Stunde 8: Relative und absolute Armut
M 6 (Ab) Armut und Industrieland – passt das zusammen?
M 7 (Ab) Armut ist nicht gleich Armut
Stunde 9: Armut bekämpfen
M 9 (Ab) Armut bekämpfen – aber wie?
Stunde 10: Lernerfolgskontrolle
M 10 (Lk) Teste dein Wissen – Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer
Zusatzmaterial
ZM_Interaktive_Karte
Ab:Arbeitsblatt –Lk:Lernkontrolle – Tx:Text
Einzelarbeit Partnerarbeit Gruppenarbeit Internet
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Wie sehen Schulen in Afrika aus?
Während du dich morgens vielleicht ärgerst, weil du zur Schule gehen musst, ist dies für viele Kinder in Entwicklungsländern der sehnlichste Wunsch.
Südlich der Sahara kann zum Beispiel rund die Hälfte der Kinder nicht zur Schule gehen. Besonders betroffen hiervon sind Mäd- chen. Viele Kinder müssen auf dem Feld mitarbeiten oder auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen, statt zur Schule zu gehen.
Das Schulgeld ist für viele Familien zu hoch. Auch die Schuluni- form und die Bücher können sich viele nicht leisten. Ein Schulbe- such kostet im Jahr zwischen 5 und 15 Euro. Bei einem Jahresein- kommen von ca. 100 Euro ist dies viel Geld, zumal wenn eine Fa- milie, was die Regel ist, mehrere Kinder hat. Oft wird nur ein Kind zur Schule geschickt und dieses ist meistens ein Junge.
Eine weitere große Hürde, die für einen Schulbesuch genommen werden muss, ist die Sprache. In vielen afrikanischen Ländern wird nicht in der Muttersprache unterrichtet, sondern in Englisch oder in Franzö- sisch.
Nicht in jedem Dorf gibt es eine Schule. Wenn der Unterricht um 8.00 oder 8.30 Uhr beginnt, haben vie- le Kinder schon einen weiten Schulweg hinter sich. Es kommt nicht selten vor, dass Kinder eine Stunde oder mehr zur Schule laufen müssen.
Auch die Schulen kannst du dir nicht so vorstellen wie bei uns. Das Schulgebäude ist oft sehr einfach. In dem einzigen Raum drängen sich 30 bis 40 Schülerinnen und Schüler. Nicht in allen Schulen gibt es Ti- sche und Stühle. Manchmal dienen Lehmklötze oder Steine als Sitzgelegenheit. Oft gibt es nur eine Toi- lette für alle Schüler.
Im Unterricht geht es meist viel strenger zu als bei uns. In vielen Schulen ist es üblich, die Nationalhymne zu singen. Referate und Gruppenarbeit kennen die meisten Schüler nicht, denn in der Regel wird frontal unterrichtet und auf Fragen im Chor geantwortet.
Aufgaben
1. Lies dir den Text aufmerksam durch und unterstreiche die wichtigsten Informationen.
2. In dem Text findest du die Wörter „meistens“, „in der Regel“ oder „viel“ und „oft“. Afrika ist ein ganzer Kon- tinent mit großen Unterschieden! Deshalb treffen die Aussagen nicht auf alle Schulen zu.
Bildet Zweiergruppen und informiert euch im Internet über die Schulen in einem der unten angegebe- nen Länder. Geht auf die folgende Internetseite:
http://www.afrika-junior.de/inhalt/kontinent.html.
Klickt auf Länder. Wählt nun das zu bearbeitende Land aus und klickt es an. Geht nun zu dem Ab- schnitt Schulen und Bildung.
Angola, Botswana, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo, Gabun, Guinea, Malawi, Mosam- bik, Namibia, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Togo, Uganda, Zentralafrikanische Republik
3. Erstellt ein Plakat und informiert eure Mitschülerinnen und Mitschüler über die Schulen in eu-
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Zur Schule zu gehen, ist in Afrika nicht selbst- verständlich.
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Mein Alltag, dein Alltag – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Besitzt du zu Hause ein eigenes Zimmer oder teilst du es dir mit deinen Geschwistern? Hast du am Nachmittag nach den Hausaufgaben noch Freizeit? Nicht für alle Kinder ist das selbstverständlich.
Oft schläft die ganze Familie zusammen in einem Raum und Zeit zum Spielen ist die Ausnahme.
Manche Kinder wären froh, überhaupt in die Schule gehen zu können.
Kiran aus Indien
Ein Kinderzimmer? Nein, so etwas gibt es im Haus von Kiran nicht. Wenn man das indische Mädchen fragt, ob es sich denn ein eigenes Zimmer wünscht, überlegt es lange und sagt: „Ich weiß nicht.“ Wo Kiran lebt, ist es nicht üblich, dass Kinder ei- gene Zimmer haben.
Bislang hat das Haus, an dem ihr Vater baut, zwei kleine Räu- me. Zu viert ruhen sie in einem Zimmer auf dem Boden: Vater, Mutter, Kiran und ihr jüngerer Bruder. Nachts ist der Raum das Schlafzimmer – und tagsüber die Küche, […]. Ach ja, und
Arbeitszimmer ist er auch noch, weil in der anderen Ecke die Nähmaschine steht, an der Kirans Mutter den ganzen Tag lang sitzt.
[…] Kirans Vater […] besitzt ein Taxi. Tag und Nacht arbeitet er, damit die Kinder auf die priva- te Schule gehen können.
Kiran, die gerade 14 Jahre alt geworden ist, steht jeden Morgen um vier Uhr auf. Dann wickelt sie ihre Bettsachen zusammen und tapst hinüber ins Wohnzimmer, wo sie im Licht der Glüh- birne ihre Schulsachen auspackt und ihre Aufgaben für den Tag fertig macht. Ansonsten sei es schwer, überall mitzukommen, sagt sie. Und sie ist ehrgeizig, möchte gut sein, in allen Fächern.
In die Schule hat sie es zu Fuß nicht weit, um 8.05 Uhr beginnt der Unterricht und dauert bis 14 Uhr. Von 17 bis 19 Uhr lernt sie noch mal […], damit sie wirklich alles versteht, was die Lehrer jeden Tag an Stoff durcharbeiten. Viel Zeit zum Spielen bleibt da nicht. Aber wenn sie doch mal freihat, geht sie am liebsten Seilspringen mit ihren Freundinnen, vorne im Hof. […]
Kirans Leidenschaft ist das Malen. […]
Was sie einmal werden will? Künstlerin vielleicht, oder Ärztin. Oder Ingenieurin. In jedem Fall will der Vater, dass sie so lange auf die Schule geht wie möglich. Das ist in Indien nicht üblich, denn Mädchen werden meist jung verheiratet und haben keine Chance, ihren Träumen zu fol- gen. […]
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/leben/serie-kinderwelten-delhi-indien-kiran-malt-den-goetterhimmel-1.1923282
Aufgaben
1. Bildet drei Gruppen. Lest jeweils einen der Texte A, B oder C.
2. Vergleicht den Alltag von Kiran, Mwai oder Yeni mit eurem Alltag. Was habt ihr ge- meinsam? Worin unterscheidet sich euer Alltag?
3. Stellt eure Ergebnisse in der Klasse vor.
4. Was fällt euch auf?
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Ein Mädchen darf ihren Träumen folgen.
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Armut ist nicht gleich Armut
Für Wissenschaftler ist Armut nicht gleich Armut. Sie unterscheiden zwei verschiedene Arten von Ar- mut. Lies dir die Definitionen aufmerksam durch.
Absolute Armut
Von absoluter Armut spricht man, wenn es am Nötigsten zum Überleben fehlt. Das ist Nah- rung, der Zugang zu sauberem Wasser und ein Dach über dem Kopf. Menschen, die unter ab- soluter Armut leiden, müssen jeden Tag um ihr Überleben kämpfen.
Relative Armut
Als relativ arm bezeichnet man einen Menschen, der im Vergleich zu anderen nur wenig be- sitzt. Menschen, die von relativer Armut betroffen sind, haben im Vergleich weniger Geld als die meisten anderen in ihrem Land. Sie haben beispielsweise kein Geld für Freizeitaktivitäten und sind so vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Zudem haben sie weniger Chancen auf eine gute Schulbildung.
Aufgaben
1. Lies dir die beiden Texte „Absolute Armut“ und „Relative Armut“ durch.
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