Teil 3
Helmut Mayer: Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum - Indikatoren (UGR) zu dessen Messung
Joachim Nitsch: Aktuelle Szenarien zur deutschen
Energieversorgung und die Wirkungen des EEG 2014
Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum –
Indikatoren zu dessen messung
Helmut Mayer Statistisches Bundesamt
Editor: Teile des Vortrags wurden für die Zusammenfassung gekürzt und wiederum andere Teile erläutert
Gliederung:
1. Vorgeschichte
2. Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum (Entwurf)
3. Messung – Indikatoren (UGR)
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015 Folie 3
1. Rat für Nachhaltige Entwicklung: Konsum und Nachhaltigkeit (1) - zu Fortschrittsbericht 2010 -
(texte Nr. 31, März 2010)
„Ohne nachhaltigen Konsum wird es keine nachhaltige Entwicklung geben“.
Das sollte sich in der Nachhaltigkeitsstrategie widerspiegeln.
Die Entwicklung eines Indikators für nachhaltigen Konsum in Deutschland ist nötig. Vorübergehend mögen die
durchschnittlichen CO2-Emissionen pro Kopf als Ersatz verwendet werden“. (S.7)
„Wichtiges methodisches Element für einen Indikator ist
die Bilanzierung von ‚CO2-Fußabdrücken‘“. (S.7)
RNE: Konsum und Nachhaltigkeit (2)
(texte Nr. 31, März 2010)
Gesellschaft und Konsum.
Neue Ziele setzen
4.2 Kompetenzen für klugen Konsum
„Neu ist die Anforderung, unsere Entscheidungen und unseren Lebensstil so zu gestalten, dass sie im Einklang mit einer
nachhaltigen Entwicklung stehen. Damit die Menschen sich als Akteure in einer globalisierten Welt wahrnehmen, ist es
wichtig, die Zusammenhänge zwischen der Wirtschaft mit den gesellschaftlichen und ökologischen Folgen zu erklären“.
(S.14)
Folie 5
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015
Amsterdam
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015 Folie 7
Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung - Beschluss vom 1. Juni 2015 (1)
Unterstreicht die Relevanz des nachhaltigen Konsums für die nachhaltige Entwicklung insgesamt…
Ist der Auffassung, dass sich nachhaltiger Konsum nicht ver- ordnen lässt, sondern durch einen umfassenden und gesell- schaftlichen und dialogorientierten Prozess über konsum- bezogene Werte und nachhaltige Lebensweisen erreicht werden muss;
Verweist auf die globale Bedeutung nachhaltigen Konsums,
die sich auch in der Schwerpunktsetzung der G7 zum Thema
nachhaltige Lieferketten widerspiegelt.
Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung - Beschluss vom 1. Juni 2015 (2)
Begrüßt die Aktivitäten des Rates für Nachhaltige Entwicklung wie insbesondere die vom Rat veröffentlichte Broschüre zum
„nachhaltigen Warenkorb“ als guten Einstieg in die Problematik;
Strebt die Verabschiedung eines Nationalen Programms zum Nachhaltigen Konsum an …
Kündigt im Rahmen der Weiterentwicklung der
Nachhaltigkeitsstrategie die Prüfung der Entwicklung einer statistisch überprüfbaren Zielgröße für nachhaltigen Konsum an;
Hebt die vorgesehene Einrichtung einer (temporären)
interministeriellen Ressort-Arbeitsgruppe „Nachhaltiger Konsum“
hervor ...
….
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015 Folie 9
Staatssekretärsausschuss für nachhaltige
Entwicklung - Beschluss vom 1. Juni 2015 (3)
Strebt die Verabschiedung eines Nationalen Programms zum Nachhaltigen Konsum an …
• das sowohl bestehende Aktivitäten zur Förderung nachhaltiger Konsumweisen stärken als auch neue Maßnahmen initiieren soll;
• die Konsistenz und Wirksamkeit aller politischen Maßnahmen … sollen signifikant gestärkt werden;
• die Verbraucher sollen hierdurch besser in die Lage versetzt werden, die Auswirkungen ihrer Konsumentscheidungen zu
beurteilen und bewusst zu konsumieren ( Verbraucherportal von UBA „Umweltbewusst leben – der Verbraucherratgeber;
Umweltzeichensystem „Blauer Engel“ .. stärken und erweitern)
Auswahl: Zitate zu nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Entwicklung
Rat für Nachhaltige Entwicklung
http://www.nachhaltigkeitsrat.de/news-
nachhaltigkeit/2015/2015-06-18/bundesregierung-setzt-auf- nachhaltigen-konsum/
Institut Markt-Umwelt-Gesellschaft:
Studie zu Indikatoren für Nachhaltigen Konsum
http://download.ble.de/12HS019/12HS019.pdf
2. Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum (Entwurf St. Juni 2015) (1)
1 Konsum – ein zentrales Handlungsfeld für nachhaltige Entwicklung
„ … da durch den Konsum in Deutschland Umwelt- und soziale Probleme auch in anderen Ländern erzeugt werden“.
„Wie in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags für Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität diskutiert, bedeutet dies auch ein kritische Auseinandersetzung mit unseren Lebensstilen und unserem Wohlstandskonzept“.
„Bisher steht die Produktion von Gütern und Dienstleistungen mit einer Vielzahl von Regelungen und Programmen im politischen Fokus. Das
„Nationale Programm für Nachhaltigen Konsum“ zielt hingegen darauf ab, die Nachfrageseite und die Auswirkungen des Konsums zu
adressieren, auch um die Abhängigkeit des Angebots von der
Nachfrage zu berücksichtigen“ .
Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum (2) Ziel:
Verständnis der umweltbezogenen und sozialen Folgen des Konsum Aufzeigen und Stärken von nachhaltigen Handlungsalternativen
Breite nationale Diskussion über Lebensstile und Wertewandel 1.1 Nachhaltiger Konsum ist möglich
1.2 Hemmnisse für nachhaltigen Konsum Informationsdefizite
Verhaltensroutinen und Pfadabhängigkeiten
Verfügbarkeit von (bezahlbaren) Alternativen
Materialistische Lebensstile und soziale Normen
1.3 NK als Bestandteil der Politik der Bundesregierung
1.4 NK – ein internationales Politikfeld 1.5 Megatrends
Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum (3)
3 Übergreifende Handlungsansätze einer Politik für NK
„Das Programm soll eine Diskussion über Lebensstile anregen und gleichzeitig nachhaltigere Handlungsalternativen herausstellen. Ziel ist dabei auch eine Statusaufwertung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen bis hin zu deren Selbstverständlichkeit“.
3.1 Gesellschaftliche Diskussion 3.2 Bildung
3.3 Verbraucherinformation
3.4 Umwelt- und Sozialzeichen
Stärkung und Ausweitung von Systemen zur Übermittlung von Produktinformationen in der Lieferkette
3.5 Ökologisches Design
3.6 Nachhaltige öffentliche Beschaffung
N ationales Programm für Nachhaltigen Konsum (4)
4 Umsetzung und Monitoring des Programms
Einrichtung einer Interministeriellen Ressort-Arbeitsgruppe
Einrichtung eines Kompetenzzentrums beim Umweltbundesamt (Sammlung von Fachwissen, Vermittlung an die Öffentlichkeit) Gründung eines nationalen Netzwerks „Nachhaltiger Konsum“
(Koordinierung durch Kompetenzzentrum, Vernetzung der Akteure)
Fortführung des Dialogs „nachhaltiger Konsum und biologische Vielfalt“
Regelmäßige Evaluierung und Aktualisierung des Programms:
Entwicklung eines Indikatorensatzes, Leitindikator für
Nachhaltigkeitsstrategie, Bürgerkonferenzen, 4-jährliche
Berichterstattung durch Bundesregierung)
3. Indikatoren der UGR: CO 2 -Emissionen (1)
Folie 15
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015
233 233
435 435
313 247
193 313 981
1421
0 400 800 1200 1600
inld.
Produktions- bereiche
Exporte 506
Inlands- verbrauch
915
DESTATIS Umweltökonomische Gesamtrechnungen 2015 1) Abgrenzung der VGR einschl. Emissionen aus Biomasse
private Haushalte CO2-Emissio-
nen im Inland1)
Territorialkonzept Verbrauchskonzept
Direkte und indirekte CO2-Emissionen in Deutschland 2010
in Mill. Tonnen
Importe 441 Exportefür
Erklärung zu Folie 14:
Vergleicht man die gesamten CO
2-Emissionen, die mit den Import- Gütern (441 Mt CO
2) und Export-Gütern (506 Mt CO
2) verknüpft sind, so ergibt sich ein Exportüberschuss von 128 Mt CO
2. Allerdings wird ein erheblicher Teil der Importe als
Vorleistungsgüter für die Exporte verwendet (Emissionsgehalt von 193 Mt CO
2), die wieder zurück ins Ausland gehen, so dass nur 247 Mt CO
2im einheimischen Markt verbleiben. Vergleicht man diesen Importteil mit dem rein deutschen Exportwert (313- 247) ergibt sich ein Exportüberschuss von 66 Mt. Eine
länderweise Betrachtung (Beispiel Deutschland-China) erbringt je nach den Außenhandelswerten und den Produktions-
verhältnissen sehr unterschiedliche Ergebnisse. Bei den
Importberechnungen wurden länderspezifische Energieeinsatz-
und Emissionsverhältnisse zugrunde gelegt .
Indikatoren der UGR: CO 2 -Emissionen (2)
Folie 17
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015
981 915
0 400 800 1200 1600
inld.
Produktions- Inlands-
verbrauch (oh.
Exporte)
private Haushalte CO2
Emissio- nen im Inland1)
Territorialkonzept Verbrauchskonzept
Importe Exporte
12,0 Tonnen pro Kopf 11,2 Tonnen pro Kopf
Mill. Tonnen
CO
2-Emissionen in Deutschland 2010
CO2- Emis- sionen im Inland 1)
1) Abgrenzung der VGR einschl. Emissionen aus Biomasse. Umweltökonomische Gesamtrechnungen 2015DESTATIS
10,7%
7,8%
16,0%
17,3%
10,6%
20,1%
17,5%
Produkte Ernährung Kraftstoffe (direkt) Wohnen (Brennstoffe) Verkehr
Wohnen (Elektrizität u.ä.) Dienstleistungen
DESTATIS Umweltökonomische Gesamtrechnungen 2015
CO
2-Emissionen der privaten Haushalte und CO
2-Gehalt des Konsums 2010
- Anteile in Prozent -
Direkte Emissionen
Indikatoren der UGR: CO 2 -Emissionen (3)
131 110 106 14
14 16
100
102 99
246
227 221
0 50 100 150 200 250 300
2000 2005 2013
Raumwärme Warmwasser, Prozesswärme
mechan. Energie, Beleuchtung Straßenverkehr
Mio Tonnen
Direkte CO
2-Emissionen der privaten Haushalte nach
Anwendungs-bereichen 2000/2005/2013 - temperaturbereinigt
-
110,3 109,5
96,0
90,0 100,0 110,0 120,0
2005 2007 2009 2011 2013
Mio. t Mio. t
tatsächliche CO2-Einsparungen
CO2-Emissionen auf Grund
gestiegener Motorleistung
- 0,8 Mill. t
13,5 Mill. t
CO2-Emissionen der Pkw (alle Halter)
… verpasste CO 2 Minderungen
Flächenbedarf von importierten pflanzlichen Agrarerzeugnissen
10.818
9.001
0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Sonstige pflanzl. Erz.
Gemüse
Kaffee; Tee u.ä.
Kakao und Zubereit.
aus Kakao
Tierische und pfl.
Fette und Öle Getreide
Rückstände , zuber.
Futter
Ölsamen u. ölhaltige Früchte
1000 ha
UGR-Indikatoren: Flächenbelegung (1)
Erklärung des vorausgehenden Dias
Der Flächenbedarf von importierten pflanzlichen Agrargütern hat seit 2005 besonders durch die Zunahme von verstärktem Import von Getreide und tierischen und pflanzlichen Ölen
und Fetten zugenommen.
Indikatoren der UGR: Flächenbelegung (2)
Differenzierung der landwirtschaftlich genutzten Fläche nach Ackerland, Grünland u. sonstige landwirtschaftliche Flächen bei einer Gesamtfläche der Bundesrepublik von 35,7 Mio. ha.
Landwirtschaftlich genutzte Flächen in Deutschland 2000-2013
2000 2010 2013
%
Insgesamt
17,1 16,7 16,7
-0,4 -2,2Ackerland 11,8 11,8 11,9 0,1 0,6
Dauergrünland 5,0 4,7 4,6 -0,4 -8,5
Sonstige landwirtschaftl. Flächen 0,2 0,2 0,2 0,0 -6,2 (u.a. Obstanlagen, Rebland)
Quelle: Statistisches Bundesamt, Agrarstatistik (Fachserie 3, Reihe 3.1.2) Mill. ha
13 zu 00
Flächenbelegung im In- und Ausland für
Ernährungsgüter (in Tsd. ha) – Inlandsverbrauch -
Kategorien 2000 2005 2010 2010 zu
2000 % Inland
Landwirtschaftlich genutzte Fläche1) 17.067 17.035 16.832 -1,4
Ernährung 15.392 14.892 14.660 -4,8
Exporte 9.411 10.504 12.749 35,5
Importe 13.185 14.324 18.206 38,1
Importsaldo (IM-EX) 3.774 3.820 5.457 44,6
Inlandsverbrauch Ernährungsgüter 19.166 18.712 20.117 5,0
Importe für Exporte 2.896 3.674 5.072 75,1
Importe für Exporte in % von Exporten 30,8 35,0 39,8
Exporte aus inländ. Erzeugung 6.515 6.830 7.676 17,8 Inländ. Erzeugung für Inlandsverbrauch 8.877 8.062 6.983 -21,3 Inländ. Erzeugung für Inlandsverbrauch 46,3 43,1 34,7
Importe 53,7 56,9 65,3
in % von Inlandsverbrauch
© Statistisches Bundesamt | G 204 Mayer Workshop „Dekarbonisierung“ 9.9.2015
Erklärung des vorausgehenden Dias
Ähnlich wie bei der vorausgehenden CO
2-Bilanzierung sollte nicht allein die Differenz der globalen Flächennutzung für die Nachhaltigkeitsdiskussion herangezogen werden, die hier für das Jahr 2010 z. B. mit einem Importsaldo (Im-Ex) von 5475 Tsd. ha verknüpft ist.
Nach ‚Bereinigung‘ der Importwerte ergibt sich ein
Importanteil beim Inlandsverbrauch von 18,2-5,1= 13,1 Mha.
Der dt. Exportanteil beträgt 12,7-5,1= 7,6 Mha.
Die Saldierung IM-EX 13,1-7,6 Mha ergibt wiederum einen
Importüberschuss von 5,5 Mha.
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
helmut.mayer@destatis.de
© Statistisches Bundesamt | G 2 Mayer 7. Dresdner Flächennutzungssymposium, 6./7. Mai
Editors Auswahl zur Nachhaltigkeit
• Buchempfehlung Ulrich Gruber
Die Entdeckung der Nachhaltigkeit – Kulturgeschichte eines Begriffs. Verlag Antje Kunstmann München 2013
ISBN 978-3-88897-824-1
Aktuelle Szenarien zur deutschen Energieversorgung und die Wirkungen des EEG 2014
Dr. Joachim Nitsch, Stuttgart
Forschungskolleg Humanwissenschaften der
Goethe Universität Bad Homburg 9. September 2015
SZENARIO „TREND“ (derzeitige Energiepolitik und angekündigte Aktionsprogramme):
Schreibt die Trends der letzten Jahre fort und berücksichtigt die im KoV genannten EE- Ausbauziele, die EEG-Novellierung, das Aktionsprogramm „Klimaschutz 2020“,den Entwurf für den Strommarkt 2.0 und den nationalen Aktionsplan Effizienz (NAPE). Die großen Defizite bei der Effizienzsteigerung, im Wärmesektor und im Verkehr, bei der KWK und den EE im Wärmesektor werden dadurch tendenziell verringert.
Berechnet mit Methodik bzw. Modell der zwischen 2004 und 2012 erstellten „Leitstudien“ für das BMU;
auf der Basis der aktuellen Ausgangsdaten zum Jahresende 2014.
„Szenario 100“ ist eine aktualisierte Version des „Szenarios THG 95“ aus der Studie:
„Langfristszenarien und Strategien zum Ausbau der EE …“ vom März 2012.
Der Vergleich zweier Szenarien veranschaulichen den wachsenden Handlungsbedarf für eine erfolgreiche Fortsetzung der Energiewende in Deutschland
SZENARIO „100“ (aktive und engagierte Energiepolitik mit Blick auf das Gesamtsystem):
„Messlatte“ für einen erfolgreichen Umbau des Energiesystems hinsichtlich Klima-
schutz und Ressourcenschonung. Erfüllt die Unterziele des Energiekonzepts für 2020 und 2050 und damit das Klimaschutzziel einer -80% Minderung der THG-Emissionen in 2050 (…. und erreicht 2060 eine 100% EE-Versorgung und -95% THG-Minderung
).
Mit der derzeitigen Energiepolitik werden die Klimaschutzziele bereits 2020 verfehlt;
wenn sich dieser Trend verfestigt, nimmt die Abweichung langfristig erhebliche Ausmaße an,
Differenz : 50 115 240 (80%) (Energiekonzept – TREND) 430 (95%)
0 200 400 600 800 1000 1200
2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 2060
T H G -E m is si o n e n , M io . t C O
2ä q /a
Ist
SZEN-15 KORRIDOR SZEN-15 100
Ziele des Energiekonzepts
Bezugswert 1990: 1252 Mio. t CO2äq/a Wert 2014: 912 Mio. t CO2äq/a
TREND
TREND
0 2000 4000 6000 8000 10000
1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060
E n d e n e rg ie v e rb ra u ch ; P J/ a
IST TREND SZEN 100
1990 bis 2014: Durchschn.
Abnahme: - 0,25 %/a
A) Energieverbrauch von 100% auf 50%: Das Fundament einer erfolgreichen Energiewende Ist eine wesentlich effizientere Nutzung von Energie – davon sind wir noch weit entfernt !
Abnahme: - 0,5%/a
Abnahme: - 1,3 %/a
Die bisherige Reduktion des Energieverbrauchs stammt ausschließlich von den Sektoren Industrie und GHD ( - 0,8%/a); der Verbrauch der Sektoren Private Haushalte und Verkehr ist gegenüber 1990 gestiegen (+ 0,3%/a); Verkehr am stärksten mit + 0,4%/a !
Ziel des Energie- konzepts 2010
Bisheriger Endenergieverbrauch und zukünftige Entwicklungsperspektiven
NAPE wird eine gewisse Wirkung entfalten, jedoch nicht ausreichen, um die bisherigen Effizienzdefizite kurzfristig zu kompen- sieren.
0 200 400 600 800
2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050
EE -Stromerzeugung, TWh/a
Ist TREND SZEN 100
28% 39% 48%
60%
71%
43%
56%
74%
91%
B) Die Perspektiven der erneuerbaren Energien sind derzeit (noch) ungewiss:
„Gebremste Entwicklung“ (TREND) oder „auf dem Weg zur 100 % EE“ (SZEN-100
)
EE – Stromerzeugung (Ziel 2050: 80%)
• TREND: EEG- Vorgaben bremsen EE-Stromzuwachs ab. Korridor bis 2035 wird zwar erreicht, aber längerfristige Zielverfehlung ist erheblich. Bei Biomasse (Deckel 100 MW/a) droht Rückbau.
0 200 400 600 800 1000 1200
2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050
EE-Wärmebereitstellung; PJ/a
Ist TREND SZEN 100
10% 13% 15% 17%
16%
26%
40%
57%
EE – Wärmerzeugung (Ziel 2050: ~ 50%)
14%
• TREND: EE-Wärmezubau stagniert; KWK-Wärme aus Biomasse sinkt; die Kompensation durch den Zuwachs von Solarwärme, Umweltwärme und Geothermie ist in TREND zu gering, da die derzeitigen Instrumente zu geringe Wirkungen haben.
0 1000 2000 3000 4000 5000
1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 2060
EE-Energiebereitstellung, PJ/a
EE.Stromerzeugung EE-Wärmeerzeugung Biokraftstoffe
Gesamtbilanz EE: Von 13% auf ~ 90% - bis zur vollständigen Umsetzung der Energiewende ist noch ein erheblicher Zubau aller EE-Technologien erforderlich
2%
Beiträge von EE-Wärme (Kollektoren, Umwelt- und
Erdwärme, Biowärme ) und von Biokraftstoffen sind begrenzt
EE-Strom, vorwiegend aus Wind und Sonne, wird mittels „Power to Heat“, „Power to Mobility“ und „Power to Gas“ zur zukünftigen „Hauptprimärenergiequelle“ für alle Sektoren. Dazu muss der Wachstumstrend der letzten Jahre ungebrochen anhalten !
2014: 13%
EE- Erzeugung an Strom, Wärme und Biokraftstoffen im SZEN 100
Zusatzbedarf für EE-Vollversorgung in allen Sektoren (CO2 ~ - 95% in 2060) 70%
> 90%
Nur im Stromsektor annähernd Vollver- sorgung möglich (CO2~ -80% in 2050) Zielsetzung im
Energiekonzept 18%
30%
60%
0 2000 4000 6000 8000 10000
2008 2010 2012 2014 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 2060
Endenergie, PJ/a
Biomasse Wasserkraft Windenergie Solarstrahlung Umweltw./Geotherm. Fossil (nuklear)
Zwischenbilanz: Bereits jetzt zeichnet sich ein Verfehlen der Ziele 2020 bei der Energiewende ab.
Verfestigen sich diese Trends längerfristig, so wird die Energiewende misslingen !
Zielerreichung 2020 Effizienz EE-Gesamt EE-Strom KWK THG-Emissionen Ziele Energiekonzept -20% 18% min. 35% 25% - 40%
TREND -14% 17% 40% 17% -36%
SZEN 100 -17% 20% 43% 19% - 40%
SZEN-100 Trendszenario
Kern der Energiewende ist eine umfassende Transformation des Stromsektors
A) Stromverbrauch: Neben den bisherigen „konventionellen“ Stromverbrauchern spielen ab ca.
2030 „neue“ Stromnutzer eine immer größere Rolle für eine effiziente und ökonomische Nutzung wachsender EE - Stromüberschüsse
EE-Anteil an Gesamt-
verbrauch (%): 13 15 20 27 35 51 70 90
„konventionelle“
Stromverbraucher
„Power to Gas“
„Power to Heat“
„Power to Mobility“
Szenario 100 (2014)
B) Erzeugungsstruktur: Kohlekraftwerke müssen sukzessive durch effiziente, flexible gasgefeuerte Anlagen ersetzt werden; KWK spielt dabei eine wesentliche Rolle. Speicher ergänzen längerfristig die „neue“ Kraftwerkstruktur. Damit kann die verbleibende
Residuallast (verbleibende Last nach Abzug der FEE) jederzeit verlässlich gedeckt werden.
20
370 10 38 110
82 65
25 20 0 0 0
Gesicherte Leistung:
~ 100 ~ 110
Leistung (GW) 2013 2060
36 34 0,5
0 6 0 13 28 36 25 13 185
Szenario 100
Szenario 100
Erneuerbare E. %: 10 15 24 37 51 73 KWK-Wärme %: 12 16 20 23 25 27 Wärmenetze %: 18 20 30 50 60 65 CO2 – Emissionen: 395 300 195 113 61 4
(Mio. t CO2/a)
Wärmenetze müssen zu einem wesentlichen
Bestandteil der zukünftigen Wärmeversorgung werden, dabei sind eine sorgfältige Abstimmung mit Effizienz - steigerungen und eine Verknüpfung mit der Strom- versorgung unerlässlich ! 54%
Ohne einen völligen Umbau der Wärmeversorgung ist die Energiewende nicht umsetzbar;
eine erfolgreiche Transformation erfordert eine „Vierfach –Strategie“.
Wärmenetze sind ein Schlüsselelement: Sie bieten weitreichende und zukunftsoffene Möglichkeiten für eine sichere, flexible und ökologisch verträgliche Wärmeversorgung
Industrielle Abwärme
Geothermie Erdgas-BHKW
Solarkollektoren Überschuss EE-Strom
Biogas-BHKWHolz-HKW EE- Wasserstoff
Im Verkehr sind vorrangig wirksame Mobilitätskonzepte notwendig – erst dann ist der Umstieg auf erneuerbare Kraftstoffe/Strom sinnvoll
~ 50%
Anteil Erneuerbare E. (%): 5,7 12 15 20 32 57 84 Szenario 100
2000 2014 2030
Energieverbrauch (PJ/a)
Strom (stationärer Einsatz)*) 1235 +5% ~ 0%
Brennstoffe (Wärme) 5250 -3% -30%
Kraftstoffe (+Strom mobil) 2750 - 5% -20%
Erneuerbare Energien
Wind (Onshore / Offshore); GW 6,1/ - 38,1/ 1,1 80 / 20
Fotovoltaik; GW 0,1 37,9 85
Biomasse, Biogas; GW 1,3 8,3 12
Kollektoren; Mio. m², (Mio. m²/a) 3,2 (0,6) 18,3 (1,2) 160 (9,5) Wärmepumpen; MWth, (MWth/a) 1,4 (0,1) 7,6 (0,8) 33(2,2) Infrastruktur
KWK-Strom (TWh/a) 75 94 125
Netzgebundene Wärme**)(%) ~ 14 18 30
*) einschl. neue Einsatzfelder **)einschl. KWK-Objektversorgung
Fazit: Um den Umbau der Energieversorgung zu stabilisieren, müssen in der „2.Etappe“
der Energiewende noch zahlreiche wichtige Entwicklungen „auf den Weg gebracht werden.“
Hemmnisse, unklare bzw. ungesicherte Rahmenbedingungen:
Effizienzanreize zu gering (NAPE?), Gebäudesanierung, Mobilitätskonzepte, Entwicklung der Brenn- und Kraftstoffpreise ?
Ausschreibungen, EEG-Deckel, Strommarktdesign, CO2-Preise
Kostendegression, Entwicklung Marktanreizprogramm, Rahmen- bedingungen für Wärmepläne
Strommarktdesign, CO2-Preise KWK-G- Novellierung, Rahmen- bedingungen für Wärmepläne
Erforderlich dafür sind:
A) Klare politische Vorgaben zu den wesentlichen Leitplanken einer wirksamen Klimaschutzstrategie
.
B) Engagierte Akteure, welche die Umsetzung vor Ort professionell organisieren und betreiben.
0 2 4 6 8 10 12
Umweltkosten der Stromerzeugung, ct/kWh Luftschadstoffe
Treibhausgase (~80 €/t CO2)
Quellen: Umweltbundesamt 2012;
W.Krewitt, B.Sclomamm, 2006.
*) gewichteter Mittelwert
Das Hauptproblem: Klimaschutz funktioniert nur mit „korrekten“ Energiepreisen:
Die Umweltkosten der fossilen Stromerzeugung sind wesentlich höher als diejenigen der erneuerbaren Stromerzeugung, tauchen aber in der Stromrechnung nur in sehr geringer Höhe auf.
Derzeit nur ~ 4 €/t
Wären alle Schäden der fossil-nuklearen Energieversorgung bereits in den Preisen für Energie enthalten, benötigten Effizienz- und EE-Investitionen keine zusätzlichen Fördermaßnahmen und –instrumente.
Stromerzeugungskosten neuer Kraftwerke ohne Umweltkosten:
Kohle: 5 – 7 ct/kWh Gas: 6 – 8 ct/kWh Mit Umweltkosten:
Braunkohle: 15 -16 ct/kWh Steinkohle: 14 -15 ct/kWh Erdgas: 11 -12 ct/kWh
Mix erneuerbare Energien:
2013: 13 ct/kWh 2020: 9-10 ct/kWh 2050: 6-7 ct/kWh
Die heutigen Markt- und Preisstrukturen sind nicht kompatibel mit der Durchsetzung von Klimaschutzzielen. Marktgetriebener Klimaschutz „verlangt“ höhere (fossile) Energiepreise mittels deutlich höherer Preise von CO2-Zertifkaten, CO2-Steuern oder Abgaben auf fossile Energieträger.
Angemessen hohe Energiepreise sind für moderne Volkswirtschaften nützlich !!
Sie sind ein „Innovationstreiber“, stimulieren die Modernisierung der Energieversorgung und der Infrastrukturen und machen sie damit leistungsfähig und zukunftsfähig.
Vorteil 1: Förderinstrumente, welche das derzeitige „Marktversagen“ partiell
kompensieren (EEG, KWK-G, EwärmeG, Marktanreizprogramme, etc.) wären dann weitgehend überflüssig. Der mittelfristig „passende“ fossile Energieträger Erdgas würde begünstigt. Investitionen in Effizienzsteigerungen und in EE-Anlagen wären
„automatisch“ wesentlich wirtschaftlicher und würden erheblich wachsen.
Vorteil 2: Die „Kosten“ der Energiewende wären eindeutig als Altlasten der her-
kömmlichen Energieversorgung erkennbar, anstatt wie derzeit den EE, der KWK oder Effizienzmaßnahmen zugeordnet zu werden. Die Notwendigkeit der Energiewende könnte klarer vermittelt werden (Akzeptanz).
Paradigmenwechsel erforderlich: Die energiepolitischen und marktwirtschaftlichen
„Leitplanken“ für einen wirksamen Klimaschutz müssen stimmen !
Vorteil 3: Bei einer klugen Investitionsstrategie steigen die „echten“ Gesamtkosten der Energieversorgung nur punktuell und kurzfristig; bereits mittelfristig werden sie
niedriger und stabiler; Kapital fließt in Technologien, statt in die Beschaffung knapper werdender und umweltschädlicher fossiler Energieressourcen.
Wir „sehen“ von unserer Energieversorgung derzeit wenig, weil
• 70% unserer Primärenergie (4565 PJ/a Erdöl, 2485 PJ/a Erdgas, 1460 PJ/a Steinkohle und 1060 PJ/a Uran) im Ausland gefördert wird
• diese Energieträger an relativ wenigen zentralen Orten (Raffinerien, Kraftwerke)
umgewandelt werden und die Verteilung (bis auf Hoch- und Mittelspannungsstromtransport) nahezu unbemerkt geschieht (Erdgas: unterirdisch; Mineralölprodukte: Straße, Schiene) Die Energiewende verlangt von uns auch eine wesentlich umfassendere Bewertung von Energieversorgungsoptionen – der aktuelle „Marktpreis“ ist nicht ausreichend !
Mit dem „Sichtbarwerden“ der Energieversorgung durch Nutzung heimischer
erneuerbarer Energien (EE), wird sich (hoffentlich) unsere Betrachtungsweise grundsätzlich ändern:
• Der große „Wert“ von Energie wird wieder erkennbar; Energieträger kommen nicht mühelos in unser Haus sondern müssen immer mit beträchtlichem Aufwand erzeugt werden.
Energieeffizienz und Energiesparen lohnt sich immer !
• EE werden auf Dauer Teil einer Kulturlandschaft, deren Bevölkerung auf eine nachhaltige klimaneutrale und ressourcenschonende Energieversorgung Wert legt; je intelligenter wir mit Energie umgehen, desto besser werden sich EE in die Landschaft einfügen.
• Wir nehmen unsere internationale Verantwortung ernst, indem wir nicht nur Klimaschäden*) sondern in den Lieferländern auch beträchtliche regionale Umweltschäden vermeiden und anderen Ländern ein Vorbild dafür liefern, wie man Energie mit um Größenordnungen
geringeren Umweltschäden als heute bereitstellen kann.
Die zunehmende Markt- und Systemkomplexität erfordert sehr sachkundige Akteure mit der Fähigkeit und der Bereitschaft, angemessene Renditen mit der
Berücksichtigung einer längerfristigen Daseinsvorsorge und der notwendigen Transparenz von Entscheidungen in Einklang bringen zu können. Dies ist
insbesondere auf kommunaler Ebene gewährleistet.
Aktives Energiemanagement sollte mittels entsprechender Anreize (oder gesetzlich) Teil der kommunalen Daseinsvorsorge werden. Flächendeckende, einheitlich strukturierte und permanent aktualisierte Wärmepläne und Energiekonzepte sind dafür die
geeigneten Instrumente; eine stetige Kommunikation zwischen Kommunalverwaltungen, Stadtwerken, anderen Akteuren vor Ort und den Bürgern unbedingte Voraussetzung.
Ein komplexes Energieversorgungssystem verlangt sachkundige Akteure
Wenn die energiepolitischen Rahmenbedingungen „stimmen“, können die
strukturellen Herausforderung der Energiewende lokal und regional gut bewältigt werden. Kommunen (und ihre Stadtwerke) sollten eine hohe Akteursvielfalt in ihren Versorgungsgebieten begünstigen und private, gewerbliche und
genossenschaftliche Energieerzeuger in die Optimierung ihrer Versorgungsaufgabe einbinden. Eine gute Kooperation ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine ausgewogene Balance zwischen lokalen und regionalen („dezentralen“) Strukturen und der übergeordneten („zentralen“) Ebene.
Einige Literaturhinweise:
J. Nitsch:
„Szenarien der deutschen Energieversorgung vor dem Hintergrund der Vereinbarungen der Großen Koalition.“
Studie für den Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. (BEE), Stuttgart, 5. Februar 2014;
www.bee-ev.de/_downloads/publikationen/studien/2014/20140205_BEE-Szenarien_GROKO_Nitsch.pdf Aktualisierungen: 21. Juli 2014 und 19. April 2015
J. Nitsch:
„Energiewende - Quo vadis ?“, Beitrag zum Buch: „Gemeinschaftsprojekt Energiewende – Der Fahrplan zum Erfolg.“ Hrsg.: U. Bartosch, P. Hennicke, H. Weiger, oekom Verlag München, 2014
www.fvee.de/publikationen/politische-papiere-anderer/
T. Kelm, M. Schmidt, E. Sperber, J. Nitsch u.a.:
„Studie zum Landeskonzept Kraft-Wärme-Kopplung Baden-Württemberg.“ ZSW Stuttgart, DLR Stuttgart, J.
Nitsch,
Stuttgart, November 2014 . www.um.baden-wuerttemberg.de Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:
„Die Energie der Zukunft - Erster Fortschrittsbericht zur Energiewende.“ Berlin, Dezember 2014 C. Maaß, M. Sandrock, R. Schaeffer:
„Fernwärme 3.0 – Strategien für eine zukunftsorientierte Fernwärmepolitik.“ HIR Hamburg Institut Research gGmbH; im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Hamburg, 26. Jan. 2015.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:
„Ein Strommarkt für die Energiewende – ein Diskussionsbeitrag des BMWi (Grünbuch); Oktober 2014
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Dr. Joachim Nitsch, Gutachter und Berater für innovative Energiesysteme; bis Ende 2005 Abteilungsleiter
„Systemanalyse und Technikbewertung“ im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Stuttgart, jo.nitsch@t-online.de