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Aus der chirurgischen Abteilung des St. Josephsstifts, Bremen.

(Oberarzt: Dr. G r o 13).

Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells').

V o n Dr. H e i n r i c h GroB.

(Mit 3 A b b i l d u n g e n . )

Die Chirurgie des Zwerchfells, wenn iiberhaupt von einer solchen als selbst~indigem Begriff die Rede sein kann (s. u.), wird reprSsentiert durch die Operationen, welche ausgefiihrt wurden:

I. Zur Versorgung von Zwerchfellsverletzungen u n d Be- seitigung ihrer Folgezust~inde (Eventration abdomineller Organe, Hernien) ;

2. bei vorher i n t a k t e m Zwerchfell zur E n t f e r n u n g von Echino- coccusblasen der Leberkonvexit~t oder Er6ffnung sub- phrenischer Abszesse ;

3. bei T u m o r e n der Brustwand, die sekundSr das Zwerchfell einbegriffen h a t t e n ;

4. bei gleichzeitiger Verletzung der Brust- u n d Bauchh6hle, u m von ersterer aus freien Zugang zu den subdiaphrag- matisch gelegenen, ebenfalls verletzten Organen zu ge- winnen (,,transpleurale Laparatomie").

Die Aufstellung dieser vier Gruppen wird in der Wahl ihrer Reihenfolge zugleich der historischen Entwicklung der Zwerch- fellschirurgie gerecht.

Wenn A m b u r g e r 2) in einem Uberblick tiber die bishe- rigen Erfahrungen nur die erste bis dritte Rubrik berticksichtigt u n d ausftitlt, dagegen die vierte nicht aufstellt u n d die in sie ent- fallenden Betrachtungen tiberhaupt nicht erw~ihnt oder in der

I) N a c h e i n e m V o r t r a g m i t D e m o n s t r a t i o n a u f der VI. T a g u n g der Vereini- g u n g N o r d w e s t d e u t s c h e r C h l r u r g e n , 12. X I . 1910.

2) A m b u r g e r , Die o p e r a t i v e B e h a n d l u n g d e r B r u s t w a n d - u n d M e d i a - s t l n a l g e s c h w u l s t e . B e i t r a g e zur klin. C h i r u r g i e 19Ol, B d . 30.

Deutsche Zeltschnft f. Clururg~e. ~o 9 Bd 28

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ersten Gruppe registriert, so iibersch~itzt er m. E. die bedeutsame Stellung der transpleuralen Laparotomie fiir den Ausbau des, wie er sagt, ,,jungen Kapitels der Chirurgie".

Die zielbewuBte Ausfiihrung der besonders yon italienischen Chirurgen auf P o s t e ms k y ' s Empfehlung angewandten Methode mit weiter Er6ffnung des Zwerchfells, um einen ungehinderten Ausblick auf die verletzten, subphrenisch gelagerten Organe (Milz, Magen, Leber) mit ausreichendem Operationsterrain zu schaffen, kennzeichnet den Fortschritt vielleicht mehr, als die resezierenden Operationen, deren Notwendigkeit sich bei der Exstirpation eines das Diaphragma erreichenden oder auch durchsetzenden thora- kalen Tumors ergab.

Sind es auch nur imaginire Vorstellungen, welche die Her- stellung einer weiten Kommunikation zwischen den beiden grogen K6rperh6hlen als bedenklich erscheinen lassen, sie bestehen oder, wie wir in Anerkennung des Fortschritts sagen miissen, sie bestanden, und als ihr Ausflul3 die Furcht, durch ausgiebige In- cisionen der Zwerchfellsfl~iche verh~ingnisvolle St6rungen des ,,mechanischen Gleichgewichts" ( G e r u l a n o s ) 1) hervorzurufen, unter dessen Schutz Brust- und Bauchorgane funktionieren.

Wie hoch s. Zt. die Leistungen des positiven Bauchdruckes und des negativen im Brustraum normiert wurden, zeigt z. B.

noch die Arbeit B a r k e r ' s 2) aus den 8oer Jahren : er addierte die Wirkungen der beiden Kfiifte zu e i n e r, die geradezu mit einer gewissen Verve die Eingeweide des Abdomens bei Verletzungen des Zwerchfells in den Bereich des Thorax ziehe!

Von demselben Standpunkte der Beurteilung aus gelangte B e a l e 3) zur 13bersch~itzung seiner Beobachtung als physiologisch nicht oder schwer erkl~irbarer Kuriosit~it: ein T r a u m a hatte ein Stiick Lunge durch den Zwerchfellril3 in die Bauchh6hle treten lassen, statt, wie es seiner Ansicht nach h~itte sein mtissen, um- gekehrt ein Bauchorgan in den Brustraum! Die Literatur ver- zeichnet mehrere ganz analoge Beobachtungen; ihre sehr einfache

I) G e r u 1 a n o s. D e u t s c h e Z e l t s c h r . f. C h i r u r g i e 13d. 49- 2) B a r k e r , T r a n s a c t i o n s o f t h e p a t h o l , s o c . 1877, 13d. 28.

3) B e a l e , O n a c a s e o f h e r n i a o f l u n g t h r o u g h t h e d i a p h r a g m e . L a n c e t 1 8 8 2 .

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Z u r C h i r u r g i e u n d P a t h o l o g i e des Z w e r c h f e l l s . 427 ErklSrung finden sie darin, dab im Moment der Verletzung die Lunge sich in maximaler Inspirationsstellung befand; das Lungen- gewebe quoll aus der gesetzten Lticke des Zwerchfells heraus und wurde hier festgehalten.

,,Wenn die Verletzung mit Sicherheit vorauszusehen ist, wird es vorteilhaft sein, sie nicht zu machen (de s'abstiner) und sich nicht zu einer Operation drSngen zu lassen, deren Ausdehnung und Folgen man nicht iibersehen kann."

In diesem Schlul3satz seiner Mitteilung von operiertem Osteo- sarkom der rechten Brustwand gab noch 1886 H u m b e r t 1) seinem Bedenken gegeniiber einer komplizierenden Zwerchfellverletzung Ausdruck, obwohl er den Erfolg seines Falles fiir sich hatte, die bei der Exstirpation der Geschwulst unbemerkt hergestellte Zwerch- fellwunde von 7 cm LSnge und 2 cm Breite durch die Naht schliel3en konnte und Heilung erzielte.

Wenn er dann auch, in den folgenden Worten einlenkend, seinen Rat, eine Operation, deren Fertigstellung eine Durch- trennung des Zwerchfells erfordert, unvollendet zu ]assen und bei sekund~ir das Diaphragma affizierenden Tumoren sich mit einer Partialoperation zu begntigen, widerrufen m6chte, sein Schlul3satz bleibt bestehen und mit ihm der deutlichst bekundete Ausdruck der Besorgnis vor unberechenbaren Gefahren, die aus der Er6ff- nung des Zwerchfells beim Operieren im unteren Pleuraraum re- sultieren.

Sie als in der Einbildung beruhend hinzustellen, erlauben die Erfahrungen bei den resezierenden Operationen und vor allem die weit grol3artigeren bei der Versorgung der Schul3- und Stich- verletzungen des Zwerchfells, fiber die in den Zusammenstellungen v o n L e n o r m a n t 2 ) , S u t e r a ) , W o l f 4) und S a l o m o n i 5) berichtet wird.

Letzterer stellt 229 operativ behandelte Zwerchfellverletzungen zusammen; 163 real wnrde lediglich auf thorakalem Wege vor-

I) H u m b e r t . R e v u e chir. 1886.

2) L e n o r m a n t . R e v u e de chir. 19o 3 . 3) S u t e r . B e i t r ~ g e z u r Min. C h i r u r g i e 19o 5 . 4) W o l f. D e u t s c h e Z e l t s c h r . f. C h l r u r g l e 19IO.

5) S a l o m o n i . Clin. clair. 191o (Ref.).

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gegangen, 39 mal per laparotomiam und 27 mal per ,,Thorakolaparo- tomie" oder ,,transdiaphragmatischen Laparotomie" (S c h a e f e r 1).

Das Ergebnis - - 36 Todesfiille - - interessiert uns wesentlich nach der Richtung lain, dal3, soweit ich mich orientieren konnte, einmal der Verschlul3 der Zwerchfells6ffnung, - - sei sie durch das T r a u m a allein bedingt, oder bei der Operation erweitert, - - durch die Naht ein definitiver (s. u.) war, und weiter irgend wie bedenk- liche Konsequenzen (s. u.) einer weiten Kommunikation zwischen Bauch- und Brusth6hle sich nicht geltend machten; die Mil3erfolge (vgl. F r e y 2) sind j edenfalls nicht auf ihr Konto zu setzen.

Dieselbe Erfahrung zeitigten auch die sog. resezierenden Operationen. Als die umfangreichste Resektion im Zwerchfell galt bisher die v, M i k u 1 i c z (189I) 3) mit Gliick unter Excision eines hand- tellergrol3en Stiickes ausgefiihrte; aul3er ihr l~iBt die sorgfSltige Sichtung des Materials durch A m b u r g e r nur noch die Be- trachtungen L e i s r i n k ' s 4) und H a h n ' s 5) gelten, wo gelegentlich der Exstirpation von Brustwandtumoren ein die ganze Dicke des Zwerchfells umfassendes Stiick his zum Umfang eines Fiinfmark- stiickes entfernt wurde.

Diesen drei w~iren aus der Kasuistik der neuestenZeit noch zwei FSlle derselben Kategorie aus tier russischen Literatur anzureihen:

G o r o c k o w und D e r j u s h i n s k y 6 ) haben anscheinend in noch bedeutenderem Umfange, als v. M i k u 1 i c z, Resektionen am Zwerchfell vorgenommen; mit Unrecht, wie unser l~berblick zeigt, erkennt letzterer Autor sich und seinem Landsmann den R u h m zu, his jetzt allein und zuerst die Operation ausgefiihrt zu haben.

Das Resumde aller dieser Erfahrungen geht dahin, dal3 das Er- eignis der Zwerchfellser6ffnung, auch wenn sie eine ganz weite offene Verbindung der beiden K6rperh6hlen bedingt, wie sie die trans-

I) S c h ~ f e r , B e i t r ~ g e z u r klin. C h i r u r g i e , Bd. 36 . 2) F r e y. \ V l e n e r klin. \ u I893.

3) v. M i k u l i c z. Berl. klin. W o c h e n s c h r . I89I. (Ref.) 4) L e i s r i n k . A r c h i v f. klin. C h l r u r g i e I889.

5) H a h n . D e u t s c h e reed. \ V o c h e n s c h r . I888.

6) D e r j u s h i n s k i , Z w e i m a l i g e R i p p e n r e s e k t i o n m i t E n t f e r n u n g e i n e s b e d e u t e n d e n St(lckes der P l e u r a u n d des Zwerchfells w e g e n e i n e s prim'~ren P l e u r a - s a r k o m s usw. W i e n e r klin. W o c h e n s c h r . I9o 5.

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Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 429 pleurale Laparotomie erfordert, absolut nicht die Gefahren in sich birgt, die eine allzu ~ingstliche Beurteilung beftirchten m6chte;

gerade ihr gegeniiber, die in dem Ausfall des Tierexperiments (Ka- ninchen l) eine Sttitze linden will, ist die Feststellung dieses Er- gebnisses an der Hand eines U'berblickes tiber das vorliegende Ma- terial immer noch geboten.

Mit dem Nachweis ihrer Gefahrlosigkeit entf~illt ein wesent- licher Grund, der berechtigt, den Eingriffen am Zwerchfell eine Sonderstellung in unserer groBen Materie anzuweisen und sie zu dem selbst~indigen Kapitel der ,,Zwerchfellchirurgie" zusammen- zufassen.

Die Gesamtheit der Erfahrungen verweist sie in alas gr613ere Gebiet tier ,,Chirurgie im unteren Pleuraraum", eine Bezeichnung, mit der sich ein weiterer passender Begriff umgrenzen lieBe, der alle diese Operationen im Bereiche des unteren Thorax umfaf3t, die bei Er6ffnung des Cavum pleurae in der Verrneidung eines ver- h~ngnisvollen Pneumothorax ihr vornehmstes Ziel suchen. Der Einzelne wird indes weiter geneigt sein, die Operation am Zwerch- fell mit einem besonderen Nimbus zu umgeben, so lange sich so selten Gelegenheit bietet, die lebenswichtigen Organe der beiden groBen K6rperh6hlen ohne trennende Scheidewand in einem R a u m vereinigt zu sehen.

M6glich, dab die Bestrebungen zur Exstirpation des Cardia- und nnteren Osophaguscarcinoms unter Schutz der Sauerbruch'- schen Kammer oder des B r a u e r'schen Uberdruckverfahrens schon bald praktischere Ergebnisse zeitigen und damit dann fiir die Zwerchielloperation ein weites Feld der Bet~itigung er6ffnen; dab der mordlustige Stahl h~iufiger, als bisher, unter Durchquerung der Brusth6hle gegen die blutreiche Milz geziickt wird, ist wohl nicht zu befiirchten; dab die anderweitigen Indikationen, die wir be- sprachen, kiinitig des Ofteren die Veranlassung zu operativen Mafl- nahmen am Zwerchfell b6ten, erscheint ebenfalls nicht wahr- scheinlich, noch weniger, dab sich Betrachtungen, wie die fol- genden, h~iufiger wiederholen, die - - ftir sich eine ganz neue, also fiinfte Gruppe der ,,Zwerchfellchirurgie", und zwar in korrektester Pr~izision dieses Begriffes, vertretend - - die chirurgische Be-

I) F r e y . Wiener klin. Wochenschr. I895.

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handlung von im Zwerchfell selbst lokalisierten Affektionen veran- schaulichen.

Abgesehen yon Anomalien in der ersten Anlage und Ent- wicklung, yon St6rungen in der Funktion, sekund~irer Geschwulst- entwicklung im Muskel (R a j e w s k i 1) usw. sind sonst trotz seiner enormen Fl~ichenausdehnung und funktionellen Leistung krank- hafte Zust~inde am Zwerchfell iiberhaupt kaum bekannt.

Eigentiimliche degenerative Ver~inderungen mit fettiger Ent- artung und Atrophie des Zwerchfells, die zuerst von C a 11 e n d e r 2) und M a r s h a), dann von Z a h n 4) festgestellt wurden, erhalten wohl erst durch die Koinzidenz mit analogen des Myokards ihre besondere pathologische Bedeutung.

Als weitere Illustrationen zur

,,Pathologie"

des Zwerchfells finden sich sonst in der Literatur nur zwei Cysten aufgefiihrt, Sek- tionsbefunde, die von L a r c h e r S ) und L a b o u l ~ r e S ) be- schrieben wurden. Die Deutung ihrer diaphragmatischen Genese ist indes etwas problematisch, wie mir scheint, durch die Wiirdi- gung der topographischen Lageverh~iltnisse allzusehr beeinflul3t.

Als besonderen Zufall habe ich deshalb zu betrachten, dab sich mir Gelegenheit bot, in drei F~illen eine ,,chirurgische" Affektion des Zwerchfells zu beobachten und operativ zu behandeln. Zweimal handelte es sich um zirkumskripte Tuberkulose des muskul~iren Teils, im dritten Fall um eine groBe sarkomatSse Neubildung.

F a 11 i. Sch., Julius, 6 Jahre alt, KapitSnssohn. Aufgenommen 12. VI. 19o6. Bei dem bisher gesunden, wenngleich schw~ichlichen Jungen soll sich angeblich vor 14 Tagen plStzlich unter Schmerz eine Geschwulst der rechten Brustwand gezeigt haben, so dab der Hausarzt erst an eine Lungenhernie dachte.

Untersuehung ergibt zwischen vorderer und hinterer Axillarlinie zwischen 8. und 9. Rippe eine halbhiihnereigrol3e, undeutlich fluk- tuierende Anschwellung bei verschiebbarer, nicht gerSteter Haut.

{3ber der rechten Lunge, besonders Unter- und Mittellappen, vereinzelte Rhonchi. Diagnose: Caries costarum.

I) R a j e w s k i . V l r c h o w s A r c h i v Bd. 66.

2) C a l l e n d e r . L a n c e t I867.

3) M a r s l l . cod. loc.

4) Z a h n . V . A .

5) L a r c h e r . Arch. g6n6r. I868.

6) L a b o u l & r e . Gaz. m6d. de P a n s x873.

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Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 43I Operation 14. VI. Bogenschnitt legt in der Brustwandmuskulatur zwischen der IX. u. X. Rippe gelegene k~isig-sulzige Masse fret, die der verdickten Pleura parietalis fest aufsitzt. Nach ausgiebiger Resektion der Rippen wird Pleurah6hle er6ffnet. Lunge diffus zart adh~irent.

Nach Incision des Brustwandherdes zeigt sich, dab yon seinem hinteren Pol aus ein k~siger Gang sich im Brustraum fortsetzt. Unter Kontrolle des Auges wird er im gewundenen Wege bis aufs Zwerchfell verfolgt.

Hier nach Abl6sung der ebenfalls adh~renten Lunge zeigt sich eine grau- gelbliche, k~isige fiinfmarkstiickgroBe Platte, die das Zwerchfell durch- setzt. Exkochleation und Exstirpation tier Randpartien mit der Schere.

Leber, some freiliegende vordere Bauchwand sind nach oben durch zarte, sicher ganz frische strang- und fl~chenhafte Adhesion abge- schlossen.

Vern~ihung des ovat~ir gestalteten Zwerchfellsloches dureh 5 Kat- gutsuturen. ~'~,uBere Wunde zum Teil vern~iht; Drainage.

Mikroskopische Untersuchung der k~isigen Massen ergibt exquisite Tuberkulose.

2I. VI. Fieber von 39,5 ~ abends. Rechts obere Bauchgegend fiber Leber besonders erscheint aufgetrieben. Druckempfindlichkeit.

Gutes Verhalten tier Brustwunde (Verbandwechsel).

27. VI. Unter feuchtem Verband sind Erscheinungen etwas zuriick- gegangen. Temperatur 38 o C.

2. VII. Heute im Stuhl deutlich Eiter, auch mikroskopisch fest- gestetlt. Seitdera glatter, afebriler Vertauf.

17. VII. In Heilung entlassen. Vorstellung des Patienten I2. XI.

191o. Gute k6rperliche Entwicklung. Lungenbefund negativ. Un- regelm~iBige Narbe yon 2o cm L~nge ist ziemlich tief bis aufs Zwerch- fell eingezogen; Rippendefekt yon 9---lO cm L~inge. Sinus diaphrag- maticus g~inzlich ver6det.

Uber die Genese des tuberkul6sen Zwerchfellherdes werde ich nach Mitteilung des zweiten Falles reich iiuflern.

Eine Er6rterung verdient die Entwicklung des Bauchab- szesses, der in den Darm perforierte und diesen mit dem Stuhl- gang verlieg.

DaB eiu soicher Vorgang sich abgespielt hat, erscheint durch den Nachweis des Eiters im Stuhlgang, gleichzeitig mit dem Schwin- den der klinischen Erscheinungen, auger Zweifel. Die Frage ist nur, welcher Natur die Eiterung war, die zur Auftreibung der rechten oberen Bauchseite fiihrte.

Ich glaubte, die Annahme eines tuberkul6sen Abszesses, der zuf~llig gerade nach der Operation, ohne friiher irgendwelche Er-

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scheinungen gemacht zu haben, den Weg in den Darm fand, ab- lehnen zu mtissen.

Gegen sie spricht auch, dab der tuberkul6se Herd des Zwerch- fells nach der Bauchh6hle zu durch allerdings zarte Adh~isionen geschiitzt war, und bei ihrer LSsung keine Spur eines Abszesses festgestelllt wurde; die Leber lag in spiegelnder Oberfl~iche frei vor.

Fiir die grol3e Wahrscheinlichkeit einer a k u t e n Infektion, die also auf Kosten der Operation zu setzen w~ire, sprechen T e m p t - ratursteigerung und die damit einsetzende Schwellung der oberen Bauchgegend.

Auffallend und schwer erkl~irbar bliebe dann nur die Schnellig- keit, mit der es dem Eiter gelang, den Weg fiber die Leber hinweg ins Darminnere zu linden, ohne zu einem subphrenischen Abszel3 zu fiihren.

Mein zweiter Fall bedingte Vorgehen v o n d e r Bauchseite her.

F a 11 2. Joseph F., 33 Jahre alt, Fleisehbesehauer, L. (Oldenbg.).

Aufgenommen 5- V. 191o.

Anamnese: Seit Juli 19o 9

,,Bauchfellentziindung",

die langsam besser wurde; seit IO Wochen tritt unter rechten Rippenbogen eine in letzter Zeit besonders zunehmende Anschwellung hervor.

Befund: Blasser, graziler Mann, Puls beschleunigt. Herz und Lunge o. Bfd. Im oberen Gebiet des rechten R e c t u s , bis an Rippen- bogen reichend, medial fiber Linea alba, nach unten bis Nabelh6hle, liegt faustgroBer, deutlich fluktuietender Tumor mit ger6teter Haut.

Leib sonst weich; im Epigastrium D~impfung und Empfindlichkeit.

Diagnose: In Perforation begriffener Bauchdeckenabszel3, wahr- scheinlich yon Leber bzw. Gallenblase ausgehend.

Sofort Operation. L~ngsschnitt er6ffnet fast 3/41 fassende Abszel3- h6hle, zum Teil in den Bauchdecken gelegen; ein Loch im Peritoneum fiihrt in einen Raum, der nach oben yon Leber, naeh unten von ver- wachsenen Darmschlingen begrenzt ist. Tamponade, Drainage.

Kult. Untersuchung des Eiters negativ, Uberimpfung auf Tier ergibt Tuberkulose (Itygienisches Institut : Dr. M e y e r).

3o. V. Nachdem Wundh6hle sich bis auf 2 cm langen Spalt ge- schlossen, von dem aus Sonde welt in die Bauchh6hle vordringt, zweite Operation.

Umschneidung der ~iuBeren Fistelmiindung, Verfolgen des Ganges, der erst gerade in die Tiefe geht, dann ebenso steil nach vorn oben unter den Rippenbogen umbiegt; nacheinander werden IO. bis 7- Rippe partiell reseziert, um exquisit tuberkul6se, yon k~isigen Granulationen ausgekleidete, etwa 2--3 cm breite Bahn freizulegen, die, etwa in Mam- millarlinie beginnend, im schr~igen Verlauf in der Richtung nach der

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Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 433 linken Artic. sternoclav, zwischen Zwerchfell und Leberoberfltiche sich nach oben bis zum Zwerchfell zieht. In diesem, 3 cm weit yon der 7. Rippe entfernt, liegt ein fingerabdruckartiger, seharfrandiger Herd yon 3 cm LSnge. In der weiteren Umgebung ist Leberserosa mit vielen Adh~isionen bedeckt und stark verdickt. Exstirpation des Herdes unter Resektion des Zwerchfetls in gut I cm Peripherie, dabei Er- 6ffnung der Pleurah6hle; Pneumothorax wird dutch sofortige Tampo- nade, die bereitgehalten war, sehr gering gestaltet.

Nach Besorgung Wundh6hle offene Wundbehandlung.

Mikroskopische Untersuchung (Prof. B o r r m a n n) des Zwerch- fellherdes: kn6tchenf6rmige Tuberkulose mit Riesenzellen.

24. VI. Gute Heilung. Unter der linken Clavikula wird eine nuB- groBe tuberkul6se Lymphdriise entfernt (S c h 1 e i c h).

17. VII. In Heilung bei gutem Allgemeinzustand entlassen. Lungen- befund negativ.

12. XI. Demonstration: Patient hat 24 Pfund an K6rpergewicht zugenommen, sieht bliihend aus. Wunde gut vernarbt, etwa 2o cm lang, 8 cm breit, zeigt am AuBenrand noch einen kleinen oberfl~ichlichen Defekt.

Der klinische Bericht, so bemerkenswert auch der Senkungs- vorgang der tuberkul6sen Eiterung sich gestaltete, bedarf keines weiteren Kommentars.

Gehen wir zur genetischen Beurteilung dieser beiden F~ille von Zwerchfelltuberkulose tiber, so hat die mikroskopische Unter- suchung keine Anhaltspunkte ergeben.

Die prim~ire Muskeltuberkulose ist so selten, dab ich hier einer dahingehenden Annahme nicht das Wort geben m6chte.

Vielmehr erscheint es wahrscheinlicher, dab die tuberkul6se Infektion des Zwerchfells von einem zirkumskripten pleuralen;bezw.

peritonealen Herd aus erfolgte, oder dab eine tuberkul6se Lymph- driise in n~ichster Umgebung der Serosa von ihr aus die Muskulatur des Diaphragmas infizierte.

In technischer Hinsicht boten beide F~ille keine grogen Schwie- rigkeiten, speziell ersterer nicht, da iiberall in der Umgebung des Herdes pleuraleAdh~isionen b e s t a n d e n , u n d es sich um relativ kleine Defekte des Zwerchfells handelte, deren Versorgung im ersten Fall dutch wenige N~ihte sich leicht herstellen lieB, und im zweiten der Tamponade iiberlassen werden konnte, da die Leber die Brust- h6hle abschlog, und die Gefahr des Prolapses abdomineller Organe nicht vorlag.

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W e i t gr613ere technische Schwierigkeiten hot der dritte Fall meiner Kasuistik; er liegt mehrere Jahre zuriick und s t a m m t noch aus meiner Jenenser Zeit.

Die Exstirpation des gut kindskopfgroBen, das Zwerchfell durchsetzenden Sarkoms, das zudem in Lunge, Herzbeutel und Milz eingedrungen war, bedingte d i e u m f a n g r e i c h s t e R e s e k t i o n , d i e j e m a l s v o r g e n o m m e n w u r d e .

Es resultierte ein fast mannskopfgroBerDefekt ( = ein Sechstel his ein Ftinftel des Zwerchfells), dessen Verschlug sich jedoch ohne weitere plastische Operation lediglich unter Zuhilfenahme ausgiebiger Resektion der Brustwand, speziell seines Rippenan- tells, ganz exakt durch die Naht erm6glichen lieB.

F a 11 3. H., Hermann, 30 Jahre alt, Landbrieftfiiger aus K. Auf- genommen 3. XI., entlassen 22. XI. 19o2.

Im Beginn des Sommers traten bei dem bisher gesunden, wenn aueh stets schw~ichlichen Patienten erst Kreuzschmerzen mit links- seitigem Seitenstechen auf, dann die Erscheinungen eines hartn~ickigen, jedoch leichten Lungenkatarrhs. Vor etwa 2 Monaten bemerkte er an der linken unteren Brustwand eine kleine Verh~rtung, die, ohne ernstliche Besehwerden zu verursachen, sich zu einer Anschwellung ausbildete.

Nachdem der Kranke bis vor 3 Tagen seinen schweren Dienst vollst~indig hatte versehen k6nnen, entschloB er sich schlieglich, durch alas Wachstum tier Brustwandgeschwulst, sowie st~irkeren Hustenreiz mit Auswurf und Bruststechen beunruhigt, dem Rat seines Arztes Folge zu leisten und die Klinik aufzusuchen.

Aufgenommen 3. XI. 19o2. Temperatur 37,7. Beide Fossae supraclaviculares des hageren, langaufgeschossenen, blassen Mannes sind eingesunken, besonders die reehte; die Untersuchung in der medizi- nischen Poliklinik (Prof. M a t t h e s) ergibt in Best~itigung des yon uns erhobenen Befundes: diffuse trockene Rasselger~iusche tiber beiden Lungen bei abgeschw/ichtem Atemger~iusch.

Da aul3erdem bei dem Kranken seit l~ingerer Zeit Nachtschweil3e bestanden, worauf das Begleitschreiben des behandelnden Arztes be- sonders aufmerksam machte, wurde auch unserseits, in lJbereinstim- mung mit der Diagnose des Arztes, Phthisis pulm. als wahrscheinlich bestehend angenommen, und die gleichm~il3ig geformte, weiche, nicht schmerzhafte VorwSlbung der linken unteren Brustwand als Rippen- tuberkulose angesprochen :

Etwa 6 cm lang, 3 cm breit, ist sie im Bereich der 8. und 9. Rippe, zwischen vorderer und mittlerer Axillarlinie, gelegen und tiberragt in ihrer h6chsten Prominenz das Niveau der Umgebung u m a/4---I cm.

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Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 435 Die bedeckende Haut ist gut verschieblich, nicht ger6tet, der Tumor selbst absolut fest auf den Rippen fixiert und bei Druck leicht schmerzhaft.

Patient, abends aufgenommen, dringt als Selbstzahler zur Opera- tion, die am n~ichsten Morgen vorgenommen wird.

Operation 4- XI. Bogenf6rmiger Schnitt auf dem palpablen freien unteren Rand der 9. Rippe, legt zuerst die untere Fl~iche des Tumors trei, der nach Durchtrennung der bedeckenden diinnen Muskelschicht in etwa 5 cm L~inge sich darbietet, dann, unter weiterer Abl6sung der deckenden Schicht, seine ganze AuBenfHiche.

Der Tumor tritt zwischen 8. und 9. Rippe, die etwas auseinander- gewichen sind, hervor; seine weiBliche Farbe und feste Konsistenz fallen auf; die Incision ergibt Geschwulst.

Die Pleura costalis an den beiden Seitenpolen des Tumors beweist durch ihre Triibung und Undurchsichtigkeit das Vorhandensein von Adh~sionen. Ein Einschnitt zeigt, dab die Pleura mit der Oberfl~iche des Tumors verwachsen ist, und iiberzeugt zugleich, dab dieser im Pleura- raum sich verbreitert.

Verl~ngerung des Weichteilschnittes nach vorn bis zum Rippen- knorpel, nach hinten bis jenseits der Skapularlinie. In derselben L~inge wurde 8.--lO. Rippe subperiostal reseziert. Beim Abl6sen der hinteren Periostfl~iche der 8. und 9. Rippe brechen diese entsprechend der Mitte der Geschwulst ein, nachdem sie sich an der Vorderfl~iche leich't von dem iiberstehenden Tumor hatten isolieren lassen; sie sind entzttndlich erweicht, die 9. Rippe zeigt an ihrem oberen Rand einen kleinen Rand- defekt (Drucknekrose).

In fortschreitender Erweiterung des zuerst angelegten Schnittes durch die Pleura costalis wird die Lateralfl~iche des Tumors nach und nach entwickelt.

Der zwischen 8. und 9. Rippe hervorgetretene Teil entspricht dem i3bergang yon der lateralen zur hinteren Seitenfl~iche. Von ihm aus gelangt man unter stumpfer L6sung ziemlich fester Adh~isionen auf die OberfHiche der Geschwulst, die nach dem Mediastinum zu schr~ig autsteigt; ihr liegt mit verdickter, adh~irenter Pleurabedeckung die Lungenbasis auf, die nach oben und etwas nach innen gedr~ingt ist.

Pleura costalis und pulmonalis sind fest verwachsen.

Die Lunge wird bis auf eine gut handtellergroBe Fl~iche abgel6st, bis, etwa der Mammillarlinie entsprechend, in das Parenchym einge- wachsene Tumormasse zur Resektion einer 8 cm langen, an seiner, nach dem Mediastinum zu gelegenen, Basis 41/2 crn hohen und auf der Fl~iche etwa 6 cm breiten Keils aus der Lunge zwingt. Unterbindung der spritzenden Gef~ige; 13bern~ihung.

Die laterale Fl~iche des Herzbeutels liegt vor; auch in ihn ist der Tumor eingedrungen, so dab eine Resektion des Perikards etwa im Umfang eines Fiinfmarkstiicks notwendig ist. Naht der Offnung, neben

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deren vorderem Rand der N. phrenicus durchscheint, gelingt tiber dem freiliegenden Herzen ohne Spannung.

Die weitere Isolierung des jetzt in ganzer Oberfl~iche vorliegenden Tumors auch der vorderen und hinteren Seitenfl~iche geht glatt vor sich; vorn ist er mit der Pleura der Brustwand verwachsen; die Frei- legung der hinteren Seite erfolgt nach Trennung einiger festerer, breiter Stfiinge, die nach dem Mediastinum, bzw. hinterer Brustwand fiihren.

Schlieglich liegt die ganze Basis der Geschwulst iibersichtlich frei, dem Zwerchfell mit ziemlich steil abfallenden R~indern in scharfer Begrenzung aufliegend. Mit ihrem oberen medianen Pol, dem h6ehsten Punkt, der etwa der Verbindung der 5. Rippe mit dem Sternum ent- sprieht, ragt die Geschwulst eben in dasZentrum tendineum ein, sonst geh6rt sie ganz tier Muskelplatte des linken Zwerchfells an, dessen normaIe Lage (W~Ibung) erhaIten ist.

Da Tumor nicht zu 16sen, wird das Zwerchfell in 2 cm, stellenweise 3 cm weiter Peripherie durchschnitten, zuerst an der vorderen medianen Seitenfl~iehe. Die Geschwulst ragt hier frei ins Abdomen vor und er- streckt sich mit ihrem am weitesten median vorspringenden Teil auf die Leberoberfl~che in der Gegend der Porta fort, hier locker ver- wachsen; weiter nach hinten liegt sie dem linken Leberlappen, dann,

-- getrennt nur yon diesem durch einen fl~ichenhaft adh~irenten Netz- zipfel, der reseziert wird, - - dem 5Iagen auf.

Die Umsehneidung der lateralen Zwerchfellsbegrenzung gestaltet sich dadurch schwieriger, dab der Sinus diaphragmaticus durch ziem- lich feste und dichte Verwachsungen seiner W/inde unterhalb des Tumors obliteriert ist; er wird unter Erhaltung der entziindlich ver- dickten Pleura wiederhergestellt.

Nach der Durchtrennung des Zwerchfells hier, die damit im ganzen Umkreis des Tumors vorgenommen ist, zeigt sich, dab letzterer in den oberen 3Iilzpol eingedrungen ist und durch resezierende Schnitte ent- fernt werden mul3. Ubern~ihung der blutenden Milzfl~iche.

Entnahme der Geschwulst. Es liegt ein bequem ffir einen kfiiftig entwickelten Mannskopf dmchg~ingiges Loch im Zwerchfell vor, von vorn abgerundeter, hinten nach dem Mediastinum zu spitzwinkliger Form. Durch einige Scherenschnitte an der vorderen Begrenzung wird ein regelm~Biges Oval hergestellt.

An Stelle der Gazeschicht, die bisher die abdominellen Organe (Magen, Colon transversum, Leber) bedeckte, wird zum Sehutz i~ber diese das grol]e Netz emporgeschlagen und fiber den Magen weg mit dem lateralen Wundrand des Zwerehfells vernfiht. Darfiber wird die Naht des Zwerchfells ausgeffihrt (in toto I6 Suturen); nachdem zuerst die Wundfiinder in der Mitte unter einiger Spannung mit be- sonders starken Katgutf~iden aneinandergelegt sind, gelingt die Ver- einigung der fibrigen Wundfl~iche unter Einsenkung der /iuBeren Brust- wand iiberraschend leieht.

(13)

Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 437 Excision der Pleura costalis mit Rippenperiost und der aufliegenden Thoraxmuskulatur im Bereich des ganzen Operationsterrains. Dariiber Hautnaht; im vorderen Wundwinkel gazeumwickeltes Drain.

Am nSchsten Tag bei qu~ilendem Hustenreiz abends 39,5 ~ dann bis zum fiinften, wo Tampon entfernt wird, fieberffeier Verlauf bei zunehmendem Husten mit Auswurf. Linke SeRe bleibt beim Atem sichtbar zuriick, Atmungsfrequenz 25--30.

Vom 9. XI., also 5 Tage nach Operation, bis 16, XI. inklusive Pneu- monie des linken Unterlappens in ausgesprochenem Bride. Mehrfach wurden Diplokokken im Sputum nachgewiesen. Temperatur 38,6, Puls lOO--12o.

Am 14. Tage wird, da Retention vermutet, ~iul3ere Naht entfernt und WundhShle wieder er6ffnet, dabei Zwerchfellnaht in ganzer L~inge iibersichtlich freigelegt; sie hatte standgehalten. Die linke Lungen- basis fiihlt sich derb an. Resektionsfl~iche, wie die ganze WundhShle fibrinSs-eitrig belegt.

Vom 16. XI. an schneller Heilungsverlauf; vom 22. XI. kann Patient bereits in poliklinische Behandlung entlassen werden. Mitte Januar ist die Heilung vollendet. Im April nimmt Patient seinen Dienst wieder auf. - - Tod im Juni d. J. in Kachexie unter L~ihmungserschei- nungen. Der betreffende Arzt, der mir diese Auskunft auf Anfrage gab, lieB unentschieden, ob Rezidiv oder Metastase, die also das Riickenmark betroffen haben wiirden, vorgelegen habe.

B e s c h r e i b u n g d e r e x s t i r p i e r t e n G e s c h w u l s t (Fig. I): Die Geschwulst, yon einer an Stellen der Adh~isionen dickeren, sonst zarten Kapsel eingehtillt, ist von knolligen Massen gebildet, deren Konturen auch auf den Durchschnittsflgchen (vgl. Fig. 2) noch deut- lich hervortreten.

Die Konsistenz ist fest, an den peripher vorspringenden Kanten etwas weicher, als inn. Zentrum.

Der grSBte L~ngendurchmesser der Geschwulst - - in situ der Ver- bindungslinie der iiul3ersten VorwSlbung der zwischen 8. und 9. Rippe vortretenden Seitenfl~che (etwa mittlere Axillarlinie) und dem median- wXrts, nach dem Mediastinum zu, am weitesten vorspringenden P u n k t - betriigt 14, 5 (Fig. I, p--q), der senkrecht zu ihm vertaufende grSBte Breitendurchmesser (m--n) 13,8 cm.

Fig. 2 zeigt auf einem quer zum Zwerchfell angelegten Schnitt die Dickenverh~ltnisse; der grSBte bei a - - b betr~igt

71/3

cm, die kleinsten 41/.o bei c--d, 5,3 bei e--f; g bezeichnet laterale, h mediale SeitenfHiche, zugleich die Endpole des den Tumor durchsetzenden Zwerchfellmuskels, der sich deutlich auf der Schnittfl~iche markiert.

Die obere, thorakale Fl~iche ist in ihrem grSBeren lateralen und hinteren Tell ziemlich eben, wenn auch hier nach Entfernung der Ein- senkungen ausfiillender Bindegewebsmassen die hSckerige Beschaffen- heit der Geschwulst deutlich hervortritt.

(14)

Vorn und medianw~rts markiert sich eine tiefere Einsenkung, von in ihrer Kuppe etwa Walntissen an Gr6Be entsprechenden Knollen eingefaBt; je 2, etwas kleinere, springen am medialen oberen Pol naeh dem Herzen und der Lunge zu vor; sie waren in das Parenchym der letzteren, wie ins Perikard eingedrungen; die der Lunge entsprechenden sind auf Fig. I sichtbar (x y), umgeben vom Lungengewebe (q--z).

Das Zwerchfell als Grenze des p!euralen und abdominalen Teiles der Gesehwulst zeigt Fig. I (Resektionslinie des Zwerchfells bei a, a, a) ;

p :

[ o m i n e l l e r les T u m o r s .

h o r a k . T e i i

~s T u m o r s .

n b a x

F i g . i .

bei o ist noeh alas abgetrennte Milzgewebe vorhanden, bei c der ab- getrennte Netzzipfel; bei b, b Peritoneum.

Der abdominelle Abschnitt des Tumors zeigt eine nicht unerheb- iiche Verjiingung; er springt seharf ins Zentrum der Zwerchfell-Resek- tionsfl:~iehe vor, etwa 3--4 era, ist 91/2 em lang und 61/2 cm breit; seine Masse ist ausgesprochen knollig (vgl. Fig. i).

In Fig. 3 ist das Verhalten des Zwerchfells an der lateralen Fl~iche des Tumors veranschaulicht: Erst naeh der Entnahme des Pfiiparates, bei n~herer Besichtigung, zeigte sich eine bei tier Operation nieht fest- gestellte Diastase des Zwerchfells am lateralen Pol der Gesehwulst:

bei a, a treten die oberen Fasern hervor, bei a2, a 2 die unteren, von- einander dutch eine 3--4 cm dicke Geschwulstmasse getrennt.

(15)

Zur Chirurgie und Pathologie des Zwerchfells. 439 Das Auseinanderweichen der M u s k e l p l a t t e n b e g i n n t e t w a 3 c m v o r der lateralen Seitenfl~iche der Geschwulst, u n d zwar ist es b e d i n g t d u r c h zwei intramuskul~ire Knollen, die, wie auch in Fig. 2 n o c h er-

C g e

" \ , "'~ / Thorakaler

-.r

Tell.

at i~ Zwerchfell.

_ J Abdomineller 9 . f ~ / ~ - Teil.

b

Fig. 2. Durchschnitt in der Lgngsrichtung des Tumors. Gr613e =/a. Auffallend ist hier die IntegritS.t des Zwerchfells, das an anderen Stellen ggnzlich substituiert ist.

kenntlich, den Muskel i m m e r weiter a u s e i n a n d e r g e t r i e b e n haben. Die beginnende D i a s t a s e ist auch in Fig. 2 bei g Oat. Seitenfl/iche) zu sehen, ]edoch auf diesem n a h e d e m gr6Bten L{ingsdurchmesser a n g e l e g t e n

a d a d

L_

-, l j G

1 7t

a2 b d a2 e b Fig. 3.

Schnitt m e h r als V e r b r e i t e r u n g des die T u m o r m a s s e d u r c h s e t z e n d e n Zwerchfelles erscheinend. Der Schnitt h a t gerade 13bergangsstellen der beiden Knollen getroffen, die, ein gr/513erer bzw. l~ingerer u n d ein kleinerer, auf der A b b i l d u n g 3 n o c h e r k e n n b a r sin&

C C in Fig. 3 b e d e u t e t die Verbindungslinie zweier s e n k r e c h t

(16)

zueinander angelegter Schnitte, b, b die Ansatzstelle des Peritoneum diaphragmaticum, e ein Stiick der den Tumor umhiillenden Kapsel.

Die auf der Schnittfl~che bei d, d, d hervortretenden gelblich- weiBen, ovalen und rundlichen Massen entsprechen besonders gefiBarmen Partien; stellenweise sind hier kleinere nekrotische Herde eingelagert.

Sonst ergibt die mikroskopische Untersuchung ein Fibrosarkom, an dem besonders der Reichtum an Riesenzellen auff~llt. Herr Prof.

R i s e 1, jetzt in Zwickau, damals Leipzig, dem ich die mikrosko- pischen Priparate zeigte, stellte eine weitgehende Ubereinstimmung im histologischen Bilde, wie auch im ganzen anatomischen Verhalten mit Lymphdriisensarkomen fest vom Mediastinum und linken Brust- raum, von denen sich das Priparat in der Sammlung des Leipziger pathologischen Instituts befindet.

v. H o r o c k 1) aus der Klinik A l b e r t s hat s. Zt. vorgeschlagen, gr6Bere Liicken des Zwerchfells dutch den Magen, dessen Serosa mit dem Periton. diaphr, u m s i u m t werden sollte, zu schlieBen und so die Entstehung eines Prolapses abdomineller Organe in die Brusth6hle zu verhtiten. Sein Vorschlag e n t s t a m m t der Frtih- periode der ,,Chirurgie im unteren Brustraum".

Ausgiebige Entfernung der nach augen deckenden Brustwand ist eine Forderung ftir die in ihr Gebiet fallenden Operationen, auf deren Berechtigung, bzw. Notwendigkeit ich bereits friiher hin- gewiesen babe. Indem ich ihr auch in diesem Falle nachkam, bot sich mir Gelegenheit, die Zweckmigigkeit nach einer ganz neuen Richtung hin kennen zu lernen: D e r a u s g i e b i g e n R i p - p e n r e s e k t i o n i s t e s z u v e r d a n k e n , d a b d e r g r o B e Z w e r c h f e l l d e f e k t s i c h u n s c h w e r d u r c h d i e N a h t s c h l i e B e n l i e l 3 .

Nach Entfernung der vorderen kn6chernen Teile der 8.--lO.

Rippe lassen sich ihre knorpeligen, zu einer Leiste vereinigten E n d e n bequem nach hinten d r i n g e n ; sie folgen dem Zuge des Zwerchfells ebenso, wie das Ende der falschen Rippen, an dem die Portio costalis des Diaphragma mit ihren Zacken inseriert.

So l~Bt sich, wie ich reich auch an derLeiche iiberzeugte, eine erhebliche Verkleinerung in der Horizontalebene des unteren Brustraums erweisen. Sie erm6glichte den VerschluB der auBer-

I) v. H o r o c k . Allg. Wiener med. Ztg. 1884.

2) Gr o B, Erfahrungen fiber Pleura- und Lungenchir. Beitr/ige zur klin.

Chirurgie Bd. 24.

(17)

Z u r C h i r u r g i e u n d P a t h o l o g i e des Z w e r c h f e l l s . 44I gew6hnlich groBen Zwerchfells6ffnung in unserem Falle, wenn ich mir auch nicht verhehle, dab ihre Lage in schr~iger Richtung und die leicht herzustellende Ovalform die Vornahme der Naht wesent- lich erleichterten. Weiter kam noch als unterstiitzendes Moment hinzu, dab der Sinus diaphragmaticus ver6det war, und durch seine Wiederer6ffnung gewissermaBen ein Teil der Zwerchfellsfl~iche frei wurde; da bei der Untersuchung der Kranke keine St6rung in der Bewegungsexkursion des linken Brustkorbes sich darbot, ist anzunehmen, dab der Ausfall des dem Sinus entsprechenden Teils ausgeglichen wurde, wahrscheinlich durch Dehnung des Muskels, soweit er nicht von der Geschwulst ergriffen war.

H a h n , F r e y , M a r w e d e l ) , ~ihnlich v. M i k u l i c z , erreichten den AbschluB der Bauch- und BrusthShle dadurch, dab sie die Liicken im Zwerchfell iiberbriickten, indem sie den me- dialen W u n d r a n d mit der Brust- und Bauchwandmuskulatur ver- n~ihten.

Ich m6chte annehmen, dab sich jederDefekt durch dievon mir angewandte Methode der ,,Mobilisation der costalen Zwerehfells- insertionen" bequem verschliel3enliel3e, in welcherRichtung er auch angelegt sei. Allerdings resultiert eine tiefe Einsattlung in Zwerch- fellsh6he.

Das Zwerchfell in seiner W61bung bietet zudem ein iiberaus plastisches Material.

Mit Ausnahme der Beobachtung von S c a 1 z i 2), der nach Versorgung einer Stichverletzung ein Jahr sparer eine ausgebildete Zwerchfellshernie fand, ist anscheinend niemals, soweit ich fest- stellen kann, eine Insuffizienz der Zwerchfellsnaht weder friih, noch im weiteren Verlauf eingetreten.

A priori w~ire man geneigt, gerade am Zwerchfell mit seinen ausgiebigen Bewegungen ungiinstige Verh~iltnisse fiir die Sutur zu erwarten.

Verwerte ich die Lehre der bisherigen Erfahrungen und weiter speziell die meiner letzten Beobachtung, so bin ich geneigt, gerade das Gegenteil anzunehmen. Allerdings stehe ich noch immer unter dem Eindrucke der t~iglich immer wieder beim Verbinden kon-

I) l ~ I a r w e d e b e i A m b u r g e r .

2) S c a 1 z 1. Gaz. m e d . i t a l . - l o m b . 1881.

Deutsche Zeitschrift f Chirurgle. ~o 9 Bd. 29

(18)

trollierten Feststellung, dab in weiterer Umgrenzung der in ganzer Ausdehnung vorliegenden Zwerchfellsnaht fast gar keine Be- wegungen des Zwerchfells hervortraten.

Es befand sich im Zustand der Ruhe, den ich mir nicht allein erkl~iren kann durch Spannung des verkleinerten Muskels, da es sich eindriicken liel3, weiter auch nicht durch die ausschliel31iche Wirkung des ~iul3eren Luftdruckes, des Pneumothorax, den wir nach Er6ffnung der Wunde beim Verbandwechsel herstellten; be- ziiglich dieser Beurteilung des letzteren darf ich mich auf friiher gesammelte (1. o.) und neuere Erfahrungen berufen, die beweisen, dab eine Beeinflussung der Zwerchfellsbewegung durch den ~iugeren Luftdruck nicht stattfindet, jedenfalls nicht in einem fiir das Auge erkennbaren Umfange.

Eher bin ich geneigt, fiir diesen der angelegten Naht so giin- stigen Zustand der Ruhe, den O' D w y e r 1) und S c a 1 z i durch Bindeneinwicklung der Thorax herbeifiihren wollten, die post- operative Infektion des unteren Brustraumes, die auch die Pleura diaphragmatica betraf, mit verantwortlich zu machen, weiter aber auch vielleicht die briiske meehanische Reizung des Zwerchfells durch die Naht, wie die sonstigenManipulationen am Muskel. Sein besprochenes Verhalten w~ire demnach z.T. als reflektorischer Akt aufzufassen.

Inwieweit die hierdurch bedingte mangelhafte

,,Liiftung"

der Lunge ftir die Ausbildung der Pneumonie im Unterlappen f6rder- lich war, sei dahingestellt. Wie ja anderweitige Erfahrungen ohne Eingriff am Zwerchfell lehren, geniigt das Arbeiten an der Lunge, speziell resezierende Operationen mit weit sich erstreckender blutiger Infiltration, solche Operationspneumonien hervorzurufen.

I) O'D w y e r. Med. Record 1889.

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