Gute Noten für Krankenhäuser
Umfrage bei Patienten und deren Angehörigen Deutschland, 1993 —1995
Antworten in % Mehrfach- nennungen
Krankenhausärzte sind kompetent
Personal ist freundlich und zuvorkommend Patienten
werden ernst genommen Atmosphäre im Krankenhaus ist ruhig und angenehm
„Mein" Krankenhaus bekommt die Note sehr gut/gut
152 iY
POLITIK LEITARTIKEL
Krankenhäuser/Pflegesatzverhandlungen 1996
Mit harten Bandagen
Mit beinharten Vorgaben gehen die Spitzenverbände der ge- setzlichen Krankenversicherung (GKV) in die demnächst be- ginnenden Budget- und Pflegesatzverhandlungen für den Pflegesatzzeitraum 1996. Die Krankenkassen auf Landes- und Ortsebene sollen in den von den Spitzenverbänden her- ausgegebenen „Umsetzungshinweisen" darauf eingeschwo-
ren werden, den stationären Sektor strikt in die Ausgabendis- ziplin einzubinden.Höchstens zwei bis drei Prozent Budgetstei- gerung seien für 1996 „drin", so Dr. med. Eckart Fiedler, Ge- schäftsführer der Ersatzkassenverbände. Die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft e.V. (DKG), Düsseldorf, hingegen mau- ert; sie will die Ist-Kosten der Krankenhäuser bedeckt halten.
W
ie bereits bisher schon po- chen die GKV-Verbände darauf, in den Verhand- lungsrunden die Leistungs- strukturen und damit die Angebots- seite vertraglich mitzubestimmen.Für „äußerst bedenklich" halten die Krankenkassen die Feststellun- gen von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, der einer „grund- lohnorientierten Budgetfortschrei- bung" Priorität einräumen will. Es sei eine Irreführung zu behaupten, allein eine „grundlohnorientierte Budget- fortschreibung" würde die Ausgaben- entwicklung der Krankenkassen be- grenzen und diese in Einklang mit der Einnahmenentwicklung bringen. So- wohl das Gesundheitsstrukturgesetz als auch die neue Bundespflegesatz- verordnung '95 enthielten eine Viel- zahl von gesetzlichen Sonderbestim- mungen, die den Krankenhäusern ei- nen Anspruch auf zusätzliche Vergü- tungen und Ausnahmeregelungen einräumten. Diese Sonderbehand- lung des stationären Bereichs gegen- über den übrigen Sektoren des Gesundheitswesens („Löcher im Deckel") habe bereits in der drei- jährigen Deckelungsphase (Budgetie- rung) zu horrenden Ausgabenschü- ben geführt, die die Krankenkassen jetzt per Gesetz und mit Hilfe der Selbstverwaltung beendet wissen wol- len.
Die Krankenkassen wehren sich dagegen, daß ihnen auch die Kosten der Instandhaltung und Instandset- zung der Krankenhäuser nach Maß- gabe des Bundesverwaltungsgerichts- urteils vom 21. Januar 1993 (soge-
nanntes Fassadenurteil; Az. 3c 66.90) aufgebürdet werden. Infolge des Bun- desverwaltungsgerichtsurteils gibt es zur Zeit einen labilen Rechtszustand;
weder die Länder noch die Kranken- kassen sind bereit, den Reparaturauf- wand zu übernehmen. Die Kranken- hausträger haben einen Nachholbe- darf aus der Deckelungsphase allein beim Reparaturaufwand in Höhe von 2 bis 2,5 Milliarden DM angemeldet, der nachträglich durch die Kranken- kassen erfüllt werden müsse.
Die Krankenhäuser genießen bei ihren Patienten einen guten Ruf. In einer Umfrage der Wickert-In- stitute, Tübingen, beurteilten 67 Prozent der be- fragten Patienten und deren Angehöriger „ihre"
Krankenhäuser mit den Noten „sehr gut" und
„gut". Geschätzt werden besonders die kompeten- te ärztliche Betreuung, das freundliche Personal und die ruhige Atmosphäre in den Krankenhäusern.
Die Krankenkassen empfehlen ihren Verhandlern, künftig mit den Krankenhäusern Vereinbarungen nur auf der Grundlage einer gemeinsam zu definierenden Leistungsstruktur abzuschließen. Diese sollten auf die medizinisch notwendige, insbesonde- re auch ausreichende Krankenhaus- versorgung ausgerichtet werden.
Auch die Krankenkassen müßten künftig unmittelbar an den Rationali- sierungserfolgen partizipieren, die die Krankenhäuser während der Deckelungsphase erzielt haben. So sei die Verweildauer abgebaut wor- den, wenn auch nicht in dem erforder- lichen Ausmaß, so die Krankenkas- sen. In jedem Fall dürften nur die Ko- sten kalkuliert und den Krankenkas- sen berechnet werden, die auf der Ba- sis von medizinisch notwendigen Lei- stungen erbracht werden.
In den Verhandlungen mit den Krankenhäusern sollen grundsätzlich sämtliche erbrachten oder zu erbrin- genden Leistungen zur Disposition gestellt werden. Nicht sämtliche ange- botenen stationären Leistungen müß- ten auch von den Kostenträgern fi- nanziert werden. Die Verweildauer- struktur soll in leistungsgerechten Budgets und Pflegesätzen prospektiv berücksichtigt und noch zu erzielende Liegedauerverkürzungen antizipiert werden.
Die Krankenkassen wollen ver- hindern, daß unkorrigierte Budgets aus dem Jahre 1992 (auf der Basis des damals noch geltenden Selbstkosten- deckungsprinzips ermittelt und je- weils um die Grundlohnsummenent- wicklung der Jahre 1993 bis 1995 fort- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 36, 8. September 1995 (17) A-2303
POLITIK
geschrieben) über die Pflegesätze und Entgelte „bedient" werden. Zahlrei- che Struktur- und Ausgleichskompo- nenten dürften nicht pflegesatzver- teuernd zum Zuge kommen.
Strikte
Beitragsstabilität
Das Kassenpapier plädiert für unnachgiebige Verhandlungen, die das Postulat der Beitragssatzstabilität auch im stationären Sektor strikt be- achten. Die Krankenkassen sollten sich von den Krankenhäusern diffe- renzierte Leistungsinformationen in Form von Operationsstatistiken vor- legen lassen. Falls diese Möglichkei- ten nicht bestehen, sollten die weni- gen vorhandenen Informationsmög- lichkeiten um so konsequenter ge- nutzt werden.
Den Landesverbänden der Kran- kenkassen wird empfohlen, überfälli- ge Bettenreduzierungen (Schließung von ganzen Abteilungen und Statio- nen) bei den Planungsbehörden zu beantragen. Es soll aber nicht zu pau- schalen Bettenreduzierungen in ein- zelnen Kliniken kommen, weil da- durch nur Einzelbetten abgebaut werden könnten und infolgedessen keine maßgeblichen wirtschaftlichen Einsparungen zu erwarten seien. In jedem Fall müsse die festgestellte Fehlbelegungsquote (die Kassen mutmaßen eine Quote von fast 20
Health Promoting Hospital
Das „gesundheitsfördernde Kran- kenhaus" (Health Promoting Hospi- tal) hat sich zum Ziel gesetzt, auf dem Hintergrund einer hochqualifizierten medizinischen und pflegerischen Ver- sorgung eine gesundheitsfördernde Atmosphäre auszustrahlen. Dazu gehören gute Lebens- und Arbeitsbe- dingungen für Patienten und Mitar- beiter sowie offene Kommunikation und ausreichende Information unter Beteiligung von medizinischem und pflegerischem Personal, Patienten und Angehörigen.
LEITARTIKEL/AKTUELL
Prozent) infolge von Belegungen mit Pflegefällen oder „verwahrten" sta- tionären Krankenhausfällen vom festzulegenden Budgetvolumen sepa- riert und abgezogen werden.
Neben der Fallplanung soll für Leistungen, die über Fallpauschalen vergütet werden, die Zahl der Bele- gungstage vereinbart werden. Anstel- le des Erlösausgleichs bei Fallpau- schalen und Sonderentgelten in Höhe von 50 Prozent sollte ein höherer Pro- zentsatz vereinbart werden. Insbe- sondere dann, wenn eine Mengenaus- weitung zu befürchten ist, sollte die Quote auf mindestens 75 Prozent festgelegt werden.
Die Krankenkassen sollen dar- auf achten, falls das klinikambulante Operieren verstärkt wird (und das ha- ben die Krankenhausträger für 1996 angekündigt), daß entsprechende Leistungseinschränkungen im sta- tionären Bereich erfolgen.
Wegen noch schwebender recht- licher Auseinandersetzungen zu den Punktwertfestsetzungen aus dem Jahr 1995 sollten für 1996 lediglich die Stei- gerungsraten, nicht aber die Punkt- werte vereinbart werden. Dadurch wollen sich die Krankenkassen den Weg offenhalten, nach Vorliegen der Landesverwaltungsgerichtsentschei- dungen Korrekturen vorzunehmen.
Bis zum Gerichtsentscheid soll auf Ortsebene nur mit vorläufigen Punkt- werten (unter Vorbehalt) operiert werden. Dr. Harald Clade
Ein optisch ansprechendes Mobi- liar, Licht und Blumen sowie eine schmackhafte Verpflegung sind sicht- bare Zeichen der neuen geistigen Hal- tung, die diese Krankenhäuser aus- zeichnet. Sie sind sich des Auftrages zur Dienstleistung bewußt und besit- zen damit eine besondere Ausstrah- lung und Wirkung auf die umgebende Region, in der sich die Initiative nach Gesundheitserhaltung und Präventi- on ausbreitet.
Im Auftrag und in Kooperation mit dem Regionalbüro der Weltge-
sundheitsorganisation (WHO) für Europa wurde vom Ludwig-Boltz- mann-Institut für Medizin- und Ge- sundheitssoziologie (Wien) ein Ver- bund europäischer gesundheitsför- dernder Pilot-Krankenhäuser aufge- baut.
Der Aufbau eines deutschen Net- zes gesundheitsfördernder Kranken- häuser ist im Rahmen dieses WHO- Projektes zur Zeit in vollem Gange.
Am „Health-Promoting-Hospi- tal-Projekt" können sich Kranken- häuser jeder Größe und Spezialisie- rung beteiligen. Die Krankenhaus- führung und die Mitarbeiter müssen sich mit der Grundidee der Gesund- heitsförderung identifizieren sowie die Ottawa-Charta und die Budape- ster Erklärung anerkennen. Während der Laufzeit des Projektes sollten mindestens drei Programme auf dem Gebiet der Health Promotion durch- geführt werden.
Die Krankenhäuser, die sich dem HPH-Projekt angeschlossen haben, sind auf nationaler und internationa- ler Ebene im regen Erfahrungsaus- tausch. Sie haben außerdem Zugang zum deutschen und europäischen Da- tenmaterial. Vorgesehen ist auch eine Datenbank, auf die jedes HPH-Hos- pital Zugriff haben wird.
Durch regelmäßiges Treffen in Arbeitsgruppen und durch externe Supervision werden Fragen erörtert, Ergebnisse vorgestellt und Anregun- gen für neue Projekte erhalten. Damit wird die Basis für eine offene Kom- munikation zwischen den einzelnen Häusern gelegt. Interdisziplinäre Kommunikation ist im deutschen HPH-Netz ein zentrales Anliegen.
Die Mitgliedschaft im Deutschen Netz schließt die Mitgliedschaft im in- ternationalen Netz (HPH) ein. Die Mitglieder des deutschen Netzes ha- ben das Recht, das HPH-Logo zu führen sowie den Satz: Mitglied des Deutschen Health Promoting Hospi- tal Netzes: ein WHO network.
• Koordinator des deutschen Health Promoting Hospital Netzes:
Prof. Dr. med.. Klaus-Diethart Hülle- mann, Universität München, Ärztli- cher Direktor der Klinik St. Irmin- gard, Osternacher Straße 103, 83209 Prien am Chiemsee
Prof. Dr. med. Klaus-Diethart Hüllemann
Ein WHO-Projekt
A-2304 (18) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 36, 8. September 1995