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Archiv "Ein Freund der Selbstverwaltung" (26.11.1981)

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Bericht und Meinung

Daß der KBV-Vorstand dem Bundesmi- nister a. D. Walter Arendt die im Vor- jahr gestiftete Ehrengabe der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung zuer- kannt hat, mag ungewöhnlich erschei- nen, denn der Aufsichtsminister der Kassenärzte wird von uns ja mitunter als Antagonist, als Anwalt der anderen Seite empfunden. Gerade so aber hat Walter Arendt seine Aufgabe nicht ge- sehen, sondern vielmehr als Modera- tor, als ehrlicher Makler zwischen den Parteien. Er hat damit nachhaltig dazu beigetragen, den sozialen Frieden in unserem Land zu sichern.

Walter Arendt, von 1961 bis 1980 Mit- glied des Deutschen Bundestages, hat als Kind des „Kohlenpotts" und von der Arbeit im „Pütt" geprägt, sich tat- kräftig für eine Humanisierung der Ar- beitswelt eingesetzt. Die sieben Jahre seines Wirkens als Arbeits- und Sozial- minister sind aber auch für uns Kas- senärzte von Bedeutung gewesen. Als Gegner einer Doktrin, die den Schreib- tisch zum Steuerpult für das gesamte politische und wirtschaftliche Leben machen möchte, hat er erkannt, wie lebenswichtig eine funktionierende, in ihrer Handlungsfähigkeit freie Selbst- verwaltung für ein demokratisches Sy- stem ist. Darum ist er stets bemüht gewesen, auch die Selbstverwaltung der Ärzte und der Krankenkassen im Bereich der gesetzlichen Krankenversi- cherung zu stärken. Walter Arendt hat sich als Freund dieser Selbstverwaltung erwiesen. Sein Bekenntnis zur freien Arztwahl und zur Freiberuflichkeit des Arztes war kein bloßes Lippenbekennt- nis, sondern entsprach seiner Überzeu- gung, daß es nur so ein wirkliches Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt geben könne. Die Rolle des Staates müsse sich darauf beschrän- ken, die berechtigten Interessen beider Parteien — der Krankenkassen und der Versicherten auf der einen, der Ärzte auf der anderen Seite — zu schützen.

Das beinhaltete für ihn auch, daß es kein Zwei-Klassen-System der Patien- ten geben dürfe, daß Umfang und Sorgfalt der Behandlung eines Kranken nicht von dem Dualismus privat oder Kasse beeinflußt werden dürften. Kran-

kenversicherungsrecht und Kassenarzt- recht waren und sind für Walter Arendt die Grundlagen einer demokratischen und humanen Struktur ärztlicher Ver- sorgung.

Auch in seiner Amtszeit gab es den Widerspruch zwischen ärztlich Wün- schenswertem und wirtschaftlich Machbarem. Walter Arendt hat ver- sucht, diese Kluft zu überbrücken, in- dem er nicht mit dem Rotstift an die Lösung dieser Aufgabe heranging, son- dern daß er den Versicherten in die Verantwortung für die Erhaltung seiner Gesundheit einbezog und seine aktive Mitwirkung forderte. Aber auch das sollte nicht durch den langen Arm der

Walter Arendt, ehrlicher Makler zwischen Partnern, erhält die Ehrengabe der KBV aus der Hand Dr. Muschalliks

demokratischen Könige geschehen.

Der Glaube an die Segnungen der All- gewalt des Staates machte ihn mißtrau- isch. „Wer will, daß in der Gesellschaft Verantwortung getragen wird, daß nicht ständig nach dem Staat gerufen wird, der muß den sozialen Gruppen auch die Autonomie zur Entscheidung und zum Handeln offenlassen", hat er 1972 vor unserer Vertreterversamm- lung in Westerland bekannt und eine

„Chance zur Demokratie" gefordert.

Von der durch Walter Arendt initiierten gesetzgeberischen Tätigkeit während seiner Amtszeit als Minister möchte ich hier nur nennen:

I> das Arbeitssicherheitsgesetz zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gesund- heitsgefahren am Arbeitsplatz,

> das Rehabilitationsangleichungsge- setz mit dem Ziel der gesellschaftlichen Eingliederung Behinderter und

> die Erweiterung des Leistungskata- logs der gesetzlichen Krankenkassen um Krebsvorsorgeuntersuchungen.

Jede gesetzliche Ordnung bedarf der organisatorischen Weiterentwicklung.

Walter Arendt hat stets versucht, diese Weiterentwicklung durch Einbeziehung der Selbstverwaltung in die gesetzge- berischen Prozesse voranzutreiben.

Ihm ging es um, wie er es nannte, das

„Salz fairer Diskussion und Kritik", nicht um formale Anhörung zu gefaßten Beschlüssen. Ein soziales System war für ihn nur in Freiheit und Solidarität, in Toleranz und Eigenverantwortung denkbar.

„Ich halte unser System der kassen- ärztlichen Versorgung", so sagte er,

„für ausreichend leistungsfähig und flexibel, um auch durch Anpassung den Anforderungen der Zukunft gewachsen zu sein."

Die deutsche Kassenärzteschaft wür- digt in Walter Arendt nicht zuletzt den- jenigen Repräsentanten der gewerk- schaftlich organisierten Arbeitnehmer- schaft, der den unschätzbaren Selbst- wert der Tarifautonomie nicht nur in des Wortes engerer Bedeutung vertritt und verteidigt, sondern den Grundge- danken freier Vertragspartnerschaft auch für andere Gruppen unserer Ge- sellschaft gelten läßt!

Die Würdigung dieser freiheitlichen Ge- sellschafts- und Gesundheitspolitik er- folgt durch die Verleihung unserer Eh- rengabe. Hans Wolf Muschallik

Ein Freund der Selbstverwaltung

Hans Wolf Muschallik bei der Überreichung der Ehrengabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

an Bundesminister a. D. Walter Arendt am 16. November in Berlin

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 26. November 1981 2269

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