Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 37⏐⏐14. September 2007 A2531
G E L D A N L A G E
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ährend die Subprime-Krise als Vorzeigethema mittler- weile die Partys erreicht hat – was ja auch kein Wunder ist –, musste doch jeder zweite Anleger in ir- gendeiner Form Federn lassen und der Steuerbürger sowieso. Weil nur mit öffentlich-rechtlicher Hilfe die Pleite der Industriekreditbank (IKB) verhindert wurde, hat gleich- wohl kaum einer einen Verdacht auf die Existenz weiterer Brand- herde. Ein Ärgernis, denken sich vermutlich viele, muss schließlich ausreichen.Derlei Sorglosigkeit könnte sich aber als durchaus gefährlich ent- puppen. Es gibt sehr wohl genü- gend Produkte, deren Fallstricke dem Investor am Ende noch im- mensen Schaden bereiten könnten.
Dazu zähle ich ganz zweifellos sogenannte Carry Trades mit einer ganz gewaltigen systemimmanen- ten Implosionsgefahr. In Carry Trades, das sollten sich alle Mitspie-
ler klarmachen, wird ein ziemlich großes Rad gedreht. Vorsichtige Schätzungen gehen von mindestens hundert Milliarden US-Dollar aus, Insider sprechen aber von gut einer Billion US-Dollar, die durch die Gegend getradet werden.
Das Prinzip klingt einfach und ist daher auch so verführerisch: In- vestoren verschulden sich in ei- ner Währung mit niedrigen Zinsen, am besten in Bodennähe, und le- gen das Geld in einer anderen Währung an, die deutlich höhere Renditen bietet. Das funktioniert etwa seit Jahren mit dem japani- schen Yen. Kredite werden in die- ser Valuta zu lächerlich geringen Zinsen aufgenommen und dann beispielsweise im britischen Pfund angelegt, oder die Yen-Kredite werden für günstige Aktienengage- ments genutzt.
Das geht aber nur so lange gut, wie keine plötzliche Leitzinser- höhung bei der Kreditwährung
die Ernte verhagelt oder fallende Aktienkurse zur unvermeidlichen Zwangsliquidation von Vermögens- werten führen. Wenn aber dann alle gleichzeitig durch eine Tür wollen, bricht leicht Panik aus. Mir scheint dies beim japanischen Yen in Bälde und ohne große Vorwarnung mög- lich zu sein.
Die andere Lunte hat sich die Zertifikate-Branche selbst gelegt.
Auch hier hat ein sagenhaftes Wachstum dazu geführt, immer wildere Produkte aufzulegen. Mitt- lerweile lässt sich auch der größ- te Unsinn verbriefen: Wetten auf steigende oder fallende Ölpreise, auf das Wirtschaftswachstum in Dubai, auf die brasilianische Infla- tion, auf malaysische Zinkpreise und weiß der Teufel noch alles, die Fantasie ist unerschöpflich. Scha- de nur, dass die Gebühren dieser Konstruktion allemal nicht trans- parent sind.
A propos Subprime-Krise. Sollte es mal eine Bank wirklich noch er- wischen, dann sind Zertifikate die- ses Hauses im Konkursfall absolut wertlos, da sie nicht der Einlagen- sicherung unterliegen. So schließt sich dann der böse Kreis. I BÖRSEBIUS