Der Ausgabenanstieg in der ge- setzlichen Krankenversicherung hält an: Im ersten Halbjahr 1992 ver- zeichneten die Ersatzkassen zwei- stellige Zuwachsraten in nahezu al- len Leistungsbereichen. Demgegen- über steht lediglich ein Grundlohn- anstieg von 4,56 Prozent. Unterm Strich: ein Defizit von 3,24 Milliar- den DM nach nur zwei Quartalen.
„Seehofers Vollbremsung ist dringend erforderlich", reagiert Karl Kaula, der Vorsitzende des Verban- des der Angestellten-Ersatzkassen (VdAK), auf diese Entwicklung. Zwar seien die mit dem Gesundheits-Struk-
Ersatzkassen
Die Zahnärzte im Kreis Kleve (Nordrhein-Westfalen) und die Lan- desverbände der nordrheinischen Krankenkassen fahren schweres Ge- schütz auf. Während die etwa 100 Zahnärzte im Raum Kleve mit der Rückgabe ihrer Kassenzulassung drohen, wenn das Gesundheits- Strukturgesetz in Kraft treten sollte, reagieren die Kassen mit eigenen Si- cherstellungs-Konzepten. Das Säbel- rasseln am Niederrhein hat inzwi- schen auch den nordrhein-westfäli- schen Sozialminister Hermann Hei- nemann auf den Plan gerufen. Alles dreht sich gegenwärtig um die Frage:
Was wäre wenn?
Wenn Seehofer sein Gesetz durchbringt und die Zahnärzte aus dem System aussteigen, werden die Patienten trotz allem weiter behan- delt. Dann allerdings auf Privatrech- nung, die anschließend von den Kas- sen erstattet werden müßte. So die Position des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, so auch die Position der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein.
Die Kassen sehen das ganz an- ders. Sollten die Zahnärzte tatsäch-
turgesetz geplanten Budgetierungen ordnungspolitisch bedenklich, doch bliebe gegenwärtig keine andere Wahl. Ohnehin müßten die meisten Ersatzkassen ihre Beitragssätze bis zum Jahresende um mindestens 1,2 Prozentpunkte erhöhen, um die größ- ten Löcher zu stopfen.
Kaula hält die Ausgabenent- wicklung bei den Krankenhäusern mit einem Zuwachs von 11,3 Prozent für besonders besorgniserregend.
Hier sei sowohl die befristete Budge- tierung als auch die Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip uner- läßlich, um „Ruhe an der Beitrags-
lich ihre Zulassung zurückgeben, gä- be es keine Kostenerstattung bei der Inanspruchnahme von „ausgestiege- nen" Zahnärzten. Statt dessen träte ein Sechs-Punkte-
Plan in Kraft:
Aktive Un- terstützung der Krankenkassen bei der kurzfristi- gen Niederlassung holländischer und skandinavischer Zahnärzte;
• Erstattung der Kosten bei In- anspruchnahme von Zahnärzten in den grenznahen Städten der Nie- derlande;
(i)
Errichtung einer Zahnklinik als GmbH — gleichzeitig als Modell einer neuen, umfassenden zahnme- dizinischen ambulanten Versorgung;(3
Angliederung zahnärztlicher Behandlungseinrichtungen an die Krankenhäuser;(;) Einzelabsprachen mit Zahn- ärzten, die nicht aussteigen wollen
front zu erreichen". Ebenso dringend ist nach Auffassung des Vorsitzenden des Verbandes der Angestellten-Er- satzkassen die Eindämmung der Arzt- zahlen in der ambulanten Versor- gung. Die Mehrausgaben von rund 11 Prozent in diesem Bereich werden Kaula zufolge bereits im zweiten Halbjahr 1992 mit Hilfe eines kurzfri- stig abgeschlossenen Ergänzungsver- trages mit der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung ausgeglichen.
Ein Arzneimittelbudget halten die Ersatzkassen nach wie vor für richtig. Allerdings meldet Kaula bei der vorgesehenen Haftung der Kas- senärzte bei Überschreitung des Budgets Bedenken an. Er schlägt statt dessen vor, die Pharmaindustrie über ein Rabattmodell in die Pflicht zu nehmen. JM
(Praxiserweiterung, Anstellung von Assistenten);
Einsatz mobiler Zahnarztpra- xen für die ländlichen Bezirke.
Sozialminister Heinemann steht weitgehend hinter den Krankenkas- sen. Auch er vertritt die Auffassung, daß eine Kostenerstattung bei den
„Aussteigern" nicht in Frage kom- me. Überdies kündigte der Minister für den Fall massenhafter Rückga-
ben von Kassenzulassungen eine Ge- setzesinitiative an, mit der der Si- cherstellungsauftrag an die Kassen gehen soll. Außerdem solle, so Hei- nemann weiter, in diesem Fall ge- setzlich verankert werden, daß aus- gestiegene Zahnärzte auf Jahre hin- aus keine neue Kassenzulassung er- halten dürften. JM
Ausgaben sind stark gestiegen
Ausstiegs-Szenarien am Niederrhein
Zahnärzte und Kassen
drohen mit schwerem Geschütz
Karikatur Andreas Rühle, Mannheimer Morgen
Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992 (25) Al-3017