Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER
änderungen vom Typ des Lyell- bzw. Stevens-John- son'-Syndroms unter wir- kungsverschiedenen Arznei- stoffen, wie Allopurinol, Car- bamazepin, Metamizol und Kombinationen von Phenyl- butazon, Metamizol und Di- phenhydramin bzw. Pyrime- thamin/Sulfadoxin.
An den Hautanhangsorga- nen wurde Onycholysis un- ter Benoxaprofen, Diflunisal und Phenprocoumon be- richtet. Unter Bezafibrat-, Ci- metidin- beziehungsweise Ranitidin-, Lormetazepam- und Phenprocoumon-Gabe kam es zu 33 Fällen von Alo- pezie.
Ein Zusammenhang zwi- schen Myalgien und der Ga- be von Lipidsenkern scheint aufgrund der eingegange- nen Berichte nicht nur für das Clofibrat, sondern auch für seine chemisch Ver- wandten, wie zum Beispiel Bezafibrat, wahrscheinlich.
Von den zahlreichen Lokal- reaktionen nach i. m. Injek- tionen sind 14 Abszesse und 23 Nekrosen, z. T. nach an- tirheumatischen Mischprä- paraten, vorwiegend Phenyl- butazon + Kortikosteroide, bemerkenswert.
Arzneimittelmißbrauch wird nach den uns vorliegenden Informationen nach wie vor mit Benzodiazepinen, zen- tralen Stimulantien vom Ephedrintyp, ferner mit barbiturathaltigen Analgeti- ka und Hustenmitteln betrie- ben; neben den lange be- kannten, stark wirksamen Analgetika, wie Pentazocin und Tramadol, gewinnt Bu- prenorphin in zunehmen- dem Maße als Suchtstoff an Bedeutung.
Auch wenn gelegentlich der Eindruck erweckt wird, daß es nur einer kräftigen Auf- stockung der Überwa- chungsbürokratie bedürfe, um uns aller Sorgen über Arzneimittelrisiken zu enthe- ben, so weiß der erfahrene Arzt, daß jedes Arzneimittel unerwünschte Nebenwir- kungen haben kann.
Nutzen und Risiko muß da- her der Arzt am Krankenbett immer von neuem abwägen.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hofft mit der Weitergabe von Informationen, die aus der Ärzteschaft kommen, dem einzelnen Arzt bei der indivi- duellen Anpassung seiner Arzneiverordnung zu helfen.
Gewarnt werden soll aber gleichzeitig vor einer gene- rellen Verdammung jener Arzneimittel, die —wie in die- sem Bericht aufgeführt — ge- legentlich unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Die Auswertung der Ergebnisse eines Spontanerfassungs- systems kann nur „Signale"
setzen.
Sie sollen die Aufmerksam- keit des Arztes erhöhen. Erst sich daran anschließen- de weitere Beobachtungen oder systematische Nachfor- schungen können über die Wertigkeit und Bedeutung derartiger Signale Auskunft geben.
Anschrift der Verfasser:
Dr. med. Beate Mathias, Dr. med. Karl Heinz Kimbel, Privatdozent Dr. med.
Heiner Ochsenfahrt, Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Eugen-Langen-Straße 12 5000 Köln 51
FÜR SIE GELESEN
Sensorische Neuropathie durch Mißbrauch von Pyridoxin (Vitamin B 6)
Pyridoxin (Vitamin B 6) ist ein Ko- enzym für viele Dekarboxylie- rungs- und Transaminierungsre- aktionen; die tägliche Mindestdo- sis für den normalen Erwachse- nen liegt bei 2 bis 4 mg/Tag.
Im allgemeinen werden wasser- lösliche Vitamine als ungefähr- liche Substanzen angesehen, und Vitamin B6 steht nicht mit Neuro- toxizität in Zusammenhang.
Sieben Patienten bekamen nach hochdosierter täglicher Pyridoxin- Einnahme (2-6 g/Tag für 2-40 Mo- nate) Ataxie und schwere sensori- sche Dysfunktionen.
Bei vier der sieben Patienten wa- ren die Funktionen der Extremi- täten stark eingeschränkt; alle Symptome bildeten sich nach Ab- setzen von Pyridoxin zurück.
Muskelschwäche war kein Sym- ptom dieses Zustandes, auch das Zentralnervensystem war klinisch nicht betroffen.
Obwohl die Einnahme hoher Pyri- doxin-Dosen weit verbreitet ist, zeigt dieser Bericht nach Ansicht der Autoren, daß das Präparat sensorische Neuropathien oder neuropathische Syndrome erzeu- gen kann und daß sichere Richtli- nien für die Anwendung dieses in großem Maße mißbrauchten Vit- amins geschaffen werden sollten.
Von Megavitamin-Therapien mit Vitamin B 6 bei Verhaltensstörun- gen sollte unbedingt abgeraten werden, bis die Bedeutung dieser Behandlung durch gezielte Unter- suchungen klar festgestellt und si- chere Richtlinien für die Pyrido- xin-Therapie festgelegt sind. Dpe
Schaumburg, H. et al.: Sensory Neuropathy from Pyridoxine Abuse, The New England Journal of Medicine 309 (1983) 445-448, Dr. H.
Schaumburg, Department of Neurology, Al- bert Einstein College of Medicine, 1300 Morris Park Ave., Bronx, NY 10461, U.S.A.
Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 46 vom 18. November 1983 49