Darstellung toxikologischer Themen in deutschen Tageszeitungen
Zusammenfassung
Tageszeitungen besitzen durch ihre sehr hohe Reichweite in der Bevölkerung eine zentrale Bedeutung bei der Übermittlung von Informationen. In dieser Studie soll die Darstellung toxikologisch relevanter Themen zweier bedeutender Vertreter deutscher Tageszeitungen verglichen werden und anhand von zwei exemplarischen, toxikologisch interessanten Themen die Darstellung und Qualität der dazugehörigen Artikel und deren Hintergrund erörtert werden. Insgesamt 241 Artikel mit toxikologischem Bezug wurden innerhalb von zwei Monaten in der Boulevard-Zeitung BILD bzw. in der
Abonnementszeitung Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) veröffentlicht; nur elf davon befassten sich zentral mit einem toxikologischen Thema. Die Themengebiete
„Rauschgifte“, „Alkohol“, „Rauchen“ und „Doping“ dominierten bei beiden Zeitungen.
Erwartungsgemäß wurden in der BILD mehr Artikel mit emotionalisierenden Titeln gedruckt, während in der FAZ der Anteil von Hintergrundartikeln deutlich höher lag.
Ein intensiv untersuchter Artikel wies auf das aggressive Verhalten von Straftätern hin, die zuvor das opioide Analgetika „Tilidin“ als Rauschmittel aufgenommen hatten.
Aufgrund seiner Kürze konnte er den komplexen Wirkmechanismus von Tilidin als Prodrug und des mittlerweile obligat zugesetzten Antagonisten Naloxon nicht
ausreichend darstellen: Das verwendete Mischungsverhältnis scheint nicht ausreichend gegen einen oralen Abusus hoher Dosen zu schützen. Dazu vermittelte ein zitierter Experte ein falsches Bild des illegalen Nutzerkreises. Die Zitierung externer Experten ist daher nur ein relativer Indikator für inhaltliche Qualität.
Die Ergebnisse einer individualisierten Fall-Kontroll-Studie zu erhöhter Leukämie- Inzidenz bei Kleinkindern in der Nähe von Kernkraftwerken (KKW) waren Grundlage zweier Artikel. Trotz statistischem Nachweis ist jedoch eine kausale Korrelation zwischen den Leukämiefällen und der von KKW ausgehenden, vergleichbar geringen Strahlung nicht plausibel. Der umfangreichere Artikel war aus toxikologischer Sicht fachlich richtig verfasst, deutete aber in einem politisch brisanten Umfeld die mögliche Beeinflussung der Leserschaft durch meinungsbildenden Journalismus an.