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R Welchen Weg nimmt das autonome Fahren?

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© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 11 3 M E I N U N G

Meinung von Prof. Dr. Michael Schreckenberg, Professor an der Universität Duisburg-Essen. Er ist Experte auf dem Gebiet der Ver- kehrsphysik.

R

ein wissenschaftlich gesehen funktioniert Verkehr ganz ein- fach: Fahrzeuge bewegen sich auf dafür vorgesehenen Straßen und bestimmten Routen von A nach B, vielleicht ab und zu durch Stau behindert – eine simple Angelegen- heit. Dennoch nimmt der Verkehr in der Tagespresse eine immer prominentere Stellung ein. Stau- nend schauen wir auf das Versagen von Politikern, Behörden und Institutionen, die die Probleme auf- grund von maroder Infrastruktur, Schadstoffbelas tungen bei den ver- schiedenen Antriebstechniken und nicht zuletzt fehlender Alternativen noch nicht einmal ansatzweise er- kannt haben. Der Brückeneinsturz von Genua lässt hoffen, dass sich die Politik nun endlich ernsthaft mit diesen Themen beschäftigt.

Der Verkehr ist ein ideales Bei- spiel für den interdisziplinären Austausch von Erkenntnissen verschiedener Wissenschaftsdis- ziplinen. Die Physik spielt dabei eine zentrale Rolle. Speziell die Statistische Physik trägt mit ihrer Modellbildung großer Systeme sowie den Simulationsmethoden entscheidend zum Verständnis der dynamischen Prozesse im Verkehr bei. Das ermöglicht rea listische Prognosen und Analysen von noch nicht realisierten Situationen wie dem autonomen Fahren und seinen Folgen. Bei der technischen Ent- wicklung kristallisieren sich drei Bereiche heraus, die leider immer wieder miteinander vermengt wer- den, obwohl sie eigenständig sein sollten. Diese „Triade“ besteht aus der Elektromobilität, der Vernet- zung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur sowie dem automatisierten Fahren.

Während Elektrofahrzeuge in gewissem Umfang mittlerweile zum Straßenbild gehören und die Vernetzung technisch kein we- sentliches Problem mehr darstellt

(obwohl noch nicht in der Praxis angekommen), steckt die Automa- tisierung bis hin zum autonomen Fahren erst in den Kinderschuhen.

Assistenzsysteme gibt es viele in

„gehobenen“ Neufahrzeugen. Ob Spurhalte- oder -wechselassistent, Park-, Licht- oder Verkehrszeichen- assistent bis zum Müdigkeitswarner – das ist Stand der Technik. Aber es gibt keine Benutzungspflicht, sodass bei neuen LKWs Notbrems- assistenten zwar an Bord sein, aber nicht eingeschaltet sein müssen.

Die interessanteste Entwicklung ist zweifellos die der selbstfahren- den Automobile. Deutschland möchte sich nicht erneut – wie bei den Elektrofahrzeugen – internatio- nal abhängen lassen. Daher gibt es hierzulande große Forschungsakti- vitäten, allerdings mit ungewissem Ziel. Mal ist von erhöhter Sicherheit die Rede, mal von entspanntem Fahren oder von gesteigertem Ver- kehrsfluss. Doch lässt sich trefflich darüber streiten, wie eine Software ausgestaltet werden sollte, die ein Auto autonom steuert. Der tödliche Unfall mit einem selbstfahrenden Tesla, der einer Kreuzungssitua- tion nicht gewachsen war, hat ein- drucksvoll gezeigt, was schiefgehen kann. In Deutschland ist der Fahrer voll verantwortlich für das, was sein Fahrzeug anstellt. Er haftet zwar, kann aber, falls etwas passiert, den Softwareentwickler oder Automo- bilbauer zur Rechenschaft ziehen.

Bei genauerer Betrachtung tau- chen weitere Fragen auf – beispiels- weise, ob ein autonomes Fahrzeug stets alle Verkehrsregeln einhalten muss. Damit würde es den Verkehr aber eher stören: Ein Hindernis auf der Fahrbahn und eine durchge- zogene Linie in der Mitte würden dann nämlich Stillstand bedeuten.

Ein Vorteil wäre die geringere Reaktionszeit gegenüber mensch- lichen Fahrern. Nur wäre das bei einem Mix aus auto matisierten und

humanen Fahrzeuglenkern pro- blematisch. Denn der einem auto- nomen Fahrzeug folgende Mensch rechnet nicht mit so schnellen Reaktionen. Müsste man autonom fahrende Autos also kennzeichnen?

Heikel ist auch die Diskussion um die nicht mehr zu vermeidende Unfallsituation, in der zu entschei- den ist, ob das Auto vor die Wand fährt (Fahrer tot) oder in eine Men- schengruppe (viele tot). Eine Studie der University of Oxford ergab, dass die Probanden bei der Wahl zwischen diesen Möglichkeiten die Fahrt vor die Wand programmie- ren würden. Allerdings würden sie selbst in einem so eingestellten Fahrzeug nicht mitfahren wollen!

Auch ist es schwierig, diese Fahr- zeuge zu versichern: Lädt man sich jede Woche ein Softwareupdate he- runter, weiß am Ende keiner mehr, was da programmiert wurde.

Für mich ist die Entwicklung dieser Systeme hochspannend – alleine schon, weil dabei völlig neue, sehr schwierige Fragen tech- nischer, ethischer, juristischer und auch gesellschaftlicher Art auftre- ten. Und diese werden sich nicht ohne Weiteres beantworten lassen.

Vielleicht aber wird es den Au- tos irgendwann zu bunt. Dann ma- chen sie sich selbstständig, fahren zum Duschen in die Waschstraße oder treffen sich mit anderen auf einem Parkplatz. Am Ende fahren sie eigenständig in die Schrottpres- se – nicht ohne vorher noch ein Selfie von sich verschickt zu haben.

Welchen Weg nimmt das autonome Fahren?

Deutschland investiert in Forschung und Entwicklung des autonomen Fahrens.

Doch viele Fragen in diesem Zusammenhang sind noch offen und ihre Klärung ist ungewiss.

Michael Schreckenberg

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