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Teuer Flop: Milliarden mit sinnlosenZielwert-Boni verpulvert

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Es verwundert nicht, dass man im anglo-amerikani- schen Kulturkreis, also dort, wo die Bankerboni schon immer am höchsten in den Himmel wuchsen, bereits zur Jahrtausend- wende auf die Idee kam, auch die Leistung von Ärztinnen und Ärzten nach irgendwelchen Zielwerten zu prämieren. «Pay for performance»

sollte es richten und wurde im April 2004 auch in Grossbritannien eingeführt.

Praktisch alle britischen Hausärzte machen heute mit.

Kein Wunder, denn sie müssen jetzt bereits rund ein Viertel ihrer Einkünfte über Boni erwirtschaften, die sie beispielsweise für jeden Patienten erhalten, der be- stimmte Grenzwerte beim Blutdruck, den Lipidwerten

oder dem Blutzucker erreicht. Ob diese Zielwerte immer so richtig sinnvoll, realistisch und entscheidend für die Gesundheit des einzelnen Patienten sind, spielt dabei überhaupt keine Rolle.

«Das ist eine Einladung zur Übertherapie und eine ernste Gefahrt für ältere Patienten», warnte der inter- national anerkannte britische Arzt und Wissenschaftler Edwin A.M. Gale, Chefredaktor der Zeitschrift «Diabe - tologia». Doch es half alles nichts. Krämerseelen und Controller behielten die Oberhand, und P4P – so die ver- meintlich coole Abkürzung für «pay for performance» – gehört bis heute zum britischen Gesundheitssystem.

Fragt sich nur, wie lange noch. Möglicherweise wurden im Vereinigten Königreich Milliarden mit P4P sinnlos verpulvert, was eine weitere hübsche Parallele zur Banker-Boni-Welt ergibt. Doch das nur am Rande.

Weil im britischen Gesundheitswesen Patientendaten systematisch erfasst und zentral gespeichert werden, sind statistische Auswertungen aller Art in einem Aus- mass möglich, von dem Gesundheitspolitiker und Wis-

senschaftler in anderen Ländern nur träumen können.

Im Falle des P4P geriet die Sache allerdings eher zum Albtraum für die Befürworter des Geld-gegen-Grenz- werteinhaltung-Prinzips: P4P habe keinen erkenn - baren Einfluss auf die Behandlungsqualität bei Hyper- tonie, so das nüchterne Fazit von Stephen Soumerai, Harvard University Boston, und seinen Ko-Autoren.

Vielmehr habe sich die Behandlungsqualität schon Jahre vor der Einführung von P4P stetig verbesssert, ein Trend, der durch die Einführung der Boni weder beschleunigt noch irgendwie sonst beeinflusst wurde.

Soumerai und sein Team stützen sich dabei auf eine be- eindruckende Datenbasis: Sie hatten die Krankenakten von rund 470 000 Hypertonikern in 358 britischen All - gemeinarztpraxen im Zeitraum Januar 2000 bis August 2007 ausgewertet. Die sogenannte qualitätsorientierte Vergütung ist ein teurer Flop.

Skepsis ist allerdings angebracht, ob das zu einem schnellen Ende der fehlgeleiteten Vergütungspraxis führen oder entsprechende Tendenzen zur Einführung derselben in anderen Ländern stoppen wird. Dass P4P nichts taugt, weiss man nämlich schon seit Längerem.

Bereits 2008 publizierte ein amerikanisches Team eine entsprechende Studie – freilich nicht mit der Schluss- folgerung, dass man P4P lieber sein lassen und Ärzte für ihre Arbeit und nicht für das Erreichen irgend - welcher Blutwerte anständig entlohnen sollte. Nein, weitere Studien seien notwendig, um herauszufinden, ob P4P nicht doch irgendwie nützlich sein könnte ...

Man darf gespannt sein, was bürokratischen Krämer- seelen in Zukunft noch dazu einfallen wird.

Renate Bonifer

Serumaga B, Ross-Degnan D, Avery AJ, Elliott RA, Majumdar SR, Zhang F, Soumerai SB:

Effect of pay for performance on the management and outcomes of hypertension in the United Kingdom: interrupted time series study. BMJ 2011;342:d108, doi:10.1136/bmj. d108 Steven D. Pearson SD, Schneider EC, Kleinman KP, Coltin KL, Singer JA: The Impact Of Pay-For-Performance On Health Care Quality In Massachusetts, 2001–2003. Health Affairs 2008; 27(4): 1167–1176.

Editorial

ARS MEDICI 4 2011

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Teuer Flop: Milliarden mit sinnlosen

Zielwert-Boni verpulvert

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