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Jene Landschaft hat nicht, wie das eigentliche Kanaan, in der christlichen Zeit Pe¬ rioden starker Bevölkerung gehabt: sie ist seit lange eine völlige nur von Nomaden durchzogene Steppe

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Academic year: 2022

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393

Neue Moabitische Funde und Räthsel.

Von K. ScUottmann.

(Mit einer lithograph. Tafel.)

Erster Bericht.

Gleich nachdem das Siegesdenkmal Mesa's in Moah entdeckt

worden war, habe ich in meiner Schrift über dieselbe (S. 7) die

Hoffnung weiterer dortiger Funde ausgesprochen. Jene Landschaft

hat nicht, wie das eigentliche Kanaan, in der christlichen Zeit Pe¬

rioden starker Bevölkerung gehabt: sie ist seit lange eine völlige

nur von Nomaden durchzogene Steppe. Dort sind die Ruinen mehr

auf ihrem Fleck geblieben und lassen die Erhaltung epigraphischer Denkmäler leichter erwarten als in Palästina.

Ich selber beabsichtigte daher schon in den Sommerferien 1870

einige der moabitischen Trümmerstätten aufzusuchen und so viel als

möglich zu durchsuchen, wurde aber damals durch den Krieg, her¬

nach durch andre Umstände daran verhindert. Um so mehr er¬

freute mich die Kunde von der seitdem durch die Englische Ge¬

sellschaft, welche sich bereits so grosse Verdienste um die Erfor¬

schung Palästinas erworben hat, mit reichlichen Mitteln unternom¬

menen Expedition nach Moab. Während ich nun den Resultaten

derselben entgegen sah, erhielt ich zu meiner Ueberraschung in

diesen Tagen von andrer Seite her, nämlich durch den Pfarrer

der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem, Herrn Lic.

Weser, Nachricht von neuen moabitischen Funden. Sie bestehen

in verschiedenen Geräthen und theilweise unschönen Gebilden aus

Thon, vor allem aber aus zwei kunstvollen thönernen Urnen mit

mehrsprachigen Inschriften. Herr Lic. Weser übersandte mir von

dem allen Abzeichnungen und Abschriften, die er in grosser Eile

entworfen hatte, um zunächst bei mir anzufragen, ob die Dinge

von wissenschaftlichem Werthe seien. Für diesen Fall erbot er

sich freundlichst genauere Nachbildungen zu schicken.

Ohne die letzteren, die ich sofort erbeten habe, abzuwarten,

beeile ich mich nun, da grade ein Doppelheft unserer Zeitschrift

dera Abschlüsse nahe ist, über die in der That wichtigen Eni-

(2)

394 Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel.

deckungen den Fo^chgenossen einige Mittlieilungen zu machen und

ihneu meine Bemerkungen darüher zur Prüfung vorzulegen. Ich

thue dies in der Ueberzeugung, dass für die Gesammtauffassung

der eigentlichen Hauptinschrift eine genauere Copie schwerlich wird

wesentlich neue Gesichtspunkte darbieten können, sodann in dem

Wunsche, dass an der Lösung der in jener Inschrift vorliegenden

Räthsel sogleich die geraeinsame wissenschaftliche Arbeit sich be¬

tbeiligen möge.

Allerdings sind die betreffenden Räthsel der Art, dass an

deren Seltsamkeit, zumal unlängst bereits die Zeitungsente einer

angeblich wichtigen moabitischen Entdeckung die Welt durchflog

und dann eine Warnung vor orientalischer Antiiiuitäten-Industrie von sehr kundiger Seite erfolgte, vielleicht ein berechtigt scheinen¬

der Zweifel hinsichtlich der Aechtheit der neuen Funde sich knü¬

pfen könnte. Indess wird es sich hier ähnlich verhalten, wie bei

der Mesa-Inschrift, in Betreff deren ich selbst gleich zu Anfaug

(a. a. 0. S. 4 ff ) gewisse mögliche Verdachtsgründe aufs stärkste

hervorgehoben aber zugleich widerlegt habe. Ich weiss, dass jeue

Verdachtsgründe auch hernach noch von mehreren bedeutenden Ge¬

lehrten, von denen einer mir in diesem Sinne schrieb, eine Weile

festgehalten, dann aber, ohne an die Oeffentlichkeit zu treten, fallen

gelassen worden sind. Meine nachfolgenden Bemerkungen werden

zeigen, wesshalb ich glaube, dass bei den neuen Funden sich Aehu¬

liches wiederholen wird, obgleich diesmal der Zweifel gleich in

Jerusalem selbst wach geworden ist. Herr Lic. Weser schreibt mir

nämlich in Betreff der luschriften der beiden Urnen: „Den wilden

Bcduineu dort drüben lässt sich kaura zutrauen, daiis sie derglei¬

chen anfertigen, und wenn, so würden sie's sicher nicht ohne vor¬

handene Vorbilder haben machen können." Wir werden sehen,

dass an eine solche Entstehungsweise nicht ernsthaft gedacht wer¬

den kann.

In Betreff der Findung bemerkt derselbe in seinen eilig be¬

förderten Zeilen nur Folgendes : „Es sind aus dem alten Moab zwei

Thon-Urneu hierher gebracht, die angeblich dort unter Schutt oder

in Höhlen gefuuden sind." Damit zugleich kamen (wie es scheint,

durch Beduinen) die erwähnten anderen aus Thon geformten Ge¬

genstäude nach Jerusalera, welche Herr Weser, theilweise mit bei¬

gefügten verdeutlichenden Skizzen, näher bezeichnet. Behufs der

Veröffentlichung sind genauere Abbildungen zu veranstalten: die

Aiii^abe der interessantesten gefundenen Gegenstände selbst aher

wir.! schon hier am Orte sein.

Zum Theil sind es hermenartige fratzenhafte Menschenfiguren,

ohne Zweifel kanaanitische GotzeubiWcr gleich den früher auf dera

Boden phönizischer Colonien gefundenen. Wenn sie aus dem Wust

des Schuttes und der Höhlen hervorgezogen sind, so erinnert das

au die Schilderung des Jesaja (2, 18 tt'.), nach welcher die Götzen¬

bilder (freilich dort silberne und goldene) einst iil Felsenhöhlen

(3)

Schlottmann, neue Moabitische Funde und Häthsel. 395

nnd Erdlöcher hineingeworfen werden sollen „für die Maulwürfe

nnd Fledermäuse". — Auch die gefundenen Thiergebilde sind wohl

sicher grossentheils Cultusgegenstände gewesen, so ein liegendes

Kalb, „ziemlich plump" gearbeitet, 1 Fuss hoch, 1 1/^ lang, ''|^ dick ;

ferner, der Angabe nach, „ein Ochsenkopf mit Astartehörnern ".

Verschiedene Phallusformen, in zahlreichen Formen vorhanden, ha¬

ben wahrscheinlich wie bei den Griechen, die dergleichen besonders gegen den „bösen Blick" anwandten, als Amulete gedient.

An Geräthen fanden sich „Büchsen wie alte Lampen", Ringe

und zwei höchst sonderbar gestaltete Schalen mit moabitischen Buch¬

staben. Eben so zeigen sich solche Buchstaben auf zahlreichen

münzenförmigen runden Scheiben von etwa 2 Linien Dicke. Eine

von diesen hat auf der einen Seite ein Bild des Mondviertels, auf

der andern 7 Pnnkte, welche ohne Zweifel die Planeten darstellen.

Eben diese 7 Punkte sind auch auf einem Phallus angebracht."

Aehnliche Scheiben wie die zuletzt bezeichneten sind auch in

Griechenland häufig gefunden und man hat vermuthet, dass sie zum

Verschliessen von Flaschen gebraucht worden seien. Auch auf ihnen

sind öfter verschiedene Buclistabenzeichen , in denen kein Sinn zu

entdecken ist, „litterae graecae, quas qui pinxerunt nihil egerunt

aliud quam pingere litteras" (Franz epigraph. Gr. p. 345). Ganz

so wird es sich vielleicht auch mit manchen entsprechenden moabi¬

tischen Buchstabenzeichen, z. B. ni, verhalten. Auffällig ist

das Nebeneinanderstehen der drei Gutturalen yan, wozu wir her¬

nach weitere Analoga finden werden, in der folgenden Inschrift auf

einer der heiden angeführten Schalen, wo das n seine drei paral¬

lelen Striche statt links rechts hat uud das ffl quer aufgerichtet erscheint :

Alle bisher angeführten Gegenstände sind aus Thon und zwar,

wenigstens zum Theil, aus ungebranntem Thon. Dies geht hervor

daraus, dass Herr Weser schreibt, „manche Figuren seien, als sie

an die Luft kamen, verwittert und zerfallen nnd die meisten halten

sich auch jetzt nur, wenn sie beständig im Wasser liegen."

Anders verhält es sich mit den ohne Zweifel kunstvoll ge¬

brannten Thonurnen, die ihre Inschriften bis auf geringe Schäden

vollkommen deutlich bewahrt haben und zu deren Betrachtung wir

jetzt übergehen. Ich unterscheide dieselben, eben so wie hernach

die Inschriften derselben, durch Nr. I und Nr. II.

Nur von der Gestalt der Urne Nr. I hat mir Herr Lic. Weser

eine kleine Skizze mitgetheilt, deren Umriss ich auch hier beifüge,

weil dadurch einigerraassen eine Vorstellung vou dera Original er¬

möglicht und insbesondere die Vertheilung der doppelspracbigen

Inschrift verdeutlicht wird. Die Höhe dieser Urne beträgt unge¬

fähr 2 Fuss.

2 S *

(4)

396 SchloUmann, neue Moabitische Funde und Räthsel.

Die oberen zwei Zeilen sind mit Buchstaben geschrieben, die

sich sofort als dem südarabischen himjarischen Typus angehörig er¬

weisen; die Schrift der drei unteren ist die moabitische, wie wir

sie durch das Mesa-Denkmal kennen.

Die Urne Nr. II hat acht Zeilen Schrift. Davon gehören die

erste, dritte, vierte und fünfte Zeile dem moabitischen, die zweite

dem südarabischen Typus an. Die sechste, siebente und achte Zeile

zeigen in gewissen Ligaturen deutlich den nahatäischen Schrift¬

charakter.

Die Schrift auf der Urne Nr. I ist durchgängig eingeschnitten,

eben so auf der Urne Nr. II der südarabische und nabatäische Theil

der Inschrift, also Zeile 2, 6, 7 und 8. Dagegen ist dort der

moabitische Theil (Zeile 1,3,4,5) als der wichtigste und um¬

fangreichste auch äusserlich dadurch hervorgehoben, dass die Buch¬

staben in erhabener, über die Fläche hervorragender Arbeit ausge-

fährt sind — eine bei gebranntem Thon technisch sehr schwierige

Weise der Ausführung '). Schon hierin liegt ein hinreichender Be¬

weis, dass die Urne nicht das Machwerk eines hentigen Töpfers

der moabitischen Wüste sein kann.

Die einzelnen Zeilen der Schrift laufen rings um die Urnen

herum. Den Anfang derselben konnte Herr Weser an keinem

1) Hierauf machte mein hochgeehrter College Herr Professor Dr. R. Schöne mich aufmerksam , dem ich auch für mehrere oben benutzte Notizen zur Ver¬

gleichung mit griechischen Alterthümern zu Dank verpflichtet bin. üm eine erhabene Schrift auf der Urne herzustellen , mussten entweder 1) die Buchsta¬

ben in einzelnen kleinen StUcken auf die glatte Fläche aufgeklebt oder sie mussten 2) aus der ganzen Masse herausgearbeitet werden. Beides war sehr schwierig. Im ersten Falle bedurfte es auch grosser Kunstfertigkeit, damit beim Brennen des Thons die aufgeklebten Stücke nicht wieder absprangen.

Oder es war 3) eine besondere Form aus Holz herzustellen , um damit durch Pressen die Gestalt der Urne sammt der Schrift herzustellen. Das wäre aber nur für den Fall annehmbar, dass man mehrere Exemplare der Urne »ugleich verfertigen wollte.

; ' «

(5)

SchloUmann , neuf. Moabilische"Funde und Räthsel. 397

äusseren Zeichen erkennen. Er nahm daher auf heiden Urnen einen

beliebigen Buchstaben der je obersten Zeilen und dann die grade

unter jenem stehenden Buchstaben der folgenden Zeilen als die

Anfangspunkte seiner Abschrift. Hierin lag ein Hinderniss der

Lesung. Doch bemerkte ich , dass sich zur Orientirung ein günsti¬

ger Umstand darbot. Das moabitische und eben so das südarabi¬

sche Stück sind nämlich in beiden Inschriften zum guten Theil

identisch und es lassen sich dadurch wenigstens grössere Glieder

des Ganzen als zusammengehörig mit Sicherheit erkennen.

Nach der so ermöglichten Combination gebe ich auf der bei¬

folgenden Tafel eine parallele Darstellung zuerst der beiden moabi¬

tischen, dann der beiden südarabischen Texte in verkleinertem

Massstabe. Ein genaues Facsimile der von Herrn Weser in Eile

angefertigten ersten Copien selbst beizufügen halte ich für nutzlos.

Meine eomparative Zusammenstellung wird dagegen zur Orientirung

ihren Werth behalten, auch wenn nach den zu erwartenden genane¬

ren Abbildungen des Originals Einzelnes darin zu corrigen sein

wird. Auch bei Herrn Weser ist der Schriftcharakter anf heiden

Urnen im Ganzen wesentlich der gleiche: bedeutender scheinende

Differenzen desselben habe ich wiederzugeben gesucht, auf die Ge¬

fahr hin , dass , sie im einzelnen Falle anf einer ZnfUlligkeit der

Abschrift beruhen.

Auf der Tafel bezeichnen I und II, wie schon bemerkt, die

beiden Urnen, die beigefügten arabischen Ziffern bezeichnen die

Zeilen, und zwar so, dass auf Nr. I wie auf Nr. II die Zeilen von

oben an im Ganzen gezählt sind, ohne auf die verschiedenen Be¬

standtheile Rücksicht zu nehmen. So ist z. B. auf Nr. I die erste

Zeile des moabitischen Theiles mit 3, auf Nr. II die zweite Zeile

des moabitischen Theiles ebenfalls mit 3 bezeichnet. Auf Nr. II

bezeichnen 2 a und 2 b die zwei Stücke des von Herrn Weser als

zweite Zeile angegebenen Abschnitts, auf welche Unterscheidung ich

weiter unten zurückkomme. Ein Punkt über einzelnen Buchstaben

in II und der kleine Strich zwischen den beiden Vav in I 5 schei¬

nen Worttheiler zu sein, wie sie auf der Mesa-Inschrift sich in

grösserem Umfange erhalten haben. Je drei Punkte bezeichnen

Stellen, die Herr Weser selbst als beschädigt angiebt.

Hier lasse ich zunächst eine hebräische Transscription des

moabitischen Theiles der Tafel folgen. ?

iNiniiun •'11V291 -irTnrT_5_nnN I 3 A

cms'Tiffl-'TirNi-irrayi -im. -inann« II i

?

iDinn iMaNnniniNnsrraynrioDmfTaayi I4B

yinjiNnmnnNnDnnynnfflSTs-inis. Jl II 3

+ ? + +

lainm nymimn-iyanyiaariM» nNM^inxiTsm II 4 C

? ~ ?

nyuns»» nifflsümm nsTanNirmianio« I 5 D

nrNnsjanf-asri laanni'axinnynnNirtiiianfflN II 5

(6)

398 Scucottmann , Tteiie Moahitische Funde und, Räthsel.

Die Lücken innerhalb einzelner Zeilen ( I 3, I 4, I 5, II 5)

zeigen hier wie auf der beigegebenen Tafel nicht Lücken des Ori¬

ginals an, sondern sind lediglich zur Darstellung des Parallelismus

beider Inschriften, den der Leser leicht verfolgen wird, offen ge¬

lassen. Nur die Inschrift II hat in Z. 1 nnd 3 je eine Lücke von

einem Buchstaben, die Herr Weser selbst angedeutet hat.

Jeder weiss wie leicht bei einer, zumal raschen, Abzeichnung

von Inschriften Versehen unterlaufen. Doch bietet die des Herrn

Weser innere Kennzeichen wesentlicher Richtigkeit dar. Er hat

von den Buchstaben ab, die in obiger Transscription durch eineu

daruntergesetzten wagrechten Strich bezeichnet sind (und die im

Original in der betreffenden Inschrift grade einer unter dem andern

stehen) je eine Zeile abzuschreiben angefangen. Er hat dabei be¬

greiflicher Weise nicht bemerkt, dass die beiden Inschriften zum

grossen Theil identisch sind. Dennoch stimmen die betreffenden

Stücke nach seiner Abzeichnung bis auf Kleinigkeiten überein. Das

ist in der That eine, bedeutende Controlle. Gleiches gilt auch von

den im südarabischen Schriftcharakter geschriebenen Theilen der

beiden Inschriften.

Die moabitische Schrift ist fast durchgängig mit vollkommener

Sicherheit zu lesen. Das T ist wie auf der Mesa-Inschrift ein

Dreieck und daher von "1 und a leicht zu uuterscheiden. Das mit

-i transscrihirte Zeichen könnte vielleicht an einer oder der andern

Stelle ein a sein: doch ist mir dies nicht wahrscheinlich, da auf

der Abschrift jede Biegung am unteren Ende fehlt. Nur zwei Zei¬

chen sind zweifelhaft, nämlich das in der Transscription mit einem

Fragezeichen darüber bezeichnete a (in II 1 und 4; ferner ge¬

meinschaftlich an derselben Stelle in I 4 und II 3 uud je zwei¬

mal iu I 5 und II 5) und das mit einem + darüber bezeichnete

dreimalige n in II 4. — Das erstere Zeichen varürt mehrfach, wie

die Tafel zeigt. Doch scheint es überall denselben Buchstaben zu

bezeichnen. Ich halte es für ein a, das freilich auf der Mesa-

Inschrift ganz anders aussieht, das aber doch hin und wieder, z. B.

auf cilicischen Münzeu nnd in Palmyra eine annähernd ähnliche

Form zeigt, während andre mögliche Vergleichungen mir nicht

Stich zn halten scheinen. An der letzten Stelle in II 5 (11. Buch¬

stabe von hinten) könnte man ein D annehmen, aber gegenüber der

Parallele von I und neben dem nachfolgenden U5 ist mir hier eine

Verzeichnung in II wahrscheinlich. — Was das dreimalige seltsame

Zeichen in II 4 betrifft, so scheint es ein 72 sein zu müssen. Denn

im kehrt in I b und II -5 wieder, r\H-V2 in II 5. Allerdings ist

dies auffällig da das 72 in II sonst überall eine andre Gestalt zeigt.

Es erscheint als eine Umkehrung der Buchstaben vou links nach

rechts, ähnlich wie das n auf der oben angeführten Schalen-Inschrift.

Aüch ist das ffl ähnlich wie dort einmal in II 4 quer aufgerichtet.

Die etwanige Annahme, dass jener Buchstabe 72 dreimal an der

rechten Seite verstümmelt . und der Strich links der in II öfter dem

(7)

Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel. 399

72 links zugefügten eigenthümliche Haken sei, ist misslich. Der

Schweif geht dafür zu sehr nach links abwärts.

Ungleich schwieriger als die Lesung ist die Deutung der

vorliegenden Schrift. Ich glaube dafür aber wenigstens einige

sichere Fingerzeige gefunden zu haben. Der Kürze wegen ge¬

brauche ich, wo es nicht darauf ankommt den Unterschied der bei¬

den Inschriften I und II hervorzuheben, der obigen Transscription

gemäss, die Bezeichnung der Zeilen mit A bis D.

Der Ausgangspunkt für meine Entzifferung war das gleich in

A und B dreimal vorkommende und in C wiederkehrende Qy, das

mir auch in der südarabischen Schrift beider Urnen (I 1 und II 2 a),

völlig übereinstimmend mit der himjarischen Schreibung ^ O

entgegentrat.

In A und B haben beide Inschriften erst zweimal usi (wor¬

nach also ay nicht Präposition, sondern Substantivum seiu wird),

dann oy ohne vorhergehendes i. Die ersten beiden male schliesst

(das ist die hier am nächsten liegende Vermuthung) das n»T an

die vorhergenannten Namen der Führer des an. Die Urnen sind

demnach als gemeinschaftliches Weihegeschenk in einem Tempel

aufgestellt gewesen. Bei solchen Weihungeu schrieben auch die

üriechen und die Palmyrener mitunter nur den Namen des Weihen¬

den,' nicht den der Gottheit. Der der letzteren wurde durch den

Akt der Aufstellung des Weihgeschenks in ihrem Tempel über¬

flüssig.

Auch zu gemeinschaftlichen Widmungen seitens mehrerer Völ¬

kerschaften finden sich bei den Griechen die Analogien. Eine be¬

sonders berühmte ist das platäische Weiliegeschenk der gewundenen

Schlaugensäule mit dem Dreifuss, dereu früher uuter der Erde ver¬

borgene Inschrift mit den Namen der 31 Völkerschaften Dr. Fr icke

in Konstantinopel entdeckt hat i). Freilich haben wir es hier nicht

von fern mit einem ähnlichen weltgeschichtlichen Monumente zu

thun. Es wareu vermuthlich kleine obscure Beduinenstämme, die

nach gelungenen gemeinsamen Unternehmungen zu einem gemein¬

schaftlichen Weihgeschenk an ein berühmtes moabitisches Heilig¬

thum sich vereinigten. Wenn sic sich dazu wiederholt uud in ver¬

schiedener Gruppirung zusammenthateu, so hat das nichts Auffälli¬

ges. Eben so wenig kann es uns Wunder nehmen, dass unbekannte,

zum Theil höchst seltsame Namen von Männern und Stämmen uns

entgegentreten. Wir haben es hier nicht, wie in der Mesa-Inschrilt,

mit altberühmten auch für die Israeliten wichtigen Localitäten zu

thun, sondern mit sehr flottirenden Elementen der Bevölkerung des

Ostjordaulandes, das auch dem alteu Testamente zufolge von jeher

ein Tummelplatz verschiedener Nationen war. Und eben daranf

weist ja auch die dreifache Schrift unserer Urnen hin.

1) Vgl. dessen Sclirift: Das platäische Weihegeschenk zu Konstantinopel, ein Beitrag zur Geschichte der Perserkriege. Leipzig 1859.

(8)

400 Schlottmann, neue Moahitische Funde und Räthsel.

Wir gehen nun zum Einzehien über. Vor dem ersten d»i in

A steht in 1 die Bucbstabengruppe -irmnsnnN

I hat hier ein deutliches :. Wir hätten dann eine der Namen¬

bildungen auf 3, die besonders im Himjarischen sich öfter finden.

Doch ist mir hier ein Fehler wahrscheinlich. H hat deutlich das

von uns als 3 gelesene Zeichen und dazu stimmt der südarabische

Theil der Inschrift. Hier stehen nämlich zu Anfang 4 ßuchstaben,

die fast ganz den himjarischen fiYxfh

gleichförmig sind, mit welchen Inn« zu schreiben wäre. Wir hät¬

ten also eine Form, entsprechend gewissen ausländischen Namen

im A. T., wie ^niB, ^S'iB, TiD5 »).

Auf ^nn« folgt in I irrmrt. II hat statt des mittleren i

eine von Herrn Weser ausdrücklich angegebene Lücke. Das dort

vorhergehende Zeichen könnte anderwärts ein i sein, aber dafür

hat II sonst überall, zwei weiter zu berührende Stellen ausgenom¬

men, das einfache Dreieck. Jenes Zeichen müssten wir n lesen.

Wir nehmen hier aber auf Grund von I einen Schreibfehler in II

an, und glauben mit Sicherheit -innn festhalten zu müssen.

Dies könnte ein Beiname des '^nnN sein , wie am Ende von

II 1 lan-iy ein Beiname des in«. Doch liegt hier eine andere

Möglichkeit nahe. Das sogleich genannte Volk heisst i-in. Dies

könnte von "ih oder ^n abgeleitet sein, "^nnt« hiesse dann „die

Ehre" oder „die Zierde" von nn (vgl. maba nm Dan 11, 20).

Denkbar wäre auch ein Adjeetiv ninn analog dem TilN (2 Chron.

23, 20 vgl. Rieht. 5, 25). Jedenfalls haben wir uns uuter ^nr\K

eineu Scheich oder einen Priester seines Stammes zu denken.

I nennt hier bloss ^nn D3». II hingegen inmiNinn ay. Man

könnte iRinn als längere Form neben i-in nehmen. Indess wahr¬

scheinlich ist dies nicht. II scheint durch Punkte 3 Völkernamen

inn, 1«, inn zu unterscheiden. Dabei kanu das -i uicht Bildungs¬

sylbe sein. So wird unsre Vermuthung in Betreff des Sinnes vou

nnmn sehr zweifelhaft.

Am Ende von I 3 und II 1 stehen verschiedene Namen, die

durch das beigefügte cyi zu Anfang von B als Führer des Volkes

nnffl bezeichnet sind. Sie haben also während der Zeit von der

einen bis zur andern Widmung gewechselt. II nennt ©7any im».

Das letztere Wort entspricht dem arab. und kann recht wohl

Beiname sein. I hingegen scheint zwei Führer zu nennen, niisn

uud INI. Auffallen könnte die Gleichheit der ersten drei Buch¬

stabeu iffln mit in« in II. Doch lässt sich darauf kein kritischer 1) Schon die unzweifelhafte Parallele des südarabischen Textes spricht gegen die etwanige Verrauthung eines aramaisireudeu Ithp. von ^jn.

(9)

Schlottmann, neue Moahitische Funde und Häthsel. 401

Verdacht gründen. — Das in B hinter dem Namen des Volltes

Trvii stehende 72 scheint die Präposition zu sein ; jenes ist also aus

inffla- II hat um das t in miß links eine Klammer von uns un¬

erkennbarer Bedeutung.

Das nachfolgend in B ohne vorangesetzten Führer genannte

Volk ist ein Doppelvolk: niNnan (wobei wir dahingestellt lassen

müssen ob darin das Wort nns steckt) und nnasrin (wo das n

in ITtTZ möglicher Weise wieder Präposition ist).

Am Ende von B hat I das Wort «j-nn überschüssig, welches

also, da C nur II angehört, mit dem Anfang von D zu verbinden

ist. Dem entspricht bei II in C iBinn, was wir daher dort als

Schlnss der Zeile setzen, um es gleichfalls mit dem Anfang von D

zu verbinden.

Wir beginnen demgemäss die Zeile C mit ni. Das erste

Zeichen könnte hier wieder wegen des unteren Striches als n er¬

scheinen. Doch hier macht die Art der mir vorliegenden Zeich¬

nung, obgleich dies nicht bemerkt ist, den Eindruck der Unsicher¬

heit. Ich glaube mit Sicherheit m lesen zu dürfen. Es verbindet

sich mit dem am Ende von B bei II überschüssigen y zu nny,

was ich nicht = Gemeinde, sondern = Zeugniss fasse; n^n:: nny

also Zeugniss des Dankes oder der dankbaren Weihe, rnsna neh¬

men wir = hebr. rrnn; die Bildung wie naban, nNirn u. s. w.

Man vgl. in den palmyrenischen Inschriften die gewöhnliche Be¬

zeichnung der dankbaren Weihe durch Nmn, was eine bilinguis

durch evxcegiaTwg ävi&rjxsv wiedergiebt (bei Vogüe Syrie cen¬

trale p. 57 ff.). — Es liegt am nächsten die beiden folgenden

Buchstaben an als Suff. plur. zu nehmen (vgl. die Inschrift des

Mesa Z. 18) mit Zurückbeziehung auf alle vorher Genannten

= „Zeugniss ihres Dankes". Nach dem worttheilenden Punkte wäre

freilich nnsnn zu verbinden, wobei das n nach moabitischer Weise

das Suff. sing. (= 6) wäre und sich nur auf das zuletzt genannte

Doppelvolk bezöge, was wenig wahrscheinlich ist. — Das folgende

Buchstabenfragment scheint zu einem n zu gehören. Das n« weiss

ich nicht zu erklären ; ich vermuthe aber , dass die Gutturalbuch¬

staben hier eben so, wie in Zeile D bei I ny, bei II nny und

dann am Schlüsse bei beiden ny« , eine religiöse Bedeutung haben.

Aehnlich stehen auf der oben erwähnten Schale y^n zusammen.

Vielleicht repräsentiren die Zeichen Laute, welchen man eine ma¬

gische Wirkung zuschrieb ; vielleicht sind es die Anfangsbuchstaben von Götternamen.

Hierauf scheint II den Namen noch einer Völkerschaft zu

hringen, dessen wunderlicher Klang neben anderen Beispielen nicht

anstössig ist: "^nyisan. Das a am Ende liesse sich schwerlich

zum Folgenden ziehen. Dagegen bezeichnet es Herr Weser als

nicht ganz deutlich, so dass es vielleicht ein M sein könnte. Das

folgende lese ich «nän nny = „Zeugniss der Furcht , der heiligen

Bd. XXVI. ' ■' 26

(10)

402 Schlottmann, neue Moabttische Funde und Räthsel.

Scheu". Die Aussprache MNn'sri ist weder wahrscheinlich noch

passend.

Wäre jenes fragliche Zeichen nichf 3, sondern n , so könnte

man abtheilen Dn»«» nn». Es stände dann n'K» im Sinne einer

Präposition (Koh. 5, 15; Ex. 40, 18) = gemäss. ■ nsian wäre als

Appellativum die Femininalform von »ein = Rettung (denn das be¬

deutet der Name des bekannten moabitischen Königs). Es würde

sich dies mit dem Vorhergehenden so zusammenfügen: „Zeugniss

ihres Dankes — n« — gemäss ihrer Rettung. Zeugniss der Ehr¬

furcht." Doch ist es natürlicher anzunehmen, dass DS hier die¬

selbe Bedeutung hat, wie sonst überall in beiden Inschriften nnd

dass II hier eben so eine Völkerschaft mehr nennt als I, wie ihm

in Zeile D die Zufügung der Männer von «nnn» eigenthümlich

ist (s. unten).

I5>n in Z. C wage ich trotz des wieder auf ein n hinweisen¬

den unteren Striches zu lesen, wie dasselbe Wort gegen Ende von

D in I und II wiederkehrt. Ich lese nach Analogie von qisn (Jes.

8, 22) i»n = n<n», Zeugniss. Es ist durch n verbunden mit üjnnn,

was ich als Abstractform von iBin, «innn in der Bedeutung „ver¬

fertigen" nehme nach Analbgie von pinnn und pinnn, Tj^nsn,

Tinbn u. s. w. Beide Wörter «mm I3>n stehen im Verhältniss

des 'stat. constr. zu dem ISN im Anfang von Zeile D : also : „Zeug¬

niss und Anfertigung (= verfertigtes Werk)" des i-ian cn. Das

iB'-in steht allerdings vorzugsweise von Bearbeitung des Metalls

(1 Kön. 7, 14). Indess kann es auch von dem Bearbeiten einer

Thonurne stehen, was in Betreff der Schrift und der Verzierung

durch Eingraben (und das ist ja die Grundbedeutung von «in)

geschieht »).

Bei I entspricht dem «inn der Urne II das lainn am Ende

von I 4. Die Hiniform steht hier im eigentlichen Sinne = berei¬

ten, wie sie 1 Sam. 23, 9 im bildlichen steht. Dazu gehört denn

das «JN zu Anfang-von I 5 als Subjekt: ,.Es hat sie (diese Urne)

bereitet der inar ©N" ').

Wir betrachten jetzt den ersten Passus der Zeile D, den I

und n gemeinschaftlich haben. Tnsri ist ein Name mit der Endung

1, die auf den nabatäischen Inschriften so häufig ist. Das «N

steht aber nicht etwa davor nach Analogie von Num. 12, 3 „der

Mann Mose", denn dann müsste wie dort lüiNn mit dem Artikel

gesetzt sein. Es ist vielmehr im st. constr. und collectivisch zu

1) Man könnte auch «"inn lesen = Töpferarbeit. Vgl. fe'in = Scherbe, nionn oder niD'in = Töpferei (Jer. 19, 2). Das weiter zu besprechende 123^nn wäre dann denominative Hiphilform in entsprechendem Sinne.

2) Der Parallelismus des «inM und «'inn könnte dafür sprechen, letz¬

teres als Tif al-Form zu fassen (wie r|3Nn in der Mesa-Inschrift Z. 5 vgl. Z.

D. M. G. XXIV 259. Doch spricht dagegen schon die Verbindung mit dem vor¬

hergebenden durch 1.

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Schlottmann, neue Moahitische Funde und Räthsel. 403

fassen (wie in der Mesa-Inschrift i-J WN) = die Männer von iian.

— In II folgt hernach noch das parallele laain» 123N1. Der Name

erinnert an den nur des ü ermangelnden ^is-a in II 1.

Zwischen den Männern von -ran und denen von ffln'iM» steht

bei II in der Mitte die Bucbstabengruppe nüSanNiin. Sie findet

sich auch bei I, nur ohne das r am Ende. nN^n könnte man

combiniren mit dem phonetisch gleichen R_aJ>. Dessen Bedeutung

passt hier freilich nicht, aher die Wurzel tL* (med. ^) bedeutet

in der VI Conj. consenserunt et concordarunt inter se. Allenfalls

denkbar wäre also die Bedeutung von riNirt = Vereinigung (vgl.

S -

n^n 2 Sam. 23, 11. 13 entsprechend dem arab. Dann

könnte das nü»» oder nsa der in genitivischer Verbindung nach¬

folgende Name sein. Indess sieht doch ersteres nicht wie ein Name

aus und auch die Weglassung des n in I wäre dabei schwer er¬

klärlich. Die Gutturalen nü» , respectixe n» stehen also auch hier

in der oben erwähnten räthselhaften Bedeutung irgend eines reli¬

giösen Symbols. Dann bliebe DnN^m. Das D erscheint so als

Suffix, zurückgehend auf die Männer von yati, mit denen ein

weiterer Kreis von Genossen verbunden gewesen wäre.

Je unsicherer aber die Erklärung von nN^n nach der ange¬

gebenen zweifelhaften arabischen Analogie erscheinen muss, um so

mehr kommt noch eine andre Möglichkeit in Betracht, auf welche

bei II der worttrennende Punkt über dem Jod hinzudeuten scheint.

Darnach wäre irt ein Name wie ^N in II 1. Diese Auffassung

dürfte in der That vielleicht den Vorzug verdienen. Es wnrden

genannt „die Männer von Tian und irt". Dann ist das nachfol¬

gende DnN wahrscheinlich = „mit ihnen" und als verbunden mit

der nachfolgenden Formel nn» zu denken. Freilich eine blosse

unbestimmte Hypothese. Eine Verbindung mit dem Vorhergehenden

wäre aber schon wegen der Wortstellung nicht wohl zulässig.

In I folgt dann nNiM = Dank , was hier eben so als Nomin.

absol. steht wie in C nach unsrer Erklärung nNia nn» . Das Mo¬

ment von m» ist hier schliesslich in I und II dnrch das oben be¬

sprochene Wort n»a gesetzt. Vorhergeht in I n^ffl, in II nn^io.

Beides ist nach dein hebräischen nmian 1 Sam. 9, 7 zu erklären.

Das noch weiter voranstehende kann kaum etwas andres sein

als -j'n Dan. 10, 17; 1 Chron. 13, 12, wo es für steht. Un¬

zweifelhaft ist es ursprünglich demonstrativ (vgl. chald. "inain, Njain). Also: „dies ist das Geschenk des Zeugnisses". (Leichter

wäre in.) Zu der Anwendung des Begriffes des Zeugnisses hier

und im Vorhergehenden vergleiche man Hiob 29, 11. — Darnach

noch zu Ende die schon besprochene Formel n»N.

Zu leichterer Uebersicht der gewonnenen Resultate gebe ich

hier noch eine Zusammenstellung der beiden Inschriften, ihren ein-

26*

(12)

404 Schlottmann, neue Moabitische Fuude und Räthsel.

e zelnen Gliedern nach in der Weise, dass ich das I Eigenthümlich.,

in runde, das II Eigenthümliche in eckige Klammern einschliesse,

das beiden Gemeinschaftliche uneingeklammert lasse. Die wahr¬

scheinlich in der angegebenen Weise religiös bedeutsamen Buch¬

staben schreihe ich auch hier hebräisch, eben so die Namen, da

ihre Aussprache gar zu zweifelhaft ist.

-in-nn ^nns und das Volk von iin [in und ">nn].

(Iicn und iNi)l Jas Volk nncM nn©.

[lunn» iniBjJ

Das Volk von niNnsn uijd nnmnn.

[Bezeugung ihrer Dankerweisung — tiN].

[Das Volk von ^nsfflnn].

[Bezeugung der Ehrfurcht.]

[Zeugniss und Anfertigung der] \ ^

(Dies verfertigten die)| nn^n una n )

[n]n» DnN.

[und der Männer von ffi»-in»].

(Dankeserweisung).

Dies das Geschenk des Zeugnis,ses — nSN.

Die Inschrift I ist sehr einfach angelegt. Die Weiheformeln

stehen alle am Ende, beginnend mit den wahrscheinlich heiligen

Buchstaben n» (wozu, wie wir sahen, vielleicht auch das DnN ge¬

hört) und schliessend mit nrN. Vorher geht in lauter Substantivis

die Aufzählung der Weihenden: nur vor dem letzten Gliede steht

ein fecerunt (lainn). — Das ohne Verbum gesetzte „Dankeserwei¬

sung" (nNnn) kann nicht anstössig sein. Ziemlich häufig findet sich

ganz so auf griechischen Inschriften das blosse xaQtarrjQiov oder

evxttQtorrjQimi neben dem Namen des Weihenden ohne das sonst

beigefügte ävi&tjxev oder imreXei (Franz 1. c. p. 335). Auch auf

einer palmyrenischen Altar-Inschrift (bei Vogüe a. a. 0. S. 61

Nr. 89) ist das sonst gewöhnliche Verbum neben dem Namen des

Weihenden ausgelassen *).

Küi^tlicher ist die Inschrift II. Hier steht die erste Weihe¬

formel hinter den Namen der Völkerschaften und ihrer Führer,

welche sie mit I gemeinsam hat („Bezeugung ihrer Dankeserwei¬

sung — hn"); die zweite hinter dem nur von ihr genannten Volke

(„Bezeugung der Ehrfurcht"). Bei den zuletzt genannten Männern ist statt des blossen „sie verfertigten" gesetzt : „Zeugniss und Ver¬

fertigung" — um so auch bei ihnen insonderheit die Betheiligung

an dem religiösen Akte hervorzuheben. Dagegen fehlt nuu na-j

türlich das „Dankeserweisung" am Schlüsse, wo es sich bei I auf

alle vorher Genannten zurückbezieht.

1) Oder nach der andern Combination: ,, Männer von IIDn sammt ihior Genossenschaft — (n)n»".

2) Eben so ist auch dort der Name des Gottes , welchem dio Weihuug gilt, nicht genannt.

(13)

Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel. 405

Die zuletzt genannten „Männer" werden nach unserer Auffas¬

sung in den heiden Inschriflen als die Verfertiger der Vase he¬

zeichnet. Sie waren das im Auftrage der Uebrigen, betheiligten

sich aber zugleich an der Weihung, wie in II durch das tyn vor

lainnl besonders hervorgehoben wird. Wir haben sie uns zu den¬

ken als Geschlechter, in welchen die Beschäftigung mit der Töpferei erblich war. Eben solche Geschlechter von Töpfern (fiilJiTi) werden

aus dem Stamme Juda 1 Chron 4, 22 f. anfgeftthrt. Unter ihnen

kommen merkwürdiger Weise auch „Männer" von «aTD (LXX

X(oil,rißd) vor, welche nebst andern nach einer alten Nachricht

(cpTiy a^nan) einst „in Moab ansässig wurden und dann nach

(= Bethlehem 1 Chron. 20, 5 vgl 2 Sam. 21, 19) zurück¬

kehrten". Dies wird ohne Zweifel dort angeführt, weil Moab durch

seine Töpferarbeiten, von der wir jetzt Proben vor uns haben, be¬

rühmt war. Man erinnere sich, dass davon eine moahitische Haupt¬

stadt iann T']; oder niain hiess. — Wenn ührigens eine hiosse

Thonvase,' ob auch kunstvoll ausgeführt , als ein gemeinschaftliches

Geschenk mehrerer Stämme zu gering erscheint, so dürfen wir an¬

nehmen, dass sie, mit irgendwelchen werthvollen Gaben angefüllt,

überreicht wurde.

Wer waren aber die auf den Vasen genannten Stämme oder

Gesellschaften? In dieser Hinsicht ist vielleicht eine nähere Aus¬

kunft von einer künftigen Entzifferung der südarabischen und na¬

batäischen Aufschriften zn erwarten, über welche ich hier nur we¬

nige Bemerkungen beizubringen vermag.

Auf der Urne II hat Herr Weser die von mir auf der beige¬

fügten Tafel mit II 2 a und II 2 b benannten Zeilen eine unter

die andere geschrieben, obgleich auf dem Blatte Raum genug war

sie in Einer Zeile unterzubringen. Wenn er sie nun aber doch

zusammen als zweite Zeile unter den acht der ganzen Inschrift be¬

zeichnet, so hat dies seinen Grund ohne Zweifel darin, dass das

nnr aus 12 Buchstaben bestehende II 2 b ganz dicht nnter II 2 a

geschrieben und dadurch als dazu gehörig bezeichnet ist *). Es

ergieht sich dies aus der Vergleichung mit I 1 und I 2.

1) asnb ibya ITDN = weiche sich als Bürger (O-bSa nach dem häufi¬

gen Sprachgebrauch) Moab anschlössen. LXX : oi" xart^xTjoav iv Miüdß.

Luther : die Hausväter wurden in Moab. Schwer begreiflich ist mir , Vie Ber¬

theau und Keil haben übersetzen können „welche über Moab herrschten". Wie und wann sollen diese judäischen Handwerker-Familien dort als Association das Regiment geführt haben? Kimchi denkt doch wenigstens nur an einen einmaligen gemeinschaftlichen Sieg derselben über die Moabiter. - Statt des nachfolgenden Dnb laCT ist sicher mit Hieron. zu lesen Dtlb laiZJJ'T.

2} Er beginnt mit seiner Abschrift H 2 a mit dem 10. Buchstaben der unsrigen, indem er auch hier, weil die Zeile die ganze Urne rund umläuft, den Anfang nicht erkennen konnte. H 2 b hat er, weü es den ganzen Umkreis nicht ausfüllt, in rechter Ordnung. In I 1 hat er den rechten Anfang getroffen.

In I 2 hat er um eine Stelle zu weit links begoimen , indem er den zweiten Buchstaben der Zeile als ersten und den ersten als letzten genommen hat.

(14)

406 Schlottmann, neue Moahitische Funde und Räthsel.

Was die Schrift dieser Zeilen anbelangt, so habe ich mit Ver¬

gleichung der rein himjarischen his jetzt keine Wörter weiter lesen

können, als die oben angeführten üV und ^nns. Die Vergleichung

der zwischen beiden sich findenden und der auf d» folgenden Zei¬

chen mit den entsprechenden in der moabitischen Inschrift hat mir

kein befriedigendes Resultat gegeben. In dem Worte "^nriN weicht

das zweite Zeichen (das für n) bei II ab: es ist dort dasselbe,

welches bei I und II vor DS steht, wo man nach Vergleichung des

Moabitischen ein i erwarten sollte. — Das fünftletzte Zeichen in

Zeile I 2 und II 2 b scheint nach Analogie des Himjarischen ein

«3 zu sein (wodurch sich die Sylbe oder das Wort n« ergäbe) —

wenn es nicht etwa ein von rechts nach links umgedrehtes n ist.

Auch Blau's scharfsinnige Entzifferungsversucbe der dürftigen

hauranischen Inschriften desselben Typus (Z. D. M. G. XV 250 ff.

vgl. XXII 546 f) haben mich bis jetzt nicht weiter geführt.

Als Beleg für den nabatäischen Charakter der Schrift in Zeile

II 6—8 begnüge ich mich folgende übrigens nicht neben einander-

stehende Zeichen anzuführen:

V ^ ^^;

Daneben stehen freilich Zeichen, die einen von den bisher ge¬

fundenen nabatäischen Inschriften ganz verschiedenen Charakten an

sich tragen. So folgen z. B. auf das Zeichen oben rechts mit

welchem Herr Weser seine Abschrift beginnt, diese Zeichen : '

>/-N|-^

Die geuaue Abzeichnung dieser Schrift ist besonders schwierig.

Es fehlt die Hülfe einer Parallele sowohl zur Vergleichung als zur

Entdeckung des Anfangs der rund um die Urne herumlaufenden

ZeUen. Die letzte unter diesen ist zum grossen Theil durch das

in den semitischen Inschriften so häufige Zeichen welches in

verschiedenen Dimensionen theils nebeneinander gesetzt, theils in

einander gefügt ist, ausgefüllt, ohne Zweifel bloss desshalb, um

auch diese Zeile ringförmig um die ganze Urne herumzuführen

(Z. D. M. G. XIV 396).

Auch dieser Theil der Inschrift ist also bedeutend kürzer als

der moabitische, am allerkürzesten aber ist der, welcher den süd¬

arabiscben Schrifttypus an sich trägt. Letzterer enthält allem An¬

schein nach aus der Zahl der gemeinscheinschaftlicb Weihenden nur

den Namen des '^nriN und das mit ihm verbundene DS, denn dies

Wort kommt dort nur einmal vor. Deren besondere Nationalität

wird also durch die südarabische Schrift vertreten. Eine ähnliche

Bedeutung wird die nabatäisch-artige Schrift haben. Höchst wahr-

(15)

Schlottmann, neue Moaiitische Funde und Räthsel. 407

scheinlich gehören also die in II 4 nnd II 5 enthaltenen Namen,

welche in I fehlen, einer durch die nabatäische Schrift vertretenen Nationalität an ^j.

Auf mehrsprachigen Inschriften ist oft in der Reihenfolge

der Sprachen deren politische Rangordnung sicher zu erkennen.

So ist z. B. in mehreren trilingues aus der Zeit der römischen

Herrschaft die Reihenfolge: Lateinisch, Griechisch, Punisch. Viel¬

leicht gilt auch bei unseren Inschriften etwas Aehnliches. In I

nimmt das Südarabische die erste Rolle an. Fast scheint es aber,

dass zwischen der Abfassung von I und II sich politisch etwas

verändert habe. Das Moabitische ist schon durch die Form der,

Ausführung, nämlich durch die stattlich hervorragende Schrift her¬

vorgehoben. Der Name des "^nnis findet sich zwar auch hier an

der Spitze, aber nicht die südarabische Schrift. Doch steht sie

nicht unten vor der-nabatäischen, sondern sie ist, wie durch einen

Compromiss, zwischen die erste und zweite Zeile des moahitischen

Textes, ihn unterbrechend, mitten hineingeschoben.

Die Zeit der Inschriften wird sich nur nach Auffindung wei¬

terer Vergleichungspunkte bestimmen lassen. W^ir erwähnten schon,

dass die Schrift, etwa das s ausgenommen, eine grosse Aehnlich¬

keit mit der auf dem Denkmal des Mesa habe. Aber wir dürfen

daraus nicht zu viel sehliessen, weil wir schlechterdings nicht wis¬

sen, wie viel oder wenig die Moabiter in dem Gebrauch ihrer

Schrift sich conservativ gezeigt haben. Auch in Betreff der naba¬

täischen und südarabischen Elemente wissen wir zwar* dass sie im

Ostjordanlande eine grosse Rolle gespielt haben, aber nicht von

welcher Zeit ab. Am meisten ist uns dies bekannt in Betreff ihres

hesondern Verhältnisses zu Moab. Nur das können wir sagen,

dass die Inschriften aus einer Zeit stammen, in welcher das moa¬

hitische Element noch einer starken Selbständigkeit genoss, also

vor der Zeit der im ersten vorchristlichen Jahrhundert sich voll¬

endenden nabatäischen Herrschaft in jenen Gegenden. Wohl aber

kann die Inschrift bedeutend älter sein. Jedenfalls ist es höchst

merkwürdig und bedeutsam , dass wir hier anf Einem Schriftstück

drei verschiedene Sprach- und Bildungs-Elemente des ältesten Se¬

mitismus vereinigt finden.

1) Man könnte auch vermuthen, dass in den 4 sUdarabischen Zeichen,

welche II 2 a am Ende eigenthümlich hat, der Zuwuchs des Volkes der

■^nnN stecke, welcheu II hinter illTI darbietet. Doch die Beschaffenheit de zeichen scheint das nicht zu bestätigen.

(16)

408 Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthnel.

Zweiter Bericht.

Obiges war his auf die letzte bessernde Hand vollendet und

ich wollte nur noch Weniges über die Frage der Aechtheit hinzu¬

fügen, als ich am 31. Juli dnrch Hrn. Lic. Weser neue Mittheilun¬

gen erhielt, die sofort mit zu berücksichtigen ich in mehrfacher

Hinsicht als Pflicht erkannte.

Er berichtet von drei neuen inzwischen nach Jerusalem ge¬

brachten Urnen. Alle sind mit Inschriften versehen, deren Copien

er beilegt, und die sämmtlich in moabitischer Schrift abgefasst

sind. Er bemerkt dann weiter : „Massenhaft sind kleinere seltsame

Thonfiguren herbeigebracht. Wenn ich nur nicht durch mein Amt

so sehr gefesselt wäre, so würde ich einmal hinüberreiten nach

Moab und mir dort an Ort und Stelle die Sachen ansehen, von

denen viele gleich in Staub zerfallen. In manchen Urnen sind

Knochen , gänzlich ausgefasert , gefunden , in andern soll nach Aus¬

sage des Arabers ein Stoff wie Mehl gewesen sein. Er hatte davon

nichts mitgebracht. Die Beduinen durchforschen erst alle die Ur¬

nen, ob nicht Geld darin ist, und leeren sie dabei aus."

Von den drei „Urnen" hält Herr Weser zwei mit Recht für

Hängelampen. Ihre Höhe beträgt ungefähr 9 Zoll. Sie sind reich

verziert. Unten ist an ihnen ein kegelförmig sich verkürzendes

Stück angesetzt, das nur eine kleine nicht aufs Festhinstellen des

Ganzen berechnete Bodenfläche zeigt. Oben ist eine ringförmige

Fläche, an deren Rande sieben für die Lampendochte bestimmte

Löcher angebracht sind und aus deren Mitte ein Hals zum Ein-

giessen des Oeles hervorragt. Die Formen beider sind verschieden.

Beide haben Inschriften von je zwei rund herumlaufenden Zeilen,

die eine (die ich UI nenne) trägt beide Zeilen auf ihrem mittleren

Haupttbeile, aus der andern (IV) tragen Hals und Haupttbeil je

eine Zeile und es sind auch auf deren unten angesetztem Theile

einige Buchstaben angebracht. Die grössere Vase (V) ist 151/2 Zoll

hoch. Davon gehen 6^*2 Zoll auf einen zierlichen Obersatz mit

zwei Henkeln. Dessen unterer Rand ist von einer kleineren, der

untere Haupttbeil des Gefilsses von vier grösseren Buchstabenreihen

umlaufen. Die Halsinschrift dieser Vase und die der einen Hänge¬

lampe sind eingegraben : alle anderen sind Haut-Relief. Die Buch¬

staben ragen etwa eine Linie über der Fläche hervor und sind bis

li/j und 2 Zoll hoch, letzteres auf der Hängelampe, welche auf

dem Haupttbeile nur Eine Zeile trägt (Nr. IV).

In paläographischer Hinsicht bereichern die Inschriften unsere

Kenntniss von den Eigenthümlichkeiten der moabitischen Schreib¬

weise. Der gemeinsame Typus lässt sich auch hier, sowohl im

Ganzen ., als in der Bildung einzelner Buchstaben wie des n, n, b

wahrnehmen. Anch hier wie in I und II fehlt dem ^ durchgängig

der untere Strich nach rechts, der ihm auf dem Mesa-Denkmal

durchgängig eigen ist. Daneben finden sich Unterschiede sowohl.)

2 9 — J

(17)

Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel. 409

von den früher gefundenen Inschriften I und II, als zwischen den

neugefundenen selbst. Während ferner jene — I und II — in auf¬

fälliger Armuth (ihr ungleich kürzerer südarabischer Theil ist doch

reicher an Zeichen) nur ungefähr die Hälfte der Buchstaben des

moabitischen Alphabets aufweisen, kommt jetzt eine ganze Anzahl

von Charakteren hinzu. Sie lassen sich freilich zum Theil nach

dem vorliegenden Material, zumal bei noch mangelnden ganz ge¬

nauen Abschriften, nicht sicher bestimmen. Diese Schwierigkeit

und die andere, den Anfangsbuchstaben der rundumlaufenden Zeilen

herauszufinden, steigern sich gegenseitig. Hoffentlich wird es mög¬

lich sein bei genauerer Prüfung der Originale irgend ein auch in

der Schrift hervortretendes Kriterion des Zeilenanfangs zu ent¬

decken.

Wir lernten im ersten Ahschnitt auf einer dort abgebildeten

Schalen-Inschrift ein von links nach rechts umgekehrtes n und in

der einen vierten Zeile der Inschrift II die gleiche dreimalige Um¬

kehrung des n kennen. Unsere nicht ohne Bedenken gewagte

Auffassung des letzteren Zeichens wird in den neuen Funden durch

eine eben so durchgreifende und unzweifelhafte, als sonderbare und

überraschende Erscheinung bestätigt.

In der den Haupttbeil der Urne V umlaufenden vierzeiligen

Inschrift sind nämlich mit durchgängiger Consequenz alle von links

nach rechts umkehrbaren Buchstaben, soweit wir dies verfolgeu

können, wirklich in solcher Weise umgekehrt. Von den noch nicht

bestimmbaren Zeichen muss ich freilich absehen. — Ebenso die

kleinere Halsinschrift derselben Nr. V mit Ausnahme eines einzigen

normal stehenden N, das möglicher Weise verzeichnet ist. Dagegen

erblicken wir auf der weiter unten abgebildeten Inschrift von Nr. IV.

theils abnorm, theils normal gerichtete Buchstaben. Nur Nr. IH

erscheint als frei von jener Umkehrung.

Aus Nr. V gebe ich 2 Buehstabengruppen als Beispiele:

-VP^>P)^ pvp^o

= »an nNiN (Z. 2); nai b» (Z. 3).

Nur in Betreff des b könnte ein Zweifel seiu, ob nicht V

dessen normale, III hingegen dessen umgekehrte Lage zeige. Jener

Buchstabe kommt nämlich hier in folgender Buchstabengruppe, und

zwar in etwas abweichenden Formen, zweimal vor:

=iyjw"bo'

a h

= labttJ b» , worin wahrscheinlich das in der Mesa-Inschrift Z. 4

sicher zu lesende schwierige "jbic = Feind steckt (Z. D.M.Ü. XXIV

(18)

410 Schlottmann, neue Moabitüche Funde und Räthsel.

258 f., 441 Die Form a, welche das b zwischen dem la und 5

hat, kehrt in Z. 2 derselhen Inschrift nochmals wieder. Eben so

findet sie sich in Nr. IV, woraus freilich für unsere Frage nichts

zu sehliessen ist. Die Form h gleicht der in der Mesa-Inschrift

vorkommenden , die ich nachstehend rait c bezeichne , nur das in

jeuer die Rundung und das Auge nach der Linken, in dieser nach

der Rechten zu geht. Dagegen entspricht die unten mit d be¬

zeichnete Forra des b, welche in Nr. V wiederholt vorkorarat, grade

hinsichtlich der Richtung der unteren-iRundung der Form c.

^ L

c d

Trotzdem glauben wir aus der sonst durchgängigen Beschaffen¬

heit der Schrift in III und V den zieralich sichern Inductions-

schluss ziehen zu dürfen, dass in ihrer Zeit die Forra a für das

b die herrschende geworden war, und dass V nur in der Absicht,

diese umzukehren, diesmal unabsichtlich auf die ältere Forra zu-

rückgriff. Jene ältere Aenderung in der Form des b scheint fast

wie das Zeichen einer frühen Hinneigung zu dem willkührlichen

Spiel mit der Gestalt der Buchstaben zu sein , wie es in Nr. V

als bizarre Mode uns entgegentritt. (Ueber phoenizische Analoga

vgl. Gesen. Mon. p. 59. 290. 293.) Vielleicht hat dazu ein früherer

Gebrauch der bustrophedontischen Schreibung , die wir ja auch auf

einigen himjarischen Inschriften antreffen , den ersten Anlass ge¬

geben. Denn dabei fand ja in den Zeilen, welche von links nach

rechts geschrieben wurden, regelrecht ganz diejenige Umkehrung

der Buchstaben statt, welche in Nr. V aul die Schreibung von

rechts nach links durchgängig übertragen ist.

Einen Einfluss jener bizarren Mode erkennen wir in der einen

vierten Zeile der Inschrift II. Noch bizarrer, weil principloser,

erscheint die Mode in Nr. IV. Denn trotz des geringen Umfangs

der Inschrift begegnen uns dort N und nach Obigem wahrschein¬

lich auch b in normaler, n in umgekehrter, 72, i, 3 und ■> sowohl in normaler als in umgekehrter Gestalt.

Diese Inschrift IV ist die einzige unter den neugefundenen,

welche ich im Zusammenhange zu lesen vermag. Ich gebe hier

eine Abschrift, Transcription und Uebersetzung derselben. Die

beiden Buchstaben, von denen im Original grade der eine unter

dem andern steht und von denen ab Herr Weser seine Abschrift

begonnen hat, sind in Z. 1 das erste n, in Z. 2 das n.

1) Treffend hat dazu Dr. Kaempf zuerst '^b^ö = Sturzpelican (Kara- QaxTijs) verglichen, nur dass er mit Unrecht gradezu an eino Vergleichung der Feinde rait diesen Vögeln dachte. Vielmehr ist daraus nur auf die Grundbedeu¬

tung der Wurzel „sich feindlich auf Jemanden stürzen'' zu schüessen. So mit JSecht Dr. Ginsburg.

(19)

Schlottmann, neue MoaMtische Funde und Räthsel. 411

^^07^HowSJVX'>

r^PJWr^JAH=1VX5F

»TtSi tun» ttSnb Inn :'^3r) Ntoab in-^i nh;>.

Geschenk für Rosch - NH» s Nny.

Es habe Gefallen und Freude (dein Herz) an der Gabe deines

Freundes.

Man erwartet t^rn. Aber das (umgekehrte) 3 am Ende, das

eben so in V wiederholt vorkommt, scheint mir unzweifelhaft. Man

könnte Niswb punctiren („es habe Gefallen und Freude an der Gabe

dein Frennd"), aber das befriedigt sachlich nicht. Die Ergänzung

des ^ab hat wenigstens ein Analogon in der des •'ji? 1 Sam. 24,

11, wo man das vermisste Wort in den Text zu setzen schwerlich

berechtigt ist. Dem Hieronymus haben, dass es zu ergänzen sei,

seine jüdischen Lehrer richtig gesagt.

Der Boden desselben Gefässes zeigt um seinen verhältniss¬

mässig kleinen Umkreis herum die 4 Buchstaben ^wa {— „mein

Werk") und innerhalb eines noch kleineren concentrischen Kreises ein 1, was wir als die Chiffre des Künstlers betrachten.

Zu Obigem füge ich noch einige Beraerkungen hinzu. Der

Name 1DI {= ON"i) findet sich auch auf der ersten Inschrift von

Nora. Die Lesung mit dem Artikel = „dera Häuptling" (Scheich)

ist mir weniger wahrscheinlich: es stände doch wohl der Name

dabei. — Man könnte geneigt sein das b nach Analogie des sog.

b autoris zu fassen, also „Geschenk, welches Rosch der Gottheit

weiht", tyri als Anrede an diese wäre nicht unerhört. Nicht nur

heisst Abraham in der Bibel und bei den Muhammedanern „Freund

Gottes", sondern selbst nN und nm stehen vom analogen Ver¬

hältniss in phönicischen Eigennamen wie npban (= npbant<),

raban (Z. D. M. G. XVHI, 63), nabannt* (vgl. das hebr. rr^nx).

Dagegen spricht aber dies, dass die Construetion von b

kaum anders als die von ^ ■jnf verstanden werden kanu. 'Eher

wäre Ü3-I Gottesname. Der schenkende Freund, dessen Name

irgendwo angedeutet sein muss , ist meiner Ansicht nach der

durch die Chiffre A bezeichnete Künstler. — Das mt» wird

überall, wo es vorkommt, mit b construirt; um so weniger kann

letzteres hier hinter nm, ob man gleich nach Analogie des häufi¬

geren na«; ein 3 erwartet, auffallen. — Niaa als gleichbedeutend

mit nxan findet sich eben so 2 Chron. 17, 11.

Die zweimalige Zusammenstellung von 3 Gutturalen am Ende

vou Z. 2 (mit dazwischen gesetztem gleichfalls räthsclhaftem a)

(20)

412 Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel.

bestätigt unsere Auffassung der analogen Erscbeinnngen in dem

ersten Abschnitt. In gleicher Weise folgen auch in V 3 «nn und

in V 5 snN auf einander. Wahrscheinlich ist endlich auch in

III, das welches auf das oben angeführte ■'sba by folgt und

mit dem Nachfolgenden sich nicht verbinden lässt, als gleichartig zu betrachten.

Die Fachgenossen werden es, wie ich hoffe, billigen, dass ich

die obigen Mittheilungen nicht bis zum Eingang genauerer Abschrif¬

ten und Zeichnungen, obgleich es sich dabei vielleicht nur um

wenige Wochen gehandelt hätte und mir selbst der Aufschub will¬

kommen gewesen wäre, zurückgehalten habe. Denn die Heraus¬

gabe unserer Zeitschrift durfte nicht länger verzögert werden. Bis

zu der des folgenden Heftes aber würde ein Vierteljahr verstreichen

und inzwischen böte sich kein anderes litterarisches Organ dar, um

diese Mittheilungen, die doch so manches Neue und zu gemein¬

schaftlicher weiterer Untersuchung Auffordernde darbieten, an den

Kreis der sich dafür Interessirendeu in den deutschen Landen und

darüber hinaus gelangen zu lassen. Auch anderen Forschern wird

sich übrigens , wie mir selbst , die höchst dankenswerthe Sorgfalt,

welche Herr Weser trotz aller Eile in seinen Abschriften bewiesen

hat, dnrch innere Kennzeichen bestätigen, so dass das von ihm

dargebotene Material keineswegs, als zu unsicher für die wissen¬

schaftliche Untersuchung, verschmäht werden kann.

Eben so werden diejenigen, welche meiner Darstellung auf¬

merksam gefolgt sind, mir darin beistimmen, dass bei den Vasen

und ihren Inschriften an schlaue Antiquitäten-Fabrikate jerusalemi- tanischer Industrie-Ritter (denn die Möglichkeit solcher Productionen

bei den Beduinen der Wüste fällt von selbst weg) nicht gedacht

werden kann. Ich weise hier besonders zurück auf die Schluss¬

bemerkungen meines ,, ersten Berichtes." Selbst die Seltsamkeiten

und Wunderlichkeiten, die uns entgegentreten, waren der Art, dass

ein Fälscher nicht auf sie gerathen wäre. Eine im Ausdruck so

gewählte, so höchst einfache und dabei doch mehrere Schwierig¬

keiten bergende Lampeninschrift, wie die oben erörterte, wird ein

solcher nicht zu Stande bringen.

Zu meinen eigenen positiven, wenn anch vorsichtig beschränk¬

ten Deutungen bin ich nicht ohne absichtlich geübte wiederholte

Skepsis gelangt. Eher als an moderne Fälschung, liesse sich an

werthlose apokryphische Produkte der ersten Jahrhunderte nach

Christo denken. Aber die Voraussetzung sinnloser gnostischer

Zauberformeln scheiterte an der durchsichtig verständigen Anlage

der zuerst gefundenen Vasen-Inschriften. Auch der Versuch, die

geschilderten auffälligen Sonderbarkeiten durch die Annahme zu

erklären, dass wir aus jenem Zeitalter handwerksmässige verständ¬

nisslose Nachbildungen älterer Typen vor uns hätten, hat sich mir,

je genauer ich das Einzelne untersuchte, um so mehr als haltlos

(21)

Schlottmann , nme Moahitische Funde und Räthsel. 413

ergeben. Technische Untersuchung der Originale oder auch sorg-

föltiger Abdrücke durch Sachverständige wird uns das Urtheil über

die Reste der Töpferkunst, durch welche Moab einst, wie wir

sehen, berühmt war, ermöglichen. Mögen die Funde sich mehren

und mögen die europäischen Consulate einmüthig und nachdrück¬

lich, so viel in ihren Krälten steht, Sorge trägen, dass sich auf

dem der Barbarei verfallenen Boden nicht ähnliche unersetzliche

Verluste für die Wissenschaft wiederholen wie der, welchen sie

durch die Zertrümmerung des Mesa-Denkmals erlitten hat.

Halle, d. 3. Aug. 1872.

Nachschrift.

Nachdem die vorstehenden heiden Berichte am 5. d. M. dem

Herrn Redacteur der Zeitschrift zugeschickt worden waren, erhielt

ich durch die Güte eines Freundes die Nummern 47, 51 und 62

der diesjährigen Londoner „Academy" (vom 1. Mai, vom 1. und

vom 15. Juli). Hierdurch Hude ich mich zu einem Nachtrag ver¬

anlasst, weil dort nach der Darstellung zweier achtungswerther

Gelehrten der Buchhändler Her S hap ira in Jerusalem, der nach

einer telegraphisch erlangten Mittheilung der Besitzer der obeu

beschriebenen moabitischen Alterthümer ist, in einem sehr bedenk¬

lichen Lichte erscheint. Wer von jenen Nummern etwa nur 47

und 52 zu Gesichte bekommt, muss ihn für einen abgefeimten Be¬

trüger und Inschriltenfälscher halten. Dazwischen in Nr. 51 giebt

freilich derselbe Gelehrte, der vorher die sehr nachdrückliche An¬

klage erhoben hat, ihm eine noch nachrlrücklichere Ehrenerklärung.

Auf Grund mehrfacher gewichtiger Zeugnisse, unter welchen das

persönlich abgegebene des evangelischen Bischofs ist, wird die

bewährte Rechtschaffenheit des Beschuldigten gerühmt. Er hat in

einem bestimmten Falle selber den vortheilhaften Verkauf eines

Steines abgelehnt, weil die Aechtheit seiner Inschrift ihm zweifel¬

haft sei. Er soll also in Betreff der von dera Referenten ihm in

Nr. 47 aufgebürdeten wiederholten Fälschungen entschieden als der

Betrogene, nicht als der Betrüger dastehen.

Trotz dieser Retractation wird sich vermuthlich speciell auch

wegen des Naraens „Shapira" bei raanchen ein Argwohn an die

moabitischen Fuude heften. Für Sachkundige wird aber dadurch

das Gewicht der Kennzeichen nicht entkräftet werden, die ich lür

die Aechtheit der 5 Urneninschriften geltend gemacht habe. Auch

in III und V, obgleich ich sie nach den mir vorliegenden Copien

nicht im Zusararaenhange zu lesen vermag, sind schon die paläo¬

graphischen Eigenheiten und die dort wiederkehrenden Gruppen

der Gutturalen von der Art, dass ein Fälscher schwerlich auf der¬

gleichen verfallen wäre. Ein Gleiches gilt von der kleinen Schalen- Inschrift laSNn. In Betreff doi' massenhaft herbeigebrachten „kleinen

(22)

414 Schlottmann , nme Moahitische Punde und Räthsel

Thonfiguren" wäre eher eine Vervielfältigung nach einigen vorliegen¬

den Originalen denkbar, aber einen hinreichenden Grund auch

nur für solche Annahme vermag ich his jetzt nicht zu entdecken.

Wer im Morgenlande gelebt hat, weiss, zu wie raffinirtem Be¬

trüge manche Orientalen eine oberflächliche Berührung mit europäi¬

scher Cultur zu benutzen verstehen. Ich kenne auch aus Erfahrung

die Neigung der menschlichen Natur, trotz aller Warnungen sich

hintergehen zu lassen. Ich bin dreimal in den Pall gekommen,

Nestorianer zu entlarven, welche, die deutsche Gntmüthigkeit aus¬

beutend, mit grossartig betrügerischer Bettelei unser Vaterland

durchzogen. Der erste von ihnen, Namens Badal, kam nach Bonn

mit einem Haufen glänzender Zeugnisse und Empfehlungen von

einem Ober-Präsidenten, von mehreren Generalsuperintendenten,

Pastoren und Orientalisten. Sein damaliger Haupt-Protector , ein

nicht bloss am Rhein hochgeachteter Mann, ist mein Zeuge, dass

ich mittelst weniger Fragen den erschwindelten Roman des Betrügers aufdeckte.

Ich sage dies selbstverständlich nicht in der Meinung, als

könnte ich nicht auch selber hintergangen werden, sondern um ohne

den Verdacht einer allzuleicht zu betrügenden Gntmüthigkeit das

aussprechen zu dürfen, was ich auf Grund der bezeichneten Artikel

in der „Academy" auszusprechen für Pflicht halte. Es ist die

Warnung durch den gerechten Unmuth über widerwärtige und irre¬

führende Fälschung nicht in eine Art von Leichtgläubigkeit der

Skepsis zu gerathen. Gewiss muss man vor Leuten, wie vor dem

durch den Herrn Freiherrn von Maltzan entlarvten jüdischen

Kupferschmidt in San a auf der Hut sein , welcher vorliegende Mu¬

ster himjarischer Inschriften mit leicht täuschender Geschicklichkeit

nachbildet. Aber man darf es darum nicht als gleich leicht an¬

sehen, ganz neue Inschriften zu fabriciren, wie die Gaulitana,

gegen die Anfangs ein diplomatischer Verdacht entstand, oder die

des Mesa, von welcher ein ausgezeichneter Forscher argwöhnte, sie

sei nach den Vogü6'schen Schrifttafeln von einem Juden in Jeru¬

salem geschmiedet. Wenn die Academy ihr erstes hartes Urtheil

über Hrn. Shapira berichtigt und von ihm einen Zug nicht bloss

der Rechtschaffenlieit, sondern auch der skeptischen Vorsicht gemeldet hat, so dürfte sie vielleicht wohl thun, auch ihr Urtheil in Betreff der Inschriften, hinsichtlich deren er jetzt der Betrogene sein soll,

zu revidiren. Es könnten doch möglicher Weise werthvolle Sachen

darunter sein. Ich behaupte nicht, sondern ich bitte nur um ge¬

naue, gewissenhafte Prüfung und um Angabe positiver Momente,

die auch dem Leser einigermassen ein eigenes Urtheil ermöglichen.

Wenn solche zum Erweis der Unächtbeit aller der Inschriften,

welche die Academy hinter einander als unächt bezeichnet hat,

wirklich vorhanden sein sollten, so hat sie dieselben wenigstens in

Betreff keiner einzigen in irgend genügender Weise mitgetheilt.

Ein hinreichender Verdachtgrund wäre es allerdings, wenn die ersten

(23)

Schlottmann, neue Moahitische Funde und Räthsel. 415

Zeilen der einen Inschrift wirklich den 117. Psalm enthielten,

aher — „they are said to contain"! Also vielleicht nnrein aben¬

teuerlicher jerusalemitanischer Einfall, wie der, durch welchen die

von mir in dem ersten Bericht erwähnte Zeitungsente von der

Moses-Inschrift in Moab ausgebrütet wurde. Dabei kann das Sub¬

strat solcher Einfälle recht wohl ächt sein, z. B. die angebliche Moses-Inschrift eine wirkliche nabatäische Grabschrift. Die 6 Zeilen

derselben sollen freilich der Academy zufolge identisch mit den

4 Zeilen derjenigen sein, welche der der Epigraphik zu früh ent¬

rissene Dr. Levy in dieser Zeitschr. XXV 429 ff. erklärt hat —

also eine Fälschung. Aber die Differenz mancher Zeichen wird

zugegeben und jeder weiss, wie ähnlich oft in den stabilen Formeln

eine Inschrift der andern sieht. Ein Non liquet dürfte also wohl

noch gestattet sein, zumal dem gelehrten Berichterstatter in dem¬

selben Artikel eine sehr starke Uebereilung unterläuft, die er in

Nr. 51 zurücknimmt, um gleich eine neue hinzuzufügen, indem er

schreibt: „Die Inschriften-Fälschung in Jerusalem scheint grössere

Dimensionen anzunehmen, denn eine neue Inschrift von 12 Zeilen

ist entweder in neuen Charakteren abgefasst (obgleich einige naba¬

täisch sind), oder wahrscheinlich eine Fälschung". Worauf grün¬

det sich nun dies rasche Urtheil, da doch schon Dr. Levy a. a. 0.

auf „befremdende Eigenthümlichkeiten" einer transjordanischen naba¬

täischen Inschrift aufmerksam machte? Ebenso werden in Nr. 52

zwei Inschriften kurzweg als „at all appearence forgery" bezeichnet,

während bei so wichtigen Dingen es sich doch wohl lohnte die Art

der Gründe wenigstens kurz anzudeuten, worauf sich der starke

„Anschein der Fälschung" stützt.

Gewiss würde unsere Zeitschrift gern hereit sein, auch einen

eingehenderen Artikel , der eine Inschrift als in Jerusalem gefälscht

überzeugend nachweist, aufzunehmen '). Denn solche Unter¬

suchungen sind nothwendig und förderlich. Mit Kecht hat Franz in

1) Ein dankenswerthes Vorbild solcher Untersuchungen findet sich z. B.

in dieser Zeitscbr. XXIII 154—156. Dort hat Gildemeister mit mathema¬

tischer Sicherheit nachgewiesen, dass die phönizische Stierinschrift von Verona in corrupter ' Weise nach der von Palermo und diese wiederum mit sklavischer Abhängigkeit nach der Inschrift von Marsala fabricirt worden ist. Letztere ist zweifellos ächt und die Grabschrift eines phönizisches Töpfers Namens Makor (llf^M 'Ipa), der ein reicher und angesehener Maun gewesen sein muss, wenn die treffliche Reliefgruppe von Marsala , die einen von zwei jungen Lö¬

wen Überfallenen Stier darstellt, seinem Grabe angehörte. Dafür aber sprechen erhebliche Wahrscheinlichkeitsgründe (vgl. R. Schöne's Bemerkungen darüber in der archäol. Zeitung von 1H51, wo Tafel 51 sich eine Abbildung der Gruppe findet). Schon durch die nachgewiesene Fälschung fällt die für manche Mytho¬

logen vielleicht lockende Deutung von dem Grabe „Mithra's des Schöpfers"

('iSifl ^na), wozu sich Schröder (Phöniz. Spr. S. 252 f.) durch Ugdulena hat verleiten lassen. Denn die einzigen scheinbaren Gründe dafür waren das wiederholte Vorkommen der Inschrift und der Miniatur-Charakler des Stieres von Palermo.

(24)

416 Schlottmann, neue Moabitische Funde und Räthsel.

seiner griechischen Epigraphik einen ganzen Abschnitt über unter¬

geschobene Inschriften und Gesenius hat in seinen Monumentis

(p. 247 SS.) eine ihm selbst widerfahrene Täuschung verewigt. Auch

für die neuerschlossene moabitische Epigraphik ist Vorsicht und

Skepsis sehr am Ort, doch ein festina lente dürlte der letzteren

nicht ohne Grund zuzurufen sein. Denn die Möglichkeit zahlreicher

neuer Funde ist nicht von vornherein zu bezweifeln. Seit der Ent¬

deckung des Mesa-Denkmals sind die Beduinen gefährliche aber

nichtsdestoweniger nützliche Handlanger der V^^issenschaft geworden.

Dass sie, seit sie wissen, dass sie Geld dafür bekommen, die Wüste

nach Inschriften durchstreifen, die Fundorte aber geheim 'zu halten

suchen oder falsch angeben, das wird jedem, der sie kennt, be¬

greiflich sein. Eben so leicht erklärt sich die Geschicklichkeit

jerusalemitanischer Händler in der Ausbeutung jenes Eifers. Ich

bemerke schliesslich, dass auch die erwähnte, in dieser Zeitschrift

(XXV a. a. 0.) erörterte Inschrift nach Warren's Angabe durch

einen geldgierigen Sohn der Wüste in Papier abgeklatscht wor¬

den ist.

Halle, d. 10. Aug. 1872.

Schlussbemerkung. Heute erhalte ich durch H. Weser

die Inschriften II—V im Facsimile, I war wohl schon bei der ersten

Sendung mittelst Durchzcichuung hergestellt. II zeigt in Z. 1 statt

des 1 in iin und in Z. 3 zu Anfang zwischen i und ffl das von

rechts nach links umgedrehte an letzterer Stelle wäre das 9

ausgefallen. In beiden Fällen hat aber I das Richtige. In H 3

fehlt der Haken das 1 in nnffl; das 3 in inii5373 ist normal. Im

Uebrigen habe ich lediglich die wesentliche Richtigkeit der ersten

Copien zu constatiren. — Zugleich erhalte ich die die Grösse des

Originals wiedergebende Abzeichnung einer nackten weiblichen Thon¬

figur von 0,82 Meter Höhe, mit halbmondförmigem Diadem auf dem

Kopfe, darin die zierlichen Bucbstaben narbN. Dies wäre als st. constr.

= „Gottheit des Volkes" oder wahrscheinlicher = „Gottheit der Ver¬

einigung" (= n-iniuy nach meiner Deutung des Wortes). 'Um math

oder 'Am math könnte aber auch Name der Göttin sein (vgl bis

pn in m. „Eschmunazar" S. 143). Ich erinnere an den gleichlau¬

tenden Ort Jos. 19, 30 (LXX 'jfipd) und an den karthagischen

Namen byann». Sollte auch ]V2y (arab. und bei den LXX 'Afipäv)

zu combiniren sein? — Schon vorher hatte ich die Inschrift eines

VI. Thongefässes erhalten.

Halle, d. 18. August 1872.

Konstantin Schlottmann.

(25)

417

Himjarische Inschriften

erklärt von Franz Praetorius.

Hierzu acbt lithographirte Tafeln.

Die neuen himjarischen Inschriften, welche in letzter Zeit der

D. M. (i- theils durch H. von Maltzan theils durch Vermittelung von

W. Wright zugesandt wurden, waren, wie bereits früher ähnliche

Sendungen, an Levy Behufs einer Veröffentlichung übermittelt worden.

Leider wurde er durch den Tod hieran verhindert. Was sich in

seinem Nachlasse an himjarischen Originalen, Abklatschen und Ab¬

güssen vorgefunden hat, übergebe ich hiermit der Oeffentlichkeit,

ausgenommen einige Münzen deren Legenden fast völlig verschwun¬

den sind. Von Levy's Hand liegen mir zwei nur zum Theil be¬

schriebene Bogen (durchaus Brouillon) vor. Levy schreibt: „Ich

beschränke mich bei der Veröffentlichung für diese Zeitschrift dar¬

auf, die Anfertigung der Lithographien zu überwachen, die In¬

schriften zu umschreiben und höchstens hin und wieder auf Paral¬

lelen in hereits vorhandenen Inschriften zu verweisen." Dem ent¬

sprechend besteht der übrige Inhalt der beiden Bogen nur aus

Transcription und einigen angezogenen Parallelstellen, ganz selten

findet sich eine andere Verweisung. Ich habe im Folgenden Pa¬

rallelstellen und Verweisungen Levy's überall angemerkt, auch da

wo ich sie für unrichtig hielt.

1.

„A white marble slab from Aden, 2 feet long by 1 foot 8

inches high." Liegt ira Abklatsch vor

I D33ii I ]3snN I ana l.

I nssN I in I ani 2.

p-ina I ppfflm | t 3.

pabN I apna | pDiD 4.

TOniD72u:a | iinm | in 5.

asiTiiin 6.

1) Mehrere Monate nach Beendigung und Einsendung dieses Aufsatzes er¬

hielt ich das Heft Fevrier-Mars 1872 des Jourual asiatique, welches die Halevy- schen Inschriften enthält, die indess leider höchst äUchtig und fehlerhaft copirt sind. Unsere Inschrift findet sich auch bei Halevy uud zwar an letzter Stelle (686); sie hat bei H. nicht weniger als acht Fehler!

Bd. XXVI. 21

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