19.04.2012
Erziehungsberatungs- stellen präsentieren Jahresbericht 2011: "Von ADHS bis Zeugnisstress - Familien nutzen Erziehungsberatung"
Die Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung des Caritas-Zentrums Ludwigshafen sowie die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der Stadt Ludwigshafen am Rhein legen zum fünften Mal ihren gemeinsamen Jahresbericht vor, diesmal für das Jahr 2011. In einem
Pressegespräch am 19. April 2012 stellten Karl Fischer, Leiter des Caritaszentruns
Ludwigshafen, und Hans-Werner Eggemann-Dann, Leiter des Bereichs Jugendförderung und Erziehungsberatung der Stadt den Bericht vor, der am Nachmittag des 19. April auch im Jugendhilfeausschuss präsentiert wurde.
1.800 Familien erhielten im vergangenen Jahr Beratung und therapeutische Angebote bei der städtischen Beratungsstelle, 520 durch die Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung der Caritas.
Die rund 2.300 Familien, die beide Ludwigshafener Beratungsstellen aufgesucht haben, konfrontieren Beraterinnen und Berater mit der ganzen Bandbreite von Konflikten, Sorgen, Symptomen und Krisen: vom Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, über Einnässen und Einkoten, Essstörungen, zu Schulängsten, Schule schwänzen und Teilleistungsproblemen, Suizidfantasien, Verarbeiten von Trennungsfolgen, Schulmobbing, Stehlen, Kontaktarmut und kindliche
Depressivität.
"Die Beraterinnen und Berater sind als Spezialisten gefordert, gleichwohl auch als ‚Mädchen für alles‘ und bemühen sich, Angebote zeitnah zu leisten. Die Überschrift des Jahresberichts deutet an, dass unter allen Problemen schulische Konflikte an erster Stelle stehen. 820mal wurden direkt schulische Probleme als Anmeldeanlass genannt. In über zehn Prozent der Fälle erfolgte die Anmeldung als direkte Aufforderung durch die Schule", so Karl Fischer.
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Die Schule ist der Arbeitsplatz unserer Kinder und Jugendlichen, wo sie oft mehr Zeit verbringen als zuhause. Schulische Erfolge und Misserfolge sind damit ein ganz entscheidender Faktor in der Lebensqualität sowie der seelischen, sozialen und geistigen Entwicklung der Kinder.
Schulische Konflikte können Kinder und die ganze Familie massiv belasten", verdeutlichte Hans- Werner Eggeman-Dann die Bedeutung des Themas.
Grob unterteilen lassen sich schulische Konflikte aus Sicht der beiden Beratungsstellen in den Bereich von Leistungsproblemen und in dem Bereich von Verhaltensauffälligkeiten, wobei diese beiden Felder durchaus miteinander verbunden sein können. Stehen Leistungsprobleme im Vordergrund, so wird zunächst häufig auf der Basis von diagnostischen Tests das
Leistungspotenzial eines Kindes ermittelt, um festzustellen, ob möglicherweise der Schultyp eine grundsätzliche Überforderung des Kindes bedeutet. Ein eigenständiges Feld sind
Diagnostik und Training im Bereich von Teilleistungsstörungen. Diese beziehen sich einerseits auf Lese-Rechtschreibproblemen (Legasthenie), andererseits auf das Feld von Dyskalkulie, also schwerwiegendere Probleme beim Erwerb von Rechenfähigkeiten.
Für Familien mit durchschnittlich oder gut begabten Kindern stellt es nach Angaben der Beraterinnen und Berater eine erhebliche Belastung dar, wenn die Kinder bereits in der Anfangsklasse durch massive Beeinträchtigungen beim Erwerb der Kulturtechniken im schulischen Erfolg beeinträchtigt sind. Nicht selten weichen solche Kinder, um mit den
schwierigen Versagenserfahrungen umzugehen, dann auch in Verhaltenseigenwilligkeiten aus.
"Ein inzwischen fast inflationäres Symptom ist das sogenannte
Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom/ Hyperaktivität/ADHS. Kinder, die darunter leiden, zeichnen sich durch Konzentrationsmängel aber auch motorische Umtriebigkeit aus und können sich selbst, aber auch das Umfeld damit unter großen Stress stellen. Sowohl in Einzelangeboten, Familientherapie als auch Gruppenangebote entwickeln Eltern mit den Beratungsstellen Umgangsweisen, die den Kindern eine klare Struktur an die Hand geben", so Eggemann-Dann.
Zwar sei die Schule in der Erfahrung dieser Familien oftmals eine Quelle belastender Probleme, gleichwohl könne die Schule auch als Lösungs- und Ressourcenort genutzt werden. "Sehr leicht entsteht durch den Stress eine Bereitschaft zwischen Schule und Elternhaus die
Verantwortlichkeit hin- und herzuschieben. Dann wird die Orientierung für das Kind zusätzlich erschwert. Wenn Elternhaus und Lehrerkräfte auf eine orientierende aber auch fürsorgliche Weise gemeinsam Position beziehen, schafft das Klarheit für das Kind und verbessert dessen Selbststeuerungspotential. Wie erleichternd ist es wenn Kinder oder Jugendliche aus
Resignation, Hilflosigkeit, Trotz und Ärger herausfinden zu Mut, Selbstbewusstsein und neuen Ideen. Wenn Kinder erfahren: ich schaff‘ es, verwandeln sich Probleme in Lösungswege", schilderte Karl Fischer. Lösungsentwicklung und Lernprozesse brauchten auch nicht mehr Energie als Problemen und Konflikte zu ertragen, sie brächten aber mehr Wissen und jemanden mit dem man gemeinsame neue Erfahrungen machen könne.
Wenn Schule und Elternhaus sich über die Definition des Problems und über die Erwartungen an das Kind, sowie über die konkrete Form von Hilfs- und Unterstützungsangeboten klar sind, verbessern sich oft rasch die beklagten Symptomen und Konflikte. Beide Beratungsstellen wissen aus Evaluationen, in welchem Maße durch Beratungsangebote gravierende Probleme sich aufgelöst bzw. verbessert haben. Beide Erziehungsberatungsstellen verstehen ihre Arbeit auch als Beitrag zur Entwicklung integrierenden Erziehungs- und Bildungslandschaften in der Stadt Ludwigshafen und dem Rhein-Pfalz-Kreis.
Beratungen bei beiden Beratungsstellen sind kostenfrei, vertraulich, grundsätzlich freiwillig und werden durch therapeutisch qualifizierte Psychologinnen, Psychologen und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen geleistet.