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Umsetzung und Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes - aktueller Sachstand

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Az.: 32-013.431; 424.100-3987175

Sitzungsvorlage JHA/SA/13/2018

Umsetzung und Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes - aktueller Sachstand

TOP Gremium Sitzung am Öffentlichkeitsstatus

3 Jugendhilfe- und Sozialausschuss 18.06.2018 öffentlich

keine Anlagen

Beschlussvorschlag

Der Jugendhilfe- und Sozialausschuss nimmt Kenntnis von den aktuellen und künftigen Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.

I.Sachverhalt

1. Allgemeines

Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) vom 23.12.2016 hat der Gesetzgeber die Vo- raussetzungen für ein leistungsfähiges Rehabilitations- und Teilhaberecht geschaffen, mit dem Ziel, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen durch mehr Selbstbestimmung und mehr Teilhabe zu verbessern und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiter zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wird die Eingliederungshilfe mit Wirkung vom 01. Januar 2020 aus dem Sozialgesetzbuch XII - Sozialhilfe - herausgelöst und in das neue Rehabilitations- und Teilhaberecht im SGB IX überführt. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt auch eine Trennung der Teilhabeleistun- gen von den existenzsichernden Leistungen, die Sicherung des Lebensunterhaltes ver- bleibt weiterhin in der Sozialhilfe.

Das Bundesteilhabegesetz wird sukzessive umgesetzt, seit 01.01.2017 gelten in der Eingliederungshilfe bereits höhere Freibeträge bei Einkommen und Vermögen.

Im Vorgriff auf die Überführung des Eingliederungshilferechts in das Sozialgesetzbuch IX ab 01.01.2020, dort dann definiert als „Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen“, wurden im SGB XII bereits zum 01.01.2018 die bisherigen Regelungen zum Gesamtplanverfahren erweitert und präzi- siert und neue Regelungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eingeführt.

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Bundesteilhabegesetzes in Baden-Württemberg geschaffen. Das rückwirkend zum 01.01.2018 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Baden-Württemberg

- bestimmt die Stadt- und Landkreise als örtliche Träger der Eingliederungshilfe zum 01.01.2018 für die Aufgaben im Vertragsrecht und ab 01.01.2020 für alle Aufgaben nach Artikel 1 Teil 2 des BTHG (Eingliederungshilferecht)

- trifft Vertretungs-und Verfahrensregelungen zur Erarbeitung der erforderlichen Rahmenverträge zwischen den Leistungsträgern und den Leistungserbringern

- bestimmt die maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderun- gen bei der Erarbeitung der Rahmenverträge

- trifft Regelungen zur Bundeserstattung für den Barbetrag für Leistungsberechtigte in stationären Einrichtungen.

2. Teilhabe- und Gesamtplanverfahren

Sind mehrere Rehabilitationsträger bzw. verschiedene Leistungsgruppen beteiligt, ist künftig eine Teilhabeplanung vorzunehmen, um eine nahtlose Erbringung der Leistun- gen sicherzustellen. Das Gesetz bestimmt die Erstellung eines Teilhabeplans und schreibt fest, unter welchen Voraussetzungen Teilhabeplankonferenzen abzuhalten sind. Dabei sind auch Aspekte der Rehabilitation und der Pflege zu betrachten und die entsprechenden Hilfesysteme ggf. mit einzubeziehen.

Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind vom Träger der Eingliederungshilfe unter Berücksichtigung der Wünsche des Leistungsberechtigten festzustellen. Zentrales Element ist dabei das Gesamtplanverfahren.

Die Ermittlung des individuellen Bedarfs des Leistungsberechtigten muss hierbei künftig durch ein Instrument erfolgen, das sich an der internationalen Klassifizierung der Funk- tionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) orientiert. Das Instrument hat die Be- schreibung einer nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Aktivität und Teilha- be in neun verschiedenen Lebensbereichen der ICF vorzusehen (§ 118 SGB IX). Es geht hier um die Bereiche

1. Lernen und Wissensanwendung

2. Allgemeine Aufgaben und Anforderungen 3. Kommunikation

4. Mobilität

5. Selbstversorgung 6. Häusliches Leben

7. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen 8. Bedeutende Lebensbereiche

9. Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben.

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Für die Anwendung des Bedarfsermittlungsinstrumentes ist der Träger der Eingliede- rungshilfe zuständig. Das Land hat in diesem Zusammenhang eine Arbeitsgruppe ein- gesetzt, in der neben den Trägern der Eingliederungshilfe auch Vertreter der Verbände der Leistungserbringer und der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderun- gen eingebunden sind. Inzwischen wurde die Firma „Transfer“, ein Unternehmen für soziale Innovation mit der Entwicklung eines landeseinheitlichen Instrumentes zur Be- darfsermittlung beauftragt. Der erste Entwurf eines Handbuchs mit entsprechenden Erhebungsbögen liegt bereits vor. Auf der Grundlage eines abgestimmten Bedarfser- mittlungsinstrumentes soll ab Mitte 2018 eine Erprobungsphase erfolgen.

Die Feststellung des Hilfebedarfs sowie die Leistungsfeststellung erfolgt dann im Rah- men des Gesamtplanverfahrens. Der Träger der Eingliederungshilfe stellt gemäß dem ermittelten Bedarf die notwendige Leistung fest, wobei das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten zu beachten ist.

Der künftige Gesamtplan dient der Steuerung, Wirkungskontrolle und Dokumentation des Teilhabeprozesses. Er bedarf der Schriftform und soll regelmäßig, spätestens nach zwei Jahren, überprüft und fortgeschrieben werden (§ 144 SGB XII / 121 SGB IX).

3. Teilhabe am Arbeitsleben

Bereits zum 01.01.2018 sind auch neue Regelungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Kraft getreten. So können Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen haben, diese künftig auch bei einem anderen Leistungsanbieter in Anspruch nehmen. Für die sog.

„anderen Leistungsanbieter“ gelten die Vorschriften für Werkstätten für behinderte Menschen nur eingeschränkt, d. h. sie müssen nicht alle Anforderungen erfüllen, die für Werkstätten für behinderte Menschen obligatorisch sind. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Leistungsanbieter am Markt etablieren.

Ebenfalls zum 01.01.2018 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben und denen von einem privaten oder öffentlichen Arbeitge- ber ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer tarifvertraglichen oder einer ortsüblichen Entlohnung angeboten wird, ein „Budget für Arbeit“ zu gewähren.

Das Budget für Arbeit umfasst einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz. Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75 % des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts.

Der Landkreis Karlsruhe gewährt bereits seit 2009 ergänzende Lohnkostenzuschüsse als Budget für Arbeit bis zu einer Minderleistung von 70 % - ergänzend zu den Lohn- kostenzuschüssen des Integrationsamtes - und hat damit eine Vielzahl von Arbeitsver- hältnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geschaffen. Dadurch wurden auch erheb- liche finanzielle Mittel eingespart, weil die Kosten im Einzelfall erheblich unter den So- zialhilfeaufwendungen liegen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen anfallen.

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Mit dem Budget für Arbeit nach § 61 SGB IX sind nunmehr auch die gesetzlichen Vo- raussetzungen dafür geschaffen worden, den Übergang auf den allgemeinen Arbeits- markt zu fördern. Es bleib bei der Kofinanzierung durch das Integrationsamt und den örtlichen Träger der Eingliederungshilfe. Die bereits bestehenden vertraglichen Verein- barungen zwischen dem Landkreis und dem Integrationsamt wurden entsprechend an- gepasst, neu ist, dass mit dem Budget für Arbeit künftig auch wesentlich behinderte Menschen im Sinne des § 53 SGB XII gefördert werden können, die wegen einer er- heblich eingeschränkten Leistungsfähigkeit weniger als 30 % der Bruttolohnkosten durch eigene Arbeitsleistung selbst erwirtschaften können.

Die Verwaltung erwartet, dass die Leistungserbringer, insbesondere für psychisch kranke und behinderte Menschen, neue, bedarfsgerechte Angebote schaffen.

4. Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den Leistungen zum Lebensunterhalt

Leistungen zum Lebensunterhalt, auch für Personen, die künftig im „Gemeinschaftli- chen Wohnen“ leben (heutige Bewohner von stationären Einrichtungen), werden ab 01.

Januar 2020 klar von den Fachleistungen der Eingliederungshilfe unterschieden. Der Leistungsberechtige erhält die Leistungen für Unterkunft und Verpflegung künftig per- sönlich und bezahlt die anfallenden Kosten an den Träger der Wohneinrichtung selbst.

In der Praxis bedeutet dies eine Abkehr vom „Bruttoprinzip“ und wird sich entsprechend auf die künftige Ausgestaltung der Vergütungen für die Leistungserbringer auswirken.

Gleichzeitig ist mit einem hohen Umstellungsaufwand auf Seiten der Verwaltung zu rechnen.

In diesem Zusammenhang sind neue Landesrahmenverträge zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den Vereinigungen der Leistungserbringer abzuschließen, auf Landesebene ist eine Schiedsstelle für die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX einzurichten.

5. Leistungsberechtigter Personenkreis ab 01.01.2023

Der Zugang zu den Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt bis Ende 2022 unverän- dert. Ab 01.01.2023 wird der anspruchsberechtigte Personenkreis neu definiert, ent- scheidend sind dann die Beeinträchtigungen der Aktivität und Teilhabe in den neun Le- bensbereichen, die auch das Instrument der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen hat (siehe I.2).

Die Neuregelung des leistungsberechtigten Personenkreises nach den beschriebenen Lebensbereichen muss bis Ende 2022 in einem gesonderten Bundesgesetz beschlos- sen werden. Bis dahin soll wissenschaftlich erforscht und modellhaft erprobt werden, wie der Personenkreis der Leistungsberechtigten künftig beschrieben werden kann.

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II. Finanzielle / Personelle Auswirkungen

Mit der Überführung der Eingliederungshilfe aus dem SGB XII in das SGB IX zum 01.

Januar 2020 und der dann geltenden neuen Zuständigkeitsbestimmung entsteht grund- sätzlich eine Ausgleichspflicht des Landes für Mehraufwendungen infolge der in Teil 2 SGB IX neu geregelten Leistungsverbesserungen im Eingliederungshilferecht.

Bereits zum 01.01.2017 bzw. zum 01.01.2018 sind im Zuge der Umsetzung des Bun- desteilhabegesetzes durch Änderungen im SGB XII erhebliche Mehrkosten auf die Stadt- und Landkreise zugekommen. Im Landkreis betrug der Mehraufwand in 2017 ca.

0,5 Mio. Euro, für 2018 ist mit Mehrausgaben von ca. 1,0 Mio. Euro zu rechnen.

Das Land sieht allerdings bis 31.12.2019 lediglich einen geringfügigen Mehraufwand, der nach seiner Auffassung aufgrund der Geringfügigkeit keine Konnexität auslöst. Das Land hat jedoch inzwischen freiwillige Leistungen zum Ausgleich der BTHG-bedingten Mehraufwendungen für die Jahre 2017 - 2019 in Höhe von insgesamt 20,5 Mio. Euro angeboten, die kommunale Seite versucht in den noch laufenden Verhandlungen ein besseres Ergebnis zu erzielen. In welchem Umfang der Landkreis Karlsruhe hiervon profitieren wird, ist derzeit noch offen. Nach den aktuellen Berechnungen des KVJS und der kommunalen Landesverbände sind landesweit Mehrkosten von 25,4 Mio. Euro für 2017, 40,4 Mio. Euro für 2018 und 49,4 Mio. Euro in 2019 zu erwarten.

Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, insbesondere das nunmehr gesetzlich vorgeschriebene Teilhabe- und Gesamtplanverfahren wird erhebliche zusätzliche Per- sonalressourcen auf Seiten der Verwaltung erfordern. Inzwischen wurde auf kommuna- ler Ebene und unter Moderation des Kommunalverbandes für Jugend- und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) die Arbeitsgruppe Personalbemessung/Zeitbemessung installiert, die unter Berücksichtigung der notwendigen Prozessschritte den neuen mitt- leren Zeitbedarf pro Leistungsfall identifizieren soll. Die Ergebnisse sollen dann noch mit der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg (GPA) abgestimmt werden.

Im Amt für Versorgung und Rehabilitation wurden für 2018 bereits 1,5 zusätzliche Stel- len im Fallmanagement geschaffen. Für 2019 zeichnet sich ein weiterer Personalmehr- bedarf ab.

III. Zuständigkeit

Nach § 4 Abs. 3 der Hauptsatzung des Landkreises ist die Zuständigkeit des Jugendhil- fe- und Sozialausschusses gegeben.

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