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5. Oktober 1991

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Heute auf Seite 3: Ende der Oktoberrevolution

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UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FQR DEUTSCHLAND

Jahrgang 42 - Folge 40

Nationalfeiertag:

Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt

5. Oktober 1991

Landsmannschaft Ostpreußen e.V. £ e!(524 C Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13

In Selbstbestimmung Einheit vollendet?

Der beispiellose Verzicht auf ostdeutsches Land soll ohne die Betroffenen vollzogen werden

M i t dem Einigungsvertrag wurde in einzel- nen Passagen auch das Grundgesetz geändert.

So heißt es nun in der Präambel: „Die Deut- schen in den Ländern... haben in freier Selbst- bestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet." Der Vollzug der deutschen Einheit erhält damit eine verfas- sungsmäßige Verankerung. Ein Jahr nach der Vereinigung West- und Mitteldeutschlands ist eine kritische W ü r d i g u n g der „vollendeten Einheit" angebracht.

Der Begriff Einheit hat eine äußere und eine innere Dimension. Die äußere bezieht sich auf die territoriale Frage. Für viele Menschen ist die Einheit eben nicht vollendet, schon gar nicht durch freie Selbstbestimmung. Für sie alle war - vertrauend auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts - nur die Einheit un- ter Einschluß Ostdeutschlands denkbar. Die Politik, auch die meisten gesellschaftlich rele- vanten Gruppen reagieren auf die Verbitte- rung und Enttäuschung der Bürger über die unvollständige Einheit, indem die Vertrei- bungsgebiete möglichst ungenannt bleiben und Mitteldeutschland als Ostdeutschland be- zeichnet wird. Bei den Feierlichkeiten aus A n - laß der Teilvereinigung gelang dies perfekt.

Nicht ein einziges M a l wurde in den Reden der Politiker Ostdeutschland erwähnt. Gleich- wohl sind zahlreiche Vertriebene, aber auch deutsche Patrioten nicht willens, die nun unter Ausschluß der Vertreibungsgebiete vollzoge- ne Einheit z u akzeptieren. Dies gilt u m so mehr, wenn günstige internationale Konstella- tionen bezüglich einer möglichen Nachbesse- rung der vollzogenen Einheit ungenutzt blei- ben.

Damit ist die innere Dimension der Einheit angesprochen. Zunehmend größer wird die Zahl derer, die eine kritische Distanz zum ei- genen Staat einnehmen oder sich ihm sogar verweigern. Die Existenz eines freiheitlichen Rechtsstaates beruht auf der engen Bindung der Bürger an das Recht und ihrer Treue zum Staat. Die Politik hat i n der Vergangenheit diese Voraussetzungen verletzt, weil das Recht der Politik angepaßt wurde und zahl- reiche politische Fehlleistungen nicht vermie- den werden konnten. Hiermit sind nicht ein- gehaltene Versprechungen beim Vollzug der Einheit, auch die Verwechslung der Außen- politik mit dem Verteilen von Geschenken, das unkorrigierte Unrecht der Zwangsenteignung 1945/49, Dienstwagenaffäre, das Versagen von Regierung und Opposition bei der Asyl- problematik u. a. gemeint. Nicht selten werden politische Repräsentanten, die mit hohen mo- ralischen Ansprüchen argumentieren, ihren eigenen Maßstäben nicht gerecht.

Das Zusammenwachsen hat nicht nur einen finanziellen Aspekt. Zur inneren Einheit eines Volkes gehört aber auch die Einigkeit über an- zustrebende Werte und Grundsätze. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob Werte zwar nicht voll verwirklicht werden, aber doch als erstrebenswert gelten, oder ob sich in der Öf- fentlichkeit Zynismus breitmacht, der über diese Werte einfach hinweggeht. Auch in die- sem Sinne ist die Einheit unvollkommen, denn zeitlose Werte und Normen werden durch die Politik immer wieder infrage gestellt.

Abhilfe könnte eine Politik schaffen, die an den Grundsätzen der preußischen Tugenden orientiert. Darüber hinaus müssen Worte und Taten der politisch Verantwortlichen m Ein- klang gebracht werden, weil dieser Personen- kreis eine Vorbildfunktion hat. Daraus ergibt sich eine Politik für das Allgemeinwohl z u Lasten der einzelnen Gruppeninteressen. E i - nigkeit in dieser Zielsetzung sicherte dauer- haften inneren Frieden.

Wilhelm von Gottberg

D i e geheimdienstlichen V e r w i c k l u n g e n deutscher Politiker ziehen immer weitere Kreise: Nachdem i n den letzten Wochen die M e d i e n sich weitgehend mit F. J. S t r a u ß beschäftigt haben, gab der Ex-Devisenbeschaffer Schalck bekannt, d a ß auch Politiker der S P D u n d anderer Parteien seit Jahren i n engster V e r b i n d u n g zur S E D - F ü h r u n g s r i e g e standen. Insbesondere wurde auch hierbei die Stasi-Tätigkeit des ehemaliger Berliner Wirtschaftssenators K a r l K ö n i g bekannt, der als entscheidender Informant enttarnt wurde. K ö n i g , auf unserem Foto l i n k s , bei einer Ordensverleihung durch den franzö- sischen Stadtkommandanten M a n g i n , wurde auch v o m B u n d e s p r ä s i d e n t e n mit dem G r o ß k r e u z des Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet Foto Ullstein

Deutschland:

Die Schatten unserer Vergangenheit

Die Nachkriegsgeschichte verlangt nach umfassender Neudarstellung

ren. U n d zwar gerade in den für Deutsch- land so entscheidenden Bereich der Spiona- ge durch fremde Mächte. So lange liegt die Zeit nämlich noch nicht zurück, d a ß die Querverzahnungen auswärtiger Interessen in u n d mitten durch unser Land gerade durch solche monströsen wie verdeckten Gruppierungen wie die u m Wolf von den jeweiligen Teilregierungen geduldet wer- den m u ß t e n - sehr auf Kosten unserer Sou- veränität u n d Selbstbestimmung. Der Fall König korrespondiert mit dem eines G u i l - laums, aber auch mit dem eines Mielke, der mit seinem Geheimdossier über Honecker diesen in beliebige Richtungen biegen konn- te, von dem Schal(c)k in Sachen Devisen und Schweinebraten ganz z u schweigen.

Zweitens kann dieses Problem fremder Dienste nicht dadurch gelöst werden, d a ß man fortan auf diese Dinge schlicht und ein- fach verzichtet: Die Europäische A n n ä h e - rung hin, die eventuell mögliche Verbin- dung der Gemeinschaft her, die menschliche Natur ist nun einmal so, d a ß sie auf Dienste

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eheimdienstlicher A r t nicht verzichten ann (siehe die Fehlbeurteilung in Sachen Kroatien), weshalb es für die Sicherung un- serer Zukunft sinnvoll wäre, unter die nach dem Kriegsende aufgenötigte „Fremdar- beit" endlich einen dicken Schlußstrich z u ziehen, freilich nicht ohne vordem die Öf- fentlichkeit, insbesondere auch unsere aka- demische Jugend, über die Fatalitäten und

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leichsam zwangsläufig aufgenötigten A u - eneinflüsse i m Interesse unserer Gemein- schaft z u informieren.

Die Vergangenheit hat uns nämlich noch keineswegs verlassen. Peter Fischer K a u m hat sich erwiesen, d a ß der ehemali-

ge Wirtschaftssenator v o n Berlin, K a r l Kö- nig, ein hochkarätiger Spion des Staatssi- cherheitsdienstes gewesen war, da meldet die britische Nachrichtenagentur Reuter, d a ß die E n g l ä n d e r endlich den „fünften M a n n " , John Cairncross, entdeckt hätten, der Teil einer g r o ß e n V e r r ä t e r g r u p p e w ä h - rend des Zweiten Weltkrieges war und u n - ter anderem auch durch die Entschlüsselung des deutschen Funkverkehrs die Kessel- schlacht von Kursk entscheidend beeinflus- sen konnte. Diese Kesselschlacht, so deuten die Militärhistoriker, sei der Wendepunkt des Kriegsverlaufes gewesen.

Natürlich ist ihm dies aus deutscher Sicht kaum vorzuwerfen, u n d die Briten tun dies auch nicht, sondern erheben nur deswegen Vorwürfe gegen den in Südfrankreich jetzt enttarnten Spion, weil er im Bunde mit vier anderen vormaligen Cambridge-Studenten, die später in entscheidende Positionen Eng- lands aufrückten, für Moskau spionierte.

Der eine verriet Atomwaffengeheimnisse, der andere leitete gar die englische Spiona- geabwehr, indes ein dritter, H ü t e r der briti- schen G e m ä l d e s a m m l u n g ihrer Majestät, höchstelbst i m Buckingham Palast war und sich bester Querverbindungen zur dortigen Oberschicht erfreute. So tief sind die Brun- nen der Vergangenheit schließlich doch noch nicht, als d a ß nicht eines Tages erhel- lende Verbindungslinien zur Gegenwart herzustellen w ä r e n . Peinlich für die Briten, aber was bedeutet dies für uns Deutsche?

Erstens stecken w i r selbst mitten i n einer umbrechenden Zeit, die uns zu den Brunnen unserer eigenen Vergangenheit zurückfüh-

C h a n c e n :

Das Signal

aus Washington

H . W . - Uber viele W o c h e n bereits ist der deutsche Bildschirmkonsument daran ge- w ö h n t , aus Jugoslawien Bilder v o n Blut, Z e r s t ö r u n g e n , T r ä n e n u n d L e i d vermittelt z u erhalten. Jenem Jugoslawien, das nach d e m Ersten Weltkrieg v o n dessen Siegern mit der Absicht geschaffen w u r d e , d e n Staat der Habsburger erheblich z u v e r k ü r - zen. D i e Serben w u r d e n die beherrschen- de N a t i o n ü b e r die i n einem neuen Staats- verband der S ü d s l a w e n zusammenge- schlossenen Völker. N a c h d e m Z w e i t e n Weltkrieg verstand es der k o m m u n i s t i - sche P a r t i s a n e n f ü h r e r Jozip Broz alias Tito an d i e Spitze dieses Staatswesens z u ge- langen. Z w a r brach er s p ä t e r m i t Stalin, was aber d e m v o n i h m gepflegten K o m - m u n i s m u s keinen A b b r u c h tat. A u f die i n Jugoslawien gefangenen deutschen Sol- daten u n d A n g e h ö r i g e n der deutschen V o l k s g r u p p e angetanen S c h e u ß l i c h k e i t e n soll hier nicht eingegangen werden; auf T i - tos w e i ß e m M a r m o r g r a b m a l lag trotz a l - lem der K r a n z mit den Farben der Bundes- republik Deutschland...

Vergänglichkeit

D o c h , w i e es scheint, ist Titos Staat nicht für die Ewigkeit gebaut gewesen. Inmitten einer Welt, die sich geradezu i n Friedens- beteuerungen ergeht, tobt ein regelrechter K r i e g zwischen d e n nationalistischen Serben u n d d e n Kroaten i m N o r d e n des Vielvölkerstaates. W e n n m a n die L a n d - karte überblickt, läßt sich leicht erkennen, wer als Angreifer gewertet werden m u ß . W ä h r e n d Menschen sterben u n d K u l t u r - werte vernichtet werden, parliert m a n i n D e n H a a g u n d läßt d i e Öffentlichkeit er- kennen, d a ß m a n letztlich nicht i n der Lage ist, das Schweigen der Waffen z u er- w i r k e n .

Neue Aspekte

W ä h r e n d die w e s t e u r o p ä i s c h e n V ö l k e r nach Jugoslawien blicken, w i r d d i e W e l t v o n einer s p e k t a k u l ä r e n Initiative v o n U S - P r ä s i d e n t Bush ü b e r r a s c h t , der eine ato- mare A b r ü s t u n g der US-Streitkräfte an- geordnet hat, die auch d e n A b z u g der langgestreckten Atomwaffen der A m e r i - kaner, die i n Europa stationiert sind, ein- schließen soll. Der Kanzler b e g r ü ß t e diese A n o r d n u n g Bushs als eine „ E n t s c h e i d u n g v o n historischem A u s m a ß " . Bush unter- mauere mit seiner Initiative d i e F ü h - rungskraft der U S A auf d e m W e g z u einer friedlichen Welt. Jede Absicht, die auf die Sicherung des Friedens u n d die V e r h i n d e - r u n g eines m i l i t ä r i s c h e n Konfliktes ab- zielt, findet die ungeteilte Z u s t i m m u n g aller Deutschen, die bei einer A u s e i n a n - dersetzung zwischen Ost u n d West das erste Opfer gewesen sein w ü r d e n . Es w ü r d e für uns eine Beruhigung sein, aus Paris z u h ö r e n , d a ß dort d i e Raketen m i t einer Reichweite v o n 50 bis 500 Kilometer ebenfalls „ v o m S p i e l p l a n " abgesetzt w ü r - den, denn sie m ü ß t e n i m Ernstfall n u r deutsches Gebiet treffen.

D i e Entscheidungen Bushs schaffen d e m P r ä s i d e n t e n - innerpolitisch gesehen - zweifelsohne ein gewaltiges Plus, u n d dieser Effekt hat g e w i ß auch eine Rolle gespielt. A b e r er allein kann für einen n ü c h t e r n e n Staatsmann, w i e B u s h sich darstellt, nicht v o n Entscheidung sein. D i e Entscheidung basiert g e w i ß a u f d e r Welt- lage aus Washingtoner Sicht. N a c h dieser Sicht ist der K o m m u n i s m u s i n E u r o p a

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Politik

5. Oktober 1991 - Folge 40 - Seite 2

ebenso z u s a m m e n g e b r o c h e n w i e der VVarschauer Pakt, d e m v o n der Sowjetuni- o n gebildeten S a t e l l i t e n g ü r t e l , dessen m i - l i t ä r i s c h e s Potential gegen Westeuropa gerichtet w a r . D i e Sowjetunion selbst, so s c h ä t z t m a n i n d e n U S A , hat sich v o m K o m m u n i s m u s losgesagt u n d ist auf d e m W e g e , sich eine neue O r d n u n g z u geben.

B u s h d ü r f t e ü b e r z e u g t d a v o n sein, d a ß G o r b a t s c h o w u n d d i e Reformer erkannt haben, d a ß für die k ü n f t i g e Gestaltung der Sowjetunion (oder w i e i m m e r m a n die neue F ö d e r a t i o n bezeichnen w i r d ) die S i - cherstellung einer leistungsstarken W i r t - schaft ebenso erforderlich ist w i e die H i l f e des Westens, mittels derer die Folgen der P l a n ( m i ß ) w i r t s c h a f t ü b e r w u n d e n w e r d e n sollen. In d e m erstrebten Ü b e r g a n g z u r M a r k t w i r t s c h a f t w i r d m a n i m Westen d i e C h a n c e n für ein besseres Verstehen i n der Z u k u n f t ableiten. G o r b a t s c h o w steht u n - ter d e m Z w a n g , die V e r s o r g u n g seiner M e n s c h e n z u sichern; erst w e n n i h m das gelingt, w e r d e n d i e d u r c h ü b l e E r f a h r u n - gen skeptischen Russen sich hinter sein R e f o r m w e r k stellen.

M i t d e m W e g f a l l des W a r s c h a u e r Paktes u n d d e m offensichtlichen Z e r f a l l der So- w j e t u n i o n i n der bisherigen F o r m ist die sowjetische W e l t m a c h t p o s i t i o n weitge- h e n d entfallen u n d es gibt w o h l a u c h k a u m n o c h e i n Erpressungspotential ge-

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e n ü b e r d e m Westen. M i t der E i n s c h r ä n - u n g der M i l i t ä r m a c h t erwachsen G o r - batschow S c h w i e r i g k e i t e n , d i e er i r g e n d - w i e k o m p e n s i e r e n m u ß , u m d i e G e n e r ä l e u n d d i e A r m e e auf seiner Seite z u halten.

A u c h das verdient seine A u f m e r k s a m k e i t . D e r Schritt des amerikanischen P r ä s i - denten, v o n G o r b a t s c h o w als „ ä u ß e r s t p o s i t i v " bezeichnet, k a n n e i n M e i l e n s t e i n sein auf d e m W e g z u r weitgehenden K o o p e r a t i o n u n d z u Sicherheit z w i s c h e n O s t u n d West.

Wahlen:

Besatzungsrelikte:

Wie souverän ist Deutschland wirklich?

In der Kardinalfrage der Ausübung der Wehrhoheit werden schwere Souveränitätsmangel deutlich

kontineent i n Deutschland z u belassen, hat noch eine gewisse innere L o g i k , w e n n man an der ü b e r k o m m e n e n N A T O u n v e r ä n d e r t festhalten w i l l . D a ß sich aber die Streitkräfte mancher V e r b ü n d e t e r i n Deutschland nach w i e vor so bewegen, als habe es d e n 3. Okto- ber 1990 nicht gegeben, ist u n e r t r ä g l i c h .

D i e britische Kheinarmee z u m Beispiel z e r s t ö r t weiter mit ihren P a n z e r v e r b ä n d e n u n s c h ä t z b a r wertvolle u n d u n n ö t i g g r o ß e Teile des Naturschutzparkes Luneburger Heide. Eben diese Rheinarmee, nach innerer Verfassungslogik ja n u r noch auf freiwillige E i n l a d u n g Deutschlands i m L a n d e , v e r k ü n - dete k ü r z l i c h , m a n habe sich entschieden, ihre V e r b ä n d e u m ein Drittel z u verkleinern.

D i e Frage, die sich stellt, m u ß d o c h w o h l eher sein, w e r denn der Rheinarmee die Er- laubnis gegeben hat, z w e i Drittel ihrer Ver- b ä n d e auch w e i t e r h i n i m s o u v e r ä n e n Deutschland z u stationieren. T ö n t e n doch aus d e m Noch-Regierungssitz a m R h e i n be- s t ä n d i g F o r m e l n v o n der guten deutsch-pol- nischen Nachbarschaft, u n d auch die So- wjetunion, d u r c h Polen u n d das B a l t i k u m v o n Deutschland r ä u m l i c h getrennt, k a n n ja Deutschland gar nicht mehr kurzfristig mit Bodentruppen bedrohen, sobald der A b z u g aus Mitteldeutschland vollzogen ist.

W o also liegt der Sinn für g r o ß e konventio- nelle T r u p p e n v e r b ä n d e der N A T O - P a r t n e r

Deutschland? W a s m i l i t ä r i s c h Sinn In den Bekundungen des offiziellen politi-

schen Bonn ist i n der letzten Zeit auffällig viel von der neuen beziehungsweise wieder- gewonnenen deutschen S o u v e r ä n i t ä t die Rede. A u ß e n m i n i s t e r Genscher gar redet bereits i m Vorgriff auf eine v o n i h m er- w ü n s c h t e V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g vor der U N O v o n deutschen T r u p p e n e i n s ä t z e n i m Rahmen der Vereinten Nationen. Das Deutschland politisch wieder h a n d l u n g s f ä - hig werden u n d damit l ä h m e n d e Bestand- teile der Verfassung einer Ä n d e r u n g unter- zogen werden m ü s s e n , ist für politisch den- kende Menschen eine Selbstverständlich- keit u n d steht a u ß e r Frage. D i e Frage, die sich hingegen stellt, ist che, w i e sich diese m ö g l i c h e n deutschen Militäreinsätze gestal- ten werden. Die W a h l liegt zwischen der

s o u v e r ä n e n Entscheidung eines s e l b s t ä n d i - gen Staates u n d der Möglichkeit, weiter West-BRD z u spielen u n d andere i n Deutschland s o u v e r ä n sein z u lassen. Der- zeit weisen Tendenzen der Bonner Politik leider eher i n letztgenannte Richtung.

Vieles ist i n diesem Zusammenhang z u nennen. D a ist z u m einen die weiter fortbe- stehende Feindstaatenklausel der Vereinten Nationen, die es jedem Mitgliedsstaat, der sich mit Deutschland 194S i m K r i e g s z u - stand befunden hat, erlaubt, militärische M a ß n a h m e n - nach eigenem G u t d ü n k e n gegen Deutschland - z u ergreifen. N a t ü r l i c h fehlt dieser Klausel derzeit jede praktische Relevanz, aber kann ein s o u v e r ä n e s L a n d sich leisten, mehr als einem halben hundert U N O - M i t g l i e d e r n Blankoschecks auf alle

Wie

ANDERE es sehen:

„ N i c h t v o r d r ä n g e l n ! D i e H a u p t r o l l e spiele i m m e r n o c h i c h ! "

Verheerende Einbrüche bei der SPD

Geharnischter Bürgerprotest gegen propagierte Asylantenpolitik

Es h ä t t e w o h l den bisher bekannten Erfah- rungshintergrund sprengen m ü s s e n , wenn Bremens Bürger angesichts der allenthalben u m s t ü r z e n d e n u n d bisher als sakrosankt geltenden Linkspositionen nicht doch den seit Jahrzehnten agierenden F u n k t i o n ä r e n eine Abfuhr erteilt hätten. Dabei scheinen es weniger die kleineren Bestechungs- u n d U n - terschleif Skandale z u sein, an die sich der ge- duldige Bürger ohnehin schon fast g e w ö h n t hat - sie g e h ö r e n offenbar z u m Gesicht der Demokratie - , als vielmehr die V e r ä n d e r u n - gen der großpolitischen Lage ü b e r h a u p t , die die Bürger n u n auf andere Parteien bringt.

U n d natürlich wirkt sich wie kaum ein an- deres Thema die gesamte Asylantenproble- matik auf diejenigen Parteien aus, die alles i n

setze des Gastlandes z u achten, g r o ß z ü g i g e r Einsatz v o n Steuermitteln, o b w o h l doch auch g e n ü g e n d Deutsche durchaus wirt- schaftliche Sorgen z u bestehen haben. N i e - m a n d aus der g r o ß e n Politik nimmt die Bür- g e r e i n w ä n d e ernst, sondern versucht sie mit falschen Argumenten u n d unter A n s p i e - l u n g auf irgendwelche deutsche Sonderver- pflichtungen schlichtweg als A u s l ä n d e r - feindlichkeit z u deklarieren, was erwie- s e n e r m a ß e n an den Tatsachen vorbeigeht.

N a t ü r l i c h ist es nicht z u billigen, w e n n auf- gebrachte Menschen B r a n d s ä t z e i n A s y l a n - tenheime werfen oder k ö r p e r l i c h e Gewalt gegen Wirtschaftsflüchtlinge anwenden, aber wer genau hinsieht, w e i ß , d a ß bereits viele bisher noch abseits stehende Bürger

Zeichnung aus

„Kölnische Rundschau"

politischen Wechselfälle der n ä c h s t e n Jahr- zehnte auszustellen? H i n z u kommt, d a ß nach neuen Planungen i n der U N O - Z e n t r a l e a m N e w Yorker East River der ohnehin schon bei zirka 10% des U N O - H a u s h a l t e s liegende deutsche Finanzbeitrag noch kräf- tig e r h ö h t werden soll. W ä r e es Bonn w i r k - lich ernst mit der S o u v e r ä n i t ä t , dann m ü ß t e eine solche Mehrleistung zumindest mit ei- nem s t ä n d i g e n Platz i m Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verbunden werden. Es ist völlig untragbar, d a ß das geopolitisch i m Brennpunkt Europas liegende Deutschland nur v o n Zeit z u Zeit i n diesem G r e m i u m vertreten ist, w ä h r e n d v o n der Bevöl- kerungs- w i e Machtbasis s c h w ä c h e r e Staaten wie England u n d Frankreich s t ä n d i - ge Mitglieder sind, u n d d a ß einzig u n d allein auf G r u n d der Tatsache, d a ß sie A n g e h ö r i g e einer Koalition waren, die einen K r i e g ge- wonnen hat, der ein halbes Jahrhundert z u - rückliegt.

V i e l schwerwiegender aber als auf d e m Internationalen Parkett bei der U N O ist die N i c h t a u s ü b u n g der Rechte eines s o u v e r ä - nen Staates durch Bonn i n Deutschland

i n

macht, sind ja nur noch Kontingente symbo- lischer A r t u n d solche, die der strategischen A b s c h r e c k u n g beziehungsweise strategi- schen Interessen dienen. Das s i n d v o r allem die N u k l e a r s t r e i t k r ä f t e . U n d hier w i r d nach w i e v o r keinerlei R ü c k s i c h t auf vitale deut- sche Interessen genommen, n o c h meldet Bonn solche g l a u b w ü r d i g an. A u f n u k l e - arem Gebiet w i r d munter a u c h w e i t e r h i n n u n gesamtdeutsche Besatzungszone ge- spielt.

Frankreich stellt n u n i n Serie die neuen Hades-Kurzstreckenraketen her, d i e n u r deutsches T e r r i t o r i u m treffen k ö n n e n . A u f Protest mancher Bonner Kräfte konnte Frankreich n u n d a z u bewogen w e r d e n , die- se Raketen i n Depots einzulagern, statt sie s c h u ß b e r e i t z u halten. Das k a n n aber inner- halb weniger Stunden g e ä n d e r t w e r d e n . Dieser Tage n u n w u r d e bekannt, d a ß die U S - Streitkräfte i n g r o ß e m Stile neue B u n k e r z u r A u f n a h m e v o n N u k l e a r m u n i t i o n auf F l u g - basen i n Deutschland anlegen. Diese s i n d nicht n u r z u r A u f n a h m e vorhandener A t o m b o m b e n bestimmt, sondern v o r allem für die i n der E n t w i c k l u n g befindlichen neu- en l u f t g e s t ü t z t e n Abstandswaffen gedacht, die die U S A i n Deutschland stationieren w o l l e n . Daran, w e r ü b e r d e n Einsatz dieser Waffen entscheidet, hat sich bislang nichts

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e ä n d e r t : der amerikanische P r ä s i d e n t . D i e eutsche Regierung hat dabei nichts z u sa- gen. In B o n n w ä r e m a n k l u g beraten, e i n m a l ü b e r die Z u s a m m e n h ä n g e z w i s c h e n S o u - gewohnter Weise weiterschleifen lassen meinen, es m u ß schnellstens eine akzeptable D a ß die B u n d e a ^ e r u n g Kanada v e r ä n i t ä t u n d Wehrhoheit eines Staates wollen. Hoyerswerda ist g e w i ß noch nicht

überall, aber überall ä h n e l n sich die Lagen:

Unter M i ß b r a u c h der mehr als g r o ß z ü g i g geregelten Gesetzesgebung s t r ö m e n W i r t - schaftsflüchtlinge i n die S t ä d t e ein, die das B i l d der jeweils betroffenen Region schlag- artig v e r ä n d e r n . Anschwellende K r i m i n a n - tät, Keine auch nur i m Ansatz erkennbare Regung, die Sitten, Gewohnheiten u n d G e -

L ö s u n g gefunden werden

Insofern ist das Debakel der Sozialdemo- kraten i n Bremen eine M a h n u n g an diejeni- gen Parteien, die nach Bremen frohlocken z u meinen glauben. Die Vertriebenenproble- matik ist ebenso w i e die Asylantenfrage an der Weser erst t e ü w e i s e quittiert worden.

Peter Fischer

d r ä n g t , sein eher symbolisches T r u p p e n - nachzudenken.

J o a c h i m F. W e b e r

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

Chefredakteur: Hugo Wellems

Verantwortlich für den redaktionellen Teil ftT32)

Politik, Zeitgeschehen, Jugend: Heimatkreise, Gruppen, Peter Fischer («37), Ansgar Graw, Joachim Weber (TT30) Mitteldeutschland und Leserforum:

Herbert Ronigkeit, Silke Berentha! fff 36) Ostpreußische Familie:

Ruth Geede Bonner Büro: Jürgen Liminski Kultur, Unterhaltung, Frauenseite:

Silke Osman (ff 33) Geschichte, Landeskunde,

Literatur und Aktuelles:

Horst Zander ( » 3 4 ) Anzeigen ( t t ^ l ) und Vertrieb (TT42): Karl-Heinz Blotkamp Anschrift für alle: Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13. Verlag: Landsmannschaft Ostpreußen e. V., Parkallee 86, 2000 Hamburg 13. Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der Landsmannschaft Ost- preußen. - Bezugspreis Inland 7,90 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 9,40 DM monatlich. Bankkonto: Landesbank Hamburg BLZ 200 500 00, Konto-Nr. 192 344. Postgirokon-

A

to für den Vertrieb: Postgiroamt Hamburg, Konto-Nr. 84 26-204; für Anzeigen: Postgi- roamt Hamburg, Konto-Nr. 907 00-207. - Für unverlangte Einsendungen wird nicht gehaftet. Rücksendung erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. - Druck Gerhard Rautenberg, 2950 Leer (Ostfriesland), Telefon (04 91) 42 88

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Kriegsbeute:

Wann schlägt Kareliens Stunde?

In Finnland wird über die Rückgabe seiner Ostgebiete diskutiert

Leidensgenosse i m Verlust seiner Ostge- g e g e n ü b e r seinem m ä c h t i g e n N a c h b a r n ge-

biete ist das finnische V o l k , für das die N a c h - z w u n g e n sieht. 6 barschaft z u m „ R o t e n I m p e r i u m " teuer xT • . ~ '

kam. M i t d e m Zusammenbruch des Zaren- M Vn l s*d i e Z e n su r i n d e n K ö p f e n gefallen, reiches w a r Finnland u n a b h ä n g i g gewor- . l s t rücht mehr militaristisch-expan- den, aber hatte bereits 1923 nicht verhindern S 1 V " nd Je t z t w u r d e eine A r t „ K l e i n e r G r e n z - k ö n n e n , d a ß die Bolschewisten Ost-Karelien v e r k. ^h r" _ eingerichtet. A u c h Karelier k ö n - als autonome Sowjetrepublik der Sowjetuni- nen,inre " e i m a t n u n w i e d e r besuchen. Was on einverleibten. M i t Deutschlands Kriegs- sie d?r t s e ne n , unterscheidet sich nicht v i e l niederlage verloren die Finnen weiter. D i e v o5 fT e m' w a s O s t p r e u ß e n , d i e K ö n i g s b e r g Sowjetunion annektierte auch noch West- u n d U mg e b u n g besuchen, z u sehen b e k o m -

men: Verfall u n d Z e r s t ö r u n g . W i b o r e , die alte „ H a n s e s t a d t des N o r d e n s " , bietet heute einen traurigen A n b l i c k . Sie w u r d e v o n der Roten A r m e e 1944 total v e r w ü s t e t .

Sicher w ü r d e , w i e auch heutzutage i n K ö - n i g s b e r g die M e h r z a h l der jetzigen B e w o h - ner die R ü c k k e h r der F i n n e n b e f ü r w o r t e n . A b e r die Regierung i n H e l s i n k i z ö g e r t we- gen der enormen Kosten, d i e der Wiederauf- bau Kareliens erfordern w ü r d e . D o c h der K a r d i e n u n d einige andere Landesteile, ins-

gesamt etwa zehn Prozent des finnischen Territoriums. A u f der Pariser Friedenskon- ferenz v o n 1947 m u ß t e Finnland dieser A n - nexion zustimmen. D i e Karelier waren aus ihrer Heimat bereits beim Sowjet-Einmarsch geflohen oder w u r d e n danach vertrieben.

Wie i n O s t p r e u ß e n , so sind die i n ihrer Heimat verbliebenen Karelier heute eine Minderheit i m eigenen L a n d . Jahrzehnte-

lang war der Mantel des Schweigens ü b e r E h r e n v o r ^ e\ X Tc i ?w"rae; ,u? ch f e r diese Dinge gelegt, u n d man spricht nicht

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Karelien-Verbandes, zufällig v o n eine? Finnlandisierung, w e n n Z e i t o u n k ^ k n ^ f ° Pt l m ß l s 1? .s c h' « W e n n der

sich ein kleines L a n d z u m W o h l v ^ h a l t e n

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5. Oktober 1991 - Folge 40 - Seite 3

Zeitgeschehen

Kommentare

Denkmal für Schlächter-Harris?

Die Fachwelt aus der historischen Zunft hat sich noch kaum ü b e r die neueste Bioeraphie eines Winston Churchill beruhigen k ö n n e n , der d a n n als der eigentliche Totengräber Eu- ropas enttarnt w i r d , da wartet - gleichsam i m Gegenzug - die Gemeinschaft der ehemali- gen britischen Bombenflieger mit dem Vor- schlag auf, dem sattsam bekannten und be- rüchtigten Oberkommandierenden des Stra- tegischen Bomberkommandos der Royal A i r Force, Arthur Harris, i n London ein Denkmal zu setzen. W i e es aus dem „Mutterlande der Demokratie" dazu ergänzend heißt, w i l l die

„ K ö n i g i n m u t t e r " die „ ü b e r l e b e n s g r o ß e "

Statue i m M a i nächsten Jahres i n einem Fest- akt der dortigen Öffentlichkeit vorstellen.

Es bleibt natürlich einem jeden V o l k unbe- nommen, seine A r t von „ H e l d e n " auf seine Weise z u feiern, aber es sollte sich dann i n

„ G r o ß b r i t a n n i e n niemand wundern, wenn i n anderen Ländern etwa die blutigen Spuren des britischen Kolonialismus nachgezeich- net w ü r d e n . Denkbar w ä r e h i e r Inder wür- den eine ü b e r g r o ß e Kanone i n N e u D e l h i aufstellen, vor der s tä n d i g symbolisch Lands- leute zerschossen w ü r d e n , oder man w ü r d e die Konzentrationslager i n Afrika zum Ge- denken an die dort elendiglich Krepierten nachbauen.

V o n uns Deutschen dabei ganz zu schwei- gen, Dresden, Hamburg, Pforzheim und ein sattes Dutzend weiterer deutscher Städte w ä r e n hier i m N u z u nennen, die mit einer grausigen Schau ü b e r britische „Flächen- bombardements" aufwarten k ö n n t e n . V i e l - leicht k ö n n t e man sogar ein Reiseunter- nehmen finden - G e l d , Insonderheit Pfunde Sterling, stinkt bekanntlich nicht - , das briti- sche Touristen den gebeutelten deutschen Städten zuführt, u m diesen ein Simultanerle- ben des Schreckens z u ermöglichen? Wenn dies das B i l d des zusammenwachsenden Eu- ropas werden soll, dann w ä r e dies ein gelun- gener Auftakt, wobei die Deutschen nur noch ü b e r l e g e n sollten, ob sie nicht Geldbeträge für das Monument des „Schlächters" über- weisen sollten. Staatsgelder gehen ja leider nicht mehr, aber vielleicht private Spenden.

Peter Fischer

Ein Wolf in der Pflichtkür

M i t der vollen Inbrust eines auf die Garanti- en des Rechtsstaates Gläubigen klopfte der seit geraumer Zeit in Sachen belastender Geheim- dossiers reisende Markus Wolf durch die euro- päischen Lande am Übergang Kufstein an, um seine Dienste bei der Aufklärung der Stasi- Verbrechen feilzubieten. Zwar schließen sich vorerst kurzzeitig die Zellentüren hinter dem führenden Kopf des vormals volkseigenen Be- triebes mit internationaler Beteiligung „Schild und Schwert", doch sicherlich mit dem inneren Bewußtsein, d a ß dies nur A k t kosmetischer Natur - eine A r t von Pflichtkür - sein dürfte.

Denn sollte es stimmen, d a ß er Dossiers, ko- pierte versteht sich, von mehreren hundert ehemals aktiven Mitarbeitern seiner Firma in Westdeutschland besitzt, samt einschlägiger Berichte über doppelbödige Moralisten aus der politischen oder wirtschaftlichen Szene, dann kann er mit der Gewißheit den d ü n n e n Kaffee von Karlsruhe schlürfen, d a ß dies eben doch nur ein kleines, aber zeitlich begrenztes Zwischenspiel sein dürfte. M . D.

Preßburgs Begehren

In Prag war man sich der Unterzeichnung des angestrebten Bonner Vertrages so sicher, daß man eine anreisende deutsche Gruppe noch schnell nach Lidice führen konnte, um eventuelle Einsprüche vollends glattbugeln zu k ö n n e n , da meldet sich von anderer Front wenigstens das nach U n a b h ä n g i g k e i t stre- bende V o l k der Slowaken, um eigene A n - sprüche zu reklamieren. Der i n aller (literari- schen) Welt so hoch geehrte Vaclav Havel konnte freilich an diesem Preßburger Begeh- ren kein rechtes Gefallen finden, weshalb er unverzüglich den offenbar härteren Kern sei- ner seelischen Innenseite hervorkehrte, um mit Rücktritt und Boykott zu drohen. N u n ist also der Eklat da: Kann der i n seinen vorpra- sidialen Zeiten so universell menschenrecht- lich agierende Literat ü b e r seinen früh ausge- legten Parolen springen? Nein, er reagiert wie ein Herr Jedermann, dem gleichsam die Brieftasche entwendet werden soll, er prote- stiert mit allen, der Politik zur Verfügung ste- henden möglichen Mitteln. Nur, wo bleiben da die Menschenrechte der Slowaken oder gar die der Deutschen? G . T.

Rußland:

Ende der Oktoberrevolution

Die Wiedererstehung scheint nur mit nationalem Rückgriff möglich zu sein

V O N PROFESSOR Dr. GÜNTER R O H R M O S E R

Der o b s z ö n e G l a n z des Bolschewismus: Mechanistischer Konstruktivismus am Beispiel der Stadt M o s k a u Foto privat Ideologiefragen sind Machtfragen. Solan-

ge v o n der Sowjetunion der obszöne Glanz einer nuklearen Supermacht ausging, solan- ge vermochte sie auch ihre i m Interesse der Legitimation der Macht nützlichen u n d för- derlichen ideologischen Sprachregelungen nicht nur i m eigenen Herrschaftsbereich durchzusetzen, sondern auch ihren Geg- nern aufzuzwingen. Z w a r haben kritische Marxisten die W i d e r s p r ü c h e i m existieren- den Sozialismus nicht ü b e r s e h e n k ö n n e n , aber sie haben ihnen i m Unterschied z u de- nen des Kapitalismus doch eine besondere Qualität zugesprochen, die eben für ein Land typisch sind, das i m Begriffe ist, den Sozialismus aufzubauen. A l s o eine A r t Ent- schuldigung, die moralisch entlastend wir- ken sollte u n d dies auch getan hat. Die C h a - rakterisierung der Sowjetunion als eines Reiches des Bösen wurde daher als A u s - druck einer besonders ruchlosen Denkungs- art empfunden u n d geahndet. M e r k w ü r d i g

Abgesang eines Weltbildes

m u ß man es aber empfinden, d a ß sich auch nach dem gescheiterten Putsch an der D o m i - nanz der ü b e r k o m m e n e n und auch bei uns verinnerlichten Sprachregelung nicht viel g e ä n d e r t z u haben scheint. Es w i r d überse- hen oder nicht zur Kenntnis genommen, d a ß der nunmehr definitive Zusammenbruch des sozialistischen Systems i n der Sowjet- union nicht nur den Zusammenbruch eines verfehlten sozioökonomischen Systems be- deutet, sondern auch Folgen für das poli- tisch-ideologische Weltbild i m G r u n d der Moderne hat u n d diese Folgen sind von re- volutionärer Natur. Die politisch-ideologi- schen Kategorien stimmen nicht mehr.

Nachdenken tut not. Die überall z u bemer- kende V e r w i r r u n g der Begriffe wurde be- sonders auffällig h e i den Schwierigkeiten, die man hatte, den politisch-ideologischen Standort der Putschisten z u erfassen und damit auch z u sagen, u m welche Art Revolu- tion es sich auf den Straßen Moskaus gehan- delt hat. Die Putschisten wurden Reaktionä- re, Stalinisten, Faschisten genannt, aber durchgesetzt hat sich die Auffassung, es sei- en Konservative gewesen, der Putsch sei eine A k t i o n konservativ reaktionärer Kräfte gewesen.

Kein Zweifel: Dann waren die Jelzin-Leute linke, progressive Demokraten. Formal und abstrakt geurteilt, war das ja auch evident.

Die einen wollten etwas v e r ä n d e r n und die anderen wollten das nicht nur verhindern, sie wollten eingetretene V e r ä n d e r u n g e n rückgängig machen, sie wollten das alte, in Auflösung befindliche System restaurieren.

Wenn w i r von der auch bei uns gestern noch gültigen ideologischen Sprachregelung aus- gehen, dann sieht das aber ganz anders aus.

Den Putschisten ging es dann u m die Vertei- digung und Bewahrung der Errungenschaf- ten der g r o ß e n Oktoberrevolution und sie waren von dem Willen erfüllt, eine sich an-

bahnende Gegenrevolution i m Keime z u er- sticken. Denn nichts anderes bedeutete i n ihrer Perspektive der ausgehandelte Unionsvertrag u n d das Verbot der Betäti- gung der kommunistischen Partei i n den Betrieben des werktätigen Volkes. Gesiegt hat daher i n Wirklichkeit u n d tatsächlich i n R u ß l a n d die Gegenrevolution, also - i n der ideologischen Sprache von gestern ausge- d r ü c k t - die konservativen, reaktionären Kräfte, die mit Stumpf und Stiel auszuschal- ten oder i n den Untergrund z u verbannen oder mindestens an den Rand z u d r ä n g e n nicht nur das erklärte Ziel der sozialistischen Revolution, sondern aller wahrhaft progres- siv sozialistisch u n d emanzipatonsch ge- sonnenen Kräfte, z u m Teil aucn bei uns heu- te noch ist.

Über diesen Tatbestand hätte kein Zweifel aufkommen k ö n n e n , wenn die Putschisten es gewagt hätten, sich i n der Sprache des Sozialismus an das Volk z u wenden und den Mut gehabt hätten, es zur Verteidigung der sozialistischen Errungenschaften aufzuru- fen. Das haben sie nicht getan, sie haben sich als Retter des Vaterlandes aufzuspielen ver- sucht. Wenn sie gesiegt hätten, dann hätten sie keineswegs der versprochenen Reform abgeschworen, sie hätten vielmehr ver- sucht, die Perestroika ohne Glasnost z u praktizieren, sie w ä r e n zweifellos wieder zum kalten Krieg zurückgekehrt und hätten die Welt an den A b g r u n d des Dritten Welt- krieges getrieben. Sie hatten ja für die Wie- dergewinnung der Weltmachtgeltung der Sowjetunion auch nicht viel mehr einsetzen k ö n n e n als ihre Atomwaffen, über die sie ja in ausreichender Zahl verfügt hätten. Die Verbindung patriotischer Motive und Sym- bole mit den autoritären Methoden einer M i - litärdiktatur läßt es durchaus als gerechtfer- tigt erscheinen, sie als Faschisten z u bezeich- nen. Z u konservieren hatten sie nichts, es sei denn ihre Macht und ihre Privilegien. Es war der Ausbruchsversuch einer feudalistisch- ausbeuterischen Klasse, der Nomenklatura, aus einer als bedrohlich, ja als hoffnungslos empfundenen Lage. W i r dürfen nicht ver- gessen, d a ß es der Apparat war, der Gorba- tschow mit dem Auftrag an die Spitze des Staates gestellt hatte, den maroden K o m m u - nismus z u reformieren und nicht abzuschaf- fen. Insofern hat Jelzin völlig recht, wenn er die Epoche der Perestroika und Glasnost unter Gorbatschow als die letzte, besonders widerspruchsvolle Stagnationsperiode des verendenden und verfaulenden sozialisti- schen Systems genannt hat.

Nunmehr geht es nicht mehr u m die Re- form, sondern u m die Ersetzung des Sy- stems durch ein anderes und die Auflösung und Ü b e r w i n d u n g des Sozialismus durch eine bürgerliche, demokratisch organisierte und recntsstaatlich verfaßte Gesellschaft.

Das ist der Sieg der Gegenrevolution. Die demokratische Revolution in Moskau be- deutet das Ende der Oktoberrevolution, der um fast 200Jahre verspätete Sieg der Franzö- sischen Revolution in Rußland und sie ist

eine national-konservative Revolution der Wiedergeburt u n d Wiederauferstehung Rußlands, ist die Wiederkehr der Geschich- te, die Befreiung der Völker und Nationen der Sowjetunion von der letzten imperiali- stischen Kolonialmacht der Neuzeit.

Sie hat das Antlitz der Erde v e r ä n d e r t wie eigentlich nur noch die Oktoberrevolution und sie w i r d sicher welthistorische Folgen haben, die mit denen z u vergleichen sind, die die Oktoberrevolution für die Geschich- te unseres Jahrhunderts gehabt hat. Sie be- deutet aber nicht, d a ß i n Rußland nunmehr der Liberalismus gesiegt hätte und w i r da- von ausgehen könnten, d a ß morgen eine parlamentarische Demokratie westlichen Zuschnitts i n Rußland eingeführt w i r d . Wenn w i r den Charakter der eingetretenen, sich vollziehenden V e r ä n d e r u n g e n i n der ehemaligen Sowjetunion realistisch ein- schätzen wollen, dann w i r d man von einem Sieg des nationalen Gedankens sprechen m ü s s e n . Diese Vorstellung läßt manche Leu- te bei uns erschauern. Sehen sie doch nicht ohne G r u n d den Nationalismus sein dro- hendes Haupt erheben. Alles w i r d für die Zukunft davon abhängen, ob es gelingt, rechtsstaatliche Verhältnisse und eine p r i - vafrechtlich verfaßte gesellschaftliche O r d - nung i n Rußland z u verwirklichen. Es w i r d auch von uns und v o m Westen entschei- dend a b h ä n g e n , ob Demokratie und Nation sich als vereinbar erweisen werden. Im Ü b e r g a n g werden autoritäre Strukturen und Elemente kaum vermieden werden können. Die Wiederauferstehung Rußlands w ä r e nicht möglich gewesen, wenn man nicht auf die geschichtlichen Wurzeln, Tra- ditionen und Symbole hätte zurückgreifen k ö n n e n , Traditionen und Symbole, die bis in

Wiederkehr der Nation

die Zeit vor die Französische Revolution rei- chen. A m auffälligsten ist der Vorgang, d a ß die russisch-orthodoxe Kirche i n die politi- sche Öffentlichkeit zurückkehrt und die Akte staatlichen und demokratischen V o l l - zuges mit ihrem Ritus begleitete und ihnen so eine eindeutig religiös bestimmte Symbo- lik verlieh.

Es waren immerhin 80 Abgeordnete, die vor dem Beginn der Sitzung der Volksdepu- tierten mit Jelzin an der Spitze an einem Gottesdienst teilnahmen. Nein, konservativ waren die Putschisten nicht, sondern dieje- nigen, die sie besiegten. Konservativ war der Militärkommandant, der sich weigerte als Russe auf Russen z u schießen. Niemand ver- mag es z u sagen, ob die revolutionären Ver- ä n d e r u n g e n in Rußland damit sich e n d g ü l - tig durchgesetzt haben. Eine entscheidende Schlacht wurde gewonnen, ob aber damit auch der Krieg entschieden ist, das w i r d erst die Zukunft lehren. Doch nie w i r d der Le- ninismus sich wieder in Rußland etablieren können. Dafür sind die demokratischen und nationalen Kräfte z u stark.

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5. Oktober 1991 - Folge 4 0 - S e i t e 4

In Kürze Islam im Vormarsch

D a s O s t p r e u ß e n b l a t t veranstaltet i n V e r - b i n d u n g m i t der Staats- u n d Wirtschafts- p o l i t i s c n e n Gesellschaft e. V . am M i t t - w o c h , d e m 23. O k t o b e r , 19 U h r , i n dem

„ R e i m a r u s - S a a l " der Patriotischen G e s e l l - schaft, T r o s t b r ü c k e 6, 2000 H a m b u r g 11, einen Vortragsabend z u d e m T h e m a „ I s - l a m - gestern heute u n d morgen". D e r Re- ferent des A b e n d s , D i e t r i c h L e h m a n n , Jahrgang 1922, M i t g l i e d der Deutsch-Jor- danischen Gesellschaft, hat seit Jahrzehn- ten g e s c h ä f t l i c h e u n d private V e r b i n d u n - gen z u islamischen L ä n d e r n i m N a h e n Osten u n d gilt als Experte für dieses inter- essante Thema. Eintritt frei. G ä s t e w i l l - k o m m e n .

Admiral Dönitz geehrt

Einen Kranz aus A n l a ß des einhundert- sten Geburtstages v o n G r o ß a d m i r a l D ö n i t z ließ die Landsmannschaft O s t p r e u ß e n an dessen letzter R u h e s t ä t t e i n A u m ü h l e nie- derlegen. Damit w u r d e D ö n i t z für seine Ver- dienste bei der Rettung der eingeschlosse- nen Ost-, W e s t p r e u ß e n u n d Pommern durch die deutsche Kriegsmarine i n den letzten Kriegsmonaten geehrt.

Freibrief für Mord

V i e r t ü r k i s c h e Jugendliche s i n d v o n der g r o ß e n Strafkammer des B e r l i n e r Landge- richtes z u z w e i j ä h r i g e n Freiheitsstrafen auf B e w ä h r u n g u n d G e l d b u ß e n verurteilt w o r d e n . Sie hatten i m vergangenen Jahr einen a c h t z e h n j ä h r i g e n Deutschen, den sie wegen seiner k u r z e n Haare für einen

„ N a z i " hielten, auf offener S t r a ß e m i t i h - ren B a s e b a l l s c h l ä g e r n erschlagen. Das G e - richt erkannte a u f K ö r p e r v e r l e t z u n g .

Börse wieder eröffnet

D i e K ö n i g s b e r g e r Börse ist nach einer Pau- se v o n fast fünfzig Jahren wieder ihrem ei- gentlichen Z w e c k z u g e f ü h r t worden. V o r wenigen Tagen begann i n der g r ö ß t e n regio- nalen Wertpapier- u n d R o h p r o d u k t e n b ö r s e der Geschäftsbetrieb, meldete die Nachrich- tenagentur T A S S .

Umzugsunlust

A u s teilweise bekanntgewordenen P l ä - n e n der Bundesregierung geht hervor, d a ß ganze M i n i s t e r i e n i n B o n n v e r b l e i b e n sol- l e n . U n t e r den sechs genannten ist auch das B u n d e s v e r t e i d i g u n g s m i n i s t e r i u m . D e r Deutsche Bundestag hatte i m J u n i be- schlossen, B e r l i n i n alle seine F u n k t i o n e n als Hauptstadt m i t Parlaments- u n d Regie- rungssitz w i e d e r einzusetzen.

Bonn:

Abtreibungsdebatte:

Kompromißlösung gegen die Willkür

Unionsfraktion findet keine klare Linie zum Schutze ungeborenen Lebens

D i e U n i o n s f r a k t i o n hat s i c h i n der A b - treibungsfrage m e h r h e i t l i c h auf einen K o m p r o m i ß geeinigt, dessen Z i e l es ist, d i e Fristenregelung z u v e r h i n d e r n . D a n e - ben gibt es z w e i M i n d e r h e i t e n - E n t w ü r f e . D e m einen liegt d i e Sorge u m das L e - bensrecht der ungeborenen K i n d e r z u - grunde, d e m anderen d i e S t i m m u n g s l a g e - u n d w o h l a u c h d i e Sorge u m d i e S t i m - m e n - der F r a u e n . D i e U n i o n hat es s i c h nicht leicht gemacht. D a s Ergebnis spie- gelt d i e Vielfalt i n der V o l k s p a r t e i C D U w i d e r , sie reicht v o n der Treue z u lebens- bejahenden G r u n d s ä t z e n ( d a f ü r steht d i e M i n d e r h e i t e n g r u p p e W e r n e r ) bis h i n z u r e i n o p p o r t u n i s t i s c h e n M a ß s t ä b e n des H a n d e l n s ( G r u p p e S ü ß m u t h - E y l m a n n ) . D i e weitere Debatte i m B u n d e s t a g ü b e r d i e N e u r e g e l u n g des P a r a g r a p h e n 218 w i r d A u f s c h l u ß d a r ü b e r geben, w i e es i n der U n i o n u m das C i m N a m e n bestellt ist.

M i t anderen W o r t e n : Es geht i n dieser Frage p o l i t i s c h a u c h u m d i e G l a u b w ü r - d i g k e i t der Partei. D a s hat m a n i n der Parteispitze l ä n g s t erkannt. Sie w i l l des- halb s o w o h l d e u t l i c h m a c h e n , d a ß m a n d u r c h a u s V e r s t ä n d n i s für N o t s i t u a t i o n e n schwangerer F r a u e n hat - vielleicht er- w ä h n t e i n P o l i t i k e r a u c h m a l , d a ß es für viele F r a u e n L e b e n s g l ü c k bedeutet, e i n K i n d geschenkt z u b e K o m m e n - , als a u c h darauf h i n w e i s e n , d a ß der Staat d i e Schutzpflicht f ü r das ungeborene L e b e n nicht aufgeben k a n n , w e n n er e i n Rechts- staat b l e i b e n w i l l . D i e s e m S p a n n u n g s - v e r h ä l t n i s entspringt d e r Menrheitsent- w u r f .

eine F o r m e l auf P a p i e r b r i n g e n u n d s o m i t das ist d i e b i l l i g s t e , d i e ^ « J ^ ™?

d e m B u c h s t a b e n d e s G e s e t z l s G e n ü g e t u n d i e egostischste R e g e l u n g . N a c h d e n G e - k ö n n t e n . A b e r gerade so m a n c h e r A r z t setzen des p o l i t i s c h e n M a r k t e s i n

D e u t s c h l a n d k o n n t e s o l c h e i n Ent- w u r f s a n g e b o t a u f g r ö ß e r e N a c h f r a g e i m P u b l i k u m s t o ß e n . Z u m i n d e s t b e i d e r tat- s ä c h l i c h e n u n d m ö g l i c h e n W ä h l e r s c h a f t v o n S P D u n d F . D . P . W a h r s c h e i n l i c h ist also eine A r t V o l k s f r o n t f ü r d i e Fristenre- e e l u n g , z u d e r n e b e n S P D , F . D . P . u n d T e i l e n d e r C D U a u c h d i e K o m m u n i s t e n scheut heute v o r s o l c h letzten E n t s c h e i

dungsbefugnissen z u r ü c k . E r f a h r u n g e n aus anderen Bereichen m i t a b e r w i t z i g e n Schadensersatz- u n d Schmerzensgeldfor- d e r u n g e n haben D e u t s c h l a n d s Ä r z t e v o r - sichtig gemacht. W i e k ö n n t e e i n A r z t s i c h v o r scucnen F o r d e r u n g e n s c h ü t z e n , w e n n i h m das Gesetz d i e letzte E n t s c h e i d u n g

abverlangt? Diese. E n t w i c k l u n g a h n e n d , aus d e r P L ^ g e h ö r e n w e r d e n . haben s i c h etliche Ä r z t e bereits gegen d e n

U n i o n s e n t w u r f ausgesprochen, unter a n - d e r e n der P r ä s i d e n t der B u n d e s ä r z t e k a m - m e r V i l m a r . E r weist d i e V e r a n t w o r t u n g des A r z t e s z u r ü c k , w e i l eine p s y c h o s o z i a - le N o t l a g e nicht objektiv festgestellt w e r - d e n k ö n n e . D a m i t mache m a n d e n A r z t n u r für eine „ v e r k a p p t e F r i s t e n l ö s u n g ver- a n t w o r t l i c h " . Seine (für das ungeborene K i n d t ö d l i c h e ) E m p f e h l u n g : E i n e A b t r e i - b u n g solle ü b e r h a u p t nicht b e g r ü n d e t w e r d e n m ü s s e n , w e d e r v o m A r z t n o c h v o n der F r a u .

A b e r z u solchen V o r s c h r i f t e n w i r d es v o r a u s s i c h t l i c h nicht k o m m e n . D e r E n t - w u r f i s t i n der U n i o n s c h o n umstritten, aus der G r u p p e u m d i e B u n d e s t a g s p r ä s i d e n - t i n S ü ß m u t h u n d d e n A b g e o r d n e t e n E y l - m a n n d ü r f t e n einige D u t z e n d eher für d e n E n t w u r f der F . D . P . oder gar der S P D v o - tieren, d i e beide eine F r i s t e n r e g e l u n g vorsehen. D i e F . D . P . verlangt l e d i g l i c h eine v o r h e r i g e Beratung, keine E n t s c h e i - d u n g , d u r c h einen A r z t . D e m gerade be- gonnenen L e b e n eine k u r z e Frist setzen -

D a b e i ist d e r W i l l k ü r c h a r a k t e r einer F r i - stenregelung d u r c h d i e m o d e r n e W i s s e n - schaft l ä n g s t e r w i e s e n . M i t d e r V e r s c h m e l - z u n g v o n Ei- u n d S a m e n z e l l e entsteht ein M e n s c h , w e i l diese V e r s c h m e l z u n g d i e g e - netische I d e n t i t ä t festlegt, m i t h i n d i e E i n - z i g a r t i g k e i t einer n e u e n m e n s c h l i c h e n P e r s o n . D i e s e E r k e n n t n i s l a g a u c h d e m E m b r y o n e n s c h u t z - G e s e t z z u g r u n d e , das v o n T e i l e n d e r S P D m i t g e t r a g e n w u r d e . W e n n n u r oft genug; a u f diesen Sachver- halt h i n g e w i e s e n w ü r d e , statt einer ver- m e i n t l i c n m o d e r n d e n k e n d e n , egoisti- schen K l i e n t e l n a c h z u l a u f e n , d a n n Könn- ten S P D u n d a u c h F . D . P . i n d i e E n g e ge- trieben w e r d e n . D i e Tatsache, d a ß angeb- liche P u b l i k u m s l i e b l i n g e w i e F r a u S ü ß - m u t h d e u t l i c h ü b e r s t i m m t w u r d e n , zeigt a u c h , d a ß i n d e r D i s k u s s i o n i n n e r h a l b der U n i o n n o c h B e w e g u n g ist. R e l a t i v u n z e r - zaust geht n u r d i e C S U aus dieser Debatte h e r v o r . Sie hat m i t d e m I n d i k a t i o n s m o d e l l d e r A n s b a c h e r E r k l ä r u n g g e r a d e n o c h r e c h t z e i t i g e i n Z e i c h e n gesetzt f ü r s i c h u n d d i e U n i o n . J ü r g e n L i m i n s k i N i e m a n d d ü r f t e freilich ernsthaft d a r a n

glauben, d a ß m i t d e m jetzt v o r l i e g e n d e n

Nürnberg:

I n d i k a t i o n s m o d e l l der Schutz für d i e u n - geborenen K i n d e r i n D e u t s c h l a n d erheb- l i c h verbessert oder gar garantiert w ü r d e . Statt sozialer N o t l a g e d ü r f t e es, falls der E n t w u r f ü b e r h a u p t i m B u n d e s t a g eine M e h r h e i t findet, d e m n ä c h s t p s y c h o s o z i a - le N o t l a g e h e i ß e n . E i n M o m e n t verdient allerdings s t ä r k e r e Beachtung: D i e s t ä r k e - re E i n b i n d u n g des A r z t e s i n d i e V e r a n t - j i b t d i e

Lage auf dem Ausbildungsmarkt

Die Bundesanstalt für Arbeit legt nun gesamtdeutsche Zahlen vor

w o r t u n g der E n t s c h e i d u n g . N a t ü r l i c h g i b es m e h r als g e n u g s k r u p e l l o s e Ä r z t e , di<

Parteien langen wieder einmal zu

Schlaglichter aus Finanzminister Waigels neuestem Bundeshaushalt

Die politischen Parteien sind allen Sparmaß- nahmen und Kürzungen im neuen Bundeshaus- halt entgangen. Die Schatzmeister dürfen sich freuen: 101,604 Mülionen Mark überweist ihnen Finanzminister Theo Waigel im nächsten Jahr - als zweite Abschlagszahlung für die 1994 anste- hende Bundestagswahl.

Auch an der Europa-Wahl in drei Jahren haben die Parteien unabhängig von ihrem Ausgang be- reits heute Freude. Als zweite und dritte Rate werden ihnen in diesem und auch im nächsten Jahr 45,3 Millionen Mark überwiesen. Nicht in diesen Beträgen enthalten sind Fraktionszu- schüsse (über 100 Millionen) und Zahlungen an parteinahe Stiftungen (181 Millionen). Der Speyerer Wissenschaftler Hans Herbert von Ar- nim hat errechnet, daß sich die Parteien im Laufe einer vierjährigen Legislaturperiode vier Milliar- den Mark in die Taschen stopfen.

Weitere markante „Eckwerte" aus dem Ent- wurf des Bundeshaushaltes 1992, den das Parla- ment im Herbst beschließen wird: Berlin ist nicht erst seit dem Hauptstadt-Beschluß eine Reise wert. Für Bonner Beamte wurde ein täglicher Hug-Pendeldienst der Bundesluftwaffe einge- richtet. Der Balkenkreuz-„Shuttle" kostet den Steuerzahler 20 Millionen Mark.

Immerhin kommt auch etwas in die Kasse. Von Alexander Schalck-Golodkowski zum Beispiel, dem früheren DDR-Devisenbeschaffer. Aus Schaidts ehemaligem KoKo-Imperium erhält Waigel 1,135 Millionen Mark. Daßder Finanzmi- nister seinen Optimismus noch nicht verloren hat, wird an folgendem Titel deutlich: „Abfüh- rungen der Treunandanstalt aus Erlös durch Re- privatisierung." Bisher handelt es sich um eine reine Luftbucnung. Angesetzt ist nichts.

Die kleinen Dinge im Leben sind es bekannt- lich, die Freude machen. So werden die Mitarbei- ter von Bundeskanzler Helmut Kohl im nächsten Jahr eine neue „Brieföffnermaschine" bekom- men. Kostenpunkt: 28 000 Mark. Auch Kohls Gärtner geht nicht leer aus: Die „Häckselma- schine" kostet immerhin 13 000 Mark. Für neue Glasvitrinen im Adenauer-Zimmer des Palais Schaumburg sind sogar 30 000 Mark angesetzt,

und außerdem sorgt Waigel spätestens 1992 fin- den dringend notwendigen neuen Schwung im Kanzleramt: 100 000 Mark gibt der Finanzmini- ster für die „Erneuerung der Drehsessel an den Arbeitsplätzen".

Im benachbarten Bundespresseamt klotzt man mit größeren Beträgen. Die Meinungsfor- schungsinstitute liefern (jedenfalls aus Sicht der Regierung) immer schlechtere Zahlen, doch die Zuschüsse steigen permanent - von 2,8 (1990) über 4,5 (1991) auf 5,5 Millionen Mark. Die Be- gründungen fallen verschieden aus: War es in diesem Janr die Vergrößerung des Erhebungsge- bietes (durch die Einheit), so hat man sich für 1992 etwas Neues einfallen lassen: „Mehr wegen Erhe- bungen im Ausland."

Selbstverständlich werden in der größer ge- wordenen Bundesrepublik auch menr Orden verteilt. Bundespräsident Richard von Weizsäk- ker hat dafür im nächsten Jahr 380 000 Mark zur Verfügung, 40 000 Mark mehr als noch 1991.

Hans-Jürgen Leersch

„Die A u s b i l d u n g s s t e l l e n m ä r k t e i n den a l - ten u n d neuen B u n d e s l ä n d e r n stellten sich Ende Juni 1991 ebenso w i e die A r b e i t s m ä r k - te recht unterschiedlich dar", heißt es i n ei- nem Bericht der N ü r n b e r g e r Bundesanstalt für Arbeit z u r Situation auf d e m A u s b i l - dungsstellenmarkt Ende Juni 1991. D i e B u n - desanstalt bezeichnet diesen Report als eine Zwischenbilanz u n d fügt h i n z u , d a ß i n den alten B u n d e s l ä n d e r n sich auch i m dritten Quartal des laufenden Berufsberatungsjah- res, das v o m 1. Oktober 1990 bis z u m 30.

September 1991 reicht, die E n t w i c k l u n g z u m Bewerbermarkt fortgesetzt habe. Dies eröffne einer wachsenden Z a h l v o n Jugend- lichen g r ö ß e r e W a h l m ö g l i c h k e i t e n bei der A u s b i l d u n g . W ä h r e n d die Situation für die Bewerber i n nahezu allen Berufen u n d Re- gionen immer g ü n s t i g e r werde, v e r s t ä r k t e n sich die Probleme der N a c h w u c h s g e w i n - nung für eine steigende Z a h l v o n A u s b i l - dungsbetrieben.

Die N ü r n b e r g e r Statistiker f ü h r e n diese E n t w i c k l u n g z u m Teil auf die noch r ü c k l ä u - fige Z a h l an Jugendlichen z u r ü c k , die einen Ausbildungsplatz suchen. A u f der anderen Seite sorgten - so die N ü r n b e r g e r A n a l y s e - der Strukturwandel i n Richtung auf qualifi- ziertere Tätigkeiten u n d die gute Konjunk- tur für einen hohen Fachkräftebedarf, der z u einer kontinuierlich g r o ß e n Nachfrage nach

w i r d die Z a h l der nicht vermittelten Bewer- ber weiter z u r ü c k g e h e n u n d d e n Stand v o n 1990 auch a m E n d e des Berufsberatungsjah- res (30. September 1991) s p ü r b a r unter- schreiten." Z u g l e i c h w ü r d e n erneut mehr A u s b ü d u n g s s t e l l e n als i m Vorjahr nicht be- setzt w e r d e n k ö n n e n .

In den neuen B u n d e s l ä n d e r n w e r d e der A u s b ü d u n g s s t e l l e n m a r k t d u r c h d i e U m - strukturierung des Wirtschaftssystems u n d d e n Neuaufbau des Bildungswesens ge- p r ä g t , bemerken die Marktbeobachter aus der Bundesanstalt weiter. D i e m i t d e m not- w e n d i g e n S t r u k t u r w a n d e l verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten f ü h r t e n i n diesem Jahr i n d e n neuen B u n d e s l ä n d e r n z u einem nicht ausreichenden A n g e b o t an A u s - b i l d u n g s p l ä t z e n d u r c h d i e Wirtschaft. So habe Ende J u n i 1991 d i e Z a h l der Bewerber die Z a h l der gemeldeten Berufsausbil- dungsstellen deutlich ü b e r t r o f f e n . Gleich- zeitig ü b e r s t i e g die Z a h l der n o c h nicht ver- mittelten Bewerber die Z a h l der unbesetzten A u s b ü d u n g s s t e l l e n u m m e h r als das D o p - pelte.

D i e Bundesanstalt zieht aus dieser A n a l y - se die Konsequenz, d a ß e i n A u s g l e i c h v o n Angebot u n d Nachfrage z u m A u s b i l d u n g s - beginn 1991 n u r d u r c h die E i n r i c h t u n g v o n uberbetrieblichen A u s b ü d u n g s s t e l l e n u n d A u s z u b i l d e n d e n führe. D a z u h e i ß t es: So d u rc h z u s ä t z l ic h e schulische B i l d u n g s g ä n -

ge erreicht w e r d e n k ö n n e . I m Haushalt der

Wie

ANDERE es sehen:

„ W a s denn?

In dieses Loch?

In dieses finstere, grauen- v o l l e L o c h ? "

Zeichnung aus Kölnische Rundschau

Bundesanstalt i n N ü r n b e r g seien die ent- sprechenden M i t t e l bereitgestellt, u m m ö g - lichst allen Bewerbern z u m September 1991 ein Angebot unterbreiten z u k ö n n e n .

Folgende Z a h l e r g ä n z t die H i n w e i s e der Bundesanstalt, die feststellt, d a ß d e n A r - beitsamtern i n den alten B u n d e s l ä n d e r n in den ersten neun M o n a t e n des Berichtjahres 1990/91 insgesamt 684 500 Berufsausbil- dungsstellen gemeldet w u r d e n . Das waren 62 900 oder zehn Prozent mehr als i m ent- sprechenden Vorjahreszeitraum.

In d e m Gebiet der neuen B u n d e s l ä n d e r w a r e n z u m Quartalsende noch 23 200 unbe- setzte A u s b i l d u n g s s t e l l e n gemeldet. Ihnen standen 56 100 noch nicht vermittelte Be- werber g e g e n ü b e r . G e g e n ü b e r Ende M ä r z

1^1 hat sich die Situation auf diesem M a r k t ein w e n i g verbessert. W e r n e r M ü h l b r a d t

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