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Medien in autoritären Staaten - Türkei

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2 Medien in autoritären Staaten: Beispiel Türkei

B. Bülles / A. Stich: Medien in politischen Systemen © Auer Verlag

Medien in der Türkei (1)

1 Lest den Artikel „Ein Deal in Erdogans Sinn“ von Susanne Güsten aus DER TAGESSPIEGEL 03 / 2018.

Ein Deal in Erdogans Sinne

Der Regierung zu Diensten: Die größte Mediengruppe der Türkei wechselt den Besitzer. Nun hat ein Erdogan-Anhän- ger das Sagen – damit leidet die Mei- nungsvielfalt.

Die Türken dürften in den großen Medi- en ihres Landes künftig noch weniger kritische Berichte über die Regierung von Recep Tayyip Erdogan finden als bisher. Der regierungsfreundliche Kon- zern Demirören übernimmt die Me- diensparte der Dogan Holding, bei der unter anderem die Zeitung „Hürriyet“

und der Nachrichtensender CNN-Türk zu Hause sind. Anhänger und Kritiker des Präsidenten erwarten eine weitere Gleichschaltung der Medien.

Die Übernahme der Dogan-Medien durch Demirören sei der „Sargnagel“

für eine ohnehin todkranke Branche, sagte der unabhängige Journalist Rusen Cakir im Internet-Fernsehsender Medy- ascope. Demirören lege sich Zeitungen und Fernsehsender lediglich zu dem Zweck zu, der Regierung zu Diensten zu sein. „Eine Ära geht zu Ende.“

Mit dem geplanten Verkauf von Dogan an Demirören für etwa eine Milliarde Dollar gibt es in der Türkei keine gro- ßen Medien mehr, die außerhalb des Einflusses der Erdogan-Regierung ste- hen. Kritische Stimmen gibt es künftig nur noch in relativ kleinen Zeitungen, die von Stiftungen getragen oder von Kleinparteien oder Gewerkschaften un- terstützt werden, sowie in Online-Me- dien.

90 Prozent der Tagesszeitungen auf Linie des Präsidenten

Laut einer Aufstellung der Zeitung

„BirGün“, eine der wenigen verbliebe- nen regierungskritischen Publikatio-

nen, gehören künftig 21 der 29 überre- gionalen Tageszeitungen der Türkei zu Erdogan-nahen Häusern. Etwa 90 Pro- zent der türkischen Gesamtauflage bei den Tageszeitungen sind auf der Linie des Präsidenten. Bei den Fernseh- sendern sieht es mit Meinungsvielfalt noch schlechter aus.

Dabei waren die Zeitungen und Fern- sehsender des Unternehmers Aydin Do- gan keinesfalls radikale Gegner der Re- gierung. Zwar lästerten die strikt säkular ausgerichteten Dogan-Medien noch im vorigen Jahrzehnt über den Is- lamisten Erdogan, er könne nach einer Verurteilung wegen Volksverhetzung Ende der 90er-Jahre „nicht einmal Dorf- vorsteher“ werden. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Wie die allermeisten Medienunternehmer der Türkei setzte Dogan seine Zeitungen hin und wieder dafür ein, um sich durch publizistische Zugeständnisse an die Regierung hand- feste Vorteile für andere Zweige seines Imperiums zu verschaffen; beim Do- gan-Konzern zählt dazu unter anderem die Energiebranche.

Auf Regierungskurs getrimmt Dennoch stellt die künftige Konzentra- tion großer Medien eine neue Dimensi- on dar. Demirören, der den Deal mit Dogan offenbar mithilfe einer staatli- chen Bank finanziert, ist dem Präsiden- ten treu ergeben und hat seine Zeitun- gen auf Regierungskurs getrimmt.

Ähnliches wird jetzt für „Hürriyet“ und andere Dogan-Medien erwartet.

Selbst Erdogan-Anhänger sprechen von einer eingeebneten Medienlandschaft, allerdings begrüßen sie dies. Der Jour- nalist Cem Kücük etwa freut sich dar- auf, dass nun alle Journalisten bei den

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4 Medien in autoritären Staaten: Beispiel Türkei

B. Bülles / A. Stich: Medien in politischen Systemen © Auer Verlag

Der Fall Deniz Yücel

Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel saß ziemlich genau ein Jahr lang in einem türkischen Gefängnis in Untersuchungshaft. Im Zusammenhang mit seiner journalistischen Tätigkeit warf die Türkei ihm vor, Mitglied einer Terrororganisation zu sein und ließ ihn im Februar 2017 verhaften. Im Februar 2018 kam er wieder frei und konnte nach Deutschland zurückkehren. Das Verfahren gegen ihn ist jedoch noch nicht eingestellt.

1 Bildet Vierergruppen. Schneidet die Rollenkarten aus und verteilt sie in eurer Gruppe. Lest je- weils eure Rolle und ergänzt die Vorgabe durch eigene Ideen und Argumente. Führt schließlich eine Rollendiskussion durch.

Rolle A – Journalist

Korrespondent verschiedener deutscher Zeitungen in der Türkei

kritische Berichterstattung der türkischen Politik

ein Jahr in Untersuchungshaft in der Türkei

auch im Gefängnis gearbeitet, Texte verfasst

nicht eingeschüchtert

weiter kritisch

freie Presse / Meinungsfreiheit

Rolle B – Ehepartner des Journalisten

ähnliche Auffassung wie Rolle A (Journalist)

jedoch 🡢 Einsicht und Vorsicht bei der Berichterstattung über die Türkei

besorgt über eine weitere, mögliche Haftstrafe für den Journalisten in der Türkei

während der ersten Haftstrafe sehr viel Unterstützung in Deutschland organi- siert

ermahnt Journalisten zu Zurückhaltung

Rolle C – Ankläger in der Türkei

wirft dem Journalisten Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vor

möchte Texte in verschiedenen Zeitun-

gen des Journalisten verbieten lassen

fordert eine mehrjährige Haftstrafe in

der Türkei für den Journalisten

sieht durch die Arbeit des Journalisten die öffentliche Ruhe und den Frieden in der Türkei gefährdet

Rolle D – Unterstützer der Türkei

unterstützt die türkische Regierung

hält alle juristischen Entscheidungen im

Fall des Journalisten für richtig

fordert ebenfalls eine lange Haftstrafe für den Journalisten

ist der Meinung, dass ein großes Me- dienunternehmen in einem Land reicht, um die Bevölkerung über die Arbeit der Regierung zu informieren

kritische Stimmen muss es keine geben

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