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Die Ritteradligen von Hutten, ihre soziale Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches

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Die Ritteradligen von Hutten, ihre soziale Stellung in Kirche und Staat

bis zum Ende des Alten Reiches

Inaugural-Dissertation

in der Fakultät

Geschichts- und Geowissenschaften

der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

vorgelegt von Georg-Wilhelm Hanna

aus Berlin

Bamberg, den 3. April 2006

(2)

Tag der mündlichen Prüfung: 28. Juli 2006 Dekan: Universitätsprofessor Dr. Ingolf Ericsson

Erstgutachter: Universitätsprofessor em. Dr. Eberhard Schmitt

Zweitgutachter: Universitätsprofessor Dr. Horst Enzensberger

(3)

Seite Vorwort

1. Die von Hutten in der Geschichtswissenschaft:

Themenstellung – Forschungslage - Quellen

1

1.1 Eine buchisch-fränkische Adelsfamilie als Gegenstand der Untersuchung

1

1.2 Zugangsmöglichkeiten zur adligen Lebenswelt 2

1.3 Zeitliche Eingrenzung bis zum Ende des Alten Reiches 5

1.4 Das Quellenmaterial 6

2. „Was Adel sey und heiße, woher er komme.“

Herkunft und Standeszugehörigkeit

18

3. Stammesgeschichte 21

3.1 Struktur und Wandel einer regionalen Elite 21

3.2 Sage und Turniere 23

3.3 Erstnennungen 25

3.4 Stammvater 25

3.5 Stammsitz 26

3.6 Wappen und Siegel 28

3.7 Grablegen 30

3.9 Ahnenproben 32

4. „Genealogia Huttenica“: ein gutes „gedechtnus“ bei den Nachfahren

36

4.1 Der gemeinsame Hauptstamm 36

4.2 Der Hauptstamm Stolzenberg 41

4.2.1 Der ältere Hauptstamm Stolzenberg 41

4.2.2 Die Linie Hausen 68

4.2.3 Der Hauptstamm Stolzenberg um die Wende zur Neuzeit 118

4.2.4 Die Linie Salmünster 146

4.2.6 Die Linie Soden 154

4.2.7 Der jüngere Stolzenberger Hauptstamm: Die Linie Romsthal- Steinbach

236

4.3 Der Hauptstamm Steckelberg 308

4.3.1 Der ältere Stamm Steckelberg 308

4.4 Der Hauptstamm Gronau 318

4.4.1 Der Stamm Gronau 318

4.4.2 Der jüngere Stamm Steckelberg 322

4.4.3 Der jüngere Stamm Steckelberg: Die Linie Ulrich 341

4.4.4 Die Linie Sebastian 360

4.4.5 Die Linie Alexander 378

(4)

4.5 Der Hauptstamm Franken 384 4.5.1 Die Herausbildung der Stämme Ober- und Unterhutten 396

4.5.2 Der Stamm Unterhutten 401

4.5.3 Der Stamm Oberhutten 414

4.5.4 Die Linie Frankenberg 426

4.5.5 Die Linie Birkenfeld 466

4.6 Die Unbekannten 557

5. Lebens- und Handlungsbereiche 561

5.1 Kirchenmitgliedschaft und Konfessionswechsel 561

5.2 Unterricht, Bildung und Ausbildung 563

5.3 Bedienstungen und Bepfründungen 566

5.4 Erbschaften und Erwerbungen 573

5.5 Heirat, Familie und Versorgung 579

5.6 Die Einbindung der Reichsritter in die Reichsorganisation und ihr Ende

587

6. Zusammenfassender Überblick 597

7. Abbildungen 602

8. Abkürzungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 602

8.1 Abkürzungen 602

8.2 Archivalische Quellen, alte Bibliotheken und Sammlungen 602

8.3 Gedruckte Quellen 606

8.4 Literaturverzeichnis 608

8.5 Abbildungs-, Tabellen- und Kartennachweis 640

9. Personenverzeichnis 642

9.1 Register der angeheirateten Adelsfamilien 642

9.2 Register der Familienmitglieder von Hutten 644

10. Stammtafeln der Stammfolgen A bis E Anlage

10.1 Stammtafel A

10.2 Stammtafel B

10.3 Stammtafel C

10.4 Stammtafel D

10.5 Stammtafel E

(5)

Vorwort

Seit dem Huttenjahr 1988 bin ich mit der Geschichte der Familie von Hutten befaßt. Was ich nun- mehr in den letzten drei Jahren erarbeitet habe, ist gewiß keine lückenlose Schilderung der Vergangen- heit dieser Adelsfamilie, denn verschiedene Seiten von ihr sind aufgrund der dürftigen Quellenlage unberücksichtigt geblieben. Mit Sicherheit wird auch in Zukunft noch manches ergänzt und einiges verbessert werden können. Schließlich ergibt die Forschung laufend neue Tatsachen und Zusammen- hänge, so daß eine genealogische Zusammenstellung immer nur ein Torso bleiben wird.

Diese vorliegende Arbeit wurde zu Beginn des Sommersemesters 2006 von der Fakultät der Päd- agogik, Philosophie, Psychologie, Sprach- und Literaturwissenschaften, Geschichts- und Geowissen- schaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg als Inauguraldissertation zur Erlangung des akademi- schen Grades eines Doktors der Philosophie angenommen.

Es ist guter Brauch und mir ein besonderes Anliegen, all jenen zu danken, die mir bei der Entste- hung meiner Arbeit in so vielfältiger Weise ihre Hilfe haben zuteil werden lassen und die die Fertigstel- lung der vorliegenden Studie förderten, ja erst ermöglichten.

So gilt mein erster Dank meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Eberhard Schmitt, Bamberg, der die landesgeschichtliche Untersuchung angeregt und über Jahre hinweg kritisch und sorgfältig betreut hat. Während der oft mühsamen Archivarbeit hat er mir mit vielen aufmunternden Gesprä- chen geholfen. Besonders danke ich ihm für die mir überlassene Gestaltungsfreiheit und für sein reges Interesse an den Forschungen, für viele wertvolle Hinweise, und daß ich stets sein reges Gefallen am Fortgang der Arbeit spürte sowie insbesondere seiner menschlichen Hilfe sicher sein durfte.

Zu Dank verpflichtet bin ich ferner Herrn Professor Dr. Horst Enzensberger für die Übernahme des Korreferates, weiterhin Herrn Professor Dr. G. Ulrich Großmann für manchen Rat.

Voraussetzung für das Zustandekommen dieser Studie war die freundliche Erlaubnis, jederzeit im Archiv der Freiherren von Hutten arbeiten zu dürfen. Es ist mir eine besondere Verpflichtung, dem derzeitigen Familienältesten Herrn Friedrich Karl Freiherrn von Hutten zum Stolzenberg für das oft und ausgiebig bewiesene Entgegenkommen bei der Bearbeitung dieser Archivalien auf Burg Altengro- nau meinen schuldigen Dank auszusprechen. Er hat mir bei meinen Forschungen ununterbrochen und freudig jegliche Unterstützung zuteil werden lassen. Ihm und seinem Sohn Philipp verdanke ich man- che Literaturrecherche, und er ermöglichte es, für die Transkription von Urkunden und Dokumenten Frau Annette Wolf, Kitzingen, zu gewinnen.

Seine Freundschaft hat mir, während ich mich der Vollendung der Untersuchung widmete, unab- lässig zur Seite gestanden. Die wechselseitige Anregung und die aus ihr geflossene fruchtbare Tatkraft sind unvergeßlich.

Abschließend möchte ich das außerordentliche Entgegenkommen hervorheben, das die Herren Gerhard Raiss M.A., Dr. Otto Rabenstein und Dr. Jürgen Ackermann dem Gegenstand erwiesen, indem sie bereitwillig das zeit- und nervenraubende Korrekturlesen des Manuskripts übernahmen. Alle waren mir konstruktive Ratgeber und milde Kritiker zugleich.

Das menschliche Urteil über Vergangenes steht nie still. Und so gilt denn mein Dank in erster Linie

all jenen zahlreichen Historikern, deren Einsichten und Forschungsergebnisse ich übernommen habe,

bzw. deren Urteile mir zu einer eigenen Sicht der Dinge verhalfen, ohne daß ich auf sie und ihre Arbei-

ten hier im einzelnen verweisen konnte. Gedankt sei schließlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitar-

beitern in den diversen staatlichen, städtischen und privaten Archive und Bibliotheken, die ich benut-

zen durfte und in denen ich stets Rat und Hilfe gefunden habe, besonders den entgegenkommenden

Beamten der Staatsarchive Marburg und Würzburg. Namentlich genannt seien zumindest Frau Dr. Uta

(6)

Löwenstein vom Hessischen Staatsarchiv Marburg, Herr Dr. Werner Wagenhöfer vom Bayerischen Staatsarchiv Würzburg und sowie Herr Thomas Schindler M.A. für das von ihm erarbeitete und zur Verfügung gestellte Findbuch des Ortenburger Archivs, das sich als Depositum im Würzburger Staats- archiv befindet. Den Damen und Herren der Universitäts- und Landesbibliotheken Würzburg, Frau Dr. Eva Pleticha-Geuder, und Fulda, Frau Gerda Lobe-Röder, sowie der Universitätsbibliothek und der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main danke ich für die nicht immer ganz einfache Beschaf- fung der Literatur.

In der Schlußphase hat mein Sohn Jörn wichtige Hilfe bei der Fertigstellung und leichten Überar- beitung des Buches geleistet. Dafür danke ich. Mein größter Dank geht an meine Lebensgefährtin Maria Voltin. Ihr Verständnis und ihr Rückhalt trugen wesentlich zum raschen Erscheinen der Arbeit bei.

Bad Soden-Salmünster, im Dezember 2006 Georg-Wilhelm Hanna

(7)

1. Die von Hutten in der Geschichtswissenschaft: Themenstellung - Forschungslage - Quellen 1.1 Eine buchisch-fränkische Adelsfamilie als Gegenstand der Untersuchung

Jedem, der sich mit der Landesgeschichte Frankens auseinandersetzt, ist der Name Ulrichs von Hutten (1488-1523) vertraut. Dem ritterlichen Humanisten und Publizisten wurde 1988 anläßlich seines 500.

Geburtstages durch eine Ausstellung in Schlüchtern eine besondere Würdigung zuteil.

1

Ulrich entstammte ohne Frage einer Ritteradelsfamilie, die innerhalb des fränkischen Adels eine führende Position einnahm. Man übertreibt auch nicht mit der Feststellung, daß die Herren von Hut- ten manches Kapitel fränkischer Geschichte mitgeschrieben haben. Kaum fehlt ihr Name bei einer der zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen dem Ritteradel und den Landesherren. Aus diesem Grun- de möchte man eine intensivere Auseinandersetzung mit den von Hutten seitens der landesgeschichtli- chen Forschung erwarten, doch das trifft bislang nur ansatzweise zu.

Bis heute gibt es lediglich eine Fülle von mühsam erschließbaren Einzeluntersuchungen zu ihrer Herkunftsgeschichte, und auch ihre Genealogie ist erst ab dem 15. Jahrhundert in Ansätzen erforscht.

2

Was einzelne Persönlichkeiten angeht, hat man sich zu Recht sehr nachhaltig mit der Person des be- rühmten Ritters Ulrich befaßt, dem gewiß Bedeutendsten der von Hutten. Das Geschlecht hat außer ihm zahlreiche weitere charaktervolle Gestalten hervorgebracht, die ebenfalls über einen angestammten Platz in der historischen Überlieferung verfügen und auf die wir umfassend eingehen werden.

Eine monographische Darstellung der familiengeschichtlichen Zusammenhänge mit einer Tren- nung der verschiedenen Hauptstämme und Linien zu erarbeiten, scheiterte bisher an den verstreuten Archivalien. Diesem in mehrfacher Hinsicht begrenzten Sachstand merkte „der Genealoge und Famili- enforscher aus Leidenschaft“ Hans Körner (1923-2000)

3

an: „Die Geschichte des fränkischen Adelsge- schlechts von Hutten läßt sich durch über sieben Jahrhunderte verfolgen. Sie ist noch nicht ausführlich dargestellt“, und begründet so ein dringendes Desiderat.

4

Auch versuchte er „allerlei zusammenzutra- gen“, das „erst einmal als Rückgrat für alles weitere stehen muß“.

5

Wohl auch darum kam er zu der Schlußfolgerung: „Das Schicksal der Töchter kann nur selten angedeutet werden, ebenso die große Kinderzahl und die hohe Kindersterblichkeit. Eheschließungen fanden ausschließlich innerhalb des fränkischen, gelegentlich des rheinischen Adels statt.“

6

Mit den von Hutten wäre insofern nicht nur

1 Vgl. weiterhin LAUB, Katalog: Dem Ritter Ulrich von Hutten wurde mit dieser Ausstellung eine ganz beson- dere, sein Gesamtwerk umfassende Ausstellung zuteil. - Vorausgegangen war im Jahr 1938 ebenfalls in Schlüchtern eine Retrospektive aus Anlaß des 450. Geburtstages. So geschehen unter der Leitung von Wil- helm Praesent (1896-1976) und mit Unterstützung von Professor Dr. Kurt Luthmer (1891-1945), Direktor der Kunst-Sammlungen Kassel, und dem Kunsthistoriker Ernst Holzinger (1901-1972), Städelschule Frank- furt am Main, der ein Bild Ulrichs von Hutten in Lebensgröße malte, vgl. hierzu Unsere Heimat 7 (1938), Sonderheft.

2 PFEIFFER, Bibliographie, S. 96.

3 KÖRNER/HANSERT, Frankfurter Patrizier, S. 9.

4 Zitiert nach KÖRNER,Familie, S. 57. - KÖRNER/HANSERT, Frankfurter Patrizier, S. 224-228. - Um die Be- deutung des genealogischen Zusammenhanges näher zu umfassen, erläuterte zum BeispielSCHMITT, Fran- kenberg, S. 43: „Da die Geschichte der Familie von Hutten bisher kaum erforscht ist, scheint es sinnvoll, hier ein paar Schlaglichter auf dieses weitverzweigte Geschlecht zu werfen.“

5 FvHutten: Schreiben Dr. Hans Körner vom 12. Dezember 1976.

6 Zitiert nach KÖRNER,Familie, S. 57. - KÖRNER,Familie, S. 78 erwähnt der Verfasser die „Forschungsergeb- nisse von Landgerichtsdirektor a. D. Hans Rademacher (1912-), Mainz“. Die Recherche ergab, daß sich im HStA Wiesbaden lediglich kleine Erwerbungen unter der Sign. 1199-88 und im StA Darmstadt eine Material- sammlung zur Familie von Lauter-Steinau O 61 befinden.

(8)

2

eine Adelsfamilie erforscht, vielmehr würde sich der Kenntnisstand zum fränkischen Adel in der „Bu- chonia“ um einiges erweitern, so Joseph Morsels und Berthold Jägers lang gehegte Überzeugung.

7

Der Sachverhalt, daß sich nur wenige prosopographisch-genealogische Untersuchungen, Monogra- phien und Besitzquerschnitte mit der Familienrekonstruktion der von Hutten beschäftigen, darf mit einer seither nur in sehr geringem Maße stattgefundenen umfassenden wissenschaftlichen Erörterung und als ein fehlendes Element der neueren Forschung zur Reichsritterschaft in Franken angesehen werden

8

, wie sie Joseph Morsel und Hillay Zmora als Erkenntnis der wechselseitigen Beziehungen der Adelssippen untereinander und der Wahrnehmung von Hoheits- und Besitzrechten besonders hervor- gehoben haben.

9

Der Autor hat sich mit dieser familienbezogenen Untersuchung zum Ziel gesetzt, innerhalb gewis- ser Grenzen einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücken für die fränkische Landesgeschichte unter Einbeziehung der wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen zu leisten.

10

Er will die einzelnen Mitglieder aus der Anonymität des Familienverbandes herausholen und durch Fest- stellung von Lebens- und Amtsdaten Kurzbiographien schaffen. Schließlich sollen durch eine Gesamt- betrachtung der Einzeldaten Ergebnisse zu den Lebens- und Handlungsbereichen der Familie insge- samt gewonnen werden. Diese sollen auch Aufschluß geben über die soziale Wirklichkeit des ritterli- chen Lebens, eingegliedert in Herrschaft und Genossenschaft, Adel und Dienst. Da sich der Aktions- bereich im Laufe der Jahrhunderte wandelte und ab der Frühen Neuzeit vom anfänglichen Aufgaben- kreis des Ritters über den Dienst in der höheren Verwaltung auch auf den sozialen und politischen Bereich erweiterte, findet auch dieser eine gesonderte Beachtung.

1.2 Zugangsmöglichkeiten zur adligen Lebenswelt

Es läßt sich festhalten: Im Gegensatz zu vielen detaillierten Familiengeschichten für den fränkischen Raum, etwa für die von Bibra und von Thüngen

11

, die meist um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun- dert entstanden und unter dem Aspekt einer untergegangenen Gesellschaftsschicht als familiäre Ein- zelstudien geschrieben wurden, gibt es noch keine die soziale und wirtschaftliche Bedeutung behan- delnde Darstellung und eigentliche Zusammenfassung des ritterbürtigen, stiftsfähigen Geschlechtes der von Hutten, das dem deutschen Adel angehörte und mit den Ritterkantonen von Rhön-Werra, Mittel- rhein, Odenwald und Baunach verbunden war.

12

7 MORSEL,Thüngen et Hutten: Für seine vergleichende Studie hat der Verfasserzwei verwandte Familien aus Franken ausgewählt und schwerpunktmäßig deren Überlieferungsgeschichte erforscht.-JÄGER,Fürstentum Fulda, S. 196: Der Verfasser bemängelt besonders das Fehlen einer Untersuchung über die Besitzverhältnisse des einheimischen Adels.

8 Zur Forschungslage allgemein vgl. HOFMANN, Adel in Franken, S. 95-126. – RIEDENAUER, Konfession, S. 1- 63.

9 Beispielgebend auf diesem Gebiet sind: MORSEL,Thüngen und ZMORA, State and nobility.

10 Vgl. die neueren Monographien von Martin STINGL, Reichsfreiheit und Fürstendienst (1500-1806) sowie Christian HOFFMANN, Ritterschaftlicher Adel im geistlichen Fürstentum (1500-1651). Beiden Verfassern ist es vorbildlich gelungen, zwei ritterschaftliche Familien im jeweils zeitlich begrenzten Spannungsfeld von Kir- che und Staat darzustellen.-Exemplarisch auch beiKANDLER, Ritterschaft, Dienstadel und Lehensherren, S.

223-242.

11 BIBRA, Familiengeschichte. - THÜNGEN, Lutzische Linie. - THÜNGEN, Andreasische Linie.

12 SIEMS/KLUXEN, Zeiten und Menschen, S. 39-41: Alle ritterbürtigen Geschlechter, die urkundlich vor 1350 nachweisbar sind, werden anerkanntermaßen als Uradel bezeichnet. Die seit Kaiser Karl IV. (1347-1378) ver- stärkt nach französischem Vorbild durch Diplom in den Adelsstand Erhobenen werden als der sogenannte

„Briefadel“ betitelt.

(9)

„Dieses Reichsadliche Haus ist eines von den ältesten und ansehnlichsten Stiffts- und Turniermäßi- gen Geschlechtern unter der freyen Reichs-Ritterschafft in Francken“, schrieb Johann Heinrich Zedler (1706-~1760) in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

13

Recht hatte er: Die von Hutten haben in der Geschichte des fränkischen Landes von jeher als Ge- lehrte, Bischöfe, Feldherren und Diplomaten eine bemerkenswerte Rolle gespielt. Dabei haben sie einen beträchtlichen Einfluß sowohl innerhalb und als auch außerhalb der Gruppe durch Herkunft und Aufstieg genommen und ein eindrucksvolles soziales Ansehen erreicht.

Der genealogische Zusammenhang und die soziale Entfaltung dieser Familie des Ritteradels, ver- bunden mit dem Bestreben, diese in Form einer lebendigen Darstellung von Amt und sozialen Grup- pen, denen die von Hutten angehörten, soweit als möglich detailliert aufzuarbeiten, entspricht dem Forschungsansatz. Es geht nicht nur um eine bloße Schilderung des Ablaufs der Ereignisse, sondern es sollen an die überlieferten Zeugnisse Fragen gestellt werden, die das schon Bekannte besser verständ- lich machen, es ergänzen und vielleicht modifizieren.

Wie die Arbeit zeigt, waren die von Hutten erfolgreich nach den drei Grundsätzen: tatkräftiger Ein- satz für die Landesfürsten und das Reich, d.h. im Dienst der jeweiligen Fürstäbte und -bischöfe, der Landesherren und der Kaiser und Könige, die sich mit der Verleihung von Privilegien bedankten, ge- schickte Heirats- und Erwerbspolitik, die dichten Besitz um die Zentren im Kinzigtal, Sinngrund, Werntal und in den Haßbergen erbrachten und kluge Familienpolitik sowie Hausgesetze, die die Zer- splitterung des Erworbenen verhinderten.

Weiteres Ziel dieser Arbeit ist es, die Fortentwicklung der aus dem Ritteradel stammenden Familie von Hutten innerhalb der verschiedensten Bereiche zu erfassen, sie zur Diskussion zu stellen und der Fragestellung nachzugehen: Wie war ein solch phänomenaler Aufstieg möglich, daß die von Hutten bald zu den namhaftesten Familien des Reiches zählten?

Im übrigen wird darauf eingegangen, inwieweit die Eheschließungen einer Familie eine wesentliche Komponente für den sozialen Auf- und Abstieg darstellten und von Einfluß waren.

14

Hieraus soll die räumliche Begrenzung, der die von Hutten bei ihren Heiraten unterworfen waren, und die Bestrebun- gen, denen sie mit ihrem Konnubium nachgingen, erkannt werden.

Da die genetische Kontinuität des Geschlechtes der von Hutten in seinem gesellschaftlichen Wan- del noch nicht erarbeitet wurde, aber eine genügend lange Kette von Generationen in ihrem biologi- schen Gefüge und inmitten ihrer meist regionaler Heiratskreise vorhanden ist, konnte der verwandt- schaftliche Zusammenhang erforscht werden.

15

Wünschenswert wäre eine vergleichende Darstellung zur Familienstruktur und zum Konnubium gewesen, wie sie Thomas Beyer ansatzweise über das Ge- schlecht der von Grumbach im Spätmittelalter erarbeitet hat.

16

Doch klafft zu oft eine Lücke in der Quellenlage, um all die Rückschlüsse ableiten zu können.

Erst im Rahmen dieser Untersuchung konnte auf personengeschichtliche Fragen eingegangen und diese wichtige Vorarbeit zur Adelssippe geleistet werden. Dabei wurden eine Reihe grundlegender Werke herangezogen, die ein unentbehrliches Fundament der gesamten Adelsforschung bilden.

17

Der Autor stützt sich in der vorliegenden Arbeit auf die brauchbaren Informationsquellen von Walther

13 GROPP, Ignaz, Collectio novissima scriptorum et rerum Wirceburgensium, Francofurtum 1741-1750 II, S. 679, nennt die von Hutten fabulös „ein sehr altes Geschlecht, dessen Tüchtigkeit und vornehme Abstammung schon im Jahre 1019 und weiterhin durch die Ritterturniere bekannt ist“. - Zitiert nach ZEDLER, Lexicon, Sp. 1309.

14 FELDBAUER,Rangprobleme, S. 571-590.

15 Vgl. grundlegend LEMMEL, Die genetische Kontinuität des mittelalterlichen Adels dargestellt am Beispiel des mainfränkischen Uradelsgeschlechts der Lampert von Geroldshofen.

16 BEYER, Grumbach: StA Würzburg, FH 468.

17 Vgl. KNESCHKE, Adels-Lexicon.

(10)

4

Möller (1866-1965), die trotz erheblicher Lücken und gelegentlicher Fehlschlüsse hohe Beachtung verdienen. Zahlreiche Verbesserungen konnten in den beigefügten Stammtafeln als wichtige über die bisherige Forschung hinausführende Ergebnisse dessen Untersuchungen eingefügt werden.

18

Schließlich wird die Besitzgeschichte der vier Hauptstämme ermittelt. Gewiß kann man zwar selten die direkten Vorfahren vieler Adliger des 11. und 12. Jahrhunderts exakt bestimmen, aber die genealo- gisch-besitzgeschichtlichen Ergebnisse erlauben die Annahme einer weitgehenden Kontinuität und somit die Hypothese zur Herkunft der Familie und dem Dienstverhältnis, in unserem Fall zu den Ful- daer Äbten.

Besonders die Relation von Besitzgeschichte und Genealogie, auf deren Auswertung diese Arbeit beruht, ist eine schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannte Vorgehensweise.

19

Durch Rekon- struktion des früheren Adelsbesitzes sowie der Genealogie der von Hutten wird die wirtschaftliche Bedeutung dieses Geschlechtes in den kausalen Zusammenhang von Genealogie und sozial- politischem Wirken gestellt.

Im Mittelpunkt der Arbeit stehen zwei große Komplexe, die die Grundlagen der Untersuchungen bilden und an denen sich die gestellte Aufgabe orientiert. Das ist zum einen die vollständige Untersu- chung des huttischen Stammhauses im Mittelalter, wobei die Entwicklung zur Verselbständigung neuer Zweige und Führung eigener Bei- bzw. Herkunftsnamen aufgezeigt wird.

Den zweiten großen Komplex, der weitere Einblicke in den weitverzweigten Familienverband der Reichsritter von Hutten gewährt, stellt die Zeit der Frühen Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches und einen Ausblick bis in das 19. Jahrhundert dar.

Zunächst werden die Grundzüge der Entwicklung der Familie begründet, wobei auch versucht wird, einen Einblick in die Persönlichkeit einzelner Mitglieder des Geschlechts zu gewinnen. Infolge der ungünstigen Quellenlage ist dies jedoch oftmals nur in sehr beschränktem Umfang möglich. Einige herausragende Persönlichkeiten, ihre Adelskarrieren an den süddeutschen Höfen, ihre Baufreudigkeit, ihr geistvolles und kunstsinniges Mäzenatentum als Kunstbesitzer und Büchersammler sollen gleich- falls herausgearbeitet werden. Davon legen in den Besitztümern des fränkischen Ritterkreises und be- sonders im mittleren Kinzigtal, dem Joßgrund sowie Arnstein, Birkenfeld, Frankenberg und Steinbach, Burgen, Schlösser und „kleine“ Residenzen sowie die von dieser adligen Familie gestifteten Kirchen und Kapellen Zeugnis ab.

Der weitere Teil ist den Dienstverhältnissen der von Hutten gewidmet, wobei auf die aus den Le- hen hervorgegangenen Beziehungen eingegangen wird.

20

Da ein Gesamtarchiv des Geschlechtes nicht vorhanden ist, ließ sich die Besitzgeschichte und -entwicklung zum Großteil nur sehr mühsam als ein Mosaik aus einer Vielzahl von Einzelnachrichten zusammentragen, die in den Archiven der Landesher- ren, der Kirchen, Klöster oder verwandter Familien erhalten sind. Dabei sind natürlich vollständige Querschnitte für die verschiedenen Linien oder gar für einzelne Personen nur sehr schwer zu gewin- nen. Zum Abschluß der Untersuchung werden die wichtigsten Ergebnisse nochmals zusammengefaßt.

Die Stammtafeln, das beigefügte Kartenmaterial sowie die Abbildungen dienen der Veranschaulichung dargestellter Sachverhalte.

18 Vgl. MÖLLER, Stammtafeln Hutten-Steckelberg, S. 118-123, Tafeln 78-80.

19 DUNGERN, Adelsherrschaft, S. 10.

20 Grundlegend sei auf die neueren Arbeiten von SCHMITT, Frankenberg und DECKER, Besitzungen im oberen Kinzigtal verwiesen.

(11)

1.3 Die zeitliche Eingrenzung bis zum Ende des Alten Reiches

Urkundlich nachweisbar ist die Familie seit dem Jahr 1274. Im überlieferungsgeschichtlichen Sinne wird sie jedoch viel früher, nämlich bereits 1140 faßbar.

21

Doch erst um die Wende vom 13 zum 14.

Jahrhundert entwickelte sich das Geschlecht zum fuldischen, „buchischen“ Dienstadel, einer auf christlicher Ethik gegründeten Idealgemeinschaft von Kämpfern.

22

Wir finden Mitglieder in gehobener Stellung als Ministerialen in den Diensten von Fulda, Würzburg und Hanau. Im Waffen- und Burg- dienst erlangte die Sippe Ruhm und Besitz, denn als fuldische Amtmänner saßen sie auf Burgen und gewannen sozusagen als weltliche Hochgerichtsherren einer geistlichen Grundherrschaft zunehmend an Bedeutung, indem sie vogteiliche Gerichtsbezirke im Interesse des Stifts verwalteten.

23

In anspruchsvollen Positionen als Marschall oder gar als kaiserlicher Landvogt in der Wetterau be- gegnen uns die Dienstmannen aus dem huttischen Geschlecht.

24

Durch solche Funktionen und Ämter als Schultheißen, Burggrafen und Vögte (faud, voyd, lat. advocatus) läßt sich der Weg vom buchischen Adel zum Ritterstand, vom Funktionsbegriff Ritter zur Aufnahme in den Freiherrnstand im 19. Jahr- hundert erklären.

25

Denn das Lehen oder gar Eigentum von Grundbesitz und die anspruchsvolle Amt- strägerschaft garantierten Wohlstand. Macht und Einfluß resultierten aus der Herrschaft über Men- schen auf der Basis grundherrschaftlicher Rechte und jurisdiktioneller Gewalt.

26

Dabei konnte der Kinderreichtum bei Adelsfamilien schon zum Problem werden, da die Herrschaft möglichst nicht zu sehr zerteilt werden sollte. Den Söhnen aus dem Geschlecht bot vom 14. Jahrhun- dert bis zum Ende des Alten Reiches beispielsweise der Deutsche Orden als des „Teutschen Adels Spitale“

27

Aussichten auf Unterhalt und Karriere. Nachgeborene Kinder fanden ihre standesgemäße Versorgung zuweilen auch in Klosterpfründen. In den benachbarten fränkischen Hochstiften wie auch in den Domkapiteln von Mainz, Würzburg und Bamberg sind die von Hutten als Domherren nach- weisbar; wurden sie gleichfalls im Hausorden vom Heiligen Georg, dem Ritterstift Sankt Alban in Mainz und Sankt Burkhard in Würzburg mehrfach aufgeschworen.

Seit dem 16. Jahrhundert waren Mitglieder der Familie von Hutten in Franken als hohe Verwal- tungsbeamte, Offiziere, Diplomaten oder Geistliche tätig. Es sind dies die gleichen Jahrhunderte in denen der Adel das Feld seiner ursprünglichen Betätigung weitgehend eingebüßt hatte und sich an neuen Aufgaben bewähren mußte.

28

Ihre Rolle in Kirche und Staat sowie die Dienstnahme bei Kaiser und Fürsten und der Reichspatriotismus ermöglichten ihnen als Bischöfen den Aufstieg in das Reichs- fürstentum mit genuin staatlichen Aufgaben, wobei durch Religion und staatliche Bindung die damit verknüpften politischen Ziele und kirchlichen Erneuerungsbestrebungen untrennbar wurden.

Dank beachtlicher Vermögensverhältnisse und durch reichsunmittelbares Grundeigentum in den Hochstiften wurde also aus dem freien Reichsritter der Reichsfreiherr, der bei der Mediatisierung am Ende des Kaiserreiches mit erheblichen sozialen Umschichtungen konfrontiert wurde. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 verschwand das politische Gebilde Franken und ging im Kö-

21 Darauf wird im Kapitel 3.3 ,Erstnennung’ näher eingegangen.

22 Vgl. WITZEL, Fuldische Ministerialen: Neuerdings bietet diese knappe monographische Darstellung der Ent- stehung der Ministerialität und der Fuldaer Ministerialität im Speziellen eine Entwicklungslinie, wie innerhalb der unfreien „familia“ des Klosters im Laufe des 11. Jahrhunderts eine bessergestellte Gruppe entstand.

23 HOFEMANN,Reichsabtei Fulda.

24 StA Würzburg, Ortenburger Archiv, Nr. 1951: 1500 wird erstmals das Adjektivsuffix „huttisch“ gebraucht.

25 Vgl. STEINFELD, Ritter von Hutten.

26 MORAW,Fuldas Stellung, S. 63-83: Der Verfasser wünscht sich für die fuldische Geschichtsforschung eine weitgespannte vergleichende Beschreibung der kleineren Adelsfamilien im näheren Umland.

27 RECHTER, Orden, S. 226.

28 EULER, Konnubium, S. 64.

(12)

6

nigreich Bayern auf. Eine Neuorientierung und Nobilitierung in den bayerischen Adelsstand war die Folge, denn das Geschlecht von Hutten, das heute noch blüht, wurde nach Auflösung des Alten Rei- ches 1806 im Königreich Bayern bei der Freiherrnklasse am 21. Oktober 1816 immatrikuliert.

29

1.4 Das Quellenmaterial

Als gesellschaftlicher Stand entwickelte die Ritterschaft einen diffusen Ahnenstolz, „der sich in zeitge- nössischen Selbstbiographien und Chronistik genealogischer Spielereien widerspiegelte“.

30

Folglich findet man unter den Handschriften, Familienbüchern und autobiographischen Schriftstücken einzel- ner Adelsgeschlechter hervorragende Quellen zur Adelskultur des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Davon ist die Familie von Hutten nicht auszuschließen.

Der älteste Nachweis, die Genealogia Huttenica

31

wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf- gezeichnet.

32

Sie schließt mit Johann (XIII, 1)

33

einschließlich seiner Söhne und wird wohl von Daniel (XIV, 2) angeregt worden sein, denn ihm verdanken wir ebenfalls einen einzigartigen in Altengronau hängenden Stammbaum, von dem eine farbige Vorzeichnung des fränkischen und eine Skizze des stolzenbergischen Hauptstammes überliefert sind.

34

Ein weiterer, barocker Stammbaum im Schloß Steinbach spiegelt den Zeitgeist wider. Aus einer lie- genden Ritterfigur, wohl dem idealisierten Spitzenahnen und der Wurzel der nachfolgenden Genera- tionen, steigt eine kunstvolle Ahnentafel in Baumform empor, die in ihren Hauptstämmen die primär männlichen Linien Stolzenberg, Steckelberg und Franken sämtlicher Ahnen hervorhebt und auch eine Fülle heraldischer Informationen enthält. Kriegerische Szenen, Personengruppen in prachtvoller Klei- dung und Landschaftsstaffagen mit den Burgsitzen unterstreichen die Bedeutung dieser altadligen Fa- milie. Schließlich wollten auch die von Hutten besonders in der Barockzeit anderen Geschlechtern nicht nachstehen. Sie versuchten, indem sie ganz im Geist der Zeit fehlerhafte soziale Spuren legten, ihre Abstammung auch in Form genealogischer Abstammungslegenden so weit wie möglich zurückzu- verfolgen.

35

Dies geschah, obwohl der historische Wissensstand zu Anfang des 18. Jahrhunderts solche Überlegungen bereits weitgehend ausschloß, um mit familiengeschichtlichen Herkunftsdeutungen falsche gesellschaftliche Ansätze zu plazieren.

36

Und so schrieb der gerade eben gewählte Würzburger Fürstbischof Christoph Franz (XVI, 32) am 22. November 1724 an den lieben Vetter zu Frankenberg und bat ihn um „Vorschub“, das heißt, die- ser möge ihm mit Nachdruck alte Urkunden und Schriften zur Auswertung zukommen lassen. Er ver-

29 HStA München H 41 PN 5294. - NUSSER, Adelsedikt, S. 308-325.

30 Zitiert nach IRSCHLINGER, Aufzeichnungen, S. 205-258. - StA Marburg 90a, Nr. 263: Genealogische Samm- lung des Amand von Buseck zur Familie von Hutten zum Steckelberg.

31 Der Verfasser konnte noch zu Beginn der 1980er Jahre vom zwischenzeitlich verschollenen Original einen Mikrofilm anfertigen lassen. - FvHutten: Johann von Hutten (XIII, 1) habe einen Stammbaum aus dem Jahr 1570 hinterlassen.

32 FUCHS, Beiträge, S. 71.

33 Die Zahlen hinter den Eigennamen verweisen auf die Stelle, die das jeweilige Familienmitglied innerhalb der Gesamtgenealogie des Geschlechtes einnimmt; vgl. den dieser Arbeit beigefügten Stammtafeln.

34 Der 1994 restaurierte Stammbaum und die herangezogenen Skizzen befinden sich im huttischen Familienbe- sitz.

35 Das Barockzeitalter brachte auch so manch andere Neuheit. 1617 wurde zu einem Adelsnamen erstmals statt des üblichen „von“ ein „von und zu“ hinzugefügt und schnell setzte sich diese Sitte bei jenen Adelsfamilien durch, die noch auf ihrem Stammgut wohnten.

36 StA Darmstadt A 12: Bei der Nr. 387 handelt es sich um die Ahnenprobe des Johann Philipp Friedrich Schütz von Holzhausen. In der 61. Generation wird eine Buta (wohl ein Lesefehler für Guta) von Hutten aufgeführt, der als Nachweis ein völlig falsches, nämlich eine blaues Wappen mit drei Rauten beigegeben wird.

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sprach, diese unversehrt zurück zu senden. Sein Gebrauch sei einzig und allein damit verbunden, daß er „der zu der familien gemeinsamben Vortheil und lob gedeeyhen wird“. Bernhard Friedrich (XVI, 44) sicherte ihm in seiner Antwort vom 28. November Unterstützung zu. Er werde sich bemühen,

„mit allem, was zu obiger ruhmwürdiger absicht nur immer dienlich seyn mag, aus hiesiger Registratur unterthänigst anzudienen“. Leider sei es ihm zur Zeit nicht möglich, dem Anliegen zu entsprechen, da sein Registrator, der mit einer anderen Mission betraut für vierzehn Tage nicht zugegen sei, „auß Ver- sehen die Schlüßel mitgenommen, daß ohne Schaden also die Registratur nicht eröfnet werden kann“.

37

Das Interesse an der intensiven Erforschung der Familiengeschichte war geweckt. Maximilian (XVIII, 2) zu Salmünster und Philipp Wilhelm zu Würzburg (XVII, 31) beschäftigten sich in den Jah- ren 1745-1746 und auch künftig damit und hatten oftmals auch mit Johann Philipp Friedrich (XVII, 44) in dieser Sache korrespondiert. Da Maximilian unter seinen vielen alten Dokumenten nicht finden könne, wer das Schloß Frankenberg erkauft habe, schrieb er am 23. Januar 1746 an Philipp Wilhelm und bat ihn, in der alten „Genealogia Huttenica“ zu suchen.

38

Der Bischof von Speyer, Kardinal Franz Christoph von Hutten (XVII, 34), war stolz auf die Ver- dienste Frowins von Hutten (X, 5), den Kaiser Maximilian als einen Mann von erlauchtem und be- rühmtem Geschlecht unter dem 24. Juli 1509 als seinen Ratgeber und Minister angefordert hatte, und ließ sich 1756 von dem Kammergerichtsassessor von Harpprecht eine Abschrift dieses Schriftstückes anfertigen. In dieser spricht er „von der merkwürdigen Piece von Kaiser Maximilian“, „welche die Verdienste der hohen Familie von alters her verherrlichet“.

39

Auch ihm aus reichsritterlichem Ge- schlecht ging es wie seinen Standesgenossen, sie „labten sich am Ruhme ihrer Vorfahren, ohne aber deren ritterlichen Beruf in der alten Weise auszuüben.“

40

Dieser „Splendor familiae“ führte nicht nur bei ihnen, sondern wie in vielen anderen Fällen auch, zu kuriosen Ergebnissen. Der Beweggrund zur Schaffung einer überliefernden, erzählenden Quelle war oftmals von der persönlichen Sorge um eine gute Memoria, um ein gutes „gedechtnus“ bei den Nach- fahren geleitet.

41

Eine weitere genealogische Aufzeichnung beginnt mit Konrad von Hutten zu Birkenfeld (VIII, 21) und nennt als letzten zeitlichen Eintrag ein Sterbedatum von 1740. Durchstreichungen belegen, daß der Verfasser bei der Zuordnung einzelner Personen oftmals von Zweifeln geplagt wurde.

42

Hinzu kamen verschiedene genealogische Entwürfe, die besonders bei Erbauseinandersetzungen dienlich sein sollten

43

, und ein gedrucktes „Schema Genealogicum“ für die fränkische Linie, das mit Kon- rad (IX, 34) beginnt und mit Johann Philipp Friedrich (XVII, 44) endet.

44

37 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 91 Genealogica. - StA Marburg 94, Nr. 2508: Stammbaum der von Hutten, von Rudolph von Hutten 1179 bis Joh[ann] Hartmann v[on] Hutten 1704.

38 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 2332. - StA Marburg 86, Nr. 30055: „Stamm-Tafel derer Freyherrn von Hutten Stolzenbergischer Linie“ 18. Jahrhundert. - StA Marburg 86, Nr. 30055: Stammtafel 1296- nach 1757.

39 Die FREUNDE STEINHEIMS zitieren aus der Mainzischen Chronik des Georg Christian Joannis, wobei sie als Datum fälschlich den 24. Juni 1509 angeben.

40 Zitiert nach MÜLLER, Reichsritterschaft S. 22.

41 Die Quelle trug den praktischen, nämlich rechtssichernden Charakter, indem sie die Vorgänge als „Memorabi- le“ darstellte.

42 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Faszikel 26.

43 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 77.

44 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 81.

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8

Ein gedruckter Stammbaum

45

nimmt seinen Anfang mit Ehrenreich 930 und dessen Sohn, dem Rit- ter Karinus, Eucharius 1019 sowie Rudolph 1179, der angeblich eine mit Ernst von Boyneburg verhei- ratete Tochter Anna hinterließ. Dann folgt Eustachius 1209 mit dem Nachkömmling Alhardus sowie Ludwig 1235 und seinen Söhnen Johann, Hermann und Erkenbert, die uns gesichert begegnen. Ihre fiktiven Konterfeis wurden gemalt und zierten bis 1945 das Schloß Steinbach. Besagte Ahnentafel endet mit Johann Anton Wilhelm (XVII, 1), der von 1679 bis 1747 lebte, und läßt sich als terminus post quem um 1700 einordnen.

Ludovicus und Rudolfus de Husin waren vor dem September 1231 als Zeugen zugegen und werden ge- nannt, als Landgraf Heinrich von Hessen (~1204-1247) dem 1089 gegründeten Stammkloster der thü- ringer Landgrafen Reinhardsbrunn zum Seelenheil seiner Schwägerin Elisabeth (1207-1231) 10 Hufen vermachte.

46

Möglich wäre, daß die Bürgen Ludovicus und Rudolfus auch nach anderer Lesart de Hutin geheißen haben, denn die Vornamen Ludwig und Rudolf passen genealogisch und zeitlich in die Fami- liengeschichte.

Gewiß sind das Erklärungsversuche, die zwar von führenden Genealogen der Zeit wie dem Main- zer Domvikar Georg Helwich (1595-1632) und dem Frankfurter Ratsherrn Johann Maximilian von Humbracht (~1653-1714) verworfen wurden, aber auch sie wollten den Ursprung der Familie weiter zurückverfolgen, als die gesicherten Quellenangaben es zuließen. Das adelsgeschlechtliche und für die Ahnenproben wichtige Material hat Helwich auf Geheiß des Kurfürsten von Mainz Georg Friedrich von Greiffenclau zu Vollrads (1626-1629), aus dem dortigen Archiv zusammengetragen. Dazu benutz- te er zahlreiche Nachrichten, für die uns heute keine authentischen Nachweise mehr vorliegen.

47

Johann Maximilian von Humbracht brachte als erster in seinem umfangreichen Werk von 1707 über die Ritterschaft eine Stammfolge des Geschlechtes der von Hutten heraus und begann in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts mit dem schon vorgenannten Ehrenreich. Er fügte hinzu, daß dieser in Zeiten des Abtes Hadamar (927-956) ein fuldischer Hofmarschall und Heerführer Kaiser Heinrichs I. (919-936) gegen die Hunnen gewesen wäre.

48

Wichtige Quellen für Humbracht waren die Turnierbücher des 16. und 17. Jahrhunderts, in denen die Teilnehmer an vermeintlichen ritterlichen Turnieren schon seit der Zeit Ottos I. des Großen (912- 973) aufgezählt werden. Das Turnierbuch von Georg Rüxner, das in verschiedenen Ausgaben zwi- schen 1530 und 1580 erschienen ist, war unter diesen einschlägigen Publikationen wohl das bekannte- ste.

49

Doch die Verfasser solcher Werke hatten weniger die wissenschaftliche Genauigkeit als vielmehr den Ahnenstolz des noch blühenden Adels im Auge. Da die Turnierbücher oft erst viel später nieder- geschrieben wurden, gleichsam als nachträglicher Beweis einer sehr alten, rittermäßigen Familientradi- tion, sind Turnierangaben immer mit Bedacht zu bewerten. Gleiches gilt auch für sämtliche Verwei- sungen auf die von Hutten in den Turnieren vom 11. bis in das späte 13. Jahrhundert und sind als reine Erfindung zu betrachten. Auch Erwähnungen im 14. Jahrhundert dürfen nur unter Vorbehalt akzep- tiert werden, obwohl die Familie in dieser Zeit schon urkundlich belegt ist.

45 FvHutten: Stammbaum um 1700.

46 SCHANNAT, Vindemiae, S. 121 Nr. 25. In der Urkunde wird Elisabeth fälschlich als dessen Gemahlin ge- nannt.

47 StA Darmstadt Opus Genealogium. Das Werk Helwichs, das ein Verwandter des Kurfürsten Johann Philipp Freiherr von Greiffenclau fortführte, diente Humbracht als Grundlage für seine Stammtafeln. Exakte Anga- ben Helwichs sind jedoch häufig von ihm falsch verwertet und oft nicht den richtigen Personen zugeschrie- ben worden. - IRSCHLINGER, Aufzeichnungen, hier S. 226.

48 HUMBRACHT,Zierde, hier T. 167. Das Titelbild seines Werkes zeigt eine edle Gesellschaft, die lebhaft über den Stammbaum und die erlauchten Ahnen diskutiert.

49 RÜXNER, Turnierbuch. - GUMPPENBERG,Turniere, S. 164-210. - RANFT, Familienbücher.

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Ein Ungenannter, den Hansmartin Schwarzmaier (1932-) „einen fleißigen Biographen und Genea- logen“ nennt

50

, zählte in seiner Arbor Genealogica, die 1744 in Bruchsal erschien, sämtliche „glorreichen Hutten“ auf, die sich bis dato in hohen Ämtern befanden oder gar als geistliche Würdenträger auf ho- hen Stiftspfründen saßen. Sicherlich diente Franz Christoph (XVII, 34) jene Auflistung dazu, um auf diese Weise seine altehrwürdige Herkunft und den Nachweis für das angestrebte hohe geistliche Amt des Bischofs von Speyer zu erbringen.

51

Der Fürstlich Fuldaische Geheime Rat, Oberstallmeister, Kommandeur der Leibgarde und Land- obrist Damian Hartart von Hattstein (1676-1751)

52

veröffentlichte in seinem 1740 erschienen Opus über die „Vollständige Probe der Ahnen unverfälschter Adlicher Familien“ die Ahnentafeln einiger damals lebender Mitglieder dieses Geschlechtes.

53

Gefördert wurde er von Amand von Buseck, dem ersten Fuldaer Fürstbischof (1685/1737-1756), der eine große Neigung zur Kunst und Architektur besaß und selbst genealogische Blätter hessischer und fränkischer Adelsgeschlechter aufbewahrte.

54

In diesem Faible folgte mit weiteren Tafeln der Pfarrer Johann Gottfried Biedermann (1705-1766)

55

zu Aufseß im fränkischen Ritterkanton Gebirg, dann Untersteinach bei Kulmbach, der sich wenige Jahre später mit umfangreichen Studien zum Adel beschäftigte, indem er sich die Nachweise über die Stammtafeln von den jeweiligen Familien erbat.

56

Um den genealogischen Beweis von den von Hutten zu erbringen, hatte er einen umfangreichen Schriftwechsel, so auch mit einem Pfarrkollegen vom 18. Mai 1742. Er habe die Tabellen einsehen wollen, schrieb er, „doch keinen Stamm Baum vom Hauß außs erlangen können“. Vergeblich habe er sich um korrektes Material bemüht, sei auf die Vorgaben Hattsteins angewiesen und hoffe, daß „das allermeiste seine Richtigkeit habe“.

57

Demnach kann Hanns Freiherr von Hessbergs Urteil hinsichtlich einer von Biedermann beabsichtigten Korrektheit widerlegt werden, der die These aufstellte: „Die einzelnen Angaben auf ihre Wahrheit nachzuprüfen, hielt er wohl nicht für nötig, oder wagte er es nicht, um nicht etwa in manchen Fällen genötigt zu sein, den Glanz der behandelten Geschlechter verringern zu müssen. ... Er gibt uns, ... da er auch gute, verläßliche Quellen ausgeschöpft hat, man- chen wertvollen Hinweis, aber als Quelle selbst dürfen wir sein Werk nicht verwenden.“

58

Wie Hessberg steht freilich die gesamte moderne Forschung Johann Gottfried Biedermann skep- tisch gegenüber, wenngleich sie ihn paradoxerweise mangels besserer Kenntnis immer wieder zitiert.

Allerdings sind für die ältere Zeit Biedermanns Daten sehr ungenau. Einigermaßen zuverlässig werden sie erst seit dem 15. Jahrhundert, wobei zu bedenken ist, daß der Verfasser auch mit flüchtigen Anga- ben beliefert wurde. Auf diese Weise haftete seiner Arbeit etwas Unvollständiges an. Sie bleibt trotz allem wichtig, weil selbst die vorhandenen Quellenbelege das Fragmentarische einer geschichtlichen Darstellung nicht ganz beseitigen können.

50 GLA Karlsruhe, Signatur 67/438. - SCHWARZMEIER, Studien, S. 349.

51 SCHWARZMAIER, Wahl, S. 345-374.

52 MIELKE, Hattstein, S. 361-362. Durch seine Ehe mit Anna Philippina Forstmeister von Gelnhausen war er mit den von Hutten verwandt. In zweiter Verbindung heiratete er Katharina Elisabeth von Waldersdorf.

53 HATTSTEIN, Ahnenprobe I, S. 316-328, III, S. 250-256.

54 StA Marburg Bestand 90a, Nr. 241, S. 57, Wappenskizzen zu den genealogischen Sammlungen Amands von Buseck um 1740.

55 HIRSCHMANN,Biedermann, S. 2-9.

56 BIEDERMANN, Geschlechtsregister.

57 StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 91: Genealogica mit farbiger Stammtafel.

58 HESSBERG, Wildberg, S. 69. - StA Würzburg, Ortenburger Archiv Nr. 167: Johann Nikolaus Diez, Notar der brandenburg-bayreuthischen Regierung, nutzte den „Biedermann“, um beispielsweise für Erbstreitigkeiten genealogisch beglaubigte Tabellen auch über die von Hutten vom 17. August 1787 aufzustellen.

(16)

10

Biedermanns hinterlassene Werke sind besonders für die ältere Zeit und in Anbetracht des nicht wesentlich herausgearbeiteten Konnubiums „nicht ganz frei von falschen Vorstellungen“ und keines- falls ohne Irrtümer, die zum Beispiel einem Genealogen wie Wilhelm Freiherrn von Bibra in seinen Erläuterungen zum Verwandtschaftsverhältnis Grumbach-Hutten-Bibra größte Zurückhaltung abnö- tigten.

59

Hattsteins Ahnenprobe und seinen genealogischen Überlegungen und Beweisführungen ist entscheidend mehr Wahrscheinlichkeit beizumessen als den oft geradezu falschen Darstellungen Bie- dermanns. Sie tragen heute als Neudrucke in der familiengeschichtlichen Forschung zur weiteren Ver- wirrung bei. Erst vom 16. Jahrhundert an und dann besonders für das 17. und 18. Jahrhundert sind sie im allgemeinen zuverlässiger und damit bis heute dem Anschein nach brauchbarer.

60

Wir konnten belegen, daß bereits die bekanntesten Genealogen des 18. Jahrhunderts mit dem Ge- schlecht der von Hutten befaßt waren, denn Stammbaumfragen wurden in diesen alten Ritterge- schlechtern immer dann laut, wenn es galt, der Ahnenprobe für eine Aufnahme in ein Domkapitel oder in den Deutschen Ritterorden zu entsprechen. Zumal in den Stiftskapiteln und Deutschritterbal- leien die beste Kenntnis der Geschlechterfolge in selbstbewußter Pflege vermittelt und sorgsam nach der Definition des „Adels“ die ritterliche Herkunft von beiden Elternteilen „de militari genere ex utroque parente“ überprüft wurde. Diese mußte durch eidliche Bekräftigung, für jeden Elternteil getrennt, sei- tens mehrerer Standespersonen in Form einer Aufschwörung bewiesen werden. Da sowohl der Vater als auch die Mutter dieselbe Adelsqualität wie der Proband haben sollten, ergab sich daraus ein Vier- Ahnennachweis bis zu den Großeltern.

61

Die Stammtafeln des huttischen Geschlechts lassen sich, wenn auch fehlerhaft, bis um 1300 zu- rückverfolgen. Bereits bei der Aufstellung einer Ahnentafel Ulrichs von Hutten war Walther Möller 1951 „der Mangel an einer zuverlässigen Stammtafel des Geschlechts Hutten für die Zeit des 14. Jahr- hunderts aufgefallen“.

62

Obgleich die Genealogie der von Hutten durch ihn erschlossen wurde, stellte sich im Verlauf der Untersuchung die Notwendigkeit ihrer Überarbeitung heraus.

63

Dadurch erklärt sich im besonderen der umfassende genealogische Teil dieser Arbeit.

Als Grundlage der Nachweise bot sich das überwiegend gedruckte genealogische Material an, doch lagen auch einige neu erstellte Stammtafeln vor, was besonders bei verhältnismäßig unbekannten und angeheirateten Geschlechtern nützlich war. Denn wie im Fürstenadel galt auch die Familientradition und Verwandtschaftspolitik des Ritteradels nur soviel, wie sie einem nutzte, was sich auch hier belegen läßt.

64

Insbesondere in den genealogischen Stammfolgen sind daher weibliche Nachkommen kaum aufgeführt. Da es sich bei der Lehensvergabe meist um Mannlehen handelte, fehlen vorwiegend die weiblichen Nachfahren. Folglich konnte in der Vergangenheit eine größere Anzahl Töchter weder namentlich noch mit Bestimmtheit eingereiht werden.

Entsprechend dem beim Adel des Landes Franken gebräuchlichen Recht und im Interesse der „er- haltung adelichen manlichen stammes“ gegenüber ihren Brüdern

65

sollten sich die Töchter „mit etwas

59 BIBRA, Familiengeschichte II, S. 428.

60 Nach HIRSCHMANN,S. 2, ist Biedermanns „Werk für genealogische Forschungen in Franken bis zum heuti- gen Tag unentbehrlich geblieben“.

61 HARTMANN, Domherrn, S. 154.

62 MÖLLER, Stammtafel, S. 118-121.

63 MÖLLER hat bei seiner Erforschung auch STACKELBERG, Genealogie der Steckelberg, herangezogen und kam auf S. 121 zu der Überzeugung, daß diese „sehr flüchtig bearbeitet ..., ganz abwegig und unhaltbar“ sei. Dann urteilt er: „Das ist keine Stammtafel, sondern eine Aneinanderreihung von Namen ohne Zusammenhang.“

64 SCHINDLER, Habitus und Herrschaft, S. 56.

65 Zitiert nach ANDERMANN, Adelsheim, Nr. 365: um 1607.

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Geld begnügen“ und auf die Stammgüter Verzicht leisten. So lautete die vorherrschende Devise vor dem kaiserlichen Landgericht zu Bamberg im Jahr 1523.

66

Oftmals sind gleichermaßen die männlichen Angehörigen falsch eingefügt. Auch eine Auflistung mit der letzten Datierung von 1716 und Nachträgen einer späterer Handschrift mit Datum 1856, die den Titel führt: „Verheyrahtung der Familien Von Hutten, so wohl deß mänlige alß weiblige geschlecht oder stamme, so fiel mann wisse kon, nach dem a.b.c.“ trägt nicht zur genaueren Identifikation bei.

67

In einer weiteren Aufstellung sind „Die Namen von der Huttischen famili“ akribisch notiert und sollen Aufschluß über mehr als 400 Familienmitglieder geben, teilweise auch mit Lebensdaten, den angeheira- teten Ehegatten und der jeweiligen Dienststellung.

68

Die Wertmaßstäbe sind analog der ersten Liste anzusetzen.

Seiner Hochwohlgeboren dem Herrn Fritz Freiherrn von Hutten (XX, 2) zu Würzburg widmete der aus Roßbach bei Fulda stammende Johann Reinhard, der sich „Expedient“ nannte, in tiefster Ehr- furcht und Hochachtung: „Historische, urkundliche und genealogische Nachrichten und Beiträge zu der berühmten, alten Freiherrn Familie von Hutten. Nach den vorhandenen Quellen, Schriften und anderen seltenen und wichtigen Nachrichten, sowie neu aufgefundenen Urkunden.“

69

Auf 172 Seiten wird all das abgehandelt, was er in der greifbaren Literatur zur Familie von Hutten einschließlich eines biographischen Teils und dreizehn Urkundenabschriften aus dem Klosterarchiv Salmünster und „in alten Dokumenten und verschiedenen anderen glaubwürdigen Nachrichten und Überlieferungen mit viel Mühe gesammelt habe“.

70

Eine weitere handschriftliche und zweibändige „Hutteniana“ des Friedrich Freiherrn Gross von Trockau (1819-1901)

71

, ebenfalls aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, befindet sich im Famili- enarchiv. Darin werden in einer kleinen Notizensammlung die aus den verschiedensten Quellen zu- sammengetragenen Hinweise auf die Zugehörigkeit zur Familie von Hutten festgehalten. Eine Anzahl Aufzeichnungen verraten in ihrem Wortlaut, daß dem Verfasser Urkunden aus dem huttischen Famili-

66 Zitiert nach StA Würzburg, Ortenburger Archiv Faszikel 8, Fideikommiss.

67 FvHutten: Verheiratungen.

68 FvHutten: Familienmitglieder.

69 Johann Reinhard ist wohl identisch mit Johann Ignaz Antonius Reinhard (1817–1870), der sich 1865 um die Stadtschreiberstelle in Hünfeld bewarb, zwischen dem 2. und 3. März 1870 bei Großenbach ertrank und am 5. März 1870 in Roßbach bestattet wurde. Als Sohn der Lehrers Wilhelm Franz Friedrich Reinhard, der aus Romsthal im Huttengrund stammte und 1820 an die Schulstelle zu Roßbach berufen worden war, dürfte er eine Ausbildung genossen haben, die ihn in den Stand versetzte, sich mit historischen Fragen zur Familie von Hutten zu beschäftigen. Der Verfasser Reinhard widmete von Roßbach aus am 14.Oktober 1848-1851 „Sei- ner Hochwürden dem Herr Pfarrer Grau zu Marbach eine vita des berühmten und gelehrten Jesuiten Athana- sius Kirchnerus aus Geisa“ (Landesbibliothek Fulda Handschriften B 105). So geschehen in einer Zeit, schrieb er in der Einleitung, in der sich „seit der Begründung und Begeisterung vieler historischer Vereine für Vaterlandskunde überhaupt, besonders aber für das vaterländische Alterthum in allen Theilen Deutschlands mehr oder weniger bemerkbar wurde“. Sein Bruder war Johann Wilhelm Reinhard (1822–1899) aus Roßbach bei Hünfeld, der 1847 in das Fuldaer Priesterseminar eingetreten war. 1850 zum Priester geweiht, befand er sich nach verschiedenen Stationen als Kaplan und Pfarrverwalter von 1871 bis zu seinem Tode als Pfarrer in Gelnhausen. Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Berthold Jäger, Fulda, vom 1. Mai 2005.

70 FvHutten: Johann Reinhard: handschriftliches Manuskript in Buchform mit Fadenbindung und in der Ab- messung von 16,3 x 20,0 Zentimetern ohne jeglichen Hinweis auf Ort und Jahr der Entstehungszeit. Papier- qualität und Schrift entsprechen der Mitte des 19. Jahrhunderts. - Freundlicher Hinweis von Frau Dr. Irm- traud Freifrau von Adrian-Werburg, Nürnberg, vom 11. Januar 2005, daß im Archiv des Germanischen Na- tional Museums, ebenfalls 12 von Joh. Reinhart (sic!) gefertigte Urkundenabschriften vorhanden sind.

71 Friedrich Freiherr Gross von Trockau (9. April 1819 Regensburg, 31. März 1901 Würzburg) hatte am 29.

April 1857 in zweiter Ehe Franziska Sophie von Hutten zum Stolzenberg (6. Dezember 1825, 11. Februar 1893 Würzburg) geheiratet, vgl. Gotha, F (1866), S. 336. Sein Onkel Adam Friedrich Freiherr Groß von Trockau (1758-1840), dessen Mutter Anna Maria aus dem mit den von Hutten verwandten Geschlecht der von Greiffenclau zu Vollrads stammte, war von 1821 bis 1840 Bischof von Würzburg, vgl. GATZ, Bischöfe, S. 261.

(18)

12

enarchiv vorgelegen haben müssen. Anhand einiger Beispiele der uns überlieferten Urkunden läßt sich die Richtigkeit nachweisen, zumal wiederholte Abschriften und Lesefehler gelegentlich zu Fehldeutun- gen führten.

Daneben verfaßten Herausgeber von Adelslexika kleine Artikel über die Hutten, die zumeist auf den eben genannten Arbeiten beruhten.

72

Doch die in diesen Werken vorhandenen Nachrichten über die von Hutten sind für eine Darstellung der Familiengeschichte bedeutungslos.

Erst dem Archivar und Historiker Georg Landau (1807-1865) gelang es, mit gutem Spürsinn und den von ihm ausgewählten Quellen, ein anschauliches Bild nach dem damaligen Stand der historischen Forschung der einzelnen huttischen Linien zu erarbeiten.

73

Sehr kenntnisreich hat er die genealogische und besitzgeschichtliche Entwicklungskette unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Verbin- dungen aufgeführt und dazu beigetragen, daß spätere Forschergenerationen über hessische Adelsfami- lien darin eine besondere Bewandtnis erkannten und eigenständiges Schrifttum darauf aufbauten. Lan- dau wollte keine Familiengeschichte erarbeiten und erwähnte sowohl die Ehefrauen als auch die Töch- ter nur am Rande. Er machte sich nicht den Grundsatz zu eigen: „Was wären all die berühmten Per- sönlichkeiten ohne die Mutter...“. Diese prägten die frühen Kinderjahre und wurde innerhalb der Fa- milien in ihrer doch so wichtigen „untergeordneten Rolle“ oftmals einschließlich ihrer Töchter in die Versenkung und von der Forschung in den Hintergrund gedrängt.

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Schließlich erschien im Rahmen der regionalgeschichtlichen Veröffentlichungen ein Aufsatz über die Geschlechterfolge der von Hutten zum Stolzenberg aus der Feder des Franziskanerpaters Damasus Fuchs (1862-1932).

75

Dieser heimatgeschichtliche Forscher hat die bereits erwähnte Genealogia Huttenica und Georg Landaus Beitrag aus den hessischen Ritterburgen mit den ihm vorliegenden Eintragungen aus den Salmünsterer Kirchenbüchern sowie eigenen Forschungen verglichen und all das zusammen- gestellt, was er im gedruckten Schrifttum aus älterer und neuerer Zeit fand.

Forscher zur Regionalgeschichte wie Paul Cauer (1860-1946), Eberhard Schmitt und Sebastian Zeißner haben sich ebenfalls mit Kurzbiographien zu den in den Dokumenten erwähnten Personen aus der Familie Ulrichs von Hutten, aus Frankenberg und Birkenfeld, bleibende Verdienste erwor- ben.

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Besonders Richard Schmitt ist die Erforschung des Schloßarchivs auf dem Frankenberg zu ver- danken, denn er hat dieses für seine besitz- und wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung genutzt und dabei festgestellt, daß „etwa die Hälfte der Archivbestände der bis 1783 der Familie von Hutten gehö- renden Herrschaft Frankenberg“ dort aufbewahrt und überliefert wurde.

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Auf den Ausstellungskatalog aus Anlaß der 500-Jahrfeier des Geburtstages von Ulrich von Hutten, dieser politisch hervorragendsten und schillerndsten Gestalt unter den deutschen Humanisten, in Schlüchtern 1988 wurde verwiesen. Namhafte Historiker waren daran beteiligt und haben mit einer Fülle von interessanten Aufsätzen zu den verschiedensten Themenbereichen und zur Abklärung man- ches Sachverhaltes in prosopographischer (personengeschichtlicher) und besitzgeschichtlicher Hinsicht

72 So Johann Heinrich ZEDLER im Universal-Lexikon, 68 Bde., 1731-1754, JohannFriedrichGAUHEN in sei- nem Adelslexikon 1740-1747 und Ernst Heinrich KNESCHKE inNeues allgemeines deutsches Adelslexikon 1859-1870.

73 LANDAU, Ritterburgen III, S. 187-346, enthält ab S. 226 eine detaillierte Geschlechtergeschichte. Zu der Stammtafel, S. 346, notiert er: „Sie beginnt da, wo die Geschlechtsfolge feststeht [...und] bei Biedermann und Humbracht sich als richtig zeigen.“

74 Vgl. RONNER,Frauen. - Zitiert nach WALDERDORFF/LEHSTEN, Frauen, S. 1.

75 FUCHS, Beiträge, S. 71-92.

76 CAUER, Familie Ulrichs von Hutten, S. 61-66. - SCHMITT, Frankenberg, S. 171. - SCHMITT/HUTTEN, Neue Welt, S. 145-179. - ZEISSNER, Birkenfeld, S. 27-31.

77 Vgl. SCHMITT, Frankenberg, S. 17: Das Ordnungsprinzip im Archiv geht auf den Ippesheimer Lehrer Oskar Oppitz zurück.

(19)

beigetragen.

78

Alle Untersuchungen sind in ihrer Art und für ihre Zeit beachtenswert und brachten die Kenntnisse über die huttische Adelssippe und ihre zeitweiligen Besitzverhältnisse ein wesentliches Stück weiter. Aber die Beiträge weisen unverkennbare Mängel auf, weil es den Verfassern nur begrenzt gelang, den Personenkreis des Geschlechtes von Hutten klar festzustellen.

Gewissermaßen als Begleitwerk veröffentlichte Ludwig Steinfeld (1917-1998) sein Buch über die

„Ritter von Hutten“ mit dem Ziel, auf die bekannten Wirkungsstätten des ganzen Geschlechtes auf- merksam zu machen.

79

Steinfeld hielt sich dabei an die Ausführung, die kein geringerer als der bedeu- tende französische Historiker Marc Bloch (1886-1944) betont hat: Nihil addendum est - Geschichte kön- ne immer nur vergleichende Geschichte sein, nichts dürfe hinzugefügt werden.

80

.

Während der Verfasser dieser Familiengeschichte den Weg einer verfeinerten besitzgeschichtlich- genealogischen Methode nachging und sich bemühte, die Überlieferungen für eine Darstellung des Geschlechtes zu beschaffen, ging es ihm wie weiland 1581 dem Leibarzt und Historicus Oswald Ga- belkover (1539-1616), der nach dem Schloßbrand in Neubronn noch vieles zum adelmannischen Stammbaum „vss den noch vebrigen documenten zusammengetragen“ hatte.

81

Denn es zeigte sich schon bald, daß der folgerichtigen Aufbewahrung des Quellenmaterials zu den huttischen Beständen kein guter Stern leuchtete.

Das Archivmaterial hatte zwar auch für die von Hutten sehr schnell eine zentrale Bedeutung er- langt, denn man bedurfte der Urkunden, Register, Rechnungen etc., um den Besitz beweisen und ver- walten zu können. Doch vieles der um die Mitte des 16. Jahrhunderts sich in Kreisen der Ritterschaft langsam durchsetzenden Aktenregistratur ist verloren gegangen.

82

Hinzu kamen folgenschwere Besonderheiten: „Nach der Schlacht bei Lützen 1632 beraubte der Fürstbischof von Würzburg die Herren von Hutten ihrer Güter. Frankenberg bekam eine Würzburgi- sche Besatzung, und das Archiv wurde ausgeleert. In der Folge kamen die Hutten wohl wieder zum Besitz ihrer Güter, aber nicht zu ihrem Archiv.“

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Daher ist es nur zu verständlich, daß nach einer Verweigerung solcher „Memorabilien“, die praktischen, nämlich rechtssichernden Charakter trugen und in denen die Vorgänge dargestellt waren, eine Klärung der Besitzverhältnisse erschwert oder nicht mehr möglich war, und deshalb das „Gewölb“ oftmals als „Geheimes Archiv“ für weitere Nachfor- schungen verschlossen blieb.

Zum laufenden Geschäftsverkehr und besonders durch Prozesse gelangten Urkunden in die Fried- berger Kanzlei des Kantons Mittelrhein, die sich Johann Anton Wilhelm (XVII, 1) als Beweisstücke ausgeliehen hatte: „Derjenige Briefschaften und Documente, welche ich Endes unterschriebener seit zu Ende gesetzten Dato aus denen in der Kayserlichen Burg Friedberg Archiv verwahrt stehenden beyde Huttisch brieff-Kasten empfangen haben soll ....“. Er bestätigte am 12. April 1718, daß er diese zurückgeben werde. Weiter heißt es in dem Pro memoria und der Bescheinigung der Friedberger Ritter- schaftskanzlei: „Zu Friedberg uff dasiger Cantzley solle eine oder 2 Eise Kisten mit Huttischen Brieff- schaften und Urkunden stehen“, dann folgt eine Auflistung über fünf genauer spezifizierte Urkunden,

78 LAUB, Ulrich von Hutten.

79 STEINFELD, Ritter von Hutten. - Leonhard RUGEL hat das Werk im Mainfränkischen Jahrbuch für Geschich- te und Kunst 41, 1989, S. 380-382 rezensiert. Er bescheinigt dem Verfasser Ludwig Steinfeld: „Die Lektüre des Buches gibt sicherlich in geglückter Weise die erwarteten Anregungen.“

80 BLOCH, Historiker, S. 122.

81 Zitiert nach ADELMANN,Geschlecht, S. 5.

82 ANDERMANN, Briefbuch, S. IX.

83 BUNDSCHUH,Beschreibung II, S. 199.

Abbildung

Tabelle 2: Erstnennung von Hutten
Tabelle 3: Ahnenprobe 1703

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