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(Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (2008/C 94/09) I. DIE BETEILIGTEN UND DAS VORHABEN II.

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Zusammenfassung der Entscheidung der Kommission vom 3. Oktober 2007

über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen

(Sache COMP/M.3333—Sony/BMG) (Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR) (2008/C 94/09)

Am 3. Oktober 2007 nahm die Kommission nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen und insbesondere Artikel 8 Absatz 2 eine Entscheidung über einen Unternehmenszusammenschluss an(1). Eine nicht vertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Ent- scheidung kann in der verbindlichen Sprachfassung der Wettbewerbssache und in den Verfahrenssprachen der Kommis- sion auf der Webseite der Generaldirektion Wettbewerb unter folgender Adresse eingesehen werden:

http://ec.europa.eu/comm/competition/index_en.html

I. DIE BETEILIGTEN UND DAS VORHABEN

1. Sony ist weltweit im Tonträger- und Musikverlagsgeschäft sowie in der Elektronik- und der Unter- haltungsbranche tätig. Bertelsmann ist ein internationaler Medienkonzern, zu dessen Geschäftstätigkei- ten die Herstellung von Tonträgern, die Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunk- sendungen, das Verlegen von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen, Dienstleistungen im Print- und Medienbereich sowie Buch- und Musikclubs gehören.

2. Der neu angemeldete Zusammenschluss bezieht sich auf die Gründung des Tonträger-Gemeinschafts- unternehmens Sony BMG, das nach der Freigabeentscheidung der Kommission vom 19. Juli 2004 umgesetzt wurde. Bertelsmann brachte das weltweite Tonträgergeschäft seiner 100 %igen Tochter Bertelsmann Media Group („BMG“) und Sony sein von Sony Music Entertainment betriebenes weltwei- tes Tonträgergeschäft (ohne Japan) ein.

II. VERFAHREN

3. Am 9. Januar 2004 ging die Anmeldung des geplanten Sony/BMG-Tonträger-Gemeinschaftsunter- nehmens gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 bei der Kommission ein. Am 19. Juli 2004 hat die Kommission den Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt.

Bertelsmann und Sony kontrollieren nun gemeinsam Sony BMG, das als Vollfunktions-Gemeinschafts- unternehmen betrieben wird. Den beteiligten Unternehmen zufolge wurde der Zusammenschluss schrittweise vollzogen und im Jahr 2006 vollständig abgeschlossen.

4. Am 13. Juli 2006 erklärte das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften die Entschei- dung der Kommission für nichtig (2). Am 31. Januar 2007 ging eine aktualisierte Fassung der ursprün- glichen Anmeldung bei der Kommission ein. Nach Prüfung der Anmeldung kam die Kommission am 1. März 2007 zu dem Schluss, dass das Zusammenschlussvorhaben unter die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 fällt und ernsthafte Zweifel an seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen bestehen.

5. Mit Entscheidung vom 22. März 2007 wurden nach Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 weitere Auskünfte von den beteiligten Unternehmen angefordert. Die beteiligten Unter- nehmen übermittelten die angeforderten Auskünfte am 26. Juni 2007, womit die Fristen der Phase II wieder zu laufen begannen.

III. SACHLICH RELEVANTE MÄRKTE

6. Beide Muttergesellschaften sind im Bereich der Entdeckung und Entwicklung von Künstlern (so genann- tes A&R: Artist und Repertoire) und im nachgelagerten Marketing und Verkauf von Tonträgern tätig.

Sony BMG ist nicht in benachbarten Tätigkeiten wie Musikverlag, Herstellung und Auslieferung aktiv.

Die Tätigkeiten von Sony und BMG in diesen Bereichen verblieben bei den Muttergesellschaften oder wurden veräußert.

(1) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1.

(2) T-464/04 (Impala/Kommission). Die beteiligten Unternehmen haben gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz Berufung eingelegt (C-413/06 P).

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1. Physische Tonträger

7. Die beteiligten Unternehmen definieren den sachlich relevanten Markt als Markt für alle Arten von bespielten Tonträgern (d. h. Entdeckung und Entwicklung von Künstlern sowie Verkaufsförderung, Ver- marktung und Verkauf von Tonträgern). Eine Unterteilung nach Sparten (internationaler Pop, nationaler Pop, Klassik und Kompilationen) wird nicht als sinnvoll erachtet.

8. Was die Nachfrageseite betrifft, machen die Endnutzer ihre Kaufentscheidungen von einer Reihe von Kriterien abhängig, zu denen u. a. die folgenden zählen: Musikgattung (Genre), internationale oder nationale Musik, Neuaufnahme oder Back-Katalog, Einzelkünstler oder Kompilation, Single oder Album oder ob die Musik in Verbindung mit einer Werbekampagnen veröffentlicht wird. Auf der Angebotsseite lässt sich feststellen, dass die Tonträgerhersteller Interpreten verschiedener Musikgattungen unter Vertrag nehmen und Tonträger eines breiten Spektrums musikalischer Genres verkaufen können. Unabhängige Labels spezialisieren sich dagegen oft auf eine spezielle Musikrichtung. Die Marktuntersuchung ergab, dass alle Richtungen und Genres zusammen einen breiten Markt mit verschiedenen Musikstandards und Einflüssen bilden. Die meisten Musikgeschäfte verkaufen eine große Bandbreite an Musik. Da es darüber hinaus schwierig ist, die Sparten und Genres in eindeutiger und kohärenter Weise zu definieren, da viele Ähnlichkeiten zwischen ihnen bestehen (Produzenten, Absatzmärkte, Kunden, Vertragsmecha- nismus), ist eine Einteilung in verschiedene Märkte nicht sinnvoll. In Bezug auf die Kompilationen wird hinsichtlich der Nachfrageseite allgemein die Ansicht vertreten, dass sie einen separaten Markt bilden, aber die Anbieter (Tonträgerhersteller) sind sich in diesem Punkt nicht einig. Angesichts dieser Erwägun- gen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der sachlich relevante Markt für physische Tonträger alle physischen CD-Alben umfasst, unabhängig von ihrem Genre und der Frage, ob es sich um eine Kompilation oder einen Einzelkünstler handelt.

2. Musikaufzeichnungen in digitalen Formaten

9. Digitale Musik wird entweder online über das Internet oder über mobile Netze an den Nutzer geliefert, und zwar in verschiedenen Formen, zu denen Downloads (von Tracks, Alben und Mastertones), Abon- nementdienste und Streaming zählen. Da Sony BMG hauptsächlich auf der Großhandelsebene tätig ist

—Lizenzierung seines Katalogs an Anbieter digitaler Musik—ist der relevante Markt der Großhandels- markt für die Lizenzierung digitaler Musik.

10. Wie in vorhergehenden Entscheidungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es einen in der Entstehung begriffenen, aber separaten Markt für das Online-Angebot von Musik einschließlich Mu- sik-Streaming und -Downloading gibt. Wenngleich digitale Musikdienste in gewissem Maße mit dem Verkauf physischer Tonträger konkurrieren, deutete die Marktuntersuchung darauf hin, dass der Markt für physische Tonträger wahrscheinlich nur teilweise durch digitale Verkäufe substituierbar ist. Aus der Sicht des Endnutzers ist digitale Musik daher eher als Ergänzung zu physischen Tonträgern denn als Ersatz dafür zu betrachten. Auf der Angebotsseite unterscheidet sich die Struktur der digitalen Musik- dienste im Hinblick auf die Organisation vom physischen Einzelhandel, da es bei den großen Tonträger- herstellern separate Abteilungen für physische Tonträger und digitale Musik gibt, um der unterschiedli- chen Wertschöpfungskette der digitalen Musik und des physischen Marktes Rechnung zu tragen. Darü- ber hinaus unterscheiden sich die zwischen den digitalen Musikdiensten ausgehandelten technischen und geschäftlichen Bedingungen von jenen auf dem Markt für physische Tonträger. Ferner weichen Marketing und Kostenstruktur auf dem digitalen Markt erheblich vom Markt für physische Tonträger ab. Daher zieht die Kommission den Schluss, dass sowohl für die Angebots- als auch die Nachfrageseite der Großhandelsmarkt für die Lizenzierung digitaler (Online-/mobiler) Musik einen vom Großhandels- markt für physische Tonträger getrennten Markt bildet. Die Kommission ließ es offen, ob mobile Musik angesichts der insbesondere auf der Ebene der Endnutzer beschränkten Nachfragesubstituierbarkeit einen anderen Produktmarkt bildet als Online-Musik.

IV. RÄUMLICH RELEVANTE MÄRKTE 1. Physische Tonträger

11. Die beteiligten Unternehmen betrachten das Tonträgergeschäft als national begrenzt, da die Preisfindung (einschließlich Rabatte) und der Verkauf von bespielten Tonträgern überwiegend landesspezifisch erfolg- ten. Außerdem gebe es in allen Mitgliedstaaten eine starke Nachfrage nach einheimischen Interpreten, und die Entdeckung und Entwicklung neuer Künstler sei zudem bis zu einem gewissen Grad ein Inlandsgeschäft. Die beteiligten Unternehmen verweisen außerdem darauf, dass nur einige wenige Groß- kunden länderübergreifend tätig seien, die Vermarktung größtenteils auf nationaler Ebene erfolge und die verschiedenen Tonträgerhersteller in den einzelnen Mitgliedstaaten ganz unterschiedliche Markt- anteile hätten. Viele unabhängige Labels seien ohnehin nur in einem oder einigen wenigen Mitgliedstaa- ten tätig.

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12. Wie in früheren Entscheidungen kam die Kommission zu dem Schluss, dass der räumlich relevante Markt sowohl nationale als auch internationale Merkmale aufweist. Die Marktuntersuchung hat Anhalts- punkte dafür ergeben, dass es sich um nationale Märkte handelt. Insbesondere ist das nationale Reper- toire (d. h. das nicht angloamerikanische Repertoire) in der Regel nur im Heimatland bzw. den Ländern mit derselben Sprache für ein größeres Publikum attraktiv, die Preisfindung unterscheidet sich, wie von den beteiligten Unternehmen ebenfalls geltend gemacht, von Land zu Land, und das Marketing erfolgt auf nationaler Ebene. Auf der Grundlage dieser Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der räumlich relevante Markt für physische Tonträger national begrenzt ist.

2. Musikaufzeichnungen in digitalen Formaten

13. Es könnte die Auffassung vertreten werden, dass die räumliche Ausdehnung des digitalen Vertriebs von Musik über den nationalen Bereich hinausgeht, da das Internet keine Grenzen kennt und gewährleistet, dass die Musik den Nutzern „anytime, anyplace and anywhere“ zur Verfügung steht. Wie in der Ent- scheidung von 2004 ergab auch diese Marktuntersuchung, dass der Markt nach wie vor national begrenzt ist. Auf der Großhandelsebene gewähren die Tonträgerhersteller Anbietern von Online-Music Lizenzen für die Nutzung in einem bestimmten (nationalen) Gebiet. Auf der Einzelhandelsebene zeigte die Marktuntersuchung Unterschiede zwischen den relevanten Mitgliedstaaten hinsichtlich Struktur, Nachfrage, Entwicklung und Dynamik des digitalen Marktes, was für nationale Märkte sprechen wür- den. Der Markt für die Lizenzierung digitaler Musik kann daher als national begrenzt bezeichnet werden.

V. WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG

1. Markt für Musikaufzeichnungen in digitalen Formaten 1.1. Keine nicht koordinierten Effekte

14. Wenngleich die Tonträgerindustrie bereits vor dem Zusammenschluss im Jahr 2004 konzentriert war, bleiben die Marktanteile von Sony BMG unter einem Niveau, das auf einem der nationalen Märkte im Allgemeinen als alleinige marktbeherrschende Stellung bezeichnet werden könnte. Darüber hinaus hat der Zusammenschluss nicht zu wettbewerbsrechtlichen Problemen hinsichtlich der Marktabschottung gegenüber Digitalmusik-Einzelhändlern, Herstellern tragbarer Musikabspielgeräte oder den unabhängi- gen Tonträgerherstellern geführt. Insbesondere im Hinblick auf die Unabhängigen kann davon aus- gegangen werden, dass der digitale Markt für sie eine Möglichkeit darstellt, die Nachfrage zu erreichen, ohne die herkömmlichen Auslieferungswege und Einzelhändler in Anspruch nehmen zu müssen.

1.2. Keine Anzeichen für die Entstehung oder Stärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für den digitalen Musikvertrieb

15. Die Marktuntersuchung konzentrierte sich auf die Frage, ob der Zusammenschluss zur Entstehung oder Stärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung auf dem Großhandelsmarkt für die Lizen- zierung von Musik an Anbieter digitaler Musik geführt hat. Da Anbieter von Online-Musik/mobiler Musik Lizenzen von allen Majors benötigen, um ein möglichst vollständiges Repertoire anbieten zu können, wurde untersucht, ob der Zusammenschluss von Sony und BMG die Majors auf einem bereits konzentrierten Markt in die Lage versetzt haben oder es ihnen erheblich erleichtert haben könnte, die Großhandelslizenzierung auf dem Markt für digitale Musik kollektiv zu beherrschen.

Merkmale des Marktes

16. Eine stillschweigende Kollusion wird im Allgemeinen als mit dem dynamischen und instabilen Charak- ter des digitalen Marktes unvereinbar betrachtet. Die weitere Entwicklung des digitalen Marktes ist un- gewiss, da die Geschäftsmodelle verschiedener Art sind und Änderungen unterliegen. Wenngleich es auf dem digitalen Markt viele Neueintritte gibt, ist die Nachfrage stark konzentriert, da Apples On- line-Musikdienst iTunes auf allen nationalen Märkten der führende Digitalmusik-Einzelhändler ist, was iTunes ein gewisses Maß an nachfrageseitiger Gegenmacht verleiht. Die Preisfindungsstrategie, die iTunes auf dem digitalen Markt eingeführt hat—und die von den meisten anderen Anbietern von Musikdiens- ten übernommen wurde—besteht darin, die gesamte Musikpalette zu einem Standardpreis pro Track zu verkaufen, was die Fähigkeit der Majors, auf Großhandelsebene eine differenzierte Preispolitik zu betreiben, erheblich einschränkt.

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Bedingungen für die Feststellung einer kollektiven Marktbeherrschung

17. Bei der Marktuntersuchung wurde geprüft, ob die Bedingungen für die Feststellung einer kollektiven Marktbeherrschung auf dem Markt für digitale Musik erfüllt sind.

Transparenz

18. Es wurde insbesondere untersucht, ob das vorherrschende Einzelhandelspreisfindungsmodell den Majors eine direkte oder indirekte Grundlage für eine Koordinierung bietet. In Bezug auf die Fähigkeit der Majors, die Einhaltung derartiger Koordinierungsbestimmungen zu überwachen, wurde geprüft, in welchem Maße die Majors die Preisniveaus in ihren Verträgen mit den Anbietern digitaler Musik ange- glichen haben, und — falls eine gewisse Angleichung des Großhandelspreises festzustellen ist — ob diese wahrscheinlich die Folge einer Koordinierung war oder eher die Folge von Wettbewerbsfaktoren wie der Verhandlungsmacht der großen digitalen Einzelhändler oder der Tatsache, dass die digitalen Märkte im Entstehen begriffen sind. Aus der Untersuchung der Kommission ergibt sich, dass die Majors versuchen, ihren Ertrag aus der digitalen Musik individuell zu maximieren. Die Majors wenden unter- schiedliche Preise und Preisstrukturen an, und sie verwenden unterschiedliche Geschäftsmodelle; diese Differenzierung nimmt weiter zu.

19. Aus der Untersuchung ergibt sich, dass die Großhandelspreisfindungsstrukturen und -vereinbarungen in den vergangenen 36 Monaten zunehmend an Diversität und Komplexität gewonnen haben. Diese grö- ßer gewordene Komplexität ergibt sich aus dem Kräftespiel bei der Verhandlung zwischen den Majors und den digitalen Einzelhändlern, das zu kundenspezifischeren Verträgen führt, welche die Markt- stellung des Einzelhändlers und die Bewertung des von ihm angebotenen Dienstes widerspiegeln. Diese Preisstrukturen werden auch häufiger überprüft und neu ausgehandelt. Darüber hinaus gibt es eine immer ausgeprägtere Differenzierung zwischen den Kategorien von Inhalt. Es besteht auch eine zuneh- mende Differenzierung zwischen den mit digitalen Einzelhändlern auf nationaler Ebene geschlossenen Verträgen, wenn das lokale Management der Majors in einem bestimmten Mitgliedstaat mehr Einfluss auf die Aushandlung der Verträge gewinnt. In diesem Zusammenhang ergab die Marktuntersuchung eine Reihe von Elementen, die die Fähigkeit der Majors, die Abweichung von einer stillschweigend koor- dinierten Großhandelspreisfindung mit Hilfe der Beobachtung derartiger Einzelhandelspreise festzu- stellen, deutlich einschränken würde. Insgesamt besteht ein Trend zu einer sich verstärkenden Differen- zierung der Großhandelspreise, zum Beispiel durch: i) Rabatte und mengengebundene Preise; ii) ein zweistufiges Preisfindungssystem; iii) Vorauszahlungen; iv) Unterschiede bei der Nutzungseinschrän- kung; und v) gebündelten Inhalt.

20. Neben diesen Merkmalen wurde untersucht, ob das festgestellte Preisniveau an sich ausreicht, um den Online-Markt als transparent zu bezeichnen. Mit Hilfe einer Analyse der historischen Preisdaten und Verträge der Majors mit den Digitalmusik-Einzelhändlern hat die Kommission bewertet, in welchem Maße die Majors die Preisniveaus in ihren Verträgen mit den Anbietern digitaler Musik in den unter- suchten 15 Mitgliedstaaten angeglichen haben. Diese Untersuchung bietet Informationen über den Grad an Transparenz und die Entwicklung der Preisstrukturen, die eventuelle Angleichung zwischen den Majors im Hinblick auf Preise und sonstige Vertragsbedingungen und über das Maß, in dem sich die Fusion auf diese Vertragsbedingungen ausgewirkt hat.

21. Im Hinblick auf die verschiedenen Marktsegmente ist die Preisvariabilität bei Abonnementdiensten, Streaming, Abonnement-Downloads und werbebasierten Musikdiensten, bei denen sich eine große Bandbreite an Geschäftsmodellen entwickelt hat, am stärksten ausgeprägt. Bei diesen Anwendungen sind die Großhandelspreisfindung und die anderen Vertragsbedingungen nicht transparent, und es besteht keine Angleichung zwischen den Majors. Auch bei den mobilen Anwendungen (Mastertones, mobil heruntergeladene Tracks und Videos) besteht eine erhebliche Preisvariabilität. Es gibt keine allge- meine Annäherung der Preisniveaus der Majors, da die meisten Majors auf die unterschiedlichen An- bieter mobiler Musik innerhalb ein- und desselben Landes verschiedene Tarife anwenden. Zweitens wenden die meisten Majors auf der Ebene des einzelnen Anbieters mobiler Musik sehr unterschiedliche Preise an. Drittens erfolgt zunehmend eine Differenzierung der Preise auf der Grundlage der verkauften Volumen.

22. Im Bereich der Online-Downloads besteht bei den Einzeltracks und Alben der oberen/mittleren Preis- klasse ein hohes Maß an Preisdifferenzierung. Bei den Standard-Downloads (Tracks und Alben) wurden drei Kategorien von Einzelhändlern mit verschieden starker Preisvariabilität festgestellt. Bei der Mehr- heit der Anbieter digitaler Musik in allen untersuchten Mitgliedstaaten besteht eine vergleichsweise hohe

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Differenzierung bei den auf einen bestimmten Anbieter von Musikdiensten angewendeten Großhandels- preisen, und diese Unterschiede können sich im Zeitverlauf ändern. Bei einer zweiten Kategorie von Musikdienstanbietern besteht ein höheres Maß an Preisübereinstimmung, wobei bei den derzeit gelten- den Großhandelspreisen Abweichungen zwischen 10 % und 15 % festzustellen sind. Bei diesen Musik- dienstanbietern variieren die Bandbreiten der Preisangleichung zwischen den einzelnen Anbietern in allen bewerteten Mitgliedstaaten erheblich. Bei den von den verschiedenen Majors auf einen bestimmten Einzelhändler angewendeten Preisniveaus ist keine Kontinuität festzustellen, und die Positionen können sich mit der Zeit ändern, so dass der teuerste Top-Konzern für einen bestimmten Musikdienstanbieter innerhalb von 24 Monaten für ihn zum billigsten werden kann. Diese Ergebnisse sind mit der Theorie stillschweigender Kollusion kaum vereinbar.

23. Eine gewisse Preisangleichung ist bei den iTunes-Musikdiensten zu beobachten. Obwohl einige Majors versucht haben, Apple dazu zu bewegen, für iTunes in Europa differenzierte Preise zu akzeptieren (um die Preise für Veröffentlichungen mit hoher Nachfrage zu erhöhen und umgekehrt), hat Apple es den Angaben zufolge abgelehnt, seine „Einheitspreispolitik“ aufzugeben. In Anbetracht der mitt- lerweile sehr starken Nachfrageposition von iTunes (so betrug sie 2006 über 80 % der von einem Major im Vereinigten Königreich, in Irland, Österreich und Belgien mit Online-Downloads erzielten Einnahmen), scheint die Verhandlungsmacht von iTunes bei der Preisbildung eine große Rolle zu spie- len. Während iTunes UK im Vereinigten Königreich, dem fortschrittlichsten digitalen Markt im EWR, dieselbe „Einheitspreisstruktur“ für den Einzelhandel (allerdings mit einem höheren Preis als in der Eurozone) zugrunde legt, verlangen bestimmte Majors Großhandelspreise, die sich erheblich von jenen anderer Majors unterscheiden. Im Rahmen eines Systems stillschweigender Kollusion lässt sich nicht erklären, warum einige Majors es hinnehmen, einen niedrigeren Großhandelspreis anzuwenden als die übrigen Majors, vor allem dann, wenn diese Preisunterschiede von denjenigen Majors beibehalten wer- den, die neue Verträge mit iTunes geschlossen haben.

Vergeltungsmaßnahmen

24. Die zweite Bedingung für die Feststellung einer kollektiven Marktbeherrschung besteht darin, dass in irgendeiner Form ein Abschreckungsmechanismus bestehen muss, der abweichendes Verhalten verhin- dert. Die Marktuntersuchung ließ nicht auf die Existenz eines glaubhaften Vergeltungsmechanismus schließen, der die Majors dazu zwingen würde, sich an ein System der stillschweigenden Kollusion zu halten. Die Tatsache, dass die Großhandelspreise der Majors erheblich in entgegengesetzte Richtung abweichen können, ohne dass von den anderen Majors eine erkennbare Reaktion folgt, lässt nicht auf einen transparenten Markt schließen, bei dem eine Abweichung leicht erkannt wird und eine Vergeltung erfolgen kann, um die Einhaltung der stillschweigenden Kollusion wieder zu gewährleisten. Darüber hinaus haben die verschiedenen Majors, wenn überhaupt, in den vergangenen 12 Monaten noch stärker voneinander abweichende kurz- und langfristige Strategien angewendet als in der Vergangenheit. Die Untersuchung ergab keine Anhaltspunkte, die erklären könnten, wie derartige einseitige Maßnahmen bestimmter Majors mit einer stillschweigenden Kollusion vereinbar sein könnten bzw. warum diese Maßnahmen, die einen wesentlichen Teil des digitalen Marktes betreffen, ohne Vergeltung bleiben.

Reaktionen von Wettbewerbern und Kunden

25. Eine Koordinierung ist nur dann nachhaltig, wenn die Reaktion Dritter —wie etwa der tatsächlichen und künftigen Wettbewerber, die nicht an der Koordinierung teilnehmen, sowie der Kunden—die von der Koordinierung erwarteten Ergebnisse nicht in Gefahr bringt. Was die potenziellen Wettbewerber betrifft, so üben die unabhängigen Musikverlage nur einen beschränkten Wettbewerbsdruck auf die Majors aus. Was die Kunden betrifft, hat iTunes in Bezug auf Online-Downloads eine vergleichsweise starke Verhandlungsposition gegenüber den Majors erreicht (und hat sich einer Differenzierung des Großhandelspreises für Einzeltracks erfolgreich widersetzt). Andererseits lässt die Marktuntersuchung eindeutig darauf schließen, dass ein Anbieter digitaler Musik Zugang zum Repertoire aller Majors haben muss, um der Nachfrage nach Chart-Hits gerecht zu werden. Da es keinen Ersatz für Chartmaterial gibt, schmälert diese Abhängigkeit die nachfrageseitige Gegenmacht der Anbieter von Musikdiensten.

26. Es kann der Schluss gezogen werden, dass ein Kräftegleichgewicht zwischen den Majors, die in der Lage sind, ihren unverzichtbaren Inhalt wirksam einzusetzen, und iTunes (und zunehmend einer Reihe star- ker Marktteilnehmer wie den Telekommunikationsbetreibern) besteht. In Anbetracht der Tatsache, dass das Maß an Nachfragemacht nach wie vor deutlich größer ist als das auf dem physischen Markt, könn- ten die Kunden die Vorteile, die für die Majors mit einer Koordinierung verbunden sein könnten, auf dem digitalen Markt tatsächlich in gewissem Maße in Gefahr bringen.

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1.3. Die Auswirkung des Zusammenschlusses

27. Wenngleich der Zusammenschluss die Zahl der Wettbewerbsbeziehungen verringert hat, hat die Markt- untersuchung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Zusammenschluss eine stillschweigen- de Kollusion ermöglicht oder erleichtert hätte. Darüber hinaus zeigen die Vertrags- und Preisdaten, dass der Zusammenschluss nicht zu einem allgemeinen Anstieg der Großhandelspreise für BMG- oder Sony-Inhalt geführt hat.

1.4. Schlussfolgerung

28. Auf der Grundlage der vorstehenden Feststellungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Zusammenschluss in keinem der EWR-Länder zu einer Begründung oder Stärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung der vier auf den Märkten für Lizenzen für digitale Musik verbleibenden Majors, durch die der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil des- selben wesentlich behindert würde, geführt hat oder führen wird.

2. Markt für physische Tonträger 2.1. Keine nicht koordinierten Effekte

29. Auf den Tonträgermärkten aller betroffenen Länder gibt es vier große Tonträgerhersteller (Sony BMG, Universal Music Group, Warner Music Group und EMI), die zusammen 80 % des Marktes halten, und zahlreiche wesentlich kleinere unabhängige Tonträgerhersteller. Universal führt vor Sony BMG, EMI und Warner. Mit seinem Marktanteil erreicht Sony BMG auf keinem relevanten Markt eine alleinige markt- beherrschende Stellung.

2.2. Keine Anzeichen für die Begründung oder Stärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für den physischen Musikvertrieb

Koordinierung auf der Nichtpreis-Ebene

30. Die folgenden Koordinierungstheorien, denen zufolge die großen Tonträgerhersteller den Zugang der unabhängigen Tonträgerhersteller zu den Einzelhändler mit Hilfe nichtpreislicher Regelungen auf dem Tonträgermarkt möglicherweise einschränken, sind untersucht und verworfen worden. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass diese Faktoren den Wettbewerb zwischen den Majors selbst einschränken.

Zugang zur Regalfläche: Die Marktuntersuchung bestätigte, dass für die von unabhängigen Tonträ- gerherstellern veröffentlichten Hits vergleichbare Bedingungen gelten wie für die Hits der Majors.

Die Regalfläche wird von den Einzelhändlern anhand ihrer eigenen Einschätzung des Verkaufs- potenzials der Alben selbständig zugewiesen.

Zugang zur Sendezeit: Die meisten erfolgreichen Radiosender in Europa senden Musik auf der Grundlage einer Playlist. Alle Tonträgerhersteller konkurrieren miteinander um einen Platz auf diesen Playlists, da eine regelmäßige Ausstrahlung sich verkaufsfördernd auswirkt. Die meisten Wettbewerber gaben an, dass die Fernseh- oder Radiosender die zu ihrer Gruppe gehörenden Ton- trägerhersteller bei ihren Entscheidungen über die Zuweisung von Sendezeit für Musiktitel nicht besonders bevorzugten. Schließlich ist der Prozentsatz der gesamten Sendezeit für unabhängige Tonträgerhersteller in 10 der 15 untersuchten EWR-Länder im Zeitraum 2003-2005 gestiegen.

Chart-Regeln: Während die Existenz von Charts die Transparenz dadurch erhöhen kann, dass alle Marktbeobachter regelmäßige Informationen über den Erfolg der CD-Alben der Wettbewerber erhalten, ergab die Untersuchung der Kommission keine Hinweise darauf, dass die Majors die Chart-Regeln nutzen, um Künstlern unabhängiger Tonträgerhersteller den Zugang zu den Charts zu verwehren. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass es in 12 Ländern Mindestpreise für CD-Alben gibt, die in die Charts aufgenommen werden sollen, aber sie vertritt die Auffassung, dass diese Preise zu niedrig sind, als dass sie den Wettbewerb zwischen den Tonträgerherstellern über die Festsetzung verschiedener Preise behindern und/oder die Grundlage für ein koordiniertes Kon- zept der Majors bilden könnten.

Veröffentlichungstermine: Sony BMG hat eingeräumt, dass die Entscheidungen über die Daten der Veröffentlichung seiner Alben durch die Veröffentlichungsdaten der Alben der Wettbewerber beein- flusst werden. Die Veröffentlichungstermine werden häufig öffentlich bekannt gegeben und sind daher transparent oder stehen mit bestimmten Ereignissen (z. B. dem Weihnachtsgeschäft) im Zusammenhang. Die Veröffentlichungstermine werden jedoch häufig verschoben. Zudem kann das Verhalten der Majors in diesem Bereich kaum als abgestimmtes Verhalten bezeichnet werden und scheint eher wettbewerbsbasiert zu sein, wobei jedes Unternehmen versucht, seine Veröffentli- chungsdaten zu optimieren.

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Verlags- und Tonträgerrechte: Alle Majors haben eine Schwestergesellschaft, die im Musikverlags- geschäft tätig ist. Eine Ausnahme bildet Sony BMG, da Bertelsmann 2007 seine Verlagsabteilung an Universal verkauft hat. Sony/ATV, ein Musikverlags-Gemeinschaftsunternehmen zwischen Sony und dem Künstler Michael Jackson, verfügt über einen deutlich geringeren Marktanteil als seine Wettbewerber. Darüber hinaus kam die Kommission nach ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Verlagsgesellschaften aufgrund der Existenz der Verwertungsgesellschaften nicht in der Lage sind, auf dem Tonträgermarkt Marktmacht auszuüben.

Kulturelle Vielfalt: Die Marktuntersuchung hat ergeben, dass sich alle Tonträgerhersteller in einem harten Wettbewerb befinden, wenn es darum geht, neue Künstler zu entdecken und unter Vertrag zu nehmen. Die großen Tonträgerhersteller haben ihre Künstlerrepertoires zwar verkleinert, aber nicht erst nach dem Zusammenschluss von Sony und BMG, sondern schon davor als Reaktion auf einen drastischen Nachfragerückgang. Der Anteil einheimischer Interpreten ist in den letzten Jahren in den meisten Vertragsparteien des EWR-Abkommens erheblich gestiegen. Diese Musik wird sowohl über den traditionellen Einzelhandel als auch über das Internet verbreitet, wobei das Inter- net sowohl von bekannten als auch unbekannten Interpreten zunehmend genutzt wird, um ihre Musik ohne Rückgriff auf den traditionellen Einzelhandel direkt bei den Endkunden bekannt zu machen und an sie zu verkaufen. Daher zieht die Kommission den Schluss, dass sich der Zusam- menschluss von Sony und BMG in Bezug auf das künstlerische Schaffen, das Tonträgergeschäft und den Vertrieb nicht negativ auf die kulturelle Vielfalt ausgewirkt hat.

Koordinierung auf der Preisebene

31. Die folgenden Koordinierungstheorien, die — falls zutreffend — bedeuten könnten, dass die großen Tonträgerhersteller ihr Verhalten abstimmen, um die Nettogroßhandelspreise physischer CD-Alben bei über dem Wettbewerbspreis liegenden Preisen zu stabilisieren, sind untersucht und verworfen worden.

Koordinierung auf der Budgetebene

32. Der Kommission wurde zugetragen, dass die jährlichen Budgets der Majors als Grundlage für die Koor- dinierung eingesetzt würden, um die durchschnittlichen jährlichen Rabatte ihrer Wettbewerber zu kon- trollieren oder um allen Einzelhändlern (und über sie allen Wettbewerbern) zu signalisieren, dass die stillschweigende Koordinierung, die in einem bestimmten Jahr stattgefunden hat, auch im darauf folgen- den Jahr gelten würde.

33. Die Kommission stellte fest, dass die Tonträgerhersteller nicht in regelmäßigen Abständen Budgets für einzelne Kunden erstellen. Die Einzelhändler gaben insbesondere an, nicht über die ihnen zugewiesenen Gesamtrabattbudgets der Tonträgerhersteller informiert zu sein. Die Kommission stellte ferner fest, dass es sich bei den von den Tonträgerherstellern erstellten Budgets um vertrauliche Unterlagen handelt, und dass es der Untersuchung zufolge keine Anzeichen dafür gibt, dass diese Budgets auf die Majors auf- geteilt oder als Grundlage für die Koordinierung verwendet werden. Darüber hinaus vertritt die Kom- mission die Auffassung, dass Budgets zwar zur Prognose von Absatz und Rabatten dienen können, dass sie aber kaum geeignet sind, um die den Kunden regelmäßig (d. h. monatlich, wöchentlich) gewährten Rabatte zu kontrollieren. Angesichts der Ungewissheit der Verkaufsprognosen und anderer Faktoren werden die monatlichen Budgets auch häufig überschritten, und die Kommission fand keine Anzeichen für eine verringerte Verfügbarkeit der Rabatte zum Ende der Budgetzeiträume oder für Vergeltungsmaß- nahmen infolge beobachteter regelmäßiger Abweichungen von den Budgets; diese beiden Aspekte spre- chen gegen die Theorie einer stillschweigenden Kollusion.

Koordinierung auf der Ebene der Festsetzung der Preise der einzelnen Titel

34. Sollte die Theorie, dass die stillschweigende Kollusion auf der Ebene eines jeden Titels stattfindet, zutref- fen, müssten die Majors jederzeit Tausende von Wettbewerber-Alben überwachen. Aus der Marktunter- suchung ergab sich, dass die Majors möglicherweise in der Lage sind, Informationen über einige wenige spezifische Alben zu sammeln, indem sie ihre Gespräche mit den Einzelhändlern darauf ausrichten, dass es aber ausgesprochen unwahrscheinlich erscheint, dass die Tonträgerhersteller sich umfassende und präzise Informationen über die Preisgestaltung der Alben aller ihrer Wettbewerber oder sogar über alle ihre Chartalben verschaffen können. Die Marktuntersuchung konnte außerdem nicht bestätigen, dass die Majors tatsächlich auf annähernd systematischer Grundlage versuchen, derartige Informationen über irgendeinen Aspekt zu sammeln. Zudem unterliegen die PPDs, Sonderrabatte und Einzelhandelspreise einer ständigen Entwicklung, so dass eine tägliche oder mindestens wöchentliche Überwachung erfor- derlich wäre und eine große Masse an Informationselementen gesammelt werden müsste. Ein derartiger Datenbestand wäre ausgesprochen kostenaufwendig und würde aller Wahrscheinlichkeit nach sehr unvollständig bleiben.

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Koordinierung auf der Ebene der Preispolitik (Stabilisierung des derzeitigen Geschäftsmodells) 35. Der Kommission wurde eine Theorie angetragen, der zufolge alle großen Tonträgerhersteller ihre allge-

meine Preispolitik koordinieren. Dies würde insbesondere bedeuten, dass alle Majors dieselben Preis- findungsmuster befolgen, die jedoch das Maß an Flexibilität vorsehen, das erforderlich ist, um die Albenpreise an die Nachfrageschwankungen anzupassen. Im Rahmen dieser Theorie könnten die Majors von stabilen und vorhersehbaren Rahmenbedingungen für ihre Geschäftstätigkeit profitieren, da die Preisgestaltung für vergleichbare Neuaufnahmen oder für vergleichbare Katalogtitel recht ähnlich wäre.

Diese Rahmenbedingungen würden auch eine Garantie dafür bieten, dass die Entwicklung der Alben- preise vergleichbaren Regeln folgt. Eine Abweichung von der allgemeinen Preispolitik würde von den Wettbewerbern festgestellt, sofern sie systematischer Art ist und sich auf eine große Kategorie von Alben bezieht.

36. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die vorstehend dargelegte Theorie insbesondere deshalb nicht als Theorie der koordinierten Effekte auf dem Tonträgermarkt bezeichnet werden kann, als sie den verschiedenen Majors einen erheblichen Spielraum für die Entwicklung zahlreicher alternativer Preisfindungssysteme ließe und damit nicht vom Wettbewerb zu unterscheiden wäre.

Koordinierung der Preise am und kurz nach dem Veröffentlichungsdatum

37. Den größten Teil ihres Umsatzes erzielen die Majors mit Chartalben in den ersten Wochen nach der Veröffentlichung. Vor dem Hintergrund dieser Annahme würde eine Koordinierung der Majors, die die Chartalbenpreise in der ersten Zeit nach der Veröffentlichung zum Gegenstand hätte, folglich einen wesentlichen Teil der Tätigkeit und der Einnahmen der Majors abdecken. Die zunächst auf allgemeiner Ebene durchgeführte erste Untersuchung, die alle betroffenen Märkte umfasste, zeigte für diese Theorie eine Reihe von Schwächen auf, die kaum mit einer stillschweigenden Kollusion vereinbar wären. Die möglichen Bestimmungen der Koordinierung müssten mindestens die folgenden Punkte zum Gegen- stand haben:

Wie werden die PPDs von den Majors ausgewählt?

Die Untersuchung zeigt, dass nicht alle Majors dieselben PPDs verwenden und dass sich die Zahl der

„Haupt-PPDs“, die jeder Top-Konzern verwendet, mit der Zeit verändert. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass es eine eindeutige Regel dafür gibt, welchen seiner Haupt-PPDs ein Top-Konzern einer jeden Neuaufnahme genau zuordnet. Dieses Maß an „Freiheit“würde einer stillschweigenden Kollusion nicht entsprechen. Darüber hinaus ist für den Fall, dass eine Koordinierung stattfand, nicht erklärlich, warum die verschiedenen Majors nach wie vor unterschiedliche Haupt-PPDs mit einer Spanne von meh- reren Euro verwenden, so dass Majors mit niedrigeren Haupt-PPDs bei einem wesentlichen Teil ihres Absatzes im Vergleich zu den übrigen Majors einen Verlust erleiden.

Wie lange nach der Veröffentlichung müssen die PPDs stabil bleiben?

Die Untersuchung zeigt, dass der Zeitraum nach der Veröffentlichung, in dem ein Alben-PPD stabil ist, von Album zu Album unterschiedlich ist. In Ermangelung einer erkennbaren Regel ist daher nicht ersichtlich, dass die Freiheit eines jeden Top-Konzerns, den PPD eines Albums „frei“zu senken, mit still- schweigender Kollusion vereinbar sein könnte.

Welche Regel gilt während des genannten Zeitraums für Rabatte?

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Sonderrabatte nur auf einige wenige Alben angewendet werden und dass ihre Höhe sowohl bei den einzelnen Alben und Einzelhändlern als auch im Laufe des Lebenszyklus des Albums variiert. Diese Sonderrabatte gelten für einen wesentlichen Anteil der Neuauf- nahmen und wirken sich erheblich auf die Nettogroßhandelspreise aus. Darüber hinaus ergab die Unter- suchung keine vergleichsweise einfachen und wiederkehrenden Muster im Bereich der Anwendung die- ser Sonderrabatte auf wichtige Kunden in der ersten Zeit nach der Veröffentlichung der Alben. Das Nichtvorhandensein derartiger Muster widerspricht der Hypothese, dass zwischen den Majors eine Koordinierung erfolgt ist.

38. Darüber hinaus könnte eine kollektive marktbeherrschende Stellung nur dann nachgewiesen werden, wenn die Koordinierung den sogenannten Airtours-Kriterien entspricht: ausreichende Transparenz für die Feststellung von Abweichungen, Vorhandensein eines glaubhaften Vergeltungsmechanismus und Unfähigkeit der Kunden oder Wettbewerber, das abgestimmte Verhalten in Gefahr zu bringen.

Mangelnde Transparenz

39. PPDs sind nur teilweise transparent, und die Kommission stellte fest, dass sie von den Majors nicht systematisch überwacht werden. In den meisten Ländern stehen die PPDs nicht mehr öffentlich zur Verfügung. Sie werden auf Werbematerial gedruckt, das an die Einzelhändler geht. Die Einzelhändler

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könnten dieses Material theoretisch anderen Tonträgerherstellern zukommen lassen, aber die Marktun- tersuchung brachte keine Anzeichen für eine systematische Anwendung derartiger Praktiken hervor.

In einigen Ländern stehen PPDs oder PPD-Codes auch über Websites zur Verfügung, auf die die Tonträ- gerhersteller und die Einzelhändler zugreifen können. Die Beteiligten gaben jedoch an, derartige Web- sites nicht zu verwenden. Viele Einzelhändler räumten hingegen ein, dass sie Preisinformationen eines Top-Konzerns teilweise verwenden, um mit anderen Majors zu verhandeln. Somit wäre es für Sony BMG zwar möglich, durch Kontakte mit Einzelhändlern PPD-Informationen zu sammeln, aber die Infor- mationen, die es in dieser Weise sammeln könnte, wären vermutlich unvollständig und unzuverlässig.

Es kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass die PPDs eine verlässliche Grundlage für eine Koordinierungstheorie bilden können.

40. Noch weniger transparent sind die Rabatte. Sie werden von jedem Top-Konzern mit jedem Kunden auf bilateraler Basis direkt ausgehandelt. Wenngleich die Einzelhändler geschäftliche Informationen eines Top-Konzerns bei der Verhandlung mit dessen Wettbewerbern verwenden, bestätigt die Mehrheit der Einzelhändler, dass die Majors die Rabatte der anderen nicht kennen. Die zwischen den Majors und den Einzelhändlern geschlossenen Verträge enthalten im Allgemeinen verschiedene Klauseln hinsichtlich Rabattstruktur und Rabattsätzen. Es könnte argumentiert werden, dass die den Kunden gewährten Kun- denrabatte Jahr für Jahr sehr stabil sind und leichter zu beobachten sein könnten. Dennoch stellte die Kommission in ihrer Untersuchung fest, dass es nicht möglich ist, wiederkehrende vorhersehbare Muster für die von den Majors gewährten Sonderrabatte und Sonderrabattniveaus für die verschiedenen Einzel- händler (für neue Alben ebenso wie für reife Katalogalben) abzuleiten. Darüber hinaus sind diese Son- derrabatte nur teilweise auf Einzelhandelsebene festzustellen, da sie darauf abzielen können, die Einzel- händler dazu zu veranlassen, einen Vorrat anzulegen oder eine bessere Sichtbarkeit der Alben zu gewährleisten. Sie werden nicht systematisch an die Endnutzer weitergegeben und können daher im Hinblick auf ihre Anwendung nicht systematisch überwacht werden. Noch weniger können sie hinsicht- lich ihres Umfangs kontrolliert werden. Es kann der Schluss gezogen werden, dass die beschränkte Transparenz der Rabatte die Überwachung einer stillschweigenden Kollusion sehr schwierig gestaltet.

41. Im Hinblick auf die Möglichkeit, umgekehrt den Nettogroßhandelspreis von CD-Alben von ihren Ein- zelhandelspreisen abzuleiten, zeigte die Marktuntersuchung, dass die Einzelhändler-Aufschläge nach der Veröffentlichung eines neuen Albums durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden und daher nicht regelmäßig sind. Auch bei den Neuaufnahmen, bei denen die von den Einzelhändlern praktizier- ten Aufschläge stabiler sind, zeigte die Untersuchung, dass es aufgrund des Umfangs der Transparenz nicht möglich sei, den Nettogroßhandelspreis der Alben der Wettbewerber mit ausreichender Genauig- keit abzuleiten. Das bedeutet, dass eine umgekehrte Ableitung bei Alben im Allgemeinen sehr schwierig ist, was von der Mehrheit der Einzelhändler bestätigt wird.

42. Abschließend sei festgestellt, dass die Untersuchung darauf schließen lässt, dass aufgrund des Maßes an Transparenz, das PPDs, Rabatte und Aufschläge auf die Einzelhandelspreise kennzeichnet, nicht kontrol- liert werden kann, ob die anderen Majors sich an eine gemeinsam vereinbarte Preispolitik halten, die für alle Alben gilt oder die nur den Zeitraum nach der ersten Veröffentlichung zum Gegenstand hat.

Vergeltungsmaßnahmen

43. Die beiden einzigen Formen der Vergeltung, die der Kommission zugetragen wurden, sind der Aus- schluss des ausscherenden Unternehmens von Kompilations-Gemeinschaftsunternehmen oder von an- deren gemeinsamen Tätigkeiten sowie die Beendigung der stillschweigenden Kollusion in Bezug auf Preise und Albenveröffentlichungen. Die Kommission stellte in keinem betroffenen Land irgendeine Vorgehensweise fest, die als Vergeltung durch den Ausschluss von Kompilationsgeschäften oder als der Vergeltung dienende Rückkehr zum Wettbewerbsgebaren bezeichnet werden könnte. Wenngleich die Drohung, einen glaubhaften Vergeltungsmechanismus anzuwenden, eine ausreichende Abschreckung bilden kann, bestätigt das Fehlen einer entsprechenden Durchsetzung in Fällen, in denen eine Anglei- chung entsprechend der Koordinierung nicht erfolgt ist, dass derartige Mechanismen kein glaubwürdiges Abschreckungsmittel darstellen.

Reaktion von Wettbewerbern und Kunden

44. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die unabhängigen Tonträgerhersteller in der Lage sind, auf das geplante Ergebnis eines koordinierten Verhaltens zwischen den Majors effektiv zu reagieren und es in Gefahr zu bringen. Ein erheblicher Anteil der Kunden scheint jedoch einen ausreichenden—und wach- senden — Spielraum zu besitzen, mit dem sie die Koordinierung der Majors durch Reduzierung der Einkäufe und Werbung für ihre Produkte aus dem Gleichgewicht bringen können. Daher ist es unwahr- scheinlich, dass eine Koordinierung (für die die Kommission in der Marktuntersuchung keine Anzeichen fand) unter derartigen Umständen aufrechterhalten werden könnte.

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Schlussfolgerung

45. Abschließend kann festgestellt werden, dass es der Marktuntersuchung zufolge keine Anzeichen für eine Koordinierung auf der Ebene der Auswahl der PPDs gab. Die Untersuchung der Rabattstabilität hat ergeben, dass auch bei Annahme einer vollständigen Transparenz der PPDs eine erhebliche Anzahl der Verkaufsgeschäfte in der Regel keinem einfachen und stabilen Rabattmodell folgen, das von einem sach- kundigen Marktteilnehmer anhand öffentlicher Informationen abgeleitet werden könnte. Die PPDs sind nur teilweise transparent, und es gibt Hinweise darauf, dass es nicht möglich ist, die Nettogroßhandels- preise mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit von den Einzelhandelspreisen abzuleiten.

2.3. Schlussfolgerung

46. Die Untersuchung der Kommission hat ergeben, dass der Zusammenschluss weder zu einer Begründung oder Stärkung einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung der vier auf den Märkten für physische Tonträger verbleibenden Majors, durch die der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben wesentlich behindert würde, geführt hat noch führen wird.

VI. SCHLUSSFOLGERUNG

47. In ihrer Entscheidung kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der geplante Zusammenschluss keine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch die der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben erheblich beeinträchtigt würde. Deshalb wird der Zusammenschluss nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 und nach Artikel 57 des EWR-Abkommens für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen verein- bar erklärt.

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