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Süd-Süd-Direktinvestitionen: Ein neuer Vektor der wirtschaftlichen Entwicklung? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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59 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2006

Wachsende Süd-Süd-Investitionen und sektorspezifische Trends

Gemäss aktuellen Daten der Weltbank2 flossen 2005 rekordhohe 491 Mrd. US-Dollar netto an Privatkapital in die Entwicklungslän- der.3 Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass sich die finanzielle Verflechtung zwischen den Entwicklungsländern erheblich intensi- viert hat und die Süd-Süd-Kapitalströme – insbesondere die Direktinvestitionen – deutli- cher angewachsen sind als die Mittelzuflüsse vom Norden in den Süden. Der Anteil der Direktinvestitionen aus dem Süden an den gesamten Direktinvestitionen in Richtung

Entwicklungsländer erhöhte sich von 15,5%

im Jahr 1995 auf 37% im Jahr 2003.4 Dadurch wurde der Rückgang bei den Investitionen aus den Industrieländern teilweise kompensiert (siehe Tabelle 1).

Die Unternehmen des Südens investieren tendenziell in Länder, die einen vergleich- baren oder tieferen Entwicklungsstand auf- weisen und in geografischer Nähe liegen.

Entsprechend fliesst der grösste Teil der Aus- landinvestitionen Thailands in südostasiati- sche Länder, während bei den südafrikani- schen Unternehmen die Länder im Süden des afrikanischen Kontinents im Vordergrund stehen.5 Allerdings gibt es auch Unternehmen, die den Schritt in die Ferne wagen. Neben ei- nigen – eingangs erwähnten – Investitionen in Industrieländern sind die chinesischen Unter- nehmen zum Beispiel in Lateinamerika und Afrika sehr aktiv.6 Brasilien, Indien oder Ma- laysia zeigen Interesse an den Erdöl- und Bergbauressourcen in Afrika.

Trotz unvollständiger Daten ist klar zu er- kennen, dass sich ein Grossteil der Süd-Süd- Investitionen auf den Sektor der Rohstoff- Förderung konzentriert, allen voran Erdöl und Erdgas. Einen hohen Stellenwert hat zu-

Süd-Süd-Direktinvestitionen:

Ein neuer Vektor der wirtschaftlichen Entwicklung?

Seit einigen Jahren tauchen auf der internationalen Wirtschafts- bühne regelmässig neue multi- nationale Unternehmen aus Ent- wicklungsländern auf. Im Sommer 2005 zum Beispiel sorgte das – allerdings erfolglose – öffentliche Übernahmeangebot der chinesi- schen CNOOC an die Adresse der amerikanischen Unocal für Aufse- hen. Vor kurzem hat der indische Stahlriese Mittal die europäische Arcelor übernommen. Diese spek- takulären Transaktionen lenken jedoch von einer anderen Facette der Internationalisierung von Un- ternehmen aus dem Süden ab, nämlich ihren Direktinvestitionen in andere Entwicklungsländer.

Solche Süd-Süd-Investitionen1 und insbesondere ihr Potenzial für die wirtschaftliche Entwick- lung – sind Thema des vorliegen- den Artikels.

Thierry Buchs Ressortchef Investitions- förderung, Staats- sekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

Danielle Meuwly Monteleone Beraterin (Senior Advisor) am Schweizer Exekutivbüro bei der Weltbank, Washington DC

In den letzten Jahren haben die Kapitalflüsse zwischen den Entwicklungsländern stark zugenommen. Südliche Länder neigen dazu, in vergleichbare Länder in geografischer Nähe zu investieren. So hätte sich der chinesische Konzern CNOOC mit der Übernahme der US-amerikanischen Unocal den Zugang zur Ölplattform Pailin in Thailand (im Bild)

gesichert. Bild: Keystone

1 In der Fachliteratur zum Thema Süd-Süd-Investitionen sind die Begriffe Süd und Nord im Allgemeinen unklar definiert. Grundsätzlich sind damit aber die beiden grossen Kategorien «Entwicklungsländer» bzw. «ent- wickelte Länder» gemeint. In gewissen Arbeiten wird für den Begriff «Süden» eine restriktivere Definition verwendet, die namentlich von der Zuverlässigkeit der Daten zu den Auslandinvestitionen abhängig ist (siehe zum Beispiel Aykut & Ratha 2003, S.151).

2 Weltbank (2006), S. 107–126 ff.

3 Gegenüber 397 Mrd. US-$ 2004.

4 Diese Zahlen unterschätzen vermutlich den Umfang der Kapitalströme auf Grund von Statistik- und Buchungs- problemen (siehe insbesondere Weltbank 2006, S. 129 und Aykut & Ratha 2003, S.160–168). Ein weiterer Hin- weis auf einen Aufwärtstrend bei den Süd-Süd-Investi- tionen ist das kräftige Wachstum bei den abgeschlosse- nen Investitionsvereinbarungen: Die Zahl der bilate- ralen Investitionsschutzabkommen zwischen Ländern des Südens ist von rund 44 im Jahr 1990 auf über 650 im Jahr 2004 angestiegen. Entsprechend waren 2004 über 300 Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft, gegenüber lediglich 96 im Jahr 1990.

5 Siehe Games (2004).

6 Gemäss Schätzungen sollen über 700 chinesische Firmen in Afrika präsent sein.

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dem der Infrastrukturbereich, wo das Engage- ment von Unternehmen des Südens häufig mit einem Partner aus dem Norden begann: In Afrika stammten 80% der Infrastruktur-Aus- landinvestitionen zwischen 1998 und 2003 aus Ländern des Südens. In der Telekommuni- kationsbranche machen die Süd-Süd-Direkt- investitionen fast einen Drittel aus. Multinati- onale Unternehmen des Südens haben im Allgemeinen kräftig in den Dienstleistungsbe- reich investiert, namentlich ins Bankwesen, in den Distributionssektor, in die Luftfahrt oder ins Gesundheitswesen. Auch im Bereich For- schung und Entwicklung waren einige Inves- titionen zu verzeichnen. Der Industriesektor profitierte ebenfalls von diesem Trend, wenn auch in bescheidenerem Ausmass (siehe Ta- belle 2).

Wirtschaftswachstum und

Liberalisierung des Kapitalverkehrs als Schlüsselfaktoren

Diese regionalen und sektoriellen Trends sind mit verschiedenen Faktoren zu erklären.

In den vergangenen Jahren trugen das kräftige Wirtschaftswachstum und eine Liberalisierung des Kapitalverkehrs verschiedener Schwellen- länder entscheidend zur Ausweitung der In- vestitionen bei. Gewisse Regierungen haben Anreizmechanismen – zum Beispiel steuer- licher Art – für Auslandinvestitionen einge- führt. Manchmal wurden diese im Rahmen regionaler Integrationsabkommen verein-

bart,7 was Investitionen in geografisch nahe gelegene und kulturell vertraute Märkte be- günstigt. Förderlich waren zudem die Libera- lisierung des Dienstleistungssektors nach Fortschritten im Rahmen der Uruguay-Runde und Privatisierungswellen in Sektoren wie der Telekommunikation. Die Unternehmen des Südens konnten so ihre spezifischen Vorteile nutzen und neue Märkte erobern.

Das Wirtschaftswachstum, das manchmal mit einem hohen Bevölkerungsdruck einher- geht, gehört zu den Hauptgründen für Inves- titionen in die Rohstoffförderung. Dabei soll die Versorgung mit Energie- und Bergbau- produkten sichergestellt, aber auch diversi- fiziert werden (beschaffungsorientierte In- vestitionen).8

Da die Unternehmen des Südens zudem vermehrt in globale Produktionsprozesse ein- bezogen und internationaler Konkurrenz aus- gesetzt sind, haben sie ein Interesse daran, sich Zugang zu strategischen Vorteilen zu ver- schaffen, indem sie weltbekannte Marken übernehmen oder Forschungs- und Entwick- lungseinheiten kaufen. Der letztgenannte As- pekt ist allerdings heute in erster Linie bei Süd-Nord-Investitionen ausschlaggebend.

Interessant ist, dass multinationale Unter- nehmen des Südens bei Investitionen in Ent- wicklungsländer gewisse komparative Vorteile haben. Sie verwenden Produktionsabläufe und -techniken und produzieren Waren und Dienstleistungen, die dem Umfeld des Ziel- landes sowie den Bedürfnissen der Konsu- menten besser entsprechen und eine höhere Marktdurchdringung ermöglichen.9 Sie wis- sen mehr über die Funktionsweise dieser Volkswirtschaften, insbesondere über admi- nistrative Hürden und informelle Gepflogen- heiten, da diese ähnlich sind wie im Heim- markt. Andererseits haben sie im Vergleich zur Konkurrenz aus dem Norden gewisse zusätz- liche Hindernisse zu überwinden. Dazu gehö- ren der relativ begrenzte Zugang zu in- und ausländischen Finanzierungsquellen10 sowie fehlende Stellen zur Förderung von Ausland- investitionen, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung

In einem 1994 erschienenen Artikel11 kommt der Ökonom Yeung zum Schluss, dass multinationale Unternehmen des Südens eine besondere Kategorie gewinnorientierter Ak- teure darstellen und den Volkswirtschaften in den Zielländern mehr bringen als solche aus dem Norden. Die Auswirkungen der Süd- Süd-Investitionen auf die wirtschaftliche Ent- wicklung sind noch unklar. Über einige wich- tige Aspekte besteht jedoch kein Zweifel.

1995 1999 2000 2001 2002 2003a In Mrd. US-$

Direktinvestitionen in Richtung Süden insgesamt (1) 90.3 163.5 154.7 159.3 135.3 129.6 – aus OECD-Ländern mit hohem Einkommen (2) 48.1 95.4 93.7 84.8 55.1 59.4 – aus Nicht-OECD-Ländern mit hohem Einkommen (3) 28.2 35.0 22.7 24.8 27.2 22.8 Süd-Süd-Direktinvestitionen (1)-(2)-(3) 14.0 33.1 38.3 49.7 53.0 47.4

In % des Totals 15.5 24.8 24.8 31.2 39.2 36.3

Tabelle 1

Entwicklung der Süd-Süd-Direktinvestitionen, 1995-2003

a Schätzung Quelle: World Bank (2006) / Die Volkswirtschaft

Jahr Übernehmendes Unternehmen (Land) Übernommenes Unternehmen (Land) Sektor

2005 America Movil (Mexiko) TIM Peru (Peru) Telekommunikation

2004 Telefonos de Mexico (Mexiko) Columbia Telecommunicaciones Telekommunikation (Kolumbien)

2004 Anglogold Ltd (Südafrika) Ashanti Goldfields (Ghana) Bergbau

2004 Sinergy (Brasilien) Avianca (Kolumbien) Luftfahrt

2004 YTL Power (Malaysia) Jawa Power (Indonesien) Stromversorgung 2005 Sinopec Group (China) und Nationale Erdölgesellschaft (Iran) Erdöl

ONGC (Indien) Tabelle 2

Süd-Süd-Fusionen und -Übernahmen – ausgewählte Transaktionen, 2004–2005

Anmerkung: Für weitere Beispiele siehe Unctad (2005). Quelle: Battat, Aykut (2005) / Die Volkswirtschaft

7 Beispiele sind die Verträge von Mercosur, Andengemein- schaft oder Asean, die steuerliche Anreize vorsehen und die Gewinnrückführung für Unternehmen erleichtern, die in der betreffenden Region Süd-Süd-Direktinvesti- tionen tätigen.

8 Die Tatsache, dass ein wesentlicher Teil dieser Investi- tionen durch staatliche Unternehmen getätigt wird, ver- leiht ihnen nicht nur eine rein wirtschaftliche, sondern auch eine politische und strategische Bedeutung.

9 Zum Beispiel produziert die chinesische Firma TCL in Vietnam Fernseher für 50 US-$.

10 Mit Ausnahme von Einzelfällen wie der Exim Bank of China, deren Aufgabe unter anderem darin besteht, Auslandengagements chinesischer Unternehmen zu finanzieren.

11 Zitiert von Gelb (2005), S. 203.

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Zunächst steht den Zielländern durch die Süd-Süd-Investitionen mehr Kapital zur Ver- fügung, da Investoren aus dem Süden eher bereit scheinen, die mit diesen Märkten ver- bundenen Risiken einzugehen. Besonders wichtig ist dieser Punkt in kleinen, rohstoffar- men Volkswirtschaften, steht doch die Grösse der Märkte für Investoren aus dem Norden – neben dem Rohstoffaspekt – im Vordergrund.

So stammen mehr als die Hälfte der Ausland- investitionen in Nepal aus China und Indien.

Ein Drittel der ausländischen Investitionen im Bankensektor der am wenigsten entwickelten Länder kommt aus dem Süden. Für einige Länder ermöglicht dieser Kapitalzufluss aus dem Süden eine Diversifizierung der Investi- tionsgelder. Dies kann einen antizyklischen, stabilisierenden Effekt haben, der sich in schwierigen Zeiten auszahlt. Zwischen 1994 und 2000 waren die Süd-Süd-Investitionen gegenüber konjunkturellen, politischen und wirtschaftlichen Krisen tatsächlich resistenter als Investitionen aus dem Norden.12

Welche Auswirkungen Investitionen auf die Handelsströme, die Schaffung von Ar- beitsplätzen, die Bildung und den Technolo- gietransfer haben, hängt weit gehend von der Art der Mittelzuflüsse ab.13 So generiert theo- retisch eine Investition, die Zugang zu Res- sourcen schaffen soll, Exporte in Richtung des Herkunftslandes, die aber häufig auf eine aus- ländische Enklave im Heimmarkt beschränkt bleiben. Eine Marktinvestition erhöht hinge- gen das Angebot an Gütern und Dienstleis- tungen und hat in der Regel grössere Effekte auf die vor- und nachgelagerten Branchen, wie lokale Zulieferer und Vertriebsunterneh- men.14 Die Auswirkungen auf die Entwick- lung hängen indes vor allem von der Aufnah- mekapazität des Ziellandes ab. Gerade in

dieser Hinsicht erweisen sich Investitionen aus dem Süden als besonders interessant, sind doch die Produktionsmethoden meistens besser auf die lokalen Voraussetzungen abge- stimmt, was den Technologietransfer begüns- tigt.15

Neben positiven auch negative Aspekte Diesen positiven Aspekten stehen aller- dings gewisse Vorbehalte im Zusammenhang mit Investitionen aus dem Süden gegenüber.

Die multinationalen Unternehmen des Nor- dens haben angesichts gut abgestimmter Kampagnen von Nichtregierungsorganisatio- nen (NGO) und Druck der Konsumentenseite grosse Anstrengungen unternommen, ihre Auslandtätigkeit transparenter zu gestalten sowie gesellschaftlich und ökologisch verant- wortungsbewusster zu handeln. Zahlreiche Unternehmen haben im Bereich Kinderarbeit gute Praktiken eingeführt, die sie – mit mehr oder weniger Erfolg – auch bei ihren lokalen Zulieferern geltend machen.16 Im Sektor der Rohstoffförderung halten sich verschiedene Bergbauunternehmen an einen Kodex mit guten Praktiken für eine nachhaltige Entwick- lung.17 Im Bestreben um Transparenz und Korruptionsbekämpfung publizieren Unter- nehmen im Rahmen der Ieti-Initiative18 die Beträge, die sie von ihren Einnahmen aus der Tätigkeit im Ausland an die Behörden der Zielländer überweisen. Die Unternehmen des Südens sind in diesem Bereich noch nicht ak- tiv, da sie im Ursprungsland keinem öffentli- chen Druck ausgesetzt sind. Zudem sind auch die Führungsstrukturen dieser Unternehmen (z.B. bei nicht börsenkotierten Firmen) weni- ger durchlässig für Ausseneinflüsse. Allerdings haben einige Unternehmen besonders rele- vanter Sektoren – zum Beispiel in der Textil- und Rohstoffindustrie – nun erste Massnah- men getroffen. Ein Beispiel ist das chinesische Erdölunternehmen Sapet, dem die peruani- sche Regierung eine Lizenz für Förderaktivitä- ten in einem von indigenen Völkern bewohn- ten Gebiet erteilt hat. Sapet liess sich für dieses Projekt von Umweltexperten beraten.19 Schliesslich braucht es zur Einhaltung ökolo- gischer und gesellschaftlicher Normen auch entsprechende gesetzliche Regelungen im Zielland.

Die manchmal hitzigen Debatten in den Industrieländern über Auslandinvestitionen und damit verbundene Auslagerungen leiten über zur Frage, wie sich Süd-Süd-Investi- tionen auf das Ursprungsland auswirken. Die Auswirkungen hängen insbesondere davon ab, ob mit einer Investition die Produktion auf dem Heimmarkt ergänzt oder ersetzt wird.

Investitionen im Sektor der Rohstoffförde- rung, die den grössten Teil der Süd-Süd-Inves- titionsflüsse ausmachen, werden in der Regel

Die Süd-Süd-Investitionen wecken mancher- orts Befürchtungen in Bezug auf die Transpa- renz, die soziale Verantwortung – zum Beispiel im Bereich der Kinderarbeit – oder den Umwelt- schutz. Da äusserer Druck fehlt, sind südliche Firmen diesbezüglich oft kaum aktiv. Im Bild:

Feuerwerk-Fabrik auf den Philippinen.

Bild: Keystone

12 Aykut & Ratha (2004), S. 155.

13 Nunnenkamp & Spatz (2004), S. 57–58.

14 Dazu ist anzumerken, dass die von der Export Import Bank of China (Exim Bank) gewährten Kredite einer Klausel unterliegen, wonach 50% der Ausrüstungsgüter, Rohstoffe, Technologien und Dienstleistungen aus China kommen müssen (http://english.eximbank.org.cn/busi- ness/government.jsp).

15 Luiz de Mello (1997), zitiert von Nunnenkamp & Spatz (2004), S.56, hat folgenden Zusammenhang aufgezeigt:

Je grösser die technologische Kluft zwischen Ziel- und Ursprungsland der Direktinvestition, desto geringer ist die Wirkung auf das wirtschaftliche Wachstum.

16 Ein Beispiel dafür sind Probleme, mit denen sich die Fir- ma Nike 1997 konfrontiert sah (siehe Webseite der Erklä- rung von Bern, www.evb.ch).

17 Siehe International Council on Mining and Minerals, www.icmm.org.

18 Siehe Extractive Industries Transparency Initiative, www.eiti.org.

19 Friedman (2006).

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zusätzlich getätigt und sollten deshalb für das Land, aus dem die Investition kommt, nur beschränkt mit nachteiligen Folgen verbun- den sein. Selbst wenn die Investition in erster Linie ergänzend erfolgt, kann der Zugang zu neuen Märkten für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und die Sicherung der Arbeitsplätze im nationalen Markt entschei- dend sein.20 Durch die Diversifizierung des geografischen Risikos lassen sich nämlich Nachfrageschwankungen im Heimmarkt teil- weise ausgleichen. Zudem steigt durch die Anforderung, dem internationalen Konkur- renzdruck genügen zu müssen, die Wettbe- werbsfähigkeit des Unternehmens im Heim- markt.

Zusammenfassend scheinen also Süd-Süd- Investitionen für die wirtschaftliche Entwick- lung ein interessantes Potenzial aufzuweisen.

Gleichzeitig sind sie sowohl für die Ziel- als auch für die Ursprungsländer mit gewissen Risiken verbunden. Die Herausforderung be- steht darin, möglichst viele positive Aspekte dieser Süd-Süd-Mittelflüsse zu nutzen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten. Wie bei Investitio- nen aus Industrieländern ist es zudem unab- dingbar, dass die Zielländer einen kohärenten, ausgewogenen Investitionsrahmen vorgeben.

Aktivitäten der Weltbankgruppe bezüglich Süd-Süd-Investitionen

Vor diesem Hintergrund führt die Welt- bankgruppe – insbesondere über die IFC21 und die Miga22 – verschiedene Programme zur Förderung von Süd-Süd-Investitionen durch.

Zu erwähnen sind dabei unter anderem Mass- nahmen, die zur Verbesserung des allgemei- nen Investitionsklimas beitragen (Analysen, fachliche Unterstützung bei der Umsetzung von Reformen) und die damit die Länder des Südens für Investitionen sowohl aus dem Nor- den als auch aus dem Süden attraktiver ma- chen. In eine ähnliche Richtung gehen die Programme von Fias23 und Miga zum Ausbau der Kapazitäten im Bereich der Investitions- förderung in den Ländern des Südens.

Bezüglich der eigentlichen Investitionen hat die IFC das Ziel, langfristige Partnerschaf- ten mit aufstrebenden Akteuren des Südens einzugehen. Zu diesem Zweck organisierte die IFC im November 2005 in Mumbai eine Kon- ferenz, an der die meisten multinationalen Unternehmen des Südens teilnahmen. Der Anteil der Süd-Süd-Investitionen am Porte- feuille der IFC hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen.24 So hat sie zum Beispiel kürzlich eine srilankische Investition im Textilsektor Madagaskars und eine Investi- tion aus Mali in ein Hotel in Burkina Faso unterstützt. Die IFC leistet nicht nur finan-

zielle Beiträge an ihre Kunden, sondern sorgt auch dafür, dass die Investitionen einen mög- lichst positiven Einfluss auf die Entwicklung haben. Um die Wirkung von Investitionen auf die lokale Wirtschaft zu vergrössern, führt die IFC Programme zur Vernetzung mit den loka- len Unternehmen – u.a. in den Bereichen Ka- pazitätsbildung und Mikrofinanz – durch. Vor allem aber sind die Partner der IFC verpflich- tet, die Umwelt- und Sozialbestimmungen einzuhalten. Diese regeln Fragen wie die Um- siedlung und Entschädigung von Personen im Zusammenhang mit der Rohstoffförderung.

Zudem gibt die IFC auch Empfehlungen im Bereich Gouvernanz (Anwendung internatio- naler Buchführungsstandards, Börsenkotie- rung usw.).

Auch die Miga hat ihre Kommunikation an die Adresse potenzieller Kunden aus dem Sü- den intensiviert und kürzlich ein Programm lanciert, das vereinfachte Abläufe für Garan- tien bei relativ kleinen Investitionen vorsieht («Small Investment Program»). Dass dieses Programm einem Bedürfnis der Investoren aus dem Süden entspricht, zeigt die Tatsache, dass fünf der sieben bisher abgeschlossenen Transaktionen Süd-Süd-Investitionen betref- fen.

Zur Vervollständigung dieses kurzen Über- blicks gehört auch der Hinweis, dass die Welt- bank über die Fias in Zusammenarbeit mit Unctad25 und der Organisation für Zusam- menarbeit und Entwicklung (OECD) ein Forschungsprogramm zu den Süd-Süd-In- vestitionen lanciert hat. Die erste Phase be- steht darin, einen Standardfragebogen für In- vestoren aus dem Süden auszuarbeiten. Damit sollen zuverlässige Daten gesammelt und Er- kenntnisse zu den Besonderheiten, Beweg- gründen, Hindernissen und wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Investitionen gewon- nen werden. Diese Studie wird zu einer noch sinnvolleren Strategie bei der Förderung von Süd-Süd-Investitionen beitragen. Zum Bei- spiel wird sich dann besser bestimmen lassen, welche Position die IFC gegenüber den weit verzweigten multinationalen Unternehmen einnehmen soll und wie ein gutes Gleichge- wicht zwischen rein finanzieller Unterstüt- zung und einem Beitrag zur gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung der Unter- nehmen des Südens gefunden werden kann.

20 Siehe dazu die in Anmerkung 10 erwähnte Klausel der Exim Bank of China.

21 International Finance Corporation.

22 Multinational Investment Guarantee Agency.

23 Foreign Investment Advisory Service.

24 Auf 484 Mio. US-$ im Jahr 2005.

25 United Nations Conference on Trade and Development.

Kasten 1

Literatur

– Aykut, Dilek und Dilip Ratha (2003).

South-South FDI flows: how big are they?, in: Transnational Corporations, Band 13, Nr. 1 (April), S. 149-176.

– Battat, Joseph und Dilek Aykut (2005).

Southern Multinationals: A Growing Phenomenon. Dokument zur Konferenz

«Southern Multinationals: A Rising Force in the World Economy», 9.–10. November 2005, Mumbai, Indien.

– Friedman, Thomas L. (2006). ‹Red China or Green?›, The New York Times, 30. Juni 2006.

– Games, Dianna (2004). The Experience of South African Firms Doing Business in Africa: A Preliminary Survey and Analysis (Braamfontein: SAIIA).

– Gelb, Stephen (2005). South-South Investment: The Case of Africa, in: Jan Joost Teunissen and Age Akkerman (Hrsg.), Africa in the World Economy – The National, Regional and International Challenges (Fondad, Den Haag), S. 200–205.

– Nunnenkamp, Peter und Julius Spatz (2004). FDI and economic growth in developing economies: how relevant are host-economy and industry characteris- tics?, in: Transnational Corporations, Band 13, Nr. 3 (Dezember), S. 53–83.

– Unctad (2005), World Investment Report 2005 (New York, Genf: United Nations).

– World Bank (2006). Global Development Finance 2006 (Washington, DC: World Bank).

Referenzen

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