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Jahrgang • Heft 14 • 20. Juli 1994

für Allgemeinmedizin

14/94

•f*'- ^

Forum Qualität KV und Qualitätszirkel

- wie Feuer und Wasser?

HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART

Aktuelles Interview:

Indikationen und Kontraindikationen

zur Lyse

Rückenschmerzen - es ist eine regelrechte

»Epidemie« aus- gehrochen!

Tägliche Praxis: sinn­

volle Diagnostik und Therapie hei Kreuz­

schmerzen Wenn der Rücken schmerzt, leiden meist

Körper und Seele ...

Service Rox

zum Thema

Rückenschmerzen

(2)

-2-

Alles im grünen Bereich

k

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den), Aorten- und/oder Mitralstenose, orthostatischen Kreislaufregulationsstörungen, erhöhtem intrakraniellen Dmck (Anstieg bisher nur bei hoher i.v. Dosis beobachtet).ln der Schwangerschaft und Stillzeit nur auf Anordnung des Arztes einzunehmen (tierexp. Unters, unauffällig). Nebenw.: Anfangs häufig Kopfschmerz und gelegentl. Hypotension mit Refiextachykardie, Benommenheit, Schwindel- und Schwächegefühl. Selten Übelkeit, Erbrechen, Flush, Hautallergien, Kollapszustände mit Bradykardie und Synkopen. In Einzelfällen exfoliative Dermatitis. Bei starkem Blutdruckabfall selten Verstärk, der Angina pectoris. Bei kontinuierl. Anw. von Nitroverbin­

dungen innerh. v. 24 h Toleranz und Kreuztoleranz beobachtbar. Beeinträchtig, der aktiven Verkehrsteilnahme oder Maschinenbedien. möglich, insbes. im Zusammen­

hang mit Alkohol. Wechselw.: Vasodilatatoren, Antihypertensiva, ß-Blocker, Ca-Antagonisten, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva und Alkohol können die Blut­

drucksenkung verstärken. Bei Nitratvorbehandlungen höhere Dosis für gewünschte Effekte. Verstärkung der Dihydroergotaminwirkung. Wirkungsabschwächung von Heparin. Dos./Anw.: 1 bis 3 Spraygaben ggf. unter RR-Kontrolle wiederholt sublingual. Vor erstem Gebrauch und nach längerer

Nichtbenutzung 1 x ansprühen. Weiteres siehe Fachinfo. HInw.: Inhalt und Verfalldatum beachten. Spray rechtzeitig ersetzen. Nach ^ Gebrauch nicht gewaltsam öffnen oder verbrennen. Nicht gegen Flammen oder auf glühende Körper sprühen. Handelst.: 1 Flasche

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BOSKAMP

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(3)

Glosse

Allgemeinmedizin wird es nur geben, wenn...

Allgemeinmedizin in Deutschland - zumindest in der alten BRD - ist mit Randständigkeit, Drittrangigkeit verbunden. Und sie wird es weiterhin bleiben.

Es ist sogar wahrscheinlich, daß sie - trotz aller Forderungen nach zentraler Rolle in der Versorgung - bis zum Jahrhundertwechsel hierzulande unterge­

gangen sein wird.

Was kann dies noch verhindern? Es sind ganz wenige Dinge, die notwendig sind.

1. Es muß ein Primärarztsystem geschaffen werden: Nur der Zugang zum Hausarzt - Allgemeinarzt und zukünftiger allgemeinärztlicher Internist - ist für den Patienten direkt möglich. Einen Zugang zum Spezialisten gibt es nur über den Primärarzt/Hausarzt. Interessanterweise gibt es keine entwickelte und wissenschaftlich etablierte Allgemeinmedizin in Ländern ohne Primär­

arztsystem!

2. Allgemeinmedizin muß sich auf ihre Spezifika und damit ihre Stärken kon­

zentrieren: Dies ist die umfassende, patientennahe und alle Aspekte des Krankseins berücksichtigende kontinuierliche Betreuung. Es ist nicht die Konzentration auf Technik oder Labor.

3. Allgemeinmedizin ist nur mit einem modifizierten Pauschalsystem in der Honorierung überlebensfahig: Die Honorierung nach Einzelleistung orien­

tiert unser Denken auf Teilaspekte, eben nicht auf Ganzheit. Sie bindet unsere Kraft im Abrechnungssystem und sie läßt uns - im Vergleich zu den Spezialisten mit ihren »rationalisierungsfähigen« Leistungen - immer unter­

legen bleiben. Eine Unterlegenheit im Einkommen geht mit einer Unterle­

genheit in der Attraktivität und dem Selbstbewußtsein des Faches einher.

4. Es muß in kurzer Zeit ein vernünftiges Zahlenverhältnis von Primärärzten/

Hausärzten zu Spezialisten - etwa 70 zu 30 - über die Zulassung erreicht werden.

5. Allgemeinmedizin muß ihre Spezifika zum Thema wissenschaftlicher Bear­

beitungmachen: Versorgungsforschung, Langzeitbeobachtungen, ambulante Therapiestudien, Untersuchungen zur Arzt-Patienten-Beziehung, epidemio­

logische Studien im ambulanten Bereich sowie der Vergleich von Therapie- und Versorgungskonzepten und deren Effektivität gehören hierzu.

Nur diese fünf Dinge würden ausreichen, die Allgemeinmedizin vor dem anson­

sten sicheren Untergang zu bewahren. Nur wer bewirkt diese Dinge? Dies können nur wir tun — der einzige Verbündete momentan ist der Staat, der hierzu über das Interesse an einer kostengünstigen und dabei effektiven Versorgungs­

struktur kommt. Andere Verbündete - gar in der übrigen Ärzteschaft oder in den Universitäten - haben wir nicht. Und wir selbst sind auch noch zerstritten - zerstritten über die Einsicht in die Notwendigkeit der oben genannten fünf Voraussetzungen.

m

Ihr

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Dr. med. Heinz-Harald Abholz Arzt für Allgemeinmedizin Lehrbeauftragter, FU Berlin Apostel-Paulus-Straße 39

10823 Berlin

(4)

Ein Prinzip

setzt sich durch!

«te^'

Ayet^v

verteilen freisetzen wirken

Panzytrat’ 10.000

Panzytrat 25.000

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Zusammensetzung: 1 Kapsel Panzytrat' 10.000 mit magensaftresistenten Mikrotabletten enthält: Pankreatin aus Schweinepankreas mit Lipase 10000 E., Amylase 9000 E., Proteasen 500 E.

(E. nach Ph.Eur.). 1 Kapsel Panzytrat' 25.000 mit magensaftresistenten Mikrotabletten enthält: Pankreatin aus Schweinepankreas mit Lipase 25000 E.. Amylase 12000 E., Proteasen 800 E. (E.

nach Ph. Eur.). 1 Kapsel Panz^rat' 40.000 mit magensaftresistenten Pellets enthält: Pankreatin aus Schweinepankreas mit Lipase 40000 E., Amylase 15000 E.. Proteasen 900 E. (E. nach Ph.

Eur.) Anwendungsgebiete: Zum Ersatz von Verdauungsenzymen bei Verdauungsschwäche (Maldigestion) infolge einer gestörten Funktion der Bauchspeicheldrüse. Gegenanzeigen: Die Anwendung ist bei akuter Pankreatitis und bei akuten Schüben einer chronischen Pankreatitis während der floriden Erkrankungsphase sowie bei

nachgewiesener Schweinefleischallergie nicht angezeigt. Nebenwirkungen^ Keine bekannt.

Dosierung: Siehe Gebrauchsinformation. Packungsgrößen und Preise(einschl. MwSt.): Panzytrat* 10.000:50 Kps. (NI) DM 28,08, lOOKps.

(N2) DM 51,49.200 Kps. (N3) DM 94,42. Klinikpackung. Panzytrat' 25.000:50 Kps. (NI) DM 52,24. 100 Kps. (N2) DM 93,61.200 Kps. (N3) DM 171,81.Klinikpackung. Panz\4raf 40.000: 50 Kps. (NI) DM 88,04.100 Kps. (N2) DM 161,40. 200 Kps. (N3) DM 295,91. Klinikpackung. (Stand:

1.1.1994) Nordmark Arzneimittel GmbH, 25430 Uetersen.

2 Nordmark

(5)

INHALT *** INHALT *** INHALT ***

Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 70. Jahrgang, Heft 14

-5-

Schwerpunkt

Rückenschmerzen - Befunde epidemiologischer

Forschung 561

U. Lenhardt, Th. Elkeles und R. Rosenbrock

Diagnostik und Therapie des Rückenschmerzes 566 B. Holdorff

Zur Psychosomatik des Rückenschmerzes 571 H. G. Berwald

Service Box -10-

Therapiestudie

Säuresekretionshemmung H. Merk! und L. Witzei

576

Interview

Indikationen und Kontraindikationen einer Lyse 578 Ein Interview mit U. Tebbe

Online

Kongreß extra Forum Qualität

Medizinische Raritäten Impressum

-7- 581 583 -19-

-6-

SPARTIOi:

verlangsamt die zu frequente Schlagfolge, dämpft eine erhöhte Erregbarkeit im Reizleitungs­

system des Herzens.

Funktionelle Herz- und Kreislauf­

beschwerden.

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3mal täglich 20-30Tropfen nach dem Essen in etwas Flüssigkeit.

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Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung, 7615 Zell-Harmersbach/Schwarzwald

(6)

Inhalt

Rückenschmerzen sind weit verbreitet — Fachleute sprechen von einer regelrechten Epidemie. Es gibt verschiedenste Risikofaktoren, z.B, auch Zeitdruck und fehlende soziale

Unterstützung am Arbeitsplatz.

Rückenschmerzen - Befunde epidemiologischer Forschung Seite 561

-F

Anamnese und körperliche Untersuchung stehen bei Patienten mit Lumbal- oder Kreuzschmerzen im Vordergrund.

Diagnostik und Therapie des Rückenschmerzes Seite 566

Abbildungen:

Titel: H.-H. Abholz. Seite -6-: oben: H.-J. Klemann. Mitte: aus Shipley, M.: ZFA-Taschenatlas Rheumatische Erkrankungen. Hippokrates Verlag Stuttgart 1984.

K<>/.uk: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung: Dresdner Bank, Filiale Stuttgart. Nr. 9014731. - Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Krfül- lungsort für beide Teile: Stuttgart und Hamburg.

Zeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of General Practice. Ehemals: Der

■.andarr.t. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch­

schullehrer und Lehrbeauftragten Tür Allgemeinmedizin e.V, und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge­

meinmedizin),

Schriftleitung: Dr. med. Heinz Harald Abholz. Cecilien- gärten 1, 12159 Berlin • Prof. Dr. med. Winfried Har- dinghaus, Chefarzt der Med. Abt.. Krankenhaus St. Ra­

phael, 49179 Ostercappeln. AG Gesundheitswissenschaf- ten Universität 49069 Osnabrück • Prof. Dr. med. Mi­

chael M. Kochen. MPH. Abteilung für Allgemeinmedizin der Georg-August-Univ.. Robert-Koch-Str. 40. 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer. Schelztorstr.

42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz, Dr. med. Ursula Marsch-Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paretzer- str. 12. 10713 Berlin • Dr. med, Gertrud Volkert, Trau- bergstr. 16. 70186 Stuttgart.

Verlag: Hippokrates Verlag GmbH. Rüdigerstr. 14.

70469 Stuttgart. Postfach 300504, 70445 Stuttgart. Tel, (07 11) 89 31 -0. Telefax (07 11) 89 31 -4 53.

GescliärtsfUhrung: Dipl.-Kaufmann Andre Caro, Dipl.- Kaufmann Albrecht Hauff.

.Anzeigen; Günter Fecke, Tel. (07 11) 89 31-448.

Redaktion/Produktion: Günther Buck (Chefredakteur), Tel. (07 11) 8931-446. Ruth Auschra (Stellv. Red.-Ltg.), Tel. (07 11)89 31-442. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ingrid Schaul (Herstellung), Tel. (07 11) 8931-445.

Gesamlherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1994. - ® 1994 Hippokrates Verlag GmbH.

Die Zeitschrift erscheint zweimal monatlich.

Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 2. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.

Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif­

ten des ln- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent­

halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung Tällig. Die Beilage »Die .Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.

15. Jahrgang 1994.

Bezugs­

preise

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kosten

Gesamt

ZFA-Zeitschrift für Allgemeinmedizin (Ausgabe A) Inland DM 156,00 DM 33.00 DM 189.00 Ausland DM 156.00 DM 57.60 DM 213,60 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum

Inland DM 48,00 DM 33,00 DM 81.00

Ausland UM 48.00 DM 57,60 . DM 105,60 ZFA + Kartei der praktischen Medizin (.Ausgabe B) Inland DM 174.00 DM 33.00 DM 207.00 Ausland DM 174,00 DM 57,60 DM 231.60 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 68.00 DM 33.00 DM 101,00 Äusland DM 68.00 DM 57,60 DM 125.60

Einzelheft (Ausgabe A) DM 12,00, (Ausgabe Bl DM 13,(X) zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort. Alle Preise sind unverbindlich empfohlene Preise.

.Anzeigenschluß: 6 Wochen vor Erscheinen.

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dalitäten zu erfragen sind.

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Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent­

wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er­

fahrung erweitern unsere Erkenntnisse. Insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe­

langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.

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tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie­

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DEGAM

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin

L^-AED

Mitglied der Arbeitsgemein­

schaft Leseranalyse medizinischer Zeitschriften e.V.

(7)

online *** online *** online *** online *** online -7-

Myokardinfarkt: auch durch neue Marker keine sehr frühe Diagnose

Bei Patienten mit Angina pectoris ist eine rasche Abklärung der Schmerzursache notwendig.

In 40 bis 60% der Fälle genügt das EKG nicht. Die üblichen Bestimmungen von Kreatinkinase (CK) und CK-MB haben den Nachteil mangelhafter Sensitivität während der ersten 10 bis 12 Stunden.

Sind hier neuere Marker überlegen, kann mit ihnen der Beginn einer Myokard­

nekrose früher erfaßt werden?

Bei 290 Patienten mit Verdacht auf Myo­

kardinfarkt wurden, neben dem EKG, CK- und CK-MB-Aktivität sowie die neuen Marker CK-MB-Massenkonzentration, Troponin T und Myoglobin möglichst frühzeitig nach Beginn der Schmerzen, in jedem Fall während der ersten 24 Stunden, bestimmt. 153 Patienten hatten definitiv einen akuten Myokardin­

farkt. Die höchste Sensitivität, einen Myokardinfarkt anzuzeigen, hatte Tro­

ponin T (64%), gefolgt von CK-MB-Mas­

senkonzentration (60%), Myoglobin (50%), CK (40%) und CK-MB (35%). Hohe Konzentrationen der neuen Marker tra­

ten früher auf als bei den herkömmli­

chen. Allerdings ergab sich für Tropo­

nin T auch die höchste falsch-positiv-Rate (26%). Mit keiner der Bestimmungen kann während der ersten 10 Stunden nach Schmerzbeginn mit Sicherheit ein Myokardinfarkt diagnostiziert bzw. aus­

geschlossen werden. Nach dieser Zeit­

spanne erbringen alle Marker ähnlich beweiskräftige Werte. (ChR) Bakker, A.. et ai: Failure of new bioche­

mical markers to exclude acute myocar­

dial infarction at admission. Lancet 1993: 342: 1220-1222.

Amyotrophische Lateral­

sklerose: Riluzol verlangsamt Progredienz

Die Ursache der amyotrophischen Late­

ralsklerose, einer progressiven und töd­

lichen neurodegenerativen Erkrankung, ist ungeklärt, auch eine wirksame Be­

handlung ist bislang nicht bekannt.

Möglicherweise spielt pathogenetisch eine präsynaptische Akkumulation des zentralen Neurotransmitters Glutamat eine wesentliche Rolle. Medikamente, die in das glutaminerge System modulierend eingreifen, könnten daher therapeutische Perspektiven eröffnen. Mit einem dieser

Medikamente, Riluzol (2-amino-6(tri- fluoromethoxy)benzothiazol), wurde jetzt eine prospektive randomisierte Doppel­

blindstudie durchgeführt. 155 ambulante Patienten mit amyotrophischer Lateral­

sklerose nahmen täglich 100 mg Riluzol bzw. Plazebo ein. Nach 12 Monaten leb­

ten in der Plazebogruppe noch 45 von 78 Patienten (58%) und in der Riluzol- Gruppe 57 von 77 Patienten (74%, p = 0,014). Nach Ende der Plazebophase, im Schnitt nach 21 Monaten, bestand hinsichlich der Überlebensrate ein gerin­

gerer, aber immer noch signifikanter Vorteil für Riluzol (49%) gegenüber Pla­

zebo (37%). Die Muskelatrophie nahm unter Riluzol deutlich langsamer zu als unter Plazebo. Allerdings beendeten in der Verum-Gruppe auch signifikant mehr Patienten (27) die Studie vorzeitig wegen Nebenwirkungen - vor allem Asthenie, Steifigkeit und Zunahme der Aminotrans- ferasespiegel - als in der Plazebogruppe (17).

Das antiglutaminerg wirkende Riluzol scheint die Progredienz einer amyotro­

phischen Lateralsklerose verlangsamen zu können. Der therapeutische Nutzen überwiegt nach Ansicht der Autoren klar die aufgetretenen unerwünschten Wir­

kungen. (ChR)

Bensimon, G.. et ai: A controlled trial of riluzole in amyotrophic lateral sclerosis.

N. Engl. J. Med. 1994: 330: 585-591.

DoloYisano M

K

DR. KADE PHARMAZEUTISCHE FABRIK GMBH, Berlin/Konstanz, DoloVi$ano*M Dragees. Wirkjtoff: Mephenesin

Zusammensetzung: 1 DoloVisano M Dragee enthält 250 mg Mephenesin. Anwen­

dungsgebiete: Muskelverspannungen, Hexenschuß (Lumbagol, Hals-Arm-Syndrom IZervikalsyndrom), Muskelschmerzen. Gegenanzeigen: DoloVisano M Drogees dürfen nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Mephenesin, Leberfunktionsstörungen, Muskelschwäche (Myasthenia gravisl, Schwangerschaft. Nebenwirkungen: DoloVisano M Dragees sind im allgemeinen gut verträglich. Bei höherer Dosierung können Müdigkeit, Schläfrigkeit und Benommenheit, selten auch Schwäche­

gefühl, Schwindel und Appetitlosigkeit auftreten. Weiterhin kann es unter DoloVisano M in seltenen Fällen zu vorübergehenden Magen-Darm- Störungen mit Übelkeit und Erbrechen kommen. Vereinzelt wurde über Kopf­

schmerzen, Sehstörungen, Blutdruckabfall sowie Überempfindlichkeitsreak­

tionen gegen den Wirkstoff Mephenesin berichtet. Beim Auftreten dieser Nebenwirkungen sollte das Präparat abgesetzt und der Arzt informiert werden.

Hinweis: Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, daß die Fähigkeit zur aktiven Teil­

nahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.

Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Bei gleichzeitiger Anwendung von zentral­

dämpfenden Mitteln oder bei Genuß von Alkohol kann es zu einer gegenseitigen Wirkungs­

verstärkung kommen. Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung: Soweit nicht anders verordnet, werden normalerweise 3mal täglich 2 Dragees DoloVisano M eingenommen.

Bei starken Muskelverspannungen kann die Dosis bis auf 4mal täglich 2 Dragees erhöht werden.

Kindern unter 6 Jahren soll DoloVisano M nicht verabreicht werden. DoloVisano M Dragees werden zu den Mahlzeiten mit Flüssigkeit eingenommen. Es empfiehlt sich, reichlich nachzutrinken.

Die Dauer der Behandlung wird vom Arzt festgelegt und richtet sich nach dem Krankheitsverlauf.

Darreichungsform, Packungsgrößen und Preise: OP mit 20 Dragees IN1I DM 13,26 m.MwSt.,OP mit 50 Dragees IN2I DM 26,53 m.MwSt., OP mit 100 Dragees (N3I DM 44,67 m.MwSt., Anstaltspackung.

(Stand: Oktober 19931

DR. KADE PHARMAZEUTISCHE FABRIK GMBH Rigistraße 2,12277 Berlin,Telefon: 0 30/72 08 20, Telefax: 0 30/72 0822 00

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AIR BACK FURS HERZ

i

2x täglich

m

Isoptin KHK retard

Calcium "Antagonist

Zusammensetzung; 1 Retardtablette enthält 120 mg Verapamilhydrochlorid. Indikationen:

Koronare Herzerkrankung: chronische stabile Angina pectoris (klassische Belastungsangina);

Ruheangina, einschließlich der vasospastischen (Prinzmetal-Angina, Variant-Angina) sowie der instabilen Angina (Crescendo-, Präinfarkt-Angina); Angina pectoris bei Zustand nach Herzinfarkt.

Hypertonie. Prophylaxe tachykarder Rhythmusstörungen supraventrikulären Ursprungs. Kontra­

indikationen: Absolute: Herz-Kreislauf-Schock; komplizierter frischer Herzinfarkt (Bradykardie, ausgeprägte Hypotonie, Linksinsuffizienz); AV-Block li. und III. Grades, sinuatrialer Block; Sinus­

knotensyndrom (Bradykardie-Tachykardie-Syndrom). Relative: AV-Block I. Grades; Bradykardie

< 50 Schläge/min; Hypotonie <90 mm Hg systolisch; Vorhofflimmern/Vorhofflattern bei gleich­

zeitigem Vorliegen eines Präexzitationssyndroms, z. B. WPW-Syndrom (hier besteht das Risiko, eine Kammertachykardie auszulösen); Herzinsuffizienz (vorder Behandlung mit Isoptin KHK retard ist eine Kompensation mit Herzglykosiden erforderlich). Während einer Schwangerschaft (beson­

ders im ersten Drittel) und in der Stillzeit ist die Verordnung von Isoptin KHK retard kritisch abzu­

wägen Nebenwirkungen: Verschiedene Herz-Kreislauf-Effekte von Verapamil können gele­

gentlich, insbesondere bei höherer Dosierung oder entsprechender Vorschädigung, über das therapeutisch erwünschte Maß hinausgehen: bradykarde Rhythmusstörungen (Sinusbradykardie, Sinusstillstand mit Asystolie, AV-Block II. und III. Grades oder Bradyarrhythmie bei Vorhof­

flimmern), Hypotonie, Entwicklung oder Verstärkung einer Herzinsuffizienz. Über Obstipation wird häufig berichtet; selten kommt es zu Übelkeit, Schwindel bzw. Benommenheit, Kopfschmerz, Flush, Müdigkeit, Nervosität, Knöchelödemen, Erythromelalgie, Parästhesien. Sehr selten kann es zu Muskel- oder Gelenkschmerzen kommen. Selten kommt es zu allergischen Hauterscheinungen (Exanthem, Pruritus, ürtikaria, angioneurotisches ödem, Stevens-Johnson-Syndrom), ferner zu einer reversiblen Erhöhung der Transaminasen und/oder der alkalischen Phosphatase, wahr­

scheinlich als Ausdruck einer allergischen Hepatitis. Bei älteren Patienten wurde in sehr seltenen Fällen unter einer Langzeittherapie Gynäkomastie beobachtet, die nach bisherigen Erfahrungen nach Absetzen des Medikamentes reversibel ist, Erhöhungen der Prolaktinspiegel wurden beschrieben. Äußerst selten kann es unter längerer Behandlung zu Gingivahyperplasie kommen, die sich nach Absetzen zurückbildet. Die Behandlung des Bluthochdrucks mit Isoptin KHK retard bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reak­

tionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt in verstärktem Maße bei Behandlungsbeginn und Prä­

paratewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol_________________________________

Dosierung und Anwendungsweise: Erwachsene erhalten morgens und abends je 1-2 Retardtabletten im Abstand von ca. 12 Stunden. Eine Tagesdosis von 4 Retardtabletten sollte als Dauertherapie nicht überschritten werden; eine kurzfristige Erhöhung ist möglich. Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion wird in Abhängigkeit vom Schweregrad wegen eines verlangsamten Arzneimittelabbaus die Wirkung von Verapamil verstärkt und verlängert. Deshalb sollte in derartigen Fällen die Dosierung mit besonderer Sorgfalt eingestellt und mit niedrigeren Dosen begonnen werden (z, B. bei Patienten mit Leberzirrhose zunächst 2-3mal täglich 1 Film­

tablette Isoptin* mite) Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Gabe von Isoptin KHK retard und Arzneimitteln, die kardiodepressorisch wirken bzw, die Erregungsbildung oder -leitung hemmen, z. B. Betarezeptorenblocker, Antiarrhythmika sowie Inhalationsanästhetika, kann es zu uner­

wünschten additiven Effekten kommen (AV-Blockierung, Bradykardie, Hypotonie, Herzinsuffi­

zienz), In Kombination mit Chinidin sind bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyo­

pathie einzelne Fälle von Hypotonie und Lungenödem beschrieben worden. Die intravenöse Gabe von Betarezeptorenblockern sollte während der Behandlung mit Isoptin KHK retard unter­

bleiben. Isoptin KHK retard kann die Wirkung von Antihypertensiva verstärken. Erhöhungen des Digoxinplasmaspiegels bei gleichzeitiger Gabe von Verapamil sind beschrieben. Deshalb sollte vorsorglich auf Symptome einer Digoxinüberdosierung geachtet, gegebenenfalls der Digitalis­

spiegel bestimmt und nötigenfalls eine Reduzierung der Glykosiddosis vorgenommen werden. Des weiteren wurden in der Literatur vereinzelt Wechselwirkungen mit Carbamazepin (Wirkungsver­

stärkung durch Verapamil, neurotoxische Nebenwirkungen), Lithium (Wirkungsabschwächung durch Verapamil, Erhöhung der Neurotoxizität), Cyclosporin, Theophyllin (Plasmaspiegelerhöhung durch Verapamil), Rifampicin, Phenytoin und Phenobarbital (Senkung des Plasmaspiegels und Abschwächung der Wirkung von Verapamil) beschrieben. Erhöhung des Plasmaspiegels von Verapamil bei gleichzeitiger Gabe von Cimetidin ist möglich. Die Wirkung von Muskelrelaxanzien kann verstärkt werden. Handelsformen: 20 Retardtabletten (N1) DM 14,40,50 Retardtabletten (N 2) DM 30,91,100 Retardtabletten (N 3) DM 55,10. Stand: Juli 1994

Knoll Deutschland GmbH

67006 Ludwigshafen

ö

BASF Pharma

knoll

(9)

Fortbildung

Uwe Lenhardt, Thomas Elkeles, Rolf Rosenbrock

Rückenschmerzen - Befunde epidemiologischer Forschung

561

Wissenschafts­

zentrum Berlin für Sozialforschung

Verbreitung des Problems

Bereits 1981/82 woirde gezeigt, daß »Rücken­

schmerzen« - noch vor »Husten« und »Schwin­

del« - zu den häufigsten Behandlungsanlässen bei Hausärzten gehören (13). Seither haben Rückenbeschwerden derart zugenommen, daß von einer regelrechten »Epidemie« gesprochen wird (12). So verzeichnet die Arbeitsunfähig­

keitsstatistik der Ortskrankenkassen für den Zeitraum 1982 bis 1991 einen weit überdurch­

schnittlichen Anstieg der durch Dorsopathien bedingten AU-Fälle und AU-Tage um 78 bzw.

96%. Differenziert man alle großen Krankheits­

gruppen in vergleichbarer Weise, so bildet diese

»Diagnoseklasse« mittlerweile die häufigste (Männer) bzw, dritthäufigste (Frauen) Begrün­

dung für AU-Fälle. Darüber hinaus sind Dor­

sopathien der wichtigste Grund für stationäre Rehabilitationsmaßnahmen sowie Erwerbs­

und Berufsunfähigkeits-Verrentungen (5).

Einen noch präziseren Eindruck von der Ver­

breitung von Rückenschmerzen in der Bevöl­

kerungvermitteln repräsentative bevölkerungs­

weite sogenannte Gesundheitssurveys. Die hier gemachten Prävalenzangaben variieren zwar deutlich, im Vergleich zwischen älteren und neueren Erhebungen fällt insgesamt jedoch ein TrendderZunahmeaufFürdie Bundesrepublik kann gegenwärtig angenommen werden, daß etwa 30% aller Erwachsenen an einem gege­

benen Stichtag über Rückenschmerzen klagen.

Übereinstimmend ist zu finden, daß das höchste Prävalenz-Niveau von Personen im sechsten Le­

bensjahrzehnt erreicht wird, Frauen stärker be­

troffen sind als Männer und ein niedriger Status hinsichtlich Beruf, Einkommen und Schulbil­

dung mit einer erhöhten Prävalenz einher­

geht. Für ca. ein Viertel derjenigen, die zum Befragungszeitpunkt Rückenschmerzen haben, ist dies mit einer gravierenden Beeinträchtigung der Lebensqualität im Alltag verbunden (4, 9).

Etwa 80% der Menschen haben nach vorlie­

genden Erkenntnissen irgendwann einmal in

ihrem Leben unter Rückenschmerzen zu lei­

den. Bei wie vielen damit eine Chronifizierungs­

karriere eingeleitet wird, kann schon wegen der differierenden Definitionen von »chro­

nisch« nicht präzise beziffert werden. Die vor­

liegenden Surveys deuten darauf hin, daß langandauernde Formen des Rückenschmer­

zes maximal ein Viertel der Gesamtprävalenz ausmachen (8). Diese Personengruppe verur­

sacht den allergrößten Teil der rückenschmerz­

bedingten Kosten und ist durch drastisch redu­

zierte Chancen auf Rückkehr ins Erwerbsleben gekennzeichnet (1).

Unspezifität und Komplexität

Ein zentrales Problem im medizinischen Um­

gang mit Kreuz- oder Rückenschmerzen stellt sicherlich die Tatsache dar, daß diese weder als eigenständige Krankheit noch überwiegend als Symptom spezieller Erkrankungen und Schädigungen gelten können (10). Es herrscht Übereinstimmung darüber, daß nur bei einem vergleichsweise geringen Teil der von diesen

Rückenschmerzen stellen mittlerweile eines der am weitesten verbreiteten Gesundheitspro­

bleme dar. ln den meisten Fällen handelt es sich hierbei um ein unter pathologischen und ätio­

logischen Gesichtspunkten unspezifisches Be­

schwerdebild, dessen Entstehung und Chroni­

fizierung nach vorliegenden epidemiologischen Erkenntnissen durch eine Vielzahl interagie­

render Risikofaktoren physischer und psycho­

sozialer Art beeinflußt werden kann. So zeigen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Rückenschmerzen, daß neben körperlichen Belastungen durch schweres Heben und Tragen oder Zwangshal­

tungenu. a. auch solche Faktoren wie Zeitdruck, geringer Entscheidungsspielraum undfehlende soziale Unterstützung am Arbeitsplatz das Auf­

treten von Beschwerden begünstigen.

Chronische Rücken­

schmerzen machen etwa ein Viertel aller Rücken­

schmerzen aus

Zum Inhalt

Z. Allg. Med. 1994; 70: 561-565. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994

(10)

ä Fortbildung Rückenschmerzen

Rücken­

schmerzen haben zumeist keine »allei­

nige« und häu­

fig keine benennbare Ursache

Beschwerden betroffenen Personen ein eindeu­

tiger medizinischer Befund zu erheben ist (12).

So führte die im Rahmen der Lübecker Rücken­

schmerzstudie durchgeführte Diagnostik in deutlich weniger als der Hälfte der Fälle zur sicheren Identifikation einer Grunderkran­

kung, eines wesentlichen Pathomechanismus oder einer irritierten Struktur. Rückenschmer­

zen erscheinen somit - zumal in der diagno­

stisch meist weniger reich ausgestatteten Haus­

arztpraxis - als ein unter ätiologischen und pathologischen Gesichtspunkten »unspezifi­

sches« Beschwerdebild (9).

von Rückenleiden werden in der Literatur im­

mer wieder folgende Bedingungen charakteri­

siert: allgemein körperlich beanspruchende Tätigkeit, Manipulieren schwerer Lasten, Ar­

beit in ungünstigen und Zwangshaltungen (v. a.

gebückt, über Kopf und auf den Knien), häufi­

ges Heben, Heben bei rotiertem Rumpf, andau­

ernde sitzende Tätigkeit und Vibrationen (5, 6).

Das Heben oder Tragen von Lasten über 20 kg kommt bei 29%, das Arbeiten in körperlichen Zwangshaltungen bei 25% der bundesdeut­

schen Erwerbstätigen regelmäßig oder häufig vor (7).

Rückenschmerz und Arbeits­

welt bilden ein komplexes Ur­

sachenmuster

Mechanische und psycho­

soziale Arbeits­

belastungen korrelieren mit Rücken­

schmerzen

Eine rein somatische, u. U. sogar nur auf spi­

nale Ursachen fixierte Betrachtungsweise von Rückenschmerzen erscheint demnach wenig adäquat. Für die große Masse der Rückenlei­

den wesentlich plausibler ist die Annahme ei­

nes unspezifischen funktionellen Schmerzsym­

ptoms, bei dessen Entstehung und Entwick­

lung eine Vielzahl biologischer, psychologi­

scher und sozialer Faktoren beteiligt ist. Die Angemessenheit eines solchen »biopsychoso­

zialen« Modells zeigt sich etwa in Untersu­

chungen zu myogenen Rückenschmerzen: Das Schmerzgeschehen ist hiernach durch eine äu­

ßerst komplexe Dynamik gekennzeichnet, mit vielfältigen Wechselwirkungen und verstärken­

den Rückkopplungsprozessen zwischen äuße­

ren Belastungen, disponierenden Faktoren, Streßreaktionen, muskulären Verspannungen, Schmerzen und Schmerzverhalten. Wichtig ist die Erkenntnis, daß es in der Folge zu einer weitgehenden Verselbständigung des Schmerz­

geschehens gegenüber dessen initialer Ursa­

che kommen kann (11, 12). Außerdem treten Rückenschmerzen selten isoliert auf, sondern sind sehr häufig in umfassendere, verschie­

dene Lokalisationen beinhaltende Schmerz- und Beschwerdensyndrome eingebunden (9).

Der Einfluß mechanischer Arbeits­

belastungen

Studien über Zusammenhänge zwischen Ar­

beitsweltfaktoren und Rückenschmerzen wid­

meten sich bislang schwerpunktmäßig der Er­

forschung von Effekten körperlich (einseitig) belastender Arbeitstätigkeiten. Angesichts der Fülle der dabei gewonnenen Befunde besteht so auch ein breiter wissenschaftlicher Konsens in bezug auf die ätiologische Relevanz mecha­

nischer Belastungen der Muskulatur und der Wirbelsäule. Als risikoreich für die Entstehung

Psychosoziale Risiken in der Arbeitsweit

Obwohl mechanische Arbeitsbelastungen ein­

deutig mit einem erhöhten Rückenschmerzri­

siko verbunden sind, können sie statistisch nur einen Teil der Beschwerdenprävalenz erklä­

ren. Allmählich erlangte daher auch der Ein­

fluß psychosozialer Dimensionen der Arbeit auf das Ausmaß von Rückenbeschwerden zuneh­

mende Aufmerksamkeit seitens der epidemio­

logischen Forschung. Einige der in diesem Zu­

sammenhang als Risiken genannten Faktoren - wie Repetitivität der Arbeit, Monotonie, Zeit­

druck, anforderungsarmer Arbeitsinhalt und subjektiv hohes Arbeitspensum - sind mit me­

chanischen Wirkungsvorstellungen durchaus vereinbar, insofern sie z.B. Zwangshaltungen provozieren und mit vermehrter statischer Muskelarbeit verbunden sind. Allerdings konnte auch gezeigt werden, daß ihr psycho­

sozialer Belastungscharakter zum Teil als ei­

genständige Risikodimension begriffen werden muß, was erst recht für solche ebenfalls mit Rückenschmerz assoziierten Merkmale wie

»geringe arbeitsbezogene Entscheidungs- und Kontrollspielräume«, »geringe soziale Unter­

stützung durch Kollegen« und »Unzufrieden­

heit mit der Arbeit« gilt. Letztere erwies sich in einer prospektiven Untersuchung sogar als der stärkste Prädiktor für Rückenschmerzen (3, 5).

Welcher Art die Mechanismen sind, die zwi­

schen psychosozialer Arbeitsbelastung und dem Auftreten von Rückenschmerzen vermit­

teln, ist bislang noch wenig geklärt; möglicher­

weise spielen hier das Streßerleben und damit verbundene physiologische bzw. propriozep­

tive Veränderungen eine Rolle.

(11)

Rückenschmerzen Fortbildung

Tabelle 1: Häullgkelt von Kreuz- oder Rückenschmerzen und Belastungen durch Alltagsprobleme Kommt es vor, daß (1) = kommt selten

vor und ärgert/bela­

stet mich nur etwas (2) = kommt manch­

mal/häufig vor und ärgert/belastet mich stark

Relativer Anteil Rückenschmerzen“

gar nicht/

kaum

mäßig stark

in Prozent

Signifikanz- niveau*^

... Sie sich um Ihre Kinder Sorgen ma- (1) 50 31 19 ***

eben müssen? (2) 35 35 30

... Sie für Ihre Arbeit nicht ausreichend (1) 51 32 17 ***

anerkannt werden? (2) 27 26 47

... Sie wünschen, Ihr (Ehe-)Partner (1) 50 32 18 **

würde sich mehr um Sie kümmern? (2) 30 37 33

... Sie sich überfordert fühlen? (1) 50 34 16 ***

(2) 29 30 41

... Sie wünschen, die Aufteilung häus- (1) 47 36 17 **

lieber Pflichten würde besser klappen? (2) 29 30 41

... Sie meinen, nicht selbständig genug (1) 48 34 18 n.s.

arbeiten zu können? (2) (35) (36) (28)

... Sie wünschen, Ihr (Ehe-)Partner (1) 47 38 15 n.s.

würde Sie besser verstehen? (2) 33 38 29

... Sie das Gefühl haben, die Arbeit sei (1) 50 33 17 ***

so viel, daß Sie kaum damit fertig wer­

den?

(2) 31 33 36

... Sie sich nicht genügend um Ihre (1) 47 37 16 n.s.

Kinder kümmern können? (2) 36 38 26

... Sie meinen, in Ihrem Beruf nicht (1) 45 37 18 *

genügend vorwärts zu kommen? (2) 30 41 30

Gesamt 46 34 20

Datenbasis: Nationaler Gesundheitssurvey der Deutschen Herz-Kreislauf-Präventionsstudie (NUS to 1984/86);

N = 4790 deutsche Bundesbürger zwischen 24 und 69 Jahren.

“ Frage zur Punktprävalenz: »Wie stark leiden Sie unter Kreuz- oder Rückenschmerzen?«

^ Signifikanzniveau: *** < 0,001; ** < 0,01; * < 0,05; n.s. nicht signifikant; ( ) = geringe Fallzahlen

Starke Rücken­

schmerzen sind z. B. gehäuft bei Menschen mit »Kinder­

sorgen«

Einzel- und Mehrfachbelastungen

Zusammenhänge von Rückenbeschwerden und bestimmten Arbeitsbedingungen konnten durch eine eigene sekundärstatistische Ana­

lyse repräsentativer Massendaten aus der Deut­

schen Herz-Kreislauf-Präventionsstudie bestä­

tigt werden (5). Hierbei zeigten sich deutliche, größtenteils sogar hochsignifikante Abhängig­

keiten zwischen dem Grad der subjektiven Be­

lastung durch verschiedene Merkmale der Ar­

beitssituation und dem Anteil der Personen, die angaben, starke Rückenschmerzen zu ha­

ben. Dies gilt-wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung - praktisch für das gesamte Spek­

trum der erhobenen Belastungsarten, solchen aus den Bereichen »Körperliche Belastungen«

und »Umgebungseinflüsse« ebenso wie sol­

chen, die den Kategorien »Arbeitszeit/Arbeit­

stempo« oder »Psychosoziale Belastungen/

Kontrollspielraum« zuzuordnen sind. So kom­

men starke Rückenschmerzen in der Gruppe

der durch körperlich schwere Arbeit subjektiv stark belasteten Beschäftigten rund viermal so häufig vor wie in der diesbezüglich nicht bela­

steten Gruppe (49% gegenüber 12%), bei star­

ker Belastung durch »unangenehme oder ein­

seitige körperliche Beanspruchung/Körperhal­

tung« ist die Rückenschmerzhäufigkeit ca. um das Dreieinhalbfache erhöht (46% gegenüber 13%). Eine - entsprechend dem subjektiven Belastungsgrad - jeweils um den Faktor 2 va­

riierende Prävalenz findet sich u.a. bei solchen arbeitsorganisatorischen und psychosozialen Belastungsarten wie »Akkord-ZStückarbeit«,

»Hohes Arbeitstempo/Zeitdruck«, »Strenge Kontrolle der Arbeitsleistung« sowie »Starke Konkurrenz durch Kollegen« und »Allein/keine Gespräche mit Kollegen«. Ferner sprechen un­

sere Ergebnisse für einen starken Einfluß von Be\aiStungskumulationen auf die Rücken­

schmerzhäufigkeit: Wird keine Belastung an­

gegeben, liegt die Prävalenz starker Beschwer­

den klar unterhalb des Durchschnittswertes

Psychosoziale Belastungen tragen zu Rücken­

schmerzen bei

(12)

ZE^^Fortbildung R ückenschmerzen

Langes

»Krankschrei­

ben« kann zum Krankbleiben beitragen

Häufiges All­

tagsproblem plus starker Ärger = häufi­

ger starke Rücken­

schmerzen

Sowohl persön­

liche Belastun­

gen im Alltag als auch am Arbeitsplatz korrelieren mit Rücken­

schmerzen

von 20% für alle Erwerbstätigen. Ab zwei Be­

lastungen steigt die Prävalenz deutlich an und erreicht 37% in der Gruppe derjenigen mit sechs und mehr stark belastenden Arbeitsbe­

dingungen.

Alltagsprobleme und Rücken­

beschwerden

Wie oft das Leiden an starken Rückenschmer­

zen mit Situationen verknüpft ist, in denen zen­

trale Aspekte des Lebenszusammenhanges zu einem subjektiv belastenden Problem werden, dürfte aus Tabelle 1 zumindest ansatzweise hervorgehen. Gegenübergestellt sind dort die jeweiligen Anteile von Personen mit starken Rückenschmerzen in zwei Gruppen von Be­

fragten: Zum einen solchen, bei denen be­

stimmte Alltagsprobleme selten Vorkommen und die sich hiervon auch nur geringfügig be­

lastet fühlen, zum anderen solchen, bei denen die entsprechenden Probleme manchmal oder häufig auftreten und eine starke subjektive Be­

lastung hierdurch vorliegt. Stets zeigt sich, daß der Anteil von Nennungen starker Rückenbe­

schwerden über dem Durchschnitt liegt, wenn das betreffende Alltagsproblem häufiger vor­

kommt und mit starkem Ärger oder Belastungs- empfmden verbunden ist.

Signifikante Zusammenhänge bestehen bei Pro­

blemen sowohl aus dem häuslichen und fami­

liären als auch aus dem beruflichen Bereich:

Relativ am häufigsten findet man starke Rücken­

schmerzen dort, wo ein Mangel an beruflicher Anerkennung als große persönliche Belastung erlebt wird; die darin u. U. zum Ausdruck kom­

mende Beschwerdenrelevanz fehlender sozia­

ler Unterstützungsfaktoren mag auch den Hin­

tergrund bilden für die signifikant erhöhte Rückenschmerzprävalenz bei jenen Personen, die unter einer Vernachlässigung durch den (Ehe-)Partner leiden. Auffällig ist darüber hin­

aus die überdurchschnittliche Häufung starker Rückenschmerzen im Zusammenhang mit gro­

ßen »Kindersorgen« sowie berufsbezogenen und allgemeinen Überforderungsgefühlen.

Einige der genannten Zusammenhänge lassen die Annahme durchaus plausibel erscheinen, der Rückenschmerz habe auch etwas mit den Möglichkeiten des Patienten zu tun, die Anfor­

derungen und Zumutungen des Lebens »im Griff zu behalten«, also vorhersehen, einord­

Berücksichtigung der Arbeitssituation von Rückenschmerzpatienten

Bei der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit sind epidemiologische Erkenntnisse zu berück­

sichtigen, wonach passivierende Maßnahmen (z. B. Bettruhe) nur bei den wenigsten Rücken­

schmerzpatienten angezeigt sind (Förderung der Chronifizierung) (12). Die rasche Rückkehr zur Arbeit unter Bedingungen einer (zeitweilig oder langfristig) reduzierten Belastung dürfte vielfach gesundheitlich sinnvoller sein als die Verordnung langer Arbeitsunfähigkeitsperi­

oden. Zur Klärung konkreter Fragen sollte der Hausarzt den direkten Kontakt mit dem zustän­

digen betriebsärztlichen Dienst suchen. Die Ausstellung eines Attests mit pauschalen Hin­

weisen (»Darf nicht schwer heben«; »Braucht anderen Stuhl«) ist zumeist wenig hilfreich.

Seit dem 1. 1. 1993 sind bandscheibenbedingte Wirbelsäulenerkrankungen durch schweres He­

ben und Tragen, extreme Rumpfbeugehaltun­

gen und Ganzkörpervibrationen bei der Arbeit prinzipiell als Berufskrankheiten anerkannt.

Der behandelnde Allgemeinarzt sollte daher im­

mer die Möglichkeit des Vorliegens einer be­

rufsbedingten Erkrankung erwägen; er ist ver­

pflichtet, einen entsprechenden Verdacht dem Unfallversicherungsträger oder dem staatlichen Gewerbearzt zur Anzeige zu bringen. Stets zu bedenken ist jedoch, daß Einflüsse aus der Ar­

beitswelt auf das Rückenschmerzgeschehen auch dann vorhanden sein können, wenn nicht von einer Berufskrankheit i.e.S. auszugehen ist.

Den arbeitsbedingten Einflüssen auf Entstehung und Verlauf von Rückenbeschwerden die ange­

messene Aufmerksamkeit zu widmen heißt für Allgemeinärzte, die gesamte Arbeitssituation des betreffenden Patienten in die Problembe­

trachtung einzubeziehen und sich nicht nur auf mögliche ergonomische Risiken im engeren Sinne zu konzentrieren. Unter Umständen sind es ganz andere Belastungen aus dem betriebli­

chen Umfeld, etwa ein permanent gestörtes Verhältnis mit Vorgesetzten und Kollegen, tiefe Unzufriedenheit mit der Arbeitsaufgabe o.ä., die den Rückenschmerz zu einem unerträgli­

chen Problem werden lassen.

nen und im Hinblick auf selbstgesteckte Ziele beeinflussen zu können, ln der Tat wurde ein Zusammenhang zwischen dieser - von Anto­

novsky als »Sense of Coherence« bezeichneten und empirisch operationalisierten (2) - Fähig­

keit und dem Auftreten von Rückensymptomen (aber auch zahlreicher anderer Beschwerden) nachgewiesen: Ergebnissen eines neueren Ge- sundheitssurveys zufolge lag die Prävalenz starker Rückenschmerzen im Falle eines schwachen »Sense of Coherence« um das 2,3- fache höher als bei starker Ausprägung dieses Merkmals (5).

(13)

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen -

Anforderungen an ärztliches Handeln

Der Umgang mit Beschwerdebildern, bei de­

nen eine eindeutige, »harte« Diagnosestellung nicht möglich und klar definierte medizinisch­

therapeutische Strategien kaum zu Gebote ste­

hen, ist für den Allgemeinarzt nichts Außerge­

wöhnliches. Insofern entsprechen die Anforde­

rungen an allgemeinärztliche Praxis bei Rük- kenschmerzpatienten durchaus einer Situa­

tion, wie sie auch für einen Großteil anderer Behandlungsanlässe charakteristisch sind.

Dies betrifft vor allem die hohe Bedeutung be­

ratenden und unterstützenden Handelns im Hinblick auf die Identifikation und Bewältigung der den Beschwerden zugrundeliegenden Pro­

bleme. Daß dieses (inhaltlich weit gespannte) Handeln wohl nicht selten stark tentativen Charakter besitzen wird, muß nachgerade als ein Spezifikum allgemeinärztlicher Praxis an­

gesehen werden, welches in aller Regel in der

»Natur« der von ihr zu bearbeitenden Pro­

bleme und nicht in professionellen Defiziten begründet liegt.

Der vorliegende Aufsatz entstand im Rahmen des zum Berliner Forschungsverbund Public Health gehörenden und am Wissenschaftszen­

trum Berlin für Sozialforschung (WZB) durch­

geführten Projekts »Arbeitsweltbezogene Prä­

vention und Gesundheitsförderung am Beispiel von Rückenschmerzen. Präventionspolitische Konstellationen für Entwurf und Umsetzung zielgerichteter Interventionen«. Das Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung und Technologie gefördert (FKZ:

07PHF01).

Literatur

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Für die Verfasser:

Dr. rer. med. Dipl.-Pol. Uwe Lenhardt, Wissenschafts­

zentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsgruppe GesundheitsrisikenundPräventionspolitik,Reichpietsch­

ufer 50, 10785 Berlin.

Persönliche Daten:

Geboren 1960 in Heppenheim/Bergstraße.

Ausbildung:

Studium Politikwissenschaft, Sozial- und Wirtschaftsge­

schichte und Volkswirtschaftslehre von 1981 bis 1988 in Marburg. Von 1988 bis 1993 Wiss. Mitarbeiter in der Abt. für Med. Soziologie des Univ.-Klinikums Frankfurt/

Main. 1993 Promotion zum Doktor der theoretischen Medizin.

Jetzige Tätigkeit:

Wiss. Mitarbeiterin der Forschungsruppe Gesundheits­

risiken und Präventionspolitik am Wissenschaftszen­

trum Berlin für Sozialforschung (WZB). Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen und Fachhochschulen.

Arbeitsschwerpunkte:

Prävention und Gesundheitsförderung in der Arbeits­

welt, Analyse des Gesundheitssystems und der Gesund­

heitspolitik.

Arbeitsbela­

stungen sollten immer bedacht werden

»Machtlosig­

keit« hat seine Bedeutung bei Rücken­

schmerzen

(14)

566 XJFA

Neurologische Ab­

teilung der Schloß- park-Klinik Berlin (Chefarzt Prof. I)r.

med. B. Hoidorff)

Fortbildung

Bernd Holdorff

Diagnostik und Therapie des Rückenschmerzes

Nur Anamnese und körper­

liche Unter­

suchung sind in der Regel not­

wendig

Der häufigste Rückenschmerz ist der Lumbal­

oder Kreuzschmerz. Ca. 70% der Erwachsenen haben zu irgendeinem Zeitpunkt einen Kreuz­

schmerz, nur 14% mit einer Dauer von mehr als zwei Wochen, davon 1,5% mit Zeichen der Ischiassymptomatik (symptomatischer Band­

scheibenprolaps). Bei beschwerdefreien Nor­

malpersonen haben ca. 20% einen asympto­

matischen Prolaps, wie computertomographi­

sche und kernspintomographische Studien er­

geben haben. Nach epidemiologischen Unter­

suchungen (5, 6), bei denen im übrigen mit

»rheumatischen« Beschwerdegruppen vergli­

chen wurde, sind Rückenschmerzen in der Al­

tersgruppe von 55 bis 64 Jahren am häufigsten und nehmen danach deutlich ab. Daraus muß man folgern, daß die chronische Lumbalgie wohl nur teilweise durch degenerative Wirbel­

säulenveränderungen bedingt ist, welche ja be­

kanntlich mit dem Alter stetig zunehmen.

Nicht jeder

»Prolaps« im CT hat Rele­

vanz

Stadien der Bandscheibenerkrankungen Im Alter von 10-20 Jahren wird der Flüssig­

keitsgehalt der Bandscheibe verändert, mit 20-30 Jahren kommt es unter Bandscheiben- vorwölbungen zum akuten »Hexenschuß«

(akute Lumbago), daraus entwickelt sich nicht selten im Alter von 30-55 Jahren ein sympto­

matischer Bandscheibenvorfall mit einer Häu­

figkeit von ca. 2,5% in dieser Altersgruppe der Bevölkerung, kombiniert mit dem Beschwerde­

bild der Ischialgie oder der Ischiassymptomatik.

Jenseits von 50 Jahren schrumpft das Band­

scheibengewebe, führt zu Arthroseveränderun­

gen an den kleinen Wirbelgelenken mit der Folge eines chronischen Lumbalsyndroms. Meist jen­

seits des 60. Lebensjahres resultieren daraus knöcherne Einengungen des Wirbelkanals (en­

ger Spinalkanal mit intermittierendem Hinken).

Zum Inhalt

Rückenschmerz steht die Anamnese und die körperliche Untersuchung im Vordergrund.

Der seitlich nach gluteal und/oder in ein Bein ausstrahlende Schmerz zeigt die Wurzelbetei­

ligung an, dann ist die neurologische Untersu­

chung indiziert zur Frage der Wurzelirritation bzw. -kompression (fehlende bzw. vorhandene neurologische Ausfälle). Bildgebende Verfah­

ren wie Computertomographie sind - streng­

genommen - erst im Falle der Operations-In­

dikation notwendig, und diese ist aus klini­

schem Befund und Verlauf (hauptsächlich the­

rapieresistenter Wurzelschmerz), aber nicht aus dem Nachweis und der Größe des Bandscheibenprolaps’ zu stellen!

Praktischer Untersuchungsgang

Beim akuten Kreuzschmerz (»Hexenschuß«), der mit Fehlhaltung und paravertebralem Hart­

spann einhergeht (evtl, schmerzbedingt totale Bewegungseinschränkung!), genügt die Frage nach der Harnblasenfunktion und eine orien­

tierende sensomotorische Prüfung der unteren Extremitäten. Röntgenaufnahmen oder CT-Un- tersuchung der Lendenwirbelsäule sind in der Akutphase nie erforderlich, bei guter Rückbil­

dung sind bildgebende Untersuchungen meist auch verzichtbar. Bei hartnäckigen Schmerzen gilt die Röntgenaufnahme der LWS in erster Linie dem Ausschluß grober pathologischer Veränderungen wie tumoröser Destruktionen etc.

Der Wurzelschmerz, der in ein Bein, evtl, nur in eine Gesäßseite ausstrahlt, zeigt die Kom­

pression bzw. Irritation der Wurzel meist in­

folge eines lateralen Bandscheibenvorfalls an.

Zwar wird die CT-Untersuchung von vielen Ärzten als die erste diagnostische Maßnahme propagiert, sie ist aber ohne therapeutische Konsequenzen, weshalb sie zunächst auch ver­

zichtbar ist (siehe unten).

Die Anamnese hat folgende Fragen zu erfas­

sen:

• Blasenfunktion (Harnverhalt bei medialem Prolaps),

• Husten- und Niesschmerz (Wurzelschmerz Z. Allg. Med. 1994; 70: 566-570. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994

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