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Oberlandesgericht Braunschweig Jahresbericht 2020

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Oberlandesgericht Braunschweig

Jahresbericht 2020

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,

das Jahr 2020 war anders als alle Jahre zuvor. Wir blicken zurück auf eine von Einschränkungen geprägte Zeit. Sowohl unser Privatleben als auch der berufliche Alltag haben sich in diesem Jahr erheblich verändert.

Natürlich stand auch bei uns der Gesundheitsschutz an erster Stelle.

Auf die Entwicklungen schnell zu reagieren, vorausschauend zu planen und besonnen und vernünftig zu bleiben, war bei der Geschwindigkeit der Veränderungen im Infektionsgeschehen und der geltenden Regelungen nicht immer einfach. Ich bin daher sehr dankbar, dass es uns mit gemeinsamer Anstrengung, Geduld und Selbstdisziplin gelungen ist, den Dienstbetrieb in den Gerichten unseres Oberlandesgerichtsbezirks aufrechtzuerhalten und zugleich die pandemiebedingten Personalausfälle erfreulich gering zu halten.

Denn die Justiz als dritte Gewalt im Staat muss auch in diesen Zeiten funktionieren. Das gebie- tet der Rechtsstaat, auf den sich die Bürgerinnen und Bürger – zu Recht – verlassen.

Wenn Sie den diesjährigen Jahresbericht lesen, so werden Sie bemerken, dass die Pandemie sich auch auf den Arbeitsalltag in den Gerichten und der Justizverwaltung ausgewirkt hat. Viel- fach leider negativ, hier und da aber durchaus auch als Anlass, notwendige Veränderungspro- zesse beschleunigt anzugehen. Gerade im Bereich der Verwaltungsaufgaben, die die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter des Oberlandesgerichts wahrnehmen, musste vieles umgeplant und neu gedacht werden. Einstellungsgespräche und Fortbildungen wurden virtuell durchgeführt, die IT-Abteilung hatte sich großen Herausforderungen zu stellen und die Kommunikation zwi- schen den Verwaltungsabteilungen ist nahezu immer nur noch über elektronische Medien, eben ohne einen persönlichen Kontakt, möglich gewesen.

Hierdurch, wie auch im Gerichtsalltag, haben wir uns weiterentwickelt. So wird erstmals seit der Pandemie die schon seit längerem rechtlich bestehende Möglichkeit, eine Gerichtsverhandlung mittels Videokonferenz durchzuführen, rege genutzt. Und nicht zuletzt haben sich die Kontakte mit den polnischen Kolleginnen und Kollegen im Rahmen unserer Justizpartnerschaft mit Bres- lau durch die nun häufig stattfindenden virtuellen Besprechungen sogar intensiviert.

Sie werden ebenfalls lesen können, dass unsere Richterinnen und Richter – unter Beachtung der Infektionsschutzmaßnahmen – weiterhin zuverlässig Verfahren verhandelt und abgeschlos- sen haben. So können wir Ihnen wieder eine Auswahl an interessanten Entscheidungen und ei- nen Überblick über die „besonderen“ Verfahren wie etwa die Musterfeststellungsklagen, das Ka- pitalanleger-Musterverfahren und die Widerrufsverfahren präsentieren.

Nun wünsche ich Ihnen beim Blättern und Lesen viel Spaß. Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie gerne unsere Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an. Wir freuen uns sehr über Ihr Interesse!

Herzliche Grüße aus Braunschweig Ihr

Wolfgang Scheibel

(3)

3 Inhalt

1. Teil: Das Oberlandesgericht Braunschweig und sein Bezirk ... 5

I. Rechtsprechungsaufgaben ... 5

II. Verwaltungsaufgaben ... 6

III. Der Bezirk des Oberlandesgerichts Braunschweig ... 7

2. Teil: Rechtsprechung ... 9

I. Zahlen und Fakten für das Oberlandesgericht Braunschweig ... 9

1. Zivilsenate ... 9

2. Familiensenate ...11

3. Strafsenate ...11

II. Zahlen und Fakten aus dem Bezirk ...13

1. Zivil-, Familien- und Strafsachen ...13

2. Betreuungssachen ...15

III. Auszug aus der Rechtsprechung 2020 und besondere Verfahren ...17

1. Zivilsenate – ausgewählte Rechtsprechung ...17

2. Besondere Zivilverfahren ...24

3. Familiensenate ...26

4. Strafsenate und Senat für Bußgeldsachen ...29

IV. Güterichterverfahren am Oberlandesgericht Braunschweig ...30

3. Teil: Verwaltung:...31

I. Personelles: Richter und Referendare (Referat I) ...31

1. Aktuelle Zahlen ...31

2. Ernennungen und Beförderungen ...33

3. Verabschiedungen ...34

4. Nachwuchswerbung und -gewinnung im richterlichen Dienst ...34

5. Justizassistenz...35

6. Juristischer Vorbereitungsdienst ...36

II. Personelles: Nichtrichterlicher Dienst (Referat II) ...37

1. Allgemeines ...37

2. Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt – Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ...38

3. Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt – Justizfachwirtinnen und Justizfachwirte sowie vergleichbare Tarifbeschäftigte ...41

4. Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt – Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher ...44

5. Laufbahngruppe 1, 1. Einstiegsamt – Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister sowie vergleichbare Tarifbeschäftigte ...45

(4)

4

6. Regionales Sicherheitsteam bei dem Landgericht Braunschweig, Landgericht

Göttingen sowie dem Amtsgericht Braunschweig ...46

III. Organisationsentwicklung, IT-Angelegenheiten, Gesundheitsmanagement und Fortbildung (Referat IV) ...47

1. Allgemeines ...47

2. Arbeitsschutz: Herausforderungen der Corona-Pandemie ...48

3. Gesundheitsmanagement: Homeoffice aufgrund von Corona ...49

4. IT: Ausstattung von Sitzungssälen mit Videokonferenztechnik ...50

5. Organisation: Verwaltungsworkshop des Amtsgerichts Seesen ...51

6. Organisation/IT/Gesundheitsmanagement: Start in das Veränderungsmanagement zur Einführung der elektronischen Akte ...51

7. Gesundheitsmanagement: Regionale Fortbildungsveranstaltungen „Stressbewältigung“ sowie „Selbst- und Zeitmanagement“ ...52

8. Fortbildung: Geht auch trotz Corona ...53

IV. Notarangelegenheiten (Referat V) ...55

V. Dienstaufsichtsbeschwerden (Referat V) ...55

VI. Ehesachen mit Auslandsbezug (Referat V) ...56

VII. Umzug des Oberlandesgerichts in das Gebäude der ehemaligen Bezirksregierung (Referat III) ...57

VIII. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ...58

IX. Internationale Kontakte ...59

1. Justizpartnerschaft mit Breslau, Polen ...59

2. Justizpartnerschaft mit Perm, Russische Föderation ...60

3. Hospitation im Rahmen des Deutsch-Japanischen Juristenaustausches ...61

(5)

5

1. Teil: Das Oberlandesgericht Braunschweig und sein Bezirk

I. Rechtsprechungsaufgaben

Kernaufgabe des Oberlandesgerichts ist die Rechtsprechung, die durch zwölf Zivilsenate, drei Senate für Familiensachen, zwei Strafsenate, einen Bußgeldsenat und einen Senat für Land- wirtschaftssachen ausgeübt wird. Die Senate haben teilweise Sonderzuständigkeiten wie z. B.

Gesellschafts- und Versicherungsrecht, Bausachen oder Arzthaftungsrecht.

Die Richterinnen und Richter der Zivilsenate entscheiden vor allem über Berufungen und Be- schwerden gegen landgerichtliche Entscheidungen in erster Instanz. Sie sind ebenfalls zu- ständig für Beschwerden gegen amtsgerichtliche Beschlüsse in Sachen der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit es sich nicht um Familiensachen handelt. Dies sind z. B. Nachlasssa- chen, Grundbuch- und Registersachen.

Im Strafrecht ist das Oberlandesgericht Braunschweig zuständig für die Revisionen gegen Be- rufungsurteile des Landgerichts und Beschwerden.

Die Familiensenate entscheiden über Beschwerden gegen Beschlüsse der Amtsgerichte in Familiensachen. Familiensachen sind z. B. Scheidungssachen, Trennungs-, nachehelicher oder Kindesunterhalt, elterliche Sorge, Umgang und Versorgungsausgleich.

(6)

6 II. Verwaltungsaufgaben

Das Oberlandesgericht Braunschweig nimmt nicht nur Rechtsprechungsaufgaben wahr. Es ist als Mittelbehörde zwischen dem Justizministerium und den Gerichten seines Gerichtsbezirks auch zuständig für die Bearbeitung von Justizverwaltungsangelegenheiten. Dazu gehören ins- besondere Personalangelegenheiten von Richtern, Justizbeamten, Gerichtsvollziehern und Justizangestellten sowie Notaren und Referendaren. Als Verwaltungsbehörde nimmt das Oberlandesgericht zu Gesetzgebungsvorhaben Stellung und ist für die Aus- und Fortbildung der Justizbediensteten verantwortlich. Auch das Gesundheitsmanagement für den Bezirk so- wie Kosten- und Leistungsrechnung und die Budgetierung sämtlicher Personal- und Sachkos- ten gehören zu seinen Aufgaben. Die detaillierte Aufgabenverteilung in Verwaltungsangele- genheiten finden Sie im Organisationsplan auf der Homepage des Oberlandesgerichts Braun- schweig unter der Navigationsebene „Wir über uns/Geschäftsverteilung“.

Die Jour-Fixe-Runde der Verwaltung 2020, v.l.n.r.: 1. Reihe: Ri´inOLG Adams, JR´in Koch, RiOLG Wiemerslage (jetzt VRiOLG), 2. Reihe: ORR Grothe, PräsOLG Scheibel, Vizepräs´inOLG

(jetzt a.D.) Dr. Niestroj, 3. Reihe: RiOLG Schulte, Ri´inOLG Dr. Tietze, ORR Bütow

(7)

7

III. Der Bezirk des Oberlandesgerichts Braunschweig

Der Bezirk des Oberlandesgerichts Braunschweig besteht aus den Landgerichtsbezirken Braunschweig und Göttingen. Dies sind die dazugehörigen Amtsgerichte:

Landgericht Göttingen Amtsgericht Duderstadt Amtsgericht Einbeck Berliner Straße 8 Hinterstraße 33 Hullerser Straße 1

37073 Göttingen 37115 Duderstadt 37574 Einbeck

Telefon: 0551 403-0 Telefon: 05527 912-0 Telefon: 05561 9382-0 Telefax: 0551 403-293 Telefax: 05527 912-111 Telefax: 05561 9382-12 E-Mail: lggoe-poststelle @jus-

tiz.niedersachsen.de

E-Mail: agdud-poststelle @justiz.nie- dersachsen.de

E-Mail: agein-poststelle @jus- tiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Göttingen Amtsgericht Hann. Münden Amtsgericht Herzberg am Harz

Berliner Straße 4-8 Schloßplatz 9 Schloß 4

37073 Göttingen 34346 Hann. Münden 37412 Herzberg am Harz Telefon: 0551 403-0 Telefon: 05541 9881-0 Telefon: 05521 8955-0 Telefax: 0551 403-1300 Telefax: 05541 9881-13 Telefax: 05521 5653 E-Mail: aggoe-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

E-Mail: aghmu-poststelle @justiz.nie- dersachsen.de

E-Mail: aghg-poststelle @jus- tiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Northeim Amtsgericht Osterode am Harz Bahnhofstraße 31 Amtshof 20

37154 Northeim 37520 Osterode am Harz Telefon: 05551 962-0 Telefon: 05522 5002-0 Telefax: 05551 962-114 Telefax: 05522 5002-20 E-Mail: agnom-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

E-Mail: agoha-poststelle @justiz.nie- dersachsen.de

Der Landgerichtsbezirk Göttingen

(8)

8 Der Landgerichtsbezirk Braunschweig Landgericht Braun-

schweig Münzstraße 17 38100 Braunschweig Telefon: 0531 488-0 Telefax: 0531 488-2665 E-Mail: lgbs-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Clausthal- Zellerfeld

Marktstraße 9

38678 Clausthal-Zellerfeld Telefon: 05323 951-0 Telefax: 05323 951-199 E-Mail: agclz-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Salzgitter Joachim-Campe-Straße 15 38226 Salzgitter

Telefon: 05341 4094-0 Telefax: 05341 4094-101 E-Mail: agsz-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Braun- schweig

An der Martinikirche 8 38100 Braunschweig Telefon: 0531 488-0 Telefax: 0531 488-2999 E-Mail: agbs-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Bad Ganders- heim

Am Plan 3 b

37581 Bad Gandersheim Telefon: 05382 931-0 Telefax: 05382 931-139 E-Mail: aggan-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Goslar Hoher Weg 19 38640 Goslar

Telefon: 05321 705-0 Telefax: 05321 705-210 E-Mail: aggs-poststelle @jus- tiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Seesen Wilhelmplatz 1 38723 Seesen Telefon: 05381 786-0 Telefax: 05381 786-200 E-Mail: agsee-poststelle

@justiz.niedersachsen.de

Amtsgericht Helmstedt Stobenstraße 5

38350 Helmstedt Telefon: 05351 1203-0 Telefax: 05351 1203-50 E-Mail: aghe-poststelle @jus- tiz.niedersachsen.de.

Amtsgericht Wolfenbüttel Rosenwall 1a

38300 Wolfenbüttel Telefon: 05331 809-0 Telefax: 05331 809-169

E-Mail: agwf-poststelle @justiz.niedersach- sen.de

Amtsgericht Wolfsburg Rothenfelder Straße 43 38440 Wolfsburg Telefon: 05361 846-0 Telefax: 05361 846-270

E-Mail: agwob-poststelle @justiz.nieder- sachsen.de

(9)

9

2. Teil: Rechtsprechung

I. Zahlen und Fakten für das Oberlandesge- richt Braunschweig

Bei dem Oberlandesgericht Braunschweig wurden im Jahr 2020 rund 3000 neue Verfahren anhängig, wovon in etwa 77 % auf die Zivilsenate, 12 % auf die Familiensenate und 11 % auf die Strafsenate entfielen.

1. Zivilsenate

a) Berufungsverfahren

Im Jahr 2020 sind in den Zivilsenaten des Oberlandesgerichts Braunschweig 1.759 Berufungen eingegangen. Im Vorjahres- vergleich sind die Berufungen in den Zi- vilsenaten somit um ungefähr 12 % ge- sunken.

Verglichen mit dem Jahr 2016 ist die An- zahl der Berufungsverfahren jedoch um 117 % gestiegen und hat sich somit seit- her mehr als verdoppelt.

Es konnten 1.931 Berufungsverfahren er- ledigt werden. Dies entspricht einem Plus von fast 43 % zum Vorjahr. Gleichzeitig überstieg die Zahl der Erledigungen im Fünfjahresvergleich erstmalig die Anzahl der Eingänge.

Zivilsenate Familiensenate

Strafsenate

810 945

1235

1993

1759

576 734

1153

1351

1931

2016 2017 2018 2019 2020

Geschäftsanfall beim Oberlandesgericht Braunschweig

- Berufungen -

Eingänge Erledigungen

(10)

10

Die Verfahrensdauer eines Berufungsverfah- rens dauerte 2020 durchschnittlich 13,1 Mo- nate und somit 1,2 Monate länger als im Vor- jahr. Über einen Zeitraum von 5 Jahren be- trachtet, haben die Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig eine tendenziell leicht erhöhte Verfahrensdauer.

Der nachfolgenden Übersicht kann entnom- men werden, wie viele erstinstanzliche Verfah- ren vor den Landgerichten die Berufungs- instanz des Oberlandesgerichts Braunschweig erreichten. Im Jahr 2020 erledigten die Land- gerichte 34 % der erstinstanzlichen Verfahren durch Urteil. Davon haben die Parteien das Urteil in über 65 % der Fälle durch Einlegung von Berufung beim Oberlandesgericht Braun- schweig überprüfen lassen:

Zivilsachen 2017 2018 2019 2020

Eingänge bei den Landgerich- ten

4.147 7.398 8.858 9258

Erledigungen der Landgerichte 6.570 5.823 8.689 7840 - davon durch Urteil 2.581 (39 %) 2.946 (51 %) 3.080 (35 %) 2.689 (34 %) Berufungseingänge beim OLG 945 (37 %) 1.235 (42 %) 1.993 (65 %) 1.759 (65 %) Erledigungen von Berufungen

am OLG

734 1.153 1351 1931

- davon nach § 522 II ZPO 235 (32 %) 188 (16 %) 103 (8 %) 87 (5 %) - davon durch streitiges Urteil 154 (21 %) 162 (14 %) 133 (10 %) 134 (7 %) - davon durch Vergleich 93 (13 %) 74 (6 %) 74 (5 %) 72 (4 %)

b) Beschwerdeverfahren

Die im Oberlandesgericht Braunschweig neu ein- gegangenen Beschwerdeverfahren sind im Ver- gleich zum Vorjahr um 64 % auf insgesamt 578 Eingänge angestiegen. Nach zwei eingangszahl- schwächeren Jahren entspricht dies in etwa der Zahl des Jahres 2017.

Bei dem Geschäftsanfall der Beschwerdeverfah- ren werden u. a. die Nachlassbeschwerden sowie Beschwerden in den Angelegenheiten der freiwil- ligen Gerichtsbarkeit erfasst.

12,6 12,3

8,7

11,9 13,1

2016 2017 2018 2019 2020

496 537

376 352

578

2016 2017 2018 2019 2020

Geschäftsanfall beim Oberlandesgericht Braunschweig

- Beschwerdeverfahren

-

Eingänge

(11)

11 2. Familiensenate

In den Familiensenaten sind im Jahr 2020 mit 366 neuen Verfahren weni- ger Beschwerden als im Vorjahr (419 Beschwerden) eingegangen. Die An- zahl der Erledigungen (420 Erledigun- gen) ist indes relativ gleichgeblieben.

Auch über einen Zeitraum von 5 Jah- ren betrachtet, ist diese Zahl weitest- gehend konstant.

Ein Beschwerdeverfahren konnte im Jahr 2020 mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 4,2 Monaten genauso schnell bearbeitet werden wie im Jahr zuvor. Im Vergleich der letzten vier Jahre ist die durchschnittliche Verfahrensdauer leicht zurückge- gangen.

3. Strafsenate

Im Jahr 2020 konnten in den zwei Strafsenaten des Oberlandesgerichts Braunschweig 81 neue Revisionen und 78 Erledigungen von Revisionsverfahren verzeichnet werden.

Dies entspricht im Vorjahresvergleich jeweils einer leichten Abnahme von 11

% (Eingänge), bzw. 15 % (Erledigun- gen); über einen Zeitraum von fünf Jah- ren jedoch ungefähr dem arithmeti- schen Mittel (82,5 Eingänge und 81,2 Erledigungen).

477 496 432 462 413424 419 443 366420

2016 2017 2018 2019 2020

Geschäftsanfall beim Oberlandesgericht Braunschweig

- Beschwerdeverfahren (UF-Sachen) -

Eingänge Erledigungen

5,5 5,5 5,1

4,2 4,2

2016 2017 2018 2019 2020

88

59

91 92

81 81

69

83 92

78

2016 2017 2018 2019 2020

-

Revisionen

-

Eingänge Erledigungen

(12)

12 Die neu eingereichten Rechtsbeschwerden und Anträge auf Zulassung von Rechtsbe- schwerden waren ebenfalls leicht regressiv.

Im Jahr 2020 waren insgesamt 246 neue Rechtsbeschwerden zu notieren; 239 Ver- fahren wurden erledigt. Dies entspricht je- weils einer Abnahme von 14 % im Vergleich zum Jahr 2019.

Die Verfahrensdauer von Revision und Rechtsbeschwerde sind im Vorjahres- vergleich jeweils gestiegen. So verlän- gerte sich die durchschnittliche Dauer eines Revisionsverfahrens um 29 %, ein Verfahren der Rechtsbeschwerde um 67 %. Beide Werte liegen damit auch über dem arithmetischen Mittel der letz- ten vier Jahre (1,425 Monate für Revisi- onsverfahren; 0,9 Monate für die Rechtsbeschwerde).

1,1 1,1

1,8 1,7

2,2

0,8 0,8

1,1 0,9

1,5

2016 2017 2018 2019 2020

Revision Rechtsbeschwerde

241 300

257 287

246

243 288

254 279

239

2016 2017 2018 2019 2020

-

Rechtsbeschwerden -

Eingänge Erledigungen

Beim Aktentransport: Herr Balster bei der Arbeit

(13)

13 II. Zahlen und Fakten aus dem Bezirk

1. Zivil-, Familien- und Strafsachen

Den nachfolgenden Diagrammen kann der Verlauf der Eingangs- bzw. der Erledigungszahlen der Zivil-, Familien- und Strafverfahren bei den Amtsgerichten im Bezirk des Oberlandesge- richts Braunschweig entnommen werden.

Auffallend ist, dass sich die Anzahl der Verfahrenseingänge in Zivilsachen bei den Amtsge- richten seit dem Jahr 2016 stetig vermindert hat. So ist in dieser Rubrik eine Abnahme von 11 % im Vergleich zum arithmetischen Mittel von ca. 13.300 Eingängen in Zivilsachen aus den Jahren 2016-2019 zu bemerken.

14.146

13.333 12.992 12.932

11.870 11.101

10.445 11.137 10.876 10.536

8.738 8.591 8.971 9.209

8.560

2016 2017 2018 2019 2020

Verfahrenseingänge bei den Amtsgerichten im Bezirk des OLG Braunschweig

Zivilsachen Familiensachen Strafsachen

14.735

13.564 12.998 12.953

11.971 11.923

10.849 10.780 10.833 10.711

8.802 8.666 8.915 9.083

8.434

2016 2017 2018 2019 2020

Erledigte Verfahren bei den Amtsgerichten im Bezirk des OLG Braunschweig

Zivilsachen Familiensachen Strafsachen

(14)

14

Der Rückgang bei den Verfahrenseingängen spiegelt sich konsequenterweise auch in den Erledigungszahlen wieder. So wurden im Jahr 2020 ca. 11,7 % weniger Zivilverfahren erledigt als im Durchschnitt der letzten vier Jahre (Mittelwert: 13.563).

Demgegenüber sind die Verfah- renseingänge, bzw. Erledigungen in Familien- und Strafsachen weitestge- hend konstant. Ein Verfahren in Fa- miliensachen dauerte im Jahr 2020 bei den Amtsgerichten im Schnitt 5,3 Monate. Im Fünfjahresvergleich han- delt es sich hierbei um einen durch- schnittlichen Wert.

Demgegenüber verlängerte sich die Verfahrensdauer in Zivilsachen um 0,6 Monate. Dies entspricht einem Plus von etwa 10 % im Vergleich zum arithmetischen Mittel der letzten vier Jahre (4,73 Monate).

Im Vergleich zum Vorjahr blieb die Verfahrensdauer in Strafsachen im Jahr 2020 nahezu un- verändert; im Verhältnis zum Mittelwert erhöhte sich dieser Wert jedoch um 6,8 %.

Wie dargestellt, ergaben sich die auffallendsten Veränderungen im Jahr 2020 in dem Bereich der Zivilsachen. Dies soll Anlass für eine nähere Betrachtung dieser Rubrik geben:

Zivilsachen 2017 2018 2019 2020

Eingänge bei den Amtsgerich- ten

13.333 12.992 12.932 11.870

Erledigungen der Amtsgerichte 13.564 12.998 12.953 11.971 - davon durch Urteil 3.195 (24 %) 2.852 (22 %) 2.899 (22 %) 2.606 (22 %) Berufungseingänge bei den

Landgerichten

579 (18 %) 562 (20 %) 508 (18 %) 449 (17 %) Erledigungen von Berufungen

an den Landgerichten

574 532 517 559

- davon nach § 522 II ZPO 98 (17 %) 86 (16 %) 83 (16 %) 105 (18 %) - davon durch streitiges Urteil 172 (30 %) 147 (28 %) 158 (31 %) 143 (26%) - davon durch Vergleich 50 (9 %) 56 (11 %) 38 (7 %) 62 (11%)

Auch im Jahr 2020 wurden etwa 22 % der Zivilverfahren vor den Amtsgerichten durch Urteil erledigt. Davon haben die Parteien das Urteil in über 17 % der Fälle durch Einlegung der Be- rufung durch die Landgerichte Braunschweig und Göttingen überprüfen lassen. Beide Werte entsprechen anteilsmäßig ungefähr den Zahlen der Vorjahre, sodass sich insoweit nur in den absoluten Zahlen wesentliche Veränderungen ergeben haben.

Zudem konnten die Landgerichte über 8 % mehr Berufungsverfahren als im Vorjahr erledigen, während die Anzahl der Berufungseingänge bei den Landgerichten gleichzeitig um 11,5 %

4,8 4,8

4,7 4,6

5,2

5,5 5,5

5,1 5,2 5,3

4,6

4,8 4,7

5 5,1

2016 2017 2018 2019 2020

Zivilsachen Familiensachen Strafsachen

(15)

15

gesunken ist. Verglichen mit dem Jahr 2019 haben insbesondere die Vergleiche einen starken Zuwachs von 63 % erfahren. Im Verhältnis zum arithmetischen Mittel der letzten drei Jahre (48 Vergleiche) relativiert sich dieser Wert auf einen Zuwachs von immerhin 29 %.

Im Vorjahresvergleich verminderte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Landgerichten hinsichtlich der Ver- fahren der ersten Instanz um zwei Monate auf 18,7 (-9,6 %). Für den Zeitraum von 2016 bis 2020 entspricht dieser Wert ge- nau dem Durchschnitt (18,2 Monate).

Anders stellt sich die Entwicklung der Dauer für Verfahren der zweiten Instanz dar. So verlängerte sich diese um 14,6 % auf 9,4 Monate. Seit dem Jahr 2016 hat sich die durchschnittliche Verfahrens- dauer damit kontinuierlich erhöht. Im Schnitt verlängerte sich die Verfahrens- dauer jedes Jahr um 7,3 %.

2. Betreuungssachen

Zum Ende des 4. Quartals 2020 gab es im gesamten Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig 26.037 Betreuungsverfahren (2019: 26.951). Es wurden 3.836 neue Betreuungen erstmalig eingerichtet. Dies sind im Vorjahresvergleich ungefähr 6 % weniger (Vorjahr: 4.082).

In den Verfahren, in denen eine Ersteinrichtung einer Betreuung stattgefunden hat, sind 1.960 Familienangehörige (2019: 1.910) zu ehrenamtlichen Betreuern und 1.503 Berufsbetreuer (2019: 1.614) bestellt worden. Ein laufendes Betreuungsverfahren dauerte durchschnittlich 8 Jahre.

14,4

17,8

22 20,7

18,7

7,1 7,8 8 8,2 9,4

2016 2017 2018 2019 2020

I. Instanz II. Instanz

Familienang.

sonst.

Ehrenamtliche Rechtsanwälte

sonst.

Berufsbetreuer Andere

PERSONENKREIS DER BETREUER

(16)

16

Von den in 2020 beendeten Betreuungen (4.681 Verfahren) endeten rund 43 % durch Tod des Betreuten und ca. 19 % durch Aufhebung. Dies entspricht in etwa den Daten aus den beiden Vorjahren.

Daneben „endeten“ rund 35 % der Betreu- ungsverfahren im Jahr 2020 durch die Ab- gabe des Verfahrens an ein anderes Gericht.

Absolut endeten im Vergleich zum Vorjahr (5.151 Beendigungen) 9,12 % weniger Be- treuungsverfahren.

50% 43% 43%

22% 20% 19%

2018 2019 2020

Beendigung der Betreuung

Tod Aufhebung

(17)

17

III. Auszug aus der Rechtsprechung 2020 und besondere Verfahren

1. Zivilsenate – ausgewählte Rechtsprechung

1.1. SCHADENSANZEIGE FÜR KASKOVERSICHERUNG LIEBER SOFORT!

(BESCHLUSS VOM 16.01.2020 – 11 U 131/19)

Zeigt ein Versicherungsnehmer seiner Vollkas- koversicherung einen Schaden erst an, wenn die in den Versicherungsbedingungen gere- gelte Meldefrist schon verstrichen ist, geht er unter Umständen leer aus.

Hierauf und dass die Berufung gegen das erst- instanzliche Urteil keine Aussicht auf Erfolg habe, wies der 11. Zivilsenat des Oberlandes- gerichts Braunschweig in einem Beschluss vom 16.01.2020 hin.

In dem Verfahren hatte die Klägerin die Be- klagte als ihre Vollkaskoversicherung nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Weil sie den Verkehrsunfall aber nicht innerhalb der Wochenfrist, sondern erst über ein Jahr später bei der Versicherung angezeigt hatte, ging sie leer aus. Der 11. Zivilsenat führte in seinem Hinweisbeschluss aus, dass die Versicherungsnehmerin mit der verspäteten Anzeige gegen ihre Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag verstoßen habe. Dass sie zunächst die berechtigte Erwartung gehabt habe, der Unfallgegner werde für den Schaden aufkommen, ändere daran nichts. Die Meldefrist fange mit dem versicherten Ereignis zu laufen an, unab- hängig davon, ob der Versicherungsnehmer sich entschließe, seine Kaskoversicherung in An- spruch zu nehmen.

Durch die verspätete Meldung habe die Versicherung den von der Klägerin behaupteten Un- fallhergang nicht mehr überprüfen können. Weil die Klägerin ihr beschädigtes Fahrzeug bald nach dem Unfall veräußert habe, sei auch eine Besichtigung des Fahrzeugs nicht mehr mög- lich gewesen.

Die Versicherungsnehmerin nahm ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Land- gerichts Braunschweig daraufhin zurück.

1.2. UNZULÄSSIGE WERBUNG EINER INFLUENCERIN

(URTEIL VOM 13.05.2020 – 2 U 78/19)

Eine Influencerin darf im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Auftritt keine Bilder von sich einstellen, auf denen sie Waren präsentiert und auf die Accounts der Hersteller verlinkt, ohne dies als Werbung kenntlich zu machen.

Das hat am 13. Mai 2020 der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig entschieden.

Die Influencerin war auf der Social-Media-Platt- form Instagram aktiv und veröffentlichte dort re- gelmäßig Bilder und kurze Videosequenzen zu

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Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps. Klickten die Nutzer die Bilder an, erschie- nen Namen und Marken der Hersteller der von der Beklagten getragenen Kleidung. Mit einem weiteren Klick wurden die Nutzer dann zu den Instagram-Auftritten der Hersteller geleitet.

Dies, so der 2. Zivilsenat, sei unzulässige Werbung. Durch das Einstellen der Bilder und die Verknüpfung mit den Namen und Accounts der Hersteller handele die Influencerin zu kommer- ziellen Zwecken. Sie betreibe den Instagram-Account nicht privat, sondern auch zugunsten der Imagepflege und zum Aufbau ihrer eigenen Marke und ihres Unternehmens. Nicht allein entscheidend sei hierbei, dass sie für bestimmte Werbung keine materielle Gegenleistung er- halten habe. Die Erwartung, das Interesse von Drittunternehmen an einem Influencer-Marke- ting zu wecken und auf diese Weise Umsätze zu generieren, reiche aus. Immerhin bezeichne sich die Beklagte selbst als Influencerin. Hierbei handele es sich in der Regel um bekannte und beliebte Person, die sich dafür bezahlen ließen, dass sie mit einem bestimmten Produkt abgebildet würden. Auch dass ihre Beiträge auf Instagram keinen redaktionellen Anlass für die Bilder und die Herstellernennung böten, spreche für ein kommerzielles Handeln.

Weil die Influencerin den kommerziellen Zweck ihrer Handlungen nicht kenntlich gemacht habe, sei die Werbung unzulässig. Die Verbraucher hätten auch nicht unmittelbar aus den Umständen erkennen können, dass es sich um Werbung handele. Es liege, so der 2. Zivilse- nat, gerade in der Natur eines Influencer-Posts, dass eine scheinbar private und objektive Empfehlung abgegeben werde, der die Follower eine höhere Bedeutung beimessen würden als einer gekennzeichneten Werbung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

1.3. WENN VORERBEN UND NACHERBEN SICH EINIGEN…

(BESCHLUSS VOM 13.05.2020 - AZ. 3 W 74/20)

Wer das Vermögen nach dem eigenen Tod bekommen soll, kann man durch Testament oder Erbvertrag regeln. Dabei kann man auch mehrere Erben in der Weise bestimmen, dass zu- nächst der eine erben soll, und beim Eintritt eines bestimmten Ereignisses, wie dem Tod oder der Wiederheirat des ersten Erben, das Erbe an einen anderen weitergereicht wird. Der erste Erbe ist der sogenannte Vorerbe; der spätere Erbe heißt Nacherbe. Um das deutlich zu ma- chen, trägt das Nachlassgericht in den Erbschein des Vorerben einen sogenannten Nacher- benvermerk ein.

Über einen Fall, in dem sich der Vor- und Nacherbe über die Erbschaft verständigt haben, hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig mit Beschluss vom 13. Mai 2020 ent- schieden.

Der Erblasser hatte in einem Erbvertrag geregelt, dass seine Ehefrau sein Vermögen inklusive Eigentumswohnung als Vorerbin erben sollte. Als Nacherben setzte er seinen Sohn aus einer früheren Beziehung ein. Sollte die Ehefrau die geerbte Wohnung verkaufen, so müsse sie dem Sohn die Hälfte des Erlöses geben.

Nach dem Tod des Erblassers einigten sich Ehefrau und Sohn über die Erbschaft: Der Sohn übertrug ihr seine Nacherbenrechte. Im Gegenzug zahlte sie ihm 10.000 Euro.

Den beantragten Erbschein wollte das Nachlassgericht dennoch nur mit Nacherbenvermerk ausstellen. Dagegen wandte sich die Ehefrau mit der Beschwerde zum Oberlandesgericht und hatte Erfolg. Der Sohn habe sein Recht auf die Nacherbschaft wirksam an die Ehefrau über- tragen können. Aus der letztwilligen Verfügung des Erblassers ergebe sich nicht, dass dieser eine solche Übertragung durch den Sohn nicht gewollt habe, etwa, weil die Eigentumswoh- nung in der engeren Familie habe bleiben sollen. Im Gegenteil: Der Erblasser habe sogar

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ausdrücklich die Möglichkeit geregelt, dass die Ehefrau die Wohnung verkaufen könne und damit zu erkennen gegeben, dass sie über das Vermögen verfügen könne. Damit musste das Nachlassgericht nun einen Erbschein ohne Nacherbenvermerk erteilen.

1.4. EINZELNER BÜRGER KANN BAU VON ELEKTROAUTOS MIT BATTERIEN NICHT VERBIETEN

(BESCHLUSS VOM 13. MÄRZ 2020 – 9 W 13/19; NACHFOLGEND BGH, BESCHLUSS VOM 18. JUNI 2020 – I ZA 5/20)

Der 9. Zivilsenat des Oberlandgerichts Braunschweig hat ent- schieden, dass man als einzelner Bürger einem Autohersteller nicht zivilrechtlich vorschreiben kann, wie er Elektroautos baut.

Der Antragsteller wollte durch einstweilige Verfügung der Volkswagen AG verbieten lassen, Elektroautos mit Batterien als Energiespeicher zu bauen. Seiner Auffassung nach drohten durch die Batterieherstellung große Klima- und Gesundheits- schäden; stattdessen solle die benötigte Energie im Auto durch wasserstoffbetriebene Generatoren erzeugt werden.

Das Landgericht Braunschweig wies seinen Antrag zurück. Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig bestätigte diese Entscheidung. Die Beschwerde des Antragstellers sei bereits unzulässig, weil er sie ohne Rechtsanwalt eingelegt habe.

Prozesskostenhilfe stehe dem Antragsteller ebenfalls nicht zu. Ob seine technischen und po- litischen Ausführungen zutreffend seien, sei nicht entscheidend. Er könne jedenfalls durch eine zivilprozessuale Maßnahme nicht bestimmen, ob batteriebetriebene Elektrofahrzeuge generell gebaut und verkauft werden dürften oder nicht. Denn das beträfe im Ergebnis alle Autoherstel- ler und falle damit in die Zuständigkeit des Gesetz- und Verordnungsgebers.

Dagegen wandte sich der Antragsteller mit einem weiteren Prozesskostenhilfeantrag, den der Bundesgerichtshof inzwischen zurückgewiesen hat.

1.5. WENN DIE EIGENE VERSICHERUNG EINEM NICHT GLAUBT -

ANFORDERUNGEN AN DEN NACHWEIS EINES DIEBSTAHLS IM VERSICHERUNGSRECHT

(URTEIL VOM 8. JULI 2020 - AZ. 11 U 151/19)

Muss jemand feststellen, dass ein Dieb in seine Lager- halle eingestiegen ist und Gegenstände von einigem Wert gestohlen hat, so ist das sehr ärgerlich. Noch är- gerlicher ist es aber, wenn einem die eigene Diebstahl- versicherung das nicht glaubt.

Einen solchen Fall hat der 11. Zivilsenat des Oberlan- desgerichts Braunschweig mit Urteil vom 8. Juli 2020 entschieden. Ein Gartenbauunternehmer hatte Fahr- und Werkzeuge in einer Lagerhalle abgestellt, die mit einem Tor verschlossen war. Über dem Tor befand sich

in vier Meter Höhe eine ungefähr 30 cm große Lücke. Nachdem der Unternehmer festgestellt hatte, dass ihm Fahr- und Werkzeuge im Wert von rund 30.000 EUR fehlten, erstattete er

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Anzeige wegen Diebstahls und meldete den Schaden seiner Versicherung. Diese verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht sei.

Das Landgericht Göttingen hat dem Gartenbauunternehmer Recht gegeben und die Versiche- rung zur Zahlung verurteilt. Das bestätigte der für Versicherungsrecht zuständige 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts.

Weil die Täter bei einem Diebstahl naturgemäß unbeobachtet bleiben wollten, kämen einem Versicherungsnehmer bei dem Nachweis des Diebstahls Beweiserleichterungen zugute. Er müsse nur „ein Mindestmaß an Tatsachen beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hin- reichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zuließen“.

Das war dem Gartenbauunternehmer hier gelungen. Mit Hilfe eines Sachverständigen, der im Rahmen seiner Begutachtung selbst zu der vier Meter hohen Lücke hinaufklettere, stellte der 11. Zivilsenat fest, dass die Diebe in die Halle durch die vorhandene Lücke einsteigen konnten.

Sie hätten dann das Tor von innen aufgemacht, Fahr- und Werkzeuge entwendet und an- schließend das Tor wieder zugezogen, um den Diebstahl möglichst lange zu verheimlichen.

Da die beklagte Versicherung ihrerseits nicht nachweisen konnte, dass der Einsteigediebstahl nur vorgetäuscht wurde, und es auch nicht grob fahrlässig war, eine Lücke in dieser Höhe zu belassen, verlor die Versicherung den Rechtsstreit.

1.6. FALSCHE ANGABEN BEIM VERSICHERUNGSVERTRAG

(BESCHLUSS VOM 13.08.2020 - AZ. 11 U 15/19)

Beantwortet ein Versicherungsneh- mer beim Vertragsschluss Fragen zum Gesundheitszustand bewusst wahrheitswidrig, kann die Versiche- rung vom Vertrag zurücktreten.

Einen solchen Fall hat der 11. Zivilse- nat des Oberlandesgerichts Braun- schweig mit Beschluss vom 13.08.2020 entschieden und damit ein Urteil des Landgerichts Göttingen bestätigt.

Ein Vater hatte im Jahr 2011 für seine damals 15jährige Tochter eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Die Frage nach Vorerkrankungen im Versicherungsformular hatte der Vater mit „nein“ beantwortet, ob- wohl die Tochter damals bereits seit zwei Jahren an einer Psycho- und Verhaltenstherapie, unter anderem wegen Entwicklungs- und Essstörungen, teilnahm. Als der Vater die Versiche- rung im Juli 2016 in Anspruch nehmen wollte, weil seine Tochter wegen psychischer Beein- trächtigungen nicht in der Lage war, ihre Schulausbildung fortzusetzen oder eine Berufsaus- bildung zu beginnen, lehnte die Versicherung dies ab und trat vom Vertrag wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurück.

Die Klage des Vaters auf Feststellung, dass der Versicherungsvertrag fortbestehe, blieb ohne Erfolg. Der 11. Zivilsenat entschied, dass die Versicherung zum Rücktritt vom Vertrag berech- tigt gewesen sei, weil der Vater die Fragen im Versicherungsformular arglistig falsch beant- wortet habe. Er habe sich nicht darauf zurückziehen können, dass einige Störungen seiner Tochter seinerzeit ausgeheilt gewesen seien, denn im Wortlaut des Formulars sei eindeutig nach aufgetretenen Krankheiten in den letzten fünf Jahren gefragt worden.

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Für den Senat stand auch fest, dass der Vater die Störungen seiner Tochter kannte. Er habe jedenfalls nicht plausibel dargelegt, wie und weshalb es zu den falschen Angaben gekommen sei. Seine Behauptung, ihm sei nur eine Lese- und Rechtschreibschwäche seiner Tochter bekannt gewesen, überzeugte den Senat nicht. Ausweislich der Stellungnahme der Therapeu- tin der Tochter seien nämlich auch die Eltern mit in die Behandlung der emotionalen Störung und der Essstörung einbezogen worden, was für eine Aufklärung der Eltern spreche. Weil der Vater erkannt und gebilligt habe, dass die Versicherung den Vertrag über die Berufsunfähig- keitsversicherung nicht oder nur zu anderen Konditionen geschlossen hätte, wenn sie von der Krankheit der Tochter gewusst hätte, sei ihm ein arglistiges Handeln vorzuwerfen. Damit konnte die Versicherung vom Vertrag zurücktreten.

1.7. WENN DER ERBE ZU SPÄT BEKANNT WIRD - ZUR PFLICHT DES NACHLASSGERICHTS, ERBEN ZU ERMITTELN

(BESCHLUSS VOM 28.08.2020 ENTSCHIEDEN - AZ. 11 U 65/19)

Hat ein Erblasser kein Testament hinterlassen, so gilt das gesetzliche Erbrecht, und die Ver- wandten erben. Die Pflicht, mögliche Erben zu ermitteln, trifft das Nachlassgericht. Gibt es keine Verwandten oder schlagen alle bekannten Verwandten das Erbe aus, erbt der Staat.

Über ein Verfahren, in dem sich ein erbberechtigter Verwandter meldete, nachdem das Land Niedersachsen vom Nachlassgericht als Erbe bestimmt worden war, hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch Beschluss vom 28.08.2020 entschieden.

Das Land hatte in seiner Erbenstellung ein Grundstück des Erblassers nach Einholung eines Wertgutachtens verkauft. Den Erlös hatte es dann nach Abzug der Kosten an den bekannt gewordenen Erben ausgekehrt. Dieser, ein Sohn des Erblassers aus erster Ehe, der erst über zwei Jahre später vom Tod seines Vaters erfahren hatte, klagte nun gegen das Land Nieder- sachsen wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Höhe von 120.000 €. Seiner An- sicht nach habe das Nachlassgericht keine ausreichenden Ermittlungen bezüglich der Ver- wandten des Erblassers angestellt. Weil das vom Nachlassgericht schließlich als Erbe festge- stellte Land Niedersachsen das eigentlich von ihm selbst geerbte Grundstück zu günstig ver- kauft habe, sei ihm ein Schaden entstanden.

Der 11. Zivilsenat sah dies anders und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Land- gerichts Braunschweig. Das Nachlassgericht habe ausreichend nach möglichen Erben ge- sucht, bevor es das Erbrecht des Landes Niedersachsen festgestellt habe. Eine Nichte des Erblassers habe eine Liste mit Verwandten eingereicht, auf der der Kläger nicht vermerkt ge- wesen sei. Auch die Befragung der auf der Liste angegebenen Verwandten habe keinen Hin- weis auf den Kläger ergeben, der seit seinem zweiten Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu seinem Vater gehabt habe. Der Erblasser selbst habe zudem in einem gemeinsamen Testa- ment mit seiner zweiten Ehefrau erklärt, dass er außer einer bereits vorverstorbenen Tochter keine anderen Kinder habe. Angesichts dieser Umstände sei das Nachlassgericht nicht ver- pflichtet gewesen, weitere Ermittlungen durchzuführen, etwa Standesämter anzuschreiben o- der einen gewerblichen Erbenermittler zu beauftragen. Vielmehr habe es, da alle ihm bekann- ten Verwandten das Erbe ausgeschlagen hätten, das Land Niedersachsen als Erben feststel- len dürfen.

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1.8. ENTSCHÄDIGUNG FÜR DEN IM GÖTTINGER TRANSPLANTATIONSPROZESS FREIGESPROCHENEN ARZT

(URTEIL VOM 28.10.2020 – 11 U 149/19)

Mit Urteil vom 28.10.2020 der 11. Zi- vilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig die Verurteilung des Landes Niedersachsen zur Zahlung von Entschädigungsleistungen in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro bestä- tigt.

In dem Verfahren ging es um die Klage eines Arztes gegen das Land Niedersachsen auf Entschädigung.

Der Arzt hatte im sogenannten Göt- tinger Transplantationsprozess circa 11 Monate in Untersuchungshaft ver- bracht, bevor der Haftbefehl gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 500.000,- Euro außer Vollzug gesetzt worden war. Am Ende war der Arzt freigesprochen und die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung festgestellt worden.

Das Landgericht Braunschweig hatte das Land Niedersachsen nach einer Beweisaufnahme zur Leistung von 1.167.899,19 EUR verurteilt (Urteil vom 13.09.2019, Az. 7 O 3677/18). Dies hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts im Wesentlichen bestätigt.

Der Arzt habe einen Anspruch in Höhe von 80.000 Euro wegen des Zinsschadens für ein Darlehen, das er benötigt habe, um die Kaution für die Außervollzugsetzung des Untersu- chungshaftbefehls zu erbringen. Er könne vom Land Niedersachsen darüber hinaus auch ent- gangenen Gewinn verlangen, weil er wegen der Untersuchungshaft eine Stelle in einem Kran- kenhaus in Jordanien mit einem monatlichen Gehalt von 50.000 USD nicht habe antreten kön- nen. Dieser Posten machte mit circa 1,1 Mio. Euro den größten Teil der Klage aus.

Die Beweisaufnahme habe der Senat nicht wiederholen müssen, weil das Berufungsgericht, hier also das Oberlandesgericht, grundsätzlich an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden sei, wenn keine Fehler in der Beweisaufnahme oder –würdigung vorlägen.

Dies sei hier der Fall.

Der Arzt müsse sich lediglich ersparte Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung während der Untersuchungshaft in Höhe von 3.400 Euro anrechnen lassen.

1.9. ZÜNDSTOFF HEU

(BESCHLUSS VOM 29.09.2020 – AZ. 11 U 68/19)

Im Juli 2014 kam es in der Halle eines landwirtschaft- lichen Betriebes im Harzvorland zu einem Brand, bei dem die gesamte Ernte zerstört wurde und ein Scha- den in Höhe von rund 445.000 € entstand. Der Land- wirt unterhielt eine Landwirtschaftbetriebs-Versiche- rung. Diese zahlte für seinen Verlust rund 355.000 €, lehnte aber die Zahlung der restlichen rund 90.000 € mit der Begründung ab, dass der Landwirt seinen

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Pflichten aus dem Versicherungsvertrag nicht nachgekommen sei.

Die Klage des Landwirts auf Zahlung des Restbetrags wurde vom Landgericht Braunschweig abgewiesen (Urteil vom 16.04.2019 - 7 O 249/17). Die hiergegen eingelegte Berufung des Landwirts zum Oberlandesgericht hatte keine Aussicht auf Erfolg. Darauf wies der 11. Zivilse- nat mit Beschluss vom 29.09.2020 hin.

Die Versicherung sei zu einer 20%igen Leistungskürzung berechtigt, weil der Landwirt seine Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag grob fahrlässig verletzt habe. Die Versiche- rungsbestimmungen hätten vorgesehen, dass das getrocknete Erntegut ordnungsgemäß ein- gelagert und ständig durch ein geeignetes Messgerät, etwa einer Heumesssonde, auf Selbst- entzündung hin hätten überprüft werden müssen. Heustapel seien so anzulegen, dass jeder Punkt des Stapels kontrolliert werden könne.

So hatte der Landwirt die über 3.000 Heuballen aber nicht gelagert. Bei ihm seien nur die obersten Ballen der „Heutürme“ erreichbar gewesen; die unteren Schichten hätten weder ein- gesehen noch mit einer Messlanze kontrolliert werden können.

Diese fehlerhafte Lagerung und mangelnde Kontrolle seien ursächlich für den Brand. Die Selbstentzündung von Heu sei, wie der im Verfahren hinzugezogene Sachverständige erläu- tert habe, die häufigste biologische Brandursache und möglich, wenn ein bestimmter Feuch- tigkeitsgehalt im Erntegut und Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien sowie eine starke Verdichtung bzw. Pressung des Heus vorlägen.

Der Landwirt hat auf den Hinweis des Oberlandesgerichts seine Berufung zurückgenommen.

1.10. KEIN ABRISS DER BRAUNSCHWEIGER BURGPASSAGE BIS MÄRZ 2023

(URTEIL VOM 03.12.2020 – 8 U 11/20)

Mit Urteil vom 03.12.2020 hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig die erstinstanzli- che Entscheidung des Landgerichts bestätigt, wo- nach die Braunschweiger Burgpassage bis zum 31.03.2023 weder abgerissen noch gesperrt werden darf.

In dem Verfahren ging es um die Klage der Betreibe- rin eines Ladengeschäfts zum Verkauf von Kaffee und anderen Handelsgütern, die bis zum 31.03.2023 Geschäftsräume im Einkaufszentrum „Burgpassage“

in Braunschweig angemietet hat. Die Betreiberin wandte sich mit der Klage gegen den geplanten Ab- riss des Einkaufszentrums und die Sperrung des Durchgangs der Burgpassage, die nach den Plänen der Beklagten, einer Projektentwicklerin, in eine nach oben offene Gasse mit Geschäften und Wohnungen umgewandelt werden soll. Ebenfalls Gegenstand des Verfahrens war die Wider- klage der Projektentwicklerin auf Schadensersatz in Höhe von 160.000 € für die Anmietung eines Ersatzladengeschäfts.

Der 8. Zivilsenat begründete seine Entscheidung damit, dass die Projektentwicklerin mit einem Abriss des Einkaufszentrums ihre mietvertragliche Pflicht zur Gebrauchsüberlassung verlet- zen würde und daher ein Unterlassungsanspruch bestehe. Die Betreiberin des Ladenge- schäfts müsse den Abriss auch nicht dulden, weil solche Arbeiten - entgegen der Auffassung

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der Projektentwicklerin - weder Instandhaltungs- noch Modernisierungsmaßnahmen des Ge- bäudes darstellen würden.

Wegen des vorgerichtlichen Verhaltens der Projektentwicklerin habe die Betreiberin des La- dengeschäfts zu Recht befürchten dürfen, dass die Gefahr eines Abrisses drohe. Schließlich habe die Projektentwicklerin bereits die Planung, Ausschreibung und eine Untersuchung der Bauteile vorgenommen, dazu die Passage längere Zeit gesperrt und ihre Vorhaben öffentlich über die Medien verkündet.

Die Projektentwicklerin habe die Passage bis zum Ende des Mietverhältnisses auch nicht sper- ren dürfe. Zur Anmietung des Ladengeschäfts gehöre, dass die Passage von Laufkundschaft als Abkürzung zwischen zwei stark frequentierten Straßen in der Braunschweiger Fußgänger- zone genutzt werden könne.

Mit ihrer Widerklage hatte die Projektentwicklerin ebenfalls keinen Erfolg: Einen Schadenser- satzanspruch wegen von ihr unnötig aufgewendeter Mietkosten für ein Ersatzgeschäft ver- neinte der Senat.

2. Besondere Zivilverfahren

2.1. MUSTERFESTSTELLUNGSKLAGE DES BUNDESVERBANDS DER VERBRAUCHERZENTRALEN UND VERBRAUCHERVERBÄNDE E.V. GEGEN DIE VOLKSWAGEN AG

In diesem Jahr fand die erste Musterfeststellungsklage seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes ihr Ende. Es handelte sich um die in der Öffentlichkeit stark beachtete Musterfeststellungs- klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e.V. gegen die Volkswagen AG, die am 1. November 2018 eingereicht worden war. Nach dem Verhand- lungsauftakt am 30.09.2019 in der Stadthalle Braunschweig und einem weiteren Termin am 18. November 2019 hatte der Vorsitzende Michael Neef angeregt, dass die Parteien über eine vergleichsweise Einigung nachdenken sollten. Diese Anregung nahmen die Parteien auf und führten zunächst selbständig Verhandlungen, die aber dann abgebrochen wurden. Erst Ende Februar 2020 kehrten die Parteien unter Moderation des Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig an den Verhandlungstisch zurück. Nach mehreren Verhandlungstagen schlos- sen der Bundesverband der Verbraucherzentralen e.V. und Volkswagen einen umfassenden außergerichtlichen Vergleich. Darin verpflichtete sich die Volkswagen AG, den zur Musterfest- stellungsklage angemeldeten Verbrauchern, die ihr Fahrzeug vor dem 01.01.2016 gekauft ha- ben und ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt des Kaufs in Deutschland hatten, ein Vergleichsange- bot zu unterbreiten. Rund 250.000 Verbraucher haben sich danach entschieden, sich mit der Volkswagen AG zu einigen. Abhängig vom Alter und Fahrzeugtyp sind dabei von der Volks- wagen AG Entschädigungszahlungen in einer Gesamthöhe von rund 750 Millionen Euro an die Verbraucher geleistet worden. Der Bundesverband nahm die Musterfeststellungsklage am 30.04.2020 zurück.

2.2. MUSTERFESTSTELLUNGSKLAGE DER VERBRAUCHERZENTRALE SÜDTIROL GEGEN DIE VOLKS- WAGEN AG

Eine weitere Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG in der sog. Dieselaffäre wurde am Oberlandesgericht von der Verbraucherzentrale Südtirol eingereicht. Am 22.12.2020 hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig die öffentliche Be- kanntmachung dieser Musterfeststellungsklage veranlasst.

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Auch in dieser Musterfeststellungsklage geht es um Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Skoda und Seat, die einen Motor der Baureihe EA189 und eine von dem Kraftfahrt-Bundesamt oder einer vergleichbaren Genehmigungsbehörde in Europa als unerlaubt eingestufte Abschaltein- richtung verbaut haben.

Der italienische Verbraucherschutzverband möchte mit der Musterfeststellungsklage geklärt wissen, ob Verbraucherinnen und Verbrauchern, die solche Fahrzeuge in Italien erworben ha- ben, Schadensersatzansprüche gegen die Musterbeklagte zustehen. Einzelne Feststellungs- ziele befassen sich auch mit dem Umfang der Schadensersatzansprüche und mit dem Verjäh- rungseintritt.

Die Verbraucherzentrale Südtirol hat sich bei den Feststellungszielen an der im Jahre 2018 anhängig gemachten Musterfeststellungsklage des Bundesverbands der Verbraucherzentra- len orientiert und begehrt die Prüfung nach deutschem Sachrecht, das sie auch bei italieni- schen Verbraucherinnen und Verbrauchern für anwendbar erachtet.

2.3. KAPITALANLEGER-MUSTERVERFAHREN DER DEKA INVESTMENT GMBH GEGEN DIE VOLKS- WAGEN AG UND DIE PORSCHE AUTOMOBIL HOLDING SE

Ein weiteres Großverfahren vor dem Oberlandesgericht Braun- schweig ist das Kapitalanleger- Musterverfahren der Deka In- vestment GmbH gegen die Volkswagen AG und die Por- sche Automobil Holding SE vor dem Oberlandesgericht Braun- schweig. Die Anleger werfen den Verantwortlichen von VW und Porsche vor, nicht früh ge- nug durch sog. Ad-hoc-Mittei- lungen über die Abgasmanipu- lationen informiert sowie gegen Bilanzierungspflichten versto- ßen zu haben. Sie haben daher Schadensersatzklagen vor dem Landgericht Braunschweig erhoben, weil die Aktien im Wert gefallen seien. Da in der Vielzahl der Klagen vor dem Landgericht dieselben rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen eine Rolle spielen, hat das Landgericht durch einen Vorlagebe- schluss das Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig einge- leitet. Wegen der Vielzahl der Beteiligten und des hohen Medieninteresses finden die Ver- handlungen in der Stadthalle Braunschweig statt.

Am 8. Verhandlungstag am 9. März 2020 ging es um Einzelheiten zu Bilanzierungsfragen. Im Streit steht, ob Volkswagen in den Geschäfts- und Halbjahresberichten Rückstellungen bzw.

Eventualverbindlichkeiten hätte ausweisen müssen und ob falsche Bewertungen der Fahr- zeuge in den Bilanzen eingestellt wurden. An den beiden Verhandlungstagen am 8. und 9.

September 2020 wurde das Merkmal der Kursrelevanz erörtert. Weitere Verhandlungstermine für das Jahr 2021 sind anberaumt.

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2.4. VERFAHREN ZUM WIDERRUF VON VERBRAUCHERDARLEHENSVERTRÄGEN MIT KFZ- FINANZIERERN

Verfahren zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen mit Kfz-Finanzierern beschäftig- ten das Oberlandesgericht Braunschweig auch im Jahr 2020 sehr. In diesem Jahr gingen allein 697 solcher Berufungen bei dem hierfür zuständigen 11. Zivilsenat ein. Gegenstand dieser Verfahren sind Darlehensverträge, die Verbraucher zur Finanzierung eines Fahrzeugs ab- schlossen und später widerriefen, weil die Widerrufsbelehrungen oder die weiteren Pflichtan- gaben nicht ordnungsgemäß erteilt worden seien. Die Verbraucher wollen mit der Klage in den meisten Fällen erreichen, dass ihnen der seinerzeit gezahlte Kaufpreis für das Fahrzeug zu- rückgezahlt wird, natürlich gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs. Die finanzierende Bank dagegen beruft sich in der Regel darauf, dass der Verbraucher ordnungsgemäß informiert worden sei oder der Widerruf zu spät erfolgt und damit verwirkt sei.

Der 11. Zivilsenat hat in einer Reihe von Entscheidungen darauf hingewiesen, dass das Wi- derrufsrecht eines Verbrauchers verwirkt sein könne, wenn der Darlehensvertrag vollständig beendet sei und die Darlehensgeberin im Vertrauen auf das Unterbleiben des Widerrufs das ihr zur Sicherheit übereignete Kraftfahrzeug freigegeben habe, wobei es immer auf die Um- stände des konkreten Einzelfalls ankomme. Ferner könne die Berufung auf ein Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Darlehensnehmer trotz des erklärten Widerrufs von sei- nem verbrieften Rückgaberecht Gebrauch mache und insofern vertragliche Rechte in An- spruch nehme. Auch hat der 11. Zivilsenat sich mit der Frage auseinandergesetzt, welche Anforderungen an die jeweils zu erteilenden Pflichtangaben der Widerrufsinformationen zu stellen seien.

3. Familiensenate

3.1. KINDESUMGANG IN CORONA- ZEITEN

(BESCHLUSS VOM 20. MAI 2020 - 1 UF 51/20)

Dass die Corona-Pandemie grundsätz- lich nicht dazu führt, dass dem nicht be- treuenden Elternteil der Umgang mit sei- nem Kind verweigert werden kann, ent- schied der 1. Familiensenat des Oberlan- desgerichts Braunschweig durch Be- schluss vom 20. Mai 2020.

Der Vater des fast sechsjährigen Mäd- chens hatte beim Familiengericht in Braunschweig eine Umgangsregelung erwirkt, die Kontakte mit seiner Tochter am Wochenende mit Übernachtungen vorsah. Dagegen hatte die Mutter Beschwerde zum Oberlandesgericht eingelegt und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Der Antrag hatte keinen Erfolg. Der 1. Familiensenat entschied, dass der Umgang mit dem Vater dem Kindeswohl diene. Die Mutter sei nicht berechtigt, die Kontakte aufgrund der

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Corona-Pandemie zu verweigern. Die Pandemie biete weder einen Anlass, bestehende Um- gangsregeln abzuändern, noch den Umgang auszusetzen.

Auch wenn der Vater und das Kind nicht in einem Haushalt leben würden, sei der Umgang nicht verboten. Der Umgang zwischen einem nicht betreuenden Elternteil und seinem Kind gehöre zu dem absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte, betonte der 1. Familiensenat.

Etwas Anderes gelte nur dann, wenn der Kontakt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sei, etwa wegen Quarantäne, Ausgangssperre oder der nachweislichen Infektion des umgangsberechtigten Elternteils oder eines Angehörigen seines Haushalts mit Covid 19.

Die Erkrankung des Kindes selbst stehe einem Umgang dagegen grundsätzlich nicht entge- gen, weil auch der zum Umgang berechtigte Elternteil sein krankes Kind versorgen und pfle- gen könne.

3.2. REISE NACH MALLORCA IN ZEITEN DER CORONA-PANDEMIE – KEINE ALLTÄGLICHE ENT- SCHEIDUNG MEHR

(BESCHLUSS VOM 30.07.2020 – 2 UF 88/20)

Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig hat am 30. Juli 2020 entschieden, dass die Flugreise eines getrenntle- benden Elternteils mit den gemeinsa- men Kindern in der Zeit der Corona- Pandemie keine Angelegenheit des täglichen Lebens mehr ist und daher der Zustimmung des anderen mitsor- geberechtigten Elternteils bedarf (Az.

2 UF 88/20).

Die Mutter hatte in den Sommerferien eine Flugreise nach Mallorca mit den beiden gemeinsamen Kindern gebucht. Der Vater war damit nicht einverstanden.

Über Auslandsreisen, auch mit dem Flugzeug, kann grundsätzlich der jeweils betreuende El- ternteil allein entscheiden, wenn die Reise nicht mit Nachteilen bzw. Gefahren für das Kind verbunden ist. Daher boten bislang Flugreisen in das europäische Ausland wenig Anlass für Streitigkeiten.

Anders ist dies, so nun der 2. Familiensenat, in den Zeiten der Corona-Pandemie: Auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel bestehe, führe die Ausbreitung von COVID-19 weiter- hin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens. Hinzu komme, dass nach wie vor die Lockerungen der Beschränkun- gen nur auf Probe erfolgt seien und keine Planungsverlässlichkeit bezüglich eines gebuchten Rückfluges gewährleistet sei. Wenn es erneut zu staatlich notwendigen Reaktionen auf Aus- brüche des Virus komme, bestehe die Gefahr längerer Quarantänen oder eines Festsitzens im Ausland. Das könne zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes führen. Überdies gebe es weiterhin Unsicherheiten über die Infektionswege des Coronavirus, weshalb auch nicht geklärt sei, welche konkrete, gegebenenfalls erhöhte Anste- ckungsgefahr im Zusammenhang mit Flugreisen beständen.

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Eine Flugreise ins Ausland müsse daher durch beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entschieden werden.

Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen. Dabei muss sich das Familiengericht an dem Kin- deswohl im konkreten Einzelfall orientieren und die Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird.

Da in dem vom Familiensenat entschiedenen Fall der Reise bereits andere Gründe entgegen- standen, hat der Senat keine Aussage dazu getroffen, ob die Entscheidungsbefugnis über die geplante Reise im Hinblick auf die Corona-Pandemie dem reisewilligen oder -unwilligen El- ternteil zu übertragen war.

3.3. UMGANGSKONTAKTE NACH DER LEBENSPARTNERSCHAFT

(BESCHLUSS VOM 5. OKTOBER 2020 - AZ. 2 UF 185/19)

Hat eine Lebenspartnerin nach der Tren- nung ein Umgangsrecht mit den während der Lebenspartnerschaft geborenen Kindern auch gegen den Willen der Kindesmutter, die die ehemalige Lebenspartnerin ist? Dies hat der 2. Familiensenat des Oberlandesge- richts Braunschweig mit Beschluss vom 5.

Oktober 2020 unter bestimmten Vorausset- zungen bejaht.

Die Beteiligten des familienrechtlichen Ver- fahrens waren durch eine Lebenspartner- schaft verbunden, wobei diese auch von dem Wunsch getragen war, zusammen Kinder großzuziehen. Im Wege gemeinsam beschlos- sener Fremdinseminationen gebar die Kindesmutter zwei Söhne, die nach der Trennung der beiden Lebenspartnerinnen bei ihr verblieben. Nachdem zunächst Umgangskontakte zwi- schen den Kindern und der anderen Lebenspartnerin stattfanden, kam es zu Konflikten und zur Ablehnung des Umgangs durch die Kindesmutter.

Der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat entschieden, dass die Leben- spartnerin ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit den Söhnen hat. Dass sie für beide Kinder eine enge Bezugsperson darstelle, sei im Rahmen eines Zusammentreffens der Lebenspart- nerin und der Kinder bei Gericht deutlich erkennbar gewesen. Überdies habe sie durch die Betreuung der Kinder tatsächliche Verantwortung für sie übernommen. Der Umgang diene auch dem Kindeswohl, da er die Bindung zu der Lebenspartnerin erhalte und den Kindern zudem ermögliche, im Sinne einer Identitätsfindung Klarheit über ihre Familienverhältnisse sowie über ihre eigene Herkunft und Entstehung zu erlangen, an der die Lebenspartnerin maß- geblich beteiligt gewesen sei. Die ablehnende Haltung der Kindesmutter könne dagegen nicht dazu führen, den Umgang zu verhindern, weil sie weder auf ernstzunehmenden noch auf am Wohl der Kinder orientierten Motiven beruhe.

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29 4. Strafsenate und Senat für Bußgeldsachen

4.1. VERURTEILUNG WEGEN VOLKSVERHETZUNG BESTÄTIGT

(BESCHLUSS VOM 10.01.2020 - 1 SS 78/19)

Mit Beschluss vom 10. Januar 2020 bestätigte der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig eine Verurteilung wegen Volks- verhetzung. Der Angeklagte hatte von Mai bis Oktober 2017 auf sei- ner Facebook-Seite ein Gedicht gepostet, das Asylbewerber in einer verächtlich machenden Weise herabwürdigte. Dieses Gedicht war für alle Facebook-Nutzer abrufbar.

Das Amtsgericht Salzgitter hatte den Angeklagten zu einer Freiheits- strafe von vier Monaten verurteilt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weder die dagegen eingelegte Berufung zum Landgericht Braunschweig noch die Revision zum Oberlandesgericht hatten Er- folg.

4. 2. STRAßENVERKEHRSORDNUNG IST WIRKSAM

(BESCHLUSS VOM 04.12.2020 – 1 SS (OWI) 173/20)

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2020 hat der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts entschie- den, dass die Straßenverkehrsordnung in der derzeitigen Fassung vom 6. März 2013 wirksam ist.

Das Amtsgericht Helmstedt hatte den Fahrer eines Kfz wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit au- ßerhalb geschlossener Ortschaften zu ei- ner Geldbuße von 160 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat angeord- net. Der Fahrer war auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h um 46 km/h zu schnell unter- wegs gewesen.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde zum Oberlandesge- richt hatte keinen Erfolg.

Der Bußgeldsenat teilte insbesondere nicht die Ansicht des Verteidigers, dass die für die Entscheidung angewendete Straßenver- kehrsordnung (StVO) in der Fassung vom 6. März 2013 unwirksam sei. Der Senat führte dazu aus, dass die Straßenverkehrsordnung den formellen Anforderungen genüge. Insbesondere verstoße sie nicht gegen das sogenannte Zitiergebot. In der Verordnung werde in ausreichen- der Weise auf die Vorschrift des Straßenverkehrsgesetzes verwiesen, durch die das Verkehrs- ministerium zum Erlass der Verordnung ermächtigt werde.

Auch die Novelle der Straßenverkehrsordnung vom 20. April 2020, in der unter anderem zahl- reiche Änderungen der Bußgeldkatalogverordnung erfolgt seien, führe zu keinem anderen Er- gebnis. Zwar ließ der Bußgeldsenat in seiner Begründung erkennen, dass er die Änderungen in der Bußgeldkatalogverordnung wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot für teilnichtig

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halte, und zwar hinsichtlich der neu eingeführten erweiterten Fahrverbote. Auf diese Frage sei es hier aber nicht entscheidend angekommen. Der Fahrer habe den Verkehrsverstoß bereits vor Inkrafttreten der neuen Straßenverkehrsverordnung begangen. Da die Bußgeldkatalogver- ordnung durch die StVO-Novelle 2020 hinsichtlich dieser konkreten Verkehrsordnungswidrig- keit nicht verändert worden sei, könne die alte Verordnung angewendet werden. Diese gelte auch bei einer Teilnichtigkeit der Neufassung der Verordnung weiter fort.

IV. Güterichterverfahren am Oberlandesgericht Braunschweig

Das Güterichterverfahren findet mit Zustimmung der Beteiligten in den vor den Zivil- und Fa- miliensenaten anhängigen Streitsachen statt und ermöglicht es den Parteien, im gemeinsa- men Gespräch eine verbindliche, interessengerechte Einigung zu finden. Ziel der von einem nicht entscheidungsbefugten Richter geleiteten Verhandlung ist die selbstbestimmte, nachhal- tige und streitbeendende Lösung des Konfliktes. Dabei zeigt die langjährige Erfahrung der am Oberlandesgericht Braunschweig tätigen Güterichter, dass grundsätzlich alle Streitigkeiten ei- ner einvernehmlichen Beilegung zugeführt werden können.

Das Güterichterverfahren kann daher von allen Parteien und Beteiligten in jeder Lage eines gerichtlichen Verfahrens in Anspruch genommen werden. Einbezogen werden können auch regelungsbedürftige Angelegenheit, die nicht unmittelbar den Streitgegenstand betreffen, selbst wenn eine Klage bei einem anderen Gericht oder in einer anderen Instanz anhängig ist.

Das Verfahren bietet Gelegenheit, alle Umstände des Sach- und Streitstandes und auch un- konventionelle Lösungsansätze umfassend zu erörtern. Die richterliche Begleitung sichert da- bei eine konstruktive Gesprächsführung auch bei ausweglos erscheinenden Konflikten oder wenn die Beteiligten sich zu einer zielführenden Kommunikation bisher nicht in der Lage ge- sehen habe. Zudem können die Parteien sich jederzeit anwaltlicher Beratung bedienen.

Die mit dem Güterichterverfahren verbundenen Vorteile

 einer zeitnahen Beendigung des streitigen Verfahrens

 mit einhergehender rechtlicher Verbindlichkeit

 bei Vermeidung weiterer Kosten

hat in den vergangenen Jahren zu einer hohen Akzeptanz des auf Beilegung der Konflikte ausgerichteten Verfahrens geführt.

Im Jahr 2020 waren beim Oberlandesgericht Braunschweig in Güterichterverfahren insgesamt acht Richterinnen und Richter tätig, wobei Streitigkeiten aus fast allen Bereichen des Zivil- und Familienrechts angefallen sind: Begleitet wurden sowohl Auseinandersetzungen im Bau-, Ver- sicherungs- und Nachbarschaftsrecht wie auch Erb- und Familienstreitigkeiten, wobei die Be- teiligten in nahezu allen verhandelten Fällen eine Einigung erzielt haben.

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