Quasar Enterprise – Anwendungslandschaften serviceorientiert gestalten
Gregor Engels1,2, Markus Voß2
1Universität Paderborn, Warburger Str. 100, 33098 Paderborn
engels@upb.de
2sd&m Research,
Carl-Wery-Str. 42, 81739 München gregor.engels, markus.voss@sdm-research.de
Abstract: Der Beitrag stellt mit Quasar Enterprise einen durchgängigen, serviceorientierten Ansatz zur Gestaltung großer Anwendungslandschaften vor. Er verwendet ein Architektur-Framework zur Strukturierung der methodischen Schritte und führt ein Domänenmodell zur Präzisierung der Begrifflichkeiten und Entwicklungsartefakte ein. Die dargestellten methodischen Bausteine und Richtlinien beruhen auf langjährigen Erfahrungen in der industriellen Softwareentwicklung.
1 Motivation und Hintergrund
sd&m beschäftigt sich seit seiner Gründung vor 25 Jahren mit dem Bau von individuellen Anwendungssystemen. Als konsolidierte Grundlage der Arbeit in diesem Bereich wurde Quasar (Quality Software Architecture) entwickelt – die sd&m Standard- Architektur für betriebliche Informationssysteme [Si04]. Quasar dient sd&m als Referenz für seine Disziplin des Baus einzelner Anwendungen.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich sd&m im Auftrag seiner Kunden mehr und mehr mit Fragestellungen auf der Ebene ganzer Anwendungslandschaften. Das Spektrum reicht von IT-Beratung zur Unternehmensarchitektur, über die Systemintegration querschnittlicher technischer, aber auch dedizierter fachlicher COTS-Produkte bis hin zum Bau einzelner großer Anwendungssysteme auf eine Art und Weise, dass eine perfekte Passung in eine moderne Anwendungslandschaft gegeben ist. Zur Abdeckung dieses breiten Spektrums an Aufgaben wurde eine neue Disziplin zur Gestaltung von Anwendungslandschaften benötigt. sd&m entwickelte hierzu eine neue Referenz – Quasar Enterprise – ein Quasar auf Unternehmensebene.
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Dabei ist Quasar Enterprise von zwei wesentlichen Einflüssen geprägt. Zum einen ist dies der systematische Ansatz aus der Unternehmensarchitektur. Hier existieren schon seit etlichen Jahren Rahmenwerke für die Architekturarbeit wie etwa das Integrated Architecture Framework (IAF) [IAF]. Sie bringen Ordnung in die Disziplin zur Gestaltung von Unternehmensarchitekturen, indem sie Sichten und Artefakte für die Architekturarbeit festschreiben und Vorgehensweisen als Wege durch das Rahmenwerk darstellen. Auch Quasar Enterprise bedient sich dieses Ansatzes und nutzt ein solches Rahmenwerk zur Strukturierung der Disziplin.
Der andere wesentliche Einfluss ist das Paradigma einer serviceorientierten Architektur (SOA). Die Vorstellung, was SOA ist und was sie leisten kann, hat in den letzten Jahren eine Evolution durchgemacht. Die meisten Experten sehen SOA heute nicht mehr nur als reine Technik, wie z.B. den Einsatz von Webservices, sondern vielmehr als Gestaltungsprinzip der IT auf Unternehmensebene. Deren wichtigster Mehrwert wird dabei in einer fachlich motivierten Ausrichtung der Anwendungslandschaft auf das Geschäft gesehen, was auch häufig als Business/IT-Alignment bezeichnet wird.
Abb. 1 illustriert Quasar Enterprise als konkrete Instanz von IAF. Vertikal wird zwischen Geschäft und IT unterschieden, wobei sich letzteres noch einmal in die Aspekte des zu entwickelnden Informationssystems (IS) und der zugrunde liegenden Technische Infrastruktur (TI) unterteilt. Horizontal wird zwischen den verschiedenen Abstraktionsebenen im Rahmen eines Entwicklungsprozesses unterschieden. Ausgehend von der kontextuellen Ebene (warum?), zu der insbesondere die strategischen Ziele eines Unternehmens gehören, wird zwischen der konzeptionellen (was?), der logischen (wie?) und der physischen Ebene (womit?) unterschieden.
Physisch (womit?)
Geschäftsstrategie IT-Strategie
Kontextuell (warum?)
Konzeptionell (was?)
Logisch (wie?)
Geschäft Informationssystem (IS ) Technische Infrastruktur (TI) IT
IST SOLL IDEAL
Geschäftsarchitektur (Geschäftsservices , Geschäftsprozesse , Geschäftsobjekte , Organisation , etc.)
Domänen und (Anwendungs-)
Services Logische AL-Komponenten und ihre Schnittstellen
Physische AL-Komponenten und ihre Schnittstellen
Technische Services
Logische Anwendungs- und
Integrations - plattformen
Physische Anwendungs- und
Integrations - plattformen Domänen
(Anwendungs-)und Services Logische AL-Komponenten und ihre Schnittstellen
Physische AL-Komponenten und ihre Schnittstellen
Technische Services
Logische Anwendungs- und
Integrations - plattformen Physische Anwendungs- und
Integrations - plattformen Domänen
und (Anwendungs-)
Services Logische AL-Komponenten und Schnittstellen
Physische AL-Komponenten und Schnittstellen
Technische Services
Logische Anwendungs- und
Integrations - plattformen Physische Anwendungs- und
Integrations - plattformen Geschäftsarchitektur
Integrations-plattformen
E vol ution
IdealeAnwendungs-landschaften
Integration
Abbildung 1: Quasar Enterprise als Instanz des Integrated Architecture Framework
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2 Verfahrensbausteine von Quasar Enterprise
Wie entwickelt man aber nun konkret eine Anwendungslandschaft? Wie genau lässt sich der ideale Zuschnitt einer Anwendungslandschaft aus der in einem Unternehmen gegebenen Fachlichkeit systematisch ableiten? Wie findet man die richtigen Services in einer Anwendungslandschaft und wie kann man diese z.B. hinsichtlich einer idealen Granularität definieren? Wie lassen sich aus Services Anforderungen an eine Infrastruktur ableiten? Welche systematischen Hilfestellungen kann man zur Auswahl von Standardsoftware erhalten?
Quasar Enterprise gibt mit Hilfe eines Domänenmodells für die wesentlichen Begrifflichkeiten innerhalb von Quasar Enterprise sowie mit Hilfe von konkreten und nachvollziehbaren Methoden, Regeln, Mustern und Referenzarchitekturen auf all diese Fragen eine Antwort. Diese Verfahrensbausteine von Quasar Enterprise stellen vielfach erprobtes Praxiswissen dar, das im Rahmen von umfangreichen Analysen und Reviews von Projektmaterialien und Gesprächen mit erfahrenen IT-Beratern, Projektleitern und Chefarchitekten erarbeitet worden ist.
Abb. 1 gibt einen Überblick über die Begrifflichkeiten des Domänenmodells, so wie sie in Quasar Enterprise verwendet werden. Die Verfahrensbausteine von Quasar Enterprise werden dann in dem angedeuteten Durchlauf durch das Architektur-Framework eingesetzt. Hierbei beantwortet jeder einzelne Baustein einzelne lokale Fragestellungen:
Wie genau gestaltet man die einzelnen architektonischen Artefakte wie Domänen, Services oder Komponenten? Wie genau leitet man Artefakte aus anderen Artefakten systematisch ab, beispielsweise eine ideale Domänenstruktur aus Elementen der Geschäftsstrategie und Geschäftsarchitektur?
Der Schwerpunkt von Quasar Enterprise liegt also bei der architektonischen und systematischen Gestaltung von Anwendungslandschaften. Quasar Enterprise geht aber über die einmalige Gestaltung hinaus und gibt auch Richtlinien für die kontinuierliche Weiterentwicklung, d.h. Evolution einer Anwendungslandschaft.
Hierzu schlägt Quasar Enterprise vor, zunächst als architektonisches Fernziel eine Ideal- Anwendungslandschaft festzulegen. Diese dient als Leuchtturm, auf den der Unternehmensarchitekt seine Aktivitäten ausrichtet.
Bei der Weiterentwicklung der Anwendungslandschaft ist es dann wichtig, dass der Architekt eine Balance in zwei Dimensionen herstellt (siehe Abb. 2): Zum einen muss er Anforderungen von Geschäft und IT ausbalancieren. Zum anderen muss er die strategischen Ziele mit den operativen Notwendigkeiten in Einklang bringen. Die strategischen Ziele sind durch das Ideal bereits definiert. Die operativen Notwendigkeiten zielen zumeist auf einen direkten (finanziellen) Nutzen für das derzeitige Geschäft. Text.
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strategische (und primär IT -orientierte ) Entwicklung operative (und primär
geschäftsgetriebene ) Entwicklung
IDEAL Korridor der Balance
IST
Evolution der Anwendungslandschaft
$
Abbildung 2: Korridor der Balance bei einer Weiterentwicklung einer Anwendungslandschaft
3 Danksagung
Dieser Beitrag beruht auf [En08]. Wir danken den Kolleginnen, Kollegen und insbesondere den Ko-Autoren von sd&m für die spannenden und interessanten Diskussionen und Beiträge bei der Erarbeitung von Quasar Enterprise.
Literaturverzeichnis
[En08] Engels, G.; Hess, A,; Humm, B.; Juwig, O.; Lohmann, M.; Richter, J.-P.; Voß, M.;
Willkomm, J.: Quasar Enterprise: Anwendungslandschaften serviceorientiert gestalten, dpunkt.verlag, 2008.
[IAF] Capgemini: Integrated Architecture Framework, www.capgemini.com/iaf.
[Si04] Siedersleben, J.: Moderne Softwarearchitektur: Umsichtig planen, robust bauen mit Quasar. dpunkt.verlag, 2004.
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