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Archiv "Intraabdominale Adhäsionen" (05.11.2010)

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ÜBERSICHTSARBEIT

Intraabdominale Adhäsionen

Definition, Entstehung, Bedeutung in der operativen Medizin und Möglichkeiten der Reduktion Dörthe Brüggmann, Garri Tchartchian, Markus Wallwiener, Karsten Münstedt,

Hans-Rudolf Tinneberg, Andreas Hackethal

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Intraabdominale Adhäsionen treten bei mehr als der Hälfte aller Patienten nach bauchchirurgischen Operationen auf und stellen eine wichtige postoperative Komplikation dar. Sie verbinden normalerweise voneinander ge- trennte Organstrukturen und können durch Dünndarmobstruktionen, chroni- sche Unterbauchschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Infertilität sowie erhöhte Komplikationsraten bei Folgeoperationen weitreichende Konse- quenzen für den betroffenen Patienten haben. Da sie außerdem häufig zu me- dikolegalen Auseinandersetzungen führen, sollte jeder Arzt mit der Entstehung, den Folgen und den Möglichkeiten der Reduktion von Adhäsionen vertraut sein.

Methoden: Selektive Literatursuche in Pubmed und Medline ab 1960. Die Exper- ten-Konsensus-Position der European Society for Gynaecological Surgery wurde miteinbezogen.

Ergebnisse: Die Entstehung von Verwachsungen wird durch Verletzung des Pe- ritoneums ausgelöst, resultiert aus fehlgesteuerten Wundheilungsprozessen und wird durch diverse weitere Faktoren beeinflusst. Präventive Maßnahmen umfassen die Minimierung der peritonealen Traumatisierung durch sorgfältige Einhaltung gängiger chirurgischer Prinzipien, Feuchthalten des Mesothels, Spü- lung des Bauchraums zur Entfernung von Blut und Koageln und minimalen Ein- satz von intraabdominal platzierten Fremdmaterialien.

Schlussfolgerung: Adhäsionen sind als Folge intraabdominaler Operationen un- vermeidlich. Ihre Entstehung kann unter anderem durch sorgfältige chirurgi- sche Prinzipien reduziert werden. Bei Operationen mit hohem Risiko zur Ausbil- dung von Verwachsungen, insbesondere bei adnexchirurgischen und darmchir - urgischen Eingriffen, ist die Verwendung kommerziell erhältlicher Peritonealin- stillate oder von Barrieremethoden zur Adhäsionsreduktion möglich.

►Zitierweise

Brüggmann D, Tchartchian G, Wallwiener M, Münstedt K, Tinneberg H-R, Hackethal A: Intra-abdominal adhesions—definition, origin, significance in surgical practice, and treatment options. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(44):

769–75. DOI: 10.3238/arztebl.2010.0769

I

ntraabdominale Adhäsionen stellen ein großes unge- löstes Problem der operativen Medizin dar (1). Sie treten nach 50 bis 100 Prozent aller bauchchirurgischen Operationen auf und können die Arbeit des chirurgisch tätigen Arztes erheblich erschweren (2). Obwohl Dem- browski bereits im Jahr 1889 erste Daten zur Adhäsi- onsinduktion im Tiermodell veröffentlichte (3) und seitdem weitreichende In-vitro- und In-vivo-Studien durchgeführt wurden, existieren in der Literatur weder eine offizielle Adhäsionsdefinition noch eine anerkann- te standardisierte Klassifikation zur objektiven Eintei- lung von Ausprägung und Schweregrad. Dementspre- chend unpräzise sind oftmals die Studienergebnisse und können daher im Vergleich nur unzureichend inter- pretiert werden. Ebenso fehlen klinisch orientierte Leit- linien bezüglich Diagnosestellung, Therapie und Re- duktionsmöglichkeiten.

Die erheblichen Auswirkungen dieses Krankheitsbil- des für Patienten, Mediziner und Gesundheitssysteme stehen in Kontrast dazu, wie gering Sensibilisierung und Aufklärung unter Ärzten – nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Standardisierung und lückenhaften Da- tenlage – ausgebildet sind. Vor diesem Hintergrund soll es Ziel dieses Artikels sein,

das Bewusstsein klinisch tätiger Ärzte für die Pro- blematik und Konsequenzen von Adhäsionen zu schärfen

einen Überblick über Grundlagen ihrer Pathoge- nese zu bieten

allgemeingültige und leicht umsetzbare Strategien zur Adhäsionsverringerung zu beschreiben und

kommerziell-erhältliche Produkte zur Adhäsions- reduktion vorzustellen.

Material und Methoden

Die Literaturrecherche für diese Übersichtsarbeit wurde mit Hilfe der Datenbank der Arbeitsgruppe der Autoren durchgeführt. Die Datenbank umfasst ab 1960 in pubmed und medline publizierte Artikel und wird monatlich um alle relevanten Artikel zu „adhe- sions“, „intraperitoneal adhesions“, „intraabdominal adhesions“, „adhesion reduction“, „adhesion pro- phylaxis“ und „adhesion formation“ erweitert. Zu- sätzlich enthält die Datenbank Verweisliteratur.

Ebenso wurde die Experten-Konsensus-Position der European Society for Gynecological Surgery berück- sichtigt.

CARE Group (Clinical Adhesion Research and Evaluation Group) Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Justus-Liebig-Universität Gießen: Dr. med. Brüggmann, Prof. Dr. med. Münstedt, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Tinneberg, Dr. med. Hackethal

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Pius Hospitals Oldenburg:

Dr. med. Tchartchian

Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Dr. med. Wallwiener

(2)

Formen von Adhäsionen

Intraabdominale Adhäsionen können angeboren oder erworben sein: Kongenitale Verwachsungen entstehen während der physiologischen Organogenese – wie die häufig beobachteten Verwachsungen des Sigmas zur linken Beckenwand – oder lassen sich auf eine abnor- me Embryonalentwicklung der Abdominalhöhle zu- rückführen. Sie sind meist asymptomatisch und werden als Zufallsbefund diagnostiziert (4).

Bei postmortalen Untersuchungen nicht vorope- rierter Patienten fanden sich bei 28 Prozent der Fälle postinflammatorische Adhäsionen (5). Diese sind durch intraabdominale Entzündungen verursacht oder lassen sich auf Endometriose, Peritonitiden, Radio- therapien oder langjährige Peritonealdialyse zurück- führen (4, 6, 7).

Postoperative Adhäsionen bilden sich bei 50 bis 100 Prozent aller abdominopelviner Eingriffe (2). Ihre Entstehung ist Resultat der Wundheilung und wird durch diverse Faktoren beeinflusst (7) – (Kasten 1).

Das Omentum majus ist postoperativ bei über 80 Prozent aller Patienten Teil intraabdominaler Adhä- sionen, der Darm hingegen nur in zirka 50 Prozent der Fälle (8). Nach gynäkologischer Adnexchirurgie lassen sich ovariale Adhäsionen bei über 90 Prozent der Pa- tientinnen nachweisen (9), was mit der hohen Empfind- lichkeit des Ovarepithels und seiner Nähe zu anderen

peritonealen Oberflächen erklärt wird (10). Als Hochri- sikopatienten für bestehende oder sich postoperativ for- mierende Adhäsionen können daher Patienten mit Ad- nexeingriffen, Endometriosesanierungen, Darmeingrif- fen mit großen Peritonealdefekten sowie alle am Bauch voroperierten Patienten mit vorausgegangener ausge- prägter Adhäsionsbildung definiert werden.

Diagnostik

Intraabdominale Adhäsionen werden überwiegend in- traoperativ diagnostiziert. Neben sorgfältiger Anamne- seerhebung, die den Verdacht auf Verwachsungen er- härten kann, sind alle weiteren klinischen und bildge- benden Untersuchungsmethoden hinsichtlich sicherer Diagnostik insuffizient. Hinweise auf Adhäsionen kön- nen die hochauflösende Sonographie und das funktio- nelle Cine-MRT liefern, die eine eingeschränkte Ver- schiebungsbewegung zwischen verwachsenen Organen detektieren (e11, e12). Beide Methoden sind jedoch nicht im klinischen Alltag etabliert.

Adhäsionsbedingte Krankheitsbilder

Die ab Operationsbeginn entstehenden intraabdomi- nalen Adhäsionen können noch in darauffolgenden Jahrzehnten Komplikationen verursachen (8, 11). Die Symptome der Patienten umfassen Meteorismus, Stuhlunregelmäßigkeiten, chronische Bauchschmer- zen, Verdauungsbeschwerden, ungewollte Kinderlo- sigkeit sowie Darmverschlüsse und werden häufig nicht mit der zugrunde liegenden Ursache assoziiert (12). Im Gegensatz zu den meist asymptomatischen angeborenen oder postinflammatorischen Adhäsionen verursachen postoperative Verwachsungen, 40 Pro- zent aller Darmobstruktionen. Neben Dickdarmsteno- sierungen, die selten durch Verwachsungen sondern vor allem durch Malignome hervorgerufen werden, führen Adhäsionen zu 65 bis 75 Prozent der Dünn- darmverschlüsse – die ernsthafteste adhäsionsbeding- te Komplikation (8). Insbesondere Kolektomien mit großflächiger peritonealer Verletzung sind mit einem kumulativen Risiko von 11 Prozent behaftet, inner- halb des ersten postoperativen Jahres zu einem Ileus zu führen (13).

Bei 15 bis 20 Prozent aller von sekundärer Infertili- tät betroffenen Frauen sind Verwachsungen für dieses Krankheitsbild verantwortlich (14). Paraovariale, peri- tubare Adhäsionen können zum Follikeleinschluss, ver- minderter Tubenbeweglichkeit sowie mechanischer Blockade der Eileiter führen. Dadurch kann der Oozy- tentransport einschränkt sein und das Risiko der Ex- trauteringravidität ist erhöht (14, 15).

Chronische Unterbauchschmerzen sind für die Be- troffenen mit einer erheblichen Einschränkung der Le- bensqualität verbunden und bilden so die Indikation für 30 bis 50 Prozent aller Laparoskopien und 5 Prozent der Hysterektomien (16). DiZerega konnte in seiner Übersichtsarbeit von 11 Studien zeigen, dass in nur 40 Prozent der operierten Patientinnen Adhäsionen den chronischen Unterbauchschmerz verursachten (17). In 25 Prozent der Fälle blieb der Auslöser unklar. Dement- KASTEN 1

Übersicht über Faktoren mit Einfluss auf die Entstehung von Adhäsionen*

1

Komplexität der Operation (e1)

Ausmaß des Peritonealtraumas (e2, e3)

Vorerkrankungen (z. B. Diabetes) (4)

schlechter Ernährungszustand (4)

intraabdominale Fremdkörperplatzierung (z. B. Netze) (4)

Übermassige Koagulation mit Gewebsnekrose (e4)

begleitende bakterielle Entzündung (4)

Laparoskopie

– Austrocknung durch hohen Insufflationsdruck und Kompression des Kapillarflusses (e5, e6)

Laparoskopie

– Austrocknung durch trockenes Gas (e7)

Laparoskopie

– mesotheliale Hypoxie durch CO2 (e8)

Laparotomie

– Austrocknung durch Licht- und Hitzeeinfluss (e4)

Laparotomie

– Exposition gegenüber Fremdmaterial (z. B. Hand- schuhpuder) (e9, e10)

Laparotomie

– mesotheliale Austrocknung und Abrasion durch tro- ckene Bauchtücher (e2, e3)

*1 die Ziffern in Klammern beziehen sich auf die Literaturstellen

(3)

sprechend schwierig bleibt die Beratung der Betroffe- nen, ob eine Operation tatsächlich zur Diagnose führen und im Rahmen einer laparotomischen oder laparosko- pischen Adhäsiolyse eine Linderung der Beschwerden resultieren kann. In der prospektiven Studie von Keltz et al. wurde nach rechtsseitiger parakolischer Adhäsio- lyse eine signifikante Reduktion chronischer Bauch- schmerzen beobachtet (18). Swank et al. beobachteten hingegen nach laparoskopischer Adhäsiolyse von nicht-darmstrikturierenden Adhäsionen keine Verbes- serung der Schmerzsymptomatik (19).

Bei voroperierten Patienten sollte immer eine einge- hende schriftliche Aufklärung über Adhäsiolyse und deren mögliche Komplikationen erfolgen. Die Verlän- gerung der Operations- und Narkosezeit, der erhöhte Blutverlust sowie ein signifikant gesteigertes Verlet- zungsrisiko von Omentum, Blase, Ureter und Gefäßen sollte angesprochen werden (20). Bei 20 Prozent der Re-Operationen kommt es zur Enterotomie – oftmals verbunden mit verschlechtertem Patientenoutcome und verlängerter Hospitalisation (20). Insbesondere bei vor- bekannten, ausgedehnten intraabdominalen Adhäsio- nen sollte jede weitere Operationsindikation sorgfältig überdacht werden, da es mit einer bis zu 85-prozenti- gen Wahrscheinlichkeit zu einer Reformation oder De- novo-Formation von Verwachsungen kommt (21). In diesen Fällen kann außerdem die Durchführung mini- mal invasiver Operationstechniken erschwert oder un- möglich sein (20, e2). Die verwachsungsbedingten Ver- änderungen der pelvinen Anatomie können außerdem Folgendes ferner erschweren oder behindern:

die ultrasonographische Diagnostik

eine Oozytengewinnung im Rahmen einer IVF- Behandlung

die Durchführung einer intraperitonealen Chemo- therapie oder einer Peritonealdialyse (6, 7, e2).

Pathogenese

Da intraabdominale Adhäsionen als Resultat fehl - gesteuerter peritonealer Wundheilungsprozesse entste- hen, kann jede Mesothelverletzung durch chirurgische Traumata oder bakterielle Entzündung zur Adhäsions- bildung führen (22). Infolge von Verletzungen des Peritoneums kommt es zu kapillären Blutungen und Steigerung der vaskulären Permeabilität mit konsekuti- ver Fibrinogenexsudation (6, 22, e2). Nach Spaltung des Fibrinogens zu Fibrin und seiner Verbindung mit Fibronektin wird der Defekt verschlossen und ein tem- porärer Wundgrund gebildet (22, e13). Innerhalb der nächsten 72 Stunden kommt es durch endogene Fibri- nolyseaktivität der Mesothelzellen zum Abbau dieser Fibrindepositionen und damit zur vollständigen Wie- derherstellung (e15).

Eine Schlüsselrolle in der Adhäsionsentstehung wird der pathologischen Reduktion der peritonealen Fibrino- lysekapazität zugeschrieben (e16). Sie kann aus Zerstö- rung von Mesothelien, ihrer insuffizienten Blutversor- gung sowie vermehrter Synthese von Fibrinolysege- genspielern nach Trauma, bei Hypoxie, Radikalbildung sowie bakterieller Infektion resultieren (22, e14, e16–e18). Aus der persistierenden Fibrinmatrix entsteht dann im Zuge sich anschließender Organisationspro-

GRAFIK Überblick zu patho-

physiologischen Zusammenhängen und mutmaßlichen in der Entstehung von Adhäsionen in- volvierten Faktoren (modifiziert nach e16).

(4)

zesse eine mesothelialisierte und durch Bindegewebe stabilisierte Gewebestruktur, die Arteriolen, Venolen, Kapillaren sowie Nervenfasern enthalten kann (e14).

Einen Überblick zu identifizierten pathophysiologi- schen Zusammenhängen und mutmaßlich in die Entste- hung von Adhäsionen involvierten Faktoren bieten Grafik, Tabelle und eKasten.

Prävention von postoperativen Verwachsungen

Aus den pathohysiologischen Grundlagen der Adhäsi- onsentstehung lassen sich Strategien zur Adhäsionsre- duktion ableiten (Kasten 2).

Die Serosaverletzung sowie die Verwendung von in- traabdominalen Fremdkörpern sollten auf ein Mini- mum beschränkt werden (4). Blut und Koagel bilden in Verbindung mit einer Peritonealverletzung einen poten- zierenden Faktor, da zusätzliches Fibrin durch die fibri- nolytische Aktivität des Peritoneums abgebaut werden muss (e24). Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, vor dem Bauchdeckenverschluss auf eine sorgfältige – jedoch keine übermäßige und Nekrosen verursachende – Blutstillung zu achten und Spülungen mit warmer Kochsalz- oder Ringerlösung durchzuführen. Ob es bei

der Laparoskopie im Vergleich zum laparotomischen Zugang zu weniger De-novo- und Re-Formation von Adhäsionen kommt, wird in der Literatur kontrovers diskutiert (8, e26). Eine verminderte Adhäsionsentste- hung bei Laparoskopie könnte durch Reduzierung des Peritonealtraumas infolge präziserer Präparation bei lu- penoptischer Vergrößerung bedingt sein (e3). Ferner sind die Kontamination der Abdominalhöhle und ver- wachsungspotenzierende Fremdkörperreaktionen redu- ziert (e9). Weitere Vorteile umfassen eine minimierte Inzidenz postoperativer Infektionen und eine Tampona- dewirkung des aufgebauten Pneumoperitoneums bei Blutungen. Nachteile birgt das mit langer laparoskopi- scher Operationsdauer und hohem Insufflationsdruck verbundene Risiko einer Mesothelverletzung, was durch Verwendung von befeuchteten und angewärmten Gasen reduziert werden kann (e25). Hinsichtlich der Adhäsionsentstehung scheint der minimalinvasive Zu- gang durch natürliche Körperöffnungen (NOTES) dem laparoskopischen und laparotomischen noch überlegen zu sein. In der Studie von Dubcenco waren Anzahl und Schwere der Verwachsungsausbildung in der Versuchs- tiergruppe, die mittels oral-gastralem Zugang endosko- piert wurden, am geringsten (e27 ).

Im Hochrisikokollektiv kann abhängig vom Ausmaß und der Lokalisation der Mesotheldefekte die Anwen- dung von adhäsionsreduzierenden Adjuvanzien erwo- gen werden. Eine Auswahl der geläufigen, kommerziell erhältlichen und in Deutschland zugelassenen Adjuvan- zien zur Adhäsionsreduktion umfasst unter anderem:

befeuchtete und angewärmte Insufflationsgase zur Laparoskopie

medikamentöse Agenzien

Kolloide und kristalloide Lösungen sowie

Separatoren bestehend aus Flüssigkeiten zur Peri- tonealinstillation sowie lokalspezifische mechani- sche Barrieren.

Medikamentöse Therapieversuche beinhalten lokal und systemisch applizierte antiinflammatorische Agen- zien, Fibrinolytika oder antibiotische Lösungen. Ferner wurden Kolloide (Dextrane) und kristalloide Lösungen (Ringerlactat oder Kochsalz) allein oder mit Kortiko- steroid- oder Heparinzusatz zum Separieren von perito- nealen Oberflächen eingesetzt. Ein eindeutiger adhäsi- onsreduzierender Nutzen dieser Substanzen konnte in keiner klinischen Studie nachgewiesen werden (25).

Das 4-prozentige Glukosepolymer Icodextrin ist ein adhäsionspräventives Peritonealinstillat. Neben der in- traoperativen Benetzung peritonealer Oberflächen wird es in die Abdominalhöhle instilliert (e28). Durch seine osmotische Aktivität soll es Flüssigkeit für drei bis vier Tage in der Peritonealhöhle zurückhalten und eine Separierung von Organen und verletzten Peritone- alflächen bis zur renalen Eliminierung des Agens be- wirken. Randomisierte, doppeltverblindete Multicen- terstudien bestätigten die adhäsionsreduzierenden Ei- genschaften von Icodextrin nach operativen Eingriffen.

Der Vergleich zwischen Icodextrin und Ringer-Laktat erbrachte eine Reduktion der Adhäsionsausbildung hinsichtlich Inzidenz (52 versus 32 %), Ausmaß (52 TABELLE

Übersicht über die wichtigsten Faktoren, die die fibrinolytische Fähigkeit des Mesothels beeinflussen

Faktor

Urokinase like plasminogen activator (uPA)

Tissue plasminogen activator (tPA)

Matrixmetalloproteasen (MMP) Tissue-derived Inhibitors (TIMP) Plasminogen-Aktivator- Inhibitoren (PAI 1/2) mechanische Mesothel- zerstörung

mesotheliale Ischämie Hypoxie

Radikalbildung

bakterielle Lipopolysaccheride Interleukine (z. B. IL-1, IL-6) Neurokinin-1-Rezeptor (NK-1) Substanz P (SP)

Tumor Nekrosefaktor α (TNFα) transforming growth factor β (TGFβ)

intrazelluläres Adhäsions- molekül (ICAM 1) vaskuläres Cell Adhäsions- Molekül (VCAM)

Fibrinoly- seaktivität

Quelle (e15) (e15)

(6) (6) (e14, e19) (e16)

(e16) (e18, e20) (e18) (e18, e21) (18) (e20) (e16, e20) (e17, e22) (e17, e23) (4, e17) (4, e17)

(5)

versus 47 %) und Schwere (65 versus 37 %.) Eine kli- nische Verbesserung konnte bei 49 % der Patienten nach Icodextrin-Behandlung gegenüber 38 % nach Ringer-Laktat-Behandlung beobachtet werden (e28–e30).

Daten des europäischen Registers zur Icodextrin- Anwendung (ARIEL) belegen eine hohe Anwender- freundlichkeit bei gleichzeitig hoher Patientensicher- heit. Als Komplikationen wurden septische und ent- zündliche Zustände sowie Anastomoseninsuffizienzen und Labienschwellungen nach Icodextrin-Instillation beschrieben (e31).

Quervernetzte Hyaluronsäureester bilden ein viskö- ses Gel, das nach abdominopelviner Chirurgie auf ver- letzte Peritonealoberflächen aufgebracht wird, um de- ren Separation während des Heilungsprozesses zu un- terstützen. Zum adhäsionspräventiven Effektivität von Hyaluronsäureestern wurden bisher nur wenige Studien durchgeführt. In einem Kollektiv von 52 Patienten konnte im Rahmen einer randomisierten Multicenter- studie eine Reduktion entstehender Adhäsionen durch Anwendung von Hyaluronsäuregel nach laparoskopi- scher Myomenukleation nachgewiesen werden. Nach der Behandlung waren 62 % gegenüber 41 % der nicht- behandelten Patienten adhäsionsfrei. Die Differenz der Schwere intraperitonealer Adhäsionen zwischen Erst- operation und Nachoperation konnte statistisch signifi- kant gesenkt werden (0.3 ± 0.9 versus 0.8 ± 1.0, p<

0.05) (e32). Darüber hinaus dokumentierten Pellicano et al. eine Erhöhung der Schwangerschaftsrate infertiler Patientinnen 12 Monate nach laparoskopischer Myo- menukleation und Gelanwendung von 77,8 % versus 38,8 % (e33).

Carboxymethylzellulose (CMC) und Polyethylen- oxid (PEO) bilden eine gelige absorbierbare Adhäsi- onsbarriere. In einer randomisierten Studie wurden 37 Hochrisikopatienten im Rahmen einer laparoskopi- schen Endometriosesanierung mit CMC/PEO-Barriere versorgt. In der Folge-Laparoskopie konnte ein signifi- kanter adhäsionsreduzierender Effekt anhand des Ame-

rican Fertility Society-Scores mit Abnahme von 8.4 ± 3 auf 6.2 ± 2 dokumentiert werden. In der nichtbehandel- ten Kontrollgruppe kam es zur gesteigerten Adhäsions- ausbildung und damit zur Zunahme des Scores von 10 ± 2.5 auf 14 ± 3 (e34).

Eine aus Hyaloronsäure und Carboxymethylzellulo- se bestehende Barrieremembran kann Peritonealober- flächen für ungefähr sieben Tage separieren (10). Auf- grund der hohen Fragilität kommt die Membran vor al- lem bei Laparotomien zum Einsatz (e35). Die Effekti- vität in der Reduzierung intraabdominaler Adhäsionen nach Myomenukleationen und Kolektomien wurde in mehreren randomisierten Studien untersucht. Bezogen auf die gynäkologischen Daten wird in der Chochrane Analyse von Ahmad et al. angemerkt, dass die positi- ven Daten von Diamond et al. (e35) wegen statistischer Mängel mit Vorsicht zu interpretieren seien (24). Die Verwendung der Barrieremembran beim Bauchdecken- verschluss nach Kolektomie und Ileum-Pouchanlage zeigte bei Kontroll-Laparoskopie nach acht bis zwölf Wochen, dass 51 % behandelter Patienten im Gegen- satz zu 6 % der Kontrollgruppe im Bereich der Laparo- tomienarbe adhäsionsfrei waren (e36, e37). Die Mem- bran wurde als einziges Agens hinsichtlich Prävention des adhäsionsbedingten Dünndarmverschlusses nach Darmresektion untersucht. In der Multicenterstudie von Fazio et al. (e38) kam es zu einer 1,6-prozentigen absoluten und 47-prozentigen relativen Verminderung dieser Komplikation nach Barriereanwendung. Hier muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich durch Applikation der Membran auf der Anastomo- sennaht die Gefahr der Anastomoseninsuffizienz er- höhte (e38).

Eine sprühbare Adhäsionsbarriere stellt ein aus zwei Polyethylenglycolen bestehendes Komponentensystem dar, das mit Hilfe eines Applikators auf verletzte Sero- saflächen aufgetragen wird, um diese für 7 bis 14 Tage zu versiegeln. Erste klinische Pilotstudien zeigten einen adhäsionspräventiven Nutzen dieses Sprays, der jedoch KASTEN 2

Praxishinweise – allgemeine Strategien zur Adhäsionsreduktion*

1

Bevorzugung gewebeschonender und mikroinvasiver Operationstechniken

Minimierung der Operationsdauer sowie von Hitze- und Lichteinfluss

Vermeidung peritonealer Traumatisierung durch überflüssige Berührung und Koagulation

limitierte Platzierung intraabdominaler Fremdkörper wie Patches, Netze oder Nahtmaterialien

Verwendung feuchter Bauchtücher und Tupfer und gelegentlicher Applikation von Kochsalzlösung zur Minimierung der Aus- trocknung von mesothelialen Oberflächen

Spülung des Bauchraumes zur Entfernung zurückgebliebener intraabdominaler Blutdepots

Reduktion des Infektionsrisikos durch steriles Arbeiten und gegebenenfalls Gabe von Antibiotika

im Rahmen einer Laparotomie bevorzugte Verwendung latex- und puderfreier Handschuhe

im Rahmen einer Laparoskopie Verwendung befeuchteten Gases mit angemessen niedrigem Insufflationsdruck

im Hochrisikokollektiv Verwendung von Barrieremethoden oder Peritonealinstillaten nach entsprechender Aufklärung

*1 modifiziert nach (4, 23, e3, e9, e24, e25)

(6)

in weiteren, größer angelegten Folgeuntersuchungen nicht bestätigt werden konnte (e39, 23). Bei Evaluation des Nachfolgeprodukts am porcinen Modell konnte ei- ne Reduktion von Anzahl (um 46 %) und Fläche (um 83 %) der ausgebildeten Adhäsionen belegt werden (e40).

Oxidierte regenerierte Zellulose kann als resorbier- bare Membran nach sorgfältiger Hämostase auf Wund- flächen aufgebracht werden. Die Befeuchtung der Membran verbessert die Haftung und separiert physi- kalisch Gewebe bis zur Resorption nach vier Wochen.

Ahmad et al. schlussfolgern in ihrer Cochrane-Analyse, dass oxidierte regenerierte Zellulose zu einer Reduzie- rung des Auftretens pelviner Adhäsionen nach gynäko- logischer Laparotomie und Laparoskopie führt (24).

Allerdings wird dazu geraten, dass dieses Ergebnis mit Vorsicht interpretiert werden soll.

Ausblick

Da die operative Therapie von Adhäsionen mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Induktion neuer Ver- wachsungen begleitet wird, sollte die Adhäsions - reduktion oder -prävention vorrangiges Ziel jedes Operateurs sein. Vor diesem Hintergrund wurde am Universitätsklinikum Gießen die „Clinical Adhesion Research and Evaluation Group“ (CARE Group) ge- gründet. Das Ziel dieser interdisziplinären Gruppe ist die Optimierung der Patientenversorgung durch Inte- gration aktueller Strategien zur Adhäsionsreduktion in den klinischen Alltag sowie Erforschung weiterer adhäsionsreduzierender Maßnahmen. Die hier vorge- stellten Allgemeinmaßnahmen sind leicht umsetzbar und umfassen die Minimierung einer peritonealen Traumatisierung durch sorgfältige die Einhaltung gängiger chirurgischer Prinzipien, Feuchthalten des

Mesothels, minimierten Einsatz intraabdominaler Fremdmaterialien sowie Spülung des Bauchraumes zur Entfernung von Blut und Koageln. Adhäsionsre- duzierende Agenzien unterscheiden sich nach Indika- tion und Operationsgebiet teilweise erheblich. Bei Hochrisikopatienten ist ihr Einsatz zusätzlich emp- fehlenswert.

Eine limitierte Studienanzahl, kleine Patientenzah- len, die multifaktorielle Beeinflussung der Adhäsions- entstehung und Fehlen einer standardisierten Adhäsi- onsklassifikation erschwert eine umfassende Interpre- tation der teilweise kontroversen Studienlage zu adhä- sionsreduzierenden Adjuvanzien. Im klinischen Alltag resultiert daraus Skepsis und geringe Akzeptanz der ad- häsionsreduzierenden Produkte. Darüber hinaus ist ihre Applikation aufgrund fehlender Vergütung im DRG- System oftmals nur schwer zu bewerkstelligen. Für die Zukunft sollten daher weitere hochwertige Studien ge- fordert werden.

Danksagung

Für die Hilfe bei der Skripterstellung und Durchsicht bedanken die Autoren sich bei Prof. Dr. Dr. h. c. Rudy Leon DeWilde, Pius Hospital Oldenburg und Mitglied der Expert Adhesions Working Party of the European Society of Gynaecological Endoscopy (ESGE).

Interessenkonflikt

Prof. Tinneberg erhielt Reisekostenunterstützung und Honorare für Vorträge von Baxter. Dr. Hackethal erhielt Reisegeld von Baxter und hat Beraterverträge mit NordicPharma und Fischer&Paykel. Dr. Tchartchian hat einen Beraterver- trag mit der Firma Covidien und erhielt von dieser auch Reisegeld.

Dr. Brüggmann, Dr. Wallwiener und Prof. Münstedt, erklären, dass kein Interes- senkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

Manuskript eingereicht: 10. 8. 2009, revidierte Fassung angenommen:

8. 12. 2009

LITERATUR

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KERNAUSSAGEN

Adhäsionen resultieren aus peritonealem Trauma und fehlgesteuerten Wundheilungsprozessen und können sich daher nach jeder intraabdominalen Operation for- mieren.

Bei 50 bis 100 Prozent der voroperierten Patienten muss mit intraperitonealen Adhäsionen gerechnet wer-

den. Vor allem bei voroperierten Patienten kann es jederzeit zum Auftreten adhäsionsbedingter Komplikationen kom- men.

Bei jeder präoperativen Aufklärung muss das Risiko der Adhäsionsentstehung und der damit verbundenen Risi- ken schriftlich dokumentiert werden.

Allgemeine Strategien zur Adhäsionsprävention sollten in den klinischen Alltag integriert werden. Der Einsatz kommerziell erhältlicher Peritonealinstillate oder Barrie- remethoden ist insbesondere bei Patienten mit hohem Risiko zur Adhäsionsbildung empfehlenswert.

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Anschrift für die Verfasser Dr. med. Andreas Hackethal Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Justus-Liebig-Universität Gießen Klinikstraße 32, 35385 Gießen

E-Mail: andreas.hackethal@gyn.med.uni-giessen.de

SUMMARY

Intra-abdominal Adhesions—Definition, Origin, Significance in Surgical Practice, and Treatment Options

Background: Intra-abdominal adhesions arise after more than 50% of all abdominal operations and are an important source of postoperative complications. They attach normally separated organs to each other and can cause major problems for the affected patients by giving rise to small bowel obstruction, chronic pelvic pain, dyspareunia, infertility, and higher complication rates in subsequent operations. They are also a fre- quent source of medicolegal conflict. Thus, every physician should be familiar with their mechanism of origin, their consequences, and the methods by which they can be prevented.

Methods: A selective PubMed/Medline search from 1960 onward as well as articles to which these publications referred. The expert consen- sus position of the European Society for Gynaecological Surgery is also taken into consideration.

Results: Adhesions arise through aberrant wound healing after peritone- al injury with further influence from a variety of other factors. Preventive measures include minimizing peritoneal injury intraoperatively through the meticulous observance of basic surgical principles, moistening the mesothelium to keep it from drying out, irrigating the peritoneal cavity to remove blood and clot, and keeping the use of intra-abdominal for - eign material to a minimum.

Conclusion: Adhesions are an inevitable consequence of intra-abdomi- nal surgery. They can be prevented to some extent with meticulous sur- gical technique and certain other measures. For operations carrying a high risk of postoperative adhesions, e.g., surgery on the adnexa or bowel, commercially available peritoneal instillates or barrier methods can be used to limit adhesion formation.

Zitierweise

Brüggmann D, Tchartchian G, Wallwiener M, Münstedt K, Tinneberg H-R, Hackethal A: Intra-abdominal adhesions—definition, origin, significance in surgical practice, and treatment options. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(44):

769–75. DOI: 10.3238/arztebl.2010.0769

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit4410

The English version of this article is available online:

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www.aerzteblatt.de/10m0769

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ÜBERSICHTSARBEIT

Intraabdominale Adhäsionen

Definition, Entstehung, Bedeutung in der operativen Medizin und Möglichkeiten der Reduktion Dörthe Brüggmann, Garri Tchartchian, Markus Wallwiener, Karsten Münstedt,

Hans-Rudolf Tinneberg, Andreas Hackethal

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(10)

eKASTEN

Ergänzung zur Pathogenese

Chirurgische Traumata als Kombination aus Schneiden, Koagulation und durch Druck erzeugter Ischämie – insbesondere zu straffes Knoten – können eine Schädigung des Peritoneums hervorrufen (22, e2). Ebenso resultiert aus bakteriellen Entzün- dungsprozessen, infolge Berührung, durch starkes Operationslicht oder Verwendung trockener Tücher eine Mesothelverlet- zung (22). Aus freiliegenden Kapillaren des lokalen Defekts tritt Blut mit entsprechenden Komplement- und Koagulationsfakto- ren aus. Ortständige peritoneale Makrophagen und Mesothelzellen beginnen, proinflammatorische Zytokine, Histamin, Prosta- glandine und Kinine zu sezernieren, was in einer potenzierten Einwanderung weiterer Entzündungszellen, Steigerung der vas- kulären Permeabilität und konsekutiver Fibrinogenexsudation mündet (6, 22, e2). Durch aktivierte Komplement- und Koagualti- onskaskaden wird Thrombin gebildet und spaltet Fibrinogen zu Fibrin, was sich mit Fibronektin des peritonealen Bindegewe- bes zu einem temporären Wundgrund verbindet, in den Peritonealzellen und Fibroblasten einwandern (22, e13, e14). Inner- halb der sich anschließenden 72 Stunden beginnen Mesothelien mit der lokalen Fibrinolyse. Diese physiologische fibrinolyti- sche Aktivität basiert auf der Synthese von Urokinase-like-Plasminogen-Aktivator (u-PA) und Tissue-Plasminogen-Aktivator (t-PA), die Plasmin als lokale Protease mit breiter Substratspezifität aus Plasminogen freisetzen (e15, e16). Plasmin degradiert Fibrin- polymere, Bestandteile der extrazellulären Matrix und Basalmembran und aktiviert andere Proteasen, wie zum Beispiel Matrix- Metallo-Proteinasen (6). Aus diesem Abbau von Fibrindepositionen resultiert dann die vollständige Ausheilung (e15).

Eine Schlüsselrolle in der Adhäsionsentstehung nimmt die pathologische Reduktion der peritonealen Fibrinolysekapazität ein (e16). Diese resultiert aus:

einer reduzierten Freisetzung von Plasminogenaktivatoren infolge Verlust von Mesothelien oder ihrer insuffizienten Blutversorgung (e16) sowie

einer Aktivitätsverminderung von Plasminogenaktivatoren durch lokale und systemische Erhöhung von Proteasegegen - spielern, den Plasminogen-Aktivatoren-Inhibitoren PAI 1 und 2, nach chirurgischem Trauma (e14).

Wie In-vitro- und In-vivo-Studien auf molekularem Level zeigten, basiert diese Dysbalance zwischen Plasminogenaktivatoren und Proteasengegenspielern auf einer vermehrten Expression von Inflammationsmediatoren (zum Beispiel Substanz-P) – insbeson- dere von Zytokinen (zum Beispiel Tumor Necrosis Factor-alpha), Wachstumsfaktoren (zum Beispiel Transforming Growth Factor- beta) und Adhäsionsmolekülen (Intercellular Adhesion Molecule-1 und Vascular Adhesion Molecule-1) (25, e4, e5).

ÜBERSICHTSARBEIT

Intraabdominale Adhäsionen

Definition, Entstehung, Bedeutung in der operativen Medizin und Möglichkeiten der Reduktion Dörthe Brüggmann, Garri Tchartchian, Markus Wallwiener, Karsten Münstedt,

Hans-Rudolf Tinneberg, Andreas Hackethal

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