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Einsatz der sportpsychologie in Australien

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EDITORIAL

Jahrgang 60, Nr. 4 (2009) DEuTschE ZEITschRIfT füR spORTmEDIZIN 83

Einsatz der sportpsychologie in Australien

D

ie Erfolge ihrer Athleten im Wettkampf erfüllen jede sportbe- geisterte Nation mit Stolz. Je besser Athleten betreut werden, desto bessere Chancen haben sie, Erfolge zu erzielen. Doch Mus- kelkraft und Ausdauer allein machen noch keine Siegertypen. Was brauchen Athleten, die ihr Leben dem Sport verschrieben haben, um erfolgreich zu sein? Und welche Nation hat das beste Modell für ihre Hochleistungssportler?

Mit der räumlichen Distanz verändert sich der Blick auf die deutsche Sportlandschaft. Seit zwei Jahren lebe und arbeite ich in Australien. Dabei konnte ich viel über die Sichtweise und Begeiste- rung der Australier für Sport und Sportereignisse erfahren und ler- nen. So war die Berichterstattung z.B. über die Olympischen Spiele 2008 in Peking überwiegend den australischen Sportlern gewidmet.

Sämtliche Fernsehkanäle übertrugen die Spiele mit dem Focus auf ihre Landsleute. Das verdeutlicht auch den Stolz der Australier und ihre Unterstützung für ihre Leistungsträger im Sport. Es scheint da- her keine Überraschung zu sein, dass Sportler in Australien eine allumfassende Betreuung erhalten.

In einem Land, wo Sport auch im Alltag der Menschen eine große Rolle spielt, gehört die sportpsychologische Betreuung von Athleten selbstverständlich zur Tagesordnung. Am Australian In- stitute of Sport (AIS) in Canberra, sowie den Landesinstituten und Sportakademien (SIS/SAS-Netzwerk; State Institute oder Acade- mies of Sport) ist die Zusammenarbeit der Trainer, Athleten und Sportverbände mit Sportpsychologen fester Bestandteil der Athle- tenbetreuung. Die Struktur des SIS/SAS-Netzwerks ist im Ansatz mit der sportpsychologischen Betreuung an den Olympiastütz- punkten, den Betreuungsprojekten, die von den Spitzenverbänden im Rahmen der sportpsychologischen Betreuung der sogenannten TOP-Teams über den DOSB/zks (Zentrale Koordinierungsstelle Sportpsychologie des DOSB) koordiniert sowie den wissenschaft- lichen Betreuungsprojekten des Bundesinstituts für Sportwis- senschaft vergleichbar. Beide Betreuungssysteme haben das Ziel, Athleten bestmöglich vorzubereiten und im Idealfall „Sieger“ her- vorzubringen.

Der Wunsch nach so genannten „Siegertypen“ wird häufig von Trainern geäußert, die um die psychologische Komponente wissen, die Gegner schon alleine durch das selbstbewusste verbale und nonverbale Auftreten zu beeindrucken („Erscheinungsbild beim Betreten der Wettkampfstätte“). Diese, auch nach außen kommuni- zierte deutliche „Mentale Stärke“ des Athleten (im Englischen noch ausdrucksstärker als „Mental Toughness“ bezeichnet (1,2,3,4), wird in Australien zunehmend in die Betreuung von Athleten integriert.

Wie Mallet, Hanrahan und Kellmann (5) ausführen, findet die Unterstützung des AIS/SIS/SAS-Netzwerkes in drei Bereichen statt: (a) Leistungsoptimierung (Performance enhancement), (b) Laufbahnberatung (athlete career and education), und (c) Klinisch relevante Themen (clinical issues). Wie in Deutschland auch, liegt das Hauptaugenmerk australischer Sportpsychologen im Bereich der Leistungsoptimierung durch mentale Fertigkeiten sowie Betreuung im Vorfeld der Wettkämpfe. Während die meisten Sport- psychologen auf Berater- und Honorarbasis beschäftigt werden, sind einige Sportpsychologen integraler Bestandteil eines Teams

einer bestimmten Sportart (z.B. Basketball), wodurch sie Trainer und Athleten regelmä- ßige Unterstützung anbieten können. Insbesondere Trainer, deren Athleten mit Leistungs- bezogenen Problemen zu kämpfen haben und Trainer, die ihre eigenen Fertigkeiten im Umgang mit solchen Pro- blemen verbessern möchten, nutzen dieses Angebot.

Ein weiterer Aufgabenbe- reich der Sportpsychologen in Australien ist die Laufbahnbe- ratung zur Unterstützung der Athleten bei der persönlichen und beruflichen Lebensgestal-

tung nach der sportlichen Karriere. Ein besonderer Nutzen ergibt sich durch die gut entwickelten Karriere- und Bildungsprogramme innerhalb des AIS/SIS/SAS-Netzwerkes für Athleten.

Während die beschriebenen Komponenten mit der deutschen Vorangehensweise vergleichbar sind, liegt ein struktureller und substantieller Unterschied darin, dass australische Sportpsycho- logen zur Krisenintervention voll akkreditiert zu internationalen Wettkämpfen mitfahren. Bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen ist dies zwar nicht in jeder Sportart möglich bzw. sinnvoll (auch die australischen Akkreditierungen sind begrenzt), jedoch fa- hren durch das AIS entsendete voll akkreditierte Sportpsychologen zur Krisenintervention der „Clinical issues“ (z.B. bei Verletzungen, Verpassen von Qualifikationen oder schlechten Leistungen) mit, um diese mitunter für einige Athleten traumatischen Erlebnisse akut bearbeiten zu können. Somit steht bei der Vorort Betreuung nicht der Gesichtspunkt der Leistungsoptimierung, sondern der Krisenbewältigung im Vordergrund. Übrigens auch ein Ansatz, den das United States Olympic Committe seit vielen Jahren teilt und der deutschen Athleten nicht vorenthalten werden sollte.

Michael Kellmann, Brisbane

1. Gucciardi D, Gordon S., Dimmock, JA: Towards an understanding of mental toughness in Australian football. J Appl. Sport Psych, 20 (2008) 261-281.

2. Connaughton D, Wadey R., Hanton S., Jones G: The development and maintenance of mental toughness: perceptions of elite performers.

J Sport Sci, 26 (2008) 83-95.

3. Gucciardi DF, Gordon S: Personal construct psychology and the research interview: The example of mental toughness in sport. Personal Construct Theory & Practice, 5 (2008) 119-130.

4. Nicholls AR, Polman R, Levy, AR, Backhouse SH: Mental toughness, optimism, pessimism, and coping among athletes. Personality and Individual Differences, 44 (2008), 1182-1192.

5. Mallett C, Hanrahan S, Kellmann M: Sportpsychologie in Australien: Forschung, Praxis und Ausbildung. Z f Sportpsychologie, 14 (2008) 129-133.

Dr. michael Kellmann

Schools of Human Movemant Studies and Psychology

The University of Queensland, Australia

Application of Sport Psychology in Australia

Referenzen

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