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Archiv "Diagnose und Therapie der tief-infiltrierenden Endometriose" (25.06.2010)

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(1)

Diagnose und Therapie der

tief-infiltrierenden Endometriose

Gülden Halis, Sylvia Mechsner, Andreas D. Ebert

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Endometriose und Adenomyosis uteri sind nach den Uterusmyomen die häufigsten gutartigen Erkran- kungen junger Mädchen und Frauen. Die geschätzte Prä- valenz liegt bei 5 bis 15 Prozent. Im letzten Jahrzehnt hat es in der Diagnostik und dem Verständnis der Erkrankung zahlreiche Fortschritte gegeben. Die Therapie und die Ver- ankerung der Symptomatik im Bewusstsein der betroffe- nen Frauen und der behandelnden Ärzte werden stetig verbessert.

Methoden: Selektive Literaturrecherche in der Cochrane Data Base und der Literaturdatenbank Pubmed (unter an- derem Verwendung der Schlüsselwörter „endometriosis“,

„deep infiltrating endometriosis“, „endometriosis AND diagnostics“, „endometriosis AND surgical therapy“,

„endometriosis AND endocine treatment“) und Verwen- dung der AWMF-Leitlinie sowie der ESHRE guidelines.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Hauptsymptome sind Dysmenorrhö, Blutungsstörungen, Infertilität, Dysurie, Schmerzen beim Stuhlgang (Dyschezie), zyklusabhängige oder (später) zyklusunabhängige Unterbauchschmerzen, unspezifische zyklusassoziierte gastrointestinale oder uro- genitale Symptome. Vor allem bei jüngeren, prämenopau- salen Frauen können zyklusassoziierte Probleme bei der Miktion und/oder beim Stuhlgang durch eine Endometrio- se verursacht werden. Wichtig ist, an Endometriose zu denken und auf Hinweise in Anamnese, Untersuchung und Ultraschall zu achten. Sollte sich die Endometriose histolo- gisch bestätigen und handelt es sich um eine tief-infiltrie- rende Endometriose, so empfiehlt es sich, die betroffene Patientin an ein Endometriosezentrum weiterzuleiten.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(25): 446–56 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0446

U

nter dem Begriff „Endometriose“ versteht man eine Erkrankung der Gebärmutter, bei der es im Bauchraum zur Absiedlung von Gewebe aus dem Cavum uteri kommt und selten darüber hinaus auch zur Metas- tasierung in uterusferne Organe. Biologisch entspricht dieses Gewebe dem basalen Endometrium. Endome- trioseherde bestehen aus Drüsen, Stromazellen und glatter Muskulatur und werden von Nerven (Neuro - genese), Lymph- und Blutgefäßen (Angiogenese) ver- sorgt (1–5). Endometrioseläsionen exprimieren die Östrogenrezeptoren (ER α/β) und die Progesteronrezep- toren (PR A/B), was ihr Ansprechen auf endokrine The- rapieansätze erklärt (6, 7). Obwohl die Endometriose als Erkrankung der Frau im reproduktionsfähigen Alter ver- standen wird, konnte die Existenz einer prämenarche - alen Endometriose histologisch bewiesen werden (4, 8).

Postmenarcheale Endometrioseläsionen werden in we- niger als 3 Prozent aller Fälle vermutet.

In der deutschsprachigen Literatur wird die Endome- triose nach der Lokalisation eingeteilt: Die Endometriosis genitalis interna entspricht der Adenomyosis uteri, die Endometriosis genitalis externa beschreibt die Manifesta- tion der Erkrankung im Bereich des inneren weiblichen Genitale und die Endometriosis extragenitalis charakteri- siert Läsionen darüber hinaus, so zum Beispiel des Ap- pendix, des Darmes, der Harnblase, der Harnleiter, der Scheide, der Lunge, der Leber, des Nabels und anderer seltener Lokalisationen. Andere Einteilungen sprechen einfach von der peritonealen Endometriose, der ovarialen Endometriose und der tief-infiltrierenden Endometriose.

Die Formen der Endometriose, die sich nicht nur ober- flächlich im Septum rectovaginale und im Fornix vagi- nae, in Beckenwand und Parametrium sowie in Darm, Uterus und Harnblase manifestieren, werden als tief-in- filtrierende Endometriose bezeichnet. Die Stadieneintei- lung erfolgt derzeit nach der Klassifikation der American Society of Reproductive Medicine (ASRM) und der ex- perimentellen ENZIAN-Klassifikation.

Deutsches Endometriosezentrum Berlin (DEZB), Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Vivantes Humboldt-Klinikum, Berlin:

Dr. med. Halis, Prof. Dr. med. Dr. phil. Dr. h. c. Ebert

Praxis für Fertilität; Kinderwunsch- und Endometriosezentrum Berlin:

Dr. med. Halis

Endometriosezentrum Charité, Klinik für Gynäkologie, Charité-Universitätsmedizin, Campus Benjamin Franklin, Berlin:

Dr. med. Mechsner

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

Definition

Endometriose ist eine Erkrankung der Gebär-

mutter, bei der es zur Absiedlung von Gewebe

aus dem Cavum uteri in den Bauchraum

kommt.

(2)

Lernziele

Die Ziele dieses Beitrags sind:

Hauptsymptome der Endometriose zu verdeutlichen

diagnostische Möglichkeiten und Einteilungen der Endometriose darzustellen

einen Überblick über die Therapieoptionen zur Hei- lung und Leidensminderung zu geben.

Epidemiologie

Die geschätzte Prävalenz der Endometriose liegt bei 5 bis 15 Prozent aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter, wobei sie in Subgruppen höher liegt (2, 4, 6). So ist in der Gruppe mit Fertilitätsproblemen bei 20 bis 48 Prozent ei- ne Endometriose nachweisbar. Bei jungen Frauen mit chronischen Unterbauchschmerzen, die auf hormonelle Therapie oder Therapien mit nichtsteroidalen Antiphlogis- tika nicht ansprechen, liegt die Prävalenz der Endometrio- se bei etwa 70 Prozent (4). Es gibt kaum belastbare Daten zur Häufigkeit der tief-infiltrierenden Darmendometriose und der Endometriose des Harntraktes. Eine Ureter - endometriose wurde zum Beispiel bei 0,1 bis 0,4 Pro zent aller Endometriosefälle beschrieben, während die allge- meine Häufigkeit einer Urogenitalendometriose 1 bis 2 Prozent aller Endometriosefälle betragen soll (9, 10).

Ätiologie

Die Transplantationstheorie geht davon aus, dass durch die retrograde Menstruation vitale Endometriumzellen in die Bauchhöhle gelangen und sich dort implantieren kön- nen (11). Retrograde Menstruation bedeutet, dass die Pa- tientin während der Menstruation antegrad durch die Scheide blutet und gleichzeitig retrograd Menstruations- blut über die offenen Eileiter in den Bauchraum gelangt.

Diese Theorie erklärt nicht, weshalb zwar alle Frauen eine retrograde Menstruation haben sollten, aber nicht alle Frauen auch an einer Endometriose erkranken. Diese Frage wird durch das aktuelle „Tissue-Injury and Repair“

(TIAR)-Konzept beantwortet (7): embryologisch besteht der Uterus aus der Archimetra (Drüsen und Stroma des Endometrium sowie Stratum subvasculare) sowie der Neometra (Stratum vasculare und Stratum supravascula- re) (6, 7). Das Archimyometrium zeigt sich im Ultraschall als hypodenser Halo und in der Magnetresonanztomogra- phie als „hypointense junctional zone“ (als eine sich vom normalen Endometrium zu differenzierende Schicht) (2, 7). An der Grenze zwischen den uterinen Geweben, zum Beispiel im Bereich der fundocornualen Raphe, kann es in folge der östrogengesteuerten zunehmenden Peristaltik zu Mikrotraumata kommen (7). Die einsetzenden Repara-

turmechanismen, die aufgrund einer Aromatase-Überex- pression mit einem lokalen Hyperöstrogenismus assoziiert sind, führen zu einer parakrin-östrogeninduzierten uteri- nen Hyper- und Dysperistaltik mit Desquamation und Dislokation von basalem Endometrium über die Tuben in den Bauchraum (Grafik) (4, 7). Andererseits können die Zellen der Basalis auch kontinuierlich das Myometrium infiltrieren, so dass das klinische Vollbild der Adenomyo- sis uteri entsteht. Endometriose und Adenomyosis sind so- mit zwei Seiten einer Medaille (1, 6, 7). Wahrscheinlich ist, dass es in der Basalschicht des Endometriums Zellen mit Stammzellcharakter gibt, die sowohl für die zyklische Regeneration des eutopen Endometriums als auch für die Endometriose essenziell sind (12). Aktuell zeigen mit Me- thoden der Genomics und Proteonomics erzielte Ergebnis- se, neue Einblicke in die Molekularbiologie der Endome- triose (13).

GRAFIK

Das „Tissue Injury and Repair“-Konzept beinhaltet, dass sich der Uterus aus dem Zusam- menspiel der Gewebe der Archimetra und der Neometra entwickelt (7). Durch die einsetzen- de Ovarialfunktion nimmt die uterine Kontraktilität mit konsekutiver Gewebsverletzung im Bereich der fundocornualen Raphe zu. Die einsetzenden Reparaturvorgänge im Bereich der Basalis des Endometriums bewirken einen lokalen Hyperöstrogenismus, der wiederum die uterine Dysperistalsis forciert. Die Konsequenz scheint ein Circulus vitiosus mit Abschilferung (transtubarer Transport und Endometrioseentstehung) oder mit verstärkter Proliferation ins Myometrium zu sein (Entstehung der Adenomyosis). Die Abbildung stellte freundlicherweise Prof. Dr. med. Gerhard Leyendecker zur Verfügung.

COX-2, Cyclooxygenase-2; PGE2, Prostaglandin E2; OT, Oxytocin; ERalpha, Östrogenrezeptor alpha

Epidemiologie

Die geschätzte Prävalenz der Endometriose liegt bei 5 bis 15 Prozent.

Ätiologie

Das „Tissue-Injury and Repair“-Konzept erklärt,

warum Frauen an der Endometriose erkranken.

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Anamnese

Zu den Leitsymptomen der Endometriose gehören die:

Schmerzen bei oder mit

– primärer oder sekundärer Dysmenorrhö. Die pri- märe Dysmenorrhö setzt im Normalfall kurz nach der Menarche ein und dauert bei betroffenen Frau- en meist bis zur Menopause. Einige Wissenschaft- ler sehen die primäre Dysmenorrhö dabei nicht als Folge, sondern als Frühsymptom der Endometrio- se an. Die sekundäre Dysmenorrhö wird ausgelöst durch organische Erkrankungen, beispielsweise die Endometriose

– stellungsabhängiger oder stellungsunabhängiger Dyspareunie (mit oder ohne Libidoverlust) – Dyschezie

– Unterbauchschmerzen, sowohl zyklische als auch azyklische chronische Formen (eKasten)

uterinen Blutungsstörungen

primärer oder sekundärer Sterilität.

Je nach Lokalisation der Endometriose klagen die Patientinnen auch über gastrointestinale, urologische, vegetative und unspezifische Symptome sowie über Fa- tigue-ähnliche Beschwerden. Symptome wie depressive Verstimmungen und klinisch-relevante Depressionen

Abbildung 1 Typische tief-infil- trierende Endome- triosen:

a) Blaseninfiltration unter Einbezie- hung beider Li- gamenta rotunda b) Stenosierende

Rektumendome- triose c) Bei Verdacht auf

infiltrierende Bla- senendometriose empfiehlt sich ein MRT mit voller Blase. Gut sicht- bar ist die ausge- dehnte Adeno- myosis der Ute- rusvorderwand, speziell auch des zervikoisthmi- schen Übergangs zwischen Zervix und Corpus (Pfeil) d) Für die Bildge-

bung der Adeno- myosis uteri und der tief-infiltrie- renden Endome- triose im Rek - tumbereich ist das MRT das Ver- fahren der Wahl (Pfeil)

c d

a b

Leitsymptome der Endometriose

• Schmerzen bei oder mit Dysmenorrhö, Dyspareunie, Dyschezie, Unterbauchschmerzen

• uterine Blutungsstörungen

• Sterilität

Formen der Endometriose

• Harnblasenendometriose

• Ureterendometriose

• rektovaginale Endometriose

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oder Angststörungen lagen bei mehr als 60 Prozent der von den Autoren behandelten Patientinnen vor. Daher sollte bei Diagnose einer fortgeschrittenen Endometrio- se-Erkrankung auch immer eine psychotherapeutische Mitbehandlung in Erwägung gezogen werden.

Harnblasenendometriose

Im Bereich der Infiltrationsstelle liegt eine derb-knotige Adenomyofibrohyperplasie vor (Abbildung 1a), die zu ineffektiv-schmerzhaften Blasenkontraktionen sowie zu Mikrozirkulationsstörungen im Urothel mit Mikro- oder Makrohämaturien führen kann. Neben der Ana - mnese, der vaginalen Palpation und der Vaginalsonogra- phie bei gefüllter Harnblase spielt auch die Magnetreso- nanztomographie (MRT) (Abbildung 1c) eine Rolle. Zu den invasiven Diagnostikmethoden gehören die Zysto- skopie und die Laparoskopie (10, 14) (eKasten). Eine transurethrale Resektion (TUR) ist bei Endometriose kontraindiziert, da die Endometriose transmural infil- trierend in Richtung Urothel wächst und somit transure- thral nicht entfernt werden kann (eAbbildung 1 a–f).

Zystoskopisch können Blasenbefunde biopsiert und ge- gebenenfalls Ureterschienen platziert werden (10, 15).

Ureterendometriose

Man unterscheidet die intrinsische von der extrinsi- schen Ureterendometriose (15). Die sichere Unterschei- dung zwischen extrinsischer und intrinsischer Ureteren- dometriose gelingt oft erst während der Operation. Bei der häufigeren extrinsischen Form kommt es zur Kom- pression des von außen ummauerten Ureters durch schrumpfendes Endometriosegewebe, was typischer-

weise bei der bilateralen Ovarialendometriose („kissing ovaries“ nach Michel Mueller, Bern) beschrieben wird.

Locus minoris resistentiae ist hier die Kreuzungsstelle zwischen dem Sakrouterinligament, dem Ureter und der Arteria uterina (16) (eAbbildung 2). Die seltenere in- trinsische Ureterendometriose infiltriert verschiedene Schichten des Ureters. Sie kommt bei weniger als 0,3 Prozent aller Frauen mit Endometriose vor (17). Die Symptome reichen von unspezifischen Unterbauch- schmerzen, über Flankenschmerzen und einen meist einseitigen Nierenstau bis hin zur asymptomatischen Hydronephrose mit Funktionsverlust der betroffenen Niere(n). Diagnostisch werden die Nierensonographie, das Ausscheidungsurogramm (i.v. Urogramm) oder – wenn vorhanden – die Ausscheidungsuro-MR-Tomo- graphie empfohlen. Die Funktionalität der Nieren wird laborchemisch (Kreatinin, Harnstoff) oder/und durch eine Nierenszintigraphie abgeklärt (eKasten).

Rektovaginale Endometriose

Die rektovaginale Endometriose ist meist im Fornix posterior vaginae gut sichtbar und im Septum rectova- ginale gut tastbar (Abbildung 2).

Durch Infiltration des angrenzenden Darms und der sakrouterinen Bänder sowie durch Adhäsionsbildung kann es zur partiellen oder kompletten Douglas-Oblite- ration kommen, was gemeinsam mit der ausgeprägten Adenomyosis die Fertilitätsprobleme erklärt. Die oft ausgeprägten Unterbauchschmerzen, die fast nie feh- lenden Darmsymptome und die typische Dyspareunie mit und ohne konsekutiven Libidoverlust werden durch die typische Lokalisation der invasiven Herde und de- ren Innervation verursacht (18). Bei der „Darmendome- triose“ kommt es durch transmurale Infiltration meist zu einer partiellen oder (seltener) kompletten Stenosie- rung des Darmlumens (Abbildung 1b). Die Mikrozirku- lationsstörungen zwischen Endometrioseknoten und Darmmukosa – seltener die Infiltration der Mukosa – führen zu den zyklischen Darmblutungen. Die Ureteren sind durch die gleichzeitige Infiltration der Parametrien oft involviert (15, 19), so dass die bilaterale Ureterolyse beziehungsweise die operative Ureterdarstellung gebo- ten ist (9, 16, 19). Zur präoperativen Feindiagnostik empfiehlt sich neben der Anamnese und neben der rek- tovaginalen gynäkologischen Untersuchung die Trans- rektalsonographie in Kombination mit einer Rektosig- moidoskopie. Bei dieser Untersuchung sollte abgeklärt werden, ob die Mukosa befallen ist. Invasive Herde las- sen sich mit der Magnetresonanztomographie doku- Abbildung 2:

Typische Infiltration des Fornix posterior vaginae. Diese

Befunde sind nur sichtbar, wenn die Cervix uteri bei der gynäkologi- schen Untersu- chung mit den Specula sach - gerecht eingestellt wird.

Harnblasenendometriose

Bei Patientinnen mit Verdacht auf eine Blasenen- dometriose oder eine andere Form der tief-infil- trierenden Endometriose sollte immer eine bilate- rale Nierensonographie durchgeführt werden.

Ureterendometriose

Man unterscheidet die extrinsische von der selte-

nen intrinsischen Form. Bei der extrinsischen

Form kommt es zur Kompression des von außen

ummauerten Ureters durch schrumpfendes Endo-

metriosegewebe.

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mentieren, zusätzlich lässt sich hiermit sehr deutlich die Adenomyosis uteri beschreiben (Abbildung 1d). Die histologische Diagnosesicherung und die Stadieneintei- lung erfolgt durch eine Bauchspiegelung oder einen Bauchschnitt, der aber heute seltener vorgenommen wird (eKasten).

Operative Therapie der Endometriose Allgemeine Therapieansätze

Endometriose ist eine chronische, hormonabhängige Erkrankung der Gebärmutter mit sehr individueller Prognose. Deshalb sollte sich der Therapieansatz nach den individuellen Bedürfnissen der Patientin richten,

ohne dabei in Beliebigkeit abzugleiten (20). Es gilt, mit der betroffenen Frau zu klären, ob eine Therapie we gen akuter oder chronischer endometriose-assoziierter Schmerzen oder wegen eines unerfüllten Kinderwun- sches erfolgen soll (21).

Aus der Biologie der Endometriose leitet sich ab, dass eine individuelle Kombination operativer und medikamentös-endokriner, meist antiöstrogene Thera- pieansätze, unterstützt von komplementären Konzep- ten, bei symptomatischen Patientinnen optimal ist (eTabelle 1).

Operativer Goldstandard in der Therapie der Endo- metriose ist die Laparoskopie. Wie bei anderen Erkran-

Rektovaginale Endometriose

Sie ist meist im Fornix posterior vaginae und im Septum rectovaginale gut sichtbar.

Nierensonographie

Bei rektovaginaler Endometriose immer die Nie- rensonographie beidseits durchführen. Beim Nie- renstau junger Frauen immer das Zervixkarzinom

und die Endometriose ausschließen.

TABELLE 1

Die Wirkspektren der Gestagene*1/2

*1 Aufgrund aktueller Studien hat kürzlich Dienogest (2 mg) die europäische Zulassung für die Endometriosetherapie erhalten, so dass in Deutschland neben den GnRH-Analoga, dem derzeitigen Goldstandard, seit Mai 2010 auch ein weiteres effektives Gestagenpräparat zur Verfügung steht, das nicht unter Off-label-Use fällt.

*2 modifiziert nach e1–e3 Gestagen

Progesteronderivate Progesteron

Medroxyprogesteronacetat Megestrolacetat Chlormadinonacetat Cyproteronacetat Drospirenon Dydrogesteron Nortestosteronderivate Norethisteron Norethisteronacetat Ethynodioldiacetat Lynestrenol Levonorgestrel Desogestrel Gestoden Norgestimat Dienogest

Partialwirkungen gestagene

Wirkung

+ + + + + + +

+ + + + + + + + +

anti- östrogene Wirkung

+ + + + + +

+ + + + + + + + –/+

östrogene Wirkung

+ + + +

anti- androgene Wirkung

(+) (+) + + + (+)

+

androgen- anabole Wirkung

(+) (+)

+ + + + + + + +

gluko- kortikoide Wirkung

(+) + + + +

(+)

antiminera- lokortikoide Wirkung

+ + (+)

+

(6)

Medikamentös-endokrine Therapie

Grundsätzlich kommen nach histologischer Siche- rung der Endometriose endokrin-medikamentöse Therapieansätze in neoadjuvanten und adjuvanten Situationen sowie in der Rezidivsituation zum Ein- satz.

Mögliche Nebenwirkungen der zum Einsatz kommenden Gestagene

Durchbruchsblutung, Gewichtszunahme, Wasser- retention, Hautveränderungen, Hitzewallungen, Spannungsgefühl in der Brust, Kopfschmerzen und Scheidentrockenheit

TABELLE 2

Vorschläge für die medikamentös-endokrine Endometriosetherapie*1 Wirkstoff

GnRH-Analoga (Auswahl) Leuporelinacetat Leuporelinacetat Goserelinacetat Buserelinacetat Nafarelinacetat Triptorelinacetat

parenterale Gestagenpräparate (Auswahl) Medroxyprogesteronacetat

Etonogestrel Norelgestromin

gestagenhaltiges Intrauterinpessar Levonorgestrel

Progesteronderivate (Auswahl) Medroxyprogesteronacetat (MPA) Medrogeston

Nortestosteronderivate (Auswahl) Lynestrenol

Desogestrel Dienogest*2

kombinierte orale Kontrazeptiva (Beispiele) Präparate der zweiten Generation

Levonorgestrel Levonorgestrel Levonorgestrel Norethisteron Norethisteronacetat Norethisteronacetet

Präparate der dritten Generation Dienogest

Norgestimat Gestoden Desogestrel Desogestrel Chlormadinonacetat

Dosierung

3,75 mg/4 Wochen s.c.

Dreimonats-Depot s.c.

3,8 mg/4 Wochen s.c.

3–4 × 300 µg täglich 2–4 × 460 µg täglich 105 µg/d

150 bzw. 104 mg i.m. alle 12 Wochen 68 mg s.c. Implantat bis zu drei Jahren 1 Pflaster für 1 Woche

20 µg/24 Std.

30–50 mg/d 50–75 mg/d

10 mg/d

0,075–0,15 mg (= 1–2 Tabl/d) 2 mg/d

100 µg + 20 µg EE 150 µg + 30 µg EE 250 µg + 30 µg EE 0,5 mg + 20 µg EE 0,5 mg + 30 µg EE 1,5 mg + 30 µg EE

2 mg + 30 µg EE 250 µg + 35 µg EE 0,750 µg + 30 µg EE 150 µg + 20 µg EE 150 µg + 30 µg EE 2 mg + 30 µg EE

*1 Grundsätzlich sind in den in Deutschland derzeit erhältlichen oralen Kontra zeptiva folgende Gestagene vertreten:

Desogestrel, Norethisteron, Levonorges trel, Drospirenon, Chlormadinonacetat, Gestoden, Dienogest, Norgestimat, Lynestrenol, in den nicht-oralen Kontrazeptiva die Gestagene Etonogestrel, Medroxy -

progesteronacetat, Norelgestromin, Levonogestrel, (siehe auch Tabelle 1)

*2 Kein Off-Label-Use.

Derzeit kein orales Kontrazeptivum.

Dienogest könnte aufgrund seiner Eigen schaften auch in der Rubrik Progesteronderiva- te aufgeführt wer- den.

EE, Ethinylestradiol

(7)

kungen liegen auch für die bei Endometriose eingesetz- ten operativen Techniken oder für das operative Vorge- hen bei tief-infiltirierender Endometriose keine belast- baren Evidenzen vor.

Eine Ausnahme für die Kombination operativer und medikamentöser Therapieansätze bilden asympto - matische Patientinnen mit stenosierender Ureterendo- metriose. Diese Diagnose indiziert eine Operation (Evidenzstufe 1a). Die Frage, ob asymptomatische Ovarialendometriome operiert werden müssen, ist un- geklärt, wobei mit Konsequenzen für das gesunde Ovarialgewebe zu rechnen ist. Insgesamt betrifft dies nur wenige Frauen, da die Prävalenz asymptomati- scher Verläufe auf 5 bis 10 Prozent aller Endometrio- sefälle geschätzt wird (Evidenzstufe 4). In jedem Fall ist die Bagatellisierung der Symptome (eKasten) ebenso zu vermeiden wie eine medikamentöse oder operative Polypragmasie und Übertherapie unter Nicht berücksichtigung psychosomatischer, sozialer, beruflicher und partnerschaftlicher Probleme. Zyklus- abhängige Beschwerden und Schmerzen, die zu Krank heitsgefühl, Bettlägerigkeit oder Medika men - ten abusus führen, sollten durch Fachärzte für Frauen- heilkunde frühzeitig klinisch und auch laparoskopisch abgeklärt werden. Eine Endometriose sollte ausge- schlossen oder bestätigt werden, bevor andere Thera- piemaßnahmen eingeleitet werden. Die schwerste Komplikation der Endometriosetherapie ist die Chro- nifizierung der Beschwerden.

Harnblasenendometriose

Die Primärtherapie der symptomatischen Harnblasenen- dometriose erfolgt operativ (10, 15). Ob die Vorgehens- weise laparoskopisch oder durch Bauchschnitt durchge- führt wird, hängt von den Erfahrungen des Operateurs ab (10, 14). Es wurden verschiedene innovative Operati- onstechniken entwickelt (10, 15, 17).

Der infiltrierte Teil der Harnblase sollte vom Corpus uteri oder dem zervikoisthmischen Übergang bis ins makroskopisch unaufällige Spatium vesicouterinum freigelegt werden (eAbbildung 1). Dann erfolgt die wetzstein- oder apfelsinenscheibenförmige Blasenteil- resektion (10). Das ostiennahe Trigonum vesicae mit seinen neurogenen Strukturen ist bei der offenen oder laparoskopischen Blasenteilresektion der vulnerabelste Blasenanteil (10, 15). Eine R-0-Resektion ist dennoch anzustreben. Die Blase wird dann mit seromuskulärer Naht verschlossen und durch retrograde Blauauffüllung auf ihre Dichtigkeit geprüft. Eine transurethrale Harn-

ableitung über sechs postoperative Tage ist empfeh- lenswert. Die schwerwiegende Komplikation dieser Operation ist die sogenannte neurogene Blase, bei der es zu einer endometriose- oder operationsbedingten Denervierung mit der Konsequenz der Dauerkatheteri- sierung beziehungsweise der Implantation von vesika- len Neurostimulatoren bei den jungen Frauen kommt.

Die adjuvante antiendokrine Therapie richtet sich nach den aktuellen nationalen Leitlinien für die tief-infiltrie- rende Endometriose (e4).

Rehabilitationsmaßnahmen oder Anschlussheilbe- handlungen in spezialisierten Einrichtungen sind bei der chronischen Erkrankung Endometriose in vielen Fällen indiziert (Evidenzstufe 4).

Ureterendometriose

Operationen bei tief infiltrierender Endometriose be- ziehungsweise bei endometriosebedingten Adhäsio- nen im kleinen Becken haben eine erhöhte Harnleiter- komplikationsrate (9). Hierbei können Urinome oder ein Uroperitonenum mit folgenden Infektionen oder Konsequenzen für die betroffenen Nieren im Vorder- grund stehen. Komplexe Operationen sollten interdis- ziplinär geplant und durchgeführt werden (20). Bei der extrinsischen Ureterendometriose besteht das Operationsziel in der Ureterolyse mit gleichzeitiger Ureterdekompression (15). Bei der intrinsischen Ure- terendometriose geht es zusätzlich um die Teilresekti- on mit End-zu-End-Anastomose oder mit direkter Ureterneuimplantation, zum Beispiel mit der Psoas- Hitch-Technik (15). Der Ureterverlauf muss oft bis zur Einmündung in die Blase freigelegt werden, um die infiltrierten Parametrien sicher zu resezieren.

Gleichzeitig muss der retroperitoneale Verlauf von Nerven (Nn. hypogastrici et splanchnici, N. femoralis, N. obturatorius) wenn diese im OP-Gebiet liegen, la- paroskopisch dargestellt werden, um neurogene Bla- senentleerungsstörungen zu vermeiden. Nach ausge- dehnten Operationen im Bereich der Ureteren ist es empfehlenswert, Ureterschienen vier bis sechs Wo- chen zu belassen.

Rektovaginale Endometriose

Die asymptomatische oder wenig symptomatische tief- infiltrierende Endometriose ist selten und kann im Kon- sens mit der Patientin konservativ behandelt werden, wenn keine stenosierenden, blutenden oder progredien- ten Befunde vorliegen. Diese Patientinnen sollten durch erfahrene Gynäkologen jährlich rektovaginal untersucht

Symptomatische rektovaginale Endometriose

Für diese Form ist das operative Vorgehen derzeit die Methode der Wahl.

Therapie der Wahl

Operativer Goldstandard in der Therapie der

Endometriose ist die Laparoskopie. Für die bei

der tief-infiltrierenden Endometriose eingesetzten

operativen Techniken liegen keine belastbaren

Evidenzen vor.

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werden. Jedoch können sich, je nachdem, wie dieser Un- tersuchungsbefund ausfällt, Konsequenzen für die Indi- kation zur weiteren Diagnostik ableiten, wie ein MRT des Uterus mit Septum rectovaginale sowie eine Trans- rektalsonographie gegebenenfalls mit Rektosigmoido- skopie (Evidenzststufe 2). Für die symptomatische rek- tovaginale Endometriose ist das operative Vorgehen der- zeit die Methode der Wahl (20). Hierfür wurden zahlrei- che Operationstechniken entwickelt, die alle eine R-0-Resektion anstreben (eTabelle 1). Unabhängig vom Zugangsweg muss das infiltrierte Rektosigmoid oder Sigma von den physiologischen und pathologischen Ad- häsionen mobilisiert werden (eKasuistik), um dann rese- ziert und mit einer End-zu-End-Anastomose versorgt zu werden. Eine umfassende präoperative Aufklärung ist obligat (16, 19). Patientinnen mit tief-infiltierender En- dometriose sollten heute in einem spezialisierten Endo- metriosezentrum therapiert werden. Der Grund sind die Komplikationsraten, die in Abhängigkeit vom Schwere- grad der Grunderkrankung zu berücksichtigen sind. Im Speziellen muss an die die Nahtdehiszenz mit nachfol- gender rektovaginaler Fistel und deren Konsequenzen gedacht werden (22–24). Im Hinblick auf das Symptom Schmerz haben sich bisher nach Studienlage die „lapa- roscopic uterine nerve ablatio“ (LUNA) und andere neu- ronale Ablationsverfahren nicht durchgesetzt. Adjuvante oder adjuvant-experimentelle Therapieansätze sind mit der betroffenen Frau vor dem Hintergrund der individu- ellen Lebenssituation zu diskutieren (25)

Endokrine Therapie

Grundsätzlich kommen nach histologischer Sicherung der Endometriose endokrin-medikamentöse Therapiean- sätze in neoadjuvanten und adjuvanten Situationen so- wie in der Rezidivsituation zum Einsatz. Eine neoadju- vante endokrine Therapie wird wegen der ungünstigen Beeinflussung der Gewebeschichten von Operateuren meist als ungünstig angesehen. Bei ausgedehnter Endo- metriose, speziell bei tief-infiltrierender Endometriose, gelingt die R-0-Resektion selten. Eine adjuvante endo- krine Therapie mit dem Ziel der passageren therapeuti- schen Amenorrhö ist deshalb sinnvoll. Derzeit bestehen folgende Optionen:

a) Gestagene

b) orale Kontrazeptiva c) GnRH-Analoga

d) schmerztherapeutische Behandlung e) Kombinationen aus a–d

f) experimentelle Therapieansätze

Gestagene

Gestagene bewirken die sekretorische Transformation des östrogenvorbehandelten Endometriums (Tabelle 1, Tabelle 2).

Mögliche Nebenwirkungen der Gestagensubstituti- on sind:

Durchbruchblutungen (40 bis 80 Prozent)

Gewichtszunahme und Wasserretention (40 bis 50 Prozent)

Akne, endokrin bedingte Hautveränderungen und andere Hautaffektionen (20 Prozent)

Hitzewallungen, Libidoverlust (> 30 Prozent)

Spannungsgefühl in der Brust (10 Prozent)

Kopfschmerzen (10 Prozent)

Scheidentrockenheit, passagere Alopezie, Knochen- dichteverlust, Stimmungsschwankungen (10 Pro- zent)

Des Weiteren werden durch die Gestagene unter- schiedliche Stoffwechselkreisläufe und Indices beein- flusst:

atherogene Indices (ansteigendes LDL, sinken- des HDL)

Kohlenhydratstoffwechsel (sinkende Glukose - toleranz, steigende Insulinresistenz).

Auch konnten unter Gestagensubstitution vermehrt venöse Thromboembolien festgestellt werden. Eine leicht natriuretische Wirkung, die Veränderungen des Zervixsekretes und die häufig beobachteten vaginalen Candidosen sind bei Langzeitgabe zu berücksichti- gen.

Orale Kontrazeptiva

Orale Kontrazeptiva (Off-Label-Use) bewirken ein sogenanntes „Pseudo-Pregnancy-Regime“ (eTabelle 1, Tabelle 2). Bekannte, je nach Präparat zu differen- zierende Nebenwirkungen sind häufigere Durch- bruchsblutungen, Übelkeit, Kopfschmerzen und ver- mehrte venöse Thromboembolien, aber auch Libido- verlust, Hautreaktionen, Natrium- und Wasserreten- tion mit entsprechender Gewichtszunahme und Spannungsgefühl in der Brust sowie Blutdruckan- stieg. Prinzipiell besteht jedoch eine sehr gute Ver- träglichkeit.

Ziel der Therapie ist die therapeutische Amenorrhö.

Bei Durchbruchsblutungen können die Patientinnen 2 × 1 Tablette orale Kontrazeptiva für die Dauer der

„Schmierblutungen“ (+ 1 Tag länger) nehmen, um dann zur einmaligen Einnahme zurückzukehren.

Wichtig ist, die Patientinnen gut aufzuklären.

Medikamentöse Optionen

• Gestagene

• orale Kontrazeptiva

• GnRH-Analoga

• schmerztherapeutische Behandlung

Kinderwunsch bei Endometriose

Erfolgt eine Therapie wegen unerfülltem Kinder-

wunsch, so sollte auf endokrine Maßnahmen ver-

zichtet werden, da diese die Fertilität nicht ver-

bessern.

(9)

GnRH-Analoga

Die effektiven GnRH-Analoga wirken im Sinne einer

„funktionellen Oophorektomie“ durch Erzielung eines hypogonadotrop-hypogonadalen Zustandes (eTabelle 1, Tabelle 2). Daraus leiten sich die bekannten Neben- wirkungen ab:

Hitzewallungen und Schweiß-Ausbrüche (80 bis 90 Prozent)

Schlafstörungen (60 bis 90 Prozent)

Scheidentrockenheit (30 Prozent)

Kopfschmerzen (20 bis 30 Prozent)

Stimmungsveränderungen (depressive Verstim- mungen durch Östrogenentzug, mehr als 10 Pro- zent),

Knochendichtereduktion, Abnahme der Libido (mehr als 30 Prozent)

Gewichtszunahme (etwa 15 Prozent).

Gemischte (medikamentöse und schmerztherapeutische) Behandlungsansätze

Die operative und medikamentöse Therapie kann durch komplementäre Behandlungsansätze unterstützt werden.

Evidenzbasierte Belege für ihre Wirksamkeit liegen zwar nicht vor. Doch bewirken sie oftmals eine Verbes- serung der Schmerzsymptomatik. Patientinnen, die durch zyklische oder chronische Schmerzen in ihrer Le- bensqualität eingeschränkt sind, wünschen als Ziel ihrer Therapie die Schmerzfreiheit bei gleichzeitiger Stabili- sierung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit (eTa- belle 2). Die enge Zusammenarbeit zwischen Patient, behandelndem Frauenarzt, Operateur sowie den Schmerz- und den Psychotherapeuten in den Endome- triosezentren kann die individuelle Situation der betrof- fenen Frau stabilisieren oder gar verbessern. Diese ist oft gekennzeichnet vom Verlust des Arbeitsplatzes durch Arbeitsunfähigkeit oder auch des Partnerverlustes.

Experimentelle Therapieansätze

Endometriosezellen weisen Eigenschaften wie Invasi- vität, Migration, Metastasierung, Angiogenese und Neurogenese auf, die an maligne Tumore erinnern. Die Beeinflussung durch Zytokine, Tumornekrosefaktor (TNFα), Cyclooxygenase-2 (COX-2), Oxytocin und Aromatase sollen neue Ansatzpunkte in Diagnose und Therapie schaffen (3, 4, 13, 25). Der nachgewiesenen Wirksamkeit von Aromatasehemmern in Kombination mit Gestagenen oder GnRH-Analoga stehen derzeit noch die Nebenwirkungen, aber auch die Therapie- kosten gegenüber (4).

Ausblick

Es gibt auch für Patientinnen mit ausgedehnten Befunden keinen rationalen Grund für therapeutischen Nihilismus.

Gerade in Deutschland, das derzeit in Europa eine Vorrei- terrolle einnimmt, werden die Qualität der medizinischen Versorgung, die vorhandenen Betreuungs- und For- schungsstrukturen sowie die ärztliche Fort- und Weiter- bildung sowie durch die Zertifizierung von Endometrio- sezentren verschiedener Stufen durch die Stiftung Endo- metriose-Forschung (SEF), die Europäische Endometrio- se-Liga e.V. (EEL) und die Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. (Selbsthilfe-Dachverband) gefördert.

Danksagung

Wir danken Herrn Prof. Dr. med. G. Leyendecker (Darmstadt) herzlich für seine kritischen Anmerkungen und Hinweise, aber auch Frau Dr. med. Cordula von Kleinsorgen, Frau Dr. med. Raida Dakkak und Frau Dr. med. Gabriela Rosenow für die beratende Unterstützung sowie unseren klinischen Partnern Priv.-Doz.

Dr. med. K. Krüger (Institut für Radiologie), Priv.-Doz. Dr. med. R.-M. Liehr (Kli- nik für Innere Medizin/Gastroenterologie), Dr. med. J. Haßelmann (Klinik für Urologie) und Prof. Dr. med. U. Adam (Visceralchirugie) im Vivantes Humboldt- Klinikum Berlin.

Interessenkonflikt

Dr. med. Gülden Halis erhielt Studienunterstützungen beziehungsweise Kon- gressunterstützungen von Takeda Pharma Deutschland und von Bayer-Sche- ring-Pharma sowie Honorare für Vorträge oder Beraterverträge von Bayer- Schering-Pharma. Dr. med. Sylvia Mechsner bekam Studienunterstützungen von Bayer-Schering-Pharma sowie Honorare für Vorträge von Wyeth, Bayer- Schering-Pharma und Takeda Pharma Deutschland. Prof. Andreas D. Ebert er- hielt Forschungs- und Kongressunterstützungen von Takeda Pharma Deutsch- land, Novartis und von Bayer-Schering-Pharma sowie Honorare für Vorträge oder Beraterverträge von Bayer-Schering-Pharma, Wyeth und Ethicon-Endo- surgery.

Manuskriptdaten

eingereicht: 5. 3. 2010, revidierte Fassung angenommen: 12. 5. 2010

LITERATUR

1. Meyer R: Die Pathologie der Bindegewebe, Geschwülste und der Misch- geschwülste. In: Stoeckel W (ed.): Handbuch der Gynäkologie. Mün- chen: J.F. Bergmann1930, 211–853.

2. Leyendecker G, Herbertz M, Kunz G, Mall G: Endometriosis results from the dislocation of basal endometrium. Hum Reprod. 2002; 17:

2725–36.

3. Mechsner S, Bartley J, Loddenkemper C, Salomon DS, Starzinski-Powitz A, Ebert AD: Oxytocin receptor expression in smooth muscle cells of peritoneal endometriotic lesions and ovarian endometriotic cysts. Fertil Steril. 2005; 83 (Suppl 1): 1220–31.

4. Bulun SE: Endometriosis. N Engl J Med 2009; 360: 268–79.

5. Mechsner S, Schwarz J, Thode J, Loddenkemper C, Salomon DS, Ebert AD: Growth-associated protein 43-positive sensory nerve fibers accom- panied by immature vessels are located in or near peritoneal endome- triotic lesions. Fertil Steril 2007; 88: 581–7.

6. Leyendecker G, Kunz G, Noe M, Herbertz M, Mall G. Endometriosis: a dys-function and disease of the archimetra. Hum Reprod Update 1998;

4: 752–62.

Experimentelle Therapieansätze

Neue Ansatzpunkte in Diagnose und Therapie sind Zytokine, Tumornekrosefaktor, Cyclooxygenasen, Oxytocin und Aromatasen.

Komplementäre Behandlungsansätze

Sie wirken unterstützend zur medikamentösen

und operativen Therapie.

(10)

7. Leyendecker G, Wildt L, Mall G: The pathophysiology of endometriosis and adenomyosis: tissue injury and repair. Arch Gynecol Obstet 2009;

280: 529–38.

8. Ebert AD, Fuhr N, David M, Schneppel L, Papadopoulos T: Histological confirmation of endometriosis in a 9-year-old girl suffering from unex- plained cyclic pelvic pain since her eighth year of life. Gynecol Obstet Invest 2009; 67: 158–61.

9. Donnez J, Jadoul P, Donnez O, Squifflet J: Laparoscopic excision of rectovaginal and retrocervical endometriotic lesions. In: Donnez J (ed.) Atlas of operative laparoscopy and hysteroscopy. Informa UK Ltd. 2007;

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10. Donnez J, Squifflet J, Donnez O, Jadoul P: Bladder endometriosis. In:

Donnez J (ed.) Atlas of operative laparoscopy and hysteroscopy. Informa UK Ltd. 2007; 85–91.

11. Clement PB: History of gynecological pathology. IX. Dr. John Albertson Sampson. 1921. Int J Gynecol Pathol 2001; 20: 86–101.

12. Forte A, Schettino MT, Finicelli M, et al.: Expression pattern of stemness- related genes in human endometrial and endometriotic tissues. Mol Med 2009; 15: 392–401.

13. Ferrero S, Gillott DJ, Remorgida V, Ragni N, Venturini PL, Grudzinskas JG: Proteomics technologies in endometriosis. Expert Rev Proteomics 2008; 5: 705–14.

14. Granese R, Candiani M, Perino A, Venezia R, Cucinella G: Bladder endo- metriosis: laparoscopic treatment and follow-up. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2008; 140: 114–7.

15. Pérez-Utrilla Pérez M, Aguilera Bazán A, Alonso Dorrego JM, et al.: Uri- nary tract endometriosis: clinical, diagnostic, and therapeutic aspects.

Urology 2009; 73: 47–51.

16. Schonman R, De Cicco C, Corona R, Soriano D, Koninckx PR: Accident analysis: factors contributing to a ureteric injury during deep endome- triosis surgery. BJOG 2008; 115: 1611–5.

17. Seracchioli R, Mabrouk M, Montanari G, Manuzzi L, Concetti S, Venturoli S: Conservative laparoscopic management of urinary tract endometrio- sis (UTE): surgical outcome and long-term follow-up. Fertil Steril. 2009 May 28. [Epub ahead of print].

18. Wang G, Tokushige N, Russell P, Dubinovsky S, Markham R, Fraser IS:

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21. Marcoux S, Maheux R, Bérubé S: Laparoscopic surgery in infertile wo- men with minimal or mild endometriosis. Canadian Collaborative Group on Endometriosis. N Engl J Med 1997; 337: 217–22.

22. D’Hooghe T, Hummelshoj L: Multi-disciplinary centres/networks of ex- cellence for endometriosis management and research: a proposal. Hum Reprod 2006; 21: 2743–8.

23. Ebert AD, Jakisch D, Müller MD et al.: Endometriosezentren verschiede- ner Stufen zur Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität, der Forschung sowie der ärztlichen Fort- und Weiterbildung. J Gynäkol En- dokrinol 2008; 18: 62–68.

24. Beilecke K, Ebert AD: Urogenitale Endometriose. In: Tunn R, Hanzal E, Perucchini D (eds.): Urogynäkologie in Praxis und Klinik. Berlin-New York 2010: 353–73.

25. Ozkan S, Arici A: Advances in treatment options of endometriosis. Gyne- col Obstet Invest. 2009;67:81–91.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Dr. phil. Dr. h. c. Andreas D. Ebert Deutsches Endometriosezentrum Berlin Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin Vivantes Humboldt-Klinikum

Am Nordgraben 2 13509 Berlin

SUMMARY

The Diagnosis and Treatment of Deep Infiltrating Endometriosis

Background: Endometriosis and adenomyosis uteri are the most common benign disorders affecting girls and women after uterine myomas (fibroids), with a prevalence of roughly 5% to 15%. There have been many advances in diagnostic assessment and in our understanding of the disease over the past decade. Steady improvements in treatment have been accompanied by heightened consciousness of the diagnosis among the affected women and the doctors who care for them.

Methods: A selective literature search was carried out in the Cochrane and PubMed databases using the key words “endometriosis,” “deep infiltrating endometriosis,” “endometriosis AND diagnostics,”

“endometriosis AND surgical therapy,” “endometriosis AND endocrine treatment,” and others.

The AWMF and ESHRE guidelines were also taken in account.

Results and Conclusion: The main manifestations are primary or secondary dysmenorrhea, bleeding disturbances, infertility, dysuria, pain on defecation (dyschezia), cycle-dependent or (later) cycle- independent pelvic pain, nonspecific cycle-associated gastrointestinal or urogenital symptoms. Cycle- associated problems of urination and/or defecation that are due to endometriosis are most common in young, premenopausal women. Whenever such manifestations are present, endometriosis should be considered in the differential diagnosis, and evidence for it should be sought in the clinical history, physical examination, and ultrasound findings. If endometriosis is histologically confirmed and is of the deeply infiltrating kind, the recommended management today is to refer the patient to an endometriosis center.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(25): 446–56 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0446

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit2510

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eKasten, eTabellen, eAbbildungen, eKasuistik unter:

www.aerzteblatt.de/10m0446

Weitere Informationen zu cme

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbil- dungsnummer (EFN) verwaltet werden.

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Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Inter- net möglich: cme.aerzteblatt.de

Einsendeschluss ist der 6. 8. 2010

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 33/2010 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Dekubitalgeschwüre – Pathophysiologie und Primärprävention“

(Heft 21/2010) kann noch bis zum 9. 7. 2010 bearbeitet werden.

Für Heft 28–29/2010 ist das Thema „Therapie der HIV-Infektionen“ vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 17/2010:

Jahn, Klaus et al.: Gangstörungen im Alter: Klassifikation, Diagnostik und Thera- pie aus neurologischer Sicht.

Lösungen: 1c, 2d, 3e, 4a, 5c, 6e, 7a, 8d, 9d, 10a

(11)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1

Welches ist die aktuellste Theorie zur Entstehung der Endometriose?

a) Metaplasietheorie b) Transplantationstheorie c) Induktionstheorie

d) „Tissue Injury and Repair“-Theorie e) Aromatasetheorie

Frage Nr. 2

Was ist ein Symptom der Endometriose?

a) Hyperglykämie b) Hyperbilirubin c) Anämie d) Steatorrhö e) Dysmenorrhö

Frage Nr. 3

Nach welchem Kriterium wird die Endometriose in der deutsch- sprachigen Literatur eingeteilt?

a) nach der Histologie b) nach dem Symptom c) nach der Lokalisation d) nach der Dauer

e) nach dem Alter der Patientin

Frage Nr. 4

Wie hoch wird die Prävalenz der Endometriose bei allen Frauen im reproduktionsfähigem Alter prozentual eingeschätzt?

a) 5–15 % b) 25–35 % c) 45–55 % d) 65–75 % e) 85–95 %

Frage Nr. 5

Welches bildgebende Verfahren ist die Methode der Wahl für die Differenzialdiagnostik des Adenomyosis uteri und der tief-infiltrie- renden Endometriose?

a) Röntgen

b) Kontrastdarstellung des Uterusl c) Dopplersonographie

d) Magnetresonanztomographie e) Computertomographie

Frage Nr. 6

Was sollte bei allen Patientinnen immer durchgeführt werden, wenn sich der Verdacht auf eine Blasenendometriose oder eine andere Form der tief-infiltrierenden Endometriose erhärtet hat?

a) Blasenspiegelung b) Koloskopie c) Nierensonographie d) Vaginalabstrich

e) pH-Messung der Scheidenflora

Frage Nr. 7

Was versteht man unter einer extrinsischen Ureterendometriose?

a) Expansion des von innen drückenden Endometriosegewebes auf den Ureter

b) Kompression des von außen ummauerten Ureters durch schrump- fendes Endometriosegewebe

c) Infiltration des Uretergewebes durch Assimilation des äußeren Endo- metriosegewebes

d) Lokalisation von Endometriosegewebe außerhalb des Uterus e) Perforation des Uterus durch Endometriosegewebe von außen

Frage Nr. 8

Welches Progesteronderivat zeichnet sich in der Therapie der Endometriose durch eine positive gestagene Wirkung, aber eine negative anti-östrogene Wirkung und eine negative östrogene Wirkung aus?

a) Progesteron b) Cyproteronacetat c) Chlomadinonacetat d) Drospirenon e) Dydrogesteron

Frage Nr. 9

Welche Patientinnengruppe erhält die sofortige Indikation zur Operation ohne Kombination mit medikamentöser Therapie?

a) asymptomatische Patientinnen mit infiltrierender Peritonealendometriose

b) asymptomatische Patientinnen mit stenosierender Ureterendo - metriose

c) symptomatische Patientinnen mit infiltrierender Ovarialendo metriose d) symptomatische Patientinnen mit infiltrierender Uterus endometriose e) asymptomatische Patientinnen mit infiltrierender Harnblasen -

endometriose

Frage Nr. 10

Wie wird die Endometriose definiert?

a) Als eine Erkrankung der Gebärmutter, bei der es zur Absiedlung von Gewebe aus dem Cavum uteri in den Bauchraum kommt

b) Als eine Erkrankung der Gebärmutter, bei der es zu einer Absiedlung von Geweben aus dem Cavum pelvis in den Bauchraum kommt c) Als eine Erkrankung, bei der es zu einer Absiedlung von Geweben

aus dem Cavum peritonei in den Bauchraum kommt

d) Als eine Erkrankung, bei der es zu einer Absiedlung von Gewebe aus dem Cavum abdominis in den Bauchraum kommt

e) Als eine Erkrankung, bei der es zu einer Absiedlung von Vaginalepi- thel in den Bauchraum kommt

(12)

tief-infiltrierenden Endometriose

Gülden Halis, Sylvia Mechsner, Andreas D. Ebert

eLITERATUR

e1. Göretzlehner G, Lauritzen C, Göäretzlhener U: Praktische Hormon- therapie in der Gynäkologie. 5. Auflage Berlin: de Gruyter 2007.

e2. Teichmann AT: Kontrazeption – ein Kompendium für Klinik und Praxis Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1991.

e3. Kuhl C, Jung-Hoffmann C: Kontrazeption. Stuttgart: Thieme 1996.

e4. Ulrich U: Leitlinien Diagnostik und Therapie der Endometriose AWMF 2010. www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/015–045.htm

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

(13)

Die Anamnese bietet die Möglichkeit, die Patientin und ihre Beschwerden umfassend kennenzulernen und die Symptome in Einklang mit den diagnostischen Befunden zu bringen.

Aspekte der Anamnese

– Immer die Dynamik und den zeitlichen Verlauf der Symptome beachten.

– Wann war die erste Regel? War sie damals schon schmerzhaft? Führte die Menstruation zu schmerzbedingtem Schul- ausfall? Zu abususähnlichen Schmerzmitteleinnahmen? Zur Verabreichung oraler Kontrazeptiva?

– Seit wann bestehen Symptome? Wie haben sie sich in Ihrer Qualität über die Zeit entwickelt?

– Die endometrioseassoziierten Beschwerden können zyklisch, azyklisch und chronisch auftreten.

– Wann wurden von wem, wo und welche Vor-Operationen mit welchem Erfolg durchgeführt? Liegen OP-Protokolle vor?

– Von wann bis wann wurden endokrine Therapien eingesetzt und mit welchem Erfolg?

– Von wann bis wann wurden sonstige Therapien (Akkupunktur, TCM, Naturheilverfahren, Homöopathie) eingesetzt und mit welchem Erfolg?

– Dysmenorrhö: Primär? Sekundär?

– Dyspareunie: Stellungsabhängig? Stellungsunabhängig? Libidoverlust? Partnerschaftsprobleme? Psychogene Dyspareunie?

– Blutungsstörungen: Regeltempostörungen? Regeltypusstörungen? Hypermenorrhö? Zusatzblutungen?

– Unterbauchschmerzen: Zyklusabhängig? Zyklusunabhängig? Chronisch? Ischialgiforme Beinschmerzen? Perimenstruel- le Rückenschmerzen?

– Urogenitalsymptom: Dysurie? Poliurie? Pollakisurie? „Reizblase“? Gehäufte Blasenentzündungen? Mikrohämaturie?

Makrohämaturie? Perimenstruelle Inkontinenz? Harnstau? „Interstitielle Zystitis“?

– Gastrointestinale Symptome: Obstipation, Pseudodiarrhö, postprandiale Krämpfe, Hämatochezie, Dyschezie, „Reiz- darm“, perimenstruelle Tenesmen und schmerzhafte Blähungen, perimenstruelle Veränderung der Stuhlkonsistenz?

– Psychosomatische und psychiatrische Auffälligkeiten: Fatigue? Depressive Symptome/Störungen? Angststörungen?

Medikamentenabusus? Sozialstatus? Soziale Probleme? Partnerschaftsprobleme?

– Voroperationen: Adnexoperationen? Endometriose-Operationen? Sonstige?

– Vorerkrankungen: Diabetes? Hypertonus? Depressionen? Schilddrüse? Sonstige?

– Vortherapien: Kinderwunschtherapien? Psychiatrische Therapien? Schilddrüsenbehandlungen? Sonstige?

– Medikamenteneinnahme: Orale Kontrazeptiva? GnRH-Analoga? Gestagene? Sonstige Medikamente? (zum Beispiel Antidiabetika? Antidepressiva? Andere?)

Gynäkologischer Status

– Spekulumeinstellung – immer Fornix posterior et anterior vaginae zum makroskopischen Ausschluss einer bereits statt- gefundenen Infiltration mitbetrachten!

– Inspektion, gegebenenfalls Kolposkopie. Bei typischen Befunden in der Scheide kann eine Vaginalbiopsie unter Lokalanästhe- sie sinnvoll sein.

– Immer rektovaginale Palpation, gegebenenfalls auch als Narkoseuntersuchung

Sonographie

– Transvaginalsonographie: Ovariale Endometriome? Adenomyosis uteri? Darmbefall?

– Abdominalsonographie: Nierenultraschall und Ultraschall mit voller Blase zur Abklärung einer Blasenendometriose.

– Transanalsonographie: Endosonographie in Kombination mit Rektosigmoidoskopie zum Ausschluss einer Rektumendo- metriose. Darmbefall? Welche Schichten? Wahrscheinlich besonders wichtig bei höher gelegenen Infiltrationen des Rek- tosigma, die der tastende Finger nicht mehr erreicht.

Laborparameter

– CA 125, Urinstix, Bakteriologie, gebenenfalls β-HCG, CRP. Der Tumormarker CA125 erreicht bei Endometriose nur sel- ten so hohe Werte, wie sie beim Ovarialkarzinom auftreten und steigt oft nur bei aktiver Erkrankung an.

Bildgebende und invasive Diagnostik

– Magnetresonanztomographie (besser als CT) Methode der Wahl bei Verdacht auf Adenomyosis oder tief-infiltirierende Endometriose. Bei Verdacht auf Blaseninfiltration empfiehlt sich immer das MRT mit voller Blase, bei Verdacht auf Rektu- minfiltration bringt die kontrastmittelgestützte MRT-Aufnahme des Rektums sehr klare Befunde.

– i.v. Urogramm (bei Verdacht auf Ureterbeteiligung)

– Zystoskopie gegebenenfalls mit Biopsie (z.B. Ausschluss einer interstitiellen Zystitis), aber nie eine transurethrale Resek- tion (TUR) zur Therapie einer Blasenendometriose durchführen lassen

– Rektosigmoidoskopie möglichst zum Zeitpunkt der Menstruation, (operative) Laparoskopie mit histologischer Sicherung und Stadieneinteilung ist der Goldstandard der Diagnostik. Es gibt keine „diagnostische“ Laparoskopie bei Endometriose, die Laparoskopie ist immer operativ.

– Bei zyklischem Bluthusten: Spiral-CT zum Ausschluss der extrem seltenen Lungenendometriose.

*1Es gibt keine aktuellen Leitlinienempfehlungen zur Diagnostik der Endometriose. Die Tatsache, dass keine Empfehlungen für eine Methode abgegeben wer-

(14)

Therapieform operative Ansätze

Operativer Goldstandard ist heute die Laparo- skopie, doch es gilt weiterhin: besser sicher laparotomiert als unsicher laparoskopiert, denn der Hauptrisikofaktor in der Therapie der Endo- metriose ist der Primäroperateur

Wie bei anderen Erkrankungen liegen auch für die bei Endometriose eingesetzten operativen Techniken bzw. für das operative Vorgehen bei tief-infiltirierender Endometriose keine belast- baren Evidenzen vor.

medikamentöse Therapieansätze

komplementäre Ansätze & erste Maßnahmen Rehabilitationsmaßnahmen oder Anschluss- heilbehandlungen in spezialisierten Einrichtun- gen sind bei der chronischen Erkrankung Endometriose in vielen Fällen indiziert.

Evidenzstufe 4

Bemerkungen peritoneale Endometriose

ovariale Endometriome

tief-infiltrierende Endometriose

Adenomyosis uteri

Sterilität

Gestagene

kombinierte orale Kontrazeptiva

GnRH-Analoga

Schmerztherapie

COX-2-Inhibitoren

Aromatase-Inhibitoren (Evidenz- stufe 1)

TNF-Inhibitoren, Oxytocin-Inhibito- ren,PAARP-Inhibitoren u.a.

psychosomatische Therapie Physiotherapie

Ernährung

Traditionelle chinesische Medizin

Ayurveda Homöopathie Osteopathie

komplette Entfernung der Endometrioseimplantate (Schere, Laser oder Ultraschall)

vollständiges vorsichtiges Ausschälen der Endometriome

Cave: Erhalt von gesundem Gewebe und Vermeiden von Aussaat vitaler Zellen durch iatrogene Zystenruptur

– laparoskopisch-assistierte Operation – kombiniert vaginal-laparoskopische Operation – kombiniert vaginal-laparoskopisch-offene Operation – transvaginal-laparoskopische Operation – ggf. auch durch Bauchschnitt

Hysterektomieformen: abdominale Hysterektomie (AH), totale laparosko- pische Hysterektomie (TLH) oder suprazervikale laparoskopische Hyster- ektomie (LASH). Die LASH wird aufgrund des Morcellements des Uterus und der damit verbunden intraabdominalen Gebewebezerstreuung nicht empfohlen. Die vaginale Hysterektomie (VH) wird von den Autoren we- gen der fehlenden Möglichkeit der Entfernung eventuell vorhandener zu- sätzlicher Endometrioseherde nicht empfohlen.

organerhaltendes Vorgehen:

– operativ: hysteroskopische oder laparoskopische Resektion von submukösen oder transmuralen Adenomyoseherden nur im Einzelfall technisch und organerhaltend möglich

– endokrin: therapeutische Amenorrhö erzwingen: orale Kontrazeptiva nonstop, Gestagene, GnRHa oder – besser – Hormonspirale erwägen operative Entfernung der Endometrioseimplantate verbessert die Chancen der spontanen Konzeption. Überprüfung der Tubendurch- gängigkeit und Entfernung von Endometriomen. Bei ausgedehnter Endometriose assistierte Reproduktion notwendig (IVF/ICSI) antigonadotrope und antiöstrogene Wirkung, Reduktion der Makropha- genaktivität und -zahl

zentrale Hemmung der Ovarfunktion mit Ziel der therapeutischen Amenorrhö bei Nonstop-Einnahme

ovariale Suppression durch Wirkung auf das Hypothalamus-Hypo- physen-System; bei Endometriose-assoziierter Sterilität in Long- oder Ultralong-Protokollen

nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), COX-Hemmmer, schwache Opioide, Antidepressiva; Präparate-Kombinationen

experimentelle, teilweise kausale Ansätze, meist in klinischen Studien noch nicht untersucht.

positive Denkmuster, Entspannungstechniken, Visualisierung u.a.m.

Diagnostik und Therapie von Funktionsstörungen des Körpers ausgewogene Vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung, Reduktion von Alkohol, Zucker und Koffein; Ausschluss von Fruktose- oder Laktose- Intoleranz.

Akupunktur, Akupressur, Moxibustion, Kräuterheilkunde, Qi Gong

Traditionelle indische Heilkunst

„Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“

Diagnostik und Therapie von Funktionsstörungen des Körpers

(15)

Zusammensetzung Diclofenac

Ibuprofen

Naproxen Metamizol-Na

Etoricoxib

Celecoxib

Koanalgetika und Opioide Amitriptylin

Nortriptylin

Gabapentin

Tramadol

Tilidin/Naloxon

Morphinsulfat

Fentanyl

50–150 mg/d (2–3 × tgl.) oder 100 mg retard/d 200 – 2400 mg/d (3–4 × tgl.) oder Ibuprofen 800 mg retard (max. 3 x 800 mg/d) 500–1 000 mg/d (2 – 4 × tgl.) 8–16 mg pro kg Körpergewicht bis 4 × tgl.

1 × 90–1 × 120 mg/d

2 × 200–400 mg/d

12,5–75 mg/d (abends)

s. Amitriptylin

1800–3600 mg/d (3 × tgl.)

individuelle Dosisanpassung 100–200 mg retard (2 × tgl.) individuelle Dosisanpassung 2 × 100 bis 3 × 200 mg retard/d individuelle Dosisanpassung

individuelle Dosisanpassung

Cave: erhöhtes Ulkusrisiko, Ulkusprophylaxe mit Therapiebeginn (alle NSAIDs vergleichbar)

unerwünschte Arzneimittelwirkungen: Schlaflosigkeit, Asthma, Alo- pezie, psychotische Reaktionen, Gewichtszunahme (Ödembildung, Risiko für alle NSAIDs vergleichbar) ↑ VTE

da leicht verfügbar, auf Abusus achten!

unerwünschte Arzneimittelwirkungen: Ödeme, Diarrhö, Schwindel beschrieben. Selten: Arrhythmien und kardiovaskuläre Ereignisse;

bisher keine ausreichenden Erfahrungen in der Gravidität und Still- zeit.

Wirksamkeit bei Endometriose-assoziierten Schmerzen vorhanden, aber keine spezielle Zulassung für Endometriose: Off-Label-Use Idem

Off-Label-Use

Verbesserung der Schlafqualität, cholinerge NW, EKG-, Blutbild- und Transaminasenkontrolle, langsame Dosistitration

s. Amitriptylin, geringere Sedierung und andere unerwünschte Wirkungen

am besten verträgliches Antikonvulsivum, langsame Dosistitration (Alternative: Pregabalin)

Nicht BtmVV-pflichtig, schwaches Opioid, zusätzlich nichtopioidre- zeptoren-vermittelte Analgesie

nicht BtmVV-pflichtig, schwaches Opioid, Kombination mit Opioidantagonisten (wirksam nur bei Überdosierung)

Sedierung, Schwindel, Kopfschmerzen, Atemdepression, Mundtro- ckenheit, Obstipation, orthostat. Regulationsstörungen, Bradykar- die; lebensbedrohliche Wechselwirkung mit bestimmten Antide- pressiva (MAO-Hemmstoffe) auf ZNS, Atmungs-und Kreislauffunk- tion, zeitlichen Mindestabstand beachten (min. 14 Tage) transdermales System (Wechsel alle 3 Tage), nur für Dauer- einstellung

(16)

tief-infiltrierenden Endometriose

Gülden Halis, Sylvia Mechsner, Andreas D. Ebert

Die Kasuistik

Eine 23-jährige Patientin, die unter massiven gastrointestinalen Beschwer- den litt. Diagnostiziert waren ein Fak- tor-VII-Mangel und eine Endometriose.

Als Therapie der Wahl wurde eine trans- vaginal-laparoskopische anteriore Rek- tumresektion (TLARR) vorgenommen.

a) Zunächst Mobilisierung des Endome- trioseherdes aus dem Fornix posterior sowie Mobilisierung des Rektums. Die Scheide wird passager wieder ver- schlossen. Der Herd befindet sich nun auf dem Rektum im Bauchraum.

b) Der Uterus wird passager an die Bauchdecke fixiert, damit das OP-Ge- biet zugänglich ist.

c) Nun wird das endometriosebefallene Rektum rechts und links aus seinen holzig-derben Adhäsionen gelöst, ner- ven- und gefäßschonend aus seinem Mesometrium herausgeschält und d) in typischer Weise vor dem invasiven

Herd mit einem Linearstabler abgesetzt.

e–h) Das befallene Rektum kann nun bei ausreichender Mobilisierung des Colon descendens vor die Scheide gezogen werden. Hier erfolgt die Resektion des infiltrierten Herdes, die Präparation des oralen Stumpfes sowie das Einfügen des Stablerkopfes. Dieser wird dann in den Bauchraum zurückverlegt und die Scheide final verschlossen. Dann kann die laparoskopische Anastomose in typischer Weise transanal angelegt und auf ihre Funktion hin geprüft werden.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(25): 446–56 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0446

a b

c d

e f

g h

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

(17)

eAbbildung 1: Endometriose transmural infiltrierend in Richtung Urothel

a) Bei Blaseninfiltration werden die runden Mutterbänder vor dem Uterus V-förmig im Sinne eines „Victory-Zeichens“

zusammengezogen (24).

b) Der Befund macht klar, warum eine transurethrale Resektion (TUR) therapeutisch nicht sinnvoll ist:

der Herd wächst von der Blasenserosa transmural in Richtung Urothel.

c–d) Meist gelingt es problemlos, die infiltrierende Blasenendometriose wetzsteinförmig aus dem Blasendach zu resezieren.

Problematisch wird die Situation, wenn der invasive Herd tief ins gut innervierte Trigonum vesicae reicht.

e–f) Die Blasenwand kann laparoskopisch sicher verschlossen werden.

c d

e f

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