Uebungsklausur 2007, 1. Vordiplom (Basisprüfung) AC-OC-II Prof. R. Peters
1. Ergänzen Sie das folgende Schema durch Angabe der fehlenden Produkte oder Reagenzien! Bitte achten Sie auf die korrekte Darstellung der Konstitution und Konfiguration der Verbindungen!
Ph HO
Ph
Ph HO
Ph Br
O
Br
O (rac)
O O
O O O O
O 1. BH3.THF
2. H2O2, NaOH
1. TsCl, py 2. NaBr, DMF
KOt-Bu, t-BuOH
O3, DCM, dann Dimethylsulfid oder PPh3
Br2, EtOH NaHCO3
Regioselektive Hydroborierung z.B. mit z.B.
BH3.THF, dann Oxidation zum Alkohol.
Zuerst Überführen von OH in gute Abgangsgruppe OTs, dann nucleophile Substitution z.B. mit NaBr.
Basenkatalysierte Eliminierung mit einer starken, wenig nucleophilen Base wie z.B. Kalium-tert-butylat
Ozonolyse der Doppelbindung; ob reduktive oder oxidative Aufarbeitung ist egal (im Labor wird die reduktive Aufarbeitung bevorzugt).
"Bromoethoxylierung" mit Brom in Ethanol. Zuerst greift "Br+" an; das Bromonium-Kation wird dann von Ethanol geoeffnet. Die Base faengt das dabei freiwerdende HBr ab.
OEt
Br rac
AcO
MeI O
O O
NH O Cl3C
O NH O Cl3C
OH THF
NaN3
NH2
Br AcO
N3
HBr, AIBN
H N
O
O3, DCM, dann NaOH, H2O2
I-
Nucleophile Substitution von Br durch Azid.
Radikalische Addition von HBr an eine Doppelbindung (mit einem Radikalstarter wie AIBN).
Es entsteht das f ormale Anti- Markownikow-Produkt. Denkbar wäre auch 1. BH3.THF, 2. Br2, NaOH.
Acetylierung eines Amins mit Acetanhydrid und Pyridin als Base.
Ozonolyse mit oxidativer Auf arbeitung.
Triphenylphosphin ist ein sehr gutes Nucleophil. Es entsteht ein
quaternaeres Phosphoniumsalz, analog zu quaternaeren Ammoniumsalzen.
Br
PPh3 PPh3
MeO O
mCPBA MeO
O O
MeO O NaN3
DMF
N3 OH
rac
Im ersten Schritt wird die Doppelbindung mit einer Persaeure wie mCPBA epoxidiert. Das Epoxid wird dann vom Nucleophil Azid geoeffnet. Aus sterischen Gruenden wird der Angriff hauptsaechlich links stattfinden.
py
2. Im untenstehenden Diagramm ist ein Hammett-Plot für die Nitrierung von Benzol gegeben.
Zeichnen Sie qualitativ in dieses Diagramm die entsprechenden Linien für die folgenden drei Reaktionen (der Absolutbetrag von ρ ist nicht gefragt)! Geben Sie jeweils eine kurze Begründung in Form von Stichworten und/oder einer Zeichnung.
Beschriften Sie die Linien bitte eindeutig mit A, B und C!
Hammet-Plot
-6 -4 -2 0 2 4 6 8
-1,5 -1 -0,5 0 0,5 1
sigma
log(krel)
X
NH2
X H N
O Cl
O
NEt3 A
B
C
X X
O mCPBA
O X
O CF3
O-
X
NH3+ NH3, CF3CH2OH
Das freie Elektronenpaar an N greift als Nucleophil an. Je elektronenreicher der Aromat, umso nucleophiler ist das Elektronenpaar, bzw. umso besser ist die positive Ladung, die im
Übergangszustand teilweise vorliegt, stabilisiert. Daher gleiches Vorzeichen der Steigung wie bei Nitrierung (ρ < 0).
Die Doppelbindung des Olefins wirkt als Nucleophil, mCPBA als Elektrophil. Daher gleicher Fall wie A.
Der Benzoesäureester wird vom Nucleophil Ammoniak angegriffen. Je elektronenärmer der Aromat, umso reaktiver, bzw. umso besser ist die negative Ladung nach dem Angriff stabilisiert.
Die Steigung muss daher ein anderes Vorzeichen als bei der Nitrierung haben (hier ist also ρ > 0).
Wichtig: In allen Fällen muss es eine GERADE sein, die durch den URSPRUNG geht.
X N
O- H H
Cl
O X
NH2
OCH2CF3
In allen drei Fällen dürfte der Absolutbetrag der Steigung geringer sein als für die Referenzreaktion, da die Reaktion nicht direkt am Kern, sondern nur an einem Substitutenten stattfindet, womit der Einfluß der Elektronendichte des Kerns nicht mehr so stark ist.
p-NO2
p-OH
p-CN p-NHAc
A, B C
3. Entsteht in den folgenden Reaktionen das gezeigte Produkt als Hauptprodukt?
Antworten Sie bitte mit „Ja“ oder „Nein“.
Erklären Sie danach, z.B. durch Angabe eines Intermediats und/oder in Worten, wie und warum es entsteht oder warum nicht! Geben Sie, falls Sie eine andere Verbindung erwarten, diese an!
a)
Cl
AlCl3
Nein.
1. Wenn schon, dann Reaktion in p-Position relativ zur Methylgruppe
2. Das primäre "Carbokation" wird durch Wanderung einer Methylgruppe zum tertiären Kation umlagern.
AlCl4-
AlCl4- [1,2]-Methylshift
Cl AlCl3
b)
OMs
Benzylamin Acetonitril
N C
Nein.
Komplett f alsch.
HN
korrektes Produkt
Es findet eine SN2-Reaktion statt mit Inversion der Konfiguration. Benzylamin verdraengt dabei Mesylat.
Die dabei freiwerdenden Protonen werden von Ueberschuessigem Benzylamin abgefangen.
c)
NH2 O
O O
F F F
F F F
I NEt3, DCM
NH2 I
CF3 O
Nein.
Da keine Lewis-Säure wie Aluminiumtrichlorid, sondern eine Base zugegen ist, wird keine elektrophile aromatische Substitution, sondern eine nucleophile Substitution (genauer: Addition, gefolgt von Elimierung) stattfinden. Es reagiert daher nicht der aromatische Ring, sondern die Aminogruppe. N.B. Fluorid ist eine sehr schlechte Abgangsgruppe, daher wird auch kein F ersetzt.
H N I
O CF3 korrekt
d) Br O O
-K+
2-Butanol
Nein.
Eine Substitution ist unwahrscheinlich (auch wenn das Produkt dann korrekt wäre).
2-Butanolat ist sterisch ziemlich anspruchsvoll und auch eine starke Base; das Bromid ist ausserdem in einer Neopentylstellung (neben einem
quaternären Kohlenstoff), was SN2-Reaktionen stark behindert. Es wird daher eine Eliminierung stattfinden.
korrekt:
4. Synthese von Diclofenac ([2-(2,6-Dichloro-phenylamino)-phenyl]-acetic acid)
Diclofenac (“Voltaren”) hemmt die Prostaglandinsynthese, indem es, ähnlich wie Paracetamol oder Aspirin das Enzym Cyclooxygenase blockiert.
Machen Sie einen Vorschlag für die Synthese dieses Wirkstoffes! Für das eine aromatische System haben Sie (2-Iodophenyl)-Essigsäure zur Verfügung, weshalb Sie für diese Verbindung keine Synthese angeben müssen; für den anderen Aromaten können Sie von einem beliebigen, einfach substituierten Benzolderivat ausgehen. Diese beiden Aromaten werden an einer geeigneten Stelle Ihrer Synthese mittels einer kupferkatalysierten Kupplungsreaktion verknüpft (siehe unten).
HN Cl HOOC Cl
Diclofenac (2-Iodophenyl)-Essigsäure I
HOOC
Cu-katalysierte Kupplung von Arylaminen und Arylhalogeniden:
Hal NH2
X Y
CuI, K2CO3
H N
Y X
+
Arylhalogenide können in Gegenwart einer Base wie Kaliumcarbonat und katalytischen Mengen eines Kupfer(I)-salzes wie CuI mit Anilinderivaten gekuppelt werden. Die Reaktion toleriert zahlreiche andere funktionelle Gruppen.
Zu beachten ist: Iodide reagieren schneller als Bromide, welche ihrerseits schneller als Chloride reagieren. Es ist daher möglich, ein Aryliodid in Gegenwart eines Arylchlorids umzusetzen.
NH Cl
Cl
COOH I HOOC
NHAc
SO3, H2SO4
NHAc
SO3H
NHAc
SO3H
Cl2, FeCl Cl NH2
Cl Cl
H2SO4,
H2O, Δ +
CuI, K2CO3
Eine Kupplung auf einer früheren Stufe ist nicht sinnvoll.
5. Die folgenden Verbindungen werden mit Silbercyanid in Methanol umgesetzt.
a) Geben Sie das Produkt der Reaktion von Verbindung A an!
Br MeO
A
AgCN MeOH
N MeO
C
b) Ordnen Sie die folgenden Verbindungen nach ihrer Reaktionsgeschwindigkeit!
1 ist diejenige Verbindung, die am langsamsten reagiert, 5 die schnellste. Begründen Sie bitte!
Br
Br
Br
Br
MeO
Br
A B C D E
1: C: es muesste ein Phenylkation entstehen, was sehr unguenstig ist.
2: E: Ein primaeres Carbokation ist nicht sehr stabil, aber besser als ein Phenylkation.
3: D: Sekundaeres Carbokation.
4: B: Benzylkation, stabilisiert durch Resonanz mit dem Aromaten.
5: A: p-Methoxybenzyl-Kation, sehr gut stabilisiert, da die positive Ladung nicht nur auf den Aromaten, sondern auch noch auf den π-Donor OMe verschoben werden kann.
6. Ordnen Sie die folgenden Carbonsäuren A bis E nach ihrer Azidität in wäßriger Lösung! 1 ist die schwächste Säure, 5 die stärkste. Begründen Sie bitte!
1: E: Drei Alkylgruppen (Donoren) an C-COOH. Negative Ladung damit schlecht stabilisiert.
2: A: Nur eine Alkylgruppe (Ethyl), damit weniger elektronenreich als E.
3: C: Methyl, d.h. kürzere und weniger elektronenreiche Gruppe als Ethyl.
4: B: Kein Substituent, nur H.
5: D: CF3-Gruppe ist starker Elektronenakzeptor, stabilisiert negative Ladung (nach Deprotonierung) gut, d.h. stärkste Säure.
A B C D E
OH O
H OH
O OH
O
F3C OH O
OH O