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Bindungsmuster und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit und insbesondere Soziale Beratung in Theorie und Umsetzung

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Academic year: 2021

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Bachelorarbeit

im Studiengang „Soziale Arbeit“

Bindungsmuster und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit und

insbesondere Soziale Beratung in Theorie und Umsetzung

Erstgutachter:

Prof. Dr. phil. Roland Haenselt

Zweitgutachter: Prof. Dr. phil. Roland Haenselt

Vorgelegt von:

Susanne Klein

urn:nbn:de:gbv:519-thesis2013-0270-5

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Inhaltsverzeichnis

Einführung S. 1

1. Bindungstheorie

1.1 Darstellung verschiedener Entwicklungstheorien bis zur Entstehung der Bindungstheorie

1.1.1 Freud – Psychoanalyse - psychosexuelle Entwicklung S. 2 1.1.2 Erikson – Psychoanalyse – Psychosoziale Entwicklung S. 3 1.1.3 Watson – Behaviorismus – Verhalten und Konditionierung S. 4 1.1.4 Bandura – Behaviorismus – Soziales Lernen S. 5 1.1.5 Piaget – Konstruktivismus – Kognitive Entwicklung S. 6 1.1.6 Wygotski – Sozialer Konstruktivismus – Tutor S. 8 1.1.7 Bronfenbrenner – bio-ökologische Entwicklungstheorie S. 8 1.1.8 Rogers und Maslow – Humanistische Psychologie S. 9

1.2 Bindung

1.2.1 Bowlby – Bindungstheorie S. 10 1.2.2 Auswirkungen der Bindungsmuster im Erwachsenenalter S. 14

2. Soziale Arbeit

2.1 Die Bedeutung der Sozialen Beratung im Kontext der Sozialen Arbeit

2.1.1 Begriffsklärung „Soziale Beratung“ S. 19 2.2.2 Zusammenhang zwischen Sozialer Beratung und sozialer Arbeit S. 25

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3. Bindungstheorie und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit, insbesondere für die soziale Beratung

3.1 Zusammenstellung der gewonnenen Erkenntnisse S. 25 3.1.1 Verhindern unsichere Bindungsstrukturen

professionelles Handeln? S. 26 3.2 Fazit S. 27 Anhang Literaturverzeichnis Erklärung Gender Eigenständigkeitserklärung

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Einführung

In dieser Verschriftlichung möchte ich den Zusammenhang zwischen Sozialer Arbeit und sozialer Beratung darstellen und herausarbeiten, welche Bedeutung die Bindungstheorie hierfür hat. Als Studentin der Sozialen Arbeit und gleichzeitig Mutter von inzwischen drei Kindern ist es für mich sehr interessant, wissenschaftliche Erkenntnisse aus meiner

Ausbildung mit alltäglichen Erlebnissen mit Menschen, insbesondere meinen Kindern zu verknüpfen. Am meisten umtreibt eine Mutter natürlich die Frage, wie sie ihre Kinder stark für die Zukunft machen kann.

„Für den Erwerb von Urvertrauen in die Welt und in die Menschen, für die Entfaltung jeglicher Kompetenzen und den Erwerb von Resilienz wurde die sichere Bindung zu einer primären Bezugsperson als wichtigste Ressource erkannt.“1

So argumentiert Prof. Dr. Alexander Trost in seinen Begrüßungsworten für eine

Fachtagung der katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen. Daher ist eine gelungene Bindung ebenso wie Mangelerfahrungen in diesem Bereich letzten Endes oft richtungsweisend für die weitere Entwicklung des Menschen. Es wird also erforderlich, sich mit diesem Thema zu befassen und Wege zu finden, das Wissen um den Wert von Beziehungen in der Entwicklung in die Soziale Arbeit mit einzubeziehen. Diese Fachtagung am 11. und 12.01.2013 ist nach seiner Aussage die erste, die

„Bindungsorientierung in der Sozialen Arbeit“2 zum Thema hat. Dies zeigt aus meiner Sicht die Notwendigkeit, diesen Bereich zu vertiefen. Es stellen sich mir also folgende Fragen: Was ist eine sichere Bindung? Woher kommt dieser Begriff und wie kann ich feststellen ob eine sichere Bindung vorhanden ist? Wie kann ich meinem Kind eine sichere Bindung geben? Was passiert mit Menschen, die keine sichere Bindung aufbauen konnten? Was bedeuten die Inhalte der Bindungstheorie für die Soziale Arbeit?



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1. Bindungstheorie

1.1 Darstellung verschiedener Entwicklungstheorien bis zur Entstehung der

Bindungstheorie

1.1.1 Freud – Psychoanalyse - psychosexuelle Entwicklung

Die Erforschung der kindlichen Entwicklung und damit auch der Eltern-Kind- Beziehung wurde von vielen verschiedenen Wissenschaftlern geprägt und weiterentwickelt. Zu den Anfängen der Entwicklungspsychologie werden besonders die Beiträge Siegmund Freuds (1856-1939) gezählt. Dieser kennzeichnete die kindliche Entwicklung insbesondere anhand von psychosexuellen Phasen, war jedoch gleichzeitig der Auffassung, dass diese immer mit Entwicklungen von Beziehungen und deren Ausgestaltung, sowie mit

kognitiven Lernprozessen verbunden seien3. Nach Freud laufen die ersten drei Phasen der Entwicklung innerhalb der ersten fünf Lebensjahre eines Menschen ab. In der ersten Phase, - orale Phase genannt-, kann das Kind anfangs nicht zwischen sich selbst und seiner Mutter unterscheiden. Bis zum Alter von ca. eineinhalb Jahren beginnt der Säugling zu lernen zwischen den eigenen Wünschen, bzw. „Trieben“ und den Anforderungen zu unterschieden, die von außen an ihn herangetragen werden. Nachdem die

Triebbefriedigung in der „oralen Phase“ über Mundschleimhaut und Lippen erfolgte, wechselt der Lustgewinn in der „analen Phase“ zum Bereich des Afters und der Extremitätenmuskeln. In der dritten, der „Phallischen“ Phase, erfolgt er über die Geschlechtsorgane.

Durch Reaktionen, wie beispielsweise die (zu) frühe Entwöhnung von der Brust oder auch in der heutigen Zeit vom Beruhigungssauger, kann das Individuum in seiner Phase

verhaftet bleiben, da es seine Bedürfnisse in diesem Bereich nicht ausreichend erfüllt bekam. So entwickelt es sich nur wenig oder gar nicht weiter, sondern ist allein auf die Befriedigung beispielsweise des Saugtriebes ausgerichtet. Eine andere Möglichkeit ist, dass das Individuum in die letzte Phase zurückgeht, in der es volle Befriedigung erfuhr. So kann es beispielsweise von der phallischen Phase zurückgehen zur analen oder oralen Phase, da es dort Befriedigung fand. Diese beiden Mechanismen werden von Freud als „Fixierung“ und „Regression“ bezeichnet4.

Mit seinen Theorien sorgte Freud dafür, dass auch von denjenigen Forschern, die seine Ideen weiterentwickelten, oder aber auch stark kritisierten, die Wichtigkeit der ersten



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Lebensjahre für die Entwicklung der Persönlichkeit berücksichtigt wurde. Außerdem rückte er so auch die zentrale Funktion der Eltern-Kind-Beziehung in den Fokus. Jedoch gibt es auch einige Punkte, die durchaus hinterfragt werden können und sollten. So wird es kritisch gesehen, von einer vollständigen Entwicklung des Individuums innerhalb der ersten sechs Lebensjahre auszugehen. Außerdem bleibt von Freud die Frage

unbeantwortet, inwiefern auch die das Kind umgebende Kultur eine Rolle für seine Entwicklung spielt.

1.1.2 Erikson – Psychoanalyse – Psychosoziale Entwicklung

Erikson (1902-1994), ein Schüler Freuds, entwickelte daher diese Gedanken weiter, baute sie aus und kam zu seinen eigenen Theorien. In seinem Zusammenleben mit verschiedenen Indianer-Stämmen sowie auch in der Beobachtung von Soldaten, die aus dem zweiten Weltkrieg zurückgekehrt waren, entdeckte Erikson deutliche „Anpassungsprobleme“5. Als Erklärung derselben waren Freuds Ansätze aber nicht befriedigend und so entwickelte Erikson seine Thesen zur psychosozialen Entwicklung. Erikson ging davon aus, dass das ganze Leben eines Menschen aus acht Phasen besteht. Diese wiederum sind durch verschiedene Konflikte oder Aufgaben gekennzeichnet, die es zu bewältigen gilt. Dabei kann das Individuum sich weiterentwickeln und somit verschiedene „Ich-Qualitäten, wie z.B. Vertrauen, Selbständigkeit, Initiative, usw.“ 6 erlangen.

„Acht Phasen des menschlichen Lebenslaufs (…) (1) Vertrauen vs. Misstrauen (2) Autonomie vs. Selbstzweifel (3) Initiative vs. Schuld (4) Kompetenz vs. Minderwertigkeit (5) Identität vs. Rollendiffusion (6) Intimität vs. Isolierung (7) Generativität vs. Stagnation (8) Ich-Integrität vs. Verzweiflung“7  ϱDŝĞƚnjĞůϮϬϬϮ͕^͘Ϯϭ ϲ DŝĞƚnjĞůϮϬϬϮ͕^͘Ϯϭ ϳ DŝĞƚnjĞůϮϬϬϮ͕^͘Ϯϭ

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Dies sind die von Erikson beschriebenen Phasen. Die Erwartung, dass jede dieser Phasen vollständig abgeschlossen werden kann, hat er gar nicht. Obwohl er der Auffassung ist, dass nachfolgende Aufgaben sich umso leichter erfüllen lassen, je mehr man von den vorherigen Hindernissen gut überwinden konnte, machte Erikson die Beobachtung, dass jeder Mensch auch hin und wieder mit verschiedenen Teilen der jeweiligen Phasen wieder konfrontiert ist und dementsprechend die einzelnen Abschnitte nie ganz zum Abschluss bringen kann. Nach Erikson ist also die Summe der erworbenen positiven Ich-Qualitäten ausschlaggebend für die erfolgreiche Bewältigung von sich ändernden Anforderungen. Der Unterschied zwischen den Ansätzen von Freud und Erikson ist deutlich. So beschränkt sich Freud mit seinen Theorien auf die ersten sechs Lebensjahre, während Erikson das Leben als ständige Entwicklung ansieht und somit auch seine acht Phasen auf das ganze menschliche Leben aufgeteilt sieht. Außerdem sucht Erikson die Antwort auf die Frage, wie Menschen Lebenskrisen gut überstehen können, wohingegen Freud sich mit der Entstehung von Defiziten auseinandersetzt.

1.1.3 Watson – Behaviorismus – Verhalten und Konditionierung

Anders als Freud, der davon ausging, dass das Individuum im Unterbewusstsein ständig von seinen angeborenen Trieben beeinflusst ist, glaubten die sogenannten „Behavioristen“, dass der Mensch im Gegenteil dazu beinahe ausschließlich von seinen Lebensumständen gelenkt wird. Damit sahen sie sich in einer traditionellen Linie zur angelsächsischen Philosophie und beriefen sich u.a. auf einen Gedanken von John Locke (1632-1704), einem englischen Philosophen, nach dem „…der „Geist“ des Neugeborenen einem leeren Blatt Papier entspricht, das erst noch zu beschreiben ist.“8. Der Begründer des

behavioristischen Ansatzes, John Watson (1928), verschärfte dieses Bild noch, indem er äußerte, dass ein Kind eigentlich „ein quicklebendiges, sich windendes Stückchen Fleisch“9 sei, das lediglich auf die Reize seiner Umwelt reagieren könne. Aus diesem könne man dann mit der passenden Umgebung, den richtig gewählten Reizen alles

machen, was man wolle. – Watson sagte: „Gebt mir ein Dutzend Kinder und eine Welt, in der ich sie aufziehen kann. Ich garantiere dann, daß ich jedes zu dem mache, was ich möchte: Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, Unternehmer oder auch Bettler und Dieb.“10

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Besonders fällt auf, dass im Behaviorismus die natürlichen Entwicklungen im Körper und somit auch im Gehirn nicht berücksichtigt wurden. Lediglich die Lerngeschichte des Einzelnen wurde beleuchtet. Heute jedoch wird anerkannt, dass u. a. hormonelle Veränderungen durchaus auch Einfluss auf die Entwicklung des Menschen haben.

Aus Sicht der Behavioristen haben „Verstärkung und Bestrafung“11 eine große Bedeutung für das menschliche Werden. Das Individuum lernt, eine Stimulanz mit einer Reaktion zu verbinden. So macht ein Kind beispielsweise die Erfahrung, dass Bonbons gut schmecken und es diese bekommt, wenn es zu einer bestimmten Tante freundlich „Guten Tag“ sagt. Es wird vermutlich in Zukunft öfter freundlich grüßen in der Hoffnung, wieder ein Bonbon zu erhalten.

Anders formuliert werden gewisse Verhaltensweisen dann wiederholt, wenn ihnen eine angenehme Wirkung (z.B. Lob, Aufmerksamkeit, etwas Gutes zu Essen, etc.) unmittelbar folgte. Dahingegen nehmen solche Verhaltensweisen wieder ab, wenn eben diese

angenehme Wirkung konsequent ausbleibt oder aber statt derselben ein unangenehmer Effekt (z.B. Hunger, Schmerz, Müdigkeit, etc.), eine Bestrafung, erfolgt. Wer sich strikt auf den Behaviorismus beruft, vertritt in der Regel auch die Lehrmeinung, dass das Individuum zu seiner Weiterentwicklung keine Antwort der Eltern auf sein Handeln braucht. Eine Verstärkung oder Bestrafung könnte auch von einer Maschine oder einem Computer erteilt werden. – Aus Sicht des Behaviorismus wären die Auswirkungen gleich.

1.1.4 Bandura – Behaviorismus – Soziales Lernen

Dieser Ansatz war für Albert Bandura (1962) nicht mehr haltbar, als er bei seiner Forschungsarbeit folgende Beobachtung machte: Die Eltern der mit dem Gesetz in

Konflikt geratenen Jugendlichen, die er untersuchte, zeigten auffallend häufig aggressives Verhalten. So stellte sich für ihn die Frage, ob neben den Erklärungsansätzen des

Behaviorismus, denen er bis dahin konsequent gefolgt war, auch noch andere Einflüsse wirksam sind bei der menschlichen Entwicklung. Mit einer Reihe von Experimenten kam Bandura zu der Annahme, dass auch das „Beobachtungslernen“12 für die Reifung des Individuums von großer Bedeutung sei. Die so von ihm entwickelte Sozial-kognitive Lerntheorie13 besagt, dass der Mensch eben auch lernen kann, indem er das Verhalten

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Anderer und die Folgen dessen genau beobachtet. Aus den gemachten Beobachtungen kann er dann Hinweise für sein eigenes Verhalten ableiten.

Die Grundgedanken des Behaviorismus wurden noch weiter entwickelt, als in den 60er Jahren durch den technischen Fortschritt der Begriff der künstlichen Intelligenz aufkam. So wie nun elektronische Geräte so gebaut waren, dass sie Informationen sowohl aufnehmen, als auch verwerten und speichern konnten, so konnte man sich nun auch vorstellen, dass im Menschen Prozesse vorgehen, die von außen und insbesondere ohne technische Hilfe nicht erkennbar sind. Bei technischen Geräten war es nun also möglich, etwas Bestimmtes einzugeben und durch Festlegung des verarbeitenden Programmes das Ergebnis

entscheidend mit zu beeinflussen. Diese Beobachtung wurde von Behavioristen dann auch auf das Bild eines Menschen übertragen. Das jeweilige „Verarbeitungsprogramm“ wurde von ihnen als „kognitiver Prozess“ bezeichnet. Eine der behavioristischen Annahmen blieb demzufolge erhalten: Die Menschen unterliegen ebenso passiv wie Maschinen der

Kontrolle ihrer Umwelt und außerdem folgt ein Lernschritt dem anderen und der menschliche Geist wächst somit kontinuierlich.

1.1.5 Piaget – Konstruktivismus – Kognitive Entwicklung

Eine der größten Reformationen dieser Sichtweisen wurde durch Jean Piaget (1896-1980) angestoßen. Er vertrat die konstruktivistische Idee, dass ein Mensch sich nicht passiv formen lässt, sondern aktiv in seine eigene Entwicklung eingebunden ist und die Welt und ihre Erscheinungen anhand seiner bisher gesammelten Vorerfahrungen deutet und zu erklären versucht. Piaget beschrieb die geistige Entwicklung des Individuums zwar sehr detailliert und genau, berücksichtigte dabei jedoch kaum die Entstehung der

unterschiedlichen Reaktionen in konfliktgeladenen Situationen. Der Ansatz Piagets wird als „universal-konstruktivistische Sichtweise“ 14 bezeichnet, da dieser überzeugt war, dass die von ihm beobachteten und beschriebenen Entwicklungsschritte bei jedem Menschen die gleichen sind, wenn sie auch vielleicht in unterschiedlichen Zeitspannen gemacht werden. Nach der Theorie von Piaget entwickelt das Individuum sich dann weiter, wenn zwei Faktoren zusammen kommen: Zum einen braucht es die biologische grundsätzliche Bereitschaft, einen nächsten Entwicklungsschritt anzugehen. Zum anderen lösen die kognitiven Konflikte15 im Individuum das Bedürfnis aus, seinen Geist insofern

weiterzuentwickeln, dass Wahrnehmungen, die bisher nicht zum eigenen Weltbild, bzw.



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Verständnis gepasst haben, nun sinnvoll mit eingegliedert werden. Dieser Vorgang wird von Piaget als Adaption bezeichnet, welche wiederum Assimilation sowie

Akkommodation umfasst. Für eine optimale Weiterentwicklung ist ein Äquilibrium, d.h. ein Gleichgewicht zwischen Assimilation und Akkommodation erforderlich. Assimilation beschreibt den Vorgang, bei dem die Dinge so gedeutet oder genutzt werden, dass sie in das Denkschema des Menschen passen. Hat ein Kind beispielsweise gelernt, aus einem Plastikbecher zu trinken, kennt es die Beschaffenheit des Bechers. Es weiß vielleicht, dass dieser heil bleibt, auch wenn er einmal herunterfällt. Wird ihm nun ein Trinkgefäß aus Ton beispielsweise angeboten, das ansonsten die gleiche, zylindrische Form hat, wird dieses vom Kind ebenfalls als Becher identifiziert und auch ebenso genutzt. Dementsprechend dürfte es auch nicht verwundern, wenn es diesen Tonbecher ebenso unbesorgt fallen lässt wie vorher seinen Plastikbecher. Der Begriff der Akkommodation hingegen beschreibt den Prozess, indem die eigene Denkstruktur so verändert wird, dass sie zur beobachteten Situation oder zum neu entdeckten Gegenstand passt. Dieser Vorgang ist beispielsweise zu beobachten, wenn Kinder bereits aus einer Tasse trinken können und dann zum ersten Mal ein Glas mit einem Strohhalm vor sich haben. Mit der Zeit und eventuell nach einigen nassen Pullovern werden sie verstanden haben, dass beim Trinken mit Strohhalm das Kippen des Trinkgefäßes unnötig und eher hinderlich ist. Das Schema wird also insofern abgewandelt, wenn es auch in seinen Grundzügen erhalten bleibt. So wird der Strohhalm ebenso mit den Lippen umfasst wie vorher der Tassenrand.

Die menschliche Entwicklung verläuft nach Auffassung Piagets in Stufen, die zwar aufeinander folgen, aber auch fließend ineinander übergehen und somit nicht bei jedem Menschen zur exakt gleichen Zeit erreicht werden. Von Geburt an durchläuft der Mensch nach Piagets Verständnis also folgende Phasen:

- die sensomotorische Phase - die präoperationale Phase - die konkret operationale Phase - die formal operationale Phase

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1.1.6 Wygotski – Sozialer Konstruktivismus - Tutor

Piaget machte mit der Zeit einige Zugeständnisse an seine Kritiker, - beispielsweise indem er einräumte, dass der kulturelle Hintergrund eines Menschen die Geschwindigkeit der von ihm gemachten Entwicklungsschritte beeinflusst. Allerdings ist man inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass der menschliche Geist in seiner Entwicklung ebenso von seinem ihn umgebenden Milieu beeinflusst wird, wie auch von der Art der von dem Lebensumfeld ausgehenden Reize. Dies ist vor allem dem russischen Psychologen Lew Wygotski (1896-1934) zu verdanken. Dieser prägte den Begriff des Sozialen

Konstruktivismus. Er machte die Beobachtung, dass der Mensch für seine geistige Reifung angewiesen ist auf Motivation und (gezielt gesetzten) Reizen von seinem sozialen Umfeld. Charakteristisch für seinen Ansatz ist der Gedanke von einem sogenannten Tutor, der in seinem Wissen und Können zumindest ein wenig weiter ist als das Individuum, sodass dieses sich an ihm orientieren kann. Die Orientierung bietet der Tutor entweder als Modell, dessen Vorbild nachgeahmt werden darf oder aber in Form von Gesprächen, um sich Dinge bewusst zu machen.

1.1.7 Bronfenbrenner – bio-ökologische Entwicklungstheorie - Umweltsysteme

Auf dieser Basis erarbeitete Bronfenbrenner (1917-2005) seine „bio-ökologische Theorie der Entwicklung“16. Bronfenbrenner stellte zum einen fest, dass durch die jeweiligen Erbanlagen ein Kind bereits gewisse Möglichkeiten, sowie auch Grenzen der physischen, psychischen und sozialen Entwicklung in sich trägt. Zum anderen verdeutlichte er aber auch anhand seines Modells der fünf verschiedenen Umweltsysteme, dass der Mensch in seiner Entwicklung von seinem Umfeld beeinflusst wird und gleichzeitig auch Einfluss nimmt auf seine Umwelt. Bronfenbrenner unterteilt die Umwelt des Individuums in fünf Kategorien: Das Individuum steht dabei im Zentrum mit dem, was es an Vorbedingungen mitbringt. Es wird umgeben vom Mikrosystem, welches neben der Familie auch

Nachbarschaft, Schule oder Kindergarten, Kirchengemeinde und den Gesundheitsplan beinhaltet. Im Mesosystem sieht Bronfenbrenner die Verbindungen der verschiedenen Mikrosysteme verortet. Denn das, was das Individuum in einem Mikrosystem erlebt, hat in der Regel auch Auswirkungen auf die weiteren Systeme, in denen es sich bewegt. So wird ein Kind beispielsweise in der Schule versuchen, Konflikte mit anderen Kindern mit Gewalt zu lösen, wenn es in seiner Familie sieht, dass sein Vater sich seiner Mutter oder



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ihm selbst gegenüber auf ebensolche Weise durchsetzt. Das Exosystem bezeichnet Bereiche, in denen sich das Kind selbst gar nicht bewegt, die aber dennoch Einfluss auf sein Leben haben. So kann zum Beispiel eine erfüllende Tätigkeit des Vaters in einem angenehmen Arbeitsklima denselben auch genügend Energie geben, um für sein Kind da zu sein, Verständnis und Zuwendung zu geben. Die Kultur und Subkultur, in der das Individuum aufwächst, wird von Bronfenbrenner als Makrosystem bezeichnet. Dieses hat insofern Einfluss auf das Individuum, dass durch die Kultur ein bestimmtes Weltbild, eine Glaubensrichtung und/oder Rollenverständnisse, etc. vermittelt werden. Zwar ändern sich die genannten Faktoren auch immer mal wieder, allerdings braucht es in diesem Kontext oftmals längere Zeit, bis sich Neuerungen wirklich in einer Kultur manifestieren.

Auch einschneidende Veränderungen im Leben eines Kindes, wie beispielsweise der Tod einer wichtigen Bezugsperson (z.B. Großeltern, Eltern, Geschwisterkind), die

Eingewöhnung in Kindergarten oder Krippe oder der Eintritt in die Pubertät und die Ablösung von den Eltern können ein Kind vor die Herausforderung stellen, sich komplett neuen Begebenheiten anzupassen. Für diese Dinge braucht jeder Mensch unterschiedlich viel Zeit, weshalb das dazugehörige System von Bronfenbrenner als das „Chronosystem“17 bezeichnet wird. Trotzdem gibt es Beobachtungen, die einen zeitlichen Rahmen für bestimmte Anpassungen annehmen lassen, so wie z.B. von Hetherington18. Mit dem Chronosystem gibt es eine gute Möglichkeit besonders wichtige Faktoren im Werden des Individuums auch unter Berücksichtigung der benötigten Verarbeitungszeit zu

verdeutlichen.

Während in dieser Theorie die äußeren Einflüsse stark im Fokus sind, mangelt es an der Berücksichtigung der Wichtigkeit der kognitiven und biologischen Faktoren.

1.1.8 Rogers und Maslow – Humanistische Psychologie

Die Gefühle des Menschen und deren Auswirkungen auf dessen Entwicklung wurden von der humanistischen Psychologie in den Blickpunkt gerückt. Carl Rogers (1902-1987) und Abraham Maslow (1908-1970) waren im Gegensatz zu Vertretern der Psychoanalyse und des Behaviorismus der Überzeugung, dass der Mensch weder ausschließlich von inneren Trieben, noch von ihrem Lebensumfeld bestimmt, sondern in der Lage sei, eigene, vorausschauende Entscheidungen zu treffen. Maslow gebrauchte zur Veranschaulichung das Bild eines Samenkorns, aus dem eine Rose wächst. Rogers vertrat außerdem die



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Ansicht, dass die Umwelt des Individuums durch ihre Reaktion auf sein Handeln und einfaches Sein auch die Entwicklung beeinflusst. Durch ihn wurden die Begriffe des „Selbstwertgefühls“ und „Selbstkonzeptes“19 auch in die heutige Entwicklungspsychologie mit aufgenommen. Der größte Kritikpunkt an der Humanistischen Psychologie ist die an mehreren Stellen auftretende Ungenauigkeit und damit Missverständlichkeit der

Definitionen.

Da jede einzelne These, jeder einzelne Ansatz zur Entwicklungspsychologie kleinere und größere Schwächen aufweist, sind inzwischen viele Wissenschaftler an dem Punkt

angelangt, die einzelnen Theorien zu einem Gesamtbild zusammen zu führen. So kann man bestmöglich die Entwicklung des Menschen an sich in allen ihren Facetten nachvollziehen.

1.2.1 Bowlby – Bindungstheorie

Keine eigene Theorie zu den Entwicklungsschritten lieferte Bowlby, dafür brachte er aber eine sehr interessante Ergänzung ein zur Antwort auf die Frage, was ein Mensch für eine gesunde Entwicklung braucht. Mit seinen Ausführungen zur von ihm mit begründeten Bindungstheorie revolutionierte Bowlby (1907-1990) die bis dahin üblichen Ansichten über den Wert der Beziehung zwischen Eltern und Kind. Er beschrieb „Bindung als natürliches, (… [sic!]) „Überlebensmuster““ 20. Damit distanzierte er sich von der negativen Besetzung des Begriffes der Abhängigkeit des Säuglings und Kleinkindes von seinen Eltern oder anderen Erwachsenen. So griff er die Theorie Freuds auf, entwickelte sie jedoch entscheidend weiter. Freud hatte im Rahmen seiner Theorie bereits auf die negativen Folgen von unerfüllten Bedürfnissen für die kindliche Entwicklung aufmerksam gemacht. Bowlby konkretisierte dies, indem er der Äußerung von Bedürftigkeit die

wichtige Funktion der Existenzsicherung 21 zuschrieb. Das Bindungsverhalten, also das Weinen des Säuglings ebenso wie sein Reflex, sich an dargebotenen Gegenständen oder Fingern, etc. festzuklammern, tritt vor allem immer dann zutage, wenn das Kind sich in seinem Dasein bedroht fühlt durch Hunger, Schmerz, Angst, etc. Da es also ums Überleben geht, wirkt sich das Verhalten der Bindungsperson dem Bedürftigen, also dem Kind, gegenüber auf dessen ganzes Leben aus. Der Verlauf der ersten Beziehungen im Leben wird im Unterbewusstsein abgespeichert und wirkt sich auf den Beziehungsaufbau zu jeder



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20 Bowlby 2010, S. 21

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weiteren Person im Umfeld aus. Dies gilt bis ins Erwachsenenalter und ist laut Bowlby absolut natürlich. Die Mechanismen, die in unangenehmen oder für den Menschen gefährlichen Situationen in Gang gesetzt werden, um wieder eine Sicherheit zu finden, werden von Bowlby als „innere Arbeitsmodelle“22 bezeichnet. Die Bindungstheorie beinhaltet auch die Annahme, dass diese inneren Arbeitsmodelle Einfluss auf das weitere Leben des jeweiligen Menschen bis ins Erwachsenenalter haben23. Dabei wird eine sichere, starke Bindung an die Bezugspersonen als positiver Einfluss angesehen, wohingegen eine unsichere Bindung oft eher negativ auf den Lebensverlauf einwirken kann24.

Interessant hierbei ist es, dass Väter und Mütter in ihrer Beziehung zum Kind

unterschiedliche Funktionen haben. Während die Mutter für die Pflege, Ernährung und die körperliche Zuwendung und das sensible Eingehen auf die Gefühle des Kindes zuständig ist, übernimmt der Vater in der Regel die Rolle des Lehrers, des Herausforderers und des Ermutigenden. Während die Mutter somit hauptsächlich das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit stillt, ist der Vater meist derjenige, der sein Kind zur Exploration ermuntert und anleitet25.

Um diese Theorien zu belegen wurden viele verschiedene Methoden der

wissenschaftlichen Untersuchung entwickelt. So gibt es beispielsweise das Modell der „Fremden Situation“26, indem die Bindung des Säuglings oder Kleinkindes zu seiner Mutter untersucht wird.

Für die sogenannte „Fremde Situation“ wird zuerst die Mutter eingewiesen. Es werden ihr die einzelnen Episoden erläutert und auch eine schriftliche Zusammenfassung der

wichtigsten Punkte an die Hand gegeben, damit sie sich im Versuchsgeschehen orientieren kann. Für den Versuchsaufbau werden zwei Räume benötigt, die durch einen

Einwegspiegel verbunden sind. In einem Raum sind die Beobachter, im anderen Raum sind drei Stühle im Dreieck aufgestellt, die jeweils der Mutter, der fremden Frau und dem Spielzeug für das Baby zugewiesen sind. Die Mutter soll anfangs den Raum allein mit ihrem Kind betreten und ihr Kind so im Raum absetzen, dass es das Spielzeug im Blick hat. Während des kompletten Versuchs ist sie gebeten, sich ihrem Kind zuzuwenden, wenn es nach ihr verlangt, seine Aufmerksamkeit jedoch nicht gezielt auf sich zu lenken. Die fremde Frau kommt dazu und unterhält sich anfangs mit der Mutter, nimmt dann Kontakt

 22 Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 4 23 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 81 24 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 81 25 Vgl. Seiffge-Krenke 2004, S. 202 ff 26 Grossmann (Hrsg.) 2003, S. 146

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zum Kind auf, um anschließend bei dem Kind zu bleiben, während die Mutter für drei Minuten den Raum verlässt. Dabei lässt die Mutter ihre Handtasche auf dem Stuhl zurück. Die fremde Person zieht sich zurück und reagiert nur, wenn das Kind von sich aus auf sie zukommt, bzw. Kontakt sucht. Sie bietet jedoch dem Kind Trost an, wenn es dessen bedarf. Bevor die Mutter anschließend wieder den Raum betritt, spricht sie laut vor der Tür, sodass sie von ihrem Kind gehört werden kann. Durch ihr zögerliches Eintreten soll die Mutter ihrem Kind die Möglichkeit zu einer Reaktion geben und es dann begrüßen. Bevor sie wieder geht, ist sie beauftragt, dass ihr Kind sich möglichst wohlfühlt und, auf dem Boden abgesetzt, wieder auf das Spielzeug aufmerksam wird. Außerdem soll sie vor dem Verlassen des Raumes „Auf Wiedersehen“ sagen. Das Verhalten der fremden Frau soll sich in den nun folgenden drei Minuten an dem Befinden des Kindes orientieren. Für die Situationen, in denen das Kind mit der fremden Frau allein ist, gilt außerdem, dass diese verkürzt wird, wenn das Kind offensichtlich große Probleme hat, dem Stress standzuhalten. Sollte das Kind in der ersten Episode allein mit der Fremden gespielt und entdeckt haben, dann soll diese nun eine Interaktion mit dem Kind aufbauen. Sollte das Kind jedoch zuvor nicht exploriert haben, so soll sie ihm zuerst Zeit geben, um sein Umfeld zu erkunden, bevor sie Kontakt zu ihm aufnimmt. Trösten soll sie es, wenn es Trauer oder gar Verzweiflung angesichts des Weggangs seiner Mutter zeigt. Zum

Abschluss betritt die Mutter wieder den Raum, spricht jedoch ihr Kind vom Türrahmen aus an, bevor sie ihr Kind hochnimmt.

Es wird beobachtet, wie das Kind sich im Beisein seiner Mutter verhält, ob es in ihrer Anwesenheit exploriert oder bereits beim Absetzen sein Bindungssystem aktiviert wird, sodass es eher darauf fixiert ist, wo die Mutter ist und was sie macht. Auch werden die Reaktionen der Mutter auf die Bedürfnisäußerungen ihres Kindes untersucht.

Um die Beziehung zwischen Müttern und ihren Kindern im Alter ab sechs Jahren beobachten zu können, muss das Modell der fremden Situation deutlich modifiziert werden. Die Zeit der Trennung sollte in diesem Falle statt drei Minuten eine Stunde betragen. Der Weggang eines Elternteils an sich macht Kindern in diesem Alter weniger Angst, da ihr abstraktes Denken bereits so weit entwickelt ist, dass sie sich gut vorstellen können, dass diese Trennung nichts Dauerhaftes ist. Daher wird in diesem Versuchsmodell vor allem untersucht, wie die erneute Kontakt- und Beziehungsaufnahme aussieht, wenn in diesem Falle die Mutter zurückgekehrt ist27.



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Um auch das Bindungsverhalten Erwachsener zu erfassen, wurden verschiedene Interviews und Fragebögen zur Selbsteinschätzung entwickelt28.

Nach Ainsworth gibt es drei verschiedene Bindungsmuster, Main fügte noch ein viertes an29.

Folgende innere Arbeitsmodelle gibt es also im Bereich der Bindungstheorie: - sicheres Bindungsverhalten

- unsicher – vermeidendes Bindungsverhalten - unsicher – ambivalentes Bindungsverhalten - unsicher desorganisiertes Bindungsverhalten30.

Die sichere Bindung beschreibt das weitgehend intakte Verhältnis zwischen Kind und Betreuungsperson. Dabei werden die Bedürfnisse des Kindes sensibel erkannt und befriedigt. Kinder, die mit dem unsicher-vermeidenden Arbeitsmodell leben, haben Zurückweisung durch ihre Mutter erleben müssen, wenn sie mit Ängsten oder Sorgen zu ihr kamen. Um diese Mangelerfahrung nicht wieder machen zu müssen, haben sie sich angewöhnt, Gefühlsäußerungen der scheinbar unerwünschten Art zu vermeiden31. Es gibt auch Mütter, die extrem schwankend sind in ihrer Gefühlswelt und somit mal sensibel auf ihre Kinder eingehen und beim nächsten Mal unvorhersehbar unzugänglich sind. Durch dieses besonders fürs Kind nicht abschätzbare Verhalten, die dementsprechende

Unzuverlässigkeit in der Versorgung, „..wird das Bindungssystem schon vor der Trennung aktiviert“32. Somit klammern sich diese Kinder oftmals sehr stark an ihre Mütter, weinen bereits bevor die Trennung vonstattengeht und sind dementsprechend kaum in der Lage, ihre Umwelt zu erkunden. Außerdem zeigen sie auch eine auffällige Zurückhaltung und auch Angst vor fremden Personen. Die unsicher-desorganisierte Bindung unterscheidet sich insofern, dass die so zugeordneten Kinder teilweise Reaktionen zeigen, mit denen man so nicht gerechnet hat oder sie ihre Verfahrensweise unterbrachen und teilweise u.a.

angefangene Bewegungen nicht zu Ende brachten33.

 28 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 11 29 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 4 30 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 4 31 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 5 32 Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 5 33 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 5

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Dies beobachtbare Verhalten resultierte aus einer Beziehung, in der das Kind für sich keine Sicherheit fand, da es entweder Angst vor der Bindungsperson hatte, da es durch diese z. B. Gewalt erfuhr oder aber die Bindungsperson selbst keinen Halt in sich hatte und

dementsprechend selbst für das Kind sichtbar extreme Ängste zeigte. Diese Beziehungssituation führt bei Kindern oft dazu, dass sie keine angemessenen

Handlungsweisen entwickeln können, um mit Belastungen umzugehen, die ihr Bindungssystem aktivieren.

1.2.2 Auswirkungen der Bindungsmuster im Erwachsenenalter

Zwischen der Bindungstheorie und der Theorie Riemanns zu den „Grundformen der Angst“ 34 sind aus meiner Sicht interessante Parallelen zu ziehen. So beschreibt Riemann zu jeder einzelnen Angst auch mögliche Ursachen. Dabei nimmt er insbesondere das soziale Milieu, also im engsten Sinne Mutter und Vater in den Blick. Menschen müssen damit leben, mit verschiedensten Ängsten konfrontiert zu sein. Auch im Erwachsenenalter gehören Ängste untrennbar zum Leben und es bleibt lediglich die Möglichkeit, Strategien zu entwickeln, die einem den Umgang mit eben diesen Ängsten erleichtern35. Laut

Riemann sind es folgende „Gegenkräfte“ die Linderung verschaffen:

„Mut, Vertrauen, Erkenntnis, Macht, Hoffnung, Demut, Glaube und Liebe.“36

Vom Bild des Kosmos, dem Zusammenspiel der Planeten und der verschiedenen Kräfte abgeleitet hat Riemann vier Grundanforderungen des Lebens an den Menschen

herausgearbeitet:

- „…daß wir ein einmaliges Individuum werden sollen“

- „…daß wir uns der Welt, dem Leben und den Mitmenschen vertrauend öffnen, uns einlassen sollen...“

- „...daß wir die Dauer anstreben sollen.“

- „...daß wir immer bereit sein sollen, uns zu wandeln...“



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Riemann 1993

35 Vgl. Riemann 1993, S. 7 36 Riemann 1993, S. 7

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Aus diesen vier Grundherausforderungen des Lebens hat Riemann wiederum vier „Grundformen der Angst“ abgeleitet:

„1. Die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt; 2. Die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt; 3. Die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt; 4. Die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt.“37

Die „Angst vor der Selbsthingabe“, also die Angst davor, sich selbst zu verlieren, ist in etwa vergleichbar mit der unsicher-vermeidenden Bindung. Sowohl in der Beschreibung Riemanns38 als auch in der Tabelle nach Grossmann39 fehlt dem Kind von Anfang an eine einfühlende Bindungsperson, die seine Bedürfnisse erkennt und stillt. So kann kein Vertrauen entstehen und das Kind muss lernen sich selbst zu schützen und sich selbst zu genügen. Das aus diesen frühen Erfahrungen resultierende Verhaltensmuster kann sich beim Erwachsenen u.a. wie folgt äußern:

Wird der Erwachsene nach seinen Beziehungen und diesbezüglichen Erfahrungen in der Kindheit befragt, wertet er sie ab oder verneint sie, bzw. kann er sich oftmals nur an wenige bis gar keine Episoden erinnern. Dies bezieht sich besonders auf die mit den verschiedenen Erinnerungen verknüpften Gefühle. Die Elternteile werden oftmals

idealisiert dargestellt, d.h. es werden ausschließlich positive Seiten an ihnen genannt oder negative Seiten beschönigt. Auf konkrete Nachfragen kommen jedoch auch Erlebnisse zutage, die einen recht negativen Beigeschmack haben und auf gestörte Beziehungen hindeuten40.

Der Erwachsene, der mit dem unsicher-vermeidenden Bindungsmuster lebt, wird von Riemann auch als „Der schizoide Mensch“41 bezeichnet. Diesen Typ Mensch beschreibt Riemann als jemanden, der sich vor emotionaler Nähe scheut, der immer einen

Sicherheitsabstand zu anderen Menschen zu halten sucht und sich zurückzieht, sobald er das Gefühl hat, einem Menschen zu nahe gekommen zu sein oder umgekehrt. Somit sind für einen Menschen mit einem solchen Verhaltensmuster Liebesbeziehungen ein

Drahtseilakt, da er immer wieder versuchen wird, sich selbst zu schützen, indem er sich

 37 Riemann 1993, S. 15 38 Vgl. Riemann 1993, S. 36 f 39 Vgl. Ettrich (Hrsg.) 2004, S. 5 40 Vgl. Grossmann (Hrsg.) 2003, S. 346 41 Riemann 1993, S. 24

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ϭϲ

zurückzieht und isoliert. Ist er dann doch eine Bindung eingegangen, sieht er sie in der Regel als jederzeit wieder auflösbar an. Gleichzeitig kann er jedoch auch eine deutliche Eifersucht entwickeln, da er sich selbst oftmals nicht als liebenswert empfindet, jedoch die anderen Menschen um sich herum und somit mit der Angst konfrontiert ist, wiederum, wie bereits in seiner Kindheit erlebt, verlassen zu werden42.

Findet ein Mensch mit unsicher-vermeidender Bindung auch im weiteren Heranwachsen keine verlässliche Bindungsperson, dann fühlt er sich weiterhin in schwierigen Situationen in seiner ganzen Existenz bedroht, auch wenn dies realistisch gesehen bei einem

Erwachsenen nur höchst unwahrscheinlich sein dürfte. Seine Angst geht in diesem Falle jedoch so tief, dass er diesem Furcht einflößenden Moment schlicht entfliehen möchte. Somit können bei ihm Aggressionen extreme Formen annehmen. Durch seine

Ungebundenheit gibt es nichts, das ihn wirklich in seinen Aggressionen bremsen könnte: Er kann sich weder in andere Menschen hinein fühlen, noch kann jemand von außen wirklich an ihn herandringen43. Aggressionen fungieren beim schizoiden Menschen allerdings nicht nur als Sicherheit und Verteidigung, sondern dienen oftmals als einziger Weg, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Dadurch entsteht oftmals eine Spirale, die den Betroffenen immer tiefer in die Isolation und Einsamkeit zieht, da seine Umwelt oftmals natürlich eher ablehnend solch aggressiven Annäherungsversuchen gegenübersteht. Man nimmt lieber Abstand von ihm und er hat wiederum keine Möglichkeit, Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen zu sammeln. Daher versteht er nicht, dass seine Art der Kontaktaufnahme unangemessen ist und wie er sich alternativ verhalten könnte.

Andererseits sucht er Anschluss und stößt mit seinen neuerlichen Interaktionsversuchen erneut auf Abwehr44.

Die unsicher-vermeidende Bindung mit der schizoiden Persönlichkeit in Relation zu setzen, scheint durchaus Sinn zu machen. Allerdings stellt sich dann die Frage, wie die weiteren drei Persönlichkeitstypen zuzuordnen sind und wie wohl ein von einer sicheren Bindung geprägter Charakter aussehen würde. Daher möchte ich diesen Vergleich lediglich als ein Gedankenspiel stehen lassen.

Festzustellen bleibt, dass Mangelerfahrungen bezüglich einer sensiblen, verlässlichen und liebevollen Bindungsperson je nach Intensität extreme Auswirkungen auf das spätere Leben des Einzelnen haben können. Da die inneren Arbeitsmodelle, wie Bowlby sie



42 Vgl. Riemann 1993, S. 24 ff 43 Vgl. Riemann 1993, S. 30 ff 44 Vgl. Riemann 1993, S. 30 ff

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ϭϳ

nannte, im Unterbewusstsein angelegt sind, fällt es oft schwer zu verstehen, was hinter den eigenen Ängsten und weiteren Gefühlen steckt und wie man mit denselben am besten umgehen kann.

„Die Kinder und Jugendlichen von einst werden die Eltern von heute. Die erworbenen Bindungsmuster (selbstprotektive Strategien) werden auch bei der Erziehung ihrer Kinder, bei der Gestaltung der Partnerschaft und in der Gestaltung von kollegialen und

freundschaftlichen Beziehungen Einfluss haben.“45

Hier wird noch einmal verdeutlicht, dass Menschen, die in einem behüteten Umfeld mit einfühlsamen und fürsorglichen Bindungspersonen aufgewachsen sind, über ein breiteres Spektrum an Bewältigungsmethoden verfügen als solche, die kaum Sicherheiten in ihren Bindungspersonen fanden. Auch habe sicher gebundene Personen in der Regel die Fähigkeit zur Reflexion und eine größere Verhaltensvariabilität erworben, während

Menschen mit unsicheren Bindungen ihr ganzes Leben lang darauf konzentriert waren, ihre Mangelerfahrungen möglichst so zu kompensieren, dass ihre Kraft zum (Über-) Leben reichte. Auch Joachim Bauer stellt fest, dass Kinder, die z.B. „ …einer massiven

Vernachlässigung, Verwahrlosung oder gar Misshandlungen ausgesetzt sind.“, häufig stark darunter leiden. Es wurden bei diesen Kindern sehr oft nur deutlich begrenzte

Lernfähigkeiten, sowie enorme Probleme im Sozialverhalten und ebenfalls Veränderungen in der Hirnstromkurve festgestellt46.

Heute ist mehrfach wissenschaftlich belegt, wie groß der Einfluss von menschlicher Bindung, von Beziehung, auf die menschliche Entwicklung, auf die physische, psychische und kognitive Verfassung des Menschen ist. So gibt es beispielsweise Spiegelneuronen, die dafür sorgen, dass ein Säugling lernt, das Lächeln seines Gegenübers zu imitieren sowie auch andere sozial relevante Gestik und Mimik. Auch das bei Vätern wie Müttern bei Kontakt mit ihrem Kind ausgeschüttete Hormon Oxytocin wird als Beweis angesehen, dass neben der Psyche auch das Gehirn an sich auf positive, funktionierende Bindungen angelegt und angewiesen ist, um sich optimal entwickeln zu können47.

So wird erkennbar, dass dementsprechend Defizite in allen Lebensbereichen möglich sind, wenn bereits beim Start ins Leben die Geborgenheit und Sicherheit (z. B.) durch die Eltern nicht gegeben wird. Schon die Tatsache der Vernachlässigung oder des Unverständnisses

 ϰϱ^ƚŽŬŽǁLJƵŶĚ^ĂŚĂƌ;,ƌƐŐ͘ͿϮϬϭϮ͕^͘ϭϰϵ ϰϲ ĂƵĞƌϮϬϬϰ͕^͘ϳϬ ϰϳ sŐů͘ĂƵĞƌϮϬϭϮ͕^͘ϳϭ

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gegenüber den kindlichen Bedürfnissen kann zum Stress beim Säugling führen. Haben sich erst einmal innere Arbeitsmodelle herauskristallisiert und verfestigt, kann der

Heranwachsende oft nicht angemessen mit Stresssituationen umgehen. Solche seelischen Belastungen wiederum können das Immunsystem in seiner Funktion sowie „ ..die Aktivität seiner Gene“ enorm verändern48. Damit ist also auch ein Zusammenhang zwischen

gestörter Bindung, bzw. sozialer Isolation und einer erhöhten Anfälligkeit für verschiedene Erkrankungen hergestellt.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass bei der Majorität derer, die schon in den ersten Lebensjahren keine verlässliche Bindung eingehen konnten, auch im späteren Leben auf vielfache und verschiedene Weise Benachteiligung erfahren. Dies resultiert vor allem aus den von ihnen entwickelten inneren Arbeitsmodellen, mit denen sie auf andere Menschen reagieren.

Unter der Leitung von Mary Main wurde das „Adult Attachment Interview“49 entwickelt, welches hilft, bei Erwachsenen das jeweilige Bindungsmuster herauszuarbeiten. Der Fragebogen für dieses Interview bietet viel Raum für die detailreiche Beschreibung von Beziehungen und ihrer jeweiligen Ausgestaltung, von Kindheitserlebnissen und deren Bewertung durch die Befragten. Die aus dem Fragebogen abgeleiteten Bindungsmuster unterscheiden sich von denen, die Bowlby für die Beurteilung der kindlichen Bindung herausarbeitete. Dies liegt besonders daran, dass das als Kind erlebte Beziehungsmodell durch gesammelte Erfahrungen bis zum Erwachsenenalter in verschiedene Richtungen verändert worden sein kann. Außerdem ist der Erwachsene an sich grundsätzlich in der Lage, abstrakt zu denken und somit zumindest partiell das subjektiv Erlebte von der Wirklichkeit zu unterscheiden. Er kann somit eine differenziertere Sicht auf Beziehungen im Allgemeinen wie auch im Einzelfall gewinnen50. Deshalb ist auch bei diesem

Fragebogen die Zielsetzung leicht abweichend von der des Modells der Fremden Situation. Das „Adult Attachment Interview“ zielt im Besonderen darauf ab, Kongruenz oder auch Diskrepanzen zwischen Erzählungen über Erlebnisse in der Kindheit des Erwachsenen und allgemeinen Aussagen zur Beziehung zwischen dem heute Erwachsenen und seinen Eltern zu finden51. Finden sich überwiegend Widersprüche in den Erzählungen über die Kindheit und das Verhalten der Eltern, dann ist davon auszugehen, dass die Bindungsbeziehung

 ϰϴ ĂƵĞƌϮϬϭϮ͕^͘ϭϭϳ ϰϵ'ƌŽƐƐŵĂŶŶϮϬϬϯ͕^͘ϯϰϲ ϱϬsŐů͘'ƌŽƐƐŵĂŶŶϮϬϬϯ͕^͘ϯϰϲ ϱϭ sŐů͘'ƌŽƐƐŵĂŶŶϮϬϬϯ͕^͘ϯϰϲ 

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gestört war und somit Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung nicht in Übereinstimmung gebracht werden konnten. Dahingegen weist eine kongruente Beschreibung der Eltern-Kind-Beziehung, auch wenn überwiegend eher negative

Erlebnisse auf eine Integration der Fremdbilder ins Selbstbild hin. Das bedeutet also nicht, dass der befragte Erwachsene immer eine sichere Bindung zu seinen Eltern hatte.

Allerdings kann man sehr wohl daraus ableiten, dass er sich mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt und damit einhergehend ein gewisses Verständnis für sein Umfeld und das Handeln seiner Bindungspersonen entwickelt hat. So ist es ihm möglich, auch die Misstöne der Beziehung in sein Gesamtbild von sich selbst und von seinen Eltern zu integrieren. Wer so ausgestattet ist, hat die Möglichkeit, in schwierigen Situationen sich selbst in seinem Handeln und Denken zu reflektieren und es dementsprechend anzupassen.

2. Soziale Arbeit

2.1 Die Bedeutung der Sozialen Beratung im Kontext der Sozialen Arbeit

2.1.1 Begriffsklärung „Soziale Beratung“

In dieser Arbeit soll also ein besonderer Fokus auf dem Umgang in der sozialen Beratung liegen. Daher möchte ich zunächst auf die grundlegenden Kriterien der Beratung eingehen. Beratung ist kein geschützter Begriff und somit auch an eher unerwarteten Orten und in unterschiedlichen Kontexten zu finden. Deshalb ist es wichtig, die soziale Beratung an sich deutlich abzugrenzen.

Beratung ist eine auf (hauptsächlich verbaler, sowie auch non – verbaler) Kommunikation basierende Beziehung, die zugleich eingreifend, vorbeugend und helfend wirkt. Der Klient zeichnet sich durch einen unterschiedlich starken „Leidensdruck“ und die Bereitschaft, Hilfe in einem gewissen Umfang anzunehmen, aus. Er soll durch Anregung und

verschiedene weitere Methoden motiviert und unterstützt werden einen Lernprozess zu durchlaufen, in dem er seine Selbsthilfebereitschaft, seine Selbstregulierungsfähigkeit und seine Handlungskompetenz erweitern kann. Wodurch er wiederum neue Orientierung

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ϮϬ

findet, um mit einer inadäquaten Be - oder Entlastung auf eine neue, veränderte Art umzugehen52.

Beratung ist deutlich von Psychotherapie abgrenzbar. Im Gegensatz zur Psychotherapie bleibt Beratung meist auf eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne beschränkt und findet häufig unregelmäßig statt. Oftmals bringen die Klienten zu einer Beratung kaum Motivation mit, während eine Psychotherapie ohne diese nicht in Aktion tritt. In

Abgrenzung zur Psychotherapie wird in der Beratung in der Regel „auf die Einbeziehung unbewusster Elemente verzichtet“53. In der Beratung werden deutlich häufiger Methoden der lenkenden Art eingesetzt als im Rahmen einer Psychotherapie. Während eine

Psychotherapie grundsätzlich auf der freiwillig geschlossenen Vereinbarung zwischen Therapeut und Klient basiert, wird Beratung zumeist im institutionellen Rahmen angeboten und ist damit auch an institutionelle Anforderungen gebunden. Da in der Beratung die unbewussten Elemente grundsätzlich ausgeklammert werden, werden auch Übertragung und Gegenübertragung nicht thematisiert. Die Beziehung zum Klienten wird deutlich weniger eng gestaltet als in der Psychotherapie. Allerdings sieht es aus meiner Sicht in der praktischen Sozialen Arbeit und somit auch in der Sozialen Beratung so aus, dass die Grenzen zur Psychotherapie dort oftmals kaum wahrnehmbar sind und es oftmals erforderlich ist, insbesondere unbewusste Anteile des Klienten doch in die Arbeit mit einzubeziehen. So wird zum Beispiel bei einer Klientin Druck gemacht, indem man ihr sagt, dass ihre Kinder in Obhut genommen werden müssen, wenn sie bestimmte Dinge nicht ändert. Dabei nutzt man zum einen die meist sehr bewusste Angst, ihre Kinder zu verlieren ebenso wie den der Klientin eher unbewussten Teil, dass sich ausschließlich nur dann bewegt, wenn sie unter einem solchen Druck steht. Andererseits bleibt das

internalisierte Muster, das Druck von außen erforderlich macht, damit sich innerlich etwas in Bewegung setzt, unbearbeitet.

Professionelle Beratung geschieht durch ausgebildete Berater (Sozialarbeiter, Psychologen, etc.), die über Beratungs- bzw. Interaktionswissen und auch über Handlungswissen

verfügen. Interaktionswissen meint das Wissen über soziale Verhaltensweisen im

entsprechenden Kontext. Die Umsetzung desselben wird als Handlungswissen bezeichnet. Professionelle Berater sind in der Regel bei einem Träger oder einem Projekt mit einer Weltanschauung, bestimmten Zielen und / oder einem Konzept angestellt, die ihrer Arbeit



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einen gewissen Rahmen setzen. Ein männlicher Klient mit Suchtproblematik wird sich z. B. wohl kaum zu einer Schwangerschaftskonfliktberatung begeben.

Auch gibt es in der Regel einen festen Raum oder doch zumindest eine geringe Auswahl an Gespräch – Settings. Hinzu kommen die begrenzte Zeit und die meist begrenzte Anzahl an Treffen, in denen der Klient möglichst viel für sich erreichen möchte. Die Zeiten, in denen Beratung stattfindet, sind geregelt, es werden Termine ausgemacht oder bestimmte offene Sprechstunden festgelegt. Berater und Klient sind einander in der Regel noch nicht bekannt, so dass ein maximaler äußerlicher wie auch innerlicher Abstand besteht, den es während der Treffen zu vermindern gilt.

Demnach sind die Kriterien für eine „sozialpädagogische Beratung“: - „Professionalität

- Erreichbarkeit - Uneigennützigkeit - Nichtverstrickung sowie

- Vermittlungsmöglichkeiten bezüglich weiterer Hilfsquellen.“ 54

Im Rahmen der Beratung gibt es verschiedene Wege, um zu helfen. Eine Möglichkeit ist es, Informationen55 zu vermitteln. Das ist zum Beispiel eine angemessene Form, wenn Albert seine Arbeitsstelle verloren hat und außerdem eine neue Wohnung braucht. Wenn er dann von einem Freund erklärt bekommt, wie er einen Antrag beim Jobcenter stellen kann und was er bei der Wohnungssuche beachten muss, dann haben ihm die Informationen weiter geholfen.

Ein „coaching“56wird beispielsweise angewendet, wenn Bernadette nicht weiß, wie sie angemessen mit den Streitereien ihrer beiden Kinder im Alter von drei und fünf Jahren umgehen soll. Um ihrer Überforderung und der daraus oft resultierenden Aggressivität ihrerseits abzuhelfen, geht man mit ihr die Situationen durch und übt mit ihr Strategien ein, um sich selbst und damit auch die Situation zu entspannen (z.B. erst einmal den Raum verlassen, tief durchatmen, progressive Muskelentspannung oder Atmungstechniken, etc.). Herr Müller hatte einen schweren fremdverschuldeten Autounfall und da während seines Krankenhausaufenthaltes sein Arbeitsvertrag auslief, hat er nun keinen Arbeitsplatz und

 54 Belardi 2011, S.37 ϱϱ DƵƌŐĂƚƌŽLJĚϭϵϵϰ͕^͘ϭϳ ϱϲ ^͘Ž͘

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ϮϮ

damit keine finanzielle Versorgung und ist außerdem zumindest vorübergehend gehbehindert, sodass er sich in seinem bisherigen Beruf als Dachdecker auch nicht bewerben kann. Die Sozialarbeiterin des medizinischen Dienstes „nimmt sich [seines]

Falles an“57 , indem sie mit dem Sozialamt und der Krankenkasse spricht und für eine unkomplizierte, schnelle finanzielle Unterstützung und eine angemessene Umschulung für Herrn Müller sorgt.

Für Eva ist das „feedback“58 ihrer Schwägerin sehr hilfreich. Diese hat Eva in der

Familienfirma eingearbeitet und kann ihr die Angst nehmen, für ihren Posten ungeeignet zu sein. Außerdem kann sie Eva auch Tipps geben, wie diese ihre Arbeitsabläufe noch besser strukturieren kann.

Damit sind noch lange nicht alle Methoden aufgezählt, denn sie sind beinahe so vielfältig wie es auch der Mensch an sich selbst ist. Wichtig ist es also als Berater, über ein breites Methodenspektrum zu verfügen und über das notwendige Feingefühl, um die Methode passend zur persönlichen Situation des Klienten auszuwählen.

Von zentraler Bedeutung sind noch weitere Anforderungen an das Berufsbild des Beraters: - „Interpersonelle Fertigkeiten (Zuhören, Kommunikationsaufbau, Empathie,

Präsenz, Bewusstsein über nonverbale Kommunikationsstrategien, Ausdruck von Gefühlen, etc.).

- Persönliche Überzeugungen (Fähigkeit, andere zu akzeptieren, Glaube an das

Veränderungspotential von Menschen, Bewusstsein über ethische und moralische Wahlmöglichkeiten, etc.).

- Konzeptionelle Fähigkeiten (Fähigkeit, Probleme des Klienten einzuschätzen und

verstehen zu können, diagnostische Kompetenzen, kognitive Flexibilität, Problemlösefähigkeit, etc.).

- Persönliche Integrität ( Berater verfolgt keine persönlichen Bedürfnisse, keine

Vorurteile gegenüber gesellschaftlichen Gruppen, Fähigkeit, unangenehme Gefühle gegenüber dem Klienten zu tolerieren, keinen persönlichen Nutzen aus der

Beratung ziehen, etc.).



ϱϳ

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ϱϴ

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Ϯϯ

- Beherrschung der therapeutischen und beraterischen Techniken ( Wissen über

Effektivität verschiedener Interventionsstrategien, differenzielle Indikation, Erfahrung und Umsetzung konkreter Interventionsstrategien etc.).

- Fähigkeit, soziale Systeme zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten ( Kenntnis der

relevanten Familien- und Arbeitsbedingungen, Fähigkeit für die eigene Arbeit auch Unterstützungsnetzwerke und Supervision in Anspruch zu nehmen, Sensibilität gegenüber der sozialen Welt des Klienten, kulturelle Sensibilität).“59

Diese Aufzählung wurde übernommen, da sie verdeutlicht, welche Kriterien einen

professionellen Berater ausmachen. Allerdings möchte ich folgenden Punkt kritisieren: Die persönliche Integrität ist aus meiner Sicht nicht an den in Klammern beschriebenen

Kriterien erkennbar. Es ist beispielsweise unmöglich, dass ein Berater in seiner Tätigkeit „keine persönlichen Bedürfnisse“ verfolgt, da er in der Regel seine Tätigkeit mit dem persönlichen Ziel ausübt, Geld zu verdienen. Außerdem muss er durch seine Arbeit ein gewisses Maß an Befriedigung erfahren, denn sonst wäre sein Tun mit Frustration verbunden, die sich wiederum negativ auf seine Arbeit am Klienten auswirken könnte. Damit ist es undenkbar, dass der Berater keinen persönlichen Nutzen aus seiner Tätigkeit ziehen soll. Ein Berater muss eher die Balance finden zwischen dem Wunsch nach

persönlicher Bestätigung und der Orientierung an den Bedürfnissen der Klienten. Ebenfalls erscheint es mir unmöglich, keine Vorurteile gegenüber gewissen gesellschaftlichen

Gruppen zu haben. Realistischer ist da aus meiner Sicht der Ansatz, sich seiner Vorurteile bewusst zu sein und über die Fähigkeit zu verfügen, mit dieser Befangenheit angemessen umzugehen, d.h. sie bewusst auszuklammern. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich als Berater einzugestehen, dass nicht der Klient, sondern der Berater selbst hier ein Problem hat und dementsprechend Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies kann durch Supervision geschehen oder durch die Weitervermittlung des Klienten an einen professionellen Berater, der sich in der Lage fühlt, dem Klienten weiter zu helfen.

Besonders hervorheben möchte ich hier die personenzentrierte Beratung nach Carl R. Rogers. Die Entwicklung seines Standpunktes lässt sich aus Sicht Sabine Weinbergers „in

drei Phasen aufteilen“60. In der ersten, der non-direktiven Phase, distanziert sich Rogers insofern von bis dahin bestehenden Ansätzen, indem er den Klienten als den eigentlichen Experten ansieht. Der Berater kann einen Rahmen schaffen, jedoch die Möglichkeiten der Problemerkenntnis, sowie auch der konstruktiven Lösung derselben sind bereits im



ϱϵ

^ĂŶĚĞƌƵŶĚŝĞďĞƌƚnjϮϬϭϬ͕^͘Ϯϭ

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Klienten angelegt. So kann der Berater lediglich Hilfestellung geben, nicht jedoch

Lösungen vordiktieren. Damit hat er aber auch nicht die hauptsächliche Verantwortung für eine Veränderung des Klienten.

Charakteristisch für die nächste Phase ist nach Weinberger die Absicht, dem

Missverständnis vorzubeugen, dass ein non-direktiver Ansatz Passivität des Beraters verlange. Mit der Bezeichnung „klientenzentriert“61 macht Rogers deutlich, dass es nicht um die Wertung des Beraters oder seine Befindlichkeiten geht, sondern allein um den Klienten und seine Belange.

Dieses Bild von seinem Gegenüber baut er noch weiter aus, indem er in der dritten Phase den Menschen an sich in den Mittelpunkt stellt. Dieser soll nicht mehr allein in seiner Rolle und Funktion als Klient gesehen, sondern als kompletter Mensch mit allen seinen Facetten angesehen und unterstützt werden.

Um dieses Ziel erreichen zu können, braucht der Berater nach Rogers vor allem drei Grundhaltungen:

- Empathie, auch einfühlendes Verstehen genannt, beschreibt die Fähigkeit, die vom Klienten beschriebenen Dinge ebenso wahrzunehmen und zu fühlen, wie es der Klient tut.

- Akzeptanz, treffender beschrieben mit „Unbedingte Wertschätzung“62, meint die dem Klienten entgegengebrachte Achtung, die Anerkennung der Person.

- Der Berater sollte sich dem Klienten gegenüber nicht verstellen. Der Begriff „Kongruenz“ meint, dass der Berater in der Lage ist, auch seine eigene Person als solche mit in den Prozess einzubringen. Trotz der gebotenen professionellen Distanz sollte er keine Rolle spielen, sondern sich seiner Gefühle und Haltungen bewusst sein und diese an geeigneter Stelle auch einfließen lassen können.



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2.2.2 Zusammenhang zwischen Sozialer Beratung und sozialer Arbeit

Obwohl Soziale Beratung heute an sich ein eigens Berufsfeld darstellt, für das man sich qualifizieren muss, so ist ein Anteil von derselben doch in eigentlich in jedem Bereich der Sozialen Arbeit wieder zu finden. Sozialpädagogisches Handeln „…setzt insbesondere dort an, wo gesellschaftspolitischer Anspruch und soziale Realität miteinander in Konflikt geraten, widersprüchlich erscheinen oder wo es darum geht die Aktualisierung von

Konflikten zu verhindern.“63 Somit gehört zur Sozialen Arbeit untrennbar die Lösung von Problemen, das (gemeinsame) Suchen nach Lösungen. Wenn soziale Arbeit also

charakterisiert werden soll, wird sie dies auch und vor allem durch den Begriff der Hilfe. „Beraten und Helfen werden manchmal als Begriffe für unterschiedliche Aktivitäten angesehen. Für mich sind sie synonyme Begriffe.“64 – So formuliert es Murgatroyd. In der Sozialen Arbeit werden demzufolge sehr häufig beratende Gespräche geführt und auch die Interaktion mit dem Klienten an sich beinhaltet viele Elemente der Beratung. Daher ist es auch für die Soziale Arbeit von großer Bedeutung, Grundtechniken der Gesprächsführung zu beherrschen und über Basiswissen der Beratung zu verfügen.

3. Bindungstheorie und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit, insbesondere für die soziale Beratung

3.1 Zusammenstellung der gewonnenen Erkenntnisse

In der sozialen Arbeit und speziell in der damit oft untrennbar verknüpften sozialen Beratung ist ein Grundwissen über psychologische Faktoren wie u.a. das Bindungssystem elementar. Um nämlich effektiv mit dem jeweiligen Klienten arbeiten zu können, braucht es eine Atmosphäre des Vertrauens, der Annahme und Akzeptanz. Diese wird jedoch gestört oder gar nicht erst aufgebaut, wenn es unterbewusst zu Übertragungen von

Wünschen und Sehnsüchten, sowie von negativen Gefühlen wie Wut, Angst, Unsicherheit auf den Sozialarbeiter kommt. Kennt der Sozialarbeiter aber die möglichen Hemmnisse, so kann er sensibel auf diese eingehen und Wege mit dem Klienten finden, um trotzdem ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.  ϲϯ 'ĞŝƘůĞƌƵŶĚ,ĞŐĞϭϵϵϳ͕^͘ϭϲ ϲϰ DƵƌŐĂƚƌŽLJĚϭϵϵϰ͕^͘ϭϮ

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3.1.1 Verhindern unsichere Bindungsstrukturen professionelles Handeln?

Wer sich in der Sozialen Arbeit engagiert, begegnet zumeist Menschen mit Problemen. Diese Probleme haben viele Gestalten, hängen aber häufig mit der Vergangenheit, oft auch mit der Kindheit der Klienten zusammen. In Gesprächen kristallisiert sich vielmals heraus, dass die jetzt bestehenden Konflikte aus gestörten Bindungserfahrungen in der Kindheit entspringen. Besonders einem Sozialarbeiter stellt sich nun natürlich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, an diesen verfahrenen Lebenssituationen etwas zu verändern. Ist es möglich, den Teufelskreis zu durchbrechen und Menschen zu ermutigen, sich ganz neu auf ihre Mitmenschen einzulassen?

Bowlby ist der Auffassung, dass die gemachten Erfahrungen auf jeden Fall mit positiven Bindungserlebnissen überschreibbar sind. Hilfreich ist es, dem Betroffenen zu helfen, selbst das internalisierte Bindungsmuster zu erkennen, sowie die Geschichte dahinter, um diese dann aufzuarbeiten. Dies alles braucht jedoch sehr viel Zeit und harte Arbeit. Je älter der Klient ist, umso mehr hat er ein verzerrtes Selbstbild sowie die dem entsprechende Wahrnehmung seiner Umwelt verinnerlicht und festgeschrieben.

Laut Bowlby kann immer nur entweder das Bindungssystem oder aber das

Explorationssystem aktiv sein. Somit braucht es für eine gelungene Veränderung des inneren Arbeitsmodells eine Atmosphäre, in der der Klient sich nicht bedroht oder

gefährdet fühlt. Diese ist jedoch oftmals nicht leicht herzustellen, da die Realität durch den Klienten aufgrund zuvor gesammelter Erfahrungen häufig verzerrt wahrgenommen wird. Außerdem tritt für gewöhnlich eine Übertragung der inneren Bilder von Bindungspersonen auf den jeweiligen Sozialarbeiter. Der Klient erwartet also vom Sozialarbeiter die gleichen Reaktionen und Gefühlsäußerungen ihm gegenüber, wie er sie auch von seinen Eltern beispielsweise erlebt hat. Somit hegt er auch die gleichen oftmals zwiespältigen Gefühle dem Helfer gegenüber, wie er sie seinen Bindungsfiguren gegenüber hatte. Besonders Misstrauen, Ängste, aber auch der Versuch, mit allen Kräften Aufmerksamkeit zu erlangen, können da zum Beispiel eine Rolle spielen. Da diese Prozesse jedoch in der Regel im Unterbewusstsein ablaufen, ist es umso diffiziler, auf diese angemessen einzugehen. Die Herausforderung besteht darin, dem Klienten zu helfen sich seiner

unterschwelligen Gefühle und Gedanken bewusst zu werden und dabei ihm keine falschen Anteile zu unterstellen. Dementsprechend ist es von großer Bedeutung, dass auch der Sozialarbeiter sein eigenes Bindungsmuster kennt.

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Ϯϳ

Ebenso sollte er sich der Wirkungen und Gefahren von Übertragung und

Gegenübertragung bewusst sein und über angemessene Verhaltensstrategien verfügen. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass zwar die professionelle Arbeit behindert werden kann, aber ein Sozialarbeiter gutes Handwerkszeug finden kann, um sich zu behelfen.

3.2 Fazit

Eine Seite der Sozialen Arbeit ist also der empathische Umgang mit Klienten, die bereits im Bezug auf Bindungssicherheit Mangelerfahrungen gemacht haben. Jedoch soll Soziale Arbeit ganz besonders auch präventiv wirken und Hilfe zur Selbsthilfe geben, d. h sich selbst an sich überflüssig machen.

Wie kann das nun aussehen?

Der Sozialarbeiter verfügt über gut fundiertes Bindungs- und Beratungswissen und kann dieses auch aufgrund seiner offenen und empathischen Grundhaltung angemessen

anwenden. So gibt er erwachsenen Menschen mit bereits gesammelten Mangelerfahrungen im Bezug auf Bindungssicherheit Hilfe zur Selbsthilfe. Sie bekommen also Anleitung und Unterstützung dabei, verschleierte und unbewusste Strukturen und Gefühle ihres Selbst zu erkennen und zu bearbeiten. Damit erhalten diese Menschen auch die Möglichkeit, ihren eigenen Kindern positive Bindungserfahrungen zu vermitteln.

Ich persönlich bin nach Erarbeitung des Themas überzeugt, dass noch viele Fragen zu stellen und zu beantworten sind. Ich würde mir daher wünschen, dass die Bindungstheorie mehr Beachtung findet im Kontext der sozialen Arbeit.

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Literaturverzeichnis

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Praxisanleitung für psychosoziale Berufe. 11. Aufl. 1980 Beltz Verlag Weinheim und Basel. 2004 Juventa Verlag Weinheim und München.

(34)
(35)

Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Hausarbeit selbständig verfasst

und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe.

Die Stellen der Hausarbeit, die anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn

nach entnommen wurden, sind durch Angaben der Herkunft kenntlich

gemacht.

Neubrandenburg, den 28.12.2013

(36)

Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich in diesem Bericht der Einfachheit halber

lediglich die im Deutschen üblichen männlichen Formen verwendet habe.

Dabei liegt es mir fern, jemanden damit zu diskriminieren.

Ich erkläre außerdem, dass ich diese Form nur aus Gründen der besseren

Schreib – und Lesbarkeit gewählt habe.

Referenzen

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