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Einfluss mikrobieller Prozesse auf die Fluidchemie und den Betrieb geothermischer Anlagen

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Academic year: 2021

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Einfluss mikrobieller Prozesse

auf die Fluidchemie und

den Betrieb geothermischer Anlagen

vorgelegt von Diplom Geoökologin

Anke Westphal

von der Fakultät III – Prozesswissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Naturwissenschaften - Dr. rer. nat. -

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr. Ferdi Hellweger

Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Ulrich Szewzyk Gutachterin: Prof. Dr.-Ing. Hilke Würdemann

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 29.10.2018 Berlin 2019

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ii Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Dissertation, abgesehen von der Beratung durch die Betreuer, selbst angefertigt und keine anderen Quellen oder Hilfsmittel als angegeben genutzt habe. Die vorliegende Arbeit hat an keiner anderen Stelle im Rahmen eines Prüfungsverfahrens vorgelegen. Teile der Arbeit (Veröffentlichungen in Kapitel 8) wurden in Fachzeitschriften veröffentlicht.

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iii Danksagung

An erster Stelle gebührt mein besonderer Dank Frau Prof. Hilke Würdemann, die mir die Chance gab das interessante und vielseitige Promotionsthema in ihrer Arbeitsgruppe zu bearbeiten und die Arbeit betreute. Ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Ulrich Szewzyk von der Technischen Universität Berlin für die Betreuung und Begutachtung meiner Arbeit. Auch danke ich dem Vorsitzenden der Prüfungskommission Prof. Ferdi Hellweger von der Technischen Universität Berlin.

Besonders danken möchte ich auch Kerstin Nowak und Dr. Markus Wolfgramm von der Geothermie Neubrandenburg (GTN), Dr. Andrea Seibt von BWG Geochemische Beratung sowie Dr. Florian Eichinger und Dr. Lorenz Eichinger von Hydroisotop sowohl für die chemischen und mineralogischen Untersuchungen, die Isotopenanalysen der Fluide bzw. Ausfällungen als auch die Unterstützung bei den Probenahmen in den geothermischen Anlagen in Neubrandenburg und Bad Blumau. Auch den Anlagenbetreibern, den Stadtwerken Neubrandenburg und Rogner Geothermie GmbH sowie den Mitarbeitern möchte ich herzlich für die Gewährung des Zutritts zu den Anlagen und die Unterstützung bei den Probenahmen danken.

Ein weiterer besonderer Dank gebührt Dr. Anna Jesußek von der Consulaqua Hildesheim Geo-Infometric ehemals Christian-Albrechts Universität zu Kiel für die tolle Zusammenarbeit, die Betreibung der Säulenexperimente und die hervorragende Unterstützung bei den Probenahmen. Ebenfalls danke ich Dr. Ralf Köber von der Christian-Albrechts Universität zu Kiel für die Anregungen bei der Erstellung der Publikation.

Ganz besonderer und außerordentlicher Dank gilt meinen Kollegen der Gruppe Mikrobielles GeoEngineeringvom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Ihre fachliche und moralische Unterstützung sowie die kontinuierliche Motivation erlaubten die Vollendung der Arbeit. Insbesondere danke ich Dr. Tobias Lienen für die Einführung in die Welt der Molekularbiologie. Dr. Anne Kleyböcker und Dr. Stephanie Lerm danke ich außerdem sehr für die Hilfe und ihren Einsatz bei der Erstellung der Veröffentlichungen und das Korrekturlesen der Arbeit. Für ihren unermüdlichen und gewissenhaften Einsatz im Labor danke ich besonders Jennifer Weigt. Patrick Schröder, es war mir eine Freude mit Dir zusammen diesen Weg zu Ende zu gehen. Sebastian Teitz, danke für die Übernahme von Probenahmen und Korrekturlesen. Dr. Linda Pellizzari, Dr. Monika Kasina, Dr. Hannah Halm, Dr. Daria Morozova, Dr. Dominik

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iv für die tolle Zusammenarbeit. Für Ihre Unterstützung bei der Erstellung der Veröffentlichung bedanke ich mich bei Dr. Rona Miethling-Graff.

Abschließend und sehr herzlich möchte ich mich bei meiner Familie und bei meinen Freunden bedanken, insbesondere bei meinen Eltern Adelheid und Andreas sowie meiner Schwester Kathi die mich immer unterstützt und viel Geduld bewiesen haben. Meiner “Schwiegermutter“ Waltraud danke ich für die Hilfe bei der Betreuung meiner kleinen Tochter in der finalen Phase der Arbeit. Meinem Thomas danke ich für die stete Bereitstellung eines gemütlichen Plätzchens und seine Unerschütterlichkeit. Meinem Karl danke ich für sein Lachen, insbesondere an trüben Tagen. Meiner Anieke danke ich für die unzähligen Quietsch- und Lächeleinheiten.

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v Kurzfassung

Eine geothermische Nutzung bewirkt Temperaturänderungen im Untergrund und in der geothermischen Anlage. Die Temperatur beeinflusst sowohl hydrogeochemische und physikalische Parameter als auch die Zusammensetzung der mikrobiellen Biozönose im Reservoir und Fluid. Neben chemischen Prozessen tragen auch mikrobiell katalysierte Stoffumsetzungen und die Biofilmbildung zu Korrosion, Clogging sowie Mineralbildung und -auflösung bei und können zu Prozessstörungen bis hin zu einem kompletten Ausfall der geothermischen Anlage führen. Zur Analyse der Auswirkungen von Temperaturänderungen, Salinität, erhöhter Substrat- und Elektronenakzeptorverfügbarkeit wie sie beispielsweise aufgrund von erhöhter Temperatur und Prozessstörungen auftraten, wurden Experimente im Labormaßstab und zwei großtechnische Anlagen begleitet.

Um den Einfluss der Temperatur und der Substratverfügbarkeit auf die mikrobielle Biozönose zu untersuchen, wurden Sedimentsäulen mit Braunkohlensanden sowohl bei in-situ Temperatur als auch bei erhöhten Temperaturen mit Acetat-angereichertem Leitungswasser durchströmt. Die Zusammensetzung der mikrobiellen Biozönose veränderte sich in Abhängigkeit von der Temperatur von psychrophilen zu thermophilen Gemeinschaften und auch in Abhängigkeit von der Substratverfügbarkeit, die im Zuge der Temperaturerhöhung gesteigert war. So dominierte in der 70 °C Säule, neben Sulfat-reduzierenden Mikroorganismen, eine diverse Gemeinschaft von Fermentierern. Massenbilanzen des organischen und anorganischen Kohlenstoffs zeigten, dass die dominanten Stoffwechselprozesse in allen Säulen die Oxidation organischer Verbindungen mit Sauerstoff bzw. Sulfat waren. Eine archaeelle Methanbildung trat nur in der 25 °C Säule auf. Auch wenn die Temperatur und die Substratverfügbarkeit einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der mikrobiellen Biozönose hatten, war die Funktion der mikrobiellen Biozönose bei allen Temperaturen ähnlich.

Sowohl in den gering mineralisierten Fluiden der Säulen als auch in hochsalinen Fluiden von der kalten Seite eines Wärmespeichers im Norddeutschen Becken und in salinen Fluiden einer Geothermieanlage im Steirischen Becken wurde die höchste Aktivität korrosionsursächlicher Sulfat-reduzierender Bakterien bei Temperaturen um 45 °C nachgewiesen. Neben der Temperatur, der Salinität und der Verfügbarkeit von Elektronendonatoren spielte die Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren eine entscheidende Rolle bezüglich der mikrobiell induzierten Korrosion und Mineralbildung.

So wurden unmittelbar nach Wiederinbetriebnahme des Wärmespeichers im Norddeutschen Becken, neben Sulfat-reduzierenden Bakterien, auch Schwefel-oxidierende Bakterien

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vi und fakultativ anaeroben Schwefel-oxidierenden Bakterien wird daher als Indikator für einen Sauerstoffzutritt während des Abschaltens der Anlage gewertet, der chemisch nicht nachweisbar war. Nach dem Wiederanfahren der Anlage wiesen die gesteigerte Partikelfracht, deren Zusammensetzung und Schwefelisotopie sowie erhöhte Sulfat-, Wasserstoff-, Schwefelwasserstoff- und Eisen(II)konzentrationen zusammen mit den erhöhten Abundanzen von Sulfat-reduzierenden Bakterien und Schwefel-oxidierenden Bakterien auf eine verstärkte mikrobiell induzierte Korrosion und Scaling während des Anlagenstillstandes hin.

Zur Verminderung der Aktivität von Sulfat-reduzierenden Bakterien wurde in einem Testleitungssystem an der Geothermieanlage im Steirischen Becken Nitrat als alternativer Elektronenakzeptor zum auf 45 °C abgekühlten Fluid gegeben. Die dadurch geförderten Nitrat-reduzierenden Schwefel-oxidierenden Bakterien der Spezies Thiobacillus thioparus oxidierten die reduzierten Schwefelverbindungen mit Nitrat. Die Sulfidkonzentrationen in den Fluiden der Testleitung sanken bis unter die Nachweisgrenze. Aufgrund der unvollständigen Nitratreduktion durch T. thioparus reicherte sich Nitrit in den Testleitungsfluiden an. Da Nitrit auf das Schlüsselenzym für die energieliefernde Umsetzung von Sulfit zu Sulfid toxisch wirkt, waren einige der Sulfatreduzierer gehemmt und die Zusammensetzung der Gemeinschaft der Sulfatreduzierer änderte sich. Auch wenn die Konzentration von Schwefelwasserstoff abnahm, waren die Korrosionsraten in der Testleitung erhöht. Dies ist wahrscheinlich auf die Bildung korrosiver Schwefelsäure oder Thiosulfat zurückzuführen. Neben T. thioparus förderte die Nitratzugabe einhergehend mit der verringerten Fluidtemperatur Nitratreduzierer, Eisenreduzierer, Säurebildner und Methanogene, die ebenfalls mit Korrosion in Verbindung gebracht werden.

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vii Abstract

The geothermal use of the subsurface leads to temperature changes in the reservoir and the geothermal plant. The temperature affects the hydrogeochemical and the physical conditions as well as the microbial community composition in the reservoir and fluids. Additionally, microbial metabolism and biofilm formation contribute to corrosion, clogging as well as mineral dissolution and precipitation. Thus, microbes play a significant role regarding process disturbances as well as operation failures of geothermal plants and therefore the sustainability and reliability of the geothermal energy use.

In the presented thesis, the microbial responses to temperature changes, an enhanced temperature- or operation-dependent substrate and electron acceptor availability have been investigated in a labscale experiment and in two geothermal plants.

In order to determine the impact of thermal energy storage and substrate availability on the indigenous microbial community and the fluid geochemistry, lignite aquifer sediments were flowed through with acetate-enriched tap water at temperatures of 10 °C, 25 °C, 40 °C, and 70 °C. An adaption of the microbial community dependent on the different temperatures was observed. The enhanced substrate availability due to a temperature dependent mobilization of organic matter from the sediment was reflected by a dominant and diverse fermentative community at 70 °C. Organic and inorganic carbon mass balances showed that the aerobic degradation of organic matter and the sulfate reduction were the primary conversion processes in all the columns, whereas methanogenesis only occurred at 25 °C. Thus, a substantial impact of geothermal energy storage on the natural microbial community composition became obvious due to a temperature increase and a temperature-related sediment organic matter release. However, the function of the microbial community in terms of conversion processes was similar at all temperatures.

In the column fluids as well as in the highly saline fluids from the cold side of a geothermal heat store in the North German Basin and the saline fluids of a geothermal plant in the Upper Styrian Basin, sulfate reducing bacteria were most active at temperatures around 45 °C. Besides the temperature, salinity and substrate availability, the availability of electron acceptors was crucial for microbial corrosion and scaling processes.

The cold side of the heat store was affected by microbially induced corrosion and scaling due to the activity of sulfate reducers that led to process disturbances. However, in the about 85 °C hot fluids of the heat store no sulfate reducing bacteria were detected. After shutdown phases, strictly aerobic or facultative anaerobic sulfur-oxidizing bacteria became dominant, whose representatives were not abundant during regular operation. Thus, their detection

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viii bacteria, sulfate reducers and sulfur oxidizers correlated with higher concentrations of sulfate, hydrogen, hydrogen sulfide and iron(II) in the produced fluids at the beginning of the restart process. This led to the suggestion that corrosion processes were enhanced in the wellbore during stagnant conditions. In addition, the scale content of fluids was significantly increased after stagnant phases and the sulfur isotopic signature of the mineral scales indicated the microbial influence on their formation.

To suppress the increasing activity of sulfate reducing bacteria going along with a corrosive and toxic hydrogen sulfide formation, nitrate was added as an alternative electron acceptor for sulfate to the saline geothermal fluids in a test pipe of the geothermal plant in the Upper Styrian Basin. The nitrate addition was an effective countermeasure for decreasing the hydrogen sulfide concentration, because nitrate-reducing sulfur-oxidizing Thiobacillus

thioparus was favored and oxidized the reduced sulfur compounds with nitrate. Additionally,

the high nitrite concentrations caused by the incomplete nitrate reduction most likely led to the suppression of certain sulfate-reducing bacteria. This became obvious by the shift in the composition of the sulfate reducing community. However, although the interaction of sulfate-reducing bacteria and T. thioparus led to the removal of hydrogen sulfide, the corrosion rate in the test pipe increased most likely due to the formation of corrosive sulfuric acid or sulfur species like sulfur and thiosulfate. Furthermore, the nitrate addition and the decreased temperature favored nitrate reducers, iron reducers, acid producers and methanogens that are also known to take part in microbially influenced corrosion.

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ix

Inhaltsverzeichnis

Erklärung ... ii Danksagung ... iii Kurzfassung ... v Abstract ... vii Abkürzungsverzeichnis ... xii 1 Einleitung ... 1

1.1 Der diverse und besiedelte Untergrund ... 1

1.2 Geothermische Nutzung des Untergrundes ... 2

1.2.1 Energiequelle ... 5

1.2.2 Energiespeicher ... 6

2 Grundlagen ... 8

2.1 Mikroorganismen in geothermischen Reservoiren ... 8

2.2 Veränderungen im Aquifer und Wässern durch eine geothermische Nutzung ... 10

2.3 Wechselwirkung der mikrobiellen Biozönose mit technischen Systemen ... 11

2.3.1 Mikrobiell induzierte Korrosion ... 12

2.3.2 Scaling und Clogging ... 15

2.4 Nachweis und Vermeidung von mikrobiell induzierten Prozessstörungen ... 16

2.5 Analyse der mikrobiellen Gemeinschaft in geothermischen Systemen ... 17

3 Zielsetzung ... 19

4 Methoden ... 21

4.1 Standort- und Anlagenbeschreibung ... 21

4.1.1 Laboranlage mit Sedimentsäulen ... 21

4.1.2 Wärmespeicher Neubrandenburg ... 23

4.1.3 Geothermische Anlage Bad Blumau ... 24

4.2 Geochemie ... 26

4.2.1 Laboranlage mit Sedimentsäulen ... 26

4.2.2 Wärmespeicher Neubrandenburg ... 27

4.2.3 Geothermieanlage Bad Blumau ... 28

4.3 Mineralogische Untersuchungen ... 28

4.4 Molekularbiologie ... 29

4.4.1 Probenahme und Filtration ... 29

4.4.2 DNA-Extraktion und Quantifizierung ... 30

(10)

x 4.4.5 Primer Design ... 37 4.5 Mikroskopie ... 38 4.6 Berechnungen ... 38

4.6.1 Massenbilanzen des Kohlenstoffs und der Elektronenakzeptoren in den

Säulenfluiden ... 38 4.6.2 Biometrische Analysen ... 40 5 Ergebnisse ... 42

5.1 Charakterisierung der mikrobiellen Biozönose in Sedimentsäulen mit

Braunkohlensanden und Acetat-angereicherten Fluiden bei Temperaturen von 10 °C, 25 °C 40 °C und 70 °C ... 45 5.2 Charakterisierung der mikrobiellen Biozönose in hochsalinen Fluiden des saisonalen Wärmespeichers Neubrandenburg und Auswirkungen von Stillstandszeiten .... 53 5.3 Charakterisierung der mikrobiellen Biozönose in salinen Fluiden der

Geothermieanlage Bad Blumau und Auswirkungen einer Nitratzugabe ... 62 6 Diskussion ... 69

6.1 Eignung molekularbiologischer Verfahren zur Charakterisierung mikrobieller

Biozönosen ... 69 6.2 Einfluss der Temperatur und der Substratverfügbarkeit auf die mikrobielle

Gemeinschaft ... 71 6.2.1 Anpassung der mikrobiellen Biozönose an eine Temperaturerhöhung ... 71 6.2.2 Stimulation der mikrobiellen Aktivität durch Substrat und Elektronenakzeptoren . 72 6.3 Mikrobielle Prozesse in Reservoir und geothermischer Anlage... 74 6.3.1 Ähnliche metabolische Prozesse bei unterschiedlichen Temperaturen ... 74 6.3.2 Zunahme der mikrobiellen Abundanz und Diversität mit der Abnahme der

Temperatur ... 76 6.3.3 Einfluss der Temperatur und der Salinität auf die mikrobielle Sulfatreduktion ... 76 6.3.4 Biofilmbildung in den Sedimentsäulen und den geothermischen Anlagen ... 80 6.3.5 Inhibierung von Methanogenen bei Temperaturen über 25 °C in den

Sedimentsäulen ... 82 6.3.6 Höchste Kohlenstoffnutzungseffizienz in der 40 °C Sedimentsäule ... 84 6.3.7 Vergesellschaftung von SRB und Methanogenen in der Anlage im Steirischen Becken ... 84 6.4 Mikroorganismen als Indikatoren für Prozesse und Prozessstörungen ... 85

6.4.1 Indikatoren für hydrogeochemische Veränderungen und die Mobilisierung von Organik ... 86 6.4.2 Sulfatreduzierer - Indikatoren für Korrosion und Scaling ... 87

(11)

xi

6.4.3 Schwefeloxidierer - Indikatoren für den Zutritt von Sauerstoff ... 88

6.5 Hemmung der mikrobiellen Schwefelwasserstoffbildung durch die Zugabe von Nitrat ... 91

6.6 Auswirkung der Interaktion von SRB und SOB auf die Korrosion ... 94

6.6.1 Auswirkungen von Anlagenausfällen auf die mikrobiell beeinflusste Korrosion ... 94

6.6.2 Auswirkungen der Nitratzugabe auf die mikrobielle Korrosion ... 95

7 Zusammenfassung und Schlussfolgerung ... 98

8 Veröffentlichungen ... 104

8.1 Aquifer heat storage: abundance and diversity of the microbial community with acetate at increased temperatures ... 104

8.2 Effects of plant downtime on the microbial community composition in the highly saline brine of a geothermal plant in the North German Basin ... 134

8.3 Change in the microbial community of saline geothermal fluids amended with a scaling inhibitor – Effects of heat extraction and nitrate dosage ... 158

8.4 Thermal effects on microbial composition and microbiologically induced corrosion and mineral precipitation affecting operation of a geothermal plant in a deep saline aquifer ... 193

Literaturverzeichnis ... 217

Weitere Veröffentlichungen ... 235

(12)

xii

Abkürzungsverzeichnis

ATES aquifer thermal energy storage BLAST Basic Local Alignment Tool BTES borehole thermal energy storage

bp Basenpaare

C Kohlenstoff

CH3COOH Acetat

CH4 Methan

CO2 Kohlenstoffdioxid

CUE Kohlenstoffnutzungseffizienz / carbon use efficiency DGGE denaturierende Gradientengelelektrophorese /

denaturing gradient gel electrophoresis DNA Desoxyribonukleinsäure

DOC gelöster organischer Kohlenstoff / dissolved organic carbon dsr dissimilatorische Sulfitreduktase

EEG Erneuerbare Energien Gesetz EPS extrazelluläre polymere Substanzen H2 Wasserstoff

H2S Schwefelwasserstoff

H2SO4 Schwefelsäure

hNRB heterotrophe Nitrat-reduzierende Bakterien IRB Eisen-reduzierende Bakterien

mcr Methyl-Coenzym-M-Reduktase

MIC mikrobiell induzierte Korrosion / microbially induced corrosion NDB Norddeutsches Becken

NCBI National Center for Biotechnology Information NO3- Nitrat

NRB Nitrat-reduzierende Bakterien

NR-SOB Nitrat-reduzierende Schwefel-oxidierende Bakterien O2 Sauerstoff

PCR Polymerasekettenreaktion / polymerase chain reaction qPCR quantitative Polymerasekettenreaktion

RNA Ribonukleinsäure

(13)

xiii

S Schwefel

SO2- Sulfid

SO32- Sulfit

SO42- Sulfat

SOB Schwefel-oxidierende Bakterien SRB Sulfat-reduzierende Bakterien SRR Sulfatreduktionsrate

SSCP Einzelstrangkonformationspolymorphismus / single strand conformation polymorphism TDS Summe gelöster Feststoffe / total dissolved solids

TIC Summe anorganischer Kohlenstoff / total inorganic carbon TEA terminaler Elektronenakzeptor

(14)

1

1 Einleitung

Mikroorganismen spielen eine Schlüsselrolle in den globalen und lokalen biogeochemischen Stoffkreisläufen, insbesondere bei der Boden- und Sedimentbildung, der Dekomposition sowie der Mineralbildung und -lösung. Die Stoffumsetzungen der Mikroorganismen und ihre Interaktionen nehmen dabei eine zentrale Position ein.

Mikroorganismen sind aufgrund ihrer außerordentlichen Anpassungsfähigkeit auch in vielen technischen Systemen wie geothermischen Anlagen aktiv und können für den Anlagenbetrieb relevant sein. Durch Stoffwechselprozesse und Wachstum können sie Prozessstörungen in geothermischen Anlagen hervorrufen und/oder beschleunigen. Mikrobiell bedingte oder verstärkte Prozessstörungen wie Korrosion, Scaling, Clogging und Mineralbildung können sich auf die Betriebssicherheit und Effizienz geotechnischer Anlagen auswirken (Honegger et al. 1989, Stevens 1997, Valdez et al. 2000, 2009, Little und Lee 2007, Lerm et al. 2011a,b). Insbesondere für tiefe Aquifere sind die Zusammenhänge und Wechselwirkungen einer technischen Nutzung des Untergrundes mit den mikrobiellen Populationsdynamiken noch nicht hinreichend erforscht. Die Verbesserung des Verständnisses der standortspezifischen Wechselwirkungen ist daher notwendig, um eine dauerhaft umweltgerechte und wirtschaftliche Nutzung geothermischer Anlagen zu gewährleisten (Bauer et al. 2013, Kabuth et al. 2016).

1.1 Der diverse und besiedelte Untergrund

Der Untergrund birgt eine enorme Menge an Biomasse. Gold (1992) schätzt, dass die gesamte Biomasse des Untergrundes mit der obertägigen Biomasse vergleichbar ist oder diese sogar übersteigt. Berechnungen von Whitman et al. (1998) zufolge kommen etwa 95 % der

gesamten prokaryotischen Biomasse im Untergrund vor. Zellzahlen von etwa 104-106 Zellen cm-3

Fluid und 107-108 Zellen cm-3Sediment wurden im flachen Untergrund

(Tiefe < 40 m) und bis zu 106 Zellen cm-3 in tiefen Aquiferen (400 m < Tiefe < 3000 m)

ermittelt (Pedersen und Ekendahl 1990, Whitmann et al. 1998, Griebler et al. 2002, Pedersen et al. 2008). Die Abundanz und die Aktivität von Zellen in Sedimenten nehmen zumeist mit der Tiefe ab (Kölbel-Boelke et al. 1988, Parkes et al. 1994, 2000, Wilms et al. 2007, Fry et al. 2008, Kallmeyer et al. 2012). Sedimente und Fluide aus der besiedelten Erdkruste, der sogenannten Tiefen Biosphäre, sind schwer zugänglich. Über Bohrungen können Einblicke in das Leben und die Funktion der genetisch und metabolisch diversen mikrobiellen Gemeinschaften gewonnen werden. Es wurden sowohl Nitratreduzierer (NRB), Eisenreduzierer (IRB), Sulfatreduzierer (SRB), Fermentierer, Homoacetogene,

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1 EINLEITUNG

2 Methanotrophe als auch methanogene Archaeen im anoxischen terrestrischen Untergrund nachgewiesen (Stevens und McKinley 1995, Pedersen 1997, 2000a, 2000b). Das Wachstum von Mikroorganismen wird auch im Untergrund vorrangig durch die Verfügbarkeit von Wasser, Nährstoffen und Kohlenstoffquellen, der Temperatur, dem pH-Wert, den Redoxverhältnissen sowie der Verfügbarkeit von Spurenelementen und Mineralen bestimmt (Griebler und Lueders 2009, Molari et al. 2012).

1.2 Geothermische Nutzung des Untergrundes

Geothermische Wässer und Dampf werden in vielen Regionen der Welt schon seit Jahrtausenden genutzt. So wurden heiße Fluide aus dem Untergrund bereits im antiken Griechenland als Wärmequelle, für balneologische und innere Anwendungen verwendet. Die Temperatur in der Erdkruste steigt mit zunehmender Tiefe. In Mitteleuropa liegt der Temperaturgradient im Mittel bei etwa 3K je 100 m Tiefe (Stober und Bucher 2014). Da die Temperaturverteilung im Untergrund nicht einheitlich ist und an einigen Standorten höhere Temperaturgradienten (positive Temperaturanomalien) auftreten, entstehen Vorranggebiete, die sich für die Nutzung geothermischer Energie anbieten. In Mitteleuropa sind das für eine tiefe geothermische Nutzung beispielsweise das Norddeutsche Becken (NDB), der Oberrheingraben, das Molassebecken und das Steirische Becken (Abbildung 1-1).

Der Wärmestrom aus der Erde entstammt zu etwa 70 % aus dem radioaktiven Zerfall der natürlichen Radioisotope Uran (238U, 235U), Thorium (232Th) und Kalium (40K) in der

Erdkruste sowie zu etwa 30 % aus dem bis zu 5.000 °C heißen Erdkern und dem Erdmantel (Stober und Bucher 2014). Diese konstant verfügbare und klimaunabhängige Ressource kann zur nachhaltigen Kohlenstoffdioxid-armen Energie- und Wärmegewinnung genutzt werden (u. a. Axelsson 2010, Rybach und Eugster 2010, Hähnlein et al. 2013, Stober und Bucher 2014). Erdwärme kann konduktiv durch das Gestein oder konvektiv mit Flüssigkeiten oder Gasen transportiert werden. Die Eigenschaften der Gesteine, z. B. die mineralogische Zusammensetzung, die Kompaktion und die Schichtung bestimmen Art und Menge der transportierten und gespeicherten Wärme. Wassergesättigte Bereiche haben durch ihre hohe spezifische Wärmekapazität und die um Faktor 30 höhere Wärmeleitfähigkeit ein höheres thermisches Speicherpotenzial als Luftgefüllte (Stober und Bucher 2014).

Allgemein wird zwischen oberflächennaher Geothermie (Tiefe< 400 m, T < 20 °C) und tiefer Geothermie (Tiefe> 400 m, T > 20 °C) unterschieden, wobei die Übergänge fließend sind.

(16)

3

Abbildung 1-1: Übersicht über geothermische Vorranggebiete in Mitteleuropa (Heat Roadmap

Europe 2050). Gekennzeichnet sind das Norddeutsche Becken (blau), der Oberrheingraben (grau), das Molassebecken (schwarz) und das Steirische Becken (grün).

Oberflächennah kommen geschlossene Systeme wie Erdwärmesonden und Erdwärmekollektoren sowie offene Systeme wie Grundwasserbrunnen, beispielsweise zur Gebäudeklimatisierung zum Einsatz (Hähnlein et al. 2013). Eine energetische Nutzung ist meist nur durch Anhebung des Temperaturniveaus mittels Wärmepumpen möglich (Eugster und Sanner 2007, Hähnlein et al. 2013, Stober und Bucher 2014). Eine direkte Nutzung der Wärmeenergie ist bei tiefen Systemen, die heiße Grundwässer (hydrothermale Systeme) erschließen oder heißes Festgestein (petrothermale Systeme) als Wärmetauscher nutzen, möglich (Abbildung 1-2). Hydrothermale Systeme werden häufig zur Nah- und Fernwärmeversorgung sowie auch balneologisch genutzt. Petrothermale Systeme dienen vorrangig der Stromerzeugung. Bei Temperaturen von mehr als 80 °C ist eine Verstromung wirtschaftlich möglich (Stober und Bucher 2014).

Neben der Nutzung der natürlichen Erdwärme kann auch überschüssige Wärme aus industriellen Prozessen, der Gebäudekühlung oder Sonnenenergie in den flachen oder tiefen Untergrund eingespeichert und bei Bedarf wieder entnommen werden (Eugster und Sanner 2007, Hähnlein et al. 2013, Kabus et al. 2006). Die Wärmeenergie kann in

T > 50 °C in 1.000 m Tiefe T > 90 °C in 2.000 m Tiefe

(17)

1 EINLEITUNG

4 Grundwasserleitern (aquifer thermal energy storage, ATES) oder über Bohrungen (borehole thermal energy storage, BTES) gespeichert werden (Abbildung 1-2).

Abbildung 1-2:Übersicht über Systeme zur Wärmenutzung bzw.zum Wärmeaustausch im Untergrund

A) Aquifer thermal energy storage (ATES): Wärmebedarf-Wintermodus und Kältebedarf/Speicherung Überschusswärme-Sommermodus, B) borehole thermal energy storage (BTES): Wärmebedarf-Wintermodus und Kältebedarf/Speicherung Überschusswärme-Sommermodus, C) Hydrothermales System, Wärme- und Stromerzeugung, Balneologie, D) Petrothermales System, Wärme- und Stromerzeugung.

A Wärmebedarf Kältebedarf Wintermodus Sommermodus

B Wärmebedarf Kältebedarf Wintermodus Sommermodus

C Hydrothermales System D Petrothermales System Wärme- und Stromerzeugung Wärme- und Stromerzeugung

(18)

5 1.2.1 Energiequelle

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Endlichkeit fossiler Energieträger nimmt die Bedeutung der Geothermie als einem der erneuerbaren Energieträger stetig zu (Bauer et al. 2015, Bertani 2016, Loyd und Bond 2016). Oberflächennahe Hochenthalpielagerstätten, also Gebiete in denen schon in geringer Tiefe hohe Temperaturen von über 200 °C erreicht werden und besonders für eine direkte Stromerzeugung geeignet sind, sind auf vulkanische Regionen beschränkt. In anderen Regionen muss für eine die Stromerzeugung aus geothermischen Ressourcen entsprechend tiefer gebohrt oder der Strom durch einen Sekundärprozess erzeugt werden (Bauer et al. 2014).

Im Jahr 2015 wurde in 25 Ländern mittels Geothermie Strom erzeugt. Die weltweit installierte Leistung betrug etwa 12,7 GW. Auch wenn die geothermisch installierte Leistung zur Stromerzeugung von 2010 bis 2015 um 17 % zunahm (Bertani 2016), lag der Anteil der Geothermie an der Stromerzeugung weltweit unter 1% (WEC 2017). In Deutschland wird der Ausbau der Geothermie zur Stromerzeugung durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und das Marktanreizprogramm (MAP) gefördert. Deutschland verfügt allerdings nur über Niederenthalpielagerstätten (Weber et al. 2015). Insgesamt waren 2015 in Deutschland 27,1 MW geothermische Leistung installiert (Bertani 2016). Im Jahr 2016 wurden etwa 0,1 % des Stroms mittels Geothermie erzeugt (AGEB 2017).

Der direkten Nutzung der Erdwärme kommt allerdings eine besondere Bedeutung zu. Sowohl für private Haushalte als auch für den landwirtschaftlichen und industriellen Sektor umfasste die Wärmebereitstellung 2015 etwa 86 % der weltweit geothermisch installierten Leistung (Boyd und Lund 2016). In Deutschland werden etwa 85 % der gesamten Endenergie für die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser aufgewendet, davon wurden 2016 etwa 13 % durch erneuerbare Energien bereitgestellt. Auch wenn sich Endenergieverbrauch für Wärme aus Erneuerbaren erhöhte (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, EEWärmeG), blieb deren Anteil an der Wärmebereitstellung seit 2011 weitgehend konstant (BMWi 2017). Die Wärmebereitstellung durch Geothermie und Umweltwärme erhöhte sich 2016 allerdings um rund 8 % gegenüber dem Vorjahr, was insbesondere auf den Zuwachs der erd- und luftgekoppelten Wärmepumpen zurückzuführen ist (UBA 2017). Etwa 7,6 % der Wärme aus Erneuerbaren wird durch Geothermie und Umweltwärme bereitgestellt (BMWi 2017). Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge wurden durch die Nutzung der Geothermie und Umweltwärme im Wärmesektor rund 1,3 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente vermieden, das entspricht etwa 3,6 % der durch die Erneuerbaren vermiedenen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente (UBA 2017). Auch die

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1 EINLEITUNG

6 Bereitstellung von Kälte zur Klimatisierung von Gebäuden nimmt an Bedeutung zu. Auch hier kann der Untergrund eingesetzt werden. Aktuell wird Klimakälte in Deutschland vorwiegend aus Strom erzeugt (AGEB 2017).

1.2.2 Energiespeicher

Da der Energieertrag aus den sogenannten fluktuierenden erneuerbaren Energien (FFE), wie Sonne und Windkraft, natürlichen Schwankungen unterworfen ist, stimmen Ertragsspitzen nicht zwingend mit den Bedarfsspitzen überein. Daher ist es notwendig Speicheroptionen unterschiedlicher Dimensionierung (Größe und Temperatur) und für verschiedenen Zeithorizonte zu entwickeln (Gao et al. 2009, Bauer et al. 2013, Sommer et al. 2015). So gibt es beispielsweise Aquiferwärmespeicher, die bei Temperaturen unter 30 °C (low-temperature [LT-]ATES), zwischen 30 °C und 50 °C (medium-temperature [MT-]ATES) sowie über 50 °C (high-temperature [HT-] ATES) betrieben werden (Lee 2013). Die Speicherung von Überschusswärme oder -kälte bzw. zu Wärme umgewandelter elektrischer Überschussenergie (“Power to Heat“) aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen im Untergrund minimiert zudem den Primärenergieeinsatz weiter.

Die Zahl der Wärmespeicher, die geologische Formationen nutzen, nimmt weltweit stetig zu (Bayer et al. 2012, Eugster und Sanner 2007). Insbesondere die Niederlande nehmen bezüglich der Wärmespeicherung in Aquiferen eine Vorreiterolle ein. So stieg die Anzahl der Anlagen von 100 im Jahr 1999 auf 2000 im Jahr 2015. Bis zum Jahr 2020 sollen weitere 1000 Aquiferspeicher installiert sein (Bakema und Schoof 2016). Bloemendal et al. (2015) zeigten unter Einbeziehung der Geologie des Untergrundes, der gegenwärtigen und prognostizierten klimatischen Entwicklung und der steigenden Urbanisierung die Lage, den Bedarf und die Eignung von potentiellen Aquiferspeichern weltweit an. Die Autoren schlussfolgerten, dass in einigen Regionen, insbesondere im ostasiatischen Raum und den USA, der Bedarf an ATES den verfügbaren unterirdischen Raum übersteigen wird.

Die Nutzung des Untergrundes für die Energiegewinnung, Wärme- und Kältespeicherung konkurriert mit anderen Nutzungen des Untergrundes, wie beispielsweise der Trinkwassergewinnung, der Abfalllagerung, der Gasspeicherung oder dem Abbau von Bodenschätzen (Bonte et al. 2011). Andererseits weist gerade in urbanen Gebieten die Wärmespeicherung ein hohes Potential zur Kombination mit dem Abbau von Kontaminationen im Untergrund auf (Ni et al. 2016, 2018).

Zudem wirkt sich die Nutzung des Untergrundes auf verschiedene Schutzgüter, wie den Boden, das Grundwasser, das Edaphon, das Klima, die biologische Vielfalt und deren

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7 Wechselwirkungen, aus (Bauer et al. 2017, Griebler et al. 2015, Hähnlein et al. 2013). Vorgaben zu zulässigen Temperaturänderungen im Untergrund folgen dem Vorsorgeprinzip. Allerdings basieren die Richtlinien zum einen nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen und sind zum anderen nicht länderübergreifend festgelegt (Hähnlein et al. 2013). Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen können bestehende Vorgaben weiter spezifiziert werden. Eine Raumplanung für den Untergrund kann Konflikten zwischen verschiedenen und gleichartigen Nutzungen oder mit Schutzzwecken entgegenwirken (Bakema und Schoof 2016, Bauer et al. 2015, Kabuth et al. 2017, UBA 2014).

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2 GRUNDLAGEN

8

2 Grundlagen

2.1 Mikroorganismen in geothermischen Reservoiren

Aus anthropozentrischer Sicht herrschen in geothermischen Reservoiren extreme Bedingungen für das Leben (Stetter 1999). Allerdings können Mikroorganismen auch bei hohen Temperaturen, hoher Salinität, hohem Druck, extremer Alkalität und Acidität, begrenzten Energie- und Nährstoffressourcen, toxischen Metallkonzentrationen und radioaktiver Strahlung leben oder überdauern (Stetter 1999, Sand 2003, Pikuta et al. 2007). Zudem sind Mikroorganismen auch in der Lage, ihre Umgebung durch ihren Stoffwechsel oder Enzyme so zu beeinflussen, dass diese vorteilhafter für das Überleben wird (Horikoshi 1971, Parkes et al. 2011).

In tiefen geothermischen Reservoiren werden Temperaturen von über 300 °C erreicht (Sabadell und Axtmann 1975). Die obere Grenze für das Leben wird zurzeit mit 121 °C angegeben (Kashefi und Loveley 2003). Weitere Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass diese Grenze in Zukunft nach oben korrigiert, jedoch wahrscheinlich 130 °C nicht übersteigen wird (Sand 2003, Takai et al. 2008). Zellkomponenten wie Lipide, Nukleinsäuren und Proteine sind hitzesensibel. Daher besitzen thermophile (Topt: 50 °C – 70 °C) und

hyperthermophile (Topt >80 °C) Mikroorganismen verschiedene Mechanismen zur

Hitzestabilisierung und schnellen Neusynthese oder Reparatur (Stetter 1999). Zu diesen Mechanismen gehören u. a. die Produktion von thermostabilen Proteinfaltungshelfern, den Chaperonen, eine erhöhte Zahl von Disulfid- und Wasserstoffbrücken zur Proteinstabilisierung, die Synthese einer reversen Gyrase, die positiv spiralisierte Helices (supercoiling) in der Desoxyribonukleinsäure (DNA) induziert, ein schneller lateraler Gentransfer und der Einbau von langkettigen, gesättigten Fettsäuren in Membranlipide zum Erhalt der Membranfluidität (Mansilla et al. 2004, Schwarzenlander und Averhoff 2006). Die chemische Zusammensetzung geothermischer Fluide hängt von der der Genese der Gesteine, der Mineralogie, den Reservoireigenschaften und der Nutzung ab. Daher variiert die Salinität hydrothermaler Fluide sowohl qualitativ als auch quantitativ. In salinien Tiefenfluiden dominiert häufig Chlorid (Cl-). Daneben kommen in geringer salinen Fluiden auch die

Anionen Hydrogencarbonat (HCO3-) und Sulfat (SO42-) vor. Die Hauptkationen sind Natrium

(Na+), Kalium (K+), Magnesium (Mg2+) und Calcium (Ca2+) (Hanor et al. 1994). Die Summe

der gelösten Feststoffe (total dissolved solids, TDS) umfasst eine große Spannbreite. So liegt die Konzentration gelöster Feststoffe beispielsweise im Molassebecken bei etwa 1 gL-1

(Birner 2013). Hingegen wurden im Norddeutschen Becken Salzgehalte von bis zu 350 gL-1

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9 von Grundwässern basierend auf der Konzentration der gelösten Feststoffe die Einteilung nach (1) Süßwasser: < 1 gL-1, (2) Brackwasser: 1-10 gL-1, (3) Salzwasser: 10-100 gL-1 und (4) Sole: > 100 gL-1 vor. Halophile Prokaryoten können bei Salzkonzentrationen von 12 gL-1 – 300 gL-1 leben (Kushner 1978). Zu den Anpassungen an hohe Salzgehalte, die Wasserentzug und somit Austrocknung zur Folge haben, gehören die Akkumulation kompatibler Solute wie Trehalose, Saccharose, Betain und Ectoin in der Zelle. Diese Osmolytika stabilisieren den Metabolismus sowie den Innendruck gegen die Zellwand (Turgor) und werden entweder in der Zelle synthetisiert oder aus der Umgebung aufgenommen („low-salt-in strategy“) (Pikuta et al. 2007, Oren 2008). Einige halophile Bakterien hingegen zeigen einen hohen Bedarf an Salzen zur Aufrechterhaltung von Wachstum, Keimung (Germination), Motilität und Flagellarsynthese und akkumulieren Kalium- und Chloridionen in der Zelle („high-salt-in strategy“) (Oren 2008). Der Druck steigt mit der Tiefe des Reservoirs an und auch geothermische Anlagen sind mit bis zu 20 bar Druck beaufschlagt, um Ausfällungen zu vermeiden (Stober und Bucher 2014). Die physiologischen Anpassungen der barophilen Mikroorganismen (p ≤ 1 bar), die aus Tiefseesedimenten oder Minen isoliert wurden, umfassen den Einbau ungesättigter Fettsäuren in die Zellmembran, um diese gegen den Druck zu versteifen, die Induktion spezieller Proteinfaltungen, um die Bindungsaffinität für Substrate aufrechtzuerhalten und hohe DNA Reparaturraten (Kato und Bartlett 1997, Michels und Clark 1997). Scharma et al. (2002) weisen mikrobielle Aktivität auch bei einem Druck von 1,6x104 bar nach und schlussfolgern,

dass Druck kein (über)lebensbegrenzender Faktor ist. Der pH-Wert geothermisch genutzter Wässer liegt meist zwischen 5,0 (leicht sauer) und 9,0 (leicht basisch) (Sabadell und Axtmann 1975, Bauer et al. 2014). Mikroorganismen können in einem weiten pH-Spektrum (1 < pH < 12) leben. Um den pH-Wert im Zellinneren in einem neutralen Bereich zu halten, werden Protonen über Pumpen in der Zellmembran entweder in das Zellinnere oder aus der Zelle hinaus gepumpt. Extrazelluläre Proteine haben ihre optimale Funktion im Umgebungsmilieu (Pikuta et al. 2007). Viele Bakterien können pH-Wert-Schwankungen im Bereich von 6 bis 9 intrazellulär schnell ausgleichen (Pikuta et al. 2007). Energie- und Kohlenstoffquellen im Untergrund stehen in Wechselwirkung mit der Sediment- bzw. Gesteinszusammensetzung und der Aktivität von Mikroorganismen (Pedersen 1997, Pedersen 2000a, b, Parkes et al. 2011). Zur Zeit der Sedimentablagerung gebildetes organisches Material kann in der Tiefe für den mikrobiellen Metabolismus verfügbar sein. Außerdem kann über den Zufluss von der Oberfläche organisches Material in die Tiefe eingetragen werden. Aus dem Erdmantel aufsteigende Gase wie Wasserstoff (H2) und Methan (CH4) können chemolithotroph

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2 GRUNDLAGEN

10 umgesetzt werden (Pedersen 2000a, b). In anaeroben geothermischen Fluiden sind Wasserstoff, organisches Material und reduzierte Metalle wichtige Elektronendonatoren. Elektronenakzeptoren sind beispielsweise Sulfat und oxidierte Metalle. Auch Schwermetalle wie Arsen (As), Blei (Pb), Cadmium (Cd), Uran (U), Quecksilber (Hg) sowie Zink (Zn) kommen in geothermischen Fluiden vor (Sabadell und Axtmann 1975, Sanjuan et al. 2010) und können zudem durch eine geothermische Nutzung und durch mikrobielle Aktivität mobilisiert werden (Sabadell und Axtmann 1975, Dogdu und Bayari 2005, Bonte et al. 2013b). Als Spurenelemente sind einige Schwermetallionen essentiell, erhöhte Konzentrationen sind dagegen toxisch. Mikroorganismen nutzen Resistenzmechanismen, wie das aktive Ausschleusen der Metallionen aus der Zelle, die Akkumulation und die Komplexierung im Zellinneren sowie die Reduktion und Überführung in einen nichttoxischen Zustand (Nies 1999). Häufig sind Mikroorganismen, die in der Tiefen Biosphäre vorkommen, polyextremophil, d. h. sie sind an verschiedene Extreme angepasst (Köhler et al. 1996, Madigan und Oren 1999, Takai et al. 2008, Confalonieri und Sommer 2011, Fichtel et al. 2015). Um ungünstige Bedingungen zu überdauern, sind verschiedene Spezies wie Vertreter des Stammes Firmicutes, auch in der Lage Überdauerungsformen wie Endosporen zu bilden. Diese Stadien können einen Zeitraum von Tausenden von Jahren überdauern, bis sich die Bedingungen wieder verbessern (De Rezende et al. 2013).

2.2 Veränderungen im Aquifer und Wässern durch eine geothermische Nutzung

Die hydrothermale Nutzung des Untergrundes als Wärmequelle und -speicher bewirkt Temperatur- und Druckveränderungen im Aquifer und/oder den geothermisch genutzten Wässern. Bedingt durch diese Änderungen werden die hydrologischen, geochemischen, physikalischen und biologischen Prozesse im Grundwasserleiter beeinflusst (Arning et al. 2006, Bonte et al. 2013a, b, Jesußek et al. 2013a, Würdemann et al. 2016). Die Temperatur als Schlüsselgröße biogeochemischer und physikalischer Prozesse beeinflusst die Dichte und die Viskosität der geothermischen Fluide. Dadurch werden die Fließgeschwindigkeit und auch Lösungsgleichgewichte für Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase verändert (Stumm und Morgan 1995). Beispielsweise kann eine Temperaturerhöhung im Untergrund ausgelöst durch die Speicherung von thermischer Energie zu Karbonatausfällungen (Griffioen und Appelo 1993), der Lösung von silikatischen und eisenhaltigen Mineralen (Arning et al. 2006, Bonte et al. 2013a), der Mobilisierung von organischem Material (Brons et al. 1991, Bonte et al. 2013b, Jesußek et al. 2013a) und Schwermetallen (Bonte et al. 2013b) führen. Ein Temperaturanstieg im Aquifer wirkt sich auch auf die Abundanz, Zusammensetzung und Aktivität der

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11 mikrobiellen Biozönose aus (Sowers et al. 2006, Brielmann et al. 2009, Bonte et al. 2013a). Eine temperaturbedingt erhöhte Verfügbarkeit von Elektronendonatoren zur Reduktion von Nitrat, Eisen(III) (Fe3+) und Sulfat verschiebt die Redoxverhältnisse im thermisch beladenen Aquifer (Bonte et al. 2013b, Jesußek et al. 2013a, b). Der Entzug thermischer Energie und die damit verbundene Abkühlung des Aquifers beeinflusst ebenfalls die physikalischen und geochemischen Prozesse sowie die mikrobielle Gemeinschaft (Bonte et al. 2013a, Lerm et al. 2011a,b). Partikelumlagerungen, die Neubildung von Mineralen (CaCO3, Metallsulfide, SiO2)

oder Scaling durch Druckentlastungen, Sauerstoffzutritt, Korrosion oder Fluidabkühlung wurden beobachtet (Inagaki et al. 1997, Wolfgramm und Seibt 2006, Kabus und Wolfgramm 2009, Valdez et al. 2009, Mundhenk et al. 2013). Beispielsweise präzipitierten bei der geothermischen Nutzung heißer kohlenstoffdioxidhaltiger Tiefenwässer Karbonate durch Ausgasungsprozesse und führten zum Zusetzen ganzer Bohrungen und zum Erliegen der Fluidproduktion (Goldbrunner 2005). Mineralneubildungen und Scaling beeinflussen die Durchlässigkeit des Aquifers und verringern Leitungsquerschnitte sowie die Effizienz von Wärmetauschern. Daneben kann sich bedingt durch die Abkühlung heißer geothermischer Fluide die mikrobielle Diversität und Abundanz nach dem Wärmetauscher erhöhen (Alawi et al. 2011).

2.3 Wechselwirkung der mikrobiellen Biozönose mit technischen Systemen

Die bevorzugte und erfolgreichste Lebensform von Mikroorganismen ist der Biofilm (Costerton et al. 1987). Biofilme spielen in oligotrophen Lebensräumen wie Grundwasserökosystemen eine besondere Rolle. Auch in geothermischen Anlagen kommen und Biofilme vor und beeinflussen verschiedene Prozesse. Sie bilden sich sowohl an flüssig-festen, fest-gasförmigen und flüssig-gasförmigen Grenzflächen aus und sind somit ubiquitär (Flemming 2002). In den in dieser Arbeit betrachteten geothermischen technischen Systemen sind Biofilme an flüssig-festen Grenzflächen relevant. Generell wird die Biofilmbildung in vier Phasen unterteilt: (1) Transport von Mikroorganismen, (2) initiale reversible oder initiale irreversible Adhäsion, (3) irreversible Anheftung und (4) Besiedelung (Kolonisation) der Oberfläche (van Loosdrecht et al. 1995, Davey und O´Toole 2000). Die Eigenschaften der Oberfläche und des Umgebungsmediums sowie die Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft beeinflussen dabei die Biofilmbildung und -zusammensetzung. Mikroorganismen scheiden extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) aus, die die strukturgebende Matrix des Biofilms bilden, die Anheftung an die Oberfläche gewährleisten und die Bildung einer komplexen Lebensgemeinschaft fördern. EPS bestehen aus

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2 GRUNDLAGEN

12 Polysacchariden, Proteinen, Lipiden und Nukleinsäuren und bilden eine Gelphase (Davey und O´Toole 2000, Flemming et al. 2007). Mehr als 99 % aller Mikroorganismen sind strukturell in der Lebensform des Biofilms organisiert (Costerton et al. 1987), da sich im Biofilm das Potential zu Überleben erhöht. Ausschlagebend ist dabei eine bessere Stresstoleranz, ein erhöhter Wasserrückhalt, die Akkumulation von Nährstoffen, die erhöhte Schutzwirkung beispielsweise gegenüber Bioziden und Inhibitoren, der erleichterte Genaustausch (horizontaler Gentransfer) sowie eine stabile Interaktion zwischen den Mikroorganismen (Sand 2003, Flemming et al. 2007). Im Mikromilieu des Biofilms reichern sich Nährstoffe aus dem Fluidstrom und Zwischenprodukte des Stoffwechsels (Metabolite) an und können effektiv zwischen syntrophen Partnern austauscht werden. Dieser Austausch erfolgt über hochpermeable Mikrokanäle, über die gleichzeitig auch toxische Metabolite ins Umgebungsmedium entsorgt werden (Davey und O´Toole 2000). Zudem werden Energiereserven geschont, da auf Mobilität verzichtet wird (Sand 2003). Trotz der sessilen Lebensweise ist der Aktionsradius der im Biofilm lebenden Mikroorganismen nicht auf das Mikrohabitat beschränkt. Durch die Exkretion von Exoenzymen können Polymere auch außerhalb des Biofilms aufgespaltet werden. Die Abbauprodukte werden durch die sorbierenden Eigenschaften der EPS im Biofilm akkumuliert und verstoffwechselt. Biofilme sind in technischen Systemen meist unerwünscht (Biofouling) und an Prozessstörungen beteiligt (Beech et al. 2005, Coetser und Cloete 2005, Javaherdashti 2008).

2.3.1 Mikrobiell induzierte Korrosion

Mikrobiell induzierte oder beeinflusste Korrosion (microbially induced/influenced corrosion, MIC) ist definiert als elektrochemische Korrosion an metallischen Werkstoffen, ausgelöst oder gefördert durch die Aktivität von Mikroorganismen (Javaherdashti 2008, Kip und van Veen 2014). Neben Mikroorganismen und einem metallischen Werkstoff müssen auch Nährstoffe und Wasser verfügbar sein, um mikrobielle Korrosion zu initiieren (Javaherdashti 2011). Die entstehenden Schäden sind schwer quantifizierbar, da mikrobiell induzierte Korrosion nur bedingt von rein elektrochemischen Korrosionsprozessen unterschieden werden kann (Flemming 1995, Beech und Gaylarde 1999, Javaherdashti 2008). Flemming (1996) schätzt, dass etwa 20 % der jährlich auftretenden Korrosionsschäden mikrobiell induziert oder verstärkt sind. Die Mechanismen mikrobiell induzierter Korrosion sind nicht eindeutig geklärt und es scheint zudem keine allgemeingültige Theorie der Beteiligung von Mikroorganismen an Korrosionserscheinungen zu geben (Xu und Gu 2011), da die Vorgänge sehr komplex sind und von verschiedenen mikrobiellen Gruppen katalysiert werden

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13 (Hamilton 1985, Kip und van Veen 2014). Mikroorganismen können sowohl direkt, als auch indirekt an der Korrosion beteiligt sein. Ein direkter Einfluss besteht dann, wenn Biofilme die elektrochemischen Prozesse an der Grenzfläche Metall/Biofilm verändern (Boopathy und Daniels 1991, Javaherdashti 2011, Enning und Garrelfs 2014). Indirekt wirken ausgeschiedene Proteine und/oder Stoffwechselprodukte auf die Korrosion (Beech und Gaylarde 1999, Javaherdashti 2008). Auch wenn das Augenmerk hinsichtlich mikrobiell induzierter Korrosion in anaeroben Systemen, häufig auf den SRB liegt (Hamilton 1985, Lee et al. 1995, Coetser und Cloete 2005, Little und Lee 2007, Javaherdashti 2008, Xu und Gu 2011), ist die Bedeutung weiterer stoffwechselphysiologischer Gruppen wie der NRB, der Schwefel-oxidierenden Bakterien (SOB), der Fermentierer und der Methanogenen für die Korrosion nachgewiesen (Boopathy und Daniels 1991, Kielemoes et al. 2000, Li et al. 2000, Dinh et al. 2004, Iino et al. 2015, Kato et al. 2015, Kato 2016, Mand et al. 2016).

Erstmals beschrieben von Wolzogen Kühr und van der Vlugt 1934 in der sogenannten „Klassischen kathodischen Depolarisationstheorie“ einen direkten Einfluss von SRB auf die Korrosion von Eisen. Der elektrochemisch gebildete Wasserstoff wird nach dieser Theorie zur Reduktion von Sulfat genutzt (Abbildung 2-1). Die klassische Theorie ist sowohl nach thermodynamischen als auch nach kinetischen Gesichtspunkten umstritten (Venzlaff 2012). So berechnet Venzlaff (2012), dass in natürlichen Systemen der Wasserstoffpartialdruck zur Polarisation von Eisen unrealistisch hoch wäre. Weiterhin wurden in Laborexperimenten mit hydrogenotrophen SRB Korrosionsraten gemessen, die höher sind als durch die alleinige Umsetzung des elektrochemisch Wasserstoffs möglich wären (Dinh et al. 2004, Mori et al. 2010). Neben der kathodischen Depolarisation wurde auch die anodische Depolarisation durch Mikroorganismen beobachtet (Horvàth und Solti 1959). Eine neuere Theorie der direkten Beteiligung von SRB an mikrobiell induzierter Korrosion, die für einige Vertreter der Gattungen Desulfovibrio und Desulfopila bestätigt wurde, postuliert eine direkte Aufnahme von Elektronen vom Eisen (elektrisch mikrobiell beeinflusste Korrosion, EMIC, Venzlaff 2012, Enning et al. 2012). Insbesondere in kompakten Biofilmen, an deren Bildung SRB beteiligt sind, ist der Massentransfer von Nährstoffen eingeschränkt und es kommt zu einer Substratlimitierung. In Abwesenheit einer organischen Kohlenstoffquelle zeigen Xu und Gu (2011) für sessile Desulfovibrio vulgaris eine Verstärkung der Lochfraßkorrosion durch die Umstellung ihres Stoffwechsels auf die Nutzung von Eisen als Elektronendonator. Indirekt beeinflussen SRB Korrosion durch die Bildung aggressiver Stoffwechselprodukte wie Sulfid (S2-), Schwefelwasserstoff, Thiosulfat (S

2O32−) und Polythionat (Videla und Characklis 1992).

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2 GRUNDLAGEN

14 chemisch mikrobiell beeinflusste Korrosion (CMIC). Schwefelwasserstoff führt zu einer Beschleunigung der Auflösung und Versprödung (Sulfide Stress Cracking, SSC) des metallischen Werkstoffes (Thomas et al. 1988, Lee et al. 1995, Javaherdashti 2008). Schon geringe Konzentrationen von mikrobiell gebildetem Schwefelwasserstoff weisen eine hohe Korrosivität auf (Thomas et al. 1988). King und Miller (1971) zeigen die kathodische Wirkung mikrobiell gebildeter Eisensulfide (FeS). Auch die von SRB gebildeten EPS verstärken elektrochemische Prozesse an der Metalloberfläche, da Metallionen gebunden werden, die das Redoxpotential beeinflussen und zudem als „Elektronenshuttle“ fungieren (Beech und Sunner 2004). Die Mechanismen und Auswirkungen der Beeinflussung von Korrosion variieren innerhalb der diversen Gruppe der SRB (Gaylarde 1992, Beech et al. 1994).

Abbildung 2-1: Schematische Darstellung zweier Theorien der Eisenkorrosion (A) „Klassische

Depolarisationstheorie“ (verändert nach Mori et al. 2010) und der (B) „Elektrisch mikrobiell beeinflusste Korrosion (EMIC)“ (verändert nach Enning und Garrelfs 2014).

SOB oxidieren reduzierte Schwefelverbindungen oder elementaren Schwefel (S0) zu Sulfat

und schließen damit den mikrobiellen Schwefelkreislauf. Die dabei entstehende Fe0 Fe2+ e -SO4 2-S 2-FeS Anode SRB e -Kathode SRB SRB

B

Fe Fe2+ 2e-2H + H2 SO4 2-S 2-FeS Anode Kathode

A

SRB SRB 2H2O  2H+ + 2OH

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-15 Schwefelsäure (H2SO4) erniedrigt den pH-Wert unterhalb des Biofilms, was die Korrosion

fördert und zur Auflösung schützender Karbonatschichten führt (Brigmon et al. 1997, Little und Lee 2007). Auch organische Säuren, Stoffwechselprodukte der Fermentierer, können sich im und unterhalb eines Biofilms anreichern, den pH-Werts erniedrigen und so durch die kathodische Depolarisation Korrosionsprozesse beschleunigen (Little et al. 1988). Mittels Fluoreszenz-Lifetime-Imaging zeigen Vroom et al. (1999), dass sich der pH-Wert innerhalb des Biofilms und im Vergleich mit dem Umgebungsmedium um bis zu drei Größenordnungen unterscheiden kann. Unter anaeroben Bedingungen beschleunigen NRB die Korrosion indem sie Eisen direkt und/oder kathodisch gebildeten Wasserstoff als Elektronendonor für eine Denitrifikation oder eine Nitratammonifikation nutzen (Pope et al. 1984, Kielemoes et al. 2000, Xu et al. 2013, Iino et al. 2015). Auch für Archaeen ist eine Beteiligung an Korrosion nachgewiesen. In Laborexperimenten erhöhten hydrogenotrophe Methanogene die Korrosionsraten durch die Nutzung des kathodisch gebildeten Wasserstoffs (Boopathy und Daniels 1991). Dinh et al. (2004) und Uchiyama et al. (2010) postulieren eine direkte Elektronenaufnahme aus dem eisenhaltigen Werkstoff durch Methanogene und somit die beschleunigte Depolarisation der Kathode. Auch Konsortien aus hydrogenotrophen Acetogenen und acetoklastischen Methanogenen erhöhen die metallische Korrosion (Mand et al. 2016). Zudem spekulieren Mori et al. (2010), dass nicht die Depolarisation der Kathode, sondern die Exkretion einer korrosionsfördernden Hydrogenase durch Methanogene der Gattung Methanococcus Korrosionsraten erhöhe. Neben Methanogenen, die ihren Metabolismus bei erhöhten Schwefelkonzentrationen auf eine Schwefelreduktion umstellen können und hochkorrosiven Schwefelwasserstoff produzieren (Vigneron et al. 2006), wurde auch für Schwefel-reduzierende Archaeen der Gattung Thermoproteus, die aus Fluiden einer geothermischen Anlage isoliert wurden, eine Beteiligung an Lochfraßkorrosion in Laborexperimenten angenommen (Valdez et al. 2000).

2.3.2 Scaling und Clogging

Die Bildung kristalliner, amorpher (Scaling) oder schleimiger Ablagerungen (Biofilm) ruft eine Reihe von Phänomenen hervor, die zu einem wirtschaftlichen Schaden für den Anlagenbetreiber führen. So reduzieren Scales und Biofilme die Permeabilität des Aquifers, stören mechanische Anlagenkomponenten wie Ventile und Messtechnik, verringern den Durchfluß durch reduzierte Leitungsquerschnitte und verschlechtern die Wärmeübertragung im Wärmetauscher (Honegger et al. 1989, Chapelle 2000, Sand 2003, Lerm et al. 2011a). Die Bildung von Scales wird von biotischen Faktoren, wie der Zusammensetzung der

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2 GRUNDLAGEN

16 mikrobiellen Biozönose, und abiotischen Faktoren wie der Temperatur, dem Druck, dem pH-Wert, der Fluidzusammensetzung und dem Fließregime beeinflusst (Videla 2002, Gadd 2004).

Mikrobiell induzierte Ausfällungen sind hauptsächlich anorganisch und von Präzipitaten abiotischen Ursprungs unterscheidbar (Douglas und Beveridge 1998). Anbu et al. (2016) zeigen drei Mechanismen der mikrobiellen Mineralbildung: (1) die direkte intra- oder extrazelluläre Mineralsynthese, (2) die passive Mineralbildung durch Biofilme, wobei Zellen und EPS als Kristallisationskeime wirken (Douglas und Beveridge 1998, Braissant et al. 2007, Decho 2010) und (3) die Mineralausfällung durch Stoffwechselprodukte. Beispielsweise können Karbonatausfällungen durch unterschiedliche metabolische Gruppen, wie NRB, SRB und Methanotrophe induziert werden (Zhu und Dittrich 2016). Metalle wie Kupfer (Cu), Zink, Cadmium, Blei, Nickel (Ni) und Eisen fallen mit dem durch SRB gebildeten Sulfid aus (Köhler et al. 1996, Douglas und Beveridge 1998, Labrenz und Banfield 2004). Daher treten Scaling und Korrosion gleichzeitig auf (Honegger et al. 1989). Verstopfungen im Filterbereich können auch durch im Fluidstrom mitgeführte Stoffwechsel- und Korrosionsprodukte entstehen (Honegger et al. 1989, Seibt und Kellner 2003). Neben den mikrobiell induzierten Präzipitaten trägt auch die Biomasse zum Verstopfen (Clogging) von Poren in Reservoiren bei (van Beek 1989). Beispielsweise führte eine starke Biofilmbildung, bedingt durch eine temporär erhöhte Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren, in einem Kältespeicher zum extrem schnellen Zusetzen der Filter in der obertägigen Anlage und einer Verringerung der Injektivität des Bohrlochs (Lerm et al. 2011a).

2.4 Nachweis und Vermeidung von mikrobiell induzierten Prozessstörungen

Die Zuordnung von Korrosionserscheinungen zu einem mikrobiellen Ursprung oder Einfluss ist nach Little und Lee (2007) durch den Nachweis von drei Parametern möglich. (1) Ursächliche Mikroorganismen kommen im Umgebungsmedium oder an Korrosionsprodukten assoziiert vor. (2) Anhand der Morphologie des Korrosionsschadens beispielsweise des Grübchens (pitting), das sich bei der Lochfraßkorrosion ausbildet, lässt sich ein MIC-Mechanismus zuordnen. (3) Die chemische Analyse der Korrosionsprodukte steht mit dem Metabolismus der als Korrosions-ursächlich angenommenen detektierten Mikroorganismen im Einklang. Mikrobiell induzierte Korrosion, Verstopfung und Mineralbildung können auf unterschiedlichen Wegen vermieden und bekämpft werden. Unter anderem werden in der Praxis (1) die mechanische Reinigung, (2) Biozide, (3) Inhibitoren und (4) resistente Materialien und Beschichtungen eingesetzt (Videla 2002). Dadurch sollen Mikroorganismen

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17 entfernt sowie Wachstum und metabolische Aktivität gehemmt oder gänzlich unterbunden werden. Chemische und physikalische Ansätze werden häufig in Kombination genutzt. Der Erfolg dieser Maßnahmen stellt sich meist nur vorübergehend ein.

Zur Unterdrückung der SRB-Aktivität wird Nitrat als Schwefelwasserstoff-, Scaling- und Korrosionsinhibitor in der Erdölförderung eingesetzt. Sowohl Labor- als auch Feldstudien zeigen unterschiedliche Auswirkungen des Nitrats und verschiedene stoffwechselphysiologische Gruppen auf. Diese Auswirkungen umfassen: (1) das Auskonkurrieren der SRB durch chemoorganotrophe/heterotrophe Nitratreduzierer (hNRB) aufgrund der Konkurrenz um gemeinsame organische Elektronendonatoren (Abbildung 2-2A), (2) die Umstellung des SRB Metabolismus von Sulfat auf Nitrat als Elektronenakzeptor, (3) die Förderung von Nitrat-reduzierenden Schwefeloxidierern (NR-SOB), die Nitrat zur Reoxidation von Sulfid zu elementarem Schwefel und Sulfat nutzen (Abbildung 2-2B), (4) die Hemmung der Sulfit (SO32-) Reduktion durch akkumuliertes Nitrit

(NO2-), (5) die Anhebung des Redoxpotentials und (6) die chemische Oxidation von Sulfid

durch Nitrit (Jenneman et al. 1986, Myhr et al. 2002, Hubert und Voordouw 2007).

Abbildung 2-2: Auswirkung einer Nitratzugabe auf den mikrobiellen Schwefelumsatz (verändert nach

Hubert und Voodrouw 2007). (A) Heterotrophe Nitrat-reduzierende Bakterien (hNRB) konkurrieren mit Sulfatreduzierern (SRB) um organische Elektronendonatoren; hNRB konkurrieren SRB aufgrund des höheren Energiegewinns aus. (B) Durch Sulfatreduzierer (SRB) gebildetes Sulfid wird durch Nitrat-reduzierende Schwefeloxidierer (NR-SOB) zu Schwefel oder Sulfat oxidiert.

2.5 Analyse der mikrobiellen Gemeinschaft in geothermischen Systemen

In technischen Systemen ist die Identifikation und Quantifizierung der dominanten Mikroorganismen und die daraus ableitbaren katalysierten Stoffwechselprozesse entscheidend, um Aussagen über mikrobiell bedingte Prozessstörungen wie Korrosion,

hNRB NO3 -NO2 -Organik CH3COOH + CO2 SRB SO4 2-HS- NO3 -NO2 - NR-SOB Organik CH3COOH + CO2 A B

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2 GRUNDLAGEN

18 Verschleimung und Verstopfung sowie Scaling und deren Vermeidung oder Inhibierung zu treffen. Dies ist insbesondere deshalb nötig, da ein Anlagenstillstand oder Prozessstörungen stets mit finanziellen Einbußen durch Leistungsabfall, Anlagenausfall, Wartung und Reparatur für den Betreiber verbunden sind.

Nur ein geringer Anteil der Bakterien und Archaeen ist bisher kultiviert und damit charakterisiert (Amann et al. 1995, Hugenholtz et al. 1998). Auch Sequenzdatenbanken bilden nur einen Bruchteil der mikrobiellen Diversität ab (Amann et al. 1995). Dies gilt insbesondere für Mikroorganismen aus der Tiefen Biosphäre. Bedingt durch die unzureichende Kenntnis der Lebensraum- und/oder Syntrophieansprüche unterschätzen klassische mikrobiologische Verfahren häufig die mikrobielle Diversität im Habitat (Amann et al. 1995). Hingegen können kultivierungsunabhängige Methoden basierend auf der Analyse der Erbinformation (Desoxyribonukleinsäure, DNA) einen Überblick über Vorkommen und Abundanzen von Mikroorganismen und spezifischen Gruppen in Umweltproben geben. Für den molekularbiologischen Nachweis von Bakterien und Archaeen werden häufig universelle 16S rRNA Gene genutzt (Amann et al. 1995). Das 16S rRNA Gen ist etwa 1540 Basenpaare (bp) lang, umfasst neun variable Bereiche (V1-V9) sowie hochkonservierte Abschnitte und baut mit verschiedenen Proteinen die kleine Untereinheit prokaryotischer Ribosomen auf. Das 16S rRNA Gen ist durch die ubiquitäre Verbreitung in Prokaryoten, seine funktionelle Konstanz und hohe Konservierung als universeller oder spezifischer phylogenetischer Marker gut geeignet (Woese und Fox 1977). Zur Analyse der mikrobiellen Gemeinschaft werden überwiegend die variablen Bereiche herangezogen. Die konservierten Bereiche fungieren als Bindungsstellen für kurze Nukleotidstränge (Primer), die den Ausgangspunkt der Sequenzanalyse bilden. So kann auch die Erbinformation bisher unbekannter Organismen erfasst werden. Darüber hinaus werden zur spezifischen Analyse von stoffwechselphysiologischen Gruppen Gene genutzt, die für Schlüsselenzyme des Metabolismus kodieren. Für die Untersuchung von SRB werden die häufig assoziierten (Dahl et al. 1993) α- und/oder die ẞ-Untereinheiten der dissimilatorischen Sulfitreduktase (dsr) herangezogen. Für den molekularbiologischen Nachweis methanogener Archaeen wird die α -Untereinheit der Methyl-Coenzym-M-reduktase (mcrA) genutzt. Das DSR und das MCR Enzym katalysieren jeweils den energieliefernden Schritt der Stoffumsetzung.

(32)

19

3 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen detaillierten Einblick in die Zusammensetzung und die Funktion der mikrobiellen Biozönosen im oberflächennahen und tiefen Untergrund zu erhalten. Fokussiert wird auf die Auswirkungen der geothermischen Nutzung auf die mikrobielle Gemeinschaft und deren Interaktion mit der Umwelt und den technischen Anlagen. Insbesondere die Effekte unterschiedlicher Temperaturen, der Substratverfügbarkeit und von Förderstillständen in Anlagen auf die Zusammensetzung und Abundanz der mikrobiellen Biozönose werden analysiert. Weiterhin werden Zusammenhänge zwischen Prozessstörungen wie Korrosion und Scaling und der mikrobiellen Gemeinschaft in den geothermischen Anlagen untersucht und Indikatororganismen als Anzeiger für Prozessstörungen gesucht. Gegenmaßnahmen für mikrobiell induzierte Prozessstörungen, wie eine kontinuierliche Nitratzugabe, werden im Hinblick auf ihre Wirkungen und Effektivität beurteilt.

Folgende Fragestellungen wurden im Rahmen der Arbeit bearbeitet:

• Geben molekularbiologische Untersuchungen einen hinreichenden Einblick in mikrobielle Prozesse in geothermischen Anlagen? Sind Fluidanalysen geeignet, um mikrobielle Prozesse im Bohrloch oder der Anlage zu charakterisieren?

• Welche mikrobiellen Prozesse laufen in geothermischen Anlagen ab? Welchen Einfluss hat eine durch Wärmeentzug hervorgerufene Reduktion der Fluidtemperatur auf die mikrobielle Biozönose?

• Bis zu welchen Temperaturen beeinflussen mikrobielle Stoffwechselprozesse die Effektivität des Anlagenbetriebs?

• Wie wirkt sich eine hohe Salinität auf die mikrobielle Aktivität und deren Relevanz für den Anlagenbetrieb aus?

• Wie beeinflussen die Temperatur und die damit verbundene erhöhte Verfügbarkeit von Organik die mikrobielle Biozönose in einem Braunkohlensediment?

• Wieso wird in den Sedimentsäulen nur bei 25 °C Methan gebildet?

• Kommen Methanogene und SRB in geothermischen Fluiden syntroph vor?

• Wie beeinflusst ein Anlagenstillstand die mikrobielle Biozönose und mikrobiell induzierte Prozessstörungen? Welche mikrobiellen Prozesse laufen im Bohrloch ab?

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3 ZIELSETZUNG

20 • Welche Organismen zeigen Veränderungen im Habitat an? Gibt es

Indikatororganismen für mikrobiell induzierte Betriebsstörungen oder Auslöser für Betriebsstörungen?

• Wie wirksam ist der Einsatz von Nitrat zur Inhibierung einer mikrobiellen Schwefelwasserstoffbildung in einer geothermischen Anlage?

• Welche Auswirkungen hat die Verfügbarkeit von alternativen Elektronenakzeptoren auf die Korrosion in geothermischen Anlagen?

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21

4 Methoden

4.1 Standort- und Anlagenbeschreibung

Im Rahmen dieser Arbeit wurden geothermische Wässer verschiedener Anlagen untersucht: I. Laboranlage mit vier Sedimentsäulen, Christian Albrechts Universität zu Kiel; Kiel,

Schleswig-Holstein, Deutschland II. Großtechnische Anlagen

a. Wärmespeicher; Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland b. Geothermische Anlage; Bad Blumau, Oststeiermark, Österreich

Die Charakteristika der Anlagen werden nachfolgend beschrieben. 4.1.1 Laboranlage mit Sedimentsäulen

Vier Polyethylensäulen mit einer Länge von 110 cm und einem Innendurchmesser von 10 cm wurden mit 8,6 dm³ Sediment gefüllt. Die Braunkohlensande zur Befüllung der Säulen wurden aus einer Tiefe von ein bis zwei Meter unter der Geländeoberfläche (GOK) einer ehemaligen Kiesgrube bei Geesthacht entnommen. Die Sedimentsäulen wurden von unten nach oben mit Leitungswasser durchströmt. Dieses wurde aus einem Grundwasserleiter aus Oberen Braunkohlensanden bei Kiel in Norddeutschland gewonnen. Die durchschnittliche Fließgeschwindigkeit der Fluide in den Säulen betrug 0,9 ml min-1. Ein ausgetauschtes

Porenvolumen (PV) entsprach 32 Stunden Laufzeit der Säule.

Neun Probenahmeports waren an der Säule entlang der Fließstrecke angebracht (Abbildung 4-1). Für die chemischen Analysen wurden Proben vom Säuleneingang und aus den Probenahmeports gesammelt und verwendet. Die mikrobiologischen Untersuchungen wurden an Säulenauslassfluiden durchgeführt.

Vor dem Eintritt in die Säule passierte das Leitungswasser einen 0,2 µm Celluloseacetatfilter (Ø 2,5 cm), um den Eintrag von Mikroorganismen mit dem Fluid zu verhindern. Als Elektronendonorsubstrat wurde Natriumacetat in einer Konzentration von 18,8 mg C L-1 ±

1,9 mg C L-1 zu dem Leitungswasser gegeben. Das Acetat wurde kontinuierlich dosiert, um

die Freisetzung von organischem Kohlenstoff aus dem Sediment zu simulieren (Jesußek et al. 2013b). Die terminalen Elektronenakzeptoren (TEA), die mit dem Fluid in die Säulen eingetragen wurden, waren Sauerstoff (c(O2) ≈ 9,3 mg L-1, nach Angaben der Stadtwerke

Kiel), Sulfat (c(SO42-) = 11,8 mg L-1) und Nitrat (c(NO3-) = 0,6 mg L-1). Die Konzentrationen

von Mangan(II) (Mn2+) und Eisen(II) (Fe2+) lagen unter der Nachweisgrenze von 0,06 mg L-1

(35)

4 METHODEN

22 Nach einer Anpassungsphase bei Raumtemperatur für 50 - 70 Tage wurden die Sedimentsäulen auf 10 °C (Referenzsäule, mittlere Grundwassertemperatur), 25 °C (mesophile Säule, LT-ATES), 40 °C (mesophile Säule, MT-ATES) und 70 °C (thermophile Säule, HT-ATES) temperiert. Der Säulenaufbau, die Einstellung und der Betrieb sind im Detail in Jesußek et al. (2013a, b) beschrieben.

Abbildung 4-1. Schematische Darstellung der Sedimentsäulen mit Braunkohlensanden, die

kontinuierlich mit Natriumacetat-angereichertem Leitungswasser durchströmt wurden. Die Säulen wurden über ein Wasserbad auf 25 °C, 40 °C und 70 °C temperiert. Die Referenzsäule wurde bei 10 °C in einem Klimaschrank betrieben.

Leitungswasser Acetat Probenahmeport Wasserbad Filter Heizmantel 11 0 c m 12 .5 c m 17 .5 c m 25 cm 35 cm 50 cm 65 cm 80 cm 10 0 c m Mischzelle 3 cm Pumpe Pumpe

(36)

23 4.1.2 Wärmespeicher Neubrandenburg

Die Geothermieanlage in Neubrandenburg im Norddeutschen Becken wird seit 2004 als Wärmespeicher betrieben. Die zur Wärmespeicherung genutzte Sandsteinformation liegt in etwa 1.248 m Tiefe und wird über eine geothermische Dublette erschlossen. Der Abstand zwischen den Bohrungen (GtN 1/86, GtN 4/86), die im saisonalen Wechsel für die Fluidproduktion und -injektion verwendet werden, beträgt ungefähr 1.300 m (Abbildung 4-2).

Abbildung 4-2: Schematische Darstellung des saisonalen Wärmespeichers Neubrandenburg.

Unausgefüllte Pfeile zeigen die Fließrichtung des geothermischen Fluids im Einspeicherungsmodus, ausgefüllte Pfeile zeigen die Fließrichtung des Fluids im Ausspeicherungsmodus.

Aquifer 85 m 1.248 m Wärme-tauscher 45 oC 70-85 oC Filter Fernwärme Gaskraftwerk 1.300 m

(37)

4 METHODEN

24 Die Fluide aus der Bohrung GtN 4/86 werden von April bis November mit überschüssiger Wärme aus dem lokalen Gaskraftwerk beladen und anschließend über die Bohrung GtN 1/86 in den 1.248 m tiefen Aquifer injiziert (Einspeicherungsmodus). Die Bohrung GtN 1/86 wird als “warme Bohrung“ bezeichnet. Während der Wintermonate, von November bis April, wird das 70 °C bis 85 °C heiße Fluid aus dem warmen Brunnen rückgefördert und die Wärme zur Fernwärmeversorgung verwendet. Das abgekühlte Fluid wird mit Temperaturen von etwa 45 °C in die sogenannte "kalte Bohrung" verpresst (Ausspeicherungsmodus). Durch den saisonalen Betrieb wurde die Temperatur im Aquifer auf der warmen Seite von den originären 54 °C auf Temperaturen zwischen 70 °C und 85 °C angehoben und auf der kalten Seite auf etwa 45 °C vermindert.

Beide Bohrungen der Anlage sind mit Stickstoff beaufschlagt (~ 10 bar) um Ausfällung und Entgasung aus dem Fluid und das Eindringen von Sauerstoff in die Bohrung zu vermeiden. Vor dem Wärmetauscher sind sowohl auf der kalten als auch auf der warmen Seite Filtersysteme installiert, um Feststoffe zurückzuhalten, die mit dem Fluid aus dem Aquifer in die obertägige Anlage transportiert werden. Die durchschnittliche Förderrate beträgt 80 m³ h-1

im ungestörten Betrieb. Während des Neustarts der Anlage nach Stillständen wird zunächst mit Raten von 20 m³ h-1 bis 60 m³ h-1 gefördert. Ein Bohrlochvolumen umfasst etwa 35 m3. In

den Jahren 2008, 2009 und 2011 wurde der Betrieb des Wärmespeichers durch Korrosionsschäden an der Pumpe auf der kalten Seite beeinträchtigt. Außerdem verringerte sich die Injektionsrate durch Ausfällungen, Ablagerungen und mitgeführte Korrosionsprodukte. Dies führte zu Stillstandsphasen von bis zu drei Monaten während des Probennahmezeitraums von 2007 bis 2011. Weitere Informationen zur Anlage und zum Anlagenbetrieb finden sich in Kabus und Wolfgramm (2009) und Obst und Wolfgramm (2010).

4.1.3 Geothermische Anlage Bad Blumau

In der geothermischen Anlage im Steirischen Becken wird seit 1997 107 °C heißes, mit 20 g L-1 salines Fluid des Na-HCO

3-Typs aus einem 2.843 m tiefen paläozoischen

Karbonataquifer arthesisch mit etwa 72 m³ h-1 an die Oberfläche transportiert. Das Fluid wird

zur Kohlenstoffdioxidgewinnung, zur Wärmebereitstellung sowie für balneologische und gesundheitsfördernde Anwendungen eingesetzt. Darüber hinaus wird die thermische Energie des Fluids seit dem Jahr 2001 in den Sommermonaten auch zur Stromerzeugung genutzt. Die geothermische Anlage ist als geothermische Dublette konzipiert. Der Abstand zwischen Produktions- und Injektionsbohrung beträgt ca. 2.300 m (Abbildung 4-3). Um

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