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Noradrenerge Modulation thermosensitiver Neurone im Hypothalamus der Ratte.

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Academic year: 2021

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Aus dem Institut für Physiologie und Pathophysiologie des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg

Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Dr. J. Daut Arbeitsgruppe Neuroendokrinologie und Neurodynamik

Leiter: Prof. Dr. K. Voigt

In Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg

Noradrenerge Modulation thermosensitiver Neurone

im Hypothalamus der Ratte

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin dem Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg

vorgelegt von

Christian Talke aus Trier Marburg, 2007

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Angenommen vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg am 20.09.2007. Gedruckt mit Genehmigung des Fachbereichs.

Dekan: Prof. Dr. B. Maisch

Referent: Prof. Dr. K. Voigt

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Ein Experiment ist eine List, mit der man die Natur dazu bringt,

verständlich zu reden.

Danach muss man nur noch zuhören.

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INHALTSVERZEICHNIS

1.0 Einleitung

1.1 Der Hypothalamus als oberste Integrationseinheit vegetativer Funktionen 1.1.1 Nuclei praeoptici (PO/AH)

1.1.2 PVN und SON 1.2 Noradrenerges System 1.3 Fragestellung

2.0 Material und Methoden

1 1 5 8 16 24 26 26 29 33 39 41 41 44 49 49 53 59 63 65 65 68 72 82 86 101 101 102 103 2.1 Hirnschnitt-Technik

2.2 Präparation und Anfertigung der Hirnschnitte 2.3 Versuchsdurchführung: Der Messstand 2.4 Auswertung und Datendarstellung 3.0 Ergebnisse

3.1 Entladungsverhalten spontanaktiver Neurone des PVN und SON 3.2 Thermosensitivität spontanaktiver Neurone des PVN und SON 3.3 Wirkung von Phenylephrin auf Neurone des PVN und SON

3.3.1 Phenylephrin-Effekte bei konstanter Temperatur

3.3.2 Phenylephrin-Effekte bei sinusförmigen Temperaturwechseln Phenylephrin-ON-OFF-Effekt

Phenylephrin-Phasenverschiebung

4.0 Diskussion

4.1 Hirnschnitt-Technik

4.2 Die Thermosensitivität hypothalamischer PVN- und SON-Neurone 4.3 Der Einfluss von Phenylephrin auf die Thermosensitivität

5.0 Zusammenfassung 6.0 Literaturverzeichnis 7.0 Anhang 7.1 Publikationen 7.2 Akademische Lehrer 7.3 Danksagung

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LISTE DER ABKÜRZUNGEN

aCSF Artifizielle Cerebrospinalflüssigkeit

Ang II Angiotensin II

AV3V Anterio-ventrale Wand des 3. Ventrikel

BD Burstdauer BC Burstzyklus BP Burstpause B/P Burstzeit/Pausenzeit-Quotient CRH Corticotropin Releasing-Hormon CVO Circumventrikulär-Organ HPA-Achse Hypothalamo-Hypophysen-Nebennieren-Achse IBF Intraburstfrequenz ID (Interspike-) Intervalldauer IL Interleukin LPS Lipopolysaccharid

MNC Magnozelluläre neurosekretorische Zellen

MnPO Medianer präoptischer Nucleus

NSAIDS Nonsteroidal antiinflammatory drugs

OVLT Organum vasculosum laminae terminalis

OXY Oxytozin

PG Prostaglandin

PHE Phenylephrin

PO/AH Area praeoptica des anterioren Hypothalamus

PRA Prazosin

PVN Nucleus paraventricularis

SFO Subfornikalorgan

SON Nucleus supraopticus

TC Temperaturkoeffizient

VLM Ventrolaterale Medulla oblongata

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Einleitung

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1.0 Einleitung

1.1 Der Hypothalamus als oberste Integrationseinheit

vegetativer Funktionen

Der Hypothalamus bildet den am weitesten basal gelegenen Teil des Dienzephalons, sowie den Boden des dritten Ventrikels. Ihm sind folgende zerebrale Strukturen zugeordnet: Corpora mamillaria, Tuber cinereum, Infundibulum mit der Neurohypophyse und die Eminentia mediana.

Er erstreckt sich von der Lamina terminalis und dem Chiasma opticum bis zum Corpus mamillare. Dorsal grenzt ihn der Sulcus hypothalamicus vom Thalamus dorsalis ab. Ventral findet sich die Neurohypophyse als Abkömmling des Hypothalamus. Der Sulcus hypothalamicus liegt ungefähr auf Höhe der CA-CP-Linie (CA, Commissura anterior; CP, Commissura posterior) (s. Abb. 1.1).

1 Lamina terminalis 2 Chiasma opticum 3 Corpus mamillare 4 Sulcus hypothalamicus 5 Neurohypophyse CA = Commissura anterior CP = Commissura posterior

Abb. 1.1 Anatomische Lage des Hypothalamus (Sobotta, Bd. 1, S. 294).

Von großer Bedeutung ist auch seine enge topographische Lage zu den Circum-Ventrikulären-Organen (CVOs), welche als die „durchlässigen Anteile“ der Blut-Hirn-Schranke (BHS) bekannt sind. Zu den CVOs gehören u.a. das

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Subfornikalorgan (SFO) und das Organum-Vasculosum-Laminae-Terminalis (OVLT). Diese Strukturen machen eine Beeinflussung der ZNS-Neurone durch im Blut befindliche Hormone möglich, wie z.B. Angiotensin II (Ang II), welches an Rezeptoren im SFO bindet und so Signale weiterleitet (Sumners et al. 1994). Obwohl der Hypothalamus (5 g) mit 0,4% nur einen sehr kleinen Anteil des Gesamtvolumens des Zentralnervensystems einnimmt, kann er funktionell als die oberste Integrationseinheit aller vegetativer Funktionen (autonomes Nervensystem und endokrine Organe) angesehen werden und hat so einen wesentlichen Einfluss auf vitale Homeostase-Systeme, z.B. erfolgen über seine relativ autonomen vegetativen Steuerungszentren die Regulation von Nahrungsaufnahme („Hunger- und Sättigungszentrum“), Wasserhaushalt (Trinkverhalten, Osmoregulation), Körpertemperatur, Arterhaltung (Reproduktionsfunktion), Selbsterhaltung (aggressives oder defensives Verhalten) und zirkadiane Rhythmik (z.B. Schlaf-Wach-Rhythmus). All dies geschieht in sehr enger Verzahnung mit dem Endokrinium über hormonproduzierende Neurone, die in bestimmten hypothalamischen Kerngebieten lokalisiert sind und einerseits Hormone direkt in die Blutbahn abgeben, bzw. anderseits über die Sekretion sogenannter Releasing- bzw. Inhibiting-Hormone, die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens kontrollieren. Zudem ist seine Konnektivität geprägt durch multiple nervale Efferenzen aus diesen Kerngebieten ins limbische System, sowie durch Afferenzen und Efferenzen zu weiteren vegetativen Zentren in Hirnstamm und Rückenmark. Afferent ist die postkomissurale Fornix; efferent sind der Tractus mamillothalamicus (Vic d’Azyr) und der Tractus mamillotegmentalis (Gudden). Als weitere Faserbahnen sind zu nennen: Fasciculus telencephalicus medialis (mediales Vorderhirnbündel), Fasciculus longitudinalis dorsalis (SCHÜTZ), Stria terminalis und die basale Mandelkernstrahlung.

Der Fasciculus telencephalicus medialis ist eine locker zusammengesetzte Bahn, die in beide Richtungen verlaufend, sich zwischen Riechhirn und Tegmentum mesencephali erstreckt. Absteigende Fasern kommen unter anderem vom Tuberculum olfactorium, Septum, Nucleus accumbens. Aufsteigende Fasern stammen häufig von Transmitter-spezifischen Projektionsneuronen wie den dopaminergen Fasern aus der Area tegmentalis ventralis, den noradrenergen Fasern aus dem Locus coeruleus oder den

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serotonergen Fasern aus den Raphe-Kernen. Auch hypothalamische Assoziationsfasern sind in diesem Bündel zu finden. Die monoaminergen Komponenten können als Teil des ARAS (Aufsteigendes Retikuläres Aktivierendes System) aufgefasst werden.

Der Fasciculus longitudinalis dorsalis verbindet peri- und paraventrikulär gelegene hypothalamische Gebiete mit dem rhombenzephalen und spinalen Eigenapparat, ebenso mit verschiedenen vegetativen Kerngebieten, wie dem Kopfparasympathikus und dem thorakalen Sympathikus.

Die Stria terminalis und die basale Mandelkernstrahlung bestehen vor allem aus, von der Amygdala zum Hypothalamus verlaufende Bahnen und besitzen eine weniger starke gegenläufige Komponente. Sie sorgen für den Zugriff der mit der emotionalen Tönung von Sinneseindrücken beschäftigten Amygdala auf die endokrinen und vegetativen Steuerzentralen des Hypothalamus, sowie der „FIGHT-FLIGHT-FRIGHT“-Reaktionen.

Insgesamt kann man im Hypothalamus 13 verschiedene neuronale Kerngebiete unterscheiden (s. Abb. 1.2), die jeweils an unterschiedlichen vegetativen Steuerungsfunktionen beteiligt sind. Die für diese Arbeit wichtigsten Kerngebiete, die Nuclei praeoptici (PO/AH), der Nucleus paraventricularis (pars magnocellularis) und der Nucleus supraopticus, sind im anterioren Bereich des Hypothalamus lokalisiert und sollen im Folgenden genauer beschrieben werden.

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1 Nucleus praeopticus medialis 2 Nucleus praeopticus medianus 3 Nucleus suprachiasmaticus 4 Nucleus supraopticus 5 Nucleus anterior hypothalami 6 Nucleus paraventricularis 7 Nucleus dorsomedialis hypothalami 8 Nucleus ventromedialis hypothalami 9 Nucleus arcuatus

10 Corpus mamillare

11 Nucleus posterior hypothalami 12 Laterale hypothalamische Zone 13 Zona incerta

Abb. 1.2 Schematische Darstellung der Kerne und Zonen des Hypothalamus.

Oben: Ansicht von medial; Kerne der periventrikulären Zone nur teilweise berücksichtigt. Unten: Kernprojektionen in die Horizontalebene und Zuordnung in entsprechende Längs- und Querzonen (Benninghoff, Bd. 2, S. 545).

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1.1.1 Nuclei praeoptici (PO/AH)

Die wichtigste vegetative Funktion, die den Neuronen der Regio praeoptica des anterioren Hypothalamus (PO/AH) zugeschrieben wird, ist die Regulation der Körperkerntemperatur. Hier lokalisierte Neurone zeigen eine besonders hohe Temperatursensitivität (Boulant 1986, Hardy et al. 1964). Warmsensitive Neurone antworten auf steigende Temperaturen mit einer Erhöhung ihrer Entladungsfrequenz, während kaltsensitive Neurone maximale Entladungsraten bei sinkenden Temperaturen zeigen (Boulant und Dean 1986). Dabei scheint es eine direkte Korrelation zwischen der elektrischen Aktivität der temperatursensitiven Neurone im PO/AH und peripheren Mechanismen der Körpertemperaturadaptation (wie z.B. Schwitzen zur Wärmeabgabe oder Muskelzittern und Piloerektion zur Wärmeisolation/-schutz) zu geben. So können artifizielle Temperaturänderungen, die über Thermoden in den PO/AH appliziert werden, entsprechende periphere Wärmeabgabe- und Wärmeproduktionsmechanismen auslösen (Hammel et al. 1960, Jacobson und Squires 1970).

Auch während pathophysiologischer febriler Zustände unterliegt die Einstellung der Körpertemperatur der Aktivität von Neuronen aus dem PO/AH. Evolutionär gesehen stellt Fieber, definiert als eine Erhöhung des Sollwertes („set-point“) der Körperkerntemperatur, eine schützende Reaktion des Körpers im Rahmen der sogenannten Akut-Phase-Antwort dar. Auslöser für eine solche Fieberantwort sind Produkte des Immunsystems, welche als endogene Pyrogene bezeichnet werden und vor allem aus den Zytokinen Interleukin 1 (IL 1) und Interleukin 6 (IL 6) bestehen. IL 1 und IL 6 werden als Antwort auf den Reiz durch exogene Pyrogene, z.B. Lipopolysaccharide (LPS) von Immunzellen, wie zum Beispiel Phagozyten in die Blutbahn ausgeschüttet.

Beide Zytokinarten, peripher appliziert oder erzeugt, wirken zum einen hemmend auf warmsensitive Neurone im PO/AH, sowie andererseits aktivierend auf kaltsensitive Neurone, was im Sinne des Temperaturregelsystems eine Sollwerterhöhung bedeutet (Blatteis 1990b, Boulant 1986, Dascombe et al. 1989, Dinarello et al. 1991, Shibata und Blatteis 1991, Xin und Blatteis 1992).

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Die genaue Wirkungsweise dieser Zytokine auf zentraler Ebene wird zu Zeit noch kontrovers diskutiert. Aufgrund der Bluthirnschranke kann eine direkte pyrogene Wirkung peripherer Zytokine an den temperatursensitiven hypothalamischen Neuronen des PO/AH faktisch ausgeschlossen werden (Blatteis 1992). Allerdings wurde IL 1-Rezeptor mRNA im Endothel postkapillärer Venolen und in Gliazellen um Arteriolen im gesamten Gehirn gefunden, welches das Konzept des Blut-Hirn-Schranken-überwindenden-Interleukins unterstützt (Wong und Licino 1994). Man vermutet daher eine bidirektionale Kommunikation auf humoralem und neuronalem Wege (Besedovsky und Del Rey 1996). Über circumventrikuläre Organe erfolgt unter Einwirkung von IL 1 oder IL 6, die zentrale Ausschüttung von Prostaglandin E2 (PGE2) als Mediator durch Astrozyten oder Neurone (lokalisiert an den fenestrierten Endothelzellen, besonders im OVLT), welches über cAMP als second messenger den Stoffwechsel der thermoregulatorischen PO/AH-Neurone moduliert (Blatteis und Sehic 1997, Elmquist et al. 1997, Watkins et al. 1995). Gleichfalls erreichen neuronale Afferenzen aus der Peripherie via Nervus vagus (Sehic und Blatteis 1996) den Nucleus tractus solitarius (NTS) und die noradrenergen Kerngebiete (A1/A2) in der Medulla oblongata, die ihrerseits über das ventrale noradrenerge Bündel (VNB) anteriore präoptische Kerne und die magnozellulären PVN- und SON-Neurone innervieren (Day und Sibbald 1989, Sehic und Blatteis 1996).

Um jedoch den febrilen Zustand steuern und diesen gegebenenfalls limitieren zu können, aktivieren die o.g. Zytokine IL 1 und IL 6 (vermutlich auch Prostaglandin-abhängig) die Hypothalamo-Pituitar-Adrenale-Achse (HPA-Achse), die als Glied der neuroimmunologischen Rückkopplung fungiert. Hypothalamische PVN-Neurone mit warmsensitiven Eigenschaften werden daraufhin zur Freisetzung der antipyretisch wirksamen Hormone CRH und ADH stimuliert (Berkenbosch et al. 1987, Blatteis 1990a, Braun et al. 1994a, Ericson et al. 1994, Inenaga et al. 1987, Sapolsky et al. 1987, Shibata und Blatteis 1991, Yasin et al. 1994). Beide bewirken an den Zellen der Adenohypophyse eine erhöhte Synthese von Proopiomelanocortin-mRNA und stimulieren die Freisetzung von ACTH (ACTH= Adrenocorticotropes Hormon). ACTH schließlich führt zu einer Ausschüttung von immunsuppressiven Glukokortikoiden in der Nebennierenrinde (Besedovsky et al. 1991, Van de

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Pavert et al. 1997), welche über einen weiteren Rückkopplungskreis, der das endokrine System mit dem Immunsystem verbindet (Besedovsky und Del Rey 1996), die PVN-Neuronenaktivität inhibiert (Chen et al. 1991, Saphier und Feldmann 1988).

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1.1.2 PVN und SON

Abb. 1.3 Frontalschnitt durch den menschlichen

Hypothalamus auf Höhe des Ncl. paraventricularis (PAV) und Ncl. supraopticus (SOp). Immunhistochemischer Nachweis von Neurophysinen, der Trägerproteine von Vasopressin und Oxytozin. Man beachte die Bahnen (PFEIL), welche nach ventral zum Hypophysenhinterlappen ziehen. 3V= III. Ventrikel (Benninghoff, Bd. 1, S.550).

Der Hypothalamus fungiert sowohl als neuronales Netzwerk, als auch als endokrine Drüse (Neuroendokrinie). Hier besitzen die magnozellulären neurosekretorischen Zellen (MNCs) des Nucleus paraventricularis und Nucleus supraopticus einen hohen Stellenwert im sogenannten hypothalamo-neurohypophysären System (s. Abb. 1.3). Sie synthetisieren die beiden

Effektorhormone Vasopressin (ADH, Adiuretin) und Oxytozin (OXY) und leiten diese zur Neurohypophyse. Hierbei verlaufen die Axone des Tractus hypothalamohypo-physialis zu ihrem „Zielgebiet“, der Pars nervosa, wo sie bei nervalen Reizen hin in den

Blutkreislauf sezerniert werden. Im

Hypophysen-hinterlappen finden sich häufig Speichervesikel (HERRING-Körperchen), die den Charakter der Pars nervosa als Speicher- und Abgabeort (aber keine Synthese) von Hormonen unterstreichen (siehe Abb. 1.4).

Beide Hormone sind aus neun Aminosäuren bestehende Polypeptide und unterscheiden sich nur in zwei Aminosäuren.

Die Sekretion von ADH erfolgt als Antwort auf einen Druckabfall an den peripheren Barorezeptoren oder einen Anstieg der Plasmaosmolarität. Es steigert den Blutdruck über Vasokonstriktion der peripheren Widerstands-gefäße und fördert die Rückresorption von Wasser (H2O) aus den

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Sammelrohren der Nierentubuli, durch Einbau von Aquaporinen (Wasserkanäle).

Oxytozin regt die in der Schwangerschaft sensibilisierte glatte Muskulatur des Uterus (Geburtseinleitung) und der Brustdrüsenendstücke zur Kontraktion an (Laktation). Als Reiz für die Sekretion von OXY gilt eine Uterus-Dehnung, sowie das Stimulieren der Brustwarze.

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Im Gegensatz zum SON besitzt der PVN (pars parvocellularis) zu den magnozellulären Zellen noch separate zusätzliche parvozelluläre Neuronenverbände, welche zum hypothalamo-adenohypophysären (parvozelluläres) System (Nucleus paraventricularis, Nuclei praeoptici, Nucleus periventricularis, Nucleus arcuatus) gehören und über hypophysiotrope Hormone die Stimulation oder Hemmung der Freisetzung von glandotropen oder Effektor-Hormonen der Adenohypophyse steuern.

Zur elektrophysiologischen Differenzierung von magnozellulären oxytozinergen und vasopressinergen Neuronen wurden physiologische Stimuli in Kombination mit einer antidromischen Reizung gegeben. Die elektrische Stimulation axonaler Projektionen im Hypophysenstiel, sowie die mechanische Reizung der Mammillen laktierender Ratten führten zu kurzen (2-4 s), aber sehr hochfrequenten (30-60 Hz) Entladungen der oxytozinergen Neurone (Poulain et al. 1977). Ohne applizierte Stimuli wurde eine unregelmäßige, langsame Aktivität („random-firing“) registriert.

Vasopressinerge Neurone reagierten auf hypovolämische (Blutentnahme) oder hyperosmotische Reize (Infundieren einer hyperosmotischen NaCl-Lösung in die Carotis) mit einer verstärkten rhythmisch phasischen Aktivität. Es wechselten sich sekundenlange Phasen kontinuierlicher Aktivität (15-45 s), mit Gruppen von oft mehr als 100 Impulsen, von entsprechend langen Entladungspausen ab.

Mittels Injektion von „Lucifer-Yellow“ über die Ableitelektrode und anschließender immunhistochemischer Identifizierung mit entsprechend markierten Antikörpern gegen ADH-Neurophysin oder OXY-Neurophysin konnten immunzytochemische Charakterisierungen vorgenommen werden (Andrew und Dudek 1984, Dudek et al. 1980, Gähwiler und Dreifuss 1980, Smithson et al. 1984). Korrelierte man das Entladungsverhalten mit den immunzytochemischen Befunden, so zeigten auch hier vasopressinerge Neurone vor allem phasische Entladungen (Brimble und Dyball 1977, Cobett et al. 1986, Poulain et al. 1977, Yamashita et al. 1983), sowie kurze rhythmische Gruppenentladungen (Bursts) mit wenigen Impulsen und schnellem Rhythmus (Gähwiler und Dreifuss 1979, Mason 1983).

Von größter Bedeutung für das Maß der Sekretion sind die markanten Entladungsmuster (Impulsfolge der Aktionspotentiale) der spontanaktiven

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PVN-/SON-Neurone (Brimble und Dyball 1977, Cazalis et al. 1985, Dutton und Dyball 1979, Dyball 1971, Harris 1947, Poulain et al. 1977, Poulain und Wakerley 1982). Dabei wird die Sekretionsrate vor allem durch Modifikationen der applizierten Gruppenentladungen, hier besonders durch die Frequenz innerhalb dieser bestimmt. Kürzere Intervalle, vor allem zu Beginn der Bursts (hochfrequent) waren effektiver in der Sekretionsrate als konstante Intraburstintervalle. Aber auch die Pause zwischen neuronaler burstender Aktivität war ausschlaggebend. Nach Gabe von Gruppenentladungen gleichen Musters, aber mit unterschiedlichen Pausen zwischen diesen, zeigte sich, dass eine bestimmte Pausenlänge notwendig ist, damit wieder optimale Bedingungen für hohe Sekretionsraten gegeben waren.

Die spontane Aktivität unterliegt zusätzlich dem Einfluss der Körpertemperatur, bedingt durch eine intrinsische Temperatursensitivität im Rahmen der Thermoregulation durch die PO/AH (Boulant 1986, Braun et al. 1994b, Inenaga et al. 1987). Durch thermale Stimulation der Regio praeoptica wurden die neuroendokrinen Zellen des PVN und SON in ihrer Entladungsrate mitbeeinflusst (Matsumura et al. 1983, 1985). So führten Injektionen hypertonischer Lösungen verschiedenster Temperaturen in die Carotis zu Veränderungen der Neuronenaktivität (Brooks et al. 1966). Dabei zeigten einige Neurone bei Temperaturerniedrigung eine verminderte Entladungsrate (warmsensitives Verhalten). Gegensätzlich führte eine Abkühlung des Gehirns, mittels einer Thermode an der Carotis-Arterie bei etwa der Hälfte der extrazellulär abgeleiteten Neurone zu einer Aktivitätssteigerung (Ferguson et al. 1984). Der exzitatorische Effekt korrelierte gut mit einem erhöhten Vasopressin-Spiegel in der Peripherie und ließ sich mit einer in dieser Phase auftretenden Antidiurese in Zusammenhang bringen, einer der wohl wichtigsten Aufgaben im Sinne der zentralen Regulation des osmotischen Verhältnisses in der Extrazellulär-Flüssigkeit.

Existiert ein Ungleichgewicht in der Wasserbilanz, so werden regulatorische humorale und nervale Mechanismen wirksam, um das Körperwasser auf ein isoosmotisches Niveau zu bringen. Bei Abnahme des Blutvolumens und damit des Blutdruckes (Volumenmangel) wird der osmoregulierende Signalstoff Angiotensin II freigesetzt. Ang II gehört zu den potentesten Vasokonstriktoren und ist zugleich ein wichtiges Glied in der Regulation des Flüssigkeitsvolumens,

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da es die Natrium-Rückresorption im distalen Tubulussystem der Niere erhöht und somit auch eine zusätzliche Retention von Wasser auslöst. Eine zentrale Applikation von Ang II in die anterioventrikuläre Region des 3. Ventrikels (AV3V-Region; CVO= Circumventrikulär-Organ) mit dem Organum Vasculosum der Lamina terminalis (OVLT) und dem Subfornikalorgan (SFO) (Ferguson 1992, Müller et al. 1994), als die für das periphere Angiotensin durchlässigen Anteile, führt zu einer Erhöhung der spontanen Entladung von PVN-/SON-Neuronen (Ferguson und Renaud 1986, Johnson 1985). Dabei haben die Terminalen der SFO-Neurone eine direkte Verbindung zu den Somata der magnozellulären und parvozellulären PVN- und SON-Neurone, deren Axone mit dem Neurotransmitter Ang II zu kardiovaskulären Kontrollzentren im Hirnstamm und autonomen Kerngebieten der Medulla projizieren (Bains und Ferguson 1995, Changaris et al. 1978, Fuxe et al. 1976, Gehlert et al. 1986, Hwang et al. 1986, Li und Ferguson 1993). Somit können als Reaktion auf osmotische Veränderungen in der Peripherie freigesetzte humorale Faktoren (Ang II), Informationen über das CVO an den PVN und SON weitergeben und Mechanismen der Gegenregulation im Sinne einer gesteigerten ADH-Freisetzung aus dem Hypophysenhinterlappen (Okuya et al. 1987, Thrasher und Keil 1987), einhergehend mit erhöhtem Durstempfinden und Blutdruck („neurohumorale Kontrolle“) ausgelöst werden.

Neben diesem Ang II-Mechanismus werden nervale Signale von zentralen und peripheren Rezeptoren dem nervösen Zentrum über den osmotischen IST-Wert vermittelt. Sie messen Unterschiede in der Osmolalität der extrazellulären Flüssigkeit und Schwankungen der Natrium-Konzentration. Zentral lokalisierte osmorezeptive Zellen finden sich im SFO, OVLT und der AV3V-Region im Hypothalamus (Bourque et al. 1994, Müller et al. 1994), mit den bereits beschriebenen Efferenzen zu den magnozellulären Neuronen des PVN und SON, wo sich auch osmosensitive Zellen nachweisen lassen (Han et al. 1992, Silva und Boulant 1984) und mit diesen im neuronalen Verbund einen Osmorezeptor-Komplex bilden (Honda et al. 1990).

Neben zentralen rezeptiven Einheiten existieren auch extrakraniale Osmorezeptoren in der Leber (Adachi et al. 1984) und im Carotissinus (Kunze und Brown 1977), die zu den osmoregulatorisch relevanten Gebieten im vorderen Hypothalamus projizieren. Zusätzlich existieren Afferenzen von

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Barorezeptoren, Chemorezeptoren und atrialen Dehnungsrezeptoren zu noradrenergen A1-Zellen der Medulla oblongata und des NTS (= Nucleus tractus solitarii), die wiederum magnozelluläre PVN- und SON-Neurone innervieren (Kubo et al. 1985). Über afferente Nerven (N. glossopharyngeus und N. vagus) die im NTS synaptisch verschaltet werden, gelangen die Impulse zu den vegetativen Zentren in der ventrolateralen Medulla oblongata (VLM). Über den Sympathikus erfolgen dann regulierende efferente Signale, die eine Dilatation bzw. Konstriktion der Widerstandsgefäße zur Folge haben. Zuvor jedoch ziehen von der VLM afferente Neurone unter Verwendung verschiedenster Transmitter zu den Kerngebieten des Hypothalamus (Sladek und Sladek 1985), woraufhin ein Durstgefühl ausgelöst und ADH freigesetzt wird (1963: Gauer-Henry-Reflex: ADH-Sezernierung entsprechend der Vorhofdehnung).

Impliziert man nun einen dehydrierten Zustand, so käme es aufgrund gemeinsamer Konnektiven zwischen Osmoregulation und Thermoregulation zu einem höheren Körpertemperatur-Anstieg als bei einem physiologisch homöostatischen Körper (Pitts et al. 1944). Einerseits erniedrigt eine Hyperosmolarität die Sensitivität der Schweißdrüsen für neuronale Afferenzen (Nielsen 1974), was eine verminderte Wärmeabgabe bedeutet, aber andererseits wird der Sollwert („set-point“) im thermoregulatorischem Zentrum erhöht (Mitchell et al. 1971). Mittels in den Hypothalamus von Enten und Hunden implantierten Thermoelektroden, konnte eine kälteinduzierte Diurese und eine wärmeinduzierte Antidiurese eine neuronale Vernetzung beider Regelsysteme deutlich machen (Simon-Oppermann und Gunther 1990, Szcepanzka-Sadowska 1974). Zudem ist der Plasmaspiegel von ADH der Säuger und AVT der Vögel nicht nur von osmotischen Bedingungen abhängig, sondern zusätzlich auch von der Körpertemperatur (Keil et al. 1994, Simon und Nolte 1990, Takamata et al. 1995). So beeinflussen lang andauernde Kühlung bzw. Erwärmung des Hypothalamus die durch Hyperosmose erhöhte ADH-Konzentration im Blut kaum, doch führen kurzzeitige Temperaturänderungen im Hypothalamus zu einer veränderten ADH-Konzentration (gesteigerte Diurese bzw. Antidiurese unter Hyperosmose) (Keil et al. 1994). In-vitro-Untersuchungen an Hirnschnitten der Ratte im PO/AH und MnPO (= Mediane präoptische Region) zeigten, dass sich diese integrative Verarbeitung osmo-

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und thermoregulatorischer Interaktionen bereits auf neuronaler Ebene in der Entladungsrate abzeichnet (Nakashima et al. 1985, Silva und Boulant 1984, Travis und Johnson 1993). Einhergehend steigt die Aldosteron- und Corticotropin-Konzentration im Blut, bedingt durch die Kolokalisation und -freisetzung von ADH und CRH, welche gemeinsamen Einfluss auf die

ACTH-Freisetzung haben (Cobett et al. 1986).

Die Freisetzung von ADH aus dem PVN/SON spielt zudem eine wichtige Rolle während eines Fiebers, da das Hormon eine antipyretische Wirkung besitzt und somit diesen Zustand limitieren kann. Das Hormon entfaltet seine Wirkung in der Area septalis ventralis (VSA) des limbischen Systems (Kiss 1988), wo Mikroinfusionen von ADH eine dosisabhängige signifikante Fieberreduktion bewirken, während die Applikation eines ADH-Antagonisten zu einer Fiberinduktion mit verlängerter Intensität führt (Blatteis 1990b, Cooper et al. 1987, Merker et al. 1989). Eine Applikation dorsal oder lateral von der VSA, sowie eine Applikation des strukturähnlichen Peptides OXY zeigen keinen antipyretischen Effekt. Die Fieberreduktion ist also dosisabhängig, sowie Ort- und Peptid-spezifisch (Naylor et al. 1986). Die VSA-vermittelte endogen antipyretische Wirkung von ADH erklärt man sich einerseits durch neuronale Projektionen von der VSA zu hypothalamischen thermoregulatorischen Strukturen, die pyrogen-induzierte Veränderungen unterdrücken können. Andererseits fand man von der VSA stammende perivaskuläre ADH-Fasern im OVLT, die zu der Überlegung führten, dass ADH an dieser Stelle die Permeabilität oder Interleukin-Bindung behindern könnte, um somit die

Fieberentwicklung in einem sehr frühen Glied der Signalkette zu inhibieren (Zeisberger und Merker 1992).

Bei afebrilen oder passiv erwärmten Tieren wird jedoch keine Temperatursenkung vermittelt und es kommt auch nicht zu einer basal erhöhten ADH-Freisetzung in der VSA. ADH wirkt somit nicht generell Körpertemperatur-senkend, sondern nur als Antipyretikum (Horowitz et al. 1992, Wilkinson et al. 1994).

Bedeutsam ist auch die Tatsache, dass unter besonderen physiologischen Zuständen (Neugeborene, präpartale Schwangere, chronische Hypertoniker) eine verminderte Fieberreaktion auf Pyrogene vorliegt. Bei allen diesen Bedingungen konnte entweder ein erhöhtes ADH in der VSA oder Reversibilität

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der natürlichen Antipyrese durch Applikation eines ADH-Antagonisten in der VSA festgestellt werden (Cooper et al. 1988, Pittman und Wilkinson 1992, Roth und Zeisberger 1992).

Wie aus den oben stehenden Abschnitten ersichtlich wird, können eine Vielzahl von regulatorischen Kontrollmechanismen genannt werden. Doch von größter Bedeutung für diese hier vorliegende Arbeit sind die Projektionen noradrenerger A1/A2-Zellen der Medulla oblongata zu den relevanten Gebieten im vorderen Hypothalamus, die im folgenden Kapitel ausführlich behandelt werden.

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1.2 Noradrenerges System

Synthese und Funktion

Abb. 1.5 Synthese von Noradrenalin.

Das Hormon Noradrenalin (lat.: glandula adrenalis= Nebennierenmark; Synonym: Norepinephrin) ist ein zur Gruppe der Katecholamine (Synonym: Brenzkatechinamin) gehöriges

Neurohormon. Unter Kate-cholaminen versteht man die Gruppe der biogenen Amine Noradrenalin und Dopamin (primäre Katecholamine), sowie Adrenalin und deren Derivate (sekundäre Katecholamine). Auf-grund ihrer chemischen Struktur v.a. der Polarität der Hydroxyl-Gruppen sind die Katecholamine weder in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu durchdringen, noch

können sie oral appliziert werden. Ihre Wirkungsdauer ist eher kurz, bedingt durch die zirkulierenden Abbau-Enzyme Monoaminooxidase (MAO) und Catechol-O-Methyltransferase (COMT).

Noradrenalin wird im menschlichen Organismus aus den Aminosäuren Phenylalanin bzw. Tyrosin synthetisiert (siehe Abb. 1.5). Im ersten Schritt der Noradrenalin-Biosynthese wird das Tyrosin-Molekül am C3-Atom mit einer zweiten Hydroxylgruppe hydroxyliert und liegt damit als 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) vor. Danach decarboxyliert das Enzym DOPA-Decarboxylase das entstandene Molekül zum biogenen Amin Dopamin. Durch die Hydroxylierung der Seitenkette mit Hilfe der Dopamin-Hydroxylase und der Ascorbinsäure als Kofaktor, entsteht schließlich Noradrenalin.

Synthetisiert wird Noradrenalin in Zellen des Nebennierenmarks, in den postsynaptischen (noradrenergen) Neuronen des Sympathikus, sowie in Zellen des Hirnstammes (entwicklungsgeschichtlich gleicher Ursprung der Zellen).

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Nach Ausschüttung in den synaptischen Spalt kann Noradrenalin teilweise wieder vom präsynaptischen Neuron aufgenommen werden. Besonders das aus der Nebenniere freigesetzte Hormon muss jedoch enzymatisch inaktiviert werden. Dabei wird mittels katalytischer Hilfe des Enzyms Catechol-O-Methyltransferase (COMT) eine Methylgruppe von S-Adenosyl-Methionin auf das Katecholamin übertragen und anschließend durch eine Monoaminooxidase (MAO) zu Vanillinmandelsäure desaminiert.

Im peripheren Nervensystem sind Noradrenalin und in geringem Maße auch Adrenalin Überträgerstoffe der sympathischen postganglionären Endigungen. Ferner fungiert Noradrenalin nach Ausschüttung aus dem Nebennierenmark auch als Hormon. Es führt z.B. zur Kontraktion der Widerstands- und Kapazitätsgefäße, Dilatation der Koronararterien und Steigerung von Blutdruck und Herzfrequenz.

Pathophysiologisch kann eine Überproduktion von Noradrenalin beim sogenannten Phäochromozytom vorkommen, dessen Leitsymptome Hypertonie, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen und Tachykardie sind. Darüber hinaus sind verschiedene Defekte der Enzyme des Noradrenalin-Stoffwechsels beschrieben.

Pharmakologisch findet es Verwendung in der Notfall- und Schocktherapie, z.B. als Medikament erster Wahl bei der kardiopulmonalen Reanimation, sowie zur akuten Hebung des Blutdruckes bei Hypotonie.

Seine Wirkung entfaltet Noradrenalin an selektiven Adrenozeptoren (siehe Abb. 1.6), von denen die vier Haupttypen als α1-, α2-, β1- und β2-Rezeptoren bezeichnet werden. Sie unterscheiden sich in ihrem Ansprechen auf verschiedene Agonisten bzw. Antagonisten, aber auch in ihren postsynaptischen Effekten. Die spezifischen α1-Agonisten Ephedrin, Phenylephrin (chemische Bezeichnung: (R)-3-Hydroxy-a-[(methylamino)-methyl]benzenmethanol), sowie Terbutalin gehören zu den Nicht-Katecholaminen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Struktur haben diese eine längere Halbwertszeit, bedingt durch einen fehlenden Angriffspunkt für das Abbau-Enzym COMT. Auch kann eine orale Applikation der Nicht-Katecholaminen erfolgen. Jedoch am bedeutendsten ist die Tatsache, dass eine Überwindung der Blut-Hirn-Schranke möglich ist. Pharmakologisch finden α1-Agonisten Anwendung als Vasokonstringentien v.a. in Lokalanästhetika, zur

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therapeutischen Behandlung von chronischen Hypotonien und der Rhinitis, sowie in der Ophthalmologie als Mydriatika (Alphasympathomimetika: Reizung des M. dilatator pupillae).

In dieser Arbeit wurde die Auswirkung des α1-Agonist Phenylephrin auf die neurosekretorischen Zellen des PVN und SON untersucht. Dabei entfaltet der Agonist seine Wirkung nicht direkt über eine Konformationsänderung der Membrankanäle, sondern führt über eine intrazelluläre Gq-Protein-Kaskade zur Aktivierung der „second-messengers“ Inositoltriphosphat (IP3) und Diacylglycerol (DAG). Daraus resultiert die Freisetzung von Ca2+-Ionen aus intrazellulären Calciumspeichern und die Phosphorylierung von Membrankanälen, was exzitatorisch auf die Neurone wirkt.

Prazosin ist, wie seine pharmakologischen Verwandten Terazosin, Doxazosin, Alfuzosin ein sogenannter α1-Rezeptorantagonist und wird peripher vorrangig zur Behandlung der arteriellen Hypertonie eingesetzt. Seine Halbwertszeit beträgt 2,5-2,9 Stunden. Seine genaue chemische Bezeichnung lautet: 4-Amino-2-[4-(2-furoyl)-1-piperazinyl]-6,7-dimethoxychinazolin.

Bei Therapie mit α-Rezeptorantagonisten müssen einige Nebenwirkungen beachtet werden. So verursachen sie relativ häufig orthostatische Beschwerden. Demzufolge wird Prazosin in der Behandlung von hypertonischen Beschwerden nur als Mittel zweiter Wahl eingesetzt. Weiterhin wurden als Nebenwirkungen u.a. beschrieben: Müdigkeit, Unwohlsein, Schwächegefühl, Gewichtszunahme, Leberfunktionsstörungen, Pankreatitis.

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Agonist Phenylephrin Adrenozeptoren Alpha 1 Alpha 1: α1B, α1A, α1D G-Protein: Gq, GiGo Effektor-Mechanismus: ↑ Phospholipase C, D, A2 Antagonist Prazosin Agonist Clonidin Alpha 2 Alpha 2: α2A, α2B, α2C G-Protein: Gi, Go Effektor-Mechanismus: ↓ cAMP Antagonist Yohimbin Agonist Dobutamin Beta 1 Beta 1: G-Protein: Gs

Effektor-Mechanismus: ↑ cAMP, ↑ L-Typ Ca 2+

Antagonist Metoprolol Agonist Albuterol Abb. 1.6 Adrenozeptoren. Beta 2 Beta 2: G-Protein: Gs Effektor-Mechanismus: ↑ cAMP Antagonist Butoxamin

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Zentrale noradrenerge Zellgruppen

Die Formatio reticularis, lokalisiert im Mesencephalon (Pons, Medulla oblongata), beinhaltet eine große Gruppe an Nervenkernen, die noradrenerge, dopaminerge und serotonerge Neurone enthalten. Sieben noradrenerge Zellgruppen, als A1 bis A7 bezeichnet, wurden bei Nagern beschrieben. Die meisten dieser Gruppen wurden auch bei Primaten gefunden. Diese Zellgruppen entsenden sich stark verzweigende, auf- und absteigende Fasersysteme, die in Längsrichtung der „Neuraxis“ verlaufen und terminale Netzwerke in den verschiedenen Grisea bilden.

Die größte noradrenerge Zellgruppe ist der Locus coeruleus (v.a. A4, A6, A7) am Boden der Rautengrube, ein makroskopisch sichtbarer blauschwarzer Gewebestreifen in Höhe der rostralen Ponsabschnitte. Er enthält beinahe die Hälfte der Gesamtzahl aller Noradrenalin-synthetisierenden Zellen und ist quantitativ das bedeutendste noradrenerge Zentrum des Gehirns. Dieser Kern besteht aus nur etwa 1000 Zellen, deren Axone sich jedoch so vielfach verzweigen, dass die zugehörigen noradrenergen Endigungen an vielen Stellen des ZNS zu finden sind.

Von größter Bedeutung sind jedoch die Gruppen A1, A2, A5 und A7, von denen ein aufsteigendes Fasersystem ausgeht, das als ventraler noradrenerger Bahnzug bezeichnet wird. Die Gruppen A1 und A2 liegen in der unteren Medulla oblongata. Die Neurone der Gruppe A1 umgeben den Kern des Funiculus lateralis und erstrecken sich dorsomedial in den lateralen Anteil der Formatio reticularis; die der Gruppe A2 liegen dorsal und lateral des Nucleus nervi hypoglossi, nahe der ventrikulären Oberfläche. Die Gruppe A5 besteht aus ziemlich locker angeordneten Zellen, die den Nucleus nervi facialis und die obere Olive umgeben. In den rostralen pontinen Abschnitten der lateralen Formatio reticularis befinden sich die Zellen der Gruppe A7.

Der ventrale noradrenerge Bahnzug (Fasergruppen A1, A2, A5 und A7) verläuft durch das retikuläre Gebiet des Hirnstamms und setzt sich nach vorn hauptsächlich im medialen Vorderhirnbündel fort. Terminationsgebiete sind der ventrolaterale Anteil der Substantia grisea im Mesencephalon, die Formatio reticularis, der gesamte Hypothalamus im Diencephalon, insbesondere die

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Nuclei dorsomedialis, periventricularis, infundibularis, supraopticus, paraventricularis und die innere Schicht der Eminentia mediana, die Area praeoptica im Telencephalon und der Binnenkern der Stria terminalis. Ebenfalls beschrieben ist eine noradrenerge Innervation des Bulbus olfactorius (Swanson und Hartman 1975).

1 Interstitialkern der Stria terminalis 2 Commissura anterior 3 Nucleus paraventricularis 4 Nucleus praeopticus 5 Nucleus dorsomedialis 6 Bulbus olfactorius 7 Nucleus supraopticus 8 Nucleus infundibularis

9 Griseum centrale mesencephali 10 Formatio reticularis mesencephali 11 Zellgruppe A7

12 Zellgruppe A5 13 Nucleus solitarius

14 Nucleus dorsalis nervi vagi 15 Zellgruppe A2

16 Zellgruppe A1

Abb. 1.7 Noradrenerges System

(Rudolf Nieuwenhuys: The Human Central Nervous System, 1988).

Somit hat der ventrale noradrenerge Bahnzug einen erheblichen modulierenden Einfluss z.B. auf Reifungsprozesse und Lernvorgänge, Verarbeitung von Sinnesreizen, Schlafregulation und endogene Schmerzhemmung. Der Locus

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coeruleus wird indessen als „Alarmsystem des Gehirns“ in körperlichen und seelischen Stress-Situationen aktiviert und ist dabei entscheidend an der Entstehung charakteristischer Symptome wie Angstempfindung oder Tachykardie beteiligt.

Der ventrale noradrenerge Bahnzug projiziert aber auch gleichzeitig über zwei absteigende noradrenerge bulbospinale Fasern. Zum einen über den Funiculus anterior, welcher im Vorderhirn endet und zum anderen über den dorsolateralen Teil des Funiculus lateralis mit der Endigung im Nucleus intermediolateralis und in der Substantia gelatinosa. Erwähnenswert ist noch die Tatsache, dass auch die Nuclei dorsalis nervi vagi und solitarius noradrenerge Fasern beziehen, hauptsächlich aus A1 und A2 (Bourque und Renaud 1990).

Die Projektionen der noradrenergen Zellgruppen ins limbische System spielen klinisch eine Rolle bei depressiven Erkrankungen. Angenommen wird eine Unterfunktion, weshalb man mit Medikamenten die Wirkung noradrenerger Neurone verstärkt und den Kranken erheblich Linderung schafft.

Abb. 1.8 Schematische Darstellung der afferenten und efferenten Hauptverbindungen der hypothalamischen Kerngebiete (Sawchenko und Swanson 1983).

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Der PVN und SON erhalten direkten exzitatorischen Input von den noradrenergen A1-Neuronen in der kaudalen ventrolateralen Medulla oblongata (Alonso und Assenmacher 1984, Day und Renaud 1984) (s. Abb. 1.8). Dieser besitzt eine große Bedeutung für die Stimulation der Vasopressin-Freisetzung auf modulierenden Blutdruck (Raby und Renaud 1989). Eindeutige Studien, die Noradrenalin als alleinigen primären Transmitter belegen, waren jedoch nicht erfolgreich (Day et al. 1990). Neuere Experimente bestätigten die Vermutung, dass Noradrenalin seine exzitatorische Wirkung via α1-Rezeptoren magnozellulärer Neurone im Hypothalamus mittels Kotransmitter entfaltet. In Zusammenhang mit Noradrenalin werden unterschiedlichste Substanzen (Neuropeptid Y, Substanz O, ATP), ebenfalls lokalisiert in der A1-Zellgruppe, parallel zu Noradrenalin freigesetzt (Everitt et al. 1984, Sawchenko et al. 1985). So aktivieren noradrenerge Projektionen aus den A1/A2-Zellgruppen in der Medulla oblongata glutamaterge Interneurone im Hypothalamus z.B. PVN, die intranukleäre exzitatorische Projektionen zu den magnozellulären Neurone senden (Daftary et al. 1998). Andererseits führt man die exzitatorische Wirkung von Noradrenalin auf eine Konvergenz von intrazellulären Signalkaskaden zurück. Neben Noradrenalin setzen die A1-Neurone noch ATP frei, das an purinerge P2x-Rezeptoren bindet. Dabei bewirkt die Aktivierung des α1-Rezeptors und des P2x-α1-Rezeptors einen enormen Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration (Kapoor und Sladek 2000).

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1.3 Fragestellung

Der Hypothalamus, als oberste Integrationseinheit vegetativer Funktionen, besitzt einen überragenden Stellenwert in multiplen wissenschaftlichen Untersuchungen, in denen man es sich zur Aufgabe gemacht hat, die vielseitigen physiologischen Abläufe zu verstehen und Rückschlüsse auf den Gesamtorganismus zu ziehen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Systeme nicht einer strikten Trennung unterliegen, sondern dass sie vielmehr miteinander kommunizieren und, dass ihre Neurone für mehrere endogene Stimuli (Temperatur, osmotischer Druck, Glukose, diverse Steroide) sensitiv sind (Boulant und Silva, 1988).

Die dieser Dissertation zugrundeliegenden elektrophysiologischen Experimente sollten die Frage klären, inwieweit sich im Entladungsverhalten hypothalamischer Neurone physiologisch relevante Stimuli homöostatischer Regelsysteme widerspiegeln. Darüber hinaus sollte untersucht werden, ob sich die zwischen diesen Reizen bekannten Wechselwirkungen ebenfalls in der neuronalen Entladung zeigen. In der hier vorliegenden Arbeit wird speziell die Verknüpfung des noradrenergen α1-Agonisten Phenylephrin mit thermischen Signalen in den magnozellulären neurosekretorischen Neuronen des Nucleus paraventricularis (PVN) und Nucleus supraopticus (SON) untersucht. Jegliche Auswirkungen würden zu einer Umstellung der Impulsaktivität führen, die möglicherweise für eine funktionell sinnvolle Veränderung der Hormonsekretion steht. Konkrete Ansatzpunkte für solche elektrophysiologischen Experimente ergeben sich aus den oben angesprochenen, physiologisch gut dokumentierten funktionellen Wechselwirkungen.

Die Kerngebiete PVN und SON sind für diese Untersuchungen besonders gut geeignet, da sich hier neurophysiologische Ableitungen in einem direkten Zusammenhang von physiologischer Hormonausschüttung, sprich ADH und OXY befinden und wegen ihrer vielfältigen homöostatischen Kontrollfunktion. Zum einen steuern PVN und SON die HPA-Achse über die Freisetzung von CRF und regulieren den Wasserhaushalt über ADH, welches eine Schlüsselrolle in der Vasomotion (Vasokonstriktion) einnimmt. Zusätzlich besitzt es eine antipyretische und zusammen mit dem Releasing-Hormon CRH eine

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immunsuppressive Wirkung. Die magnozellulären neurosekretorischen Zellen des PVN und SON als Herkunftsort des ADH sind somit integrative Zentren mit gegenregulatorischen Domänen im Rahmen der Thermoregulation. Zwar kennt man die entscheidende Vernetzung verschiedener Homöostasesysteme im Hypothalamus, doch ist über die Integration multipler Stimuli und derer gemeinsamen Konnektiven weniger bekannt.

Die erste Serie dieser Untersuchungen beschäftigte sich daher mit der Frage, ob sich im Entladungsverhalten der neurosekretorischen Zellen des PVN und SON Hinweise finden, dass sinusförmige Temperatustimuli, im Sinne einer negativen Rückkopplung, über eine gesteigerte ADH-Sekretion gegenregulatorische Mechanismen auslösen könnten.

Die zweite Frage betrifft die etwaigen Wechselwirkungen der verschiedenen neuronalen Temperatureffekte mit anderen Parametern, wie in diesem Fall der Einfluss noradrenerger Stimuli (Phenylephrin), die ebenfalls einen Einfluss auf das Entladungsverhalten der PVN und SON Neurone haben. Hier könnte man eine Nichtlinearität der elektrischen Aktivität in Verbindung mit den kombinierten Stimuli erwarten. Die für diese Untersuchungen gewählten Methoden entsprechen den herkömmlichen Verfahren zur extrazellulären Registrierung der Impulsaktivität von Einzelneuronen in Hirnschnittpräparaten. Angesichts der funktionellen Bedeutung der Impulsgruppen-Entladungen (Bursts), gerade für die ADH-Sekretion, wurde der für diese Fragestellung besonders wichtige Aspekt der gemittelten Entladungsfrequenz aufgezeichnet, sowie teilweise auch die Veränderungen der Impulsmuster analysiert.

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2.0 Material und Methoden

2.1 Hirnschnitt-Technik

Bei den in dieser Arbeit zugrunde liegenden in-vitro Experimenten handelt es sich um eine neurobiologische Untersuchungsmethode, mit der man elektrophysiologische Messungen an Zellen zerebraler Areale, hier speziell des hypothalamischen Areals von Säugetieren durchführen kann.

Seinen Ursprung findet diese elektrophysiologische Methode jedoch in der Biochemie. Der amerikanische Biochemiker McIlwain beschrieb dieses Prinzip erstmals 1961. Bereits 1966 konnten erste Aktivitäten neokortikaler Neurone durch Yamamoto und McIlwain gemessen werden. Erstmalige elektrophysiologische Untersuchungen am Hypothalamus, in Bezug auf Spontanaktivität und Osmosensitivität, erfolgten 1978 durch Brimble et al., Dudek et al. 1980, Haller und Wakerley 1980, Hatton et al. 1978, Hatton 1982. Andrew et al. führten im Jahre 1981 Versuche zur elektrischen Koppelung magnozellulärer neurosekretorischer Neurone auf zellulärer Ebene durch. Ebenfalls konnte bereits Anfang der achtziger Jahre, die Thermosensitivität hypothalamischer Neurone durch Kelso und Boulant (1982), sowie Kelso et al. (1982) mit Hilfe der Hirnschnitt-Technik untersucht werden.

Superfusionslösungen

Zur Vermeidung des Zelltodes mussten die Zellen geeigneten physiologischen Bedingungen ausgesetzt werden, damit deren Spontanaktivität untersucht werden konnte. Die Aufbewahrung der Hirnschnitte und die Superfusion in der Ableitkammer erfolgte mit einer artifiziellen Cerebrospinalflüssigkeit (aCSF). Die Konzentrationen der in der aCSF gelösten Ionen richteten sich nach Schmid und Pierau 1993 (siehe Abb. 2.1). Die Substanzen wurden in 10-fach konzentrierten Stammlösungen angesetzt; NaCl, KCl und KH2PO4 in derselben Lösung, die vier anderen Substanzen separat. Am jeweiligen Versuchstag

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wurden die vier Stammlösungen zusammengegeben und mit Aquadest auf die Endkonzentration verdünnt. Vor Versuchsbeginn wurde diese Nährlösung mit Carbogen, einem Gasgemisch aus 95% O2 und 5% CO2 für eine Stunde begast (Yamamoto 1972).

Substanzname Summenformel Konzentration [mmol/l] Hersteller

Natriumchlorid NaCl 124 Merck

Kaliumchlorid KCl 5 Merck

Kaliumdihydrogenphosphat KH2PO4 1,24 Merck

Magnesiumsulfat-Heptahydrat MgSO4 x 7H2O 1,3 Merck

Natriumhydrogencarbonat NaHCO3 26 Merck

Calciumchlorid-Dihydrat CaCl2 x 2H2O 0,9 Merck

D(+)-Glukose-Monohydrat C6H12O6 x H2O 10 Merck

Abb. 2.1 Zusammensetzung der aCSF (nach Schmid und Pierau 1993).

Eine pH-Wert-Überprüfung mit einem pH-Meter der Firma Greisinger ergab im Mittel einen Wert von 7,39, sowie einer Osmolalität von 297 mOsm/kg Lösung (gemessen mit einem Osmometer der Firma Knauer). Mittels geregelter Heizung konnte die Temperatur in der Daueraufbewahrung auf konstanten 35°C gehalten werden. In der Ableitkammer selbst wurde auf ein Körpertemperatur-Niveau mit 37°C erhöht und nach einer Adaptationsphase den Versuchbedingungen entsprechend modifiziert.

Versuchstiere

Als Versuchstiere dienten juvenile Sprague-Dawley-Ratten, männlichen Geschlechtes (siehe Abb. 2.2). Es handelte sich um Albino-Tiere, deren Gewicht ca. 100-185 g betrug. Entscheidendes Kriterium war die Juvenilität. Juvenile Tiere wiesen eine weichere und konsistentere Gehirnmasse auf, im

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Gegensatz zu adulten Ratten. So konnte eine schnellere und effizientere Präparation durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil war das geringere Volumen des Gehirns, was eine schnellere Kühlung (innerhalb von 3 Minuten) zuließ. Zudem zeigten adulte Ratten eine höhere Neigung zur Anoxie, sprich der neuronale Schaden nimmt im Laufe des Alters zu, aufgrund vermehrter Myelinisation und Zellverbindungen.

Abb. 2.2 Juvenile Sprague-Dawley-Ratte, männlichen Geschlechtes.

Die Tiere wurden aus der Versuchstierzucht GmbH&COKG HARLAN-WINKELMANN (Borchen, BRD) bezogen.

Die Haltung der Tiere erfolgte im Institut-eigenen Tierraum, gemäß den Standardlaborrichtlinien. Hier herrschte eine konstante Temperatur von 21 bis 23°C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 55%, bei einer Beleuchtungszeit von 12 Stunden pro Tag. Die Ernährung der Tiere erfolgte ad libitum mit Trockenfutter Altromin 1314 (ALTROMIN GmbH, Lage, BRD) und Leitungswasser.

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2.2 Präparation und Anfertigung der Hirnschnitte

Vorbereitungen

Zu den Vorbereitungen gehörte die Herstellung einer Agarose-Plattform, zur späteren Fixierung des Hirnblockes. Nach Aushärtung konnte ein ca. 2x2 cm großer Block mit dem Skalpell entfernt werden. In der Plattform wurde eine Aussparung von 8x8 mm gesetzt und mittels Sekundenkleber auf einer Plexiglasscheibe in Längsrichtung fixiert.

Um einen frühzeitigen Zelltod zu verhindern, musste das Gewebe während der Zeitspanne von der Freilegung bis zur Daueraufbewahrung der Hirnschnitte in seinem Metabolismus heruntergeregelt werden, womit die Gefahr der Nervenzell-Läsionen durch Anoxie so gering wie möglich gehalten wurde. Deshalb wurde ein Teil, der in Kapitel 2.1 hergestellten Lösung, das benötigte Präparationsbesteck, sowie die Sezierfläche (Metallzylinder, Rundfilter mit Markierung zur Schnittführung) für die Herstellung des Hirnblocks auf eine Temperatur von 4°C mit Eiswasser gekühlt. Zudem musste der Inkubator mit den Hirnschnitt-Körbchen bestückt, mit aCSF gefüllt und die Begasungseinheit installiert werden. Dieser wurde dann in ein auf ca. 37°C erhitztes Wasserbad eingelassen.

Hirnentnahme

Das Versuchstier wurde während der Vorbereitungen in einem separierten Gehäuse im Labor gehalten. Nachdem diese abgeschlossen waren, wurde das Versuchstier durch einen gezielten Schlag auf den Thorax ohne Anästhesie, sowie unter Berücksichtigung des Eigenschutzes, getötet. Anschließend wurde die Ratte mit einer großen anatomischen Rundschere, knapp hinter den Ohren dekapitiert. Nach dem Setzen eines Hautschnittes in sagittaler Richtung vom Foramen magnum entlang der Sutura sagittalis bis zum Nasenbein, konnte die Kopfhaut beidseitig nach lateral abgezogen werden. Unter Sicht wurden jetzt etwaige Halswirbel und Nacken- bzw. Rückenmuskulatur entfernt. Bevor die

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Kalotte jedoch mit Hilfe einer Knochenzange zur Seite hin weg gebrochen werden konnte, mussten noch Hilfsschnitt gesetzt werden: zum einen im Nasenbein und zum anderen eine Verbindung vom Foramen magnum bis zur ipsilateralen Orbita einseitig. Dabei war darauf zu achten, dass das Hirngewebe nicht traumatisiert wurde. Zur endgültigen Entnahme des Gehirns drehte man den Schädel um, wobei durch die Erdanziehungskraft das Hirn von der Basis abgehoben wurde und trennte mit einem stumpfen löffelartigen Spatel alle Verbindungen (Hirnnerven) zur Basis cranii, bis es aus kurzer Höhe selbständig in das Becherglas mit der gekühlten aCSF fiel. Besondere Aufmerksamkeit musste dabei den beiden Nn. optici gewidmet werden, denn es galt, einen ausreichenden Abstand zum Chiasma opticum mit dem hypothalamischen Zielgebiet einzuhalten. Aufgrund hoher Temperaturen im Labor und der ischämischen Phase war höchste Eile geboten, damit das spätere Versuchsobjekt nicht allzu sehr geschädigt wurde. Die Präparation erfolgte deshalb innerhalb von 60 bis 130 Sekunden.

Cerebellum Hypothalamus

Chiasma opticum

Abb. 2.3 Schematische Umrisszeichnung der Gehirnareale einer Ratte in koronaler Ansicht

(Paxinos und Watson 1986). Die hervorgehobene Fläche markiert den Bereich des entnommenen Gewebeblocks mit dem Hypothalamus und die in den Versuchen verwendeten Gehirnschnitte mit den Kerngebieten PVN und SON. Daneben ein entnommenes Gehirn, wie es sich post preparationem darstellt (mit schematisierter Schnittfläche).

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Inkubation

Die Inkubation des entnommenen Gehirns (siehe Abb. 2.3) erfolgte in der auf 4°C gekühlten Nährlösung maximaler Begasung (O2/CO2 im Verhältnis 95% zu 5%) für etwa 1 Minute.

Durch die nun folgende Erniedrigung der Temperatur sollte das Gehirn seinen Metabolismus soweit herunterfahren, damit bei der Anfertigung der Hirnschnitte die hypoxischen Schäden so gering wie möglich gehalten wurden. Ein weiterer Vorteil der Abkühlung war nun eine festere Konsistenz, die so eine exaktere und saubere Präparation ermöglichte.

Anfertigung der Hirnschnitte

Nach Inkubation erfolgte die Anfertigung der Hirnschnitte. Dazu wurde das Gehirn mit Hilfe eines Netzrahmens atraumatisch aus dem Becherglas

entnommen und mit seiner Basis nach oben auf den eisgekühlten Metallblock gelegt. Mit einer entfetteten Rasierklinge wurde das zu untersuchende Hirnareal, in diesem Fall der Hypothalamus herausgeschnitten. Die Schnitt-führung erfolgte nach folgenden markanten Punkten: zwei sagittale Schnitte jeweils 3 mm lateral der Medianlinie, ein Frontalschnitt 1 mm rostral des Chiasma opticum und einem Frontalschnitt in Höhe der Pons. Dabei musste unbedingt auf eine zur Unterlage senkrechte Schnittführung geachtet werden. Zentriert, zwischen den beiden Markierungen auf dem Filterpapier wurde beidseits überstehendes Gewebe entfernt. Nach Drehung des Hirnblockes konnte unter Sicht auf das Chiasma opticum problemlos der Block erneut im Kortex-Bereich reduziert werden. Als Ergebnis erhielt man einen festen Quader aus Hirnmasse mit einer

Abb. 2.4 Hirnblock in der

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Grundfläche von 8x8 mm. Mittels Backenpinzette konnte der Quader in die Aussparung des Agarose-Blockes gesetzt werden (s. Abb. 2.4). Die Befestigung erfolgte mit Gewebekleber (Histoacryl®, blau, Firma BRAUN, Melsungen, BRD) auf der Plexiglasplatte. Dabei zeigte das Chiasma opticum nach oben und die Hypothalamus-Linse befand sich an der vorderen Öffnung. Die Plexiglasplatte wurde in den Vibratom-Aufsatz gespannt, so dass die Hypothalamus-Linse parallel in Richtung Rasierklinge zeigte. Nach diesen Vorbereitungen konnten nun die Frontalschnitte hergestellt werden. Mit dem

Vibratom (Vibracut, Firma FTB, Bensheim, BRD) wurden die Hirnschnitte (Slices) in der Frontalebene im Abstand von 400 µm gelegt, bei gleichzeitiger Umspülung mit der gekühlten und oxy-genierten Nährlösung (siehe Abb. 2.5). Zuvor wurde die, in einem Winkel von 13° eingespannte Rasierklinge mit 2-Propanol entfettet.

Abb. 2.5 Anfertigung der Hirnschnitte mit

dem Vibratom.

Anschließend inkubierten die Hirnschnitte erneut für eine Stunde, jeweils verteilt auf 10 Acrylbehälter mit Nylonnetz-Boden bei ausreichendem Sauerstoff- und Nährstoff-Angebot. Die Nährlösung unterlag einem kontinuierlichen Temperaturanstieg bis auf 35°C innerhalb dieser Stunde.

Durch zügiges Präparieren und möglichst intensiver Kühlung des Gewebes konnten hypoxische Schäden nahezu vermieden werden und somit war eine neuronale Aktivität auch nach einer 24-stündigen Inkubation noch zu messen.

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2.3 Versuchsdurchführung: Der Messstand

Ableitkammer und Hirnschnittversorgung

Die in dieser Arbeit beschriebenen extrazellulären Ableitungen im PVN und SON der Ratte wurden in einer selbst konzipierten Ableitkammer durchgeführt, in der die Schnitte vollständig in der Superfusionslösung lagen (s. Abb. 2.6). Die Wände der Ableitkammer bestanden aus einem aufgesteckten Kunststoffaufsatz und der Boden wurde von einem Platinblech gebildet,

welches die Thermoden-Oberfläche bedeckte. Diese Thermode erlaubte es, thermische Reize unterschiedlichster Form (rampen-/sinusförmig, Änderungsgeschwin-digkeit 0,0001 bis 10°C/s) und Größe definiert und reproduzierbar über den Rampengenerator zu applizieren. Die thermische Reizung der Hirnschnittpräparate, die direkt auf der Thermoden-Oberfläche platziert und mit Platinringen stabilisiert wurden, erfolgte als Kontaktwärmereizung. Die Thermode basierte auf einem Eiswasser/Heizwendel-Antagonismus, gesteuert über ein Kupfer/Konstantan-Thermoelement (Durchmesser: 0,5 mm), welches als Fühler, unterhalb der Platinoberfläche, den Istwert (= aktuelle Oberflächentemperatur) direkt an den Regler weitergab. Dieser steuerte die Thermode über die Heizwicklungen innerhalb der Thermode, bezogen auf die vorher eingestellte Solltemperatur. Als Gegenspieler diente die mit 5-10°C durchspülte Kühlspirale. Der in Abbildung 2.7 gezeigte aCSF-Zufluss erlangte über direkten Kontakt mit der Thermoden-Oberfläche noch vor Eintritt ins Kammerlumen die Solltemperatur und wurde über eine Rollerpumpe mit einer Geschwindigkeit von 1-2 ml/min geregelt. Bei einem maximalen Kammerfüllungsvolumen von 0,5 ml ergab sich bei einem Zufluss von 2 ml/min

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ein viermaliger Austausch des gesamten Kammervolumens pro Minute. Dadurch war eine ausreichende Nährstoff- und Sauerstoff-Versorgung gewährleistet. Auch die Testsubstanzen wurden so schnell herangeführt; Auswertungsfehler, aufgrund unterschiedlicher Konzentrationen in der Ableitkammer waren nicht zu erwarten.

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Abb. 2.7 Schematische Darstellung der Ableitkammer mit Thermode und deren

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Elektroden

Als Elektroden zur Ableitung der spontanen Neuronenaktivität dienten Glaskapillar-Elektroden aus Borosilikatglas, welche mit einem Filament versehen waren. Ihr Außendurchmesser betrug 1,5 mm; der Innendurchmesser 0,86 mm. Damit besaßen die Elektroden eine Wanddicke von 0,32 mm.

Zur Herstellung dieser, wurden Kapillarrohlinge mit einer Länge von 100 mm der Firma CLARK Electromedical Instruments, UK, Produkt GC150F-10 verwendet. Der Rohling wurde in einem Flaming/Brown Micropipette Puller P-87 befestigt und über ein vorgegebenes Programm in der Mitte angeschmolzen, bei gleichzeitigem Zug von beiden Seiten. Nach kurzer Zeit entstanden schließlich zwei Spitzen, aus denen dann die Glaskapillaren resultierten. Grundvoraussetzung für beste Messergebnisse waren optimierte Elektrodeneigenschaften, bedingt durch das Puller-Programm. Die Elektroden hatten eine Impedanz zwischen 3,5 und 4,5 Megaohm. Durch das Vorliegen unterschiedlicher Widerstände konnten nun einerseits wenig-selektive niederohmige Elektroden zur Registrierung niedrigere Amplituden, als auch andererseits hochohmige Elektroden für die endgültige Registrierung einzelner Nervenzellen verwendet werden.

Registrierung und Signalerfassung

Nach Inkubation wurde ein Hirnschnitt mit einer Pipette in die Ableitkammer überführt, wo er erneut für ca. 5 Minuten bei 37°C inkubierte. Anschließend wurde mittels Mikromanipulator (MO-150, Narishige, Tokyo) die Elektrodenspitze in das Zielkerngebiet vorgeschoben. Dabei war darauf zu achten, dass diese von Schnittober- bis zur Schnittunterseite hindurchgefahren wurde, bis neuronale Aktivität zu erkennen war, die sich über den Lautsprecher akustisch vom Rauschen abhob. Optisch konnte die Einführung der Elektrodenspitze unter einem Stereo-Zoom-Binokular (SZ40, Olympus, Tokyo) beobachtet werden. Eine grobe Orientierung lieferte die klare Abgrenzung des SON als hell-granuläre Region gegenüber dem dunklen Umfeld und die

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eindeutige anatomisch-topographische Beziehung zum Chiasma opticum/Tractus opticus, sowie die Lage des PVN zum Ventrikel.

Zu Beginn der Versuche war jedoch die neuronale Spontanaktivität eher etwas herabgesetzt (Adaptationsphase), die sich aber nach einiger Zeit wieder besserte. In einer Arbeit von Silva et al. von 1983 wird von einem leichten Rückgang des Hirnschnitt-Sauerstoffverbrauchs in den ersten zwei Stunden der Inkubation berichtet. Nach diesen zwei Stunden der Inkubation sei der Sauerstoffverbrauch aber in allen Fällen wieder auf Normalniveau angestiegen. Die Registrierung extrazellulärer Zellaktivität setzte einen hohen Eingangswiderstand voraus, da die zu messenden Ströme im Vergleich zu intrazellulären Ableitungen nochmals um mindestens eine Zehnerpotenz niedriger lagen („Impedanzwandlung“). Somit wurden auch Rauschsignale und andere Störungen mitverstärkt. Um diesem entgegenzuwirken, musste das Ableitsystem mit Hilfe eines Faradayschen Käfigs abgeschirmt werden.

Die Elektrode vermittelte die gemessenen Aktionspotentiale zunächst an einen Vorverstärker (10000-fach) mit einem 0,3 bis 3 KHz-Bandpassfilter, dann weiter zu einem Verstärker DAM 80 mit 50 Hz-Filter. Dieses Signal wurde sowohl visuell auf einem digitalen 2-Kanal-Speicher-Oszilloskop (Firma HAMEG mit Drucker), als auch akustisch auf einem Lautsprecher dargestellt.

Das Originalsignal wurde über einen Impulshöhen-Fensterdiskriminator (Fa. BM&T, Heidelberg) weitergeleitet. Mit Hilfe dieses Impulshöhen-Fensterdiskriminator konnte die untere Amplitudenschwelle festgelegt werden, um Aktionspotentiale akustisch vom Rauschen zu trennen. Selektierte Aktionspotentiale wurden umgewandelt und als gleichamplitudige Rechteckimpulse („Transistor-Transistor-Logik“= TTL) an ein Computerinterface (HAL-Com, Firma Enghusen, Halstenbek) als Interspike-Zeitintervall-Werte mit den entsprechenden Analogsignalen (Temperatur, Pharmaka-Applikation) weitergeleitet. Zusätzlich registrierte der über einen Impuls-Spannungswandler gesteuerte Linienschreiber (Linseis L6514B, 1 cm/min) die momentane Entladungsfrequenz und die vom Thermoelement gemessene Temperatur. Zeitpunkt und Dauer der Substanz-Applikation wurden manuell markiert (siehe Abb. 2.8). Zudem bestand die Möglichkeit über den Bandrekorder (Tascam Portastudio 424) neben dem Originalsignal, Analogsignale und Versuchskommentare aufzuzeichnen.

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Material und Methoden

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38

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Abb. 2.8 Schematische Übersicht der wichtigsten Systembestandteile zur Registrierung,

Verarbeitung und Speicherung extrazellulär gewonnener neuronaler Aktivität und der applizierten Stimuli.

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Material und Methoden

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39

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2.4 Auswertung und Datendarstellung

Die Daten wurden neben dem Schreiber, auch digitalisiert über ein System aufgezeichnet. Somit konnte die spätere Auswertung mittels Computer-Daten (Off-Line) erfolgen.

Über ein Computerinterface (HAL-Com, Firma Enghusen, Halstenbek) wurden Informationen über Temperatur, die Substanzapplikation und die Neuronen-Spontanaktivität digitalisiert erfasst und nachfolgend auf der Festplatte gespeichert. Die vom Fenster-Diskriminator generierten TTL-Signale erhielt der PC in Form von ID-Daten („interval duration“; gibt den zeitlichen Abstand zwischen zwei aufeinander folgende TTLs an, also die Pause zwischen zwei Aktionspotentialen und ist somit umgekehrt proportional der Frequenz). Die neuronale Entladungsaktivität ließ sich also schon versuchssynchron via Lautsprecher, zweier Oszilloskope, Schreiber und Computermonitor (Online mit der Software „Spike 98“ von M. Hirsch und H.A. Braun am Marburger Institut für Normale und Pathologische Physiologie entwickelt) verfolgen.

Die Ereignisse wurden in Tabellenform gespeichert und die Auswertung erfolgte mit IGOR Pro (WaveMetrics). Ein weiterer Computer erhielt mit einer Sample-Frequenz von 50 kHz das original Zell-Signal aus dem Verstärker DAM 80 mit 50 Hz-Filter und Informationen über den Temperaturverlauf aus der Temperatur-Steuerung. Als Software wurde das eigens hierfür konzipierte Programm TREC Neuroscience Studio erprobt.

Für die hier vorliegende Arbeit wurden im Wesentlichen folgende graphische Analyseverfahren eingesetzt:

- Auftragung der Intervalldauer zwischen zwei Aktionspotentialen gegen die Zeit (ID-Plot oder Intervallpunktkurve).

- Auftragung der Frequenzwerte gegen die Zeit als Peristimulus-Zeit-Histogramm (Frequenzpunktkurve).

- Auftragung der aktuellen Temperatur in der Versuchskammer (konstant, rampen-/sinusförmig).

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Material und Methoden

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40

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Weiterhin von Bedeutung war die Entladungscharakteristik der Neurone aus dem PVN und SON, aufgrund der in der Literatur beschriebenen funktionellen Relevanz des Entladungsverhaltens für die Art und Menge des freigesetzten Neuropeptids (siehe Kapitel 1.1.2). Deshalb wurde die neuronale elektrische Aktivität mittels einer im Labor entwickelten Auswerte-Software analysiert und eine Einteilung in kontinuierliche und phasische Entladungsmuster verwendet. Kontinuierliche Entladungen zeigten entweder mehr oder weniger gleiche Abstände zwischen allen Aktionspotentialen (= regelmäßig) oder weniger einheitliche Intervalle (= unregelmäßig). Demgegenüber standen phasisch entladende Neurone, bei denen sich Phasen hochfrequenter Gruppenentladungen (Bursts) mit Entladungspausen abwechselten. Zur Charakterisierung dieser Gruppenentladungen konnten folgende Parameter, wie in Abb. 2.9 ersichtlich, herangezogen werden (Dewald et al. 2001).

IBI/SB

IBI1...IBIn

BD BP

BC

Abb. 2.9 Schematisierte Burstsequenz mit Definition der Burstparameter:

- Mittlere Intraburst-Intervalle (IBI) - Burstdauer (BD)

- Burstpause (BP)

- Spikes pro Burst (SB): Anzahl der Aktionspotentiale innerhalb einer Gruppenentladung

- Burstzyklus (BC): Summe aus BD und BP (Zeit von Beginn eines Bursts bis zum Beginn des nächsten Bursts)

- Intraburstfrequenz (IBF): Die Frequenz innerhalb einer Gruppenentladung, errechnet aus SB/BD; Kehrwert der durchschnittlichen Intervalldauer der Entladung im Burst und somit ein Maß für die Burstverstärkung oder -verminderung.

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Ergebnisse

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41

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3.0 Ergebnisse

3.1

Entladungsverhalten spontanaktiver Neurone des PVN

und SON

Die im Folgenden gezeigten Untersuchungen basierten auf extrazellulären Registrierungen der Impulsaktivität von 20 Einzelneuronen (Single-Unit), sowie von 19 Neuronenverbänden (Multi-Unit) des Nucleus paraventricularis (PVN; n= 34) und Nucleus supraopticus (SON; n= 5). Hierzu wurden ca. 203 Hirnschnitte von 27 juvenilen männlichen Versuchstieren angefertigt. Diese Ableitungen stellten bereits eine Selektion aus einer weitaus größeren Zahl registrierter Zellen dar, die jedoch meist aus vorzeitigen Zelltod oder Verlust der Elektrodennähe zum Neuron aufgrund von Erschütterungen, in dieser Arbeit nicht zum tragen gekommen sind. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Durchführung der Experimente war die zeitliche Stabilität der registrierten Entladungen von spontanaktiven Neuronen, die eine Beständigkeit von mindestens 30 Minuten zeigen mussten, bevor mit den Untersuchungen begonnen wurde.

Aufgrund der in der Literatur beschriebenen funktionellen Relevanz des Entladungsverhaltens für die Art und Menge des freigesetzten Neuropeptids (siehe Kapitel 1.1.2), wurden die neuronalen elektrischen Aktivitäten mittels einer im Labor entwickelten Auswerte-Software analysiert, wodurch eine differenzierte Betrachtung des Entladungsmusters möglich wurde. Das Spektrum des Entladungsverhaltens der untersuchten Neurone reichte von sehr regelmäßig-kontinuierlichen Aktionspotentialfolgen bis hin zu phasischen („burstenden“) Gruppenentladungen mit nahezu stabilen Burstrhythmus und -dauer (siehe Abb. 3.1). Kontinuierliche Entladungen zeigten entweder mehr

oder weniger gleiche Abstände zwischen allen Aktionspotentialen (= regelmäßig) oder weniger einheitliche Intervalle (= unregelmäßig).

Demgegenüber standen phasisch entladende Neurone, bei denen sich Phasen hochfrequenter Entladungen (Bursts) mit Entladungspausen abwechselten. Damit waren die Intervalle innerhalb eines Bursts (Intra-Burstintervalle)

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Ergebnisse

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wesentlich kürzer als die Abstände zwischen zwei Bursts (Inter-Burstintervalle oder Burstpausen). Zusätzlich zeigten sich besonders im SON lang andauernde phasische Gruppenentladungen mit mehreren hundert Impulsen über einen Zeitraum von bis zu 1 Minute mit entsprechend langen Pausen.

A

Auffallend war die Tatsache, dass die Entladungsmuster keineswegs einheitlich und nicht immer eindeutig waren. So reagierten einige Neurone mit zunächst phasischem Entladungsmuster auf eine Temperaturänderung, indem sie nunmehr kontinuierlich feuerten. Das gesamte prozentuale Verhältnis von phasisch und kontinuierlich feuernden Neuronen betrug im PVN 69% zu 23% und im SON 75% zu 25% (siehe Abb. 3.2).

Abb. 3.1 Schematische Sequenz neuronaler Entladungen (Spikesequenz):

regelmäßig-kontinuierlich (A), unregelmäßig-regelmäßig-kontinuierlich (B) und phasisch (C). Die horizontale Achse entspricht der Zeitachse, ein senkrechter Strich einem Aktionspotential.

Abb. 3.2 Verteilung der Neurone hinsichtlich ihres Entladungsmusters. Das gesamte

prozentuale Verhältnis von phasisch und kontinuierlich feuernden Neuronen betrug im PVN 69% zu 23% und im SON 75% zu 25%. PVN: phasisch (69%) PVN: kontinuierlich (23%) Nicht klassifizierbar (8%)

B

C

PVN: phasisch (75%) PVN: kontinuierlich (25%) Nicht klassifizierbar (0%)

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Ergebnisse

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43

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Ein Beispiel für ein phasisches, hochfrequent-entladendes Neuron zeigt die Abbildung 3.3. Hier können eindeutig Burst-Dauer und Burst-Pause voneinander abgetrennt werden. Durch Zugabe des sinusförmigen Temperaturstimulus von 37°C±3°C (f= 0,005 Hz) verlängert sich die Burst-Dauer und die Pausen zwischen diesen; das Entladungsverhalten erhält ein markanteres Muster. 42 40 38 36 34 32 Tem per at ur e [ °C ] 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Time [sec] 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 ] l c s [s e te rv a In 40 30

Abb. 3.3 Darstellung eines phasisch, hochfrequent-entladenden Neurons aus dem SON.

Oberste Darstellung: Intervall-Dauer-Kurve (ID: intervall duration), welche die Zeiten zwischen zwei Impulsen angibt; Mitte: Frequenzdarstellung in Hertz als Peristimulus-Zeit-Histogramm; Unten: konstanter bzw. sinusförmiger Temperaturstimulus bei 37°C±3°C (f= 0,005 Hz). 20 10 0 Fr e que ncy ( m ean /s e c) [H z]

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