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Keine Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG bei mehrfachem Studienfachwechsel

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VG München, Urteil v. 21.11.2019 – M 15 K 18.1957 Titel:

Keine Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG bei mehrfachem Studienfachwechsel

Normenkette:

BAföG § 7 Abs. 3 Leitsatz:

Während ein (lediglich) wichtiger Grund i.S.v. § 7 Abs. 3 BAföG vorliegt, wenn dem Auszubildenden unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden kann, ist ein Grund erst dann unabweisbar und damit zwingend, wenn es bei der gebotenen Interessenabwägung schlechterdings unerträglich erscheint, den Auszubildenden unter den gegebenen Umständen an der zunächst aufgenommenen Ausbildung festzuhalten (hier: unabweisbarer Grund verneint bei Fachrichtungswechsel nach krankheitsbedingter Pause und nicht nachgewiesenem Druck). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Ausbildungsförderung, Mehrfache Fachrichtungswechsel, Fehlen eines wichtigen bzw. unabweisbaren Grundes, BAföG, Fachrichtungswechsel, unabweisbarer Grund, wichtiger Grund

Fundstelle:

BeckRS 2019, 46067  

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand 1

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG für den Besuch des Bachelorstudiengangs Biologie an der ... Universität … im Bewilligungszeitraum …2017 bis …2018.

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Die Klägerin besuchte zunächst für zwei Semester den Bachelorstudiengang Biologie (Wintersemester 2012/2013 bis Sommersemester 2013) an der …Universität …, bevor sie für vier Semester (Wintersemester 2013/2014 bis Sommersemester 2015) Rechtswissenschaften an der Universität … studierte. Ab dem Wintersemester 2015/2016 besuchte die Klägerin den Bachelorstudiengang Pädagogik an der ... Universität

… Hierfür beantragte die Klägerin am 27. Januar 2016 Ausbildungsförderung nach dem BAföG im

Bewilligungszeitraum …2015 bis …2016 (Bl. 1 ff. der Behördenakte - BA) und trug vor, dass ihr Vater am … Juni 2012 verstorben sei und sie danach ihr Biologiestudium aufgrund psychischer Probleme nicht habe weiterverfolgen können. Auf ihrem tabellarischen Werdegang gab die Klägerin beim Biologiestudium

„Abbruch wegen Krankheit“ an (Bl. 10 BA). Während des Studiums in … habe sie die Krankheit Acne inversa bekommen, sei innerhalb von sechs Monaten zweimal operiert worden und auf Pflege angewiesen gewesen. Nun starte sie einen Neuanfang in … (Pädagogik) und wolle diesen Studiengang unbedingt zu Ende machen. Der Antrag wurde von der Beklagten mangels unabweisbaren Grundes i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG mit Bescheid vom 29. Januar 2016 bestandskräftig abgelehnt.

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Am 24. März 2017 beantragte die Klägerin für den Bachelorstudiengang Biologie an der ... Universität …, für welchen sie seit dem Sommersemester 2017 neben dem Studiengang Pädagogik eingeschrieben war,

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die Gewährung von BAföG im Bewilligungszeitraum …2017 bis …2018. Ein Studienerfolgsnachweis, wonach der Klägerin 14 ECTS-Punkte (Umfang Bachelorstudium: 180 ECTS-Punkte) aufgrund von Leistungen an der Universität … anerkannt worden seien, wurde vorgelegt (Bl. 54 BA).

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Mit Bescheid vom 30. Juni 2017 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderung ab, da die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 7 Abs. 3 BAföG nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe ihre bisherige Ausbildung nach Beginn des vierten Fachsemesters abgebrochen bzw. die Fachrichtung gewechselt. Für eine weitere Ausbildung werde gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der/die Auszubildende aus unabweisbarem Grund die bisherige Ausbildung aufgegeben oder die Fachrichtung gewechselt habe, was vorliegend nicht ersichtlich sei.

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Hiergegen legte die Klägerin am 31. Juli 2017 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sie die Fachrichtung nicht nach dem vierten Semester Jura gewechselt, sondern das Biologiestudium wieder aufgenommen habe. Überdies liege ein unabweisbarer Grund vor. Sie habe das Biologiestudium in … abgebrochen, da ihr Vater kurz vor Beginn des Studiums verstorben sei und sie aufgrund der psychischen Auswirkungen das Studium nicht habe weiterbetreiben können. Nachdem sie zwei Semester Jura studiert habe, sei die Krankheit Acne inversa festgestellt worden und sie sei ein Jahr lang pflegebedürftig gewesen.

Aufgrund der Krankheit sei ihr das Jura-Studium weder psychisch noch physisch möglich gewesen. Derzeit studiere sie Pädagogik und Biologie, wobei Biologie ihr Erststudium bleibe. Ein ärztliches Attest vom *.

August 2017, in welchem der Krankheitsverlauf geschildert wurde und wonach die Klägerin aufgrund der Erkrankung Acne inversa nicht in der Lage gewesen sei, ihr Studium ordnungsgemäß zu absolvieren, wurde vorgelegt. Ein Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region … vom *. März 2018, wonach bei der Klägerin eine Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX (Grad der Behinderung 40) festgestellt wurde, wurde nachgereicht.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018, zugestellt am 24. März 2018, wurde der Widerspruch durch die Regierung von Niederbayern zurückgewiesen. Ausbildungsförderung könne nicht gewährt werden, da die Klägerin ohne unabweisbaren Grund i.S.v. § 7 Abs. 3 BAföG bereits ihr Studium der

Rechtswissenschaften an der Universität … gewechselt habe. Die Klägerin habe drei Fachrichtungswechsel durchgeführt, wobei auch die erneute Aufnahme des Biologiestudiums einen Fachrichtungswechsel i.S.v. § 7 Abs. 3 BAföG darstelle. Das Vorliegen eines Fachrichtungswechsels könne nur danach beurteilt werden, ob die Ausbildungen, die unmittelbar vor und unmittelbar nach dem angenommenen Wechsel lägen, verschiedenen Fachrichtungen zuzuordnen seien. Auch wenn man zu Gunsten der Klägerin eine Wiederaufnahme des Biologiestudiums annähme, ändere dies nichts daran, dass sie vier Semester Rechtswissenschaften und drei Semester Pädagogik studiert und damit zwei in Ausbildungsgang und -ziel von der Biologieausbildung verschiedene Ausbildungen betrieben habe. Eine andere Beurteilung komme nur in Betracht, wenn das Biologiestudium nicht endgültig abgebrochen (§ 15a Abs. 4 BAföG), sondern lediglich unterbrochen, d.h. die Ausbildung zeitweilig nicht mehr betrieben worden sei, ohne das

ursprüngliche Ausbildungsziel aufzugeben. Nach ihrem Vorbingen habe die Klägerin das Biologiestudium aufgrund der psychischen Probleme nicht mehr weiterverfolgen können und „abgebrochen“. Daraus könne gefolgert werden, dass sie das Ausbildungsziel zwischenzeitlich endgültig aufgegeben habe (BVerwG, U.v.

12.12.1985 - 5 C 56.82). Der Anspruch auf Ausbildungsförderung erlösche endgültig, sobald die

Auszubildende einen Fachrichtungswechsel ohne wichtigen bzw. unabweisbaren Grund vornehme. Eine daran anschließende Ausbildung könne, auch wenn sie abstrakt die Merkmale einer förderfähigen Ausbildung aufweise, nicht mehr gefördert werden (BVerwG, U.v. 9.6.1983 - 5 C 122.81). Hinsichtlich des Abbruchs des Biologiestudiums nach zwei Semestern werde gem. § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG das Vorliegen eines wichtigen Grundes vermutet. Hinsichtlich des Wechsels nach vier Semestern von dem Studiengang Rechtswissenschaften zum Bachelorstudiengang Pädagogik scheide die Berücksichtigung eines wichtigen Grundes nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG aus, sodass ein unabweisbarer Grund erforderlich sei. Ein solcher liege vor, wenn eine Fortführung der zuerst gewählten Ausbildung objektiv nicht mehr möglich sei bzw. der Grund eine Wahl zwischen der Fortsetzung einer Ausbildung und dem Wechsel nicht zulasse (Tz.

7.3.16a BAföGVwV). Gesundheitliche Probleme könnten nur einen unabweisbaren Grund darstellen, wenn sie unerwartet und unvorhersehbar aufgetreten seien (OVG Bautzen, B.v. 20.1.2011 - 1 A 531/09). Nach dem ärztlichen Attest vom *. August 2017 seien im Oktober 2014 erstmals Symptome der Acne inversa

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aufgetreten und die Klägerin sei im Dezember 2014 stationär behandelt worden. Damit habe die Klägerin zumindest bis zum Ende des dritten Fachsemesters (Ende Wintersemester 2014/2015) davon Kenntnis erlangen können, dass Sie das Studium an der Universität … nicht mehr betreiben könne. Auch sei nicht bekannt, dass sie für das Wintersemester 2014/2015 und das Sommersemester 2015 eine Beurlaubung beantragt habe. Ein zögerliches Verhalten sei mit dem öffentlichen Interesse an einer

zweckentsprechenden Nutzung der zur Verfügung gestellten Studienkapazitäten unvereinbar (OVG Bremen, U.v. 17.9.1987 - 5 C 75/84). Ein unabweisbarer Grund sei damit bereits für den

Fachrichtungswechsel vom Studiengang Rechtswissenschaften zum Bachelorstudium Pädagogik nicht gegeben, was mit Bescheid vom 29. Januar 2016 bestandskräftig festgesetzt worden sei.

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Am 23. April 2018 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München. Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2018 wurde beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 30. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2018 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem

Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ab Antragstellung für den Zeitraum 1. März 2017 bis 28.

Februar 2018 zu bewilligen.

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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das zunächst in … aufgenommene Biologiestudium nicht mehr habe fortgeführt werden können, da die Klägerin durch den plötzlichen Tod ihres Vaters traumatisiert gewesen sei. Die Klägerin habe sich daher zu einem Ortswechsel nach … und für ein Jurastudium

entschieden, um in der Nähe ihrer ebenfalls Jura studierenden Schwester zu sein. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe sie jedoch nicht aktiv bis zum Sommersemester 2015 (vier Semester), sondern lediglich zwei Semester studiert, da sie aufgrund der unerwarteten schwerwiegenden Erkrankung ihr Studium bereits im dritten Semester seit Anfang August 2014 nicht mehr habe aktiv betreiben können, sondern lediglich immatrikuliert gewesen sei. Dieser Zeitraum sei bei der Betrachtung außer Acht zu lassen. Die Klägerin habe kein Urlaubssemester einreichen können, da sie nicht im Urlaub gewesen sei und bei Ausbruch der Erkrankung weder die Intensität noch die Dauer der Erkrankung gekannt habe. Auch sei die Krankheit nicht nur linksseitig, sondern unerwartet danach auch rechtsseitig ausgebrochen, sodass die Klägerin länger als zunächst angenommen bettlägerig und pflegebedürftig gewesen sei. Die Beklagte habe nicht alle Gründe für einen Fachrichtungswechsel berücksichtigt. Die auch psychisch stark beeinträchtigte Klägerin habe erkannt, dass sie die verlorenen Semester des schwierigen Jurastudiums nicht ohne Weiteres hätte aufholen können und sie ein ganzes Jahr des ohnehin langen Studiums hätte wiederholen müssen. Auch hätte sie aufgrund des einjährigen Krankheitszustandes noch einmal nahezu von vorne anfangen müssen.

Sie habe während ihrer Erkrankung nach und nach festgestellt, dass die Fortsetzung des Jurastudiums für sie nicht mehr in Betracht komme, da sie durch ihre psychische Situation dem Druck des Studiums nicht mehr gewachsen gewesen sei. Auch habe sie die Anerkennung der bereits an der Universität … geleisteten Studienzeit beantragt, was dann auch erfolgt sei, sodass sie nicht noch einmal von vorne habe beginnen müssen. Hierin könne bei wohlwollender Betrachtung die Fortsetzung eines unterbrochenen Studiums gesehen werden; die von der Klägerin verwendete Formulierung „abbrechen“ sei nicht maßgebend. Die Klägerin sei zu einer Rückmeldung für das Wintersemester psychisch nicht in der Lage gewesen; sie habe sich damit nicht aktiv abgemeldet, sondern sei aufgrund Nichtmeldung exmatrikuliert worden (Bl. 49 f. BA).

Die Klägerin habe aufgrund ihrer psychischen Belastung nicht unterscheiden können, ob sie auf Dauer Jura studieren und dort einen Abschluss erreichen könne oder ob sie ihr bisheriges Biologiestudium doch sinnvollerweise fortsetzen würde. Die gesundheitlichen Probleme seien unerwartet und unvorhersehbar eingetreten. Die Klägerin habe nicht mit dem plötzlichen Tod des Vaters und der damit einhergehenden psychischen Belastung und ebenso wenig mit einer Erkrankung an Acne inversa rechnen können. Für jeden Fachrichtungswechsel habe ein wichtiger bzw. unabweisbarer Grund vorgelegen, da in beiden Fällen erhebliche gesundheitliche psychische und physische Krankheiten Ursachen gewesen seien. Die Entscheidung, mit Genesung das unterbrochene Biologiestudium wieder aufzunehmen und fortzusetzen und daneben zusätzlich Pädagogik zu studieren, um später auf dem Arbeitsmarkt ein größeres Spektrum an Arbeitsmöglichkeiten zu haben, sei rechtlich zulässig und nicht zu beanstanden.

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Die Beklagte beantragte,

(4)

die Klage abzuweisen.

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Auf die Begründung des Widerspruchsbescheids wurde Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die zweifellos schwerwiegende Erkrankung ursächlich für die erfolgten Fachrichtungswechsel gewesen sei. Die Klägerin hätte ihr Studium innerhalb der ursprünglich studierten Fachrichtung (Biologie) oder - sofern der Wechsel insoweit noch förderungsunschädlich gewesen sein sollte - der zeitlich zweiten studierten Fachrichtung (Rechtswissenschaften) jeweils krankheitsbedingt

unterbrechen können und müssen. Hinsichtlich der Möglichkeiten einer Beurlaubung werde auf § 20 Sächsisches Hochschulgesetz und § 21 der Immatrikulationsordnung der Universität …, wonach bei langwieriger Krankheit auch eine rückwirkende Beurlaubung spätestens mit der Rückmeldung zum nächsten Semester für das vorangehende Semester möglich sei, hingewiesen. Überdies habe die Klägerin in Hinblick auf das Doppelstudium der Pädagogik und Biologie zunächst für den Studiengang Pädagogik und dann für den folgenden, streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum Ausbildungsförderung für den Studiengang Biologie beantragt. Dies sei ausbildungsförderungsrechtlich ebenso als Fachrichtungswechsel zu werten, welcher seinerseits nur förderungsunschädlich sei, wenn hierfür ein wichtiger bzw.

unabweisbarer Grund vorliege (VGH Kassel, B.v. 3.11.1986 - 9 TG 529/84; Steinweg in

Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage 2014, § 7 Rn. 128). Auch insoweit sei ein wichtiger oder gar unabweisbarer Grund nicht ersichtlich. Zudem werde daraus deutlich, dass der Fachrichtungswechsel nicht als Fortsetzung des Biologiestudiums gewertet werden könne.

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Mit Schreiben vom 18. bzw. 19. November 2019 haben die Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe 13

Im vorliegenden Verfahren konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden wer-den, da sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

14

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von

Ausbildungsförderung für den Zeitraum …2017 bis …2018, sodass sich der Bescheid vom 30. Juni 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 22. März 2018 als rechtmäßig erweisen und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

15

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids, der das Gericht folgt, Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

16

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

17

1. Bei einem Fachrichtungswechsel wird Ausbildungsförderung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG für die andere Ausbildung nur bei Vorliegen eines wichtigen bzw. unabweisbaren Grundes geleistet. Sofern der Auszubildende die Fachrichtung mehrmals wechselt, müssen die Voraussetzungen für die Förderung einer anderen Ausbildung bei jedem einzelnen Wechsel vorgelegen haben. Anderenfalls erlischt der

Förderungsanspruch endgültig. Insbesondere kann nach dem Gesetzeszweck ein Förderungsanspruch nicht dadurch neu entstehen, dass der Auszubildende nochmals einen Fachrichtungswechsel vornimmt, für den ein wichtiger bzw. unabweisbarer Grund anzuerkennen wäre (vgl. a. zum systematischen

Zusammenhang von § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BAföG BVerwG, U.v. 9.6.1983 - 5 C 122.81 - juris Rn. 10; Buter in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 7 Rn. 39; BayVGH, B.v. 14.10.2015 - 12 C 14.2417 - juris Rn.

11).

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1.1 Bei dem ersten von der Klägerin vorgenommenen Wechsel vom Studium der Biologie zum Studium der Rechtswissenschaften handelt es sich um einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG, da beide Studiengänge an Ausbildungsstätten derselben Ausbildungsstättenart (Hochschule) absolviert wurden (vgl. Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Aufl. 2016, § 7 Rn. 120). Beim - wie hier - erstmaligen Fachrichtungswechsel bis zum Beginn des dritten Fachsemesters wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 7 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 BAföG vermutet, sodass der Förderanspruch insoweit fortbestand.

19

1.2 Bei dem folgenden Wechsel vom Studium der Rechtswissenschaften zum Studium der Pädagogik fehlte es dagegen an einem unabweisbaren Grund nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG (vgl. a. den ablehnenden bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2016).

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1.2.1 Entscheidend für die Frage, wie viele Fachsemester der Auszubildende in der vorangegangenen Ausbildung verbracht hat, und damit, ob ein wichtiger Grund ausreichend oder nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG ein unabweisbarer Grund erforderlich ist, ist grundsätzlich die formelle Immatrikulation in einen bestimmten Studiengang, unabhängig davon, ob die Ausbildung in diesem Fach tatsächlich

wahrgenommen wird (vgl. BVerwG, B.v. 8.5.2008 - 5 B 102.07 - juris Rn. 3; Buter in Rothe/Blanke, BAföG,

§ 7 Rn. 44; Tz. 7.3.20 BAföGVwV). Semester, in denen der Auszubildende von der Ausbildungsstätte offiziell beurlaubt war, werden hingegen nicht mitgezählt, weil in dieser Zeit die Ausbildung unterbrochen ist.

Der Fachrichtungswechsel fand vorliegend, da die Klägerin von der Möglichkeit einer ggf. rückwirkenden Beurlaubung keinen Gebrauch machte, nach Beginn des vierten Semesters statt, sodass § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG (wichtiger Grund) nicht anwendbar war.

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Die Annahme eines unabweisbaren Grundes setzt voraus, dass es dem Auszubildenden aus subjektiven, in seiner Person liegenden, oder aber objektiven Gründen unmöglich ist, das Studium in der gewählten Fachrichtung fortzuführen. Erforderlich sind folglich außergewöhnliche Umstände. Dem Auszubildenden muss im Ergebnis keine Möglichkeit der Wahl zwischen einer Fortsetzung der begonnenen Ausbildung und einem Wechsel der Fachrichtung bleiben (BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 5 C 6.03 - juris Rn. 8 ff.; BayVGH, B.v.

6.3.2017 - 12 ZB 16.2386 - juris Rn. 7). Während ein (lediglich) wichtiger Grund vorliegt, wenn dem

Auszubildenden unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden kann, ist ein Grund erst dann unabweisbar und damit zwingend, wenn es bei der gebotenen Interessenabwägung schlechterdings unerträglich erscheint, den

Auszubildenden unter den gegebenen Umständen an der zunächst aufgenommenen Ausbildung

festzuhalten (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.10.2015 - 12 C 14.2417 - juris Rn. 12; B.v. 13.3.2012 - 12 CE 11.2829 - juris Rn. 33).

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1.2.2 Aus dem Vortrag der Klägerin, nach der erkrankungsbedingten Pause von einem Jahr in einem ohnehin schon langen Studium fast wieder von vorne beginnen zu müssen, ist weder eine subjektive noch eine objektive Unmöglichkeit erkennbar. Auch die Angabe der Klägerin, dem Druck nicht gewachsen zu sein, ohne eine entsprechende subjektive Unmöglichkeit durch fachärztliche Atteste nachzuweisen, vermag die strengen Voraussetzungen nicht zu erfüllen. Folglich war der Förderanspruch bereits mit dem

Fachrichtungswechsel vom Studium der Rechtswissenschaften zum Studium der Pädagogik erloschen.

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1.3 Lediglich ergänzend wird ausgeführt, dass auch in Hinblick auf das Studium der Biologie ab dem Sommersemester 2017 der insoweit erforderliche wichtige Grund nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht vorlag.

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1.3.1 Soll bei einem Doppelstudium anstelle der Förderung für das bisherige Hauptfach eine Förderung für eine andere Fachrichtung erfolgen, ist es erforderlich, dass der Auszubildende nach außen erkennbar von der einen Fachrichtung in die andere Fachrichtung des Doppelstudiums als Hauptfach übergeht und ein wichtiger bzw. unabweisbarer Grund für den insoweit vorliegenden Fachrichtungswechsel gegeben ist (vgl.

(6)

a. HessVGH, B.v. 3.11.1986 - 9 TG 529/84 - FamRZ 1988, 218-220; Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 128).

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Insbesondere ist das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 BAföG auch dann erforderlich, wenn der Auszubildende in eine Fachrichtung zurückkehrt, in der er bereits zu einem früheren Zeitpunkt seine Ausbildung betrieben hatte, sofern es sich nicht um eine bloße Unterbrechung der Ausbildung handelt (Buter in Rothe/Blanke, BAföG, § 7 Rn. 39; BVerwG, U.v. 12.12.1985 - 5 C 56.82 - juris Rn. 12). Eine solche liegt nur vor, wenn der Auszubildende seine Ausbildung zeitweilig nicht mehr betreibt, das ursprüngliche Ausbildungsziel jedoch nach der Vorstellung, die er bei Ausführung seines Entschlusses gehabt und nach außen erkennbar gemacht hat, nicht aufgibt, sondern nach dem Zeitraum der Unterbrechung

weiterverfolgen will (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1985 - 5 C 56.82 - juris Rn. 13).

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1.3.2 Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich schon nicht eindeutig, dass ein Hauptfachwechsel der Universität angezeigt wurde und nach außen erkennbar stattgefunden hat. Jedenfalls ist ein wichtiger Grund für einen solchen Wechsel nicht erkennbar, der mangels Fortsetzung eines nur unterbrochenen Studiums vorliegen müsste. Aus dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte im Zusammenhang mit der

Antragstellung vom 27. Januar 2016 (Bl. 9 BA), wonach sie ihr erstes Studium (Biologie) aufgrund psychischer Probleme nicht mehr habe weiterverfolgen können, und der Angabe „Abbruch wegen

Krankheit“ im Rahmen des tabellarischen Werdegangs (Bl. 10 BA), ergibt sich, dass die Klägerin bei ihrem Entschluss zum Fachrichtungswechsel von Biologie zu Rechtswissenschaften nicht davon ausging, die Ausbildung in der Fachrichtung Biologie lediglich zu unterbrechen und später wieder aufzunehmen. Auch wurden - unabhängig davon, dass eine Anrechnung früherer Studienleistungen für die Annahme einer bloßen Studienunterbrechung nicht relevant ist - entgegen des klägerischen Vortrags lediglich einzelne Studienleistungen in Höhe von insgesamt 14 ECTS-Punkten, also weniger als ein Semester des Biologiestudiums an der Universität … angerechnet.

27

Nach alledem war die nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfreie Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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