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Spuren und Merkmale von Gewalt am menschlichen Körper

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Academic year: 2022

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Spuren und Merkmale von Gewalt am menschlichen Körper

Prof. Dr. med. habil. Steffen Heide, MME

Leitender Oberarzt Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Halle

1

(2)

Fallbespiel

stumpfe Gewalteinwirkung

Gewalteinwirkung gegen den Hals

scharfe Gewalteinwirkung

Selbstbeschädigung

Dokumentation

(3)

stumpfe Gewalteinwirkung

Zusammenfassung von unterschiedlichen, flächenhaft einwirkenden Gewalteinwirkungen, wie z.B. Schläge, Tritte oder Sturz

→ äußere Verletzungen:

Hautschürfung, Hautunterblutung (Hämatom)Riss-/Quetschwunde (Platzwunde)

(4)

Zusammenschieben der Hornhaut („seidenpapierartig“) → zeigt Schürfrichtung an

später Verschorfung, löst sich nach 1 Woche

(5)

Hautunterblutung (Hämatom) I

volle Intensität meist erst Stunden nach der Gewalteinwirkung!

(6)

Zeitliche Veränderungen der Farbe:

grau-blau: frisch

blau-violett: wenige Tage

grün: 4-5 Tage

gelb: 7-8 Tage

braunrot: schwierig zu interpretieren

Einflussfaktoren auf Intensität:

Stärke der Gewalteinwirkung

Weichteildicke (z.B. Augenlider)

Blutungsneigung (z.B. Leberschädigung, Falithrom bzw. Marcumareinnahme)

Lebensalter

(7)

Riss-/Quetschwunde (Platzwunde)

Zerreißung der Haut nach stumpfer Gewalteinwirkung durch:

Druckbelastung (→ Quetschwunde)

Zug- oder Scherbelastung (→ Risswunde)

häufig in Kombination: „Riss-/Quetschwunde“

meist über Knochen, Knochenkanten

Merkmale stumpfe Gewalteinwirkung:

Schürfung der Wundränder

Wundränder meist unregelmäßig

Gewebsbrücken in der Tiefe

(8)

Häufig lässt sich schon allein aus der Beschaffenheit der

Hautverletzung ein Rückschluss auf

das mögliche Tatwerkzeug ziehen!

(9)

Folge von Schlägen mit Stöcken, Ruten usw.

Beispiel: Doppelstriemen 9

(10)

Schläge mit der flachen Hand

„Ohrfeige“ oder „Backpfeife“

→ geformte Hämatome an der Wange,

ev. mit Abbildung der Finger

(11)

Kräftiges Zupacken

Griffspuren:

0,2-0,5 cm große Hämatome, gruppiert angeordnet,

eventuell Daumen an gegenüberliegender Seite

11

(12)

Beißen

oberflächliche Bissmarken:

charakteristische rundliche Form mit einzelnen Zahnabdrücken

penetrierende Bissverletzungen:

Verletzungen durch die Oberkiefer-

und Unterkieferzahnreihen, die sich

diametral gegenüberliegen

(13)

Hutkrempenregel

Sturzverletzung:

häufiger Contre-coup (insbesondere bei Sturz aufs Hinterhaupt); häufiger

Berstungsbrüche der Schädelbasis

Schlagverletzung:

oft schwerere Schädigung am Ort der Gewalteinwirkung

Differentialdiagnose Schlag/Sturz 13

(14)

Drosseln:

Kompression des Halses mit Drosselwerkzeug (Schal, Tuch, Strick, Kabel)

Würgen:

Kompression des Halses durch eine oder beide Hände von vorn oder hinten

wesentliche Mechanismen:

- Kompression Halsvenen und -arterien (bei Würgen aufgrund von Gegenwehr meist unvollständig, dabei häufig ausgeprägte Stauung)

- Behinderung der Atmung

- eventuelle zentrale Reflexmechanismen

(15)

Gewalteinwirkung gegen den Hals II 15

Symptome

Schluckbeschwerden

„schwarz vor Augen“

Bewusstlosigkeit Heiserkeit Halsschmerzen Urin/Kotabgang

Hustenreiz

(16)

Befunde:

petechiale Blutungen mit folgenden äußeren Prädilektionsstellen:

Augen- und Lidbindehäute Mundschleimhaut

Hinterohrregion

(17)

Drosseln 17

Drosselmarke (bei breiten, weichen Werkzeug wie Schal oder Tuch ev. nur diskret)

deutliche Stauung, Zyanose des Gesichtes

teilweise deutlich ausgeprägte petechiale Blutungen (fehlen praktisch nie) an den

Prädilektionsstellen, ev. ganze Gesichtshaut

(18)

typische Würgemale:

halbmondförmige Hautschürfungen (selten),

Hautrötungen, fleckförmige Hautunterblutungen im Kehlkopfbereich

deutliche Stauung und Zyanose des Gesichtes

meist kräftig ausgeprägte petechiale Blutungen an den Prädilektionsstellen, ev. ganze Gesichtshaut

ev. Austritt blutiges Sekret Mund-/Nasenöffnungen

(19)

exakte Dokumentation der äußeren Befunde (Maßstab, Fotos!)

Symptome abfragen: Schluckschmerzen, Kot-/Urinabgang, Heiserkeit usw.

(Gefahr Kehlkopfverletzungen – ev. HNO-Konsultation)?

rechtsmedizinische Konsultation/Beratung!

Sind die festgestellten Befunde mit dem geschilderten Vorfallhergang zu vereinbaren?

Intensität des Würgens/Drosselns? Lebensgefahr?

Überlebtes Drosseln/Würgen 19

(20)

DNA-Untersuchungen bei

Gewalteinwirkung gegen den Hals:

Abstriche der Hals- und Nackenhaut sowie von ev. Bekleidung beim Würgen

Untersuchung des Drosselwerkzeuges auf DNA-Material des Täters

unter den Fingernägeln des Täters und des Opfers finden sich relativ häufig Hautpartikel des Gegenparts!

(21)

Scharfe Gewalteinwirkung

Stich- und Schnittverletzungen vor allem Messer jeglicher Art,

aber auch Dolche, Stilette, Bajonette, Rasierklingen, Nadeln, Scheren, Ahlen, Bohrer, Sägen, Sensen, Pfeile,

Speere, Lanzen, Haumesser, Glasscherben, abgeschlagene Gläser außerdem: scharfe Bleche, scharfe Kanten aus verschiedensten Materialien; selbst scharfe Papierkanten

Stichverletzung:

Länge der Hautwunde kürzer als die Tiefe des Wundkanals Schnittverletzung:

Hautwunde länger als die Tiefe des Wundkanals

(22)

Merkmale scharfe Gewalt

glatte Wundränder

charakteristisch geformte Wundwinkel

Fehlen von Gewebsbrücken im Wundgrund

aber:

zum Teil ungewöhnliche Wundformen nach Stichen mit abgeschlagenen Flaschen und Gläsern

(23)

Schwalbenschwanzform der Hautwunde:

wenn es zwischen Einstechen und Herausziehen des Stichwerkzeuges zu einer Richtungsänderung

kommt (Drehen des Messers oder Bewegung des Opfers).

Scharfe Gewalteinwirkung

Tiefe Stichkanal lässt nur ungefähre Rückschluss auf die Klingenlänge zu !

bei weniger kräftig geführten Stich kann die Klinge nur unvollständig eindringen

bei wuchtigen Stich kann die Rumpfwand erheblich komprimiert werden

23

(24)

aktive Abwehrverletzungen:

z.B. Schnitte in die Handgreiffläche (Festhalten des Messers!)

passive Abwehrverletzungen:

Durchstiche durch abdeckende Hände und Unterarme

(25)

25

psychisch rechtlich materiell

Symptom psychiatrischer

Krankheiten und Störungen (z.B. Borderline-Typus)

Vortäuschung einer Straftat (z.B. Unterschlagung,

Vortäuschung Notwehr) Versicherungsbetrug appellativer Charakter

(z.B. Mitgefühl, Aufmerksamkeit)

Verleumdung/ Erpressung

(z.B. Lehrer, Vorgesetzte) Entziehung vom Wehrdienst Befriedigung von

Rachegelüsten

(z.B. Vorgesetzte, Ehepartner)

Abwehr von Vorwürfen (z.B. Rechtfertigung unerlaubte

Abwesenheit)

im Strafvollzug (z.B. Erleichterung von Haftbedingungen, Schaffung von

Fluchtmöglichkeiten) Lustgewinn

(z.B. Masochismus, religiöse Selbstgeißelung)

Gewinnung von Anerkennung,

Bewunderung; Provokation (z.B. Mutproben, Body-

Modification)

nach: Heide S, Kleiber M (2006) Selbstbeschädigung –

eine rechtsmedizinische Betrachtung. Deutsches Ärzteblatt A2627-2633

Ursachen und Motivationen

(26)

→ d

eutliche Dominanz von Schnitt- und Ritzverletzungen!

aber auch andere Gewalteinwirkungen möglich (z.B. Hautverbrennungen durch Zigaretten)

Spektrum reicht bis zur Selbstkastration und Amputation von Gliedmaßenteilen (selten!)

Morphologie:

Bei Schnitt- und Ritzverletzungen häufig charakteristische Wundmorphologie!

Einzelmerkmale erlauben keine Diagnose!

(27)

27

Bei dem festgestellten Verletzungsmuster sprechen folgende morphologische Kriterien:

Art der Wunden (ausschließlich Hautritzverletzungen),

auffällig große Anzahl der Einzelverletzungen (mindestens 49),

Lokalisation (leicht für die eigene Hand erreichbare Körperstellen),

Anordnung (gruppiert und scharenweise parallel),

Form und Gestalt der Einzelverletzungen (bis 16 cm lange, stetige Formen),

Intensität der Einzelverletzungen (oberflächlich; auffallend gleichmäßige Verletzungstiefe an gewölbten Oberflächen),

Feinstruktur der Einzelverletzungen (Verzweigungen und akkurate Neuansätze)

Gesamtverletzungsschwere (sehr leicht) eindeutig für eine Selbstbeibringung.

Fall 2

(28)
(29)

Anamnese und Befunderhebung 29

Anamnese:

Tatzeit, Tatort und -dauer

Art der Gewaltanwendung (Schläge, Würgen,…)

Einnahme von Medikamenten, Drogen, Alkohol?

Verhalten nach der Tat (Waschen, Duschen…)

wiederholte Gewaltanwendung?

Befunderhebung:

Inspektion des gesamten Körpers!, Beschreibung von „Nebenbefunden“

nur bei exakter Beschreibung sind später Rückschlüsse auf Entstehungsalter und -ursache möglich

Fotodokumentation der Verletzungen (möglichst mit Maßstab)

(30)

- Art der Verletzung: z. B. Hautschürfung

- Lokalisation: z.B. rechte Halsseite, 3 cm unterhalb des Ohrläppchens; bei Extremitäten beuge/streckseitig, daumen-/kleinfingerseitig

- Orientierung: z. B. schräg oder quer zur Körperlängsachse - Anzahl der Verletzungen

- Größe: Angabe von Länge, Breite, ggf. Tiefe - Form und Formung: z. B. rundlich, strichförmig - Farbe der Verletzungen

- Wundränder und Wundwinkel: scharf/unscharf begrenzt,

regelmäßig/unregelmäßig; spitzer/stumpfer Wundwinkel (Stichverletzungen)

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Vorgehen bei Verdacht auf Gewalteinwirkungen

orientierende Befunddokumentation (Fotos)

Erklärungen zur Entstehung notieren

ärztliche Vorstellung (ambulant oder stationär: Entlastung, Zeitgewinn!)

Abklärung von Differentialdiagnosen (ärztlicherseits!)

gegebenenfalls Konsultation eines Rechtsmediziners

31

Referenzen

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