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Resilienz Chancen und Möglichkeiten in Krisen

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Academic year: 2022

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Führen & Wirken

Resilienz – Chancen und Möglichkeiten in Krisen

Warum schaffen es gewisse Menschen leichter als andere, mit schwierigen Situa- tionen erfolgreich umzugehen? Die Welt wird immer komplexer und die (gefühlten) Risiken werden immer vielfältiger. Gibt es Methoden, die unzähligen Krisen und Katastrophen zu meistern? Was hilft in der Not und was verschlimmert sie noch? Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Kon- zepte es gibt, um die Widerstandskraft von Menschen und Systemen zu vergrößern.

Die „Resilienz“ beschreibt dabei die Fähig- keit, sich trotz widriger Umstände zu behaupten.

Stress und Krisen

Die Zeiten waren schon immer schwierig.

Was sich steigert, ist die Veränderungsge- schwindigkeit. Alles wandelt sich dauernd.

Man kann kaum noch planen. Man muss sich permanent anpassen – an andere

Unsicherheit immer größer. Wenn dann auch noch mehrere Krisen – möglicher- weise in unterschiedlichen Lebensberei- chen – gleichzeitig auftreten, können sich Menschen überfordert oder hilflos fühlen.

Wenn es zu viel wird, brechen sie zusam- men und geben auf.

Eine SECO Studie aus dem Jahr 2010 zeig- te auf, dass etwa ein Drittel der Schweizer Erwerbsbevölkerung sich häufig bei der Arbeit gestresst fühlt. Es wurde festgestellt, dass die hohe Fragmentierung und Ände- rungsgeschwindigkeit bei der Arbeit chro- nisch auftretende Belastungsfaktoren sind.

Zudem fehlt den Mitarbeitern oft die Ori- entierung durch fortlaufende Umstruktu- rierungen, organisatorische Änderungen, unklare Anweisungen und Erwartungen sowie emotionale Dissonanz mit Kollegen und Vorgesetzten. Zu diesen permanen- ten Stressoren kommen individuelle Kri-

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Führen & Wirken und der Mensch resigniert, fühlt sich als

Opfer.

In der Psychologie gibt es das Vulnerabili- täts-Stress-Modell: Die Verletzlichkeit einer Person ist zu einem Teil von ihrer Resilienz abhängig. Wenn ein leicht verletzlicher Mensch in eine stressende Situation gerät, sind seine Möglichkeiten eingeschränkt, diese erfolgreich zu meistern. Der gleiche Stress kann von jemandem mit geringerer Vulnerabilität mit höherer Wahrscheinlich- keit bewältigt werden. Die Verletzlichkeit ist individuell verschieden und kann nur wenig beeinflusst werden. Es macht daher wenig Sinn, von empfindlichen Menschen zu verlangen, sie müssten sich nur mehr zusammenreißen. Wenn die Belastung zu groß wird, können als Folge psychische und physische Störungen auftreten, die im Extremfall zu chronischen Krankheiten führen.

Überlastung erkennen

An verschiedenen Reaktionen und Verhal- tensweisen kann schon frühzeitig erkannt werden, dass es jemandem zu viel wird (anderen oder einem selbst). Dazu gehö- ren diese Veränderungen, die häufig auf- treten:

• Ohnmacht oder das Gefühl von Kont- rollverlust

• Weigerung, Entscheidungen zu treffen

• Unfähigkeit, Alternativen oder neue Möglichkeiten zu erkennen

• Verdrängung, nicht wahrhaben wollen

• Festhalten an Bekanntem (nichts Neu- es versuchen)

• Sehr kritische Wahrnehmung der Realität

• Zynische und sarkastische Äußerungen

• Energieverlust und Leistungsrückgang

• Geringes Selbstwertgefühl

• Psychosomatische Leiden

Wer solche Symptome bei sich oder ande- ren wahrnimmt, sollte Hilfe holen oder anbieten.

Resilienz

Der Begriff „Resilienz“ (lat. resilire = zurück- springen) stammt ursprünglich aus der Werkstofflehre und beschreibt die Elastizi- tät oder Formbeständigkeit. Resilienz ist die Größe, die aufzeigt, wie gut ein Materi- al in die ursprüngliche Form zurückkehren kann. Ein Schwamm ist bis zu einer gewis- sen Grenze sehr leicht verformbar, ein Glas ist es in festem Zustand nicht.

Resilienz wird auch in anderen Kontexten verwendet: Es gibt resiliente Systeme (zum Beispiel Firmen, Volkswirtschaften) und auch Individuen. Diese Eigenschaft wird in extremen Situationen erkennbar (wie Kri- sen, Katastrophen). In diesem Sinne beschreibt die Resilienz, wie lange es für die Bewältigung und Erholung dauert.

Aus Jean de La Fontaines (1621 – 1695) Fabel „Die Eiche und das Schilfrohr“: Ich beuge mich, aber ich breche nicht!

In der Psychologie beschreibt Resilienz die Widerstandsfähigkeit eines Menschen.

Wenn sie groß ist, können Menschen schwierige Phasen ihres Lebens mit Zuver- sicht und innerer Sicherheit ohne bleiben- de Beeinträchtigung meistern – und im Idealfall sogar gestärkt daraus hervorge- hen.

Der Begriff Resilienz umfasst alle Kräfte, die Menschen aktivieren, um das Leben in guten und besonders in schlechten Zeiten

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Führen & Wirken zu meistern. Das kann man für sich alleine

tun oder man kooperiert mit anderen. In schwierigen Situationen wird der Hand- lungsspielraum oft kleiner. Das führt zu einer stärkeren Fokussierung auf die ver- bleibenden Optionen. Individuen verfügen nicht generell über eine große oder gerin- ge Resilienz. Sie hängt von der speziellen Konstellation ab, in der sich jemand befin- det. Auch wenn eine Person eine Krise im Beruf gut gemeistert hat, heißt das nicht, dass sie bei einem privaten Schicksals- schlag ebenso widerstandsfähig ist (oder umgekehrt). Wenn jemand resilient ist, kann man allerdings hoffen, dass die Per- son mit unterschiedlichen Schwierigkeiten erfolgreich umgehen kann, sofern sich die Vorkommnisse nicht kumulieren oder zu häufig wiederholen (zum Beispiel mehrere Todesfälle in einer Familie).

Krisenkompetenz

Auf normative Krisen (Einschulung, Puber- tät, Heirat, Klimakterium, Pensionierung, Tod …) kann man sich eher vorbereiten als auf individuelle Krisen (Scheidung, Entlas- sung, Krankheit / Unfall …), die oft unerwar- tet eintreten. Der aktive Umgang mit Kri- sen ist notwendig (die Not wenden). Man ist gezwungen, die bisherige Strategie zu ändern und loszulassen. Das eröffnet neu- en Raum und neue Chancen. In der Krise liegt auch eine große schöpferische Kraft.

Allerdings braucht es meistens viel Geduld und eine günstige innere Einstellung.

Zudem ist es oft hilfreich, wenn man den Blickwinkel oder die Weise, wie man die Begebenheiten interpretiert, ändert.

Die chinesischen Zeichen für „Krise“ setzen

die Gelegenheit, Neues anzupacken und Möglichkeiten zu nutzen. Sie zwingt dazu, Bekanntes zu hinterfragen und Unbekann- tes zu wagen.

Boris Grundl: „Eine Krise ist nichts anderes als der Zwang, sich zu verändern.“

Umweltfaktoren: Familie, Gemeinschaft, Kultur

Die Wissenschaft beschäftigt sich schon lange mit der Resilienz. Eine Langzeitstu- die (Emmy Werner, University of California, Kauai-Studie, veröffentlicht 1977) mit knapp 700 Menschen, die von Kindheit an bis ins reife Alter begleitet und immer wie- der befragt wurden, zeigte, dass sich Kin- der unter misslichen Umständen erwar- tungsgemäß schlechter entwickeln als sol- che ohne traumatische Erlebnisse. Sie belegt aber auch, dass sich ein beachtli- cher Teil der Einwohner von Kauai (Hawaii) trotz vielfältiger Belastungen erfolgreich entwickelt hat.

Die Kauai-Studie lieferte erstaunliche Ergebnisse: Trotz teilweise prekärer Vor- kommnisse in der Kindheit und Jugend entwickelte sich rund ein Drittel der unter- suchten Menschen zu leistungsfähigen, zuversichtlichen und fürsorglichen Erwachsenen. Diese hatten mit vierzig Jahren die niedrigste Rate an Gesund- heitsproblemen, Scheidungen und Todes- fällen. Zudem kam niemand mit dem Gesetz in Konflikt oder bezog Sozialhilfe.

Die Menschen schauten zuversichtlich in die Zukunft und zeigten Mitgefühl für Not- leidende. Ungefähr ein Drittel der unter- suchten Bevölkerung erwies sich somit als

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Führen & Wirken

• Wie geht eine Kultur mit Schwierigkei- ten und Misserfolgen um?

• Wie groß ist der Zusammenhalt in der Gemeinschaft?

• Wie geht man mit Fehlern oder Versa- gen um?

• Wie wird der Mensch von der Sache getrennt?

• Welche gemeinsamen Werte und Prin- zipien werden gelebt?

• Wie wird die Welt wahrgenommen und wie wird das Geschehene inter- pretiert?

Anscheinend ist das Verhalten der Mit- menschen für die Betroffenen sehr wich- tig. Das gilt nicht nur für jeden einzelnen als Teil der Gesellschaft, sondern insbeson- dere auch für Organisationen. Wenn man für andere Menschen verantwortlich ist, zum Beispiel als Elternteil, Lehrer, Füh- rungskraft …, sollte man Hilfe anbieten und die Voraussetzungen schaffen, damit andere ihre Krise möglichst erfolgreich bewältigen können.

Personale Faktoren: kognitive und emotionale

Neben der Umwelt sind individuelle Stär- ken entscheidend dafür, wie widerstands- fähig Menschen sein können. Die Resilienz ist unter anderem abhängig von diesen kognitiven Faktoren:

• Intelligenz und Bildung

• Persönliche Werte und Prinzipien

• Art, wie Individuen die Realität deuten und einen Sinn erkennen

Auch emotionale Faktoren sind wichtig:

• Toleranz für Ungewissheit

• Fähigkeit, Emotionen und Handlungen zu kontrollieren

• Fähigkeit zur Selbsteinschätzung

• Selbstwirksamkeitsverständnis

• Fähigkeit, Beziehungen zu gestalten

• Einstellung zu Problemen (Problemfi- xierung / Ergebnisorientierung)

Anhand der Liste ist zu erkennen, dass man vieles ändern kann. Resilienz lässt sich zu einem gewissen Grad entwickeln. Das eige- ne Denken und die innere Einstellung kann man bewusst verändern. Besonders die Wichtigkeit des Sinns im Leben hat der berühmte Neurologe und Psychiater Victor E. Frankl in seinen Büchern beschrieben. Er überlebte die Jahre der Tortur in Konzent- rationslagern dank seiner inneren Haltung („Wille zum Sinn“). Wie man über etwas denkt und wie man es interpretiert, kann man selbst bestimmen. Denn: Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, und wie wir damit umge- hen, macht unser Schicksal aus.

Konzentration auf das Veränderbare Wir können alles beklagen, doch der Nut- zen daraus ist gering. Wer Probleme

erfolgreich meistern will, sollte sich auf das fokussieren, was veränderbar ist und was man beeinflussen kann.

Benjamin Franklin (1706 – 1790): „Wäh- rend wir nicht alles kontrollieren können, was uns passiert, können wir kontrollieren, was in uns passiert.“

Der Autor Stephen R. Covey (The Seven Habits of Highly Effective People) unter-

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Führen & Wirken scheidet drei Interessenbereiche mit Ein-

flussmöglichkeiten, die er mit konzentri- schen Kreisen (Circle) darstellt, von außen nach innen:

• Circle of Concern, 0 Prozent (Besorgnis:

Bereich, der nicht beeinflussbar ist – insbesondere auch die Vergangenheit)

• Circle of Influence, 50 Prozent (Beein- flussung: Bereich, in dem man (teilwei- se) selbst entscheiden kann – man ist noch abhängig von anderen)

• Circle of Control, 100 Prozent (Kontrol- le: Bereich, für den man volle Verant- wortung übernehmen sollte. Eigene Einstellung und Fokus auf das, was man ändern kann – unmittelbare Kont- rolle hat man nur über sich selbst) Selbstverständlich sollte man sich proaktiv bemühen, die inneren Kreise zu vergrö- ßern, um mehr Handlungsspielraum und Erfolgsmöglichkeiten zu bekommen.

Reinhold Niebuhr (1892 – 1971): „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzuneh- men, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Resilienz entwickeln

Auch wenn man Krisen nicht immer ver- meiden kann, selbst wenn man sich recht- zeitig um Probleme kümmert, ist es zumindest möglich, sich auf schwierige Zeiten vorzubereiten. Resilienz lässt sich entwickeln, indem man sich frühzeitig um sich selbst und um das eigene Umfeld kümmert. Unsere innere Haltung, wie wir denken und empfinden, sollte optimiert werden.

In unseren Führungskräftetrainings emp- fehlen wir, „die Seele zu putzen“. Zudem kann man sich ein tragfähiges Netzwerk schaffen, das einen auffängt, wenn die eigene Kapazität einmal nicht ausreichen sollte. Damit sind nicht die Social Networks im Internet gemeint, sondern die Familie, Verwandte und Bekannte, Nachbarn, Arbeitskollegen sowie Gemeinschaften, die helfen können, wenn es erforderlich ist.

Man sollte sich eingestehen, dass man nicht alle Probleme alleine meistern kann.

Zudem ist die Reaktion auf Krisen indivi- duell. Was dem einen schon zu viel wird, kann für andere leicht zu bewältigen sein.

Und nur weil jemand eine Herausforde- rung gemeistert hat, heißt es nicht, dass die gleiche Person mit anderen Schwierig- keiten ebenfalls fertig wird.

Resilienz ist kein angeborenes Persönlich- keitsmerkmal, sondern eine Reihe von Fähigkeiten. Sie kann erworben werden, in jedem Alter. Resilienz funktioniert ähnlich wie ein Muskel: Man kann sie trainieren.

Das Selbstvertrauen wird gestärkt, indem man mit schwierigen Lebensaufgaben erfolgreich umgeht. Die Belastbarkeit wächst – in Grenzen – gerade dadurch, dass sie beansprucht wird. Allerdings gilt auch wie bei einem Muskel: Eine übermä- ßige Belastung führt zu einer Schwä- chung. Und zu kurze Pausen bewirken ein Übertraining – die Leistungsfähigkeit sinkt.

Menschen müssen die Gelegenheit bekommen, sich ausreichend von Schick- salsschlägen zu erholen. Die Aussage: „Was mich nicht umbringt, macht mich stark!“, gilt also nicht generell.

Ihr Team vom Grundl Leadership Institut

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Führen & Wirken

Konzentriere dich auf deinen Einflussbereich!

Alle Zahlen belegen, dass unser Land wirtschaftlich sehr erfolgreich ist. Doch obwohl wir im permanenten Wandel immense Chancen haben, scheinen wir emotional auszubluten und mental krän- ker zu werden. Es ist erschreckend. Las- sen Sie uns eine Erklärung versuchen.

Albert Bandura hat den wunderbaren Begriff der Selbstwirksamkeit geprägt.

Seinen Forschungen zufolge, bedeutet sie die Überzeugung, selbst schwierige Situationen aus eigener Kraft meistern zu können. Ohne diesen zentralen Aspekt menschlicher Entwicklung neh- men wir Herausforderungen oft gar nicht erst an. So hilfreich Selbstwirksamkeit beim Erkennen von Potenzialen hilft, so schwierig ist ihre praktische Beachtung und Entwicklung im Alltag.

Mein Glaube, in einer Situation etwas bewirken zu können, hat viel damit zu tun, ob ich mich mit Dingen beschäftige,

die ich beeinflussen kann, oder ob ich mich dem zuwende, was mich zwar interessiert, aber außerhalb meines Ein- flusses liegt. Was ich beeinflussen kann, ist mein Einflussbereich. Was mich ledig- lich interessiert, ist mein Interessenbe- reich. Wenn der kürzeste Weg zu einem Termin eine Treppe ist, liegt sie für mich als Rollstuhlfahrer in meinem Interessen- bereich. Doch gegen die Treppe bin ich allein machtlos. Die Suche nach einem anderen Weg oder nach Hilfe zur Über- windung der Stufen ist mein Einflussbe- reich. Schnell wird klar, wohin meine emotionale Kraft gehen sollte.

Damit gibt es zwei wichtige Ebenen der Entwicklung:

Bei der Führung anderer muss ich Men- schen dazu bringen, dass Sie auf sich selbst zurückgeworfen werden. Erst dann haben Sie die Chance, ihre Selbstwirk- samkeit auszubauen. Und ich muss ihnen

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Führen & Wirken auch den tatsächlichen Einfluss gewähren.

Bleibt der Einfluss bei der Führungskraft wird das Ganze zur Farce. So auf die Art:

Verantwortung für Ergebnisse, ja. Den Ein- fluss darfür zu sorgen, nein. Das nährt die Selbstbestätigung der Führungskraft durch das Empfinden von Macht. Blockiert

jedoch die Entwicklung der Mitarbeiter.

In der Selbstführung muss mir klar wer- den, warum ich mich so viel mit dem Interessenbereich beschäftige.

Denn als Coach begegnen mir zu viele Menschen, die ein hohes Maß an emotio- naler Energie in einen Interessenbereich investieren, der sich ihrem Einfluss ent- zieht. Ich frage mich, warum Menschen so viel Energie in den Interessenbereich pumpen, wenn das Ergebnis Frustration ist. Wenn ich mich lauthals im Rolli vor der Treppe beschwere, ernte ich sicher Zustimmung von anderen Beschwerde- liebhabern, mit denen sich bestimmt vie- le andere Gründe für die Ungerechtigkeit der Welt finden ließen. Meinem Ziel aber komme ich nicht näher und habe mental den Eindruck, mit dem Kopf permanent gegen eine Wand zu hauen.

Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, was da los ist. Wenn ich mir mei- nes wahren Einflussbereiches bewusst werde, passieren zwei Dinge: Erstens wird mir klar, wie viel Einfluss ich überhaupt habe. Das ist der erste Realitätsschock für die, deren Selbstbild viel größer ist als die Realität. So was soll doch tatsächlich vor-

kommen. Zweitens übernehme ich wesentlich mehr Verantwortung für mei- nen Einflussbereich und werde dadurch messbar und angreifbar. Das ist für man- che der zweite Realitätsschock. Und wenn ich dieser Realität nicht stellen will, verrenne ich mich in Dinge, die ich nicht ändern kann, und beschwere mich.

Daraus folgt für mich:

Einen unreifen Charakter erkennt man an der Häufigkeit und Form seines Beschwe- rens. Mein eigener Erkenntnisweg nach meinem Unfall heraus aus der Sozialhilfe ist mir noch sehr präsent. Anzuerkennen, dass sich mein finanzieller Einflussbereich maximal um eine Jeans für 3,60 DM drehte, war extrem schmerzhaft. Doch heute darf ich ein Leben in finanzieller Freiheit in Spanien und Deutschland leben. Und mir ist jeder geistige Wachs- tumsschritt dorthin noch sehr bewusst.

Deswegen bin ich überzeugt:

Wer sich auf das konzentriert was da ist, der kann daraus mehr machen. Und dann schaut man einfach wie weit man kommt. Wer sich aber emotional zu sehr im Interessenbereich verrennt, tritt auf der Stelle und wird immer frustrierter.

Helfen Sie bitte anderen dabei, dieser zwar einfachen, aber tiefen Erkenntnis Konsequenzen folgen zu lassen. Das wür- de mich sehr freuen. Und am besten fan- gen Sie selbst sofort damit an. Immer wieder. Jeden Tag. Ihr Boris Grundl.

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Führen & Wirken

Interessen- oder Einflussbereich?

Worüber beschweren Sie sich?

Was habe ich mich als Jugendlicher über Themen wie Politik und Steuern aufge- regt. Als ich mein erstes eigenes Geld ver- dient habe, studierte ich die Abrechnung.

Und konnte nicht fassen, wie viel Abga- ben und Steuern von meinem Einkom- men abgezogen wurde: Einkommens- steuer, Kirchensteuer, Solidaritätszu- schlag… Unglaublich! Damals habe ich mich intensiv mit diesen Themen

beschäftigt. Mich darüber aufgeregt und überall beschwert. Ich war nicht damit einverstanden, dass ich so viel von mei- nem hart erarbeiteten Geld abgeben soll- te. Allerdings war mir auch klar, dass ich eigentlich keinen Einfluss auf die Situati- on hatte. Es war nun mal Fakt: Wenn ich in Deutschland lebe und bleiben will, muss ich Steuern zahlen – wenn ich in der Kirche bin Kirchensteuer und vom Solidaritätszuschlag ganz zu schweigen.

Trotzdem hat das Thema mich nicht los-

gelassen. Ich musste diese Ungerechtig- keit der Welt mitteilen und habe mich mit anderen ausgetauscht. Natürlich haben die ins gleiche Horn geblasen und mich in meiner Emotion bestätigt. Wenn ich heute überlege: Wo war mein Ein- flussbereich zu diesem Thema? Zu die- sem Diskurs? Wir haben doch tatsächlich viel Zeit und Energie in diese Diskussio- nen gesteckt, wohlwissend, dass wir nichts dagegen tun können.

Wo ist mein Einflussbereich?

Früher war ich sogar auf dem Trip und bin nicht mehr wählen gegangen. Meine Devise war: Wenn ich zwischen Pest und Cholera wählen muss, lasse ich es lieber ganz! Ich wurde älter und bemerkte mit der Zeit, dass es durchaus Bereiche in meinem Leben gibt, auf die ich Einfluss nehmen kann. Es dämmerte mir: Viel- leicht sollte ich diesen Einfluss auch wahrnehmen? Vielleicht ist es meine Ver-

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Führen & Wirken antwortung, diesen Einfluss wahrzuneh-

men? Vielleicht sogar meine bürgerliche Pflicht, wählen zu gehen?! Glücklicherwei- se hat mich meine damalige Freundin (heute Frau) eines Besseren belehrt:

„Jochen, schau mal. In manchen Ländern dürfen die Menschen überhaupt nicht wählen. Sie müssen bestimmte Gegeben- heiten hinnehmen und leben unter sehr widrigen Bedingungen. Du dagegen lebst in einem Land, in dem du die Möglichkeit hast, in einer Demokratie mitzubestim- men.“ Das hat gesessen. Darüber musste ich nachdenken. Seit dieser Ansage gehe ich wieder zur Wahl, weil mir bewusst ist:

„Diesen Einfluss habe ich!“ Trotzdem bin ich wieder auf das Thema mit den Steuern gestoßen: „Warum bezahlen wir eigentlich diese Steuern?“ Die Antwort war wieder sehr klar. Ich lebe in einem sicheren Land.

Es gibt Polizei, Feuerwehr, Bildungsein- richtungen und vieles mehr. Ich habe eine sehr gute Ausbildung genossen, Abitur gemacht, konnte Studieren gehen. All das ist möglich, weil ich Steuern bezahle. Was für eine Erkenntnis!

Interessenbereich ade!

Also habe ich angefangen, diesen Interes- senbereich zu durchleuchten. Und mei- nen Einfluss dort wahrzunehmen, wo ich konnte. Den Rest habe ich für mich ad acta gelegt. Ich kann es eh nicht ändern, warum sollte ich also für solche Themen meine kostbare Zeit investieren und Ener- gie damit verschwenden? Stattdessen könnte ich Sinnvolleres tun – zum Beispiel ein gutes Buch lesen, mich weiterbilden, mich mit den Themen beschäftigen, bei denen ich Verantwortung übernehmen kann – eben wo ich Einfluss habe.

Das mache ich nun seit einigen Jahren sehr, sehr konsequent. Erst letztens gab es wieder eine Situation, in der ich mich klar vom Interessenbereich abgegrenzt habe. Wir saßen beim Abendessen. Die Runde sprach viel über das Weltgesche- hen und die Wirtschaft, unter anderem über China und was dort gerade passiert.

Schnell habe ich festgestellt, dass es nur noch um einen Interessenbereich geht, auf den ich nicht den geringsten Einfluss habe. Daher habe ich die hitzige Diskussi- on unterbrochen und den fragenden Gesichtern Folgendes mitgeteilt: „Ich ver- stehe sehr gut, dass Ihr Euch über dieses Thema unterhalten möchtet. Ihr könnt die Diskussion auch gerne fortführen.

Allerdings ohne mich, denn das ist ein klarer Interessenbereich. Erstens habe ich darauf keinen Einfluss und zweitens keine Lust, meine wertvolle Zeit damit zu ver- geuden.“ – Stille, ungläubige Blicke!

Egal! Für mich war es glasklar. Ich möchte mich vorwiegend mit meinem Einflussbe- reich beschäftigen und mich gedanklich immer weniger im Interessenbereich auf- halten. Ja, es gibt Situationen, da bin ich auch im Interessenbereich und rede gerne bei solchen Themen mit. Aber nur dann, wenn ich auch wirklich Lust darauf habe – wohlwissend, dass es mich Energie kostet.

In der Hoffnung, dass Sie etwas mitneh- men konnten, freue ich mich auf Ihre Gedanken zu dieser Unterscheidung und auf Ihre Erfahrungen: Wo befinden Sie sich immer mal wieder im Interessenbe- reich und wo können Sie Ihren Einfluss- bereich erweitern?

Ihr Jochen Hummel

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Kolumne Resilienz lernen durch Rückschläge

Kennen Sie den Unterschied zwischen intellektuellem und emotionalem Verste- hen? Der Intellekt denkt, er kann es, die Emotion beweist ihr Können durch Ergeb- nisse. Zu theoretisch? Dann ein paar Bei- spiele. Viele wünschen sich eine ehrliche Feedbackkultur. Authentisches, zeitnahes Feedback annehmen und daran wachsen.

Das wollen viele und wissen, wie wichtig das ist. Der Intellekt sagt Feedback, doch die Emotion wünscht sich Bestätigung.

Kommt Kritik, nehmen sie das Gehörte persönlich, reagieren gekränkt und beschweren sich über mangelnde Wert- schätzung.

Kennen Sie jemanden, der mit neuem Wissen, Hoffnungen und vielen Ideen aus einem Seminar gekommen ist? Voller guter Absichten wurde der Arbeitsordner im Aktenschrank verstaut: „Daran mache ich mich, wenn ich mal Zeit habe…“ Was tatsächlich passiert, erahnen Sie. Der Intel- lekt wünscht sich Veränderung, die Emoti- on der bekannten Gewohnheiten belässt alles beim Alten. Was nützt es, wenn jemand alle Theorie über Witze weiß und keiner über seine Witze lacht? Intellektuel- les Wissen über Witze hilft erst, wenn eine tiefe Emotion versöhnlich über den Ernst des Lebens lachen kann.

Pragmatisch weitergedacht: Von wem würden Sie lieber Hinweise annehmen?

Von einem Menschen der Tat, der die zu lernenden Dinge erlebt hat? Einem Prakti- ker? Oder von einem Menschen des Intel- lekts, der durch das Studium vieler Bücher seine Erkenntnisse gewonnen hat? Einem Theoretiker? „Beides“, höre ich Sie rufen.

Und damit haben Sie Recht. Der Kampf zwischen Theorie und Praxis ist so alt wie das Lehren selbst. Bei Johann Wolfgang von Goethe finden wir einen Hinweis auf den richtigen Mix: „Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben, das wird die rechte Form dem Geiste geben.“ Also zwei Drittel Praxis und ein Drittel Theorie. Nicht umgekehrt!

Wenn Sie mit der Weiterbildungsland- schaft vertraut sind, läuft Ihnen ein Begriff derzeit häufig über den Weg: Resilienz (lat.

resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘). Resili- enz ist eine Art psychische Widerstandsfä- higkeit und beschreibt die Fähigkeit, Kri- sen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Res- sourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Was für eine Definition! Kurz:

Wenn Dich das Leben niederschlägt, lerne daraus und komme gestärkt wieder. Dass diese Stärke wichtig für Menschen und Organisationen ist, liegt auf der Hand.

Selbstverständlich hat diese Modewelle zig Bücher entstehen lassen und Seminar- räume zuhauf gefüllt.

Da drängt sich die Frage auf, ob man durch Seminare Resilienz erlernen kann?

Ich frage das deshalb so kritisch, weil ich durch einen Unfall im Rollstuhl landete und drei Jahre von Sozialhilfe lebte. Heute lebe ich in finanzieller Freiheit, bin aner- kannter Führungsexperte, habe zwei erwachsene Kinder und bin Inhaber einer Akademie, die sich auf die „Transformation von Führungsteams“ spezialisiert hat. Über die Niederschläge, Krisen und Ablehnun- gen auf dem Weg, wage ich in Summe gar nicht zu sprechen. So viele waren es.

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Kolumne

Manche schmerzen noch heute. Ich frage mich und werde immer wieder gefragt:

Hätte ich mich durch mehr Wissen im Vorfeld vorbereiten können?

Meine These nach reiflicher Überlegung:

Mir scheint, Menschen, die danach stre- ben, Resilienz durch Seminare zu „erler- nen“, wollen im Kern jeder möglichen Nie- derlage und Ablehnung im Vorfeld aus- weichen. Sie suchen Techniken, mit denen sie sich dem Schmerz der Zurückweisung nicht stellen müssen. Sie glauben, das

intellektuelle Verstehen würde sie schüt- zen, wenn „Thors Hammer“ zuschlägt. Das ist jedoch eine Illusion. Wie lerne ich Resili- enz? Indem ich mir etwas vornehme, dar- auf zugehe und Rückschläge ein- und wegstecke. So lange, bis ich das Ziel erreicht habe. Zu einfach? Das ist es nicht.

Es ist emotional eine Achterbahnfahrt.

Immer wieder. Denn jeder Sieger steht auf einem Berg von Niederlagen. Deswegen gestatten Sie mir bitte noch eine kleine Provokation: Der, der es kann, tut es. Der, der es nur kennt, lehrt es.

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Kolumne Lass dich nicht von der Angst treiben!

Forschungsergebnisse und der gesunde Menschenverstand zeigen, wie sehr uns Angst täglich beherrscht: Angst vor fal- schen Entscheidungen bremst notwendi- ge Veränderungen aus. Angst vor dem Altern macht uns zu Fitness- und Ernäh- rungsgurus. Angst vor einem „Image der Schwäche“ lässt uns bis zum Umfallen arbeiten. Angst vor Statusverlust lässt Manager lügen, betrügen oder ausbren- nen. Angst vor sozialer Ausgrenzung lässt uns Dinge tun, nur um vor anderen gut dazustehen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Besser beschrieben ist Angst das Streben nach „psychologischer Sicherheit“. Nur, wer sich sicher fühlt, reflektiert mit dem Gehirn statt von Reflexen getrieben zu werden. Zwei Beispiele: Ein guter Bekann- ter lädt zum Geburtstag und übergeht Sie dabei. Oder Ihr Kind wird im Sandkasten durch andere vom Spiel ausgeschlossen.

Beides Fälle von psychologischer Unsicher- heit durch soziale Ausgrenzung. Wie reagieren Sie im ersten Fall? Mit Angreifen, Ausweichen oder Lähmung? Suchen Sie Klärung und sprechen mit dem Bekann- ten über Ihre Verletzung, wenn Sie ihn treffen? Machen Sie ihm Vorwürfe? Und wie reagieren Sie auf dem Spielplatz? Wie ist es bei einer Firmenübernahme? Nur ein Mitarbeiter, der sich am Arbeitsplatz sicher fühlt, wird weiter alles geben.

Nur wenige Menschen besitzen die innere Größe, offen über ihre Ängste zu sprechen.

Denn Ängstliche gelten als schwach. Des- wegen täuschen viele Stärke vor oder Wis- sen und tun so, als hätten sie Lösungen für

alles. Doch das ist eine Falle. Heutzutage ist Stärke nicht mehr der entscheidende Orientierungsfaktor. Es ist Stimmigkeit, Authentizität, die Menschen folgen lässt.

Sie gibt suchenden Menschen viel mehr Orientierung als „nicht stimmige Stärke“, die Angst überspielt. Komisch, dass viele das noch nicht bemerkt haben.

Wer nicht angestrengt nachdenkt und nicht tiefes Differenzieren lernt, wird leicht von seiner „psychologischen Unsicherheit“

zu Kompensationen genötigt. Weil er ein- fach nicht erkennt, welches geistige Mus- ter ihn gerade beherrscht. Dann reagieren wir häufig nach drei steinzeitlichen Pro- grammen in unserem Hirn: Angriff, Flucht oder Lähmung (Totstellen). Meist ist uns gar nicht bewusst, wie oft unsere Denkleis- tung durch diese Verhaltensweisen deut- lich reduziert wird.

Es existiert aber auch ein anderer Weg.

Werde ich mit etwas Unbekanntem kon- frontiert, parke ich es erst einmal mental.

Ich nehme meine Angst wahr und halte die Unsicherheit aus, weil ich tiefer verste- hen will. Ich informiere mich, denke nach, nehme unterschiedliche Standpunkte ein und genieße diese geistige Übung. Ich zerlege das Unbekannte in kleine Scheib- chen, um auch sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Plötzlich ver- schwindet die Unsicherheit. Ich sehe klar und treffe bessere Entscheidungen. Ich lerne und wachse.

Vielleicht werde ich anfangs damit von anderen noch nicht ernst genommen.

Denn wer noch lernt, kann nicht so stark

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Kolumne

sein. Doch mit zunehmend besseren Ergebnissen wird sich das ändern. Garan- tiert. Erstaunt fragen dann viele: Woher kommen auf einmal deine große Klarheit, deine klugen Entscheidungen und dein Erfolg? Scheinbar über Nacht? Dann wis- sen nur wir, welchen Preis es gekostet und wie lange es wirklich gedauert hat.

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Buch Die Magie des Wandels

Als mir mein Leben abhandenkam, war ich gerade fünfundzwanzig Jahre alt. Ich sah nur den Verlust, und meine Zukunft bestand für mich aus meiner Vergangen- heit minus all jener Dinge, die ich nicht mehr tun konnte. Das war mein blinder Fleck. Ich sah nur, was ich verloren hatte, nicht, was noch da war. Ein paar Jahre später sollte ich erleben, wie es einem sehr prominenten Querschnittgelähmten, dem Superman-Darsteller Christopher Reeve, ähnlich erging. Reeve war wenige Zentimeter höher gelähmt als ich und hatte bis zu seinem Tod 2004 darauf gehofft, irgendwann wieder laufen zu kön- nen. Auch er konnte seine Vergangenheit nicht loslassen, wollte zurück zur Normali- tät, zu dem, was uns die Gesellschaft als

»normal« suggeriert. Die Fernsehbilder von einem gelähmten Reeve, der unter

schrecklichsten Qualen versuchte, zwei Schritte zu laufen, der umjubelt von Hun- derten von Fußgängern versuchte, selbst wieder Fußgänger zu werden, machten mich damals sehr nachdenklich. »Lass es sein!«, wollte ich ihm zurufen. »Warum willst du wieder zum Fußgänger werden?

Warum konzentrierst du dich auf das, was du nicht mehr hast? Konzentriere dich lie- ber auf das, was da ist!«

Aber was ich ihm hätte sagen wollen, musste ich zuerst einmal selbst begreifen, und das sollte erst nach der zweiten Ope- ration geschehen. Vielleicht lag es daran, dass ich auf einen Erfolg nicht eingestellt war. Auch meine Finger konnte ich inzwi- schen nicht mehr bewegen, und mit der Operation wollte man genau dies ändern.

Die Ärzte versuchten, meinen Trizeps und

Teile meiner Muskelkraft in den Händen zurückzuholen. Beim rechten Trizeps gelang ihnen das zu 60, links zu 40 Pro- zent. Bei den Händen erreichten sie links 7 und rechts 15 Prozent. Als ich beim Mus- keltest nach der Operation den rechten Daumen wieder bewegen konnte, war ich verwundert darüber, dass die Ärzte förm- lich in Jubel ausbrachen. Meine Freude war eher verhalten; es tat zwar unheimlich gut, die Ärzte so zu sehen, aber ich wollte den Tag nicht vor dem Abend loben.

Als ich langsam begriff, was das mit dem Daumen zu bedeuten hatte, flossen die Freudentränen. Was für ein Geschenk, dachte ich und begann mir auszumalen, was ich mit diesem Daumen noch alles anstellen würde. Ich konnte Buchseiten umblättern, die Knöpfe einer Fernbedie- nung drücken, eine Computermaus bedie- nen, einen Löffel halten. Vielleicht würde ich sogar Auto fahren können! Das war meine Welt – ein ganzes Universum in die- sem einen Daumen. Ich hatte meine Fin- ger völlig aufgegeben und nicht mehr mit einer Verbesserung gerechnet. Umso grö- ßer war meine Freude über den Daumen und auch über die Muskelkraft, die ich später noch in den Fingern zurückerlan- gen sollte.

An dieser Situation mache ich heute die wichtigste Erkenntnis meines Lebens fest.

Hätte ich damals so sehr darauf gehofft, wieder »normal« zu werden, hätte ich mich nicht über die Beweglichkeit in mei- nem Daumen freuen können, sondern nur gedacht: Verdammt noch mal, ich will mein altes Leben zurück! Es war offen-

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Buch

sichtlich, dass ich – wie Reeve – einen Kampf mit meiner Umwelt gekämpft hat- te, den ich nur verlieren konnte. Erst als ich dazu bereit war, den Kampf mit mir selbst aufzunehmen, änderte sich meine Pers- pektive. Es war nur ein kleiner Bruch, eine minimale Verschiebung in meiner Wahr- nehmung, aber plötzlich war alles anders:

Ich fühlte mich gut. Ich empfand eine tie- fe Dankbarkeit. Ich freute mich über das, was da war, und ärgerte mich nicht über das, was nicht da war. Natürlich versuchte ich jeden Tag, meine gelähmten Bereiche zu aktivieren. Und das mache ich heute noch. Doch ich verliere mich nicht in einer Hoffnung oder Erwartung.

Konzentriere dich auf das, was da ist – und mache daraus mehr! Diese Erkenntnis ist zu meiner Philosophie geworden. Und dadurch, dass ich mich auf meinen Dau- men konzentrierte, war da plötzlich sogar noch viel mehr als vorher. Neue Wege taten sich auf, indem ich den Daumen als Chance erkannte. Heute bin ich immer noch zu 90 Prozent gelähmt, aber ich konzentriere mich auf die 10 Prozent Mus- kelkraft, die mir geblieben sind und die mehr bedeuten als die 100 Prozent vor meinem Unfall. Der Daumen steht nur für die erste von vielen Türen, die sich mir öff- neten. Sicher, ich habe lange um diese Erkenntnis ringen müssen. Der Weg dahin war steinig, und ich kämpfe noch heute diesen Kampf, der manchmal schmerz- haft und einsam ist.

Dabei ging es nicht nur darum zu kämp- fen, sondern noch mehr darum loszulas- sen. Meine Freude über den Daumen war das erste Zeichen dafür, dass ich mich

nommen hatte. Und zwar nicht intellektu- ell – aus der Sicht eines Nichtbehinderten –, sondern emotional. Nur durch das tiefe Akzeptieren der Realität war ein solcher Perspektivwechsel möglich, und folgerich- tig ergaben sich dann aus einer Krise ganz neue Chancen. Und genau das ist das Pro- blem: Viele wissen, was zu tun wäre (intel- lektuell), doch schaffen es nicht bis zur emotionalen Überzeugung. Man verliert kein Gewicht, indem man weiß, wie man abnimmt (intellektuell), sondern indem man weniger Nahrung aufnimmt oder mehr Nahrung verbrennt (emotionale Ein- sicht). Denn den meisten fehlt es nicht an intellektuellem Erkennen, sondern an emotionaler Umsetzungskraft. Und: Die Frage ist nicht, ob eine Krise zur Chance werden kann, sondern wodurch eine Krise zur Chance wird.

Diese Erfahrung ist das Erste, was ich ver- mittle, wenn ich als Coach arbeite. Ich hal- te keinen Vortrag, in dem ich nicht darauf zu sprechen komme. Die Konzentration auf Fähigkeiten, die da sind – das ist der erste Baustein einer einfachen, aber unglaublich starken Philosophie, die sich eins zu eins auf alle Lebensbereiche über- tragen lässt. Fragen Sie sich als Führungs- kraft einmal, was der Daumen Ihres Lebens, Ihres Unternehmens oder Ihres Jobs ist. Unter Umständen ist er gar nicht so einfach zu erkennen. Manche arbeiten jahrelang mit dem Zeigefinger, obwohl die Begabung im Daumen steckt.

Auch als Führungskraft sollten Sie einmal ein wenig die Perspektive wechseln und auf die Ressourcen Ihres Unternehmens und auf die Talente Ihrer Mitarbeiter bli-

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deren Begabung etwas Selbstverständli- ches sein sollte? Nehmen Sie nur die scheinbaren Ungerechtigkeiten wahr, sehen gar nicht, was da ist, und fragen sich: Warum arbeite ich nur in einem so vertriebsschwachen Unternehmen? Und warum ist unser Marketingbudget so nied- rig? Das ist so, als würde ich sagen: »Sorry, ich kann grad nicht, ich sitze im Rollstuhl.«

Immerhin haben Sie einen Vertrieb und ein Marketingbudget! Wenn Sie sich auf die Bereiche konzentrieren, die vorhanden sind, wird mehr aus ihnen und sie über- strahlen, was fehlt.

Das mit der Konzentration meine ich übri- gens absolut wörtlich. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich bin mit dem Auto einkaufen und unterwegs zum Parkplatz. Es regnet in Strömen. Ich stehe in meinem Rollstuhl neben meinem Wagen und will mich auf den Fahrersitz wuchten, normalerweise eine meiner leichtesten Übungen. Aber heute ist irgendwie der Wurm drin. 10 Minuten später stehe ich immer noch da.

Ich beobachte andere Passanten, die zu ihrem Auto gehen und einfach einsteigen, ohne darüber nachzudenken. Wenn jetzt mein Geist abhaut und die anderen benei- det, habe ich verloren. Ich muss bei mir bleiben. Was hilft es, andere zu beneiden?

Damit komme ich auch nicht schneller ins Trockene, im Gegenteil! Ich muss mich auf das konzentrieren, was da ist. Dann sehe ich plötzlich den richtigen Weg, verstehe in diesem Fall vielleicht, was ich bisher beim Einsteigen falsch gemacht habe.

Inzwischen ist mir klar: Neid ist nichts anderes als ein undisziplinierter Geist, der abhaut und sich mit dem beschäftigt, was andere haben. Der Neidfaktor findet sich überall in unserem Alltag und hemmt uns

ungemein. Dabei hilft es uns nicht weiter, uns vor Augen zu halten, was andere kön- nen oder haben. Neid lenkt nur von unse- ren eigenen Fähigkeiten ab.

Wer im Überfluss lebt, läuft Gefahr, alles als selbstverständlich hinzunehmen – eine der größten Zivilisationskrankheiten unse- rer westlichen Welt. Glücklicherweise kön- nen Sie sich frei entscheiden. Quälen Sie sich mit dem Gedanken an die Vergan- genheit und an das, was Sie nicht haben?

Oder beschäftigen Sie sich damit, hier und heute etwas aus dem zu machen, was Sie sind? Wenn Sie älter werden: Ärgern Sie sich über die Vergänglichkeit des Lebens, oder freuen Sie sich über die Möglichkei- ten in jedem Lebensabschnitt? Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Noch eine andere wichtige Einsicht geht mit dieser Erkenntnis einher: Wenn Sie sich auf Ihre eigenen Fähigkeiten konzent- rieren, müssen Sie keinen »Kredit« aufneh- men. Sie gehen von Ihrer Person aus und bleiben mental bei sich. Und was fast noch wichtiger ist: Sie übernehmen Ver- antwortung für sich selbst. Ein größeres Geschenk gibt es nicht. Ich will Ihnen dazu eine letzte Geschichte erzählen, die sich noch im Krankenhaus zugetragen hat:

Seit einigen Wochen hatte ich in meinem Drehbett gelegen und wünschte mir nichts sehnlicher als mehr Mobilität. Die Ärzte hatten schon mit mir über einen Rollstuhl gesprochen, aber zu Anfang war ich nicht gerade heiß darauf. Mobilität ja, Rollstuhl nein. Im Geiste war ich eben doch noch immer Fußgänger. Dann wach- te ich eines Morgens auf, und neben mei- nem Bett stand ein Rollstuhl. Ich konnte inzwischen auch auf der Seite liegen und blickte erst aus dem Fenster, dann auf den

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Rollstuhl. Auf seinem Sitz lag ein Fell, damit man weich darin sitzen konnte. Er war nicht mehr ganz neu, ein Krankenhausroll- stuhl eben. Und trotzdem: Ich freute mich.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Ich freute mich. Ich sah in dem Rollstuhl kein metal- lenes Gefängnis auf zwei Rädern, an das ich mein Leben lang gekettet bleiben soll- te, sondern ein Vehikel, mit dem ich meine Unabhängigkeit zurückgewinnen konnte.

Wieder hatte eine klitzekleine Verschie- bung in meiner Wahrnehmung stattgefun- den. Aus dem Rollstuhlgefängnis wurde zuerst ein dankbares Fortbewegungsmittel – und heute ist es so etwas wie mein Flug- zeug. Damals war das eine Offenbarung und ein bedeutender Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Noch heute vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht über meinen Rollstuhl freue.

ZUM NACHDENKEN

• Wie oft am Tag verschwenden Sie Energie mit Dingen, die in Ihrem Inter- essenbereich jedoch nicht in Ihrem Einflussbereich liegen? Und was macht das mit Ihnen?

• Was würde passieren, wenn Sie sich bei sich selbst und bei anderen etwas mehr auf das konzentrieren würden, was da ist, anstatt auf das, was fehlt?

• Wenn sich etwas verändert: Wie schnell können Sie sich emotional auf diese Veränderung einlassen?

• Wie oft gehen Sie bei Veränderungen innerlich auf Widerstand und legen sich dadurch selbst Steine in den Weg?

Die meisten Veränderungen scheitern dar- an, dass die Einsicht zum Wandel nur auf der intellektuellen Ebene entsteht und nicht zu einer emotionalen Einsicht wird.

Ich habe eine Entscheidung getroffen, die jeder frei ist zu treffen – auch ohne sich den Hals gebrochen zu haben. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen folgenden Tipp:

Nehmen Sie neue Situationen an – voll und ganz. Das ist der erste Schritt zur Bewältigung jeder Veränderung. Auch bei einer Krise! Und beschäftigen Sie sich nicht permanent mit Dingen, die Sie nicht verändern können. Das ist reine Zeitver- schwendung! Wie Sie das hinkriegen?

Wenn Sie morgens aufwachen, überlegen Sie sich gleich drei Dinge, über die Sie sich richtig freuen können und für die Sie dankbar sind. Was für ein Start in den Tag!

Steh Auf!

Das Ende aller Ausreden Wir geben Ihnen das Rüst- zeug in die Hand, damit Sie sich in Zukunft nicht mehr an

schönen Seifenblasen orientieren, sondern nur noch auf das konzen- trieren, was da ist. Die Erfolgsstory von Boris Grundl ist ein Paradebei- spiel gelebter Resilienz. „Steh auf! Das Ende aller Ausreden“ gibt auch Ihnen den Mut, auf sich selbst zu schauen und Ihre Ausreden in Ergebnisse zu transformieren.

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Buch Resilienz

Wer mit der Weiterbildungslandschaft ver- traut ist, dem läuft ein Begriff derzeit häu- fig über den Weg: Resilienz – Lateinisch

»resilire« für »zurückspringen, abprallen«.

Damit ist die psychische Widerstandsfä- higkeit gemeint, welche die Fähigkeit beschreibt, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Ent- wicklungen zu nutzen. Es ist also die Fähigkeit, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen wie traumatischen Erfahrungen, Misserfolgen oder Unglücken sowie negativen Folgen von Stress umzu- gehen und sich trotzdem positiv zu entwi- ckeln. Kurz: Wenn dich das Leben nieder- schlägt, lerne daraus und komme gestärkt wieder! Oder wie Winston Churchill sagte:

»Erfolg ist die Fähigkeit, von einem Misser- folg zum anderen zu gehen, ohne seine Begeisterung zu verlieren.«

Dass diese Kompetenz für Menschen und Organisationen wichtig ist, liegt auf der Hand. Wir stehen gerade in Zeiten von zunehmend hohem Leistungs- und Erfolgsniveau im Berufs- und Privatleben häufig unter Druck: Ja nichts falsch machen! Die verpatzte Präsentation, die gescheiterte Beziehung, das misslungene Projekt, die Kündigung oder die Firmenin- solvenz – die kleinen oder großen Pannen im Leben produzieren in uns das Gefühl des Versagens. Doch im Grunde unseres Herzens wollen wir perfekt sein, glänzend vor anderen dastehen, ein makelloses Hei- di-Klum-Image haben: mit einem Lächeln auf den Lippen eine Weltkarriere als Model hinzaubern, unangestrengt ein paar Kin- der gebären und noch eine erfolgreiche

Fernsehkarriere oben draufsetzen – und dabei immer gut aussehen.

Scheitern ist in unserer Gesellschaft ein Tabu und wird schnell sanktioniert. Wenn etwas schiefgeht, wird umgehend nach

»den Schuldigen« gesucht. Das endet ent- weder in Selbstvorwürfen (die Suche nach der Schuld in uns) oder Anklagen gegen andere oder im Anprangern der »widrigen«

Umstände. Der eigene Teil an Verantwor- tung an dem Misserfolg wird so nicht wahr- genommen oder gleich ganz abgelehnt.

»Wir Deutschen haben statt eines Frontal- stirnlappens einen Jammerlappen!«, kom- mentierte Eckart von Hirschhausen vor eini- ger Zeit in einem Interview diese Eigenart.

Dank dieser Schuldsuchkultur kehren Men- schen lieber ihre Fehler unter den Teppich, statt zu ihnen zu stehen und daraus zu ler- nen. Fehler passieren, überall. »Shit hap- pens«, wie die Amerikaner sagen, bevor sie weitermachen. Wer sich zeigt und handelt, kann das nicht vermeiden. Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Das ist für mich aber keine Option!

Ehrliche Selbstreflexion und die daraus fol- gende Transformation sind die unerlässli- che Voraussetzung, um aus dem Scheitern gestärkt hervorzugehen. Nur eine Fehler- kultur einzufordern bringt nichts! Denn es gibt Fehler, die dürfen nicht gemacht wer- den. Und wenn immer dieselben Fehler gemacht werden, ist das ebenso dumm.

Es geht um eine Transformationskultur.

Diese besagt, dass Fehler auf einer

bestimmten Ebene nur einmal gemacht werden dürfen. Damit steht »das Lernen aus Fehlern« im Fokus – nicht das »Fehler- machen«.

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Die Biografien berühmter Menschen sind voll von »Betriebsunfällen«: Walt Disney wurde mangels kreativem Talent als Redakteur entlassen, Abraham Lincoln musste zwei Firmenpleiten, einen Nerven- zusammenbruch und sechs Wahlniederla- gen verkraften, bevor er Präsident der Verei- nigten Staaten wurde. Steve Jobs wurde aus seinem eigenen Unternehmen

gedrängt, bevor er wieder zurückkam und das iPhone erfand. Joanne K. Rowlings Manuskript Harry Potter und der Stein des Weisen wurde zigmal von Verlagen abge- lehnt, bevor es schließlich ein Bestseller wurde. Es gibt kaum eine Biografie ohne Rückschläge oder ohne Umwege zum Erfolg. »Rückschläge sind ein natürlicher Bestandteil meines Lebens, es kommt bloß darauf an, wie man darauf reagiert«, meinte Lee Iacocca, einer der erfolgreichsten ame- rikanischen Automobilmanager der achtzi- ger Jahre. Unternehmen, die eine konstruk- tive Fehlerkultur leben, nutzen Pannen als Gelegenheit, daraus zu lernen. Auch in der Natur herrscht das Prinzip »Trial and Error« – ausprobieren, Fehler erkennen und dann etwas Neues versuchen.

Etwas verwundert bin ich über die Art, wie manche mit Fehlern umgehen. Ja, es gibt sogar Menschen, die mit ihren Fehlern kokettieren, etwas überspitzt formuliert etwa so: »Schau mal, wie ich Fehler machen kann. Bin ich nicht toll?« Deswe- gen sei es noch einmal gesagt: Es geht nicht um das Fehlermachen, es geht um das Wachstum nach dem Fehler. Es geht nicht um die Krise, es geht um das Wachs- tum nach der Krise. Der Fehler ist eine Investition, hat jedoch an sich keinen Wert.

Erst die Transformation danach macht ihn

werden lässt – weil eben durch den Fehler das Ergebnis nicht erreicht wurde. Deswe- gen geht es nicht um eine Fehlerkultur, sondern um eine Transformationskultur.

Die amerikanischen Wissenschaftler Karen Reivich und Andrew Shatté haben in ihrem Buch The Resilience Factor ihre For- schungsergebnisse zusammengefasst und leiten daraus folgende sieben Resilienzfak- toren ab: Optimismus (»optimism«), Emoti- onssteuerung (»emotion regulation«), Impulskontrolle (»impulse control«), Empa- thie (»empathy«), Ursachenanalyse (»causal analysis«), Selbstwirksamkeitsüberzeugung (»self-efficacy«), Zielorientierung (»reaching out«). Ich bin überzeugt davon, dass es noch mehr Faktoren, Fähigkeiten, Haltun- gen oder Einstellungen gibt, die Men- schen dabei unterstützen, ihre Schwierig- keiten und Krisen zu bewältigen. Hier wer- den interne Faktoren beschrieben. Externe helfende Faktoren, etwa ein unterstützen- des Umfeld, gibt es sicher ebenfalls.

Mir drängt sich die Frage auf, inwiefern man durch Seminare Resilienz erlernen kann. Meine These nach reiflicher Überle- gung: Mir scheint, manche Menschen, die danach streben, Resilienz durch Seminare zu »erlernen«, wollen im Kern jeder mögli- chen Niederlage und Ablehnung im Vor- feld ausweichen. Sie suchen Techniken, mit denen sie sich dem Schmerz der Zurückweisung nicht stellen müssen. Sie glauben, das intellektuelle Verstehen wür- de sie schützen, wenn »Thors Hammer«

zuschlägt. Das ist jedoch eine Illusion.

Zu versagen oder sich zu blamieren gehört zu den Grundängsten von uns

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lich erlebt. Dennoch beschreiben viele rückblickend, wenn sie ihr Scheitern verar- beitet haben, dass diese Erfahrung wichtig für sie war und sie so reifer geworden sind oder dass dadurch eine sinnvolle Neuaus- richtung ihres Lebens möglich wurde.

Interessant: Im Rückblick wird es positiv, sogar als entscheidend fürs innere Wachs- tum gesehen. Und im Vorausblick wird alles getan, um dem Schmerz auszuwei- chen. Dabei wäre sogar folgender Gedan- ke logisch: Wer wachsen möchte, soll möglichst viele Schmerzen bei sich auslö- sen und daran wachsen. Nicht auswei- chen, sondern suchen!

Wie lerne ich also Resilienz? Indem ich mir etwas vornehme, darauf zugehe und

Rückschläge ein- und wegstecke. Und dar- aus lerne, etwas verändere, anpasse, nach- justiere – so lange, bis ich das Ziel erreicht habe. Zu einfach? Das ist es nicht. Es ist emotional eine Achterbahnfahrt, immer wieder. Denn: Jeder Sieger steht auf einem Berg von Niederlagen. Kurt Tucholsky meinte dazu: »Dumme und Gescheite unterscheiden sich dadurch, dass der Dumme immer dieselben Fehler macht und der Gescheite immer neue.«

Auch, wenn wir Niederlagen als Chance begreifen, werden sie immer schmerzlich bleiben.

Letztlich erinnert dies an die altbekannte Boxerregel: »Immer einmal mehr aufste- hen, als hinfallen. Und dazwischen, ler- nen!«

Dieser Text wurde erstmalig in dem Buch "Verstehen heißt nicht einverstanden sein" veröffentlicht (S. 234 ff.).

Verstehen heißt nicht einverstanden sein Wer tief versteht sieht klarer, erkennt, worum es im Kern geht. Und wer tiefer verstehen will, muss überhaupt nicht ein- verstanden sein.

Egal, ob Wirtschaft, Politik, Gesellschaft

oder Familie. Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz- weiß-Denken verabschieden und unseren Charakter formen. Wir lernen, wie wir klug hinhören, differenziert bewerten, Perspektiven wechseln und unsere Sicht erweitern.

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Boris Grundl

Boris Grundl durchlief eine Blitzkarriere als Führungskraft und als Führungsexperte und mitreißender Kongress-Redner zu Europas Rednerelite. Er ist Management-Trainer, Unternehmer, Autor sowie Inhaber des Grundl Leadership Institut. Boris Grundl perfektionierte die Kunst, sich selbst und andere auf höchstem Niveau zu führen. Er ist ein gefragter Referent und Gastdozent an mehreren Universitäten und erforscht das The- ma Verantwortung.

Seine Referenzen bestätigen seine Ausnahmestellung unter den Spitzen-Referenten. Keinem wird eine so hohe Authentizität und Tiefgründigkeit bescheinigt. Er redet Klartext, bleibt dabei stets humorvoll und bringt die Dinge präzise auf den Punkt.

Boris Grundl ist als promovierter Experte gern gesehener Gast und Protagonist in Fernsehen und Radio (u.a. ARD, ZDF, WDR MDR, 3sat, SWR, FFH). In Großvorträgen gibt er Schülern wegweisende Impulse für ein eigenverantwortliches Leben. Boris Grundl ist „der Entwickler” (Harvard Business Manager).

Über die Autoren

Grundl Leadership Institut

Leadership – alles aus einer Hand: Das Grundl Leadership Insti- tut befähigt Menschen, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Es entwickelt Menschen dort systematisch weiter, wo die meisten Managementlehren aufhören. Leadership bedeutet, Menschen zu Verantwortung zu befähigen und das durch Ergebnisse sichtbar zu machen. Durch Vorträge, Intensiv- Seminare und eine aktive Umsetzungsbegleitung sorgt das Grundl Leadership Institut für Klarheit, Transparenz und Nach- vollziehbarkeit in der Führung. Ein erfahrenes Team garantiert den Transfer in die Praxis. Keinem Institut wird eine so hohe Transformationsfähigkeit von Führungsteams bescheinigt.

Menschliche Entwicklung und wirtschaftlicher Gewinn gehen Hand in Hand.

www.grundl-institut.de

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Jochen Hummel

Jochen Hummel hat im Dezember 2017 die Geschäftsführung für den Vertrieb beim Grundl Leadership Institut übernommen.

Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich Jochen Hummel intensiv mit Persönlichkeitsentwicklung. Sein starkes Interesse an Marketing sowie die langjährige Erfahrung im Vertrieb und der Drang nach einer Veränderung führten zur aktiven Suche nach einer neuen Herausforderung, um weiter wachsen zu können. 2010 erlebte er Boris Grundl zum ersten Mal live. Dann ließen ihn seine Vorträge und Bücher nicht mehr los. Heute lebt Jochen Hummel seinen Traum, die Grundl-Welt mit nach außen zu tragen. Er ist sich sicher: Jeder, der es wirklich ernst meint, kann sich mit dem Grundl Leadership Institut entwik- keln. Man muss nur den Mut dazu haben.

Referenzen

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