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Wann hat es in der Kalahari geregnet?

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Academic year: 2022

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Wann hat es in der Kalahari geregnet?

• Klimaschwankungen / Eiszeit / Südafrika / Paläoklimatologie

Heute ist es noch nicht möglich, Prognosen über die zukünftige Klimaentwicklung zu ge- ben. Unsere Vorstellungen über mögliche Klimaschwankungen in der Zukunft basieren zu einem großen Teil auf den Erkenntnissen über die Klimaentwicklung der jüngsten geologi- schen Vergangenheit. Andererseits treten aber vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung mit immer höheren Anforderungen an die Nahrungsproduktion und den Energiebedarf Probleme der Klimaschwankungen — seien sie durch menschliche Eingrif- fe ausgelöst oder auch nicht — mehr und mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit [1].

Über die räumlichen und zeitlichen Klimaschwankungen im Inneren Südafrikas (Kalahari) gab es bisher nur vage Hypothesen. Neue Forschungen, die gemeinsam mit südafrikani- schen Kollegen durchgeführt wurden, führen zu einer Rekonstruktion der jungquartären Klimageschichte.

Früher ging man oft davon aus, daß während der maximalen Vergletscherung Nordeuropas und Nordamerikas in der letzten Eiszeit die bekannten Klimazonen der Erde äquatorwärts zusammenge- drängt oder im ganzen südwärts verscho- ben waren. Später wollte man wesentlich differenziertere Vorstellungen, die man im Bereich des nordafrikanischen Trocken- gürtels (Sahara im weiteren Sinne) erar- beitet hatte, auch auf das südliche Afrika übertragen. Doch immer blieben die Kli- marekonstruktionen für Südafrika teilwei- se unbefriedigend.

Der südafrikanische Trockengürtel ver- läuft im Gegensatz zum nordafrikanischen nicht zonal (W-E), sondern meridional (N- S). Heute greift er im Gebiet der Südkala- hari tief ins Innere des südafrikanischen Subkontinents hinein (vergl. UMSCHAU 1980, Heft 2, S. 44). Dieser südafrikani- sche Trockengürtel konnte bei den eis- zeitlichen Klimarekonstruktionen nicht zu- friedenstellend erfaßt werden.

Aufgrund unserer neuen Forschungen in der Kalahari können nun für verschiede- ne Abschnitte des Jungquartärs folgende paläoklimatischen Verhältnisse für das In- nere Südafrikas genannt werden (Bild 1):

• I n t e r s t a d i a l e V e r h ä l t n i s s e (war- mes Stadium innerhalb einer Eiszeit) re- präsentiert der Zeitabschnitt zwischen 27 000 bis 24 000 B. P. (Radiokarbonjahre vor heute): Diese Zeit wird durch ausge- dehnte Seen im Makarikari-Becken cha- rakterisiert; in der Südkalahari werden feuchte Verhältnisse durch Seesedimente, fossile Böden und Kalktuffe angezeigt.

Von besonderer Bedeutung scheint die Datierung von Höhlenkalken in der Wüste Namib zu sein, die auf episodische Nie- derschläge in dem heute extrem ariden küstennahen Wüstenstreifen nahe den Rössingbergen bei Swakopmund deuten.

• E i s z e i t l i c h e B e d i n g u n g e n reprä- sentiert der Zeitabschnitt zwischen 17 000

bis 15 000 B. P.: Im Westen herrschen ex- trem aride Bedingungen; die Namib-Wü- ste reicht weiter landeinwärts; sehr scharf scheint die Grenze zwischen den ariden Gebieten in Südwestafrika und den semi- humiden Bereichen der Kalahari zu sein.

Die Kalahari erhält Niederschläge, die aber nicht zur Seenbildung in der Etoscha- Pfanne und dem Makarikari-Becken aus- reichen; besonders feucht ist es in der Südkalahari, wo sogar — wie Süßwasser- muscheln anzeigen — perennierende Flüsse auftreten.

• S p ä t e i s z e i t l i c h e V e r h ä l t n i s s e verkörpert der Zeitabschnitt um 12 000 B.

P.: In der Nordkalahari ist es nun wieder feuchter; Seen bilden) sich in der Eto- scha-Pfanne und dem Makarikari-Becken;

in der Südkalahari beginnt der Übergang von kühleren und feuchteren Bedingun- gen zu warmen und trockenen Verhältnis- sen.

• Der Zeitabschnitt zwischen 9000 und 8 000 B. P. repräsentiert n a c h e i s z e i t l i - c h e (frühholozäne) Bedingungen: Die Ka- lahari wird im ganzen wieder trockener;

nun reichen die Niederschläge wieder wei- ter nach Westen in die Namib-Wüste hin- ein.

Diese Zusammenschau der Geländebe- funde läßt sich paläoklimatisch interpretie- ren: Im ausgehenden Interstadial der letz- ten Eiszeit (27 000 bis 24 000 B. P.) scheint die atmosphärische Zirkulation im südlichen Afrika schwächer als heute ge- wesen zu sein, so daß infolge eines abge- schwächten Benguela-Stromes vor der südwestafrikanischen Küste tropische Sommerregen weit nach Westen vorsto- ßen konnten. Gleichzeitig scheint das südafrikanische Winterregenregime die Südkalahari nicht mehr zu beeinflussen.

Während des Maximums der letzten Eiszeit (17 000 bis 15 000 B. P.) geht mit einer extrem starken und über der Kalaha- ri meridional (N-S) ausgebildeten Zirkula-

tion eine scharfe Trennung von aridem Südwestafrika und relativ semihumider Kalahari einher. Die Grenze zwischen bei- den Klimagebieten verläuft nicht in ost- westlicher Richtung — wie bisher vielfach angenommen —, sondern in nordsüdli- cher Richtung.

Dadurch erhält die gesamte Kalahari während der letzten Eiszeit Nieder- schläge.

In der Südkalahari überlagern sich so- gar die Gebiete der tropischen Sommer- regen und der Winterregen, wodurch dort besonders feuchte Bedingungen hervor- gerufen werden. Der südafrikanische Trockengürtel wird auf die Namib und die östlichen Gebiete zurückgedrängt.

Die hier skizzierte eiszeitliche Klimare- konstruktion steht auch mit ozeanologi- schen Forschungsergebnissen in Ein- klang, wonach der Indische Ozean vor der südostafrikanischen Küste während der Eiszeit nur eine äußerst geringe Tempera- turabnahme (0 bis 2 °C) gegenüber heute zu verzeichnen hat.

Der Benguela-Strom vor der südwestafri- kanischen Küste war im Hochglazial ex- trem stark ausgebildet, wodurch ver- mehrt kaltes Tiefenwasser an die Mee- resoberfläche gelangte, das für die ex- trem ariden eiszeitlichen Verhältnisse der Namib-Wüste verantwortlich war.

Ab 14 000 B. P. erfolgt der Übergang von den eiszeitlichen zu den nacheiszeitli- chen Klimabedingungen. Um 10 000 B. P.

scheint der Höhepunkt der Aridität bzw.

die größte Ausdehnung der Trockenge- biete in Südafrika zu liegen. Anschließend wird es wieder etwas feuchter, da die eis- zeitliche Zirkulation (mit starken Tempera- turgegensätzen zwischen Südatlantik und Südindik und verstärkter Zirkulation) nun ganz von der nacheiszeitlichen Zirkulation mit geringeren Temperaturgegensätzen zwischen Südatlantik und Südindik und schwächerem Benguela-Strom abgelöst worden ist. Vermutlich erhält die nördliche und mittlere Namib-Wüste während der In- terstadialzeiten regelmäßiger Niederschlä- ge als heute, denn rund 85% der endemi- schen oder auf die Namib beschränkten Pflanzen treten nur in der Süd-Namib auf [2], wo sie während der Warmzeiten ein Refugium mit voll-ariden Bedingungen vorfanden (Bild 2).

Die Forschungsergebnisse aus der Kala- hari zeigen, daß während der Eiszeit

UMSCHAU 80 (1980) Heft 8

(2)

zwar die ektropischen Winterregen in Südafrika weiter äquatorwärts reichten als heute, daß jedoch die tropischen Sommerregen in der Eiszeit wie auch heute bis in die Südkalahari vorstießen.

Daher war die in den Tropen und S u b - tropen oft nachgewiesene hochglaziale Aridität im südlichen Afrika auf die westli- c h e n W ü s t e n - und Halbwüstengebiete b e - schränkt.

Eine zukünftige Warmzeit würde für das südliche Afrika mehr Trockenheit im äu- ßersten Süden mit sich bringen, eine z u - künftige Eiszeit mehr Niederschläge im zentralen Inneren Südafrikas, große Aridi- tät j e d o c h im heutigen Südwestafrika/Na- mibia.

Ich danke der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n - schaft für finanzielle Unterstützung der F o r - s c h u n g e n , M. A. Geyh (Hannover) für zahlreiche C - 1 4 - D a t i e r u n g e n , E. M. van Zinderen Bakker und J. A. Coetzee (Bloemfontein) für g e m e i n s a - me Feldarbeiten und viele D i s k u s s i o n e n , G.

Weigmann ( S w a k o p m u n d ) für wichtige Hinweise in der Namib s o w i e H. Flohn (Bonn) für klärende A u s s p r a c h e n .

W a n n hat e s in der Kalahari g e r e g n e t ? U M - S C H A U 80 (1980) Heft 8, S e i t e 2 5 0 - 2 5 1 .

S u m m a r y :

A new r e c o n s t r u c t i o n of the late Quaternary c l i - matic d e v e l o p m e n t is given for S o u t h e r n A f r i c a . Düring the last interstadial pluvial c o n d i t i o n s prevailed in the Kalahari r e g i o n ; even the Namib d e s e r t r e c e i v e d m o r e precipitation. The last g l a - cial m a x i m u m w a s c h a r a c t e r i z e d by extremely arid c o n d i t i o n s in S o u t h W e s t A f r i c a , s e m i h u m i d c o n d i t i o n s in the central Kalahari, and humid c o n d i t i o n s in the southern Kalahari. The transi- tion from glacial to interglacial climatic c o n d i - tions t o o k place b e t w e e n 14,000 and 10,000 B . P . The S o u t h A f r i c a n climatic pattern of the glacial m a x i m u m d e p e n d e d on a relatively warm s o u t h e r n Indian O c e a n (north of c a . 31 ° S) and a s t r o n g upwelling of the B e n g u e l a current, both f a c t s leading to a more intensive temperature gradient over s o u t h e r n A f r i c a .

Literatur:

1. Flohn, H.: S t e h e n wir vor einer K l i m a - K a t a - s t r o p h e ? U M S C H A U 77(1977) S . 561 - 5 6 9 . 2. Robinson, E. R.: P h y t o g e o g r a p h y of the N a -

mib d e s e r t of S o u t h W e s t A f r i c a (Namibia) and its significance to d i s c u s s i o n s of the age and u n i q u e n e s s of this desert. P a l a e o e c o l o g y of Africa 70(1978), S . 6 7 - 7 4 .

3. Morley, J. J.; Hays, J. D.: C o m p a r i s o n of G l a - cial and Interglacial O c e a n o g r a p h i c C o n d i - tions in the S o u t h Atlantic f r o m Variations in C a l c i u m C a r b o n a t e and Radiolarian Distribu- tions. Quaternary R e s e a r c h 12 (1979) S . 3 9 6 - 4 0 8 :

P r o f e s s o r Dr. Klaus Heine, Abteilung für Spezielle und A n g e w a n d t e P h y s i s c h e Geographie,

Universität B o n n , Franziskanerstr. 2, 5300 B o n n 1

Humid

S e m i h u m i d

Semiarid

Arid

Humidität/Aridität + feuchter als heute

± wie heute - t r o c k e n e r als heute

0 t r o p i s c h e S o m m e r r e g e n

• ektrop. Winterregen

• S o m m e r - und Winterregen V e r ä n d e r u n g e n der August-Oberflächenwasser-Temperaturen

2 (Hochglazial g e g e n ü b e r heute in °C nach Morley und Hays 1979) [3].

Bild 1: Klimarekonstruktionen des südafrikanischen Subkontinents für interstadiale Ver- hältnisse (27000 bis 24 000 B. F.), hochglaziale Verhältnisse (17000 bis 15 000 B. F.), spätglaziale Verhältnisse (12 000 B. F.) und interglaziale Verhältnisse (9 000 bis 8 000 B. F.).

Bild 2: Die berühmteste Pflanze der Namib-Wüste Südafrikas ist die Welwitschia mirabilis.

Sie ist ein Relikt aus der Vorzeit und ausschließlich in der Mittel- und Nord-Namib verbrei- tet. Da sie ihrer Erscheinung nach besser tropischen Regenwäldern als ihrer heutigen Wü- stenumgebung angepaßt ist, sehen manche Forscher in ihr ein Indiz dafür, daß die Na- mib-Wüste vielleicht doch nicht so alt ist, wie oft behauptet wird. Morphologisch ist Wel- witschia mirabilis ein Unikum mit den zwei Blättern, die ein unbegrenztes Wachstum besit- zen.

U M S C H A U 80 (1980) Heft 8 251

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