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Durch Nematoden übertragbare Viruskrankheiten der Süsskirsche (Prunus avium)

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Academic year: 2022

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Durch Nematoden übertragbare Viruskrankheiten der Süsskirsche (Prunus avium)

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Autoren: Jürg. M. Grunder, Andreas Buser

Pfeffingerkrankheit der Süsskirsche

Maladie de Pfeffingen / Pfeffingen Disease

Verbreitung

Diese von Nematoden (Longidorus macrosoma) übertragene Krankheit ist seit etwa 1890 in der Schweiz bekannt. Sie wurde nach der Gemeinde Pfeffingen (Region Basel) benannt, wo grosse Schäden registriert und ab 1935 die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt wurden. Die Pfeffinger- krankheit ist in den Kirschenanbaugebieten der Nord- westschweiz und an den Ufern des Zürichsees nach- gewiesen (AG, BL, BS, ZH), auch in Deutschland und England.

Rosettenkrankheit der Süsskirsche

Maladie des Rosettes du Cerisier / Cherry Rosette Disease

Verbreitung

In der Schweiz findet sich die von Nematoden (Longi- dorus arthensis) übertragene Rosettenkrankheit der Süsskirsche in den Kirschenanbaugebieten der Innerschweiz, der Nordwestschweiz und an den Ufern des Zürichsees (Kantone LU, SZ, ZG und ZH). Seit 1994 ist sie als neue Kirschenkrankheit bekannt, nachdem es erstmals möglich wurde, den Überträger und das Virus der Rosettenkrankheit zu identifizieren.

Der Virusvektor, ein Nematode erhielt aufgrund des erstmaligen Fundortes in Arth den Namen L. arthensis.

Stark gelichtete Bäume sind das Erscheinungsbild dieser Viruskrankheiten. Kranke Bäume sind als Einzelbäume oder auch herdweise in Anlagen anzutreffen. Die Pfeffinger-

krankheit (links) und die Rosettenkrankheit (rechts) sind visuell nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden.

Bilderserie 3-6: Diese Fotoserie zeigt die Ausbreitung der Rosettenkrankheit in einer Kirschenanlage in der Innerschweiz mittels einer zeitlichen Sequenz von Luftbildern. (Fotos: Bundesamt für Landestopographie)

Abbildung 1: Kirschbaum mit Pfeffingerkrankheit Abbildung 2: Kirschbaum mit Rosettenkrankheit

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Merkblatt | Durch Nematoden übertragbare Viruskrankheiten der Süsskirsche (Prunus avium)

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Abbildung 10: Links Sekundärsymtome der

Pfeffingerkrankheit: Kleine, lanzettliche, steife Blätter, zu Rosetten dichtgedrängt. In der Mitte Primärsymtome am jungen Blatt, rechts ein gesundes Blatt

Pfeffingerkrankheit der Süsskirschen

Der alleinige Erreger dieser Krankheit ist das Himbeeren- Ringflecken-Virus (raspberry ringspot virus RpRSV-ch) aus der Gruppe der Nepoviren (Nematode-born polyhedral viruses).

Das RpRSV-ch kann sich in vielen Prunus Arten und in vielen Kräutern und Kulturpflanzen meist symptomlos vermehren.

Die Virus-Krankheit wird im Freiland durch parasitäre Nematoden der Art Longidorus macrosoma beim Saugvorgang an Wurzelspitzen von Pflanze zu Pflanze übertragen (Abbildung 8). Da L. macrosoma polyphag lebt, bleibt der Virus in einem Feld auf unabsehbare Zeit erhalten.

Zudem kann der Virus in Samen von Kräutern und P. avium überdauern.

Symptome

Erste Anzeichen (Primärsymptome) sind an einzelnen Blättern von Süsskirschen (P. avium) olivgrüne bis gelbliche, scharf begrenzte Aufhellungen mit dazugehörigen Deformationen. Sekundärsymptome treten frühestens im zweiten Jahr nach sichtbaren Primärinfektionen auf (Abbildung 9): Die Blätter bleiben klein und schmal und werden dicker und steifer als normal. Sie fühlen sich zudem rauh an (Rauhblättrigkeit, rasp leaf). Das Triebwachstum ist stark reduziert, die Triebe sind gestaucht, die Knospen deshalb stark zusammengedrängt, so dass sich Blattrosetten entwickeln. Auf der Blattunterseite können eher selten hahnenkammähnliche Auswüchse (Enationen), entstehen, die aber auch von anderen begleitenden Virusinfektionen der

"rasp-leaf-verursachenden" Viren ausgelöst werden können ( Abbildung 7). Die Primärsymtome fallen bei jungen Bäumen kaum und bei ausgewachsenen Bäumen oft jahrelang nicht auf, da sie meist nur an einzelnen Blättern und Ästen vorkommen. Das Virus breitet sich in Bäumen nur langsam aus, somit dauert die Infektion eines ganzen Baumes umso länger, je grösser und älter der Baum ist. Spätestens wenn einzelne Astpartien eines älteren Baumes Sekundärsymptome aufweisen, wird die Krankheit auffällig (Abbildung 10). Erfolgt eine Infektion noch im Jugendstadium eines Baumes, droht aufgrund des ungenügenden Triebwachstums Verzwergung und vorzeitige Vergreisung.

Infizierte Bäume treiben im Frühjahr meist einige Tage verspätet aus und die Erträge nehmen ab.

Abbildung 9: Primärsymptome der Pfeffingerkrankheit:

Olivgrüne bis gelbliche, scharf begrenzte Aufhellungen mit dazugehörigen Deformationen

Abbildung 8: Kopf mit Mundstachel/Führungsring und Gesamtansicht des Nematoden L. macrosoma. Länge 9mm, Breite 0.09mm, Stachellänge 0.21mm

Abbildung 7: Enationen (Blattauswüchse auf der Blattunterseite sind ein sicheres Zeichen für einen Virusbefall. Enationen sind unspezifisch und können keiner Viruskrankheit zugewiesen werden.

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3 Merkblatt | Durch Nematoden übertragbare Viruskrankheiten der Süsskirsche (Prunus avium)

Rosettenkrankheit der Süsskirsche

Der Erreger dieser Krankheit ist das Kirschen-Rosetten-Virus (cherry-rosette-virus CRV) aus der Gruppe der Nepoviren (Nematode-born polyhedral viruses).

Das CRV kann sich in vielen Kräuterarten (z.B.: Blacke) meist symptomlos vermehren. Beim Saugvorgang an Wurzel- spitzen kann die pflanzenparasitische Nematodenart Longidorus arthensis zum Überträger der Rosettenkrankheit werden (Abb.11). Da L. arthensis nicht auf Kirschen spezia- lisiert ist, kann das CRV in einem Feld auf verschiedenen Pflanzen erhalten bleiben.

Symptome

Erste Symptome von CRV auf Süsskirsche können an Bäumen jeden Alters erscheinen. Die Primärsymptome, meist normal grosse Blätter mit gelblichen, fleckenförmigen Verfärbungen, sind anfangs nur auf einem einzelnen Ast sichtbar. Später bewirkt die Virusinfektion eine Einstellung des Längenwachstums (Rosettenbildung). Rosetten sind Blüten- und Blattknospenknäuel, die alle auf engstem Raum austreiben (Abbildung 13). Es entstehen kaum Jahrestriebe, zusätzlich fällt die Kleinblättrigkeit der befallenen Astpartien auf. Typisch ist bei Beginn der Infektion, dass gesunde und kranke Seitenäste gleichzeitig auftreten (Abbildung 12).

Nach wenigen Jahren sind dann immer mehr Äste betroffen, bis der ganze Baum befallen ist und durch die Kronen- verlichtung auffällt. Im Zusammenhang mit der Rosetten- krankheit konnten keine Enationen auf befallenen Blättern beobachtet werden. Im Befallsgebiet können Bäume einzeln oder auch herdweise mit Symptomen auftreten, je nach Verbreitung der Überträger im Boden. Die virus-über- tragenden Nematoden leben im Wurzelraum der Kirsch- bäume und suchen die Feinwurzeln für die Nahrungs- aufnahme. Damit verursachen sie eine morphologische Veränderung der Wurzelspitzen, kleine Gallen werden gebildet (Abbildung 14). Da die Viren in wüchsigen Pflanzen optimale Vermehrungschancen haben, sind die Symptome im Frühjahr am besten zu erkennen. Vom Virus befallene Baumpartien sind ertragsschwach, die Bäume vergreisen.

Abbildung 11: Kopf mit Mundstachel/Führungsring und Gesamtansicht des Nematoden L. arthensis. Länge 6mm, Breite 0.07mm, Stachellänge 0.18mm.

Abbildung 12: Gleichzeitiges Auftreten von CRV-

Symptomen und von gesunden Blättern am selben Ast ist häufig anzutreffen.

Abbildung 13: Die Blätter mit CRV-Infektionen können rundliche wie auch lanzettenförmige, längliche Blattformen ausbilden.

Abbildung 14: Die Enden der Feinwurzel reagieren mit einer Gallenbildung auf die Saugaktivität der Nematoden.

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Merkblatt | Durch Nematoden übertragbare Viruskrankheiten der Süsskirsche (Prunus avium)

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Virenübertragung durch Nematoden

Longidoriden wie L. arthensis und L. macrosoma bevorzugen verholzende Wurzeln und leben in der Rhizosphäre der Kirschbäume in Tiefen bis über einen Meter. Die Nematoden suchen die Enden der Feinwurzeln und stechen diese an. Bei der Nahrungsaufnahme können die Viren in den Saftstrom des Baumes abgegeben werden.

Longidoriden besitzen virusspezifische Andockstellen im Mundstachelbereich (Abbildung 15). Die Viruspartikel (rot) sind in der Abbildung überproportional gross dargestellt. Der Stachel (1) wird durch den Führungsring (2) mittels der Muskulatur (4) in die Wurzeln eingestossen.

Pflanzensaft und allfällige Viruspartikel werden aufgenommen. Kommen Viren im Mundstachelbereich (3) in Kontakt mit den passenden Andockstellen, werden sie gebunden und können später gesunde Wurzeln infizieren.

Passen jedoch die aufgenommenen Viren nicht auf die Andockstellen, dann werden sie in den Darm (6) transportiert und sind deshalb nicht mehr übertragbar.

Nachweis der Viren und Nematoden

Viren lassen sich serologisch mittels ELISA nachweisen, es gibt spezialisierte Firmen (z.B. BIOREBA AG, Reinach BL).

Bodenproben werden an der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW auf das Vorkommen der Nematoden-Arten untersucht. Informationen finden Sie auf

Prophylaxe auf nicht befallenem Standort

Die beste Prophylaxe bildet die ausschliessliche Verwendung von zertifiziertem Pflanzgut. Die Verwendung von Edelreisern unbekannter oder ungeprüfter Herkunft sowie die Zufuhr von Erde aus Befallsgebieten ist risikoreich und sollte in jedem Fall vermieden werden. Mit dem Schnittwerkzeug kann die Krankheit nicht übertragen werden.

Anbaukonzept auf befallenem Standort

Eine direkte Bekämpfung der Viren in Pflanzen und eine vollständige Eliminierung der Nematoden im Freiland ist derzeit nicht möglich. Mittels virusresistenter Unterlagen ist eine Neupflanzung auf infizierten Standorten trotzdem erfolgversprechend. Allerdings sind die meistverwendeten und für witterungsgeschützten Anbau geeigneten Unterlagen anfällig auf RpRSV-ch und CRV oder der Virusstatus ist noch nicht bekannt.

Die Unterlage "Colt" ist gegen RpRSV-ch resistent und bedingt für den Anbau in professionellen, schwachwüchsigen Anbau-systemen unter Witterungsschutz und für Nachbau geeignet. In seltenen Fällen kann das Virus durch die Unterlage hindurch transportiert werden und die Edelsorte trotzdem infizieren. Die Anfälligkeit auf CRV ist noch nicht untersucht. Edelreiser, die einmal in Kontakt mit der Unterlage F12/1 standen, zeigen mit Colt Affinitätsprobleme und wachsen nur unbefriedigend.

Die Unterlage "Cob" ist gegen RpRSV-ch und CRV nicht resistent, wird aber im Freiland nur selten infiziert. Sie ist aufgrund von Starkwüchsigkeit, sparrigem Wuchs und spätem Ertragseintritt nur für Hochstammbäume mit landschafts-bildendem Charakter geeignet. Der Virus- transport durch die Unterlage Cob ins Edelreis ist ebenfalls möglich.

Folgende Unterlagen wurden geprüft und sind auf RpRSV-ch und CRV anfällig: Gisela 5, Gisela 10, PHL A, PHL B, Maxma 14, F12/1. Es ist zu erwarten, dass weitere gebräuchliche Unterlagen wie Weiroot, Maxma 60 und Gisela 6 und Gisela 3 ebenfalls anfällig sind..

Literatur:

Buser A.: Untersuchungen über die Pfeffingerkrankheit der Süsskirsche und deren Vektor L. macrosoma. Diss. ETHZ, Nr. 9194, 1990.

Buser A.: Neue Kirschenunterlagen – Anfälligkeit auf Pfeffingerkrankheit (RRV) und Rosettenkrankheit (CRV). Schweiz. Z. Obst-Weinbau Nr. 3, 69-70, 1999.

Buser A.: Die Pfeffingerkrankheit der Kirschbäume und deren

Vektornematode L. macrosoma. Schweiz. Z. Obst-Weinbau Nr. 2, 42-45, 1999.

Brown D.J.F., Grunder J., Hooper D., Klingler J., Kunz P.: L. arthensis (Nematoda: Longidoridae). A vector of cherry rosette disease caused by a new nepovirus in cherry trees in Switzerland. Nematologica 40, 133- 149, 1994.

Kunz P.: Übertragung des Rosettenvirus der Kirschen auch von Ostschweizer Nematoden Schweiz. Z. Obst-Weinbau 16, 4–5, 2003.

Kunz P.: Die Rosettenkrankheit der Kirschen: Die Verbreitung des Vektors Longidorus arthensis. Schweiz. Z. Obst-Weinbau 6, 6–9, 2003 Autoren: J.M. Grunder; ZHAW / IUNR, Fachstelle Phytomedizin, Ebenrain, Sissach BL der Agroscope Changins-Wädenswil, Wädenswil;

Kontakt: R. Eder, Nematologie, ACW Fotos: A. Buser / P. Kunz / J. Grunder Wädenswil, 1. Juli 2010

Abbildung 3: Schema eines Nematoden mit Viren (Kunz, 2003)

Referenzen

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