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Archiv "Patientenrechtegesetz: Folgen für das Risikomanagement" (07.01.2013)

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PATIENTENRECHTEGESETZ

Folgen für das Risikomanagement

Neue Regelungen im geplanten Patientenrechtegesetz machen es für Krankenhäuser und Arztpraxen erforderlich, ein Risiko- und Prozessmanagement einzuführen.

Rainer Riedel, Simone Schmidt, Hartwig Bauer

M

it der Verabschiedung des Pa- tientenrechtegesetzes (PRG)*

wird das Ziel verfolgt, den Behand- lungsprozess aus Sicht der Patien- ten transparenter werden zu lassen und ihre Rechte in der Zusammen- arbeit mit dem behandelnden Arzt weiter zu stärken. Dabei werden die bisher auf verschiedene Gesetzes- werke verteilten und sich aus der jahrelangen Rechtsprechung erge- benden Rechtsgrundsätze nun in gesetzliche Regelungen des Bürger- lichen Gesetzbuchs (BGB) über- nommen und somit einheitlich und transparent zusammengefasst. Ziel des Gesetzgebers ist es, eine ver- besserte „Sicherheitskultur“ in der Patientenversorgung zu fördern, was letztendlich auch zu einer lang- fristigen Verbesserung der Behand- lungsqualität beitragen soll. Durch die Etablierung von Risikomanage- mentsystemen in Krankenhäusern

und Arztpraxen soll die Zahl mögli- cher Behandlungsfehler reduziert werden. Doch welche Auswirkun- gen hat das künftige PRG für die Leistungserbringer?

Sowohl der Behandlungsvertrag zwischen Patient und Arzt als auch der Vertrag zwischen Patient und anderen Angehörigen der Heilberu- fe werden gesetzlich geregelt und neu in das BGB aufgenommen.

Auch die Aufklärungs- und Infor- mationspflicht des Arztes wird in Art und Umfang sowie hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen dezi- diert geregelt. Dazu zählen beispiels- weise erforderliche Untersuchungen im Rahmen der diagnostischen Ab- klärung, die Darlegung möglicher Therapieverfahren sowie der Vor- und Nachteile von Therapiealterna - tiven. Von zentraler Bedeutung ist dabei die angemessene und verständ- liche Aufklärung hinsichtlich mög - licher Behandlungsrisiken. Darüber hinaus besteht eine weitergehende Informationspflicht des behandeln-

den Arztes, sofern dem Patienten durch die vom Arzt angebotenen oder vom Patienten nachgefragten individuellen Gesundheitsleistungen zusätzliche Kosten entstehen.

Mit den umfangreichen Informa- tions- und Aufklärungspflichten der Ärzte einhergehend sind auch die Dokumentationspflichten präzisiert.

So gilt der Grundsatz: „Was nicht dokumentiert wurde, wurde auch nicht durchgeführt.“ Daraus lässt sich die Grundregel ableiten: „Nur was dokumentiert wurde, lässt sich später in einer gegebenenfalls ein- tretenden Behandlungsfehlerstreitig- keit nachvollziehen.“

Das schon bisher bestehende Recht des Patienten, nicht nur auf Einsichtnahme in seine Patienten- akte, sondern auch auf die Anferti- gung und Aushändigung von Ko- pien vom behandelnden Arzt gegen entsprechende Gebühr, wird eben- falls im BGB festgeschrieben.

Sicherheit für Patienten erhöhen

Schon diese wenigen Kernpunkte machen bei der anstehenden Um- setzung des PRG die Notwendig- keit der Einführung von Risiko - managementsystemen sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor deutlich. Das Risikoma - nagement im Krankenhaus soll da- zu beitragen, dass die Patientenver- sorgung einfacher und sicherer wird (1). Seit mehr als 30 Jahren werden die Kriterien des prozessualen Den- kens in der Arztpraxis und im Kran- kenhaus beschrieben: Sie beziehen sich in ihrem Systemansatz auf die Strukturqualität (wie rechtliche Rah- menbedingungen), die Prozessqua- lität (wie die Umsetzung von Leit - linien) und die Ergebnisqualität (zum Beispiel Morbidität). Alle drei genannten Faktoren sind eng mit -

Masterstudiengang Medizinökonomie, Rheinische Fachhoch-

schule (RFH) Köln:

Prof. Dr. med. Dipl.- Kfm. (FH) Riedel Institut für Medizin- ökonomie und Medizi- nische Versorgungs - f orschung, RFH Köln:

Schmidt Deutsche Gesellschaft für Chirurgie: Prof. Dr.

med. Bauer, ehem.

Generalsekretär

Foto: dpa

*Der Gesetzentwurf ist am 29. November 2012 vom Bundestag verabschiedet worden und soll im Frühjahr 2013 in Kraft treten.

A 14 Deutsches Ärzteblatt

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7. Januar 2013 A 15 einander verknüpft (2). Die Wirk-

samkeit solcher Systeme konnte be- reits durch zahlreiche Studien belegt werden (3–5). Auf der Basis eines Patienten-Prozess-Managementsys- tems (PPMS) können die vom Ge- setzgeber geforderten Standards in der Routineversorgung abgebildet werden, um somit die geforderten zusätzlichen Auflagen im Sinne der Patientensicherheit zu erfüllen.

Das Risikomanagement in Kran- kenhäusern und Arztpraxen ist als modulares System zu verstehen, das auf unterschiedlichen, zum Teil ebenfalls im PRG aufgeführten Komponenten basiert:

Das bereits intern etablierte Qualitätsmanagement soll künftig noch um die Perspektive „einer möglichen Entstehung von Fehlern aus Patientensicht“ anhand eines Beschwerdemanagementsystems er- gänzt werden, um damit gege - benenfalls weitere Hinweise hin- sichtlich einer möglichen Fehler - ver meidung zu erhalten.

Critical-Incidence-Reporting- System (CIRS): Die Einführung ei- nes Risikomanagementsystems dient grundsätzlich dazu, möglichen Be- handlungsfehlern vorzubeugen. So sollen nach den Vorgaben des PRG CIR-Systeme insbesondere in den Kliniken und großen ambulanten Be- handlungszentren eingeführt werden.

Gefordert sind IT-gestützte Doku- mentationssysteme, mit deren Unter- stützung „Beinahe-Behandlungsfeh- ler“ anonym und bei zugesicherter Sanktionsfreiheit von den ärztlichen und/oder pflegerischen Mitarbeitern dokumentiert werden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass man auf mögliche Gefahrenstellen im Be- handlungsablauf schon aufmerksam wird, bevor eine Patientenschädi- gung eintritt. Um CIR-Systeme er- folgreich vorbeugend etablieren und für eine künftige Fehlervermeidung nutzen zu können, müssen eine hohe Vertrauenskultur und der richtige Umgang mit den erhobenen Daten (Analyse, Feedback) für die Beschäf- tigten einer medizinischen Einrich- tung sichergestellt sein (6).

Berufshaftpflichtversicherung:

Ärzte sind verpflichtet nachzu - weisen, dass sie über eine ausrei- chende Arzthaftpflichtversicherung

verfügen, so dass im Fall eines Behandlungsfehlers mögliche Folge- kosten gedeckt werden können. In der Praxis mangelt es jedoch an aus- reichenden Überprüfungs- und Sank- tionsmechanismen. Die Überprüfung ist Aufgabe der Länder und der Ärz- tekammern. Angestrebt ist, Letzteren über eine Änderung der Kammerge- setze mehr Prüfbefugnisse zu ertei- len. Im Gesetz ist in einer Ergänzung der Bundesärzteordnung vorgesehen, dass die Approbation eines Arztes ru- hen kann, wenn es sich ergibt, dass er

„nicht ausreichend gegen die sich aus seiner Berufsausübung ergebenden Haftpflichtverfahren versichert ist, sofern kraft Landesrechts oder kraft Standesrechts eine Pflicht zur Versi- cherung besteht.“ Angestellte Ärzte sind in der Regel durch ihre Arbeit- geber haftpflichtversichert (siehe dazu „Arzthaftpflicht: Der Markt schrumpft weiter“ in diesem Heft).

Besseres Risikomanagement durch Prozessmanagement Selbst unter den Voraussetzungen einer derartig zielorientierten opti- mierten Patientenbetreuung kann nicht ausgeschlossen werden, dass vor allem infolge der enormen Ar- beitsverdichtung und einer fort- schreitenden Personalverknappung sowie der Zunahme von immer komplexeren und arbeitsteiligen Be- handlungsabläufen im Verlauf einer Patientenbehandlung unbeabsichtigt Behandlungsfehler auftreten.

Ziel einer Fehlervermeidungs- kultur muss es deshalb sein, die Be- handlungsabläufe zum Schutz der Patienten strukturell zu verbessern.

Gerade im Hinblick auf die gesetz- lich neu verankerte Informations-, Aufklärungs- und Dokumentations- pflicht wird es für das medizinische Behandlungsteam unverzichtbar, die patientenorientierten Tätigkei- ten in einem „behandlungszen- trierten Prozessablauf“ abzubilden.

Dies führt nach einer Eingewöh- nungsphase dazu, den notwendigen Dokumentationsaufwand zu verein- fachen und einen den gesetzlichen Ansprüchen genügenden Doku- mentationsgrad zu gewährleisten.

In den letzten Jahren haben sich die Prämien für die Krankenhaus- und Arzthaftpflichtversicherungen

nahezu verdoppelt. Weitere Trends sind aktualisierte Risikoüberprü - fungen und damit verbundene er- höhte Risikorückstellungen der Haftpflichtversicherer sowie die be- grenzte Anzahl an Versicherungs - unternehmen, die überhaupt noch Haftpflicht-Versicherungspolicen an - bieten. Analog zu den Erfahrungen anderer Branchen, wie der Luftfahrt, kann man davon ausgehen, dass bei fehlendem Nachweis eines umfang- reichen Risiko- und Prozessmanage- mentsystems die Krankenhäuser und auch die niedergelassenen Ärzte da- mit rechnen müssen, dass

kaum noch finanzierbare Bei- träge erhoben werden, wie dies be- reits in den USA zu beobachten ist

Haftpflichtpolicen-Auflagen, zum Beispiel die Etablierung eines umfangreichen Risikomanagement- systems einschließlich eines PPMS, künftig verbindlich vorgeschrieben werden.

Die durch das PRG neu festge- schriebenen Rahmenbedingungen werden dazu führen, dass das Be- handlungsteam alles daransetzen muss, den gesamten Behandlungs- ablauf mit Unterstützung eines pro- zessorientierten Risikomanagement- systems vor möglichen Regressen vorbeugend abzusichern. Zum Null- tarif wird dies allerdings kaum mög- lich sein. Aus Patientensicht ergibt sich eine weitere Sorge: Aus Angst vor juristischen Konsequenzen mag die Bereitschaft des Behandlungs- teams sinken, sich unter diesen neu- en Rahmenbedingen gerade bei Hochrisikopatienten besonders zu exponieren (Defensivmedizin). Zu Recht war dies auch der Grund da- für, von einer im Vorfeld geforder- ten generellen Umkehr der Beweis- pflicht Abstand zu nehmen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2013; 110(1–2): A 14–5

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Dipl.-Kfm. (FH) Rainer Riedel Institut für Medizin-Ökonomie und Medizinische Versorgungsforschung, vereidigter Sachverstän - diger Prozess-Qualitätsmanagement in klinischen Einrichtungen und Arztpraxen,

Rheinische Fachhochschule Köln, Schaevenstraße 1 a/b, 50676 Köln, riedel@rfh-koeln.de

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0113

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 1–2/2013, ZU:

PATIENTENRECHTEGESETZ

Folgen für das Risikomanagement

Neue Regelungen im geplanten Patientenrechtegesetz machen es für Krankenhäuser und Arztpraxen erforderlich, ein Risiko- und Prozessmanagement einzuführen.

Rainer Riedel, Simone Schmidt, Hartwig Bauer

LITERATUR

1. Briner M, Manser T, Kessler O: Clinical risk management in hospitals: Strategy, central coordination and dialogue as key enablers.

Journal of Evaluation in Clinical. 2012.

2. Busemann A, Schreiber A, Heidecke C-D:

Einführung von OP-Checklisten als Teil des Risikomangements. Der Urologe 51, 2012, doi: 10.1007/s00120–012–3020–5 3. Conley D, et al.: Effective surgical safety

checklist implementation. Journal of Ameri- can College of Surgeons 212, 2011, Bde.

873–9.

4. De Vries E, et al.: Effect of a comprehen sive surgical safety system on patients outcome.

New England Journal of Medicine. 363, 2010, Bde. 1928–37.

5. Van Klei W, et al.: Effects of the introduc tion of the WHO „Surgical Safety Checklist“ on in-hospital mortality: a cohort Study. Annals of Surgery 255, 2012, Bde. 44–9.

6. Panzica M, Krettek C, Cartes M: Clinical Iin- cident Reporting System als Instrument des Risikomanagements für mehr Patientensi- cherheit. Der Unfallchirurg 114, 2011, Bde.

758–767, doi: 10.1007/s00113–011–

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