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Bei STOPP ist Schluss!

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Academic year: 2022

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OL-Verlag

Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser

. . . 5

Konflikt-KULTUR

. . . 6

Grundlegendes

. . . 7

Regeln des Zusammenarbeitens

Eine klare Haltung finden

1. Das Fundament. . . 9 Den Wald lichten

2. Verhaltenserwartungen klären. . . 19 Das erwarte ich von dir!

3. Verhaltensregeln formulieren. . . 23 Das hast du gut gemacht!

4. Anerkennung für positives Verhalten . . . 31 Das lass ich dir nicht durchgehen!

5. Jeder Regelverstoß hat Konsequenzen. . . 40 Die Niederungen des Alltags

6. Die eigene Arbeit dokumentieren . . . 54 Der Tag X

7. Verhaltensregeln einführen . . . 58 Konsequent und wertschätzend

8. Verhaltensregeln durchsetzen . . . 62 Bedingungen der Nachhaltigkeit

9. Zusammenarbeit alltäglich machen . . . 76

Regeln des Zusammenlebens

In meiner Klasse nervt mich …

10. Soziale Regeln entwickeln . . . 83 In meiner Klasse wünsche ich mir …

11. Zusammenhalt stärken . . . 100

E-Mail-Tagebuch eines Erfolgs

. . . 103

Arbeitsmaterialien

. . . 104

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Bei Stopp ist Schluss!

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© AOL-Verlag

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Buch soll Sie in Ihrem Schulalltag unterstüt- zen. Und zwar dabei, mit möglichst wenig Kraft- aufwand eine hohe Unterrichtsqualität und ein positives soziales Klima in Ihren Schulklassen zu schaffen. Die im Folgenden beschriebenen Me- thoden sind Teil des Präventions- und Fortbil- dungsprogramms „Konflikt-KULTUR. Demo- kratie – Bildung – Prävention“. Sie haben sich seit 1997 an einer Vielzahl von Schulen mit Schü- lern aller Altersstufen bewährt. Das Diagramm auf der folgenden Seite gibt einen Überblick über die Bausteine des Programms.

Das Programm Konflikt-KULTUR zielt darauf ab,

• soziales Lernen und emotionale Kompetenzen zu fördern und Konflikte konstruktiv zu lösen,

• Kindern und Jugendlichen wertschätzend und konsequent, d. h. autoritativ Werte, Normen, Arbeitshaltungen und soziale Regeln zu ver- mitteln,

• die professionelle Zusammenarbeit von Leh- rern und anderen Fachkräften sowie ihre Lei- tungs- und Erziehungskompetenz zu fördern, um damit die Unterrichts- und Arbeitsqualität zu verbessern, die Arbeitszufriedenheit zu er- höhen und Burn-out zu verhindern,

• die Bindung zwischen Lehrern und Schülern und damit die Lernmotivation durch den Auf- bau tragfähiger persönlicher Beziehungen zu steigern,

• die Integration der einzelnen Kinder und Ju- gendlichen in das soziale System der jeweiligen Gruppe oder Klasse zu fördern, um damit das Gemeinschaftsgefühl und den Zusammenhalt zu stärken,

• Eigeninitiative, Engagement und Partizipation der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen, um eine positive Identifikation mit der Einrich- tung zu erreichen,

• die Resilienz von Kindern und Jugendlichen zu stärken, um Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Ab- hängigkeiten und andere Verhaltensauffällig- keiten zu verhindern oder zu reduzieren,

• einzelne Einrichtungen in ihrem Organisations- entwicklungsprozess zu begleiten und sie bei der Etablierung und Weiterentwicklung eines pädagogischen Profils zu unterstützen.

Thema dieses Buchs sind Regeln des Zusam- menarbeitens und Regeln des Zusammenle- bens. Die entsprechenden Methoden beziehen sich auf das soziale System einer ganzen Klasse.

Sie helfen Ihnen dabei, eine gute Arbeitsatmo- sphäre zu schaffen (Regeln des Zusammenarbei- tens). Und sie unterstützen die Schüler dabei, soziale Regeln für einen respektvollen Umgang miteinander zu lernen und einzuhalten (Regeln des Zusammenlebens).

Dieses Buch ist weder ein Verhaltensmanual noch kann es eine Fortbildung ersetzen. Jede der beschriebenen Methoden muss an das Alter der Schüler und an die spezifischen Bedingungen der jeweiligen Klasse angepasst werden. Ein Buch enthält zwangsläufig Verallgemeinerungen und zeigt eine begrenzte Methodenauswahl.

Das Programm Konflikt-KULTUR wird kontinuier- lich evaluiert, Forschungsergebnisse werden ein- gearbeitet und die entsprechenden Methoden weiterentwickelt. Der Text dieses Buchs wurde für die vorliegende Ausgabe vollständig überarbeitet und aktualisiert. Der Titel „Bei STOPP ist Schluss!“ ist kein Erziehungsmotto. Er bezieht sich auf die gewaltfreie Selbstbehauptung in Ka- pitel 10.3. Zur besseren Lesbarkeit wird überwie- gend das generische Maskulinum verwendet. Die in den Beispielen verwendeten Namen von Schü- lern und Lehrern sind frei erfunden. Etwaige Ähn- lichkeiten mit real existierenden Personen sind Zufall.

Viele Menschen haben direkt oder indirekt an die- sem Buch mitgewirkt: Teams und Kollegien ha- ben ihre gemeinsam erarbeiteten Regeln beige- steuert. Fortbildungsteilnehmer und Schüler ha- ben ihre Erfahrungen niedergeschrieben und mit ihren Ideen, Rückmeldungen und kreativen Prob- lemlösungen dazu beigetragen, unsere Metho- den weiterzuentwickeln. Dafür bedanken wir uns.

Wir wünschen allen Lesern viel Erfolg bei ihrem gemeinsamen Ziel, einen positiven Beitrag zum Lebensraum Schule zu leisten.

Thomas Grüner, Franz Hilt, Corinna Tilp

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© www.Konflikt-KULTUR.de

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Bei Stopp ist Schluss!

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Grundlegendes

Kinder und Jugendliche sind heute vielfältigen Risiken, Belastungen und herausfordernden Le- bensbedingungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist, ihre Resilienz – also ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber diesen Gefährdungen – zu stärken.

Starke Kinder sind das Ziel. Schule kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten, denn eben- so wie man nicht nicht kommunizieren kann, kann man auch nicht nicht erziehen. Oder anders herum formuliert: Wer mit Kindern und Jugendli- chen lebt und arbeitet, z. B. als Lehrkraft, Sozial- arbeiter, Erzieher, pflegt – bewusst oder unbe- wusst – einen Erziehungsstil. Dieser wiederum hat bedeutende Auswirkungen auf die Entwick- lung und den Lernerfolg der Heranwachsenden.

In Fachkreisen werden in der Regel vier Erzie- hungsstile unterschieden: der permissive, der au- toritäre, der vernachlässigende und der autorita- tive Erziehungsstil. Die positive Wirkung des letztgenannten auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist vielfach belegt. Autoritativ erzogene Kinder verfügen über das höchste Maß an geistigen und sozialen Kompetenzen und zei- gen am wenigsten Problemverhalten. Wenn diese Kinder ins Jugendalter kommen, haben sie – ver- glichen mit nicht autoritativ erzogenen – ein hö- heres Selbstwertgefühl und eine höhere Selbst- wirksamkeitserwartung, verhalten sich verant- wortungsbewusster, sind selbstständiger, kreati- ver, wissbegieriger und hilfsbereiter und zeigen bessere Schulleistungen (Fuhrer, 2009). Gleichzei- tig zählt ein autoritativer Erziehungsstil zu den wichtigsten Schutzfaktoren1, die die Resilienz- forschung kennt. Er bietet Kindern und Jugend- lichen positive Rollenmodelle, ermöglicht die Ent- wicklung eines sicheren Bindungsmusters und

1 Eine kurze Übersicht über resilienzfördernde Faktoren finden Sie unter: www.ifp.bayern.de/veroeffentlichungen/infodienst/

wustmann-resilienz.html

fördert die Fähigkeit zu Selbstregulation und Em- pathie (Wustmann, 2004).

Autoritativ Erziehende setzen klare Grenzen, ge- hen auf die kindlichen Bedürfnisse ein und sind offen in der Kommunikation. Sie sind durchset- zungsfähig, aber nicht

restriktiv. Ihre erzieheri- schen Maßnahmen sind unterstützend und nicht bestrafend und fördern Kompetenzen wie so- ziale Verantwortungs- übernahme, Kooperati- onsfähigkeit, Selbstre-

gulation, aber auch Durchsetzungsfähigkeit (Baumrind, 1991). Wärme und Anteilnahme sind gepaart mit klaren Regeln und Verantwortlich- keit. Leitsätze dieses Erziehungsstil sind: Stärke statt Macht. Autorität statt autoritär. Konsequent und wertschätzend. Hilfe vor Strafe. Trennung von Person und Verhalten. Führen heißt motivie- ren.

Es gibt unterschiedliche Bezeichnungen für den autoritativen Erziehungsstil und die damit ver- bundene Art der Führung: Partizipativer Erzie- hungsstil (Hurrelmann), anleitender Erziehungs- stil (Honkanen-Schoberth), Freiheit in Grenzen (Schneewind), positive Autorität (Fuhrer), gute Autorität (Bergmann), neue Autorität (Omer). Die Gemeinsamkeit dieser Ansätze ist, dass sie sich sowohl vom autoritären als auch vom permissiven Erziehungsstil abgrenzen und einen Mittelweg suchen.

Mit diesem Buch zeigen wir, wie dieser Mittelweg in der Schule aussehen kann. Wir beschreiben eine autoritative Pädagogik, die Kinder und Jugendliche stark macht und ihnen eine gesunde Entwicklung im Lebensraum Schule ermöglicht.

Wir beschreiben mit die- sem Buch eine autorita- tive Pädagogik, die Kinder und Jugendliche stark macht und ihnen eine gesunde Entwick- lung im Lebensraum Schule ermöglicht.

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Regeln des Zusammenarbeitens

Eine klare Haltung finden 1. Das Fundament

Wer effektiv mit Schülern zusammenarbeiten möchte, benötigt ein stabiles Fundament. Ein Fundament, dem die Jahre nichts anhaben kön- nen und das auch großen Belastungen standhält.

Bevor Sie mit der praktischen Arbeit beginnen, lohnt sich das sorgfältige Hinterfragen Ihrer Hal- tungen. Denn diese entscheiden über den Erfolg

oder Misserfolg Ihrer Arbeit. Wer dauer- haft erfolgreich ar- beiten möchte, be- nötigt eine gesunde Portion Egoismus, muss unrealistische Erwartungen und Illusionen aufgeben und die eigenen Ängste überwinden.

1.1 Egoistisch sein!

Wer gut und zufrieden arbeiten möchte, muss zunächst die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Um das hierfür erforderliche Engage- ment langfristig und motiviert aufbringen zu kön- nen, muss es mit persönlichen Vorteilen verknüpft sein. Deshalb stehen im Folgenden zwei Fragen im Vordergrund: 1. Wie lauten die Voraussetzun- gen für guten Unterricht und Arbeitszufrieden- heit? 2. Welcher persönliche Gewinn liegt in die- sen Notwendigkeiten?

Unterrichten können!

Soziales Verhalten als Unterrichts- voraussetzung

Lehrer wollen guten Unterricht halten. Viele kön- nen dies aber über weite Strecken nicht, weil die Voraussetzungen dafür fehlen. Wenn ein Schüler unpünktlich oder gar nicht zum Unterricht er- scheint, kann er nicht unterrichtet werden. Wenn Schüler ihr Arbeitsmaterial nicht mitbringen, kön- nen sie nicht arbeiten. Wenn Schüler ihre Haus- aufgaben nicht machen, ist Unterricht, der darauf

Unterricht teilnehmen, ständig durch Kommenta- re von Mitschülern unterbrochen, als Streber fer- tig gemacht und ausgelacht werden, wird kom- munikativer Unterricht unmöglich. Wenn Schüler laut sind, während Sie etwas erklären, ist Ihre Mühe vergeblich.

Wenn Arbeitgeber und Professoren darüber kla- gen, dass Schüler heute nicht einmal mehr Basis- kompetenzen mitbringen, dann liegt dies nicht daran, dass Lehrer schlechteren Unterricht halten als früher, sondern daran, dass in der Unterrichts- zeit immer weniger Unterricht stattfinden kann.

Wenn effektiver Unterricht Ihr Ziel ist, liegt es in Ihrem eigenen Interesse, zunächst einmal die Vo- raussetzungen dafür zu schaffen.

Wer effektiv unterrich- ten möchte, muss dafür sorgen, dass die Schüler die Unterrichtsvoraus- setzungen erfüllen, der Unterricht nicht gestört wird, ein Gesprächskli- ma entsteht, in dem je-

der ungestört zu Wort kommen kann, und die Schüler in ihrer Klasse respektiert werden. Die in diesem Buch vorgestellte Arbeit mit Regeln des Zusammenarbeitens und Regeln des Zusam- menlebens bietet Ihnen Unterstützung, denn Wertevermittlung und Sozialtraining sind keine Luxusgüter, sondern elementare Voraussetzun- gen für ein gelingendes Miteinander und guten Unterricht.

Gesund bleiben!

Zusammenarbeit als Gesundheitsvorsorge

Sie möchten später gesund aus dem aktiven Ar- beitsleben ausscheiden und Ihren Ruhestand ge- nießen? Ein wichtiger Schlüssel dafür liegt ganz in Ihrer Nähe: Ihre Kollegen.

Ihre inneren Haltungen entscheiden über den Erfolg oder Misserfolg Ihrer Arbeit.

Wertevermittlung und Sozialtraining sind keine Luxusgüter, sondern ele- mentare Voraussetzungen für ein gelingendes Mit- einander und guten Un- terricht.

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Bei Stopp ist Schluss!

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2. Verhaltenserwartungen klären

müssen. Wir sind aufeinander angewiesen, ob wir wollen oder nicht!“

Trotz aller verständlichen Ängste: Um nicht zu erstarren, sondern flexibel auf Herausforderun- gen antworten zu können, benötigen Kollegien eine Konfliktkultur, die einerseits offene Ausein- andersetzungen erlaubt, andererseits aber per- sönliche Abwertungen verhindert. Gefragt ist ei- ne Gesprächskultur, in der abweichende Meinun- gen respektiert werden und es nicht ständig dar- um geht, wer recht hat oder schuld ist oder wer zu den Gewinnern bzw. Verlierern zählt.

Um dauerhaft erfolgreich arbeiten zu können, müssen Sie also an sich selbst denken und eine gesunde Portion Egoismus mitbringen. Sie müs- sen hinderliche Illusionen aufgeben und Sie müs- sen einige Ängste überwinden. Das ist das sichere und stabile Fundament, auf dem Ihre Arbeit ru- hen sollte. Es ist dieses Fundament, auf dem Sie, auch nach gravierenden Rückschlägen, immer wieder neu aufbauen können. Wenn das Funda- ment steht, wird der vierte und letzte Schritt fäl- lig: Sie müssen handeln.

Jetzt kann die praktische Arbeit mit den Regeln des Zusammenarbeitens beginnen.

Den Wald lichten

2. Verhaltenserwartungen klären

Sie kennen den Spruch „Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht!“ So geht es vielen, die überlegen, was ih- nen das Arbeiten mit Schülern schwer macht. Es sind unzählige, nicht enden wollende Kleinigkei- ten, und manchmal entsteht das Gefühl, vor lau- ter „Bäumen“ die Orientierung zu verlieren. Jede Schwierigkeit für sich ist kein Problem. Erst ihr geballtes und häufiges Auftreten sorgt für ein Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht.

Um wieder handlungsfähig zu werden, sind drei Aufgaben zu erledigen: Sammeln, Sortieren und Auswählen. Zuerst werden alle Ärgernisse ge- sammelt und sortiert, bevor der „Wald“ durch die Beschränkung auf das Wesentliche „gelichtet“

wird.

2.1 Sammeln

Sammeln Sie die Antworten auf folgende Fragen:

Über welches Schülerverhalten ärgere ich mich?

Welches Schülerverhalten verhindert Unterricht oder macht ihn anstrengend?

Am Ende entsteht eine Auflistung wie die folgen- de, die innerhalb von zehn Minuten von 16 Grund-, Haupt- und Realschullehrern erstellt wurde:

Negative Arbeitshaltung, Gedränge und Geschub- se am Pausenverkaufsstand, gegenseitiges verba- les Niedermachen, AD(H)S-Fälle, Unordnung, Des- interesse, fehlendes Arbeitsmaterial, Schlampig- keit, Lärmpegel, Zwischenrufe, Unaufmerksamkeit, Ablenkbarkeit, unhöfliche und unfreundliche Schü- ler, weggeworfener Müll auf dem gesamten Schul- gelände, Auslachen der Mitschüler, unerledigte Hausaufgaben, fehlende Unterrichtsvorbereitung (Tafel nicht gewischt, Unterrichtsmaterial nicht auf dem Tisch), spontane Antworten und Aufstehen, fehlende Frustrationstoleranz, Trägheit, Null-Bock- Haltung, heim liches Rauchen, Verlassen des Schul- geländes, fehlende Mitarbeit, Bedrohungen, Ge- rüchte verbreiten, klauen, provozierende Gesten, Unpünktlichkeit, Schwänzen, unmotivierte Schüler, abwertende Kommentare, Provokationen, „Spiel- chen“, z. B. ständig auf die Toilette gehen, Handy- benutzung, Ausgrenzen von Mitschülern, mangeln- der gegenseitiger Respekt zwischen den Schülern, therapiebedürftige Schüler, Körperhaltung, Kau- gummi kauen, achtloser Umgang mit Schul- material, essen im Unterricht, Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit, mangelnde Leistungsbereit- schaft, Sachen wegnehmen, mit Gegenständen- werfen, Kampf um die Tischtennisplatten, Bereit- Eine Vielzahl kleiner, aber

wiederkehrender Unter- richtsstörungen sorgt für ein Gefühl der Hilflosig- keit und Ohnmacht.

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3. Verhaltensregeln formulieren

Der letzte Arbeitsschritt besteht darin, sich auf die fünf bis sechs wichtigsten und häu- figsten Störquellen festzulegen und zu be- schränken.

Dies hat zwei Gründe:

1. Die Schüler werden nicht mit einem unüber- schaubaren Wust an Regeln überfordert.

Gleichzeitig wird der Tendenz zur Bürokrati- sierung und Verrechtlichung des Unterrichts entgegengewirkt. Schule kann, soll und darf sich nicht in einen „Friedhof der Verbotsschil- der“ verwandeln.

2. Regeln sind nur dann erfolgreich, wenn sich ihre Einhaltung lohnt und ihre Übertretung negative Konsequenzen hat. Dies umzusetzen ist anstrengend und arbeitsintensiv. Die Be- schränkung verhindert eine Überforderung der an der Durchsetzung der Regeln beteilig- ten Erwachsenen. Außerdem haben wenige, aber erfolgreich durchgesetzte Regeln einen positiveren Effekt auf das gesamte Sozialver- halten der Schüler als viele Regeln, die nur auf dem Papier eine gute Figur machen, wie das Schicksal vieler Hausordnungen zeigt. Wenn Schüler die Erfahrung machen, dass Sie in der Lage sind, auch nur eine einzige Regel erfolg- reich durchzusetzen, gewinnen Sie insgesamt an Autorität.

Entgegen vielen Befürchtungen einigen sich auch größere Teams schnell auf die wichtigsten Stör- quellen. Denn die größten Ärgernisse ärgern alle.

Eine Möglichkeit, um schnell zu einem Ergebnis zu kommen, besteht darin, dass alle Beteiligten insgesamt fünf Striche hinter einzelne auf einem Flipchart gesammelte Störungen machen (kumu- liert oder auf fünf Punkte verteilt). Die Striche werden ausgezählt und die fünf Störungen mit den meisten Strichen werden ausgewählt.

Bei den Unterrichtsvoraussetzungen werden am häufigsten gewählt:

1. Fehlzeiten 2. Unpünktlichkeit

3. Fehlende Hausaufgaben 4. Fehlendes Arbeitsmaterial Beim Unterrichtsverlauf sind es:

1. Verbale Ruhestörungen: Beispielsweise laute Zwischenrufe, abwertende Kommentare.

2. Nonverbale Störungen: Beispielsweise provo- zierende oder obszöne Gesten, Zeichenspra- che, Briefchen schreiben, Wurfgeschosse.

Sind die Verhaltenserwartungen an die Schüler ausgewählt, müssen Regeln dazu formuliert wer- den.

Das erwarte ich von dir!

3. Verhaltensregeln formulieren

Beim Formulieren von Verhaltensregeln ist es hilf- reich, bestimmte Dinge zu beachten. Wir haben festgestellt, dass der Erfolg einer Regel auch von deren Formulierung abhängt. Häufig sind es De- tails, die den Unterschied ausmachen.

Eine wirksame Verhaltensregel enthält das Wort ICH!

Wir – das sind immer die anderen. Wenn ei- ne Regel lautet „Wir sind pünktlich im Un-

der Einzelne nicht angesprochen. Wenn er aber auf die Frage „Gegen welche Regel hast du gera- de verstoßen?“ antworten muss „Gegen die Re- gel: Ich bin pünktlich im Unterricht!“, spricht er über sich und sein Fehlverhalten. Gleiches gilt für Regeln wie: „Hausaufgaben werden gemacht!“

Eine wirksame Verhaltensregel benennt möglichst kurz und verbindlich eindeutiges und überprüfbares Verhalten!

Die Regel „Wir bemühen uns, respektvoll mit- einander umzugehen!“ verletzt die bisher ge- Eine wirksame Verhal-

tensregel enthält das Wort ICH. Wir – das sind immer die anderen.

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Bei Stopp ist Schluss!

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Regeln des Zusammenlebens

In meiner Klasse nervt mich … 10. Soziale Regeln entwickeln

Genauso wie Sie sich überlegen mussten, was Sie brauchen, um sich im Unterricht mit der Klasse wohlzufühlen, müssen die Schüler einer Klasse gemeinsam erarbeiten, was sie brauchen, um sich im Zusammensein miteinander wohlzufühlen. Ein gutes Arbeitsklima und ein gutes Sozialklima be-

dingen sich gegen- seitig. Doch wäh- rend für das Erste die Lehrer die Hauptver- antwortung tragen, tragen die Schüler sie für das Zweite. Schüler und Lehrer haben ge- trennte Verantwortungsbereiche. Alle, die bisher die Partizipation der Schüler vermisst haben, kommen jetzt auf ihre Kosten. Jetzt sind die Schü- ler an der Reihe, Verantwortung zu übernehmen.

Denn nur bei selbst verantworteten Regeln des Zusammenlebens sind die Schüler motiviert, diese einzuhalten, wie folgendes Zitat eines Lehrers zeigt: „Das Vertrauen zwischen Schülern und Leh- rern ist meiner Ansicht nach durch die Einführung der Schülerregeln größer geworden. Die Schüler sind davon überzeugt, dass sie ernst genommen werden, und sie sind daran interessiert, dass die von ihnen formulierten Regeln auch eingehalten werden!“

Sich miteinander wohlfühlen

10.1 Respektvolles Verhalten lernen

Für viele Schüler ist das Zusammenleben mit den Mitschülern nicht einfach und sorgt für eine Men- ge Konfliktstoff. Dies hat mehrere Gründe:

1. Schüler sind zwangsweise mit anderen zusam- men, die sie sich nicht ausgesucht haben, die ihnen teilweise unsympathisch sind und mit denen sie nie freiwillig ihre Zeit verbringen würden. Daraus entsteht eine herausfordern- de Lernaufgabe. Schüler müssen lernen, auch mit den Mitschülern auszukommen,

die sie nicht mögen. Diesen Lernprozess können sie in der Regel nur in der Schule ma- chen.

2. Schüler, die nicht gerne in die Schule gehen, weil dort diszipliniertes Verhalten eingefordert wird oder weil sie dort mit schlechten Leistun- gen konfrontiert werden und sich mit Dingen beschäftigen müssen, die sie nicht interessie- ren und die ihnen keinen Spaß machen, re- agieren oftmals wütend. Daher herrscht in Schulklassen häufig ein höheres Aggressions- niveau als an anderen Orten. Dies verlangt von den Schülern die parallele Verarbeitung zweier Prozesse, die bereits einzeln schwierig genug sind: Schüler müssen nicht nur lernen, mit der eigenen Frustration umzugehen, die gelegentlich durch den Zwangskontext der Schule entsteht, sondern sie müssen gleichzeitig lernen, mit Mitschülern um- zugehen, die auf diese Frustration mit ag- gressivem Verhalten reagieren.

3. Viele Schüler sind Einzelkinder oder haben nur ein Geschwister. Häufig haben diese Schüler Probleme, sich in eine so große Gruppe wie eine Klasse zu integrieren, weil sie außerhalb der Schule kaum Übungsmöglichkeiten ha- ben. Diese Schüler müssen lernen, damit um- zugehen, dass ihre Interessen und Bedürfnisse nur so lange akzeptiert werden, wie sie die Rechte anderer nicht verletzen. Das bedeutet, sie müssen sich beispielsweise genauso wie alle anderen erst melden, wenn sie etwas er- zählen wollen. Wenn dann ein anderer Schüler das Wort erhält, müssen sie mit den entste- henden Gefühlen von Eifersucht und Zurück- setzung umgehen. In der Familie stehen sie vielleicht häufig im Mittelpunkt. In der Schul- klasse erfahren sie keine Sonderbehandlung und stehen auch nicht immer im Mittelpunkt.

Dies zu akzeptieren, ist für viele Schüler nicht einfach. Lehrer müssen sich heutzutage ver- mehrt mit zwei wachsenden Schülergruppen Ein gutes Arbeitsklima

und ein gutes Sozialklima bedingen sich gegen- seitig.

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Regeln des Zusammenlebens

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auseinandersetzen, die bedingte Zuwendung nicht tolerieren können: Neben den ver- nachlässigten Kindern, die einen großen Hunger nach Zuwendung mitbringen, gibt es die zunehmende Zahl „kleiner Prinzessinnen und Prinzen“, die sich wei- gern, anzuerkennen, dass in einer großen Gruppe keine unbegrenzte Aufmerksam- keit für ihre Bedürfnisse zur Verfügung steht. Bei beiden Schülergruppen besteht die Gefahr, dass sie mit aggressivem Verhalten re- agieren, wenn sie die uneingeschränkte Zu- wendung, die sie erwarten, nicht bekommen.

4. Kinder und Jugendliche vergleichen sich stän- dig mit anderen und stehen im Wettbewerb.

Aufgrund des Bewertungskontextes der Schu- le stehen diese Vergleichsprozesse dort stärker im Vordergrund als in anderen Zusammenhän- gen. Daher spielen auch Themen wie Neid, Konkurrenz und Rangordnung eine grö- ßere Rolle als im sonstigen Alltag. Dassel- be gilt für Misserfolgserlebnisse und Gefühle von Benachteiligung. Wenn diese Themen nicht bearbeitet werden, kann es leicht zu Mobbing, Gerüchten, Intrigen, Abwertung von Leistung als Strebertum und zur Durchset- zung des Rechts des Stärkeren kommen. Am Ende solcher Prozesse stehen entweder völlig lustlose und apathische Klassen oder hoch- aggressive und chaotische.

5. Nirgends sonst werden Kinder und Jugendli- chen mit einer solchen Heterogenität an Gleichaltrigen konfrontiert wie in der Schule.

Sie müssen mit Mitschülern umgehen lernen, die von zu Hause einen völlig anderen Erzie- hungsstil kennen als sie selbst und sich ent- sprechend verhalten. Sie müssen mit Mitschü- lern umgehen lernen, die außergewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag legen oder die äußerlich nicht der Norm entsprechen oder eine andere Mentalität und einen fremden kulturellen und religiösen Hintergrund haben oder kaum Deutsch sprechen. All dies kann die Verständigung sehr erschweren. Die zuneh- mende Heterogenität und Individualisie- rung in Schulklassen erfordert das Setzen klarer und einheitlicher Werte und Nor- men. Dazu zählen Gewaltfreiheit, Toleranz und Rücksicht.

Wenn Sie den Schülern nicht dabei helfen, mit diesen Schwierigkeiten und Konflikten umzuge- hen, wird sich das soziale Klima in der Klasse ste- tig verschlechtern und auch Ihren Unterricht be- rühren. Wer guten Unterricht machen will, hat keine andere Wahl, als sich intensiv um Fragen des sozialen Miteinanders zu kümmern. Nur wenn die Schüler gelernt haben, sich gegenseitig zu respektieren, wird eine Atmosphäre entste- hen, in der auch gut gearbeitet werden kann.

Wer effektiv unterrichten möchte, braucht beides: Regeln des Zusammenarbeitens und Regeln des Zusammenlebens.

10.2 Verletzungen in Regeln verwandeln

Die sozialen Regeln einer Klasse sollten sich auf die dissozialen Verhaltensweisen beziehen, die in der Klasse am häufigsten vorkommen. Sie sollten einen direkten Bezug zum erlebten Alltag der Kin- der und Jugendlichen haben. Die effektivste Me- thode, geeignete soziale Regeln für eine Schul- klasse zu finden, besteht aus zwei Schritten: Zu- nächst muss deutlich werden, wie das Recht auf Respekt in der Klasse verletzt wird, um im zweiten Schritt Verhaltensregeln daraus abzuleiten. Die- sen Regelfindungsprozess muss jede Schulklasse unternehmen und im Lauf der Jahre wiederholen, sonst passen die Regeln nicht zu den realen Pro- blemen der Schüler. Nur wenn die Regeln auf die soziale Wirklichkeit der Klasse antwor- ten, können sich die Schüler mit ihnen iden- tifizieren und sie als zu ihnen gehörig anneh- men. Nur wenn hinter den Regeln die Not sicht- bar bleibt, die zu ihrer Aktivierung geführt hat, werden sie die notwendige Akzeptanz erhalten.

Es empfiehlt sich, dass neben der Klassenleitung, die diesen Regelentwicklungsprozess leitet, alle Lehrer anwesend sind, die in der Klasse unterrich- ten! So können sich alle ein Bild vom Sozialverhal- ten in der Klasse machen, zeigen ihr Interesse und signalisieren ihre Bereitschaft, an einem guten Sozialklima zu arbeiten.

1. Die Suche nach Verletzungen

Zu Beginn der Entwicklung sozialer Regeln steht die Suche nach verletzenden Verhaltensweisen

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