Berichte und kleine Mitteilungen 61 32. SekigutijT., Climatic divisions of Japan according
to the Koppens classification. (Japan) 1949.
33. Semmelhack, W.y Physiologische Klimakarte von Ka merun und den Nachbargebieten. Mitt. d. Gruppe Dtsch.
Kolonialwirtsch. Unternehmungen 5, 1942.
34. Wifimann, H. v., Die Klimate und Vegetationsgebiete Kurasiens. 2. Ges. f. Erdk. 3?14, 1939.
ZUR FRAGE DER RUCKSCHREITENDEN
DENUDATION UND DES DYNAMISCHEN GLEICHGEWICHTS BEI MORPHOLOGI SCHEN
VORGANGEN
Frank Ahnert Mit 2 Abbildungcn
The problem of regressive denudation on slopes and dynamic equilibrium during morphological processes Summary: This paper investigates whether and to what extent there is a general regression of denudational pro cesses on slopes following laws similar to those governing the recession of a* nick point on a river. Using the example of slope development during a period of down cutting the author shows that the resulting changes in the slope gradient, as well as the changes in the velocity of mass movement, recede from the bottom of the slope regres sively upwards. This recession from the bottom of the slope plays a decisive role in scarplands by determining the
intensity of denudation on the slopes of the "Zeugenberge"
(residual outliers, literally: witness mountains) situated far away from the river courses. These mass movements show a tendency towards an equilibrium between removal and supply of rock waste.
Die Lehre von der ruckschreitenden Erosion hat in der Morphologie vielfaltige Friichte getragen; das Aufwartswandern von Gefallsbriichen im Flufibett,
der Stufenbau der AlpentaTer und manches andere
werden mit ihr zwanglos erklart. Nach riickwarts fort schreitend verlangert sich auch das Aufschiittungs
gebiet des Flusses. Sein Mittellauf, die Schutttrans portstrecke, in der sich Erosion und Aufschiittung die Waage halten, wandert flufiaufwarts, den Oberlauf,
die Strecke vorwiegender Erosion, allmahlich aufzeh
rend. Im Hinstreben des Flusses zur Erosionstermi nante gilt das Gesetz des Ruckschreitens also nicht nur
fiir die Erosion, sondern sinngemafl auch fiir fluviati
len Massentransport und fluviatile Sedimentation.
Hier soli nun untersucht werden, inwieweit die Vor
gange der Denudation, die doch ebenfalls aus Abtra
gung, Massentransport und Aufschiittung bestehen,
dem gleichen Gesetz unterliegen. Schon in der Begriffs bildung gibt es eine gewisse Parallelitat: ?Ruckschrei
tende Verwitterung"1), ?Denudationsbasis" und ?De nudationsterminante"2), die identisch ist mit dem
?Grenz- oder Mindestgefalle" Tricarts*). Davis*) deutete dariiber hinaus ein paralleles Verhalten von
*) Davis-RM, Die erklarende Beschreibung der Landfor men, Leipzig u. Berlin 1912, S. 62.
2) Pbilippson, Grundziige der Allgemeinen Geographie, Bd. II, 2, 2. Aufl. 1931, S.41.
3) Die Entstehungsbedingungen des Schichtstufenreliefs im Pariser Becken, Pet. Mitt. 1951, S. 102.
4) A. a. O., S. 66.
Wasser- und Schuttstromen an; einen konkreten Be
weis fiir die enge Verwandtschaft von denudativer mit erosiver Abtragung lieferte schliefilich BUdel5),
der die Entstehung von Ursprungs?talchen" durch von der Erosionsbasis aus ruckschreitende
Korrosion erkannte.
Fiir die Denudation im Grundgebirge und in Ge steinen einheitlicher morphologischer Widerstands fahigkeit gilt ohne Einschrankung der Satz Philipp iows6): ?Die Fliisse sind die Regulatoren der Denu dation". Sie schneiden sich ein, und gleichzeitig ver
flachen sich die Hange, einen Boschungswinkel ? die
Denudationsterminante ?
anstrebend, bei dem die
Hangabtragung aufhort. Erreicht wird dieses je nach Gestein, Wasserfiihrung des Hangschutts und Klima
unterschiedliche Mindestgefalle jedoch nur dann, wenn der Flufi seine Erosionsarbeit einstellt, d. h. es kann auch in einem Sohlental nur an den Stellen auf
treten, wo die Hange nicht durch Seitenerosion unter schnitten werden. An Gleithangen ist sogar eine Un
terschreitung des Grenzgefalles moglich, da sie weni
ger von denudativen Vorgangen als durch das seit
liche Abgleiten von Flufibiegungen geformt werden.
Nach Philippson1) soil die Verflachung von unten nach oben fortschreiten, das normale Hangprofil also
konkav sein, ?weil die grofiere Wassermasse unten
schneller arbeitet und eine flachere Terminante erzielt
als die kleinere Wassermasse oben". Dieser Auffas sung kann man nicht beipflichten, denn erstens ent spricht der groberen Wassermasse unten auch eine
grofiere wegzufuhrende Schuttmasse, da das Schutt einzugsgebiet der unteren Hangteile grofier ist als das
der oberen, und zweitens wiirde eine Gefallsvermin derung durch starkere Abtragung im unteren Hang
teil gegeniiber dem langsameren Zuruckweichen des
oberen Hangteils eine Gefallsverstarkung des letzte ren hervorrufen. Eine solche Unterschneidung des
oberen Hangteils durch denudative Abtragung des un teren Hangteils aber ist in einheitlichem Gestein nicht moglich.* Im iibrigen mufi bei der Verflachung eines
Hangs stets oben mehr abgetragen werden als unten,
da, um die Verflachung zu erreichen, jeder hohere Hangpunkt schneller zuruckweichen mufi als der
nachsttiefere 8).
Tnwiefern aber konnen diese Denudationsvorgange vruckschreitend" genannt werden? Ein einfaches Bei
spiel: In einem Tal mit schuttiiberkleideten Hangen (s. Abb. 1 a) beginnt der Flufi nach einer Ruhepause erneut in die Tiefe zu erodieren. Mit der Bildung der
jungen Kerbe entsteht unterhalb des wahrend der
Ruhepause abgeflachten Hangs ein neuer, steilerer
Hangteil. Die Reliefenergie wird erhoht, die Ge
5) Eiszeitmorphologie im gletscherfreien Gebiet, Geol.
Rdsch. 1944, S. 505.
<;) A. a. 0.,S.62.
7) A. a. O., S. 41.
8) Nur bei der Hangversetzung (Behrmann, Morphologi sche Formengruppen, Die Erde, 1949/50, S. 249), bei wel cher der Hang unter Beibehaltung seines Neigungswinkels zuriickweicht, kann die Abtragungsintensitat in alien Hang teilen gleich grofi sein, und nur bei einer Hangversteilung (durch seitenerosive Unterschneidung, Quell- oder Sicker wasseruntergrabung) ist sie unten grofier als oben.
62 Erdkunde Band VIII
schwindigkeit des am Hang zum Flufi hinabwandern
den Schutts wachst. Aber sie wachst zunachst nur im
unteren, steilen Hangteil (s. Abb. 1 b). Das raschere Abwandern des Schutts am Hangfufi fiihrt zu einer Versteilung der Schuttoberflache, die anfangs flacher geneigt war als die Hangflache im Anstehenden un ter dem Schutt. Die Versteilung und damit die gro fiere Schuttgeschwindigkeit erfafit allmahlich immer
t=j Anstehendes ! '
: ' :[ Schutt
Abb. la-d: Stadien der Hangentwicklung(schematisch)
Die Lange der Pfeile soil die jeweilige Wandengeschwin digkeit des Schutts verdeutlichen. a: Vor Beginn der Tief en erosion, b: Durch Tiefenerosion gestortes Gleichgewicht, Hange in zwei Bereiche verschieden starker Abtragung auf
geteilt. c: Spatere Erosiionsphase; einheitliches Gleichgewicht auf dem ganzen Hang wiederhergesteiit. d: Nach der Erosion; Schuttstau am Hangfufi, erneute Storung des Gleichgewichts.
hohere Hangteile, d. h. beides, die Anderung der Form und die Anderung der Bewegung, pflanzt sich von unten nach oben riickschreitend fort. Infolge der grofieren Geschwindigkeit des Schutts wird seine korrodierende Wirkung auf die Unterlage verstarkt, infolge der abnehmenden Schuttmachtigkeit vollzieht sich die Verwitterung des Anstehenden schneller und tiefgriindiger ? die Abtragung wird beschleunigt.
Vor allem der vorspringende Knick zwischen dem
oberen, alteren, flacheren Hangteil und dem unteren,
jiingeren, steileren Hangteil wird allmahlich in einen flach konvexen Bogen verwandelt und spater viel
leicht ganz verschwinden. Jedoch hat die Beschleuni gung der Abtragung ihre Grenzen. Denn aus der ver
starkten Korrosion und aus der tieferen Verwitterung
des Anstehenden erhalt die Schuttdecke mehr Ma terial als vorher, die Zunahme der Schuttlieferung sucht die Zunahme der Schuttabfuhr zu kompensie ren und ein dynamisches Gleichgewicht zwischen bei den herzustellen (s. Abb. 1 c). Da die Anderung der Lieferung hinter der der Abfuhr nachhinkt, stellt sich dieses Gleichgewicht erst im Laufe des verstarkten Ab
tragungsprozesses ein. Nur bei wachsender Tiefenerc
sion kann es nicht erreicht werden, weil dann die Zu nahme der Schuttabfuhr dem Zuwachs an geliefertem
Schutt standig vorauseilt.
Es verdient festgehalten zu werden, dafi auch die Vorgange im Flufibett und im Talgrund ein dynami
sches Gleichgewicht anstreben. Die aus Gefalle und
Wassermasse resultierende lebendige Kraft des Flus
ses wird aufgebraucht durch das blofie Fliefien, durch
die Erosion und durch den Materialtransport. Ver
starkte Erosion bedingt einen grofieren Anfall ero
dierten Materials und aufierdem ein rascheres Wan
dern des Hangschutts zum Flufibett hin, der ebenfalls weggefiihrt werden mufi; der zum Materialtrans
port benotigte grofiere Kraftanteil geht der Erosion verloren. Die damit verbundene Verminderung der Erosion fiihrt aber wiederum zu einer Verminderung
der anfallenden Schuttmenge, also auch zu einer Ver
minderung der fiir die Schuttabfuhr notigen Kraft
zugunsten der Erosion, welche nun wieder starker werden kann, bis das Spiel von neuem beginnt. Ero
sion und Materialtransport pendeln sich somit auf
einen Gleichgewichtszustand ein.
Verkleinert sich die lebendige Kraft des Flusses selbst durch Gefallsverringerung oder Verkleinerung
der Wassermenge, so schlaft zunachst die Erosion
ein; damit fallt die vorher von der Erosion an der hier betrachteten Talstelle gelieferte Materialkomponente weg, der vom Flufi wegtransportierte Schutt setzt sich
zusammen aus von flufiaufwarts herangefuhrtem Ma
terial und aus der Zufuhr von den Talhangen, der Flufi gewinnt Mittellaufcharakter. Kann er auch diese
reine Transportaufgabe nicht mehr bewaltigen, so
bleibt ein Teil des Materials liegen ? sei es, dafi der Flufi eine Sohle aufzuschiitten beginnt, sei es, dafi der Hangschutt sich am Fufie des Hangs aufstaut. In der
Regel geht beides Hand in Hand.
Der Schuttstau am Hangfufi vermindert den B6 schungswinkel der Schuttoberflache und damit die Geschwindigkeit der Schuttbewegung, bis dem Flufi nur noch so viel Schutt zuwandert, wie er wegfiihren kann. Wahrend aber dieser Gleichgewichtszustand vorher zwischen dem ganzen Hang als Schuttlieferan ten und dem abtransportierenden Flufi bestand, reicht er jetzt nur bis zur Obergrenze der am Hangfufi ge
stauten Schuttmasse hangaufwarts. Auf den steileren
Hangteilen dariiber vollziehen sich Schuttproduktion und Schuttwandern noch mit der alten Geschwindig keit ? fiir den Hang als Ganzes ist also das dynami
sche Gleichgewicht gestort, er ist auf geteilt in zwei Be reiche mit voneinander verschiedenen Gleichgewichts
zustanden, einen oberen mit rascherer und einen un teren mit langsamerer Schuttbewegung. Ein konkaver
Berichte und kleine Mitteilungen 63
Hangknick iiber der Stauungszone ist das morpho graphische Kennzeichen dieser Disharmonie (siehe Abb. 1 d).
Infolge der starkeren Schuttzufuhr aus den oberen Hangteilen nimmt die gestaute Schuttmasse zu, ihre
Obergrenze wandert riickschreitend hangaufwarts.,
bis sie die obere Hangkante erreicht hat und der neue Gleichgewichtszustand auf dem ganzen Hang herge
stellt ist ? falls nicht eine Neubelebung der Erosion diese Entwicklung riickgangig macht.
Die gleichen Uberlegungen zur Hangentwicklung, die hier am Beispiel einer Periode der Tiefenerosion in Gestein von morphologisch einheitlicher Wider
standsfahigkeit angestellt wurden, gelten mutatis
mutandis auch fiir die Hangentwicklung bei der Mit
wirkung unterschneidender Seitenerosion. Auch diese Vorgange werden von dem Prinzip der riickschreiten
den Denudation und dem Streben nach einem dyna
mischen Gleichgewicht in der Schuttbewegung be herrscht ? nur braucht sich hierbei nicht die Hohe
des Hangs zu andern.
Die riickwarts gerichtete Steuerung des Denuda
tionsprozesses durch den Flufi erfafit nicht nur den
Zeugenberg Landterrasse Tal
Zeugenberg Landterrasse Tal
~?r| Unt Buntsandsteln u. Ob. Rotlieg. \\\\\ \ \\Hauptbuntsandstei n \0}$:\ Schutt
Abb. 2a?b: Schuttbewegungen im Dahner Felsenland (schematisch) a: im Diluvialklima b: in der Gegenwart
unmittelbaren Talhang, sondern ? wenn ?uch in weit
schwacherem Mafie ? auch das dariiber anschliefiende
Gebiet bis zur Wasserscheide, sofern hier nur das no
tige Mindestgefalle vorhanden ist bzw. iiberschritten wird. Diese Fernwirkung gewinnt besondere Bedeu
tung im Schichtstufenland. Im Dahner Felsenland in der sudlichen Haardt9) z. B. sind die Gewasser grofiten
teils in die Landterrasse des unteren Buntsandsteines eingesenkt. Auf dieser Landterrasse erheben sich, hau
fig weit von den Talern entfernt, die Zeugenberge des
Hauptbuntsandsteins. Sie werden durch die hangver steilende Quell- und Sickerwasseruntergrabung an der Schichtgrenze zwischen dem unteren Buntsand stein und dem Hauptbuntsandstein abgetragen, ihre
Abtragung erscheint also unabhangig von der Arbeit der fernab fliefienden Gewasser. jedoch kann sie nur
andauern, wenn der anfallende Schutt weggeraumt
wird. Im Diluvium iibernahmen die Dellen auf der Landterrasse die Schuttabfuhr vom Fufi der Zeugen
9) Die im foigendetn geschilderten Vorgange skid ausfuhr lich bei Ahnert, Die Oberflachenfcrmen des Daihner Felsen landes in der siidl. Haardt, Masch.-Schr. Diss. Heidelberg 1952, dargelegt worden.
64 Erdkunde Band VIII berge zu den Talern mittels Solifluktion (s. Abb. 2a).
Der weiche, tonige untere Buntsandstein bot hierfiir
sehr giinstige Voraussetzungen, und der ?Schuttsoga
am Fufi der Zeugenberge war so grofi, dafi pro Zeit einheit mehr Schutt abtransportiert wurde als aus dem
anstehenden Hauptbuntsandstein nachgeliefert wer
den konnte. Da das Schutteinzugsgebiet einer Hang stelle und damit die an dieser Hangstelle anfallende Schuttmenge um so kleiner ist, je hoher am Hang die Stelle liegt, fiihrte der hangaufwarts riickschreiteiide Schuttsog in den oberen Hangteilen zur Entblofiung des Anstehenden (Hangskelettierung) und scbliefilich zur Bildung der bizarren roten Sandsteinfelsen, die
dem Gebiet seinen Namen gaben. Felsflachen unter
liegen starkerer Abtragung als das Anstehende unter dem Schutt; die Entblofiung des Anstehenden griff da her soweit hangabwarts, bis die erhohteSchuttlieferung
von den Felsen den Uberschufi der Schuttabfuhr am Hangfufi ausglich, d. h. das dynamische Gleichgewicht
erreicht war10). Der hangaufwarts riickschreitende
Schuttsog fiihrte hier also zu einer hangabwarts fort sdireitenden Formanderung; in diesem Fall weicht der
Denudationsprozefi klar von der eingangs erwahnten Parallelitat t zwischen Erosion und Denudation ab.
Heute ruht die Abtragung auf der Landterrasse ? von geringfiigigen Abspiilungen, die wahrscheinlidi uberhaupt erst seit der Rodung des Waldes auftreten, abgesehen. Die diluvialen Wanderschuttdecken liegen fest, die Schuttabfuhr von den Zeugenbergen zu den Bachen ist unterbunden. Neubildung von Felsen ist deshalb nicht mehr moglich, die Felsen des Dahner Landes sind diluviale Vorzeitformen. Die Hange der
abseits vom Gewassernetz liegenden Zeugenberge bie
ten das gleiche Bild des gestorten Gleichgewichts
zustandes, das fiir Talhange entworfen wurde,
an deren Fufi der Bach den anfallenden Schutt nicht
mehr abtransportijeren kann. Wahrend iiber dem Hang noch Felsen stehen, die intensiv abgetragen wer
den, und der Schutt auf den steilen oberen und mitt
leren Hangteilen noch abwarts wandert, liegt am
Hangfufi mit wesentlich grofierer Schuttmachtigkeit und flacherer Boschung die Stauzone (s. Abb. 2 b). Die Bauern haben diese meist blockarme Schuttanhaufung
in zahlreichen Sandgruben aufgeschlossen. Wie wah rend der diluvialen Zeit der Felsbildung der Schutt sog, dehnt sich gegenwartig der Schuttstau allmahlich
hangaufwarts ruckschreitend aus. Wenn die postgla
ziale Ruhezeit der Abtragung auf der Landterrasse geniigend lange andauert, wird der Stau schliefilich den ganzen Hang erfassen und auch die Felsen zu decken ? soweit sie nicht sowieso bis dahin abgetra gen sind. Diese Deutung deckt sich mit der von Mora wet z n) in den Alpen gemachten Feststellung, dafi Halden, die nicht an einem Wasserlauf oder iiber
einem Steilhang enden, in standigem Wachsen be griffen sind, weil der Ausgleich zwischen Schutt lieferung und Abtransport fehlt. Eine Untersuchung
10) Vgl. Hettner, Gebirgsbau und Oberflaeheingestaltung der Sachsischen Schweiz, Fschgen. z. deutschen Landes- u. Vdlks kunde, Bd. 2, 1887, S. 302, der diese Beziehung als erster erkannte.
n) Beobachtungen an Scbutthalden, Schiuttkegeln und Schutt flecken, Z. f. Geomorph. Bd. VII, 1932/33, S. 27 f.
der Flachen am Haldenfufi wiirde vermutlich ergeben, dafi auch hier friiher eine starkere Abtragung als heute
am Werke war.
Neben den hier geschilderten eindeutig riickschrei tenden Denudationsvorgiingen gibt es aber auch solche,
die von oben her ausgelost werden: Bergstiirze, Erd
rutschungen, wie z. B. die von Stiny 12) beschriebenen,
Rasenwalzen u. a. Sie scheinen der Regel zu wider
sprechen; in Wirklichkeit sind sie aber sekundar, meist episodische Folgeerscheinungen der riickschreitenden Denudation; denn von dieser hangt es ab, ob das je weils erforderliche Mindestgefalle erreicht bzw. iiber
schritten wird.
Die Regel vom Riickschreiten der Denudationsvor gange und vom Hinstreben zu dynamischen Gleich gewichtszustanden gilt nur fiir die Massenbewegun gen, welche durch die Schwerkraft bedingt sind und
eventuell durch spiilendes oder sickerndes Wasser ver
starkt werden. Vollig unabhangig davon vollzieht sich die aolische Abtragung, da der Wind der Schwerkraft
entgegenwirken kann.
Die Kenntnis der riickschreitenden Denudation
und des dynamischen Gleichgewichts ist an sich nicht
neu, aber sie hat m. E. in neueren morphologischen
Arbeiten zu wenig Beachtung gefunden, obwohl sie zu Erkenntnissen hinfiihren kann, die mit anderen Me
thoden nicht gewonnen werden konnen. Der vor
liegende Aufsatz verfolgt den Zweck, auf diese Re
geln aufmerksam zu machen und ihre weitere Erfor schung anzuregen. Erst wenn sie in vielen Gebieten nachgepriift worden sind, werden genauere Aussagen
iiber ihren Geltungsbereich und iiber ihre durch ort liche Faktoren bedingte Variationsbreite moglich sein.
12) Z. f. Geomorpih. Bd. I, 1925/26.
WANDLUNGEN IM AGRARLANDSCHAFTS- '
BILD RHEINHESSENS 1577?1950
Giinther Ketzer
Mit 4 Abbildungen
Changes in the agricultural landscape of Rhine-Hesse, 1577?1950
Summary: Using the oldest to the most recent maps indicating landuse the author sketches the history of the agricultural landscape of the town of Gau-Algesheim on
the Rhine during the past four hundred years. The develop ment of the land used for agriculture in this borough from medieval conditions to the present day, with problems
of planning for the future use, is typical of the vine growing and market gardening districts of the Rhine.
In den Jahren 1576/77 fertigte ein Zeichner namens Maskopp, der durch einen aus gleicher Zeit stammen den aufierordentlich genauen perspektivischen Stadt plan von Mainz bekannt ist, Stadt- und Gemarkungs plane von Dorfern und Stadten der Amter Bingen, Olm und Gau-Algesheim fiir die erzbischofliche Verwaltung in Mainz an, dem die genannten Bezirke
schon vor 1225 unterstanden haben. Das Kartenwerk,
ein mehrere Dutzend Seiten starker Atlas von