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leich mit einer dreifa- chen Wirkung kann ein neues Antihistami- nikum aufwarten, das jetzt zur Behandlung der saisona- len und perennialen Rhinitis auf den Markt kommt. Es handelt sich um den Wirk- stoff Mizolastin, welcher eher als Antiallergikum, denn als Antihistaminikum charakte- risiert werden sollte. Denn Mizolastin hemmt einerseits die Degranulation von Mast- zellen und damit die Freiset- zung von Histamin (allergi- sche Frühreaktion), es besitzt aber darüber hinausgehende Wirkungen, wie Prof. Erwin Schöpf (Freiburg) bei der Vorstellung in Bonn darlegte.So verhindert Mizolastin (Zolim®, Schwarz Pharma) die Bildung von Leukotrie- nen, welche das entzündliche Geschehen unterhalten. Das beinhaltet eine antientzündli- che Wirkkomponente, so Dr.
Hartmut Nedebock (Schwarz Pharma). Im Tierversuch wurde diese bereits eindeutig belegt. So hemmt Mizolastin signifikant und dosisabhängig eine Archidonsäure-indu- zierte Ödembildung in der Rattenpfote, und zwar in ei- nem Ausmaß, wie es von Dexamethason bekannt ist.
Außerdem setzt das neue Antiallergikum direkt an den Mastzellen an und stabilisiert deren Zellmembran. Da- durch wird per se die Degra- nulation erschwert und mit ihr die Freisetzung weiterer Entzündungsmediatoren, ein
Effekt, der bei anderen H1- Rezeptorantagonisten bis- lang nicht gesehen wurde.
Mizolastin wurde bei mehr als 3 000 Patienten im Rahmen klinischer Studien geprüft. Es erwies sich in sei-
ner Wirksamkeit als anderen Antihistaminika mindestens ebenbürtig. Die Wirkung tritt in 15 bis 20 Minuten ein und hält 24 Stunden an, so daß ei-
ne Einmalgabe ausreichend ist. Die empfohlene Tages- dosis beträgt 10 mg, relevan- te Wechselwirkungen mit der Nahrungsaufnahme sind nicht zu befürchten. Es kommt zudem nicht zu einer
Wirkstoffkumulation oder zu Gewöhnungseffekten.
Generell bescheinigen die Studienergebnisse dem neu- en Wirkstoff eine gute Ver-
träglichkeit, wobei die Quote der Therapieabbrüche mit 5,3 Prozent nur knapp über Pla- zebo liegt (4,5 Prozent). An- ticholinerge Effekte wurden nicht registriert, ebensowenig sedierende Begleitwirkun- gen. Eine Beeinträchtigung der psychomotorischen oder der kognitiven Funktion be- steht nicht, auch zeigte sich in standardisierten Fahrtests keine Beeinflussung durch die Medikation.
Auch für Urtikaria zugelassen
Zugelassen wurde der neue Wirkstoff für die allergi- sche Rhinitis sowie die Urti- karia; gute Effekte werden außerdem bei der Neuroder- mitis gesehen, schilderte Frau Dr. Hortensia Pfannenstiel (München). Die Dermatolo- gin schätzt das Präparat, weil Patienten mit Pollenallergie sehr rasch Linderung erfah- ren: „Innerhalb von einer Stunde nach der Einnahme sind die meisten Patienten völlig beschwerdefrei.“
Auch bei der Urtikaria gehen die Beschwerden rasch, meist innerhalb von ein bis vier Stunden zurück. Bei der Neurodermitis beobach- tete die Medizinerin vor al- lem eine deutliche Linderung des Juckreizes sowie eine schnellere Abheilung des Ekzems, was nach ihrer Mei- nung auf die direkte antialler- gische Wirkung zurückzu- führen ist. Christine Vetter
A-1322 (58) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 21, 22. Mai 1998
V A R I A AUS UNTERNEHMEN
Antiallergikum Mizolastin
Dreifache Wirkung gegen Rhinitis
Wissenschaftler der Firma Abbott haben ein Schmerz- mittel entwickelt, das mögli- cherweise stärker schmerzlin- dernd wirkt als Morphium, ohne dessen suchterzeugende oder toxische Nebenwirkung zu haben. Die Substanz, die an den Schmerzrezeptoren die Bindungsstelle des Neu- rotransmitters Azetylcholin blockiert, ist ein Derivat von
Epibatidin, das 1976 in der Haut einer südamerikani- schen Froschart entdeckt wurde. Epibatidin ist bei Mäusen 200mal stärker schmerzlindernd als Morphi- um, löst beim Menschen aber schwere Krämpfe aus.
Dem Neuropharmako- logen Stephen Arneric von Abbott ist es nun gelun- gen, die Molekülstruktur so-
weit zu verändern, daß die schmerzlindernde Eigen- schaft erhalten bleibt, die Ne- benwirkungen aber reduziert werden konnten. ABT-594, so die vorläufige Bezeich- nung der Substanz, lindert bei Ratten akute und chronische Schmerzen, indem es die Wei- terleitung von Nervenimpul- sen ins Rückenmark unter- bindet. Tastempfinden und Hitzereaktionen werden da- gegen nicht beeinträchtigt.
Nach Angaben der Firma soll ABT-594 eine deutlich geringere atemdepressori- sche Wirkung als Opioide ha-
ben. Statt einer sedierenden Wirkung werde die Aufmerk- samkeit der Tiere gesteigert.
In einem ersten Test habe man keinen Hinweis auf ein Abhängigkeitspotential ge- funden. Ob das Medikament beim Menschen wirksam und sicher ist, kann derzeit noch nicht gesagt werden.
Nach Angaben des Wis- senschaftsmagazins Science (1998; 279: 32–33 und 77–80) soll das Unternehmen Abbott bereits mit den klinischen Studien der Phase I begonnen haben. Sie werden in Europa durchgeführt. Rüdiger Meyer