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Die Theorie der geographischen Dimensionen

Eberhard Sandner Radeberg/Sachsen, Deutschland

Die Theorie der geographischen Dimensionen ist eine empirische Theorie. Ihr Kern sind Strukturgesetze. Es handelt sich um objektive, notwendige, allgemeine und somit wesentliche Zusammenhänge zwischen geographischen Objekten jeweils einer Objektklasse und den geographischen Dimensionen. Der primäre Zweck dieser Theorie ist der Entwurf praktikabler Modelle von geographischen Objekten. Die Theorie der geographischen Dimensionen ist bereits an anderer, aber versteckter Stelle erschienen (Sandner, 2013).

Schlüsselbegriffe: Theorie, geographische Dimension, geographisches Objekt

1. Einführung

Die geographische Dimension ist das Herzstück der Theorie der geographischen Dimensionen. Neef (1963a, S. 361) hat diesen Terminus als Maßstabsbereich definiert, „in dem gleiche inhaltliche Aussagen möglich sind, gleiche methodische Ziele verfolgt werden und ein bestimmtes Methodenniveau eingehalten wird.“ Er formulierte drei Dimensionen:

die topologische, die chorologische und die geosphärische Dimension.

Nachdem Neef den Terminus geographische Dimension geprägt und definiert hatte, konnte sich die Theorie der geographischen Dimensionen herausbilden. Seit den siebziger Jahren taucht sie in der deutschsprachigen Fachliteratur auf. Herz (1973) wandte den Terminus Theorie der landschaftsanalytischen Maßstabsbereiche an, eine Vorstufe zur Theorie der geographischen Dimensionen. Vor mehr als 30 Jahren wurden die geographischen Dimensionen für die Generalisierung von Naturraumkarten herangezogen.

Mit einem Modellexperiment (Bröcher, 1978) ermittelte Sandner (1982) die Maßstabsreihe der Naturraumkarten. Deutschsprachige Wörterbücher und Lexika (Leser, 1997; Lexikon der Geographie 2002, Lexikon der Geowissenschaften 2002) enthalten zwar das Stichwort

„Theorie der geographischen Dimensionen“, geben sich jedoch mit unzureichenden Erklärungen zufrieden.

In der deutschsprachigen Fachliteratur (Steinhardt et al., 2005) werden gegenwärtig sechs Dimensionen unterschieden. Die chorische und die regionische Dimension unterteilt man weiter in Stufen. Die angegebenen regionischen Dimensionsstufen (kursiv) sind noch nicht gesichert. Die Dimensionen und Dimensionsstufen gelten sowohl für den Naturraum als auch für dessen Komponenten (Tab. 1).

2. Methodik

Die Theorie der geographischen Dimensionen ist eine empirische Theorie. Methodisch verlief der Weg von empirischen Aussagen über allgemeine Aussagen und Hypothesen bis zu Gesetzen. Das Ausgangsmaterial waren empirische Aussagesätze. Diese wurden zunächst formuliert, systematisch geordnet und dann verallgemeinert. Nachdem die allgemeinen Aussagesätze die empirischen Aussagesätze zu erklären vermochten, lagen Hypothesen vor.

(2)

Tabelle 1: Dimensionen und Dimensionsstufen der Naturraum- und Bodeneinheiten

Dimensionen Dimensionsstufen Naturraumeinheiten Bodeneinheiten

global --- Geosphäre Pedosphäre

zonal --- Geo- oder Naturzone Bodenzone

regionisch makroregionisch Makrogeoregion ---

mesoregionisch Mesogeoregion ---

mikroregionisch Mikrogeoregion Bodenregion

chorisch megachorisch Megageochore Bodengroßlandschaft

makrochorisch Makrogeochore Bodenlandschaft

mesochorisch Mesogeochore Bodenassoziation

mikrochorisch Mikrogeochore Leitbodenformengesellschaft nanochorisch Nanogeochore Bodenformengesellschaft

topisch --- naturräumliche Grundeinheit Bodenform

subtopisch --- --- ---

Danach wurde geprüft, ob damit auch neue, bisher unbekannte Aussagen abgeleitet werden konnten. Da Modellexperimente und Beobachtungen deren Richtigkeit nachwiesen, waren die Hypothesen bestätigt. Den bestätigten Hypothesen entsprachen nunmehr Gesetze.

Schließlich wurden diese zur neuen Theorie systematisiert.

2.1. Allgemeine Aussagesätze

Es lag nahe, die empirischen Aussagesätze zunächst auf Naturraumeinheiten zu beziehen. Damit hat sich der Verfasser (Sandner, 1974) seit langem beschäftigt. Die empirischen Aussagesätze wurden danach verallgemeinert. Zwischen den Naturraumeinheiten und den geographischen Dimensionen bestehen spezifische Zusammenhänge, die in den folgenden allgemeinen Aussagesätzen formuliert sind:

Die Distanz des Subjekts (Bearbeiter, Betrachter) von den Naturraumeinheiten determiniert die geographische Dimension. Je größer diese Distanz, desto höher ist die geographische Dimension.

Jede Naturraumeinheit ist Element einer geographischen Dimension.

Jede Naturraumeinheit ist zugleich Element einer Naturraumeinheit der nächsthöheren geographischen Dimension.

(3)

Mit Ausnahme der naturräumlichen Grundeinheiten besteht jede Naturraumeinheit aus einer Menge von Naturraumeinheiten der nächstniederen geographischen Dimension.

Die Naturraumeinheiten jeder geographischen Dimension nehmen die gesamte Geosphäre ein, ohne sich zu überschneiden

Je höher die geographische Dimension, desto größer die Areale und desto kleiner die Menge der Naturraumeinheiten.

Die in diesen allgemeinen Aussagesätzen formulierten Hypothesen konnten durch Beobachtung und Erfahrung immer wieder bestätigt werden. Damit schlugen sie in Gesetze um.

2.2. Wechsel zwischen Hypothese und Gesetz

Die Naturraumeinheiten haben ein gemeinsames arealstrukturelles Merkmal: Sie nehmen in jeder geographischen Dimension und Dimensionsstufe die gesamte Geosphäre ein, ohne sich zu überschneiden. Die Bodeneinheiten (laut Arbeitsgruppe Boden (2005) in Tab. 1) haben das gleiche Strukturmerkmal. Daraus wurde die folgende Hypothese abgeleitet: Die für die Naturraumeinheiten gültigen Gesetze gelten gleichermaßen für die Raumeinheiten der anderen Geokomponenten (Gestein, Relief, Klima, Wasser, Boden, Vegetation).

Dabei wird zunächst angenommen, dass in den anderen Geowissenschaften die gleichen geographischen Dimensionen und Dimensionsstufen gelten. Gegenwärtig sind zahlreiche dimensionsspezifische geowissenschaftliche Raumeinheiten mit Ausnahme des Bodens noch gar nicht bekannt. Untrügliches Indiz ist deren lückenhafte oder gar fehlende Nomenklatur. Das gilt für geologische (Substrat-), hydrogeologische, geomorphologische, Klima-, Vegetations- und zoogeographische Einheiten. Mit Hilfe der eingangs aufgestellten Hypothesen konnten allgemeine, bisher noch unbekannte Aussagen abgeleitet werden. Dabei wurden die Hypothesen durch Beobachtung und Modellexperimente bestätigt. Künftig werden die bisher noch fehlenden dimensionsspezifischen Raumeinheiten in der Geologie, Hydrogeologie, Geomorphologie, Klimatologie und Geobotanik (Zoogeographie) erkannt, erfasst und bezeichnet. So vervollständigt sich nach und nach die Klasse der spezifischen geowissenschaftlichen Raumeinheiten. Für sie gelten die folgenden Gesetze:

Die Distanz des Subjekts von den geowissenschaftlichen Raumeinheiten determiniert die geographische Dimension. Je größer diese Distanz, desto höher ist die geographische Dimension.

Jede geowissenschaftliche Raumeinheit ist Element einer geographischen Dimension.

Jede geowissenschaftliche Raumeinheit ist zugleich Element einer spezifischen geowissenschaftlichen Raumeinheit in der nächsthöheren geographischen Dimension.

Mit Ausnahme der Grundeinheiten besteht jede spezifische geowissenschaftliche Raumeinheit aus einer Menge spezifischer geowissenschaftlicher Raumeinheiten der nächstniederen geographischen Dimension.

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In jeder geographischen Dimension nehmen die spezifischen geowissenschaftlichen Raumeinheiten die spezifische Geosphäre insgesamt ein, ohne sich zu überschneiden

Je höher die geographische Dimension, desto größer die Areale und desto kleiner die Menge der spezifischen geowissenschaftlichen Raumeinheiten.

3. Die Theorie im engeren Sinne

Die Theorie der geographischen Dimensionen soll wie jede Theorie zwei Funktionen erfüllen. Sie soll imstande sein, einerseits die Sachverhalte ihres Objektbereichs zu erklären und andererseits neue, bisher unbekannte Sachverhalte vorherzusagen. Ihre Leistungs- fähigkeit hängt davon ab, wie sie beiden Funktionen gerecht wird.

Wie jede Theorie besteht die Theorie der geographischen Dimensionen aus einem System von Grundbegriffen, Axiomen und Regeln. Damit werden Begriffe der Theorie definiert und Aussagen der Theorie logisch abgeleitet. Die geographischen Axiome (planetarisches, landschaftliches und chorologisches Axiom) hat Neef (1967) formuliert.

Das planetarische Axiom besagt: „Alle geographischen Tatbestände sind ... dem Planeten Erde zugeordnet und empfangen daraus gewisse geographische Grundmerkmale“

(a.a.O., S. 20). Das landschaftliche Axiom besagt: „An jedem [Ort] der Erdoberfläche stehen die Elemente, Komponenten und Faktoren der geographischen Substanz in ...

gesetzmäßig[en] ... Beziehungen und Wechselbeziehungen“ (a.a.O., S. 22). Das chorologische Axiom besagt: „Alle geographischen Tatbestände besitzen einen geographischen Ort, der sich durch seine Lage [und] ... Lagebeziehungen zu den benachbarten Orten ...

auszeichnet“ (a.a.O., S. 23).

Neef (1963a, 1963b, 1967) hat nicht angedeutet, dass die geographischen Dimensionen auch in der Kulturgeographie gelten (Sperling, 1999). Dort stößt man jedoch allenthalben auf diese Dimensionen. Sie betreffen nicht nur die Reichweite, sondern auch die Begriffe der geographischen Objekte.

Im Folgenden werden darum die Bezugseinheiten noch stärker verallgemeinert.

Anstelle der spezifischen geowissenschaftlichen Raumeinheiten sind nunmehr geographische Objekte jeweils einer Objektklasse die Bezugseinheiten. Das arealstrukturelle Hauptmerkmal sämtlicher geowissenschaftlichen Raumeinheiten dient als Maßstab. Ist es vorhanden (wie z. B. bei den Verwaltungseinheiten), dann gelten die Gesetze der geowissenschaftlichen Raumeinheiten für die geographischen Objekte ein und derselben Objektklasse in gleicher Weise.

Die Distanz des Subjekts von den geographischen Objekten determiniert die geographische Dimension. Je größer diese Distanz, desto höher ist die geographische Dimension.

Jedes geographische Objekt ist Element einer geographischen Dimension.

Jedes geographische Objekt ist zugleich Element eines geographischen Objekts gleicher Objektklasse in der nächsthöheren geographischen Dimension.

Jedes geographische Objekt besteht aus einer Menge geographischer Objekte gleicher Objektklasse der nächstniederen geographischen Dimension.

(5)

In jeder geographischen Dimension nehmen die geographischen Objekte gleicher Objektklasse die Erdoberfläche vollständig ein, ohne sich zu überschneiden.

Je höher die geographische Dimension, desto größer die Reichweite und desto kleiner die Anzahl der geographischen Objekte gleicher Objektklasse.

Die Theorie der geographischen Dimensionen hat die dreistellige Relation zwischen Subjekt, geographischem Objekt und geographischer Dimension zur Grundlage. Dabei ist die Distanz des Subjekts (das untersucht, betrachtet, darstellt) von den geographischen Objekten variabel. Mit wachsender Distanz erreichen die geographischen Objekte die Grenzen ihrer Wahrnehmung, Erfassung bzw. Darstellung. Die Wahrnehmbarkeit, Erfassbarkeit bzw. Darstellbarkeit der geographischen Objekte hat objektive Grenzen.

Es treten Unstetigkeiten (Diskontinuitäten, Sprünge) auf, die Grenzen der geographischen Realität widerspiegeln. Eine neue geographische Dimension (Dimensionsstufe) ist immer dann erforderlich, wenn sich geographische Objekte in einer geographischen Dimension (Dimensionsstufe) nicht mehr untersuchen, betrachten bzw. darstellen lassen.

Die Theorie der geographischen Dimensionen besteht aus Gesetzen. Es sind objektive, notwendige, allgemeine und somit wesentliche Zusammenhänge zwischen den geographischen Objekten jeweils einer Objektklasse und den geographischen Dimensionen.

Zahlreiche geographische Objekte haben jedoch nicht das arealstrukturelle Hauptmerkmal, in jeder geographischen Dimension die Erdoberfläche vollständig einzunehmen, ohne sich zu überschneiden. Die betreffenden Objekte gehören nahezu ausschließlich zur Kulturgeographie (wie z. B. Verbreitungsgebiete der Bevölkerung, der Industrie und der Konfessionen). Je nach ihrer Reichweite (Bedeutung) müssen sie einer adäquaten geographischen Dimension zugeordnet werden.

4. Schlussfolgerungen

Die geographischen Dimensionen beziehen sich auf den geographischen Raum.

Demzufolge gelten sie nicht nur in der Geographie, sondern überall, wo man im und mit dem geographischen Raum operiert (Leser, 1997). Primärer Zweck der Theorie der geographischen Dimensionen ist der Entwurf praktikabler Modelle von geographischen Objekten.

Die Geschichte der Wissenschaften lehrt, dass empirische Theorien wie die Theorie der geographischen Dimensionen nicht ein für alle Mal richtig sind. Sie sind relative Wahrheiten, die im Laufe der Zeit durch relative Wahrheiten höherer Ordnung abgelöst werden (Klaus, 1971).

5. Literatur

Arbeitsgruppe Boden, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Geologischen Diensten. (Hrsg.). (2005). Bodenkundliche Kartieranleitung (5.

Auflage). Hannover: E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.

Bröcher, I. (1978). Folgemaßstäbe naturräumlicher Grundlagenkarten für die Landschaftsplanung.

Diplomarbeit. Dresden: Technische Universität Dresden, Sektion Geodäsie und Kartographie, Wissenschaftsbereich Kartographie.

Herz, K. (1973). Beitrag zur Theorie der landschaftsanalytischen Maßstabsbereiche. Petermanns Geographische Mitteilungen, 117, 91-96.

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Klaus, G. (1971): Theorie. Stichwort in Klaus, G. & Buhr, M. (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch (Bd.

2., 8. Auflage, 1083-1087), Leipzig: VEB Bibliographisches Institut.

Leser, H. (Hrsg.). (1997). Diercke-Wörterbuch Allgemeine Geographie. München, Braunschweig:

Taschenbuch Westermann.

Neef, E. (1963a). Dimensionen geographischer Betrachtung. Forschungen und Fortschritte, 37, 361-363.

Neef, E. (1963b). Topologische und chorologische Arbeitsweisen in der Landschaftsforschung.

Petermanns Geographische Mitteilungen, 107, 249-259.

Neef, E. (1967). Die theoretischen Grundlagen der Landschaftslehre. Gotha, Leipzig: VEB Hermann Haack.

Sandner, E. (1974). Beitrag zur naturräumlichen Erkundung und Ordnung des Oberen Vogtlandes.

Dissertation. Dresden: Technische Universität Dresden.

Sandner, E. (1982). Zur Maßstabsreihe der landschaftskundlichen Karten, insbesondere der Karten der naturräumlichen Ordnung. Vermessungstechnik, 30, 190-193.

Sandner, E. (2013). The Theory of Geographical Dimensions. In: Proceedings of the 26th International Cartographic Conference, Dresden, August 25-30, 2013. 769 ff.

Sperling, W. (1999). Kulturgeographie – geographische Kultur: über den Umgang mit

geographischen Dingen. Petermanns Geographische Mitteilungen, Ergänzungsheft 294, 45-63.

Steinhardt, U., Blumenfeld, O. & Barsch, H. (2005). Lehrbuch der Landschaftsökologie. Heidelberg:

Elsevier.

Beitrag eingereicht am:

17.12.2014 Angenommen am:

14.1.2015

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